Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): evangelisch-lutherisch
296
Geschichte.
No. 148.
Bald gewann er durch seine ersprießliche Thätigkeit in der Gegend ein
solches Ansehen, daß er in den Provinziallandtag und im Jahr 1848 in die
zweite Kammer als Abgeordneter gewählt wurde. Da er aufs entschie-
denste für die Rechte des Königs eintrat, so wurde König, Friedrich Wil-
helm Iv auf ihn aufmerksam und übertrug ihm 1851 den wichtigen Posten
eines preußischen Bnndesgesandten in Frankfurt am Main. Hier hielt
er die Augen offen; und was er gesehen und sich gemerkt, ist später Preußen
und Deutschland zu gut gekommen. Namentlich überzeugte er sich von der
Notwendigkeit, daß Österreich aus dem deutschen Bunde ausscheide. Von
Frankfurt kam Bismarck 1859 als Gesandter nach Petersburg und von da
1862 in derselben Eigenschaft nach Paris. Noch in demselben Jahr berief
ihn sodann König Wilhelm als ersten Minister an seine Seite. In dieser
Stellung hatte er die schwierige Aufgabe, die Umbildung des Heeres gegen
den Widerspruch des Abgeordnetenhauses durchzusetzen. Im Blick auf die
Zukunft ließ er sich durch keinen Widerstand von der Durchführung seiner
Pläne abschrecken. „Die großen Fragen der Zeit," sagte er einmal in diesen
Jahren des „Konflikts," „können nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse,
sondern nur durch Blut und Eisen entschieden werden" — ein Wort, das
ihm in der Folge den Namen der „eiserne" Graf oder Kanzler eingetragen hat.
Als sich nach dem Krieg des Jahres 1866 die deutschen Verhältnisse
günstiger gestalteten, als sich die Süddeutschen durch Bismarcks Bemühungen
den Norddeutschen mehr und mehr näherten, als derselbe durch seine Staats-
klugheit das Ausland, insbesondere Frankreich, von der Einmischung in deutsche
Verhältnisse abzuhalten vermochte, da wurden manchem ehrlichen Deutschen
die Augen geöffnet, und Bismarck, der zuvor meistgehaßte, wurde bald der
gefeiertste Mann in Deutschland. Das Ausland bekam Achtung vor dem
Deutschtum, besonders da man erkannte, daß Wilhelm I und sein großer
Kanzler nicht den Krieg um des Krieges willen suchten, sondern daß sie für
Preußen und Deutschland nur die Stellung anstrebten, die beiden nach ihren
inneren und äußeren Kräften gebühre.
Schon seit Jahren hatte Bismarck die Überzeugung, daß auf die 9änge
der Zeit es nicht möglich sei, mit Frankreich, und namentlich mit dessen
ländergierigem Kaiser, Frieden zu halten. Daher war, als Napoleon Iii
im Jahr 1870 in leichtfertiger Weise den Krieg erklärte, alles schon so vor-
bereitet, daß der Einmarsch unserer Truppen in Frankreich mit erstaunlicher
Schnelligkeit vor sich ging und die Kämpfe auf dem feindlichen Boden Schlag
auf Schlag erfolgten.
Bismarck war während des Krieges stets in der Nähe seines königlichen
Herrn. Die Friedensverhandlungen, die er mit den französischen Munstern
zu führen hatte, bereiteten ihm zwar manche schwierige Stunde; aber er
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wil- Friedrich König_Wilhelm Wilhelm Bismarck Wilhelm Napoleon Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_am_Main Deutschland Frankfurt Petersburg Paris Frankreich Deutschland Deutschland Frankreich Frankreich
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Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): evangelisch-lutherisch
No. 161.
Geschichte.
303
russischen Kriegsdiensten und durch viele Reisen gebildet. In seine
Regierungszeit fällt eine Reihe blutiger Kriege, welche dem Lande
schwere Opfer auferlegten, ihm aber auch eine größere Anzahl neuer
Gebiete zuführten, so daß sich dessen Flächeninhalt mehr als verdoppelte.
In dem 1799 ausgebrochenen Kriege zwischen Frankreich und Öster-
reich kämpfte Friedrich auf seiten des letzteren und verlor nach dem
unglücklichen Ausgange des Krieges die altwürttembergische Grafschaft
Mömpelgard an Frankreich, wurde aber durch geschickt geführte Ver-
handlungen mit Napoleon auf dem rechten Rheinufer entschädigt. Fried-
rich erhielt die Probstei Ellwangen, die Klöster Zwiefalten, Schönthal
u. a., ferner die Reichsstädte Eßlingen, Reutlingen, Rottweil, Giengen,
Hall, Heilbronn, Aalen, Gmünd, Weil der Stadt mit ihren Gebieten.
1803 wurde Friedrich zum Kurfürsten erhoben. Inzwischen war Napo-
leon Kaiser geworden, und bald darauf begann wieder der Krieg mit
Österreich. Friedrich bestrebte sich vergeblich, neutral zu bleiben. Am
2. Oktober 1805 erschien Napoleon unerwartet zu Ludwigsburg mit
der Erklärung: Für oder wider mich! und Friedrich hatte keine Wahl
als mit 8000 Mann an denselben sich anzuschließen. Von jetzt an
focht Friedrichs Heer unter der Fahne Frankreichs. 1806 kämpften
14000 Württemberger gegen Preußen, 1809 16 000 gegen Österreich;
1812 nahmen 15 347 Württemberger am russischen Feldzuge teil,
gingen aber durch Krankheiten, in Schlachten und auf dem berüchtigten
Rückzüge fast ganz zu Grunde; keine 1000 Mann kehrten in die Heimat
zurück. Im folgenden Jahre mußte ein neues Heer von 12 000 Mann
gegen die verbündeten Preußen und Russen ausrücken, das aber auch
zum größten Teile umkam. Erst die Schlacht bei Leipzig, in welcher
der Brigadegeneral Graf Normann gegen den Willen Friedrichs mit
dem Rest der Württembergischen Armee zu den Verbündeten überging,
machte dem Bündnis mit Napoleon ein Ende. An den Kriegen gegen
Frankreich in den Jahren 1814 und 1815 nahmen die Württemberger
ruhmreichen Anteil.
Zum Lohne für die Napoleon geleisteten Dienste erhielt Friedrich
die Königswürde, die er am Neujahrstage 1806 feierlich annahm, und
abermals neuen Landeszuwachs in Oberschwaben und im Hohenloheschen.
Damals kamen die sogenannten 5 Donaustädte Mengen, Riedlingen,
Munderkingen, Ehingen und Saulgau an Württemberg. Im Juli
1806 trat Friedrich mit 15 andern deutschen Fürsten dem von Napoleon
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Napoleon Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Napoleon Friedrich Friedrich Friedrichs_Heer Friedrichs Graf_Normann Friedrichs Napoleon Napoleon Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Eßlingen Reutlingen Rottweil Giengen Heilbronn Aalen Ludwigsburg Frankreichs Leipzig Friedrichs Frankreich Oberschwaben Hohenloheschen Riedlingen Munderkingen Ehingen Württemberg
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238
Geographie.
No. 122.
asiatischen Inseln Blau- Eben- und Sandelholz bezogen. Dagegen wird
nur wenig Holz ausgeführt.
Das Ergebnis des Bergbaues gestattet eine bedeutende Ausfuhr.
Die Einfuhr englischer Steinkohlen und böhmischer Braunkohlen wird
durch eine ganz bedeutende Steinkohlenausfuhr nach den westlichen Nach-
barländern, nach Russland, der Schweiz und Österreich-Ungarn über-
wogen. Salz wird besonders nach Belgien und den Niederlanden, der
Schweiz und Österreich-Ungarn ausgeführt. Die Einfuhr an Erzen aus
Frankreich, den Niederlanden und der Balkanhalbinsel übertrifft die
Ausfuhr an Wert, wenn sie auch an Gewicht hinter dieser zurückbleibt,
da Deutschland viele wertvolle Metalle, wie z. B. Zink und Kupfer, vom
Auslande beziehen muss.
Kolonialwaren (Kaffee, Thee, Zucker, Kakao, Reis, Gewürze,
Tabak), Südfrüchte, Wein und feine Spirituosen sowie Erdöl
bezieht das Reich fast nur vom Auslande. Amerika, Indien und Ost-
asien liefern die Kolonialwaren hauptsächlich über Grossbritannien und
die Hansastädte, teilweise auch über Russland. Deutschland treibt je-
doch eine grossartige Ausfuhr von Zucker, namentlich nach England
und den überseeischen Gebieten. Südfrüchte (Zitronen, Orangen,
Weintrauben, frisch und getrocknet, Datteln, Feigen) kommen besonders
aus den Mittelmeerländern, aus Spanien, Frankreich, Italien, den vorder-
asiatischen Küstenländern und Nordafrika, Petroleum wird aus Russ-
land und den Vereinigten Staaten von Nordamerika eingeführt. Weine
kommen aus Frankreich, Italien, Österreich-Ungarn, der Pyrenäenhalb-
insel und einigen Gegenden fremder Erdteile. Ausgeführt wird wenig
Wein, dagegen nach allen Erdteilen viel Bier.
Die Rohstoffe der Textilindustrie kommen aus Australien und
Südamerika (Schaf- Fama- und Alpakawolle), Russland (Flachs), Eng-
land (Beinen- und Baumwollengarne), Nordamerika und Ostindien (Baum-
wolle), der Schweiz und Italien (Roh- und Elorettseide). Ein Haupt-
markt für die Erzeugnisse dieser Industrie sind die Vereinigten Staaten
von Nordamerika, ausserdem die deutschen Kolonien und andere über-
seeische Gebiete, Grossbritannien, die Niederlande und die Schweiz.
Fertige Kleider und Putzwaren verlangen besonders Grossbritannien
und die Niederlande.
Die Fabrikate der deutschen chemischen Industrie (besonders
Säuren und Salze, Parfümerien, Farbwaren, Schreib-und Zeichenmaterial)
finden grossen Absatz in allen Nachbarländern, in Skandinavien und
Nordamerika; ebenso deutsches Papier und deutsche Pappe. Sehr be-
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Extrahierte Ortsnamen: Russland Schweiz Belgien Niederlanden Schweiz Frankreich Niederlanden Deutschland Amerika Indien Grossbritannien Russland Deutschland England Spanien Frankreich Italien Nordafrika Russ- Nordamerika Frankreich Italien Australien Südamerika Russland Nordamerika Ostindien Schweiz Italien Nordamerika Grossbritannien Niederlande Niederlande Skandinavien Nordamerika
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No. 134.
Geschichte.
265
erwarten Siege und (Erfolge Preußens über Österreich, die den Kriegs-
ruhm Frankreichs in den Schatten stellten. Zunächst suchte Napoleon
dafür, daß er sich neutral verhalten, eitrige deutsche Länderstrecken auf
dem linsen Rheinufer zu gewinnen; König Wilhelm und sein Minister
Bismarck wollten jedoch, so behutsam Napoleon auch dabei zu Werke
giug, nichts davon wissen und erklärten: „Rein Fuß breit deutschen
Landes wird abgetreten!" Zmmer lauter ertönte deshalb der Ruf
der „großen" Nation: „Rache für Sadowa!" Zmmer ungeduldiger
suchten Napoleott und die ihn drängende Kriegspartei einen Vorwand
zum Krieg mit Preußen; und auch der geringste war ihnen dazu
gut genug, zumal da sie hofften, die süddeutschen Staaten würden
neutral bleiben oder gar mit Frankreich gemeinsame Sache gegen
Preußen machen.
2. Welches war der Vorwand? Die Spanier hatten ihre Königin
Zsabella vertrieben und als ihren Nachfolger den Prinzen Leopold
von Lsohenzollern, einen entfernten verwandten des preußischen Königs-
hauses, in Aussicht genommen. Der König von Preußen hatte auf
die Anfrage desselben geantwortet, er hindere ihn nicht an der An-
nahme der spanischen Königskrone. Um jedoch jeden Anlaß zum
Streit oder gar zum Krieg zu vermeiden, verzichtete der Vater des
Prinzen in dessen Namen und unter Gutheißung des Königs von
Preußen auf den spanischen Thron. Die französische Regierung wollte
über schon in der Preußen fälschlich unterschobenen Absicht, einen
hohenzollernschen Prinzen auf den spanischen Thron zu erheben, eine
Beleidigung und Bedrohung erblicken und stellte an König Wilhelm,
der damals, im Sommer J870, gerade im Bad Ems weilte, die Zu-
mutung, er solle feinem verwandten die Annahme der spanischen
Krone für alle Zukunft verbieten und sich wegen des Geschehenen
bei Napoleon entschuldigen. Zetzt wurde es dem König doch zu viel;
er erklärte dem französischen Botschafter Benedetti auf dessen Zu-
dringlichkeit, daß er ihm nichts mehr zu sagen habe und ihn daher
auch nicht mehr empfangen könne. Darin erkannte das leidenschaft-
lich erregte Nationalgefühl Frankreichs eine unerhörte Beleidigung;
in Paris hieß es: „Krieg, Krieg! Nieder mit Preußen!" und schon
am Zuli, 6 Tage nach der Begegnung zwischen König Wilhelm
und Benedetti in Ems, traf die französische Kriegserklärung in
Berlin ein.
3. Der Kriegsruf des drohenden Nachbars rief in allen deutschen
Gauen eine Begeisterung für des Vaterlandes Thre und Freiheit wach,
die einzig in der Geschichte dasteht. König Wilhelm wurde auf feiner
Rückreise von «Eins, die einem Triumphzuge glich, allerwärts, vollends
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Wilhelm Bismarck Napoleon Leopold
von_Lsohenzollern Leopold Wilhelm Napoleon Benedetti Wilhelm Benedetti König_Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich König_Wilhelm Bad_Ems Frankreichs Paris König_Wilhelm Ems Berlin
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Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): evangelisch-lutherisch
Iv. Neueste Geschichte
129. Gin Her?
n unsrer Väter Thaten
Mit Liebe sich erbaun,
Fortpflanzen ihre Saaten,
Dem alten Grund vertraun,
In solchem Angedenken
Des Landes Heil erneun,
Um unsre Schmach sich kränken,
Sich unsrer Ehre freun,
Sein eignes Ich vergessen
In aller Lust und Schmerz:
Das nennt man, wohl ermessen,
Für unser Volk ein Herz.
130. Die Zeit i
für unser Dolk.
Was unsre Väter schufen,
Zertrünnnern ohne Scheu,
lim dann hervorzurufen
Das eigne Lnftgebäu,
Fühllos die Männer lästern,
Die wir uns anserwählt,
Weil sie dem Plan von gestern
Zn huldigen verfehlt,
Die alten Namen nennen
Nicht anders als im Schmerz:
Das heißt, ich darf's bekennen,
Für unser Volk kein Herz!
Uhland.
n 1815-1870.
Deutschland von 1 815 —1848.
)!ach dem Sturz Napoleons I wurde auf dem Wiener Kongreß
der europäischen Herrscher und Staatsmänner (1814—1815) die künftige
Gestalt Europas und auch die künftige Verfassung Deutschlands festge-
stellt. Das alte deutsche Reich mit seinem Kaiser wurde nicht erneuert,
sondern Deutschlands Fürsten und freie Städte fchloffen miteinander
den deutschen Bund; ihre Gesandten bildeten den Bundestag
zu Frankfurt, wo der österreichische Vertreter den Vorsitz führte.
Österreich und Preußen traten dem Bunde nicht mit ihrem ganzen Ge-
biete bei sondern nur mit den Ländern, die vormals dem deutschen
Reiche angehört hatten; es blieben also außerhalb des Bundes Ungarn,
Galizien und die italienischen Besitzungen Österreichs, ferner Ost-
und Westpreußen und Posen. Das hatte für den Kaiser von Öster-
reich und den König von Preußen die Bedeutung, daß sie sich nicht durch
Bundesbeschlüsse die Hände binden ließen, sondern als selbständige Mächte
gleich Frankreich, England, Rußland ihre eigenen Wege gingen. Anderer-
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No. 130.
Geschichte.
253
Philipp, Herzog von Orleans, auf den Thron erhob, da riefen die
Franzosen laut nach der Rheingrenze; die Rheinpfalz, Rheinhesfen,
Rheinpreußen, lauter Länder, die Frankreich am Ende des vorigen
Jahrhunderts von Deutschland losgerissen und erst nach dem Sturz
Napoleons I zurückgegeben hatte, sollte ihnen ihr neuer König verschaffen.
Der Friede blieb damals erhalten, weil sich Ludwig Philipp selbst vor
einem Kriege fürchtete; aber 1848 wurde er durch die Februar-
revolution vom Throne vertrieben und Frankreich in eine Republik
verwandelt. Jetzt redeten die Franzosen noch lauter von einem Krieg
mit Deutschland; und es zeigte sich wieder wie vor 18 Jahren, daß
Deutschland in seiner Zerrissenheit nicht fähig gewesen wäre, seine
Grenzen gegen den unruhigen Nachbar zu schützen. Wie unsicher man
sich besonders in Süddentschland fühlte, das beweist am deutlichsten der
Franzosenfeiertag (25. März 1848), wo in Württemberg alles rannte
und rettete und flüchtete, als wären die Franzosen schon über den
Rhein und den Schwarzwald herübergekommen. Deshalb verlangte
man dringend nach Einheit, damit in Zukunft Deutschland einem
fremden Angriff getrost entgegensehen könne. Andererseits verlangte
man nach Freiheit: Preßfreiheit, Versammlungsfreiheit, Gewissens-
freiheit, Auswandernngsfreiheit, Freizügigkeit, durch ganz Deutschland
hindurch, Schwurgerichte, Aufhebung der Standesvorrechte, Befreiung
von den mancherlei Lasten, die neben den Staats- und Gemeinde-
steuern auf Grund und Boden lagen, nämlich von Zehnten und andern
Abgaben sowie von Fronen, d. h. von unentgeltlichen oder dürftig
belohnten Diensten mit Hand und Pferd, die man dem Grundherrn,
z. B. einer adeligen Herrschaft, zu leisten hatte. Eine kleine Minder-
zahl wünschte Abschaffung des Königtums und Einführung der republi-
kanischen Verfassung. Auch regten sich da und dort kommunistische
Bestrebungen: das Eigentum des einzelnen sollte aufgehoben und jedem
von der Gesamtheit so viel, als er brauche, zugewiesen werden.
In Wien wurde (im März) der Fürst Metternich zum Rücktritt
gezwungen. Die Ungarn und die Italiener erhoben sich gegen
die österreichische Herrschaft; doch gelang es dem alten Feldmarschall
Radetzky, durch seine Siege bei Custozza (Juli 1848) und Novara
(März 1849) die Lombardei samt Venetien seinem Kaiser wieder zu
unterwerfen. Die Ungarn wehrten sich lange gegen die Österreicher,
bis sie endlich (Herbst 1849) mit russischer Hilfe überwältigt wurden.
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Napoleons Ludwig_Philipp Ludwig Philipp Radetzky Custozza
Extrahierte Ortsnamen: Rheinpfalz Rheinhesfen Rheinpreußen Frankreich Deutschland Napoleons Frankreich Deutschland Deutschland Süddentschland Württemberg Rhein Schwarzwald Deutschland Deutschland Wien Fürst_Metternich Ungarn Venetien Ungarn
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No. 130.
Geschichte.
255
schen Reiches dem König von Preußen zu übertragen (März
1849). Friedrich Wilhelm Iv antwortete, er könne dieses Angebot
nicht annehmen, wenn sich nicht die sämtlichen deutschen Fürsten damit
einverstanden erklärten. Dieses Einverständnis war jedoch nur durch
Zwang zu erreichen, und davor schrak der König zurück. So lehnte
er die Kaiserkrone ab, und das ganze Verfassungswerk der Frank-
furter Versammlung war gescheitert.
Unter dem Vorwand, daß die Reichsverfassnng durchgeführt wer-
den solle, in Wirklichkeit aber zu dem Zweck, die Republik in Deutsch-
land aufzurichten, brachen in Sachsen, in der Pfalz, in Baden Auf-
stände aus, die nur mit preußischer Hilfe niedergeworfen werden konnten.
Friedrich Wilhelm versuchte nun durch freundschaftliche Verhandlungen
wenigstens Norddeutschland unter seiner Führung zu vereinigen. Aber
von Österreich, dem sich Bayern und Württemberg anschlossen, sowie
von Rußland mit einem Krieg bedroht, verzichtete er auf diese Absicht.
Die Nationalversammlung wurde aufgelöst, die von ihr beschlossene
Reichsverfassnng samt den Grundrechten des deutschen Volkes fiel zu
Boden, der alte Bundestag wurde wiederhergestellt (1851).
Deutschland bis zum Jahre 1870.
Im Jahre 1859 fingen der Kaiser Napoleon Iii von Frankreich
und der König Viktor Emanuel von Sardinien mit dem Kaiser Franz
Joseph von Österreich Krieg an und entrissen ihm durch die Siege von
Magenta und Solferino die Lombardei. Bis 1861 wurde dann der
größte Teil der Halbinsel zum Königreich Italien vereinigt. Fast
wäre Deutschland in den Kampf zwischen Frankreich und Österreich
hineingezogen worden, und der italienische Krieg hätte sich in einen
Rheinkrieg verwandelt. Unter dem Eindruck dieser Gefahr faßte der
Prinzregent von Preußen, der dann 1861 als König Wilhelm I
den Thron bestieg, den Entschluß, das preußische Heer zu verstärken und
umzugestalten. Es galt in Preußen schon seit 1813 die allgemeine
Wehrpflicht; aber aus Sparsamkeit wurden nicht alle Dienstpflichtigen
auch wirklich ausgebildet, sondern aus jedem Jahrgang wurde nur
ein Teil zum Dienst bei der Fahne ausgelost. Jetzt sollte die jährliche
Aushebung verstärkt werden, um die Last des Heerdienstes auf eine grö-
ßere Zahl von Schultern zu verteilen und zugleich die älteren Jahrgänge,
größtenteils verheiratete Leute, zu entlasten. Darüber wurde nun aber
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iv Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Viktor_Emanuel_von_Sardinien Viktor Franz
Joseph_von_Österreich Franz Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutsch- Sachsen Pfalz Baden Norddeutschland Württemberg Deutschland Frankreich Magenta Italien Deutschland Frankreich Rheinkrieg
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256
Geschichte.
No. 130.
der König in einen heftigen Streit mit der Volksvertretung verwickelt,
die ihm die Mittel zur Durchführung feines Planes verweigerte. Schon
trug er sich mit dem Gedanken, zu Gunsten seines Sohnes zurückzu-
treten, als sich im letzten Augenblicke noch ein Mann fand, der sich
anheischig machte, den Willen des Königs gegen allen Widerspruch zu
behaupten: Bismarck (1862).
Den inneren Streit in Preußen suchte der Kaiser von Österreich
zu seinen Gunsten auszunützen. Er berief die deutschen Fürsten zu einem
Fürstentag nach Frankfurt (1863), um die Verfassung des deut-
schen Bundes in der Weise umzuändern, daß Österreich eine beherr-
schende Stellung in Deutschland eingeräumt worden wäre. Aber der
König von Preußen leistete der Einladung keine Folge; und nun machte
man die Erfahrung, daß gegen Preußens Willen in Deutschland nichts
durchzusetzen sei: der österreichische Plan fiel ins Wasser.
Wenige Monate nachher sah man die beiden Großmächte Öster-
reich und Preußen, die sich eben noch so feindselig gegenübergestanden
waren, durch ein Wafsenbündnis vereinigt zum dänischen Kriege
(1864). Die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein waren seit
Jahrhunderten eng miteinander verbunden, obgleich Schleswig zum
dänischen, Holstein zum deutschen Reich und seit 1815 zum deutschen
Bund gehörte. Der König von Dänemark war zugleich Herzog von
Schleswig und Holstein; diese Länder hatten aber ihre besondere Volks-
vertretung und ihre besonderen Behörden. Schon 1848 hatten die
Dänen den Versuch gemacht, Schleswig von Holstein loszureißen und
mit den andern dänischen Ländern, nämlich Jütland und den Inseln,
zu einem Einheitsstaate zu vereinigen, für den ein gemeinsamer Reichs-
tag zu Kopenhagen gebildet werden sollte. Zur Abwehr dieses An-
schlags war ein Aufstand in Schleswig-Holstein und dann ein Krieg
Preußens und des deutschen Bundes gegen Dänemark ausgebrochen.
Das Ergebnis war, daß Schleswig-Holstein zwar unter der Herrschaft
des dänischen Königs blieb, daß sich aber dieser Österreich und Preußen
gegenüber verpflichtete, Schleswig dem dänischen Staatswesen nicht ein-
zuverleiben, sondern ihm seine Selbständigkeit zu lassen (1852). Trotz-
dem nahm Ende 1863 der neue König Christian Ix von Dänemark
eine Verfassung an, die Schleswig für einen Bestandteil des dänischen
Einheitsstaates erklärte. Darüber kam es zum Krieg Preußens und
Österreichs gegen Dänemark. Das von König Wilhelm umgestaltete
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Dänemark Christian_Ix_von_Dänemark König_Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Deutschland Deutschland Schleswig Holstein Holstein Schleswig Holstein Schleswig Holstein Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Schleswig
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No. 134. 135.
Geschichte.
269
wurde eingestellt und ein Waffenstillstand bis zum f9- Februar ge-
schloffen. Infolge dessen besetzten die deutschen Truppen die Festungen
um j?aris.
König Wilhelnr, obschon bereits 75 Zahre alt, hatte dennoch den
ganzen Feldzug mitgemacht und häufig die Strapazen mit seinen Sol-
daten geteilt. Unter seinen Augen fanden nun die Friedensverhand-
lungen statt, die von Bismarek unter dem militärischen Beirate Moltkes
geführt wurden. Frankreich wurde zur Bedingung gernacht, Elsaß
und Deutsch-Lothringen nrit den festen Plätzen Straßburg und Metz
an Deutschland abzutreten und fünf Milliarden Franken zu bezahlen.
Endgültig erfolgte der Friedensschluß am fo. Mai f87f irr Frarrk
surt a. M. — Napoleon verließ Wilhelmshöhe urrd girrg rrach Lrrg-
larrd, wo er f875 starb.
8. So war der gewaltige Krieg, der Frarrkreich aufs tiefste ge-
demütigt hat, zu Ende, und unsere bseere dursten sieggekrörrt in die
Heimat zurückkehren. Die schönste Frucht, die aus der blutigen Saat
hervorwuchs, war die Einigung unsres deutschen Vaterlandes
und die Erneuerung der deutscherr Kaiserwürde. Schorr inr
November f870 waren die Verträge zum Abschluß gekommen, durch
welche die süddeutschen Staaten nrit dem norddeutschen Burrde sich zu
einem deutschen Neich verbairderr. Gekrönt wurde dieses Werk dadurch,
daß Körrig Wilhelnr am f8. Zauuar f87f irr Versailles feierlich zum
deutscherr Kaiser ausgerufen wurde. So ist durch dieserr Krieg gerade
das Ziel aufs herrlichste gefördert und erreicht worderr, welches der
Nationalfeiird irr seiner Tücke und Arglist hatte hintertreiben wollen.
„Möge" —- so sprach Kaiser Wilhelm I bei der Eröffnung des
ersten deutschen Reichstages am 2\. März f87f — „die Wiederher-
stellung des deutscher: Reiches für die deutsche Nation auch rrach innen
das Wahrzeichen neuer Größe seirr! Möge denr deutscherr Reichskrieg
ein nicht nrirrder glorreicher Reichsfriede folgen, urrd möge die Aufgabe
des deutschen Volkes fortarr darin beschlossen seirr, sich in dem Wett-
kampfe um die Güter des Friedens als Sieger zu erweisen! Das
walte Gott!" Hemfpis<
135. Der 13. Juli 1870.
u Eharlottenburg im Garten
In den düstern Fichtenhain
Tritt, gesenkt das Haupt, das greife,
Unser teurer König ein.
Und er steht in der Kapelle,
Seine Seele ist voll Schmerz;
Drin zu seiner Eltern Füßen
Liegt des frommen Bruders Herz.*
* Das Herz König Friedrich Wilhelms Iv ist zu den Füßen der königlichen
Eltern in einer Marmorkapsel beigesetzt.
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Extrahierte Personennamen: König_Wilhelnr Bismarek Moltkes Napoleon Schorr Körrig_Wilhelnr Wilhelm Wilhelm Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
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