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jeder Staat gehört meist mehreren von ihnen an, und daher
kreuzen sich ost die Interessen in demselben Staate, was zu
inneren Zwistigkeiten, Parteiungen und Kämpfen führt.
2. Die Geschichte lehrt ferner, daß der Fortschritt der
Kultur durch freundliche und feindliche Berührung der Völker,
durch Handel und Verkehr sowohl als besonders durch
Kriege, gefördert wird. Der Kamps ums Dasein, für den ein-
zelnen Menschen natürlich, nötig und nützlich, ist auch für die
Völker und Staaten ein notwendiger Hebel zu ihrer höheren
Entwicklung.
Die Kriege lassen sich einteilen in äußere und innere oder
Bürgerkriege. Die Bürgerkriege entstehen durch Partei-
kämpfe innerhalb eines Staates: in Rom zwischen Marius und
Sulla, zwischen Cäsar und Pompejus; im römischen Reiche
zwischen den Gegenkaisern, in den südamerikanischen Republiken
zwischen den Parteien.
Die äußeren Kriege werden durch verschiedene Ur-
sachen hervorgerufen; folgende besonders sind wichtig geworden:
a) Eroberungs- und Raubsucht: Hunnen, Mongolen;
Alexander d. Gr., Ludwig Xiv., Napoleon I.
b) Neid und Mißgunst: der peloponnesische Krieg, der
dritte pnnische Krieg, Frankreich 1870.
e) F r e i h e i t s l i e b e: die Freiheitskriege der alten Griechen,
der Schweizer, der Nord-Amerikaner, der Deutschen.
ck) Notwehr: Rom beim 2. punischen Kriege, Preußen
1756, Deutschland 1870.
e) Streben nach natürlichen Grenzen, besonders
nach Besitz am Weltmeer: Brandenburgs Kämpfe um
Pommern, Preußens Kriege um Schlesien, Rußlands um
die Ostsee und das Schwarze Meer.
t) Aufrechterhaltung des europäischen Gleichgewichts:
Ludwig Xiv. gegen Österreich, England im spanischen Erb-
folgekrieg.
g) Herstellung nationaler Einheit: Italien 1859,
Deutschland 1866.
b) Erbfolge und dynastische Zwecke: der polnische,
der österreichische, der bayerische Erbfolgekrieg.
i) religiöse fragen: die Kreuzzüge, der dreißigjährige
Krieg.
Manche Kriege haben hervorragende Bedeutung für
die Ausbreitung der Kultur, z.b. die Züge Alexanders d.gr.,
die Eroberungskriege der Römer, die Römerzüge der Kaiser, die
Kreuzzüge, und eben'o sind auch einzelne Schlachten von
weltgeschichtlicher Bedeutung: Marathon, Salamis,
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Sulla Cäsar Alexander_d Alexander Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Napoleon_I. Ludwig_Xiv Ludwig Alexanders
Extrahierte Ortsnamen: Rom Frankreich Rom Deutschland Brandenburgs England Italien Deutschland Alexanders Salamis
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Regierung und zugleich die Rechte und Freiheiten der Bürger
feststellen: die magna Charta in England, die goldene Bulle, die
preußische und die Verfassung des Deutschen Reiches.
3. Nach der Art ihres Rechts gründ es ist die Mon-
archie:
a) Erb Monarchie, wie in allen Monarchieen der Gegen-
wart;
h) Wahlmonarchie, wie im alten Deutschen Reiche (be-
sonders seit dem Interregnum) und in Polen;
e) Gewaltherrschaft (Tyrannis, Militärmon -
archie), wenn der Herrscher durch Gewalt (Usurpation)
aus den Thron gelangt ist, wie Pisistratus und Poly-
krates, Cäsar und die römischen Imperatoren, Cromwell
und die beiden Napoleons.
In den meisten Erbmonarchieen herrscht männliche Erb-
folge (das salische Gesetz), in einigen (England, Spanien, Hol-
land) kann auch die weibliche Linie zur Herrschaft gelangen.
Auch nach Abstammung, Dauer und Ansehen ist
die Monarchie in den einzelnen Ländern verschieden. Auf
eigenem Rechte fußend, angestammt und in vielhundert-
jühriger, ruhmreicher Geschichte eingewurzelt ist sie in
Preußen und Deutschland, Österreich-Ungarn,Rußland,Frank-
reich bis 1789, dagegen aus fremden Ländern durch Wahl
des Volkes eingeführt und daher fast nur äußerer Zierat
in England, Belgien, Griechenland, Spanien, Italien. In den
zuletzt genannten Ländern hat sich die Volksvertretung (Parla-
ment) weitgehende Rechte, namentlich in Bezug auf die Er-
nennung der Minister und Beamten, vorbehalten, man sagt
daher von ihnen, sie werden parlamentarisch regiert.
4. Als Arten der Republik hat die Geschichte hervor-
gebracht:
a) die Aristokratie (Adelsherrschaft), wo die Zahl der
herrschenden Personen gering ist und zugleich die Reichen
und Vornehmen umfaßt (und zwar lassen sich unter-
scheiden die Geburts-, die Ämter- und die Geldaristo-
kratie): die alte athenische, hie alte spartanische, die alte
römische Republik, Venedig und noch heute Hamburg,
Lübeck und Bremen;
b) dieoligarchie (Sippenherrschaft), wo die wenigen re-
gierenden Familien nur ihren' persönlichen Vorteil ver-
folgen: die dreißig Tyrannen in Athen;
c) die Demokratie (Volksherrschast), wo alle oder doch
die Mehrzahl der Bürger an der Regierung des Staates
beteiligt sind: die spätere athenische und römische Republik;
2*
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Extrahierte Ortsnamen: England Polen Napoleons England Spanien Deutschland Österreich-Ungarn England Belgien Griechenland Spanien Italien Venedig Hamburg Bremen Athen
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Menschheit, zeigt uns gleichfalls nur die Geschichte: die Thaten
des Kodrus und des Leónidas, des Decius Mus und des Regu-
lus, Arnold Winkelrieds und Andreas Hofers, des Pioniers
Klinke und der Tapferen vom 61. Regiment, die Begeisterung
und Hingabe ganzer Völker, wie der Griechen in den Perser-
kriegen, der Römer in den punischen Kriegen, der Preußen in
dem 7jährigen Kriege und in den Freiheitskriegen, der Deutschen
in dem deutsch-französischen Kriege 1870/71 , der opferfreudige
Märtyrertod von Männern wie Jeremias, Sokrates, Christus,
Bonifatius, solche Heldenthaten werden immer im Gedächtnis
der Menschen leben und gefeiert werden. Und wie lehrreich end-
lich ist z. B. für uns Deutsche die Betrachtung unserer eigenen
Geschichte! Die Kenntnis unserer Untugenden und Laster (z.b.
der Trunksucht, der Uneinigkeit, der Kleinlichkeit, der Vorliebe
für alles Fremde) soll uns vor ihnen warnen, die Folgen der
Zerrissenheit des alten Reiches sollen uns den Wert eines starken,
straffen, einheitlichen Regiments schätzen lehren, die Blüte der
Hansa uns zeigen, daß die Deutschen auch auf der See und im
Weltverkehr eine hervorragende Stellung einnehmen können,
wenn sie nur wollen!
§ 4. Die Lebensbedingungen der Staaten.
1. Aus der Geschichte ersehen wir, daß die Staaten sich
nach Ausdehnung, Macht, Lage, Erwerb der Bewohner,
Sprache, Religion und anderen Beziehungen unterscheiden.
Man kann sie danach etwa einteilen in:
a) Stadtstaaten: Athen, Sparta, Rom, Florenz, Venedig,
Hamburg.
Flächenstaaten: Deutschland, Frankreich.
b) Kleinstaaten: Rumänien, Griechenland.
Mittel stauten: Spanien, Türkei.
Großmächte: Deutschland, Rußland, Frankreich. Nord-
Amerika.
e) Binnenstaaten: Schweiz, Serbien, Brandenburg bis
1648.
Seestaaten: Großbritannien, Dänemark, Norwegen.
Land- und Seestaaten: Deutschland,Frankreich,Italien.
ä) zerteilte Staaten: Brandenburg-Preußen bis 1866,
Österreich bis 1801.
z usa mm enh äugende Staaten :Deutschesreich,Frank-
reich.
e) Ackerbaustaaten: das alte Rom, Sparta, Preußen bis
ins 18. Jahrh.
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Extrahierte Personennamen: Arnold_Winkelrieds Andreas_Hofers Jeremias Christus Bonifatius Großmächte
Extrahierte Ortsnamen: Athen Sparta Rom Florenz Venedig Hamburg Deutschland Frankreich Griechenland Spanien Deutschland Frankreich Amerika Serbien Brandenburg Dänemark Norwegen Deutschland Rom Sparta
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Industriestaaten: Belgien, England.
Handels st aaten: Phönizien, Athen, Karthago, Venedig,
Holland, England.
f) einsprachige Staaten: Preußen, Frankreich.
vielsprachige Staaten: Österreich, die Schweiz.
8) religiös einheitliche Staaten: Spanien, Frankreich,
Schweden.
religiös gespaltene Staaten: Deutsches Reich,
Preußen.
ll) Na t i o n a l sta at e n: das neue Deutsche Reich, Frankreich.
Universal reiche: das römische Reich, das Reich Napo-
leons I.
i) geschlossene Staaten: Österreich,Schweiz,Spanien,
Dänemark.
Kolonial st aaten: England, Rußland, Frankreich,
Deutsches Reich.
Aus diesen Verschiedenheiten erklärt es sich, daß jeder
Staat seine ihm eigentümlichen Ziele und Inter-
essen verfolgt, gewissermaßen ein besonderes Leben führt, und
daß er dabei mit den anderen in freundliche oder feindliche Be-
ziehungen gerät. Solange z. B. Brandenburg ein Binnenstaat
war, mußte es nach Besitz an der Meeresküste trachten, denn das
Meer allein bietet eine natürliche Grenze und eröffnet die Teil-
nahme am Welthandel. Solange Preußen aus mehreren Teilen
bestand, mußte es nach Verbindung der einzelnen Teile streben,
was endlich 1866 erreicht wurde; ebenso suchte Österreich vor
1801 öfters, sein Gebiet abzurunden. Handelsstaaten nehmen
für den Handel geeignete Küstenpunkte in Besitz, Industrie-
staaten suchen nach passenden Absatzgebieten. Ackerbaustaaten
führen ihre Kriege meist mit ihren eigenen Bauern, Volksheeren,
Handelsstaaten dagegen mit geworbenen Söldnern. Seestaaten
bilden vor allem eine Seemacht aus, Binnenstaaten dagegen das
Landheer; ein Staat wie das Deutsche Reich, mit ausgedehnten
Landgrenzen und aus den Welthandel angewiesen, muß demnach
Heer und Flotte nach Kräften ausbilden. Die nationale oder
religiöse Spaltung suchten viele Staaten, da sie zahlreiche und
schwere innere Kämpfe im Gefolge hat, mit Gewalt zu beseitigen.
Staaten lediglich aus die nationale Zugehörigkeit zu be-
gründen und jedem Volk einen selbständigen Staat zu schaffen
(die nationale Idee), zeigt sich als ebenso unnatürlich und
unmöglich, wie ein Weltreich zu errichten.
Jeder Staat hat also seine eigenen Lebensbedingungen,
denen er folgen muß. Natürlich treten in der Geschichte die
erwähnten Arten der Staaten selten rein hervor, sondern
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Extrahierte Ortsnamen: Belgien England Athen Karthago Venedig Holland England Frankreich Spanien Frankreich Schweden Frankreich Dänemark England Frankreich Brandenburg Deutsche_Reich
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nieen bedacht, von den Phöniziern und alten Griechen an bis
auf die neueste Zeit, und die Geschichte ihrer Kolonieen ist für
viele Staaten, befonders für Spanien und Portugal, Holland,
Frankreich, England und Deutschland, zugleich der deutlichste
Ausdruck ihrer politischen Machtstellung.
ß 10. Staatenbund und Bundesstaat, Personal- und
Realunion.
1. Die Geschichte zeigt uns nicht bloß einfache Staaten,
sondern auch zusammengesetzte, d. h. solche, welche aus
mehreren einfachen Staaten bestehen, die aber in gewissen Be-
ziehungen eine Einheit bilden. Ist die Vereinigung der
Einzelstaaten in dem Gesamtstaat nur lose, so daß sie fast ihre
volle Selbständigkeit bewahren, so heißt sie ein Staatenbund;
ein solcher war der Deutsche Bund von 1815—1866, die Schweiz
vor 1848, die Republik der vereinigten Niederlande. Diese
Staatenbünde zeigten sich aber bald unfähig, die Staatsauf-
gaben zu erfüllen. Ist die Vereinigung straffer, einheit-
licher, so daß auch der Gesamtstaat eigene Gesetzgebung und
Verwaltung besitzt, so ist sie ein Bundesstaat: so das neue
Deutsche Reich, die Schweiz seit 1848, die Vereinigten Staaten
von Nordamerika.
2. Stehen zwei oder mehr Staaten unter demselben Herr-
scher, so heißt ihre Verbindung eine Union. Sie ist entweder
eine Personalunion, wenn diese Staaten nur zufällig,
etwa durch Erbfolge, unter einem Herrscher vereinigt worden sind
(wie früher Holland mit Luxemburg, England mit Hannover,
Dänemark mit Holstein und jetzt noch Belgien mit dem Kongo-
staat), oder sie ist eine Realunion, wenn die Verbindung
durch Staatsgrundgesetz bestimmt ist, also durch Zufälligkeiten
nicht ausgelöst werden kann (so bei Österreich und Ungarn,
Schweden und Norwegen).
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Portugal Holland Frankreich England Deutschland Niederlande Deutsche_Reich Nordamerika Holland Luxemburg England Holstein Ungarn Schweden Norwegen
20
umfaßt fast vau Anfang au Bauernschaften und Städte. Ursprünglich
ein loser Staatenbuud von 13 gleichberechtigten, aber an Macht und
Verfassung sehr verschiedenen souveränen Kantonen, neben denen die
„zugewandten Orte" (Schutzverwandte ohne politische Rechte, z. B.
Genf) und die „gemeinen Vogteien" (Untertanenlande der Eidgenossen -
schaft oder einzelner Kantone, wie Tessin, das Waadtland, Aargau,
Thurgau u. a.) steheu, wird sie nach den Beschlüssen der „Tag-
satzung", eines Kongresses instruierter Gesandter, der Einstimmigkeit
erfordert, regiert, aber durch die überragende Macht der großen
Kantone (Bern, Zürich, Luzern*) und die starke eidgenössische Ge-
sinnung fester zusammengehalten als durch die lockere Verfassung.
Die Napoleouische Mediationsakte von 1803 macht die Vogteien
zu Kantonen, die Verfassung von 1848 verwandelt den Staatenbund
in einen Bundesstaat unter der souveränen Buudesgewalt (Bundesrat
als die höchste Regierungsbehörde, Ständerat als Vertretung der
Kantone mit 22 Stimmen, Nationalrat als Volksvertretung), der zu
immer schärferer Zentralisation in Gesetzgebung und Verwaltung
übergeht. In derselben Richtung wirkt die jetzt überall durchgeführte
demokratische Verfassung der Kantone. — Die Republik der Ver-
einigten Niederlande entsteht aus der „Union von Utrecht" 1579,
einem Kriegsbündnis gegen Spanien. Durch die Uunbhängigkeits-
erklürung 1581, endgültig durch den Frieden von 1018 wird daraus
der Staatenbnnd der sieben souveränen, überwiegend von einer
städtischen Kansmannsaristokratie regierten „Provinzen". Deren
„Provinzialstaaten" (Stände) bilden durch ihre Delegierten den
stehenden Gesandtenkongreß der „Generalstaateu" im Haag, zu dessen
Beschlüssen Einstimmigkeit gehört. Untertanenlande ohne politische
Rechte sind Staatsslandern und Staatsbrabant, Drenthe ist Schutzgebiet.
Fester zusammengehalten wird dieser lockere Bund von dem Über-
gewicht der Provinz Holland, dem Ratspensionarins, ursprünglich
Sekretär der holländischen Provinzialstaaten, daun eine Art Bundes-
kanzler, und dem Hanse Oranien, dessen ältere Linie in fünf Pro-
vinzen das Amt des „Statthalters" und „Generalkapitäns" (Ober-
befehlshabers) erblich bekleidet. Nach der kurzen Episode der „bata-
vischen Republik" (seit 1702) verwandelt sich der Staatenbuud 1806
in einen Einheitsstaat, das Königreich Holland und geht als solches
1815, zunächst mit Belgien vereinigt, an das Haus Oranien über.
29. Auch aus den dreizehn englischen Kolonien in Nordamerika
geht nach der Losreißung von England zuerst der Staatenbuud der
Vereinigten Staaten hervor (1778 —1787). Als aber seine Un-
*) Bern allein beherrschte im 17. Jahrhundert 235, alle übrigen Kantane
zuiaininen nur 225 Qnadratmeilen.
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Extrahierte Ortsnamen: Genf Thurgau Bern Spanien Drenthe Holland Holland Nordamerika England
35
schäften (zuerst der Italiener). Eine neue Ordnung Europas führen
dann große internationale Kongresse herbei. Der westfälische Friede
1648 besiegelt die Niederlage der habsburgisch-katholischen, der Friede
von Utrecht 1713 das Scheitern der französischen Weltmachtpolitik. So
bildet sich ein anerkanntes Gleichgewicht der europäischen Hauptstaateu.
Aber erst der Siebenjährige Krieg, der erste allgemein europäische, ver-
bindet die bisher getrennten beiden europäischen Staatengruppen, die
west- und osteuropäische, indem sich Preußen, das beiden angehört,
zu einer der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie gleichberech-
tigten Großmacht emporarbeitet und der bisher zerrissenen und ohn-
mächtigen Mitte des Weltteils zu selbständiger Geltung verhilft. Also
entsteht die „Pentarchie" der europäischen Großmächte, hinter der die
kleineren Staaten fortan weit zurücktreten. Diese Ordnung wird
durch das Napoleonische Weltreich nur auf kurze Zeit unterbrochen,
vom Wiener Kongreß 1814/5 wieder hergestellt, durch die Gründung
des Königreichs Italien 1861 und des deutschen Reichs 1871 ergänzt
und zugleich befestigt, weil damit die widernatürliche Zerteilung der
beiden großen mitteleuropäischen Kulturvölker aufgehoben wird.
Über Europa hinaus wachsen mehrere der sechs Großmächte auf
Grund großer auswärtiger Besitzungen zu Weltmächten empor, und
ganz neuerdings sind noch zwei außereuropäische Staaten, Nord-
amerika und Japan in die Reihe dieser Mächte eingetreten. Ihr
„Gleichgewicht" beruht daraus, daß keine einzelne allein imstande ist,
eine andere zu vernichten, also ans ihrer Wehrhaftigkeit. Das hat
die Kriege vermindert und den Friedenszustand zur Siegel gemacht.
57. Auch ein gewisses System des Völkerrechts ist durch Ge-
wohuheit und Vertrüge geschaffen worden, nicht nur im Privatrecht,
sondern auch im öffentlichen Recht (Freiheit der Meere, Schonung des
Privateigentums im Kriege; neutrale Flagge deckt feindliches Gut;
die Genfer Konvention vom roten Kreuz 1864; der internationale
Schiedsgerichtshof hu Haag nach den Beschlüssen der Friedenskonferenz
von 1899 zu möglichst friedlicher Erledigung internationaler Streit-
fragen, soweit sie nicht durch freiwillig anerkannte Schiedsrichter ge-
schlichtet werden). Aber es ist immer ein unsicheres Recht, denn keine
überragende Autorität kann seine Befolgung erzwingen.
58. Als Menschenwerk hat der Staat keinen Anspruch auf um
endliche Dauer. Er geht unter durch fremde Gewalt oder innere
Auflösung. Weltreiche zerfallen, wenn die Kräfte, die sie zusammen-
gezwungen haben, verschwinden, kleine Staaten werden, wenn sie die
Autarkie verloren haben (s. § 2), mit größeren Staaten vereinigt.
Der älteste heutige Staat ist China, „ein ungeheures Stück lebendig
gebliebenen Altertums".
3
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Extrahierte Ortsnamen: Europas Utrecht Donaumonarchie Napoleonische_Weltreich Italien Europa Japan China
18
Zweites Kapitel.
Dafür verpflichten sie sich, in keiner Weise für die eine oder andre
der kriegführenden Mächte Partei zu nehmen, und nicht zu dulden,
daß ihr eigenes Land irgendwie als Stützpunkt für kriegerische Unter-
nehmungen von einer der kämpfenden Mächte benutzt werde. Weiter
sind seit der Genfer Konvention im Lahre 1864 Lazarette und Ambu-
lanzen neutral, solange sich Kranke und verwundete in ihnen be-
finden, ihre Diener unverletzlich: jene schützt eine Fahne, diese eine
Binde mit rotem Kreuz im weißen Felde. Explosivgeschosse für Hand-
feuerwaffen gelten seit 1868 für unzulässig. Buch erklärten sich
die Mächte 1899 in der Haager Konferenz, um Kriege nach Mög-
lichkeit zu verhüten, damit einverstanden, alle ihre Bemühungen auf-
wenden zu wollen, um die friedliche Erledigung der internationalen
Streitfragen zu sichern und im Falle eines Streites, bevor sie zu
den Waffen griffen, die guten Dienste oder die Vermittlung einer
befreundeten Macht anzurufen, soweit die Umstände dies gestatten
würden. Sie dehnten die Genfer Lätze auf den Leekrieg aus und
verboten die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen, die
Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden Feindes, die
Erklärung, daß kein Pardon gegeben wird, die Beschießung un-
verteidigter Ltädte, Dörfer oder Gebäude, die Plünderung von Ltädten,
selbst wenn sie im Lturm genommen, die Verletzung der durch eine
weiße Fahne kenntlich gemachten Parlamentäre und ihrer Beglei-
tung u. a.
5. Freilich bleibt hier vieles unsicher und vom guten Willen
der Ltaaten abhängig: wer soll den Übertreter bestrafen? Lcheu und
Lcham sind lahme Wächter. Wer wird um deswillen zu den Waffen
greifen, weil von einer kriegführenden Macht das Völker- oder Kriegs-
recht verletzt worden ist? Der irdische Richter fehlt. Doch wird
sich ja zu allen Zeiten die Gesittung in der Kriegführung spiegeln. Line
weitere Entwicklung ist nicht unmöglich. Es wäre etwa die Rufhebung
des Leebeuterechts und die Errichtung eines obligatorischen Lchieds-
gerichts und vielleicht auch eine allgemeine Abrüstung zu wünschen,
vielleicht vereinen sich einst um der Friedensidee willen die Völker
Europas zu einem Bund, wie jetzt die Ltämme Deutschlands geeint
sind,' und schließlich die Völker der ganzen Erde. Aber das liegt
alles noch im Traumland. Die Lchwärmer hoffen's. Wir zweifeln.
Im allgemeinen gibt die Ltimmung von heute die Fabel richtig
wieder:
Der Fuchs vernahm, daß ein allgemeiner Friede unter den Geschöpfen
zustande kommen sollte. Da meinte er schmunzelnd: ,,Das freut mich sehr, denn
nun wird man doch endlich einmal vor den Nachstellungen des Menschen sicher
sein und in Ruhe seinen Hasen essen können." ähnlich ruft Götz bei Goethe
h. Kkt): Krieg und Frieden! Ich glaub's wohl! Den wünscht jeder Raub-
vogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren.
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Deutsches Fürstentum und Kaisertum. Die Begründung des neuen Reiches. 45
Politik, sie wollten auch Waffenbündnisse mit dem Nuslande schließen
und dazu berechtigt sein. Zuerst folgten westdeutsche Fürsten ihrer
Neigung, mit europäischen Machthabern abzuschließen oder gegen eine
Iahresrente, eine Pension sich ihnen zu verpflichten und fremden
Herrendienst zu suchen, und Bündnisse mit der französischen und eng-
lischen Krone werden früh erwähnt. Die Wittelsbacher schlossen
sich schon im l4. Jahrhundert eng an die Kapetinger an, und Karls Vi.
berüchtigte Gemahlin Isabeau stammte aus ihrem Geschlechte. Karl Vii.
sprach schon von einer wahren und vollkommnen Liebe zwischen
Frankreich und den deutschen Kurfürsten, und Karl Viii. pries im
Jahre 1498 die seit 120 Jahren bestehende unbegrenzte Freundschaft
mit dem Pfälzer Pause.
Line höhere Weihe erhielt das reichsrechtlich freilich noch nicht
zugestandene Bündnisrecht in der Zeit der Keformation, da man
es für die Wahrung der höchsten Güter der Menschheit, der Glaubens-
einheit oder der Gewissensfreiheit anrief. Und mußte man fetzt von ihm
sogar in erster Linie gegen den Kaiser Gebrauch machen, und zeigten sich
infolge davon bei Luther und bei allen, die mit Luther leidenden
Gehorsam gegenüber dem Kaiser für gottgefällig ansahen, Gewissens-
bedenken, nun, so untersuchten protestantische Juristen das Verhältnis
der niederen und höheren Obrigkeit im Ueiche und fanden: wenn die
Zchrift bewaffneten widerstand gegen die Obrigkeit den Christen
verbiete, so beziehe sich dies nur auf die geborenen Erbherren, nicht
auf das Verhältnis zum Kaiser,' der Kaiser sei in diesem Zinne gar
nicht Obrigkeit, weil er gewählt sei. So verhandelten die Pro-
testanten seit 1530 unter dem vortritt Philipps von Hessen unbedenk-
lich mit dem Nuslande. Kurfürst Moritz schloß mit Heinrich Ii.
ab, der Pfalzgraf warb Bundesgenossen und Freunde in der ganzen
Ideit; die Union und die Liga entstanden, und im 30jährigen Kriege
tummelten sich mit deutschen Fürsten verbündet Ungarn und Polen,
Dänen und Zchweden, Franzosen und Zpanier auf Deutschlands Boden.
Und wenn auch im Prager Frieden noch einmal alle und jede Einungen,
Uniones, Ligä, Födera u. dgl. Zchlüsse für aufgehoben erklärt wurden,
so war und blieb dies doch das Ende: im westfälischen Frieden wurde
allen Ztänden für ewige Zeiten das freie Uecht zugesprochen, unter
sich und mit Nuswärtigen Bündnisse zu schließen, und damit standen allen
alle europäische Wege offen. Es kam die Zeit, da deutsche Fürsten
nicht nur mit Frankreich und Zchweden, Dänemark und den Nieder-
landen sich verbündeten, sondern sogar in Warschau und London
residierten.
4. Eben damals kam der andre Ztreit zum Nustrag: es wurde
auch dem verlangen der Fürsten, auf die Reichsregierung den
entscheidenden Einfluß zu üben, nachgegeben. Den Kurfürsten hatte
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: Karls Isabeau Karl_Vii Karl Karl_Viii Karl Philipps Moritz Heinrich_Ii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Karls Frankreich Hessen Polen Deutschlands Födera Frankreich Dänemark Warschau London
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viertes Kapitel.
6. Solange nun das Zepter in den Handen eines Habsburgers
glänzte, dem sein Ligenbesitz eine Weltmachtstellung verbürgte, war
dieser Zustand vielleicht noch erträglich, und wenn der nach Frauen-
art den schönen Schein liebte, da konnte es wohl sein Selbstgefühl
und seine Eitelkeit befriedigen, wenn Kurfürsten und Fürsten des
Reiches ihn an festlichen Tagen mit Reitern und Rutschen, unter
Trompetengeschmetter und Trommelwirbel durch die festlich geschmückten
Straßen der Städte geleiteten oder mit den Baretten in der Hand
erwarteten und kniend den Lehnseid leisteten (Matthias). Rber der
unglückliche Rarl Vii., der Bapernkurfürst mit der leeren Tasche,
der Rarl ohne Land, der am Tage seiner Rrönung seine Hauptstadt
München und sein ganzes Land verlor, verfiel von Rnfang an dem
Fluche der Lächerlichkeit. Und der Lothringer Franz I. erschien wie
eine Puppe in der Hand seiner Gemahlin Maria Theresia.
Ja ohne Gestalt und Schöne war dieses Raisertum, und es blieb
wie es war bis zu seinem Rusgang, und selbst Friedrich der Große
war nur imstande, die deutsche Libertät noch einmal zu retten, nicht
dazu, eine große Reform durchzusetzen. So ward uns das Bittre
nicht erspart, erst durch des Ruslandes Machtgebot für unsre Ver-
fassung wieder neues Leben zu gewinnen.
7. Schon Gustav Rdolf hatte sich mit dem Gedanken getragen,
das übrige Deutschland von den Habsburgischen Landen zu trennen
und ein eorpus evangelicorum zu errichten, dessen militärische und
politische Leitung dem Schwedenkönige zufallen müsse,- darüber hinaus
sollten die Rüsten und in Mitteldeutschland z. B. das Herzogtum
Franken (am Main) unmittelbar mit Schweden verbunden werden,
und Mecklenburg und die Pfalz, deren Fürsten erst durch schwedische
Regimenter in ihre Lande zurückgeleitet wurden, mindestens auf die
wichtigsten Rechte der Landeshoheit verzichten. Dieser Reformgedanke
folgte dem Löwen aus Mitternacht in sein frühes Grab.
Dann wurden im Rnfange des 19. Jahrhunderts die Franzosen
unsre Meister und politischen Lehrer, und wir haben durch ihre
gewaltsame Umsturztätigkeit schließlich doch manches gelernt und ge-
wonnen. Mit dem Reichsdeputationshauptschluß vom Jahre 1803
wurden die geistlichen Fürstentümer beseitigt und die Kleinstaaterei
gemindert: von 288 Ständen verschwanden auf einmal 112; 1806
ward eine weitere Rufteilung vorgenommen. Zugleich schuf Napoleon
im Sturme, was den Habsburgern nie gelungen war, aus den Mittel-
staaten ein neues festgefügtes Niesen, den Rheinbund, dessen Pro-
tektor er wurde und dessen Ranzler er ernannte; die Rheinbundfürsten
erhielten ihren Untertanen gegenüber alle Rechte,- in der auswärtigen
Politik mußten sie sich dafür ihrem Protektor bedingungslos unter-
werfen und ihre Truppen als Rontingente seiner großen Rrmee zu-
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht]]
TM Hauptwörter (200): [T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Matthias) Franz_I. Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich_der_Große Friedrich Gustav_Rdolf Gustav Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Mitteldeutschland Main Schweden Rheinbund