60
A. Europa.
Großherzogthümern mit Gebietserweiterungen erhoben; die Für-
sten wurden für souverain erklärt unter dem Protectoral Napo-
leons und bildeten nun in der engsten Verbindung mit Frankreich
den Rheinbund. Das deutsche Reich war hierdurch aufgelöst,
und 1800 legte Kaiser Franz die deutsche Kaiserkrone nieder. Zu
spat versuchte Preußen 1806, in Verbindung mit Sachsen und in
Hoffnung auf russischen Beistand, den Kampf mit Frankreich und
allen ihm verbündeten Ländern. Die einzige Schlacht bei Jena
und Auerftädt, 14. Oct. 1800, vernichtete alle Hoffnungen und öff-
nete Preußen bis an die Weichsel dem rasch vordringenden Sieger.
Auch die Weichsel war bald überschritten, die blutige aber zweifel-
hafte Schlacht bei Preußisch -Eylau, 8. Febr. 1807, ward nicht be-
nutzt, und der Sieg der Franzosen bei Friedland über die Russen
vernichtete die preußische Monarchie. Der Friede von Tilsit, 9 Jul.,
raubte ihr alle Provinzen zwischen Elbe und Rhein, (aus welchen
wie aus Hessen und Hannover das neue Königreich Westphalen zu-
sammengesetzt wurde), und das ganze ehemalige Südpreußen, wel-
ches unter dem Namen eines Herzogthums Warschau dem zum Kö-
nig ernannten und in den Rheinbund getretenen Kurfürsten von
Sachsen gegeben ward. Nur noch in Oestreich lebte für Deutsch-
land ein Funken der Hoffnung, und die dort allgemeine Stimmung
ließ allerdings die größten Anstrengungen erwarten. Der Zeitpunkt
1809 schien günstig: Napoleons beste Heere waren in Spanien in
einem verzweifelten Kampfe begriffen, und in ganz Deutschland
regte sich Hoffnung und innige Theilnahme für Oestreich. Noch
einmal sollten Napoleons überlegene Talente siegen und Deutschland
das volle Maaß der Unterjochung und Schmach empfinden. Die
Schlachten bei Abensberg, Than, Eckmühl und Regensburg, 20 —
22. April 1809, vernichteten einen bedeutenden Theil der östreichi-
schen Heere; die deutschen Fürsten, vielleicht zum Abfall geneigt,
blieben dem Rheinbünde getreu, nur die Tyroler erhoben sich mit
Heldenmuth unter Hofers Anführung, und zum zweiten Male zog
Napoleon als Sieger in die Kaiserstadt ein. Der Sieg des Erzher-
zogs Carl bei Aspern, 21 — 22. Mai, erweckte schöne Hoffnungen;
in dem erschöpften Preußen regte sich lebhafte Theilnahme, und eine
kleine Heldenschaar unter Schill wagte auf ihre eigne Hand das
Zeichen zum Losbrechen zu geben. Auch diese Hoffnungen wurden
vereitelt, Schill fiel in Stralsund durch Mitwirkung Dänemarks;
die Schlacht bei Wagram, ä—6. July, endete den Krieg, und
nur der vertriebene Herzog von Braunschweig an der Spitze eines
kleinen Heeres durchzog rühmlich Deutschland, von Böhmen bis
an die Nordsee, um sich nach England einzuschiffen und die Fran-
zosen in Spanien wieder aufzusuchen. Durch den Frieden von
Wien, 14. Oct., verlor Oestreich alle Verbindung mit dem Meere,
mußte die edlen Tyroler ihrem Schicksale überlassen und sich zudem
harten Opfer entschließen, sich mit seinem Erbfeinde durch die Ver-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Napoleons Napoleons Hofers Napoleon Carl Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Napo- Frankreich Rheinbund Sachsen Frankreich Jena Friedland Tilsit Rhein Hessen Hannover Warschau Rheinbund Sachsen Oestreich Napoleons Spanien Deutschland Deutschland Abensberg Regensburg Rheinbünde Aspern Stralsund Deutschland Nordsee England Fran- Spanien Wien
61
Vii. Deutschland.
mählung der Erzherzogin Marie Louise mit Napoleon 1810 zu ver-
binden. Jetzt war Deutschland völlig unterjocht, und Napoleon
benutzte seine Macht so schonungslos, daß er ohne weitem Grund
als sein Belieben den nordwestlichen Strich von Deutschland, die
Mündungen der Weser, der Elbe bis jenseits Lübeck an die Ostsee
mit dem französischen Reiche vereinigte, und fortfuhr, die Hülfs-
truppen der minder mächtigen Fürsten in Spanien aufzuopfern.
Der Feldzug nach Rußland 1812 war Napoleons größter aber auch
letzter Triumphzug, auf welchem ihn nicht allein der ganze Rhein-
bund, sondern auch ein preußisches und ein östreichisches Hülfs-
corps begleiteten. Der Winter 1812 vernichtete unwiederbringlich
seine Macht, und dem General Aork ward das Verdienst, durch
einen Vertrag mit den Russen, welchen der König später bestätigte,
das erste Zeichen der wieder auflebenden deutschen Freiheit zu ge-
den. Nach einigen Monaten des ängstlichen Harrens erscholl end-
lich der Ruf des Königs an sein längst vorbereitetes Volk, und
ganz Preußen erhob sich in Waffen. Zweimal täuschte noch der
Sieg unsere Hoffnungen in den rühmlichen Schlachten bei Groß,
Görschen oder Lützen, 2. Mai, und bei Wurschen oder Bautzen,
20. u. 21. Mai 1813. Der Waffenstillstand vom 4 Juny bis 10. Au-
gust vollendete Preußens und Rußlands Rüstungen, Oestreich schloß
sich an die gemeine Sache, und eine Reihe von Siegen, welche die
Völkerschlacht bei Leipzig am 16 —19. Oktober krönte, trieb Na-
poleon , noch unterwegs bei Hanau von den Baiern angegriffen,
über den Rhein zurück. Alle Fürsten des Rheinbundes, Baiern
zuerst, eilten dem Rheinbünde zu entsagen und vereinigten ihre
Truppen mit den Verbündeten. Am Rhein trat einige Waffenruhe
ein, und noch wäre es dem Verblendeten möglich gewesen einen
leidlichen Frieden zu erlangen; als er aber auch diesen ausschlug,
drangen Oestreicher und Russen durch die Schweiz, Blücher mit
Preußen und Russen am 1. Jan. 1814 bei Caub über den Rhein
und unaufhaltsam nach Frankreich hinein. Die Siege bei Brienne,
Laon, Fere-Champenoise und endlich am 30. März bei Paris, öff-
neten den Verbündeten die Thore von Paris und stürzten Napoleon
vom Throne. Er entsagte ; erhielt die Insel Elba als Fürstenthum,
und die Bourbons kehrten auf den Thron ihrer Väter zurück. Der
erste Friede von Paris, 30. Mai 1814, ließ Frankreich die alten
Gränzen von 1792, selbst noch mit einigen Erweiterungen im Elsaß
und Savoyen. Um die so hochwichtigen und so verwickelten Ange-
legenheiten Deutschlands zu berichtigen, begaben sich die meisten
der verbündeten Monarchen persönlich auf den Congreß zu Wien,
1. Aug. 1814; wo es über die Entschädigungen, welche Preußen,
billig verlangte, zu sehr ernstlichen Erörterungen kam; endlich
ward ihm das jetzige Großherzogthum Posen, die nördliche Hälfte
von Sachsen und mehrere Provinzen an beiden Ufern des Rheins
zugesprochen, wogegen es andre an Hannover abtrat und dadurch
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Marie_Louise Napoleon Napoleon Napoleons Oestreich Jan Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Ostsee Spanien Napoleons Wurschen Bautzen Siegen Leipzig Hanau Rhein Baiern Rheinbünde Rhein Schweiz Rhein Frankreich Laon Paris Paris Elba Paris Frankreich Savoyen Deutschlands Wien Posen Sachsen Rheins
55
Vii. Deutschland.
Oesireicher erobern Schlesien und streifen bis Berlin, dennoch aber
siegt Friedrich, 6. Nov., bei Roßbach über die Franzosen, eilt nach
Schlesien, vernichtet eine östreichische Armee bei Leuchen, 5 Dez.,
und hat am Ende des Jahres ganz Schlesien mit Ausnahme einiger
Festungen wieder erobert. Minder glänzend sind die folgenden
Jahre; die Russen werden zwar bei Zorndorf 1758 geschlagen, sie-
gen aber im folgenden Jahre bei Cunersdorf. Mehrere andre Un-
fälle hatten Friedrich geschwächt; die Schlackt bei Liegnitz und der
große Sieg bei Torgau 1760 gaben ihm in Schlesien und Sachsen
das Uebergewicht wieder, doch wäre er bei gänzlicher Erschöpfung
seiner Kräfte, und bei ausbleibenden Hülfsgeldern Englands, wohl
endlich unterlegen, wenn nicht 1762 der Tod seiner erbitterten
Feindin Elisabeth von Rußland ihn gerettet hätte. Matter ward
nun der Krieg von allen geführt, und der Hubertsburger Friede
endigte 1763 den großen Kampf, .ohne daß Friedrich auch nur das
geringste von seinen Staaten eingebüßt hätte. Seinem Vater folgte
Joseph Ii. auf dem Kaiserthron 1765, voll Bewunderung der
Größe Friedrichs, und mit dem Wunsche, gleich ihm der Schöpfer
einer neuen Zeit für seine Staaten zu werden, doch behielt Maria
Theresia bis zu ihrem Tode 1780 die Regierung ihrer Länder. Die
erste Theilung Polens, 1772, in welcher Preußen Westpreußen,
doch ohne Danzig und Thorn, und später den Netzdistrict, Oestreich
einen Theil von Galizien, und Rußland bedeutende Provinzen er-
warb, so wie der baiersche Krieg, 1778 — 79, in welchem Friedrich
noch einmal zur Vertheidigung Baierns gegen Oestreich die Waffen
ergriff, störten im Ganzen nicht die Ruhe Deutschlands. Nach
dem Tode Maria Theresia's griff Joseph das Werk der Verbesserung
in seinen Staaten mit redlichem aber allzuraschem Elfer an. Er
erbitterte die Geistlichkeit durch Aufhebung vieler Klöster und andre
Neuerungen, die Ungarn durch gewaltsame Einführung der deut-
schen Sprache, vorzüglich aber die Niederländer, welche sowohl
auf ihre religiösen Einrichtungen als auf ihre bürgerlichen Freihei-
ten höchst eifersüchtig waren. Ein unglücklich geführter Türken-
krieg vollendete das Mißvergnügen, und als Joseph 1790 uner-
wartet starb, hinterließ er seinen Bruder Leopold Is., bis dahin
Herzog von Toskana, in der schwierigsten Lage. Alle Provinzen
waren in Gährung, und die eben in Frankreich ausgebrochenen
Unruhen, woran die Niederländer lebhaft Theil nahmen, waren
wohl geeignet, allen Fürsten Europa's die ernstesten Besorgnisse
einzuflößen. Ehe wir aber diesen letzten Theil der deutschen Ge-
schichte betrachten, werfen wir einen Blick auf die geistige Entwicke-
lung Deutschlands, für welche der lange im Ganzen ruhige Zeitraum
vom 30jährigen Kriege bis zur französischen Revolution eben so
günstig gewesen, als er auf die politischen Verhältnisse des Vater-
landes nachtheilig gewirkt hat.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Elisabeth_von_Rußland Friedrich Friedrich Joseph_Ii Friedrichs Maria
Theresia Maria Theresia Oestreich Friedrich Friedrich Oestreich Maria_Theresia's Maria Joseph Joseph Leopold_Is Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Berlin Roßbach Schlesien Liegnitz Torgau Schlesien Sachsen Englands Friedrichs Polens Danzig Thorn Galizien Deutschlands Toskana Frankreich Deutschlands
58
A. Europa.
Don den neuern wären nur noch Friedrich Ludw. Zacharias
Werner, 17681-1823, und Adolph Müllner, 17741-1829,
zu erwähnen. Unter den Dichtern, welche der letzte Freiheitskampf
mit Frankreich begeisterte, verdienen Maximilian v. Schen-
kendorf 1- 1817, und Theodor Körner, 1791 ch 1813,
rühmliche Auszeichnung. — Die Geschichte der letzten Jahre, seit
dem Ausbruche der französischen Revolution, haben wir unter
Frankreich (I. Th. S. 231 u. f.) bereits kennen gelernt, und holen
daher hier nur dasjenige nach, was mehr zur deutschen Geschichte
gehörend, dort nicht angeführt werden konnte.
Die in den Gemüthern aller Fürsten durch die in Frankreich
ausgebrochcnen Unruhen veranlaßten Besorgnisse; der Wunsch, die
alte Ordnung und das Ansehen des Königs dort wieder herzustellen,
veranlaßten Oestreich und Preußen, sich durch den Vertrag von
Pilnitz 1791 enger zu verbinden. Leopold erlebte den Ausbruch des
Krieges nicht, und sein Sohn Franz Ii. ward sein Nachfolger.
Die Franzosen, weit entfernt die verbündeten Monarchen zu fürch-
ten, erklärten ihnen selbst 1792 den Krieg. An der Spitze eines
zu schwachen Heeres von Oestreichern und Preußen drang der Her-
zog von Vraunschweig in die Champagne ein, fand aber bald, wie
sehr die hochgespannten Erwartungen der Emigranten ihn getäuscht,
und mußte, nach einigen unbedeutenden Vortheilen, einen durch
Mangel, ungünstige Witterung und dadurch erzeugte Krankheiten
höchst verderblichen Rückzug antreten. In den Niederlanden wie
am Rhein ward nun mit Erbitterung gefochten, allein trotz einiger
Siege der Oeftreicher und Preußen blieb doch im Ganzen genom-
men das Uebergewicht auf Seiten der Franzosen. Dies und der
in Polen ausgebrochene allgeineine Aufstand, welcher Preußen auch
dort einen gefährlichen Krieg! zu führen nöthigte, bewog diese
Macht zu dem Baseler Frieden 1795 mit Frankreich, wodurch das
linke Rheinufer preisgegeben, das nördliche Deutschland aber we-
nigstens durch eine von Preußen besetzte Dcmarcationslinie gedeckt
wurde. Oestreich beharrte noch 2 Jahre auf dem Kriegsschau-
plätze; als aber Bonaparte 1796 in einem glänzenden Feldzuge
ganz Oberitalien erobert und im folgenden Jahre selbst in die öst-
reichischen Erbstaaten vorgedrungen war, während Moreau in
Deutschland die vom Erzherzoge Carl geschlagene Armee Jourdans
auf einem meisterhaften Rückzüge aus Baiern bis an den Rhein
zurückführte, kam der erste Friede mit Frankreich zu Campo For-
mte» 1797 zu Stande, und in dem darauf folgenden Congreß zu
Raftadt ward die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt und
die Aufhebung der geistlichen Fürstenthümer zur Entschädigung der
übrigen Fürsten beschlossen. Dieser sowohl als die folgenden Frie-
densschlüsse mit Frankreich waren, bei dem immer weiter um sich
greifenden Ehrgeiz der Republik und mehr noch ihres neuen Ober-
hauptes Bonaparte, in der That nur als Waffenstillstände zu be-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Zacharias
Werner Adolph_Müllner Maximilian_v Maximilian Theodor_Körner Leopold Leopold Franz_Ii Franz Oestreich Carl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Frankreich Frankreich Rhein Polen Frankreich Deutschland Oberitalien Deutschland Jourdans Baiern Rhein Frankreich Rheinufers Frankreich
447
Ix, Griechenland.
starke Einmischung Rußlands in die polnischen Angelegenheiten
und die Aufforderungen der Polen vermochten die Türken, mit
Rußland zu brechen; aber dieser Krieg fiel im Ganzen unglücklich
für sie aus. Romanzow siegte zu Lande, und Orlow, mit einrr
kleinen Flotte nach dem mittelländischen Meere gesendet, schlug
nicht allein die türkische Flotte bei Skio, sondern verbrannte sie
gänzlich am 7. Juli 1770 in der Bay von Tschesme in Kleinasn.'n,
wohin sie sich zurückgezogen *). Auch in Griechenland, besonders
in Morea, brachen bedeutende Unruhen aus, welche aber, da sie
von den Russen allzu schwach unterstützt wurden, in dem Blute d-cr
Griechen bald wieder erstickt wurden. Auch die Krimm und Asow
waren verloren gegangen, und obgleich im Jahre 1773 das Glü'.ck
den Türken wieder günstiger war, mußten sie doch 1774 den nach-
theiligen Frieden von Kutschuck-Kainardge unterzeichnen, wodurch
Asow verloren ging, die Krimm für unabhängig erklärt wurde und
die Russen im Besitz mehrerer festen Plätze derselben blieben; ja
die Pforte sah es selbst ruhig mit an, als 1783 die Krimm gänzlich
mit dem russischen Reiche vereinigt ward. Die drohende Vereini-
gung Rußlands und Oestreichs nöthigte die Pforte 1788 abermals
zum Kriege, welcher gegen Oestreich glücklich geführt wurde und
1790 ohne Verlust endigte. Viel unglücklicher waren die Türken
gegen die Russen, welche unter Suwarow 1788 Oczakow und
1790 Ismail, beide mit ungeheuerm Blutvergießen, durch Sturm
eroberten, und 1792 den für die Türken höchst nachtheiligen Frb?-
den von Jassy erzwangen, wodurch ihnen nicht allein die Krimm ,
und die Gegenden am Kuban, sondern auch bedeutende Strich-e
am Dniepr abgetreten werden mußten. Seitdem geht das türki-
sche Reich seinem gänzlichen Verfall immer sichtbarer entgegen und
hat seine Schwäche in jedem Kampfe gezeigt, zu dem es in neuerer
Zeit gezwungen worden ist. Als die Franzosen 1798 in Aegypten
landeten und dieses Land eroberten, konnten die Türken sie nur mir
Hülfe einer englischen Armee besiegen. Die hart gedrückten Ser-
vier fochten seit 1804 bald mit heimlicher bald mit offener Unter-
stützung der Russen und oft glücklich gegen die ganze türkische
Macht, und die Pforte war schwach genug, den 1809 mit Ruß-
land ausgebrochenen Krieg, obwohl er nicht unrühmlich von den
Türken ausgefochten worden, durch den Frieden von Bukurescht
1812 in dem Augenblick zu enden, wo Rußland von der ganzen
Macht Napoleons angegriffen wurde. Der Pruth macht seitdem
die Gränze beider Reiche. Der Kampf mit den Serviern ward
nun durch Unterwerfung derselben 1813 beendigt. Langst hatten
*) Beinahe an derselben Stelle, wo im Sept. 1822 die Griechen einen
Theil der türkischen Flotte durch Brander vernichteten, wobei der Ka-
pudan Pascha, der Verwüster Skio'e, mit umkam.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen]]
15
Vii. Deutschland.
Daunen ausgeführt werden. An wildem Geflügel, als Fasanen,
Hasel-, Schnee-, Birk-und Auerhühnern, ist vorzüglich Böhmen
und Oestreich reich; die bekannten Leipziger Lerchen werden mei-
stens in der Nähe von Halle gefangen. — Das nördliche Deutsch-
land ist wegen seiner vielen Seen ganz besonders fischreich. Nur
der Lachs, welcher ehemals im Rhein und in der Elbe außerordent-
lich häufig gewesen seyn muß, da selbst Dienstboten sich ausbedun-
gen , nicht mehr als 2 oder 3 Mal in der Woche damit gespeist zu
werden, ist von Jahr zu Jahr seltner geworden, welches man der
Zunahme der Schifffahrt, die den Lachs beunruhigt, zuschreibt.—
Als Seltenheit verdient es bemerkt zu werden, daß in einigen Bä-
chen in Baiern sich Perlenmuscheln finden.
Fabriken und Handel.
Nicht Mangel an Fleiß und Betriebsamkeit ist es, wenn
Deutschland, und doch nur gegen das einzige England, in dieser
Hinsicht zurücksteht. Deutschland hat nicht wie England seit Jahr-
hunderten das Glück genossen, von keinem fremden Kriege berührt
zu werden, und die geographische Lage Englands giebt ihm Vor-
theile, welche Deutschland ganz entbehrt. Seit 300jahren haben
häufige Kriege den Wohlstand Deutschlands zerrüttet und es in eine
große Anzahl kleiner Staaten zersplittert; mit einer verhältnismä-
ßig nur geringen Seeküste, ohne einen einzigen ausgezeichneten
Hafen, konnte es freilich sich mit dem durch Natur und Geschichte
so sehr begünstigten England nur entfernt an Wohlstand, Betrieb-
samkeit und Handel messen. Desto ehrenvoller ist es für Deutsch-
land, daß es unzähliger Hindernisse ungeachtet sich jedem andern
Lande kühn an die Seite stellen kann, und, England ausgenom-
men, die meisten andern übertrifft. In der Verarbeitung der
Deutschland eigenthümlichen Producte steht es unübertroffen da.
Seine Leinewand und gemusterten Leinenzeuge sind die ersten in der
Welt; nur in der Bleiche übertreffen uns die Holländer. Die deut-
schen wollenen Zeuge und Tücher halten den Vergleich mit deneir
aller Länder aus, und wenn gleich die englischen feineren Stahl-
arbeiten die unsrigen übertreffen, so sind noch immer die deutschen
Eisenwaren, besonders was Waffen und Klingen betrifft, an in-
nerer Güte die besten, die man kennt. Zierlicher und sauberer
sind die englischen Schießgewehre, aber der Kenner wird Büchsen
und Pistolen von deutschen Meistern allen übrigen vorziehen. Ganz
einzig und unerreichbar stehen die erst seit wenigen Jahren im Preu-
ßischen vorzüglich betriebenen Arbeiten in- Gußeisen. Eben so
übertrifft das deutsche Porzellan, vorzüglich das Meißner, Ber-
liner und Wiener, das aller andern Länder an Schönheit der Masse,
so wie an Zierlichkeit der Formen und der Malerei; nur die
französische Vergoldung soll die unsrige übertreffen, an innerer
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Elbe Baiern Deutschland England Deutschland England Englands Deutschland Deutschlands England England Deutschland
62
A) Europa.
nur kaum wieder den Flächeninhalt und die Menschenzahl von
1806 erlangte. Es ward ferner entschieden, daß Deutschland ein
Staatenbund souverainer Staaten seyn sollte, und die ersten
Grundzüge der künftigen Verfassung wurden in der sogenannten
Bundesacte vom 8. Juny 1815 entworfen. Mitten aus diesen
Verhandlungen rief die unerwartete Rückkehr Bonaparte's die
Fürsten wieder zu den Waffen. Die Preußen und Engländer ent-
schieden diesmal das Schicksal von Europa in der Schlacht von
Belle Alliance an 18. Juny 1815, und ihr siegreicher Einzug in
Paris brachte die Bourbons zum zweiten Male auf den Thron,
Napoleon aber nach St. Helena. Der zweite Pariser Friede,
20. Nov. 1815, ließ Frankreich die Gränzen von 1790, ohne je-
doch uns das einst treulos entrissene herrliche Elsaß und das halb-
deutsche Lothringen für diesmal wieder zu geben. Zur weitern Be-
festigung der deutschen Angelegenheiten und zur Ausführung der
Wiener Congreß-Acte, ward zu Frankfurt a. M. eine Versamm-
lung von Abgeordneten sämmtlicher deutschen Staaten, der Bun-
destag, verordnet, welcher seine Sitzungen am 5. Nov. 1813
eröffnete. Der Hauptwunsch aller deutschen Völker, eine feste,
gesetzliche, ständische Verfassung zu erhalten, ist bis jetzt bei den
meisten minder mächtigen Staaten und von den größeren bei
Baiern, Wurtemberg, Sachsen und Hannover in Erfüllung
gegangen.
Geographie.
Die alte Eintheilung Deutschlands in 10 Kreise, welche seit
den Zeiten Maximilians 1. bis zur Auflösung des deutschen Reichs
bestanden, verdient schon deshalb hier angeführt zu werden, weil
sie gewiß noch lange im Gedächtniß und im Munde des Volks
bleiben wird. Diese Kreise waren: 1) der Obersächsische, wel-
cher das Königreich Sachsen, die jetzige Provinz Sachsen zum
Theil, die Mark Brandenburg und Pommern umfaßte; 2) der
Niedersächsische, welcher von dem jetzigen Königreich Hannover,
Holstein und einigen angränzenden Ländern eingenommen wird;
3) der Westphälische enthielt einen Theil der jetzigen preußischen
Provinzen am Rhein, einen Theil vom jetzigen Hannover u. a. ;
4) der Burgundische, jetzt ganz von Deutschland abgerissen, bil-
det einen Theil des Königreichs Belgien; 5) der Niederrhei-
nische, welcher vorzüglich die Länder der 3 geistlichen Kurfür-
sten, Mainz, Trier und Eöln, enthielt, gehört jetzt größtentheils
zu den preußischen Rheinprovinzen; 6) der Oberrheinische ent-
hielt Hessen-Cassel, Hessen-Darmstadt, Nassau u. a.; 7) der
Schwäbische wird jetzt größentheils vom Königreich Würtemberg
und dem Großherzogthum Baden eingenommen; 8) der Baiersche
macht den größten Theil des Königreichs Baiern aus, welches auch
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Helena Maximilians
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Europa Paris Frankreich Frankfurt_a._M. Baiern Wurtemberg Sachsen Hannover Deutschlands Sachsen Brandenburg Pommern Niedersächsische Hannover Holstein Westphälische Rhein Hannover Deutschland Belgien Niederrhei- Mainz Oberrheinische Hessen-Darmstadt Nassau Würtemberg Baiern
67
Vii. Deutschland. Preußen.
den blieben im Besitz des Uebrigen), welches ihm durch Erbver-
trag zufiel, und durch die Bisthümec Halberstadt, Minden, Ca-
min und das Erzbisthum Magdeburg. Auch machte er das Her-
zogthum Preußen von dem Lehnsverbande mit Polen frei, und er-
warb die Herrschaften Lauenburg und Bütow in Pommern. Sein
Sohn und Nachfolger Friedrich I. setzte sich am 18. Januar 1701
die Königskrone zu Königsberg auf, und seitdem ward der Staat
nach jener entlegenen Provinz benannt. Auch er vergrößerte seine
Staaten theils durch Erbschaft: so erhielt er die Grafschaften Lin-
ken undmörs und das Fürstenthum Neufchatel aus der oranischen
Erbschaft; theils durch Ankauf von Quedlinburg und der Graf-
schaft Tecklenburg. Sein Sohn, der sparsame und strenge Frie-
drich Wilhelm 1., erhielt im Utrechter Frieden 1713 einen Theil
von Geldern und die Grafschaft Limburg; von Schweden ward
ihm, gegen eine Summe von 2 Millionen, Pommern bis an die
Peene abgetreten. Die bedeutendsten Erwerbungen aber verdankt
der preußische Staat dem großen Könige Friedrich 11. Er er-
oberte 1740, da seine gerechten Ansprüche auf die Herzogthümer
Jagerndorf, Liegnitz, Brng und Wolau von Oestreich nicht an>
erkannt wurden, ganz Schlesien, und behauptete diese Eroberung
im zweiten schlesischen und im siebenjährigen Kriege gegen halb
Europa. Im Jahre 1744 fiel dem Könige Ostfriesland durch Erb-
schaft zu. Im Jahre 1772 nahm Preußen einen Theil von Polen,
das jetzige Westpreußen, mit Ausnahme von Danzig und Thorn,
in Besitz, so wie auch 1773 den sogenannten Netzdistrict. 1779
fiel ihm ein Theil der Grafschaft Mannsfeld zu. Auch unter sei-
nem Nachfolger Friedrich Wilhelm Ii. fielen der Monarchie be-
deutende Lander zu; 1791 die Fürftenthümer Anspach und Bai-
reuth durch Erbschaft, und 1793, bei der ersten Theilung Polens,
Danzig, Thorn und ein ansehnlicher District unter dem Namen
Südpreußen; 1795 aber, bei der letzten Theilung, selbst die Haupt-
stadt Warschau und neue Provinzen, unter dem Namen Neu-Ost-
preußen. Unter dem jetzt regierenden Könige waren die ersten Ver-
änderungen im Landerbesitz dem Staate sehr ungünstig. Zwar er-
hielt er 1803, bei der vom Reiche beschlossenen Säcularisation
geistlicher Lander, Hildesheim, Paderborn und Münster, mußte
aber 1805 durch den Wiener Tractat, nach der Schlacht bei Au-
sterlitz, auf Anspach und Baireuth, Neufchatel und die jenseits
des Rheins liegenden Provinzen, gegen den augenscheinlich un-
sichern Besitz von Hannover Verzicht leisten. Der unglückliche
Friede zu Tilsit 1807 raubte Preußen beinahe die Hälfte seiner Be-
sitzungen, nemlich alle Länder zwischen der Elbe und dem Rhein
und, mit Ausnahme des geschmälerten Westpreußens, alles was
es von Polen besessen. Nach dem Sturze Napoleons, wo 1815
auf dem Wiener Congreß der Länderbesitz der meisten europäischen
Staaten aufs neue festgesetzt wurde, erhielt Preußen seine jetzige
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Wilhelm Friedrich Friedrich Oestreich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Minden Erzbisthum_Magdeburg Lauenburg Pommern Quedlinburg Tecklenburg Schweden Pommern Liegnitz Europa Ostfriesland Polen Danzig Thorn Polens Danzig Thorn Warschau Hildesheim Paderborn Rheins Hannover Rhein Polen Napoleons
49
Vii. Deutschland.
reichte, die Wuth des Krieges immer aufs neue an. Ferdinands
Tod 1637, dem sein Sohn Ferdinand Hi. folgte, obgleich dieser
etwas gemäßigtere Gesinnungen zeigte, änderte nichts an der trau-
rigen Lage Deutschlands. Nicht mehr allein die politischen oder
religiösen Meinungen, sondern das unaussprechliche Elend führte
jetzt Tausende ohne Unterschied zu den Heeren, wo sie wenigstens
Unterhalt und Beute fanden. Von Mecklenburg bis nach dem Elsaß,
von Schlesien und Böhmen bis an den Rhein trieben sich die Heere
bald siegend bald besiegt umher, und schon mußten mehrere Provin-
zen vermieden, oder in stürmischer Eile durchschritten werden, weil
sie, zu völligen Wüsten geworden, selbst dem Soldaten keine Nah-
rungsmittel mehr darboten. Auch der edle Bernhard von Weimar,
welcher mit französischer Hülfe das ihm verheißene Elsaß erobert
hatte, starb 1639 nach der allgemeinen Meinung an Gift, welches
Frankreich ihm gemischt hatte. Die Siege Torstensons und Wran-
gels 1642 und die Einnahme der kleinen Seite von Prag durch den
schwedischen General Königsmark 1648 führten endlich den lange
ersehnten Frieden herbei. Schon seit 7 Jahren hatte man davon
geredet, und seit 1642 saßen Gesandte des Kaisers, der Protestan-
ten und Schweden zu Osnabrück, und des Kaisers und Frankreichs
zu Münster; aber das abwechselnde Kriegsglück hatte bisher die
Forderungen bald gesteigert, bald gemäßigt, und erst die letzten
Siege der Schweden vermochten Ferdinand, dem damals kein Heer
mehr übrig blieb, ernstlich an den Frieden zu denken, welcher am
24. Oct. 1648 unterzeichnet und unter dem Namen des Weftphali-
schen bekannt ist. Wie der Krieg, so war auch dieser Friede höchst
verderblich für Deutschland und nur als die traurige Frucht der
äußersten Noth und gänzlichen Erschöpfung zu betrachten. Deutsch-
land verlor dadurch für immer das herrliche Elsaß und die drei
lothringischen Bisthümer Metz, Toul und Verdun, welche an
Frankreich für seine arglistige Hülfe abgetreten wurden. Schlim-
mer als dieser Verlust war die nun als gesetzlich anerkannte Einmi-
schung Frankreichs in die deutschen Angelegenheiten. Auch das
schwache Band der Erinnerung, welches die Schweiz noch an das
Reich knüpfte, ward nun gänzlich zerrissen. Schweden erhielt als
Entschädigung für seine Anstrengungen den besten Theil von Pom-
mern, die Stadt Wismar, die ehemaligen Bisthümer Bremen
und Verden und eine bedeutende Geldsumme. Brandenburg, wel-
chem nach alten Verträgen ganz Pommern, dessen Herzoge ausge-
storben, hätte zufallen müssen, ward durch Magdeburg und Hal-
berstadt entschädigt. Auch die Unabhängigkeit Hollands ward jetzt
erst von Spanien feierlich anerkannt. Für die innere Ruhe ward
in so fern gesorgt, daß die völlige Freiheit der Lutheraner sowohl
als der Reformieren anerkannt und ihre Rechte so wie die der Ka-
tholiken genau bestimmt wurden. Dagegen aber war auch nun das
Reich mehr als je in sich zerfallen, die Kaiserwürde zu einem leeren
Blanc Handb. Ii. 2. Aufl. 4
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Extrahierte Personennamen: Ferdinands Ferdinand_Hi Ferdinand Bernhard_von_Weimar Ferdinand Bisthümer_Metz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ferdinands Deutschlands Elsaß Rhein Frankreich Prag Schweden Frankreichs Deutschland Verdun Frankreich Frankreichs Wismar Brandenburg Pommern Magdeburg Hollands Spanien
* 51
Vii. Deutschland.
kaiserliche Macht war gebrochen; Eifersucht und persönliche Rück-
sichren beherrschten die Fürsten, und eine Unendlichkeit ven be-
schwerlichen Fermen verzögerte jeden Reichsbeschluß und lahmte
die Ausführung. Daher als Ferdinand Iii. 1657 gestorben und
sein Sehn Leopold 1., ein gutmüthiger aber kraftloser Fürst, ihm
gefolat war, durfte Ludwig Xiv. es wagen, 1680, sogenannte
Reunims-(Vereinigungs-) Kammern niederzusetzen, welche un-
ter den nichtigsten Vorwänden ganze Districte am Rhein und in
Lothringen, mitten im Frieden, als ihm zukommende, zu andern
an Frankreich abgetretenen Provinzen gehörende Länder in Beschlag
nahmen; ja 1681 sogar ohne irgend einen Schein des Rechts sich
der freien Reichsstadt Straßburg zu bemeistern. Der Kaiser, in
seinen eigenen Staaten von den Türken bedrängt, welche 1683
selbst Wien belagerten, konnte cs nicht hindern, und ward selbst
nur durch die Hülfe des tapfern Johann Scbiesky, Königs von
Polen, gerettet. Nicht zufrieden mit diesen unerhörten Amnaßun-
gen, verlangte Ludwig 1685 im Namen der Herzogin von Orleans,
Schwester des letzten Kurfürsten von der Pfalz, dessen Länder als
eine jener Prinzeß gebührende Erbschaft, und auf die Weigerung
des Reichs ließ er die unglückliche Pfalz diesseits und jenseits des
Rheins durch Turenne 1688 auf Mordbrenner Art verwüsten. Der
durch den Frieden zu Ryswyk 1667 beendigte, aber schwach ge-
führte Reichskrieg brachte keine Veränderung in diesen Zustand der
Dinge. Ein größerer Krieg, den alle Mächte voraussahen, zog
damals die ganze Aufmerksamkeit der Fürsten auf sich. Car! 11.,
der letzte König von Spanien aus dem östreichischen Hause, hatte,
dem Tode nahe, fein Reich dem zweiten Sohne Leopolds, dem Erz-
herzog Carl, zugedacht; Frankreichs Künste aber brachten cs dahin,
daß er zuletzt noch durch sein Testament einen französischen Prinzen
Philipp zu seinem Erben ernannte. Hierüber entstand der in ganz
Europa, vorzüglich aber in Spanien, Italien, den Niederlanden
und Deutschland mit Erbitterung geführte spanische Erbfolgekrieg,
Dom Jahre 1762 bis 1714. Die anfänglich glücklichen Franzosen
wurden 1704 von dem Prinzen Eugen, dem kaiserlichen Feldherrn,
und dem englischen Herzog v. Marlborough bei Hochstädr oder
Blennheim an der Donau gänzlich geschlagen und erlitten auch in
den Niederlanden mehr als einen bedeutenden Verlust. Dem deut-
schen Reiche kam aber davon nichts zu gut; Leopold starb 1705,
sein Sohn und Nachfolger Joseph 1. schon 1711, und so wurde
dessen jüngerer Bruder Carl, eben der, welcher um die Krone Spa-
niens focht, zum Kaiser erwählt. Dieser Umstand kühlte den Eifer
der Engländer und Holländer mächtig ab, welche selbst nicht gern
die alte Monarchie Carls V. wieder herstellen mochten, und so kam
es nach vielen Siegen über diefranzoscn zu dem nachtheiligen Frie-
den von Raftadt und Baden 1714, durch welchen Frankreich im
Besitz aller seiner Deutschland entrissenen Länder blieb. Carl V!.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Leopold_1. Leopold Ludwig_Xiv Ludwig Johann_Scbiesky Johann Ludwig Ludwig Leopolds Carl Philipp Philipp Eugen Eugen Marlborough Leopold Leopold Joseph Carl Carls_V.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Lothringen Frankreich Wien Polen Rheins Spanien Leopolds Frankreichs Europa Spanien Italien Deutschland Blennheim Donau Baden Frankreich Deutschland