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42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I.
42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I.
Von Siegmund von Riezler?)
Maximilian ist der einzige unter den deutschen Fürsten, der Beginn und Ende des Dreißigjährigen Krieges erlebte, der einzige, der in allen Phasen des Kampfes mit im Vordergründe steht. Und in seiner Politik im Kriege spiegelt sich getreu der Charakter des großen deutschen Bürgerkrieges: hier wie dort vermengen sich die religiösen Triebfedern mit Besitz- und Machtfragen, hier wie dort geben die ersteren den Anstoß zum Kampfe und behalten während des Kampfes das Übergewicht. Als treuer und gehorsamer Sohn seiner Kirche ist Maximilian trotz seiner Friedensliebe einer von jenen geworden, welche die Fackel zum Brande des großen Krieges anlegten. Selbst seine anfängliche Zurückhaltung in deu konfessionellen Streitigkeiten im Reiche ist zum guten Teil durch das religiöse Motiv zu erklären, daß ihm die Abwehr der mohammedanischen Türken noch wichtiger und vordringlicher erscheint als die der Protestanten. Dann aber gibt er durch sein Eingreifen zum Schutze der katholischen Einrichtung der Prozessionen in Donauwörth das Signal zum Zusammenschlüsse der Protestanten in einem Bündnisse. Der katholische Gegenbund, der dessen natürliche Wirkung i]t, wird von ihm ins Leben gerufen und geleitet. Er rät dem Kaifer Matthias davon ab in Böhmen religiöse Zugeständnisse zu machen, zu beuert sich dieser in seiner Notlage einen Augenblick fast gezwungen sieht und die den Ausbruch des Krieges wahrscheinlich verhindert hätten. Er selbst, der jede Einmischung in die inneren Wirren Österreichs vordem so entschieden ablehnte, hätte dann in den böhmischen Krieg nicht eingegriffen, Hütte es nicht gegolten dem gut katholischen Kaiser zu helfen, den kalvinischen Fürsten zu vertreiben, der Gefahr einer protestantischen Mehrheit im Kursürsteurate und damit der Möglichkeit einer protestantischen Kaiserwahl für die Zukunft vorzubeugen.
Auch die ehrgeizigen Ziele, die er dabei sogleich ins Auge faßt, sind nicht frei vou religiöser Färbung: die Kur und die pfälzischen Lande als Preise davonzutragen erscheint als Gewissenspflicht, da die katholische Mehrheit im Kurfürstenrate gesichert und die pfälzische Bevölkerung dem Katholizismus zurückgewonnen werden foll. Als endlich die Ohnmacht der besiegten Protestanten dem Kriege ein Ende zu bereiten scheint, dringt Maximilian darauf, daß als Siegespreis die Zurückstellung der säkularisierten Stifter und Güter an die katholische Kirche gefordert und durchgeführt werde — und sieht sich nun gezwungen auch den Kampf mit Gustav Adolf aufzunehmen, der nicht nur als politischer Rivale Habsburgs um die Ostseeherrschaft sondern auch als Schirmer und Befreier feiner bedrängten Glaubensfreunde in Deutschland landet. Da die Religion unvergleichlich höher steht als die Nationalität,
2) Geschichte Bayerns, V. Band, S. 673 ff. Gotha 1903, A. Perthes.
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406 74. Des Kurfürsten und Königs Max I. Joseph innere und äußere Politik.
Die Teuerung der Lebensmittel war aufs höchste gestiegen, aber der Sieg ließ alle Sorge vergessen; eine unzählige Zuschauermenge fand sich täglich bei den militärischen Schauspielen ein, die abwechselnd von den bayerischen und französischen Truppen veranstaltet wurden. Man gefiel sich in der Idee der Verwandtschaft der angeblich boiischen Vorfahren mit den Galliern, — der Sieg berauschte, vor dem Sieger beugten sich alle. Man muß sich um diese Volksstimmung gerecht zu beurteilen vergegenwärtigen, welch bannenden Eindruck auch anderwärts Napoleons Erscheinung hervorrief. Johannes Müller, seiner idealen Richtung und patriotischen Wärme wegen insbesondere von der Jugend gefeiert und geliebt, schrieb noch im Jahre 1806: „Ich mache nur zwei Abteilungen politischer Menschen: solche, die Napoleon hassen, und solche, die ihn lieben, und mit jenen ersten, wer sie auch seien, bin ich!" Wenige Monate später aber, nachdem er inzwischen Napoleon persönlich kennen gelernt hatte, schrieb er: „Die an das morsch gewordene Alte nutzlos verschwendeten Kräfte müssen auf das Neue übertragen werden, Gott ist es ja, der die Regierung einsetzt: man muß sich umdenken." Und ebenso emphatisch rüst Hegel ans, nachdem er Napoleon, die „Weltseele", gesehen hatte: „Es ist eine ganz wunderbare Empfindung ein solches Individuum zu sehen, das hier, auf einen Punkt konzentriert, über die Welt greift und sie beherrscht." —
Das deutsche Verhängnis erfüllte sich. Das Baud, das die deutschen Staaten bisher noch lose zusammenhielt, war schon zerrissen; vollends besiegelt wurde die Auflösung des Deutschen Reiches durch eine neue Vereinigung der süd- und mitteldeutschen Staaten zum sogenannten Rheinbund unter dem Protektorat Napoleons. Preußen erkannte zu spät, daß es durch die seit dem
Baseler Frieden verfolgte Politik nur den Vorteil Frankreichs gefördert habe;
als es sich zum Wasfengang mit Napoleon aufraffte, stand es allein. Bayerische Regimenter stürmten die schlesischen Festungen und bei Pultnsk flocht sich Kronprinz Ludwig ein Lorbeerreis um das jugendliche Haupt, aber fein Herz blutete ob dieser Bruderkämpfe; wieder wie in den unseligen Religionskriegen wurden Deutsche gegen Deutsche ins Feld gestellt, die Großmächte lagen zu
Boden geschlagen und die rheinbüudischeu Staaten waren zwar dem Namen
nach souverän, in Wahrheit jedoch Frankreichs Vasallen.
Während aber in anderen deutschen Staaten die gebotene Unterwürfigkeit unter Napoleons Willen auch träge Gleichgültigkeit in Fragen der inneren Politik im Gefolge hatte, herrschte bei der Regierung Bayerns das regste Streben das alte Stammland mit den neugewonnenen Gebieten zu einem wohlgegliederten, zukunftsfähigen Staatskörper zu verschmelzen und den Eintritt Bayerns in die Reihe der stimmberechtigten Mächte Europas vorzubereiten. Ans Umwandlung der Mosaik von verschiedenartigen Reichsterritorien in ein einheitliches Ganzes zielten alle Unternehmungen und Maßregeln des Ministeriums Moutgelas ab.
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40 8 74- Des Kurfürsten und Königs Max I. Joseph innere und äußere Politik.
Ein Akt der Notwehr gegen den übermächtigen und drohenden Nachbar war das Bündnis des Hauses Wittelsbach mit Bonaparte gewesen. Von einem „Verrat an Deutschland" konnte damals nicht die Rede sein, denn es gab kein Deutschland mehr. In der allgemeinen Verrottung und Versumpfung der europäischen Politik hatte die Erscheinung des Helden wohltätig wie ein Gewitter gewirkt. Aber der Kaiser hielt nicht, was das Programm des Konsuls versprochen. Er wollte Vorsehung der Menschheit sein und wurde ihre Geißel. Max Joseph sah sich und sein Volk durch den Übermütigen auf abschüssige Bahn gedrängt, sah zwischen seinem ältesten Sohne und Napoleon unheilbare Entfremdung, hörte den Sehnsuchtsruf der deutschen Stämme nach Versöhnung, Einigkeit, Verbrüderung. Er mußte zum Abfall sich entschließen.
Der russische Kaiser tat gegen Bayern die ersten vertraulichen Schritte, Österreich führte die Verhandlungen weiter. Mit den Vorstellungen der Diplomatie und den besorgten Äußerungen Marschall Wredes vereinigte der patriotische Kronprinz seine feurigen Bitten.
Der Vertrag von Ried (8. Oktober), durch Wredes Bemühungen zustande gebracht, bezeichnete den Politikwechfel des Wittelsba chischen Hauses, die Rückkehr des ersten und mächtigsten Fürsten des Rheinbundes zur
deutschen Sache. Zwar kämpften die Bayern nicht in der großen Leipziger-
Schlacht mit, aber durch deu Tag von Hanau traten auch sie ein in die Waffenbrüderschaft zur Befreiung der deutschen Heimat.
Schon im nächsten Jahre wehten die Fahnen der Verbündeten auf französischem Boden. In den Kämpfen, durch welche Napoleon den überlegenen Feind vom Wege nach Paris abzulenken versuchte, leisteten die bayerischen Truppen treffliche Dienste. Die bayerischen Reiterbrigaden zwangen bei Brienne die sieggewohnte Kaisergarde und den Kaiser zur Flucht; das 10. bayerische Infanterieregiment erstürmte Bar an der Aube; das ganze Korps Wrede nahm an den blutigen Kämpfen um Ar eis rühmlichsten Anteil. Durch Kühnheit im Angriff und Verwegenheit in der Verfolgung tat sich namentlich der achtzehnjährige zweite Sohn des Königs, Prinz Karl, hervor.
Durch die Bayern im Rücken gesichert vollbrachte die Hauptmasse der
Verbündeten glücklich den Marsch auf Paris und zog am 31. Mai 1814 mit klingendem Spiel dort ein; am folgenden Tage grüßten auch die bayerischen Truppen das Wahrzeichen der überwundenen Weltstadt, die Türme vou Notredame. * *
*
Endlich, nach der gänzlichen Niederwerfung Napoleons, durfte Max Jofeph voll und ganz das sein, wozu ihn seine natürlichen Anlagen bestimmten: ein Friedensfürst, seinem Volke ein immer und überall hilfsbereiter, großherziger Freund. Für die schweren Prüfungen von fast zwei Jahrzehnten sah er sich schließlich doch reich entschädigt als Herr über ein Gebiet von mehr als 1300 Quadratmeilen mit einer Bevölkerung von vier Millionen Seelen. Die
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51. Kurfürst Max Emanuel am Scheidewege.
ein. Der Waffengang zwischen den beiden Mächten, die seit Generationen die Welt in zwei feindliche Lager schieden, zog Europa in Mitleidenschaft.
„Zahlte uns die Krone Spanien die in die Niederlande gesteckten Millionen, wollten wir alsdann wohl wieder den Rückweg nach Bayern finden!" Diese Worte eines bayerischen Staatsmannes sind der Ausdruck der ersten Stimmung, die sich des Kursürsten oon Bayern und seiner Umgebung nach der Katastrophe vom 6. Februar bemächtigt hatte. Doch diese Resignation, wenn sie überhaupt jemals ernstlich existiert hat, war und mußte von kurzer Dauer sein. Bayern in die Mitte zwischen die beiden ringenden Weltmächte gestellt konnte jetzt ebensowenig wie früher eine wirkliche Neutralität aus eigenen Kräften aufrechterhalten; Bayern von dem umklammernden Österreich in seiner Existenz stetig beengt durfte nicht mit gefalteten Händen der Möglichkeit in das Auge sehen, daß der durch die Angliederung Ungarns zu einer Großmacht emporgewachsene habsburgische Nachbar sich neuerdings einseitig stärke; Bayern mußte im Interesse der eigenen Lebensfähigkeit die Gelegenheit zu einer Mehrung seiner Macht ebenso benutzen, wie es andere deutsche Reichsstände, wie es Hannover, Preußen, Sachsen taten. Das konnte nur geschehen in mehr oder minder offenem Anschluß an eine der beiden ringenden Großmächte. Den Ausschlag mußte nach den von den Vorfahren, nach den auch von Max Emanuel gemachten Erfahrungen nicht die Treue gegen das Haus Habsburg, sondern die größere oder geringere Aussicht auf Gewinn geben.
Seit Dezember 1700 verhandelte ein Vertrauter Max Emanuels, Graf Monasterol, in Versailles, seit Ansang des Jahres 1701 ein Vertreter Frankreichs am Hofe des Kursürsten. Am 9. März 1701 führten diese Verhandlungen zu einem Vertrage zwischen Bayern und Frankreich. Gegen monatliche Snbsidien-gelder von 30000 Talern, gegen Garantierung der zu Gunsten der spanischen Niederlande verwandten bayerischen Gelder, gegen Eröffnung von Aussichten auf Erwerbung der römischen Kaiser- und Königswürde versprach der Kurfürst Aufrechthaltung einer Frankreich wohlwollenden Neutralität, Aufstellung einer Observationsarmee von 10000 Mann um den kaiserlichen Völkern den Durchzug zu verwehren, Werbung der südwestdeutschen Kreise für dieselbe bewaffnete Neutralität. Der Kurfürst hielt sich daneben den Weg zu einer Verständigung mit dem Kaiser noch immer offen. Im Frühjahr 1701 machte der Wiener Hof durch Sendung des Grafen Schlick den ersten Versuch Max Emanuel zum Anschluß an den Kaiser zu gewinnen. Anfangs Juni 1702 erschien Graf Schlick zum zweiten Male in Bayern. Er schieb mit Worten, die einen günstigen kaiserlichen Bescheid in kürzester Frist erhoffen ließen.
Damals führte aber auch Frankreich mit dem Vertreter Max Emanuels in Versailles energische Verhandlungen, um den Kurfürsten über die Neutralität hinaus zum Waffenbündnis zu bringen. Gerade die Verhandlungen Bayerns mit Österreich und die Nähe der militärischen Entscheidung bewirkten, daß man französischerseits um den letzten Bundesgenossen zu erhalten, immer
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35 2 66. Der Übergang des Kurfürstentums Pfalz-Bayern an das Haus Pfalz-Zweibrücken.
Die preußischen Minister, Hertzberg an der Spitze, zauderten; man inüste, meinten sie, bis zum .Lode des Kurfürsten von Bayern warten, man dürfe Rußland nicht ins österreichische Lager treiben n. s. w. Da war es König Friedrich selbst, der in einem Signat vom 6. März 1784 gegenüber der wachsenden Übermacht und Vergrößerungssucht des Kaiserhauses festes Zusammenhalten der deutschen Fürsten forderte und den „Entwurf eines Bündnisses der deutschen Fürsten nach dem Vorbilde desjenigen von Schmalkalden" niederschrieb.
Mit ihrer Ahnung russischer Einmischung hatten Friedrichs Minister recht. Im Januar 1785 erschien Graf Romanzow, russischer Botschafter in Wien, bei Herzog Karl August in Zweibrücken als Versucher. Der Kurfürst sei bereit Bayern gegen ein Königreich Burgund auszutauschen; der Vertrag zwischen ihm und dem Kaiser sei dem Abschluß nahe und werde schon demnächst und unwiderruflich in Kraft treten; dennoch wolle man den Herzog für freundliche Zustimmung belohnen. Eine Million Gulden dem Herzog, eine halbe seinem Bruder Max Joseph!
Karl August war durch seine kostspieligen Schloßbauten tief verschuldet, doch stärker als seine noblen Passionen war sein dynastisches Gewissen. Ohne Zögern wies er das lockende Anerbieten zurück und rief den Schutz Preußens an „gegen ein Vorhaben, das die Entfernung des wittelsbachischen Hauses aus Deutschland bezwecke".
Der Hilferuf fand nicht nur in Berlin Gehör. So beunruhigend wirkten die Umtriebe des kaiserlichen Kabinetts, daß geistliche und weltliche, katholische und evangelische Reichsstünde sich zu einem Schutz- und Trutzbündnis, dem Fürstenbund, unter preußischer Führung einigten.
Doch was nützten kluge Pläne und Bündnisse und alle Vorsicht in dem tu rin, der nun von Paris aus über ganz Europa brauste, wie ein richtiges Elementarereignis nichts verschonte und morschen Plunder wie heilige Altäre über den Haufen warf!
Auch in Straßburg, wo Max Joseph von Zweibrücken bisher als Oberst des Regiments d'alsace verweilt hatte, war bald kein Platz mehr für deutsche pursten und königstreue Offiziere. Max Jofeph verließ die ehedem so gastliche, jetzt von Revolutionären der radikalsten Richtung regierte Stadt und zog nach Mannheim. Als der Koalitionskrieg ausbrach, erbot er sich zu Kriegsdiensten in der preußischen Armee. Max Joseph selbst schrieb an den König (7. Juni 1792): "Das Beispiel, das Ew. Majestät allen Fürsten Europas vor Augen stellen, indem Sie selbst dem unglücklichen König von Frankreich zu Hilfe eilen, muß alle Herzen entflammen. Ich brenne vor Begierde mich unter Ihrem Oberbefehl zu fchlagen und mein Blut zu vergießen für den Ruhm Eurer Majestät und für die Verteidigung des Deutschen Reichs." Friedrich Wilhelm Ii. mußte jedoch das Anerbieten des Prinzen ablehnen, weil nach Vereinbarung mit dem Wiener Kabinett weder bei preußischen noch bei österreichischen Truppen Freiwillige aufgenommen werden sollten.
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69. Das bayerische Heer in den Jahren 1800 mit 1812. 371
Da trotz des ant 12. Juli bei Znaym geschlossenen Waffenstillstandes die Tiroler im Aufstand beharrten, ergab sich die Notwendigkeit sie mit Waffengewalt zur Unterwerfung zu zwingen. Unter dem Oberbefehl des Marschalls Lefebre drangen die Divisionen Kronprinz und Deroy bis Innsbruck oor. Hier angekommen hielt aber Lefebre seine Lage, namentlich wegen Gefährdung seiner Verbindungen, für zu bedenklich und auf seinen Befehl wurde Tirol zum zweitenmal geränmt.
Napoleon ordnete znm drittenmal die Eroberung oon Tirol an. Von Norden her sollten die drei bayerischen Divisionen, an Stelle des unentschlossenen Lefebre von General Dronet d'erlon kommandiert, von Osten und Süden her Trnppen des Vizekönigs von Italien in das Gebirgsland eindringen. Am 1. November stürmte die Division Wrede die Stellung der Tiroler am Berg Jsel bei Innsbruck und Andreas Hofer erklärte sich nun bereit die Waffen niederzulegen. Trotz dieser Zusage fachte er durch falsche Nachrichten und kleine Erfolge irregeführt in Südtirol den Aufstand von neuem an und es bedurfte noch des Eingreifens der italienischen Armee und weiterer blntiger Kümpfe, bis endlich die Rnhe hergestellt war. An dem schließlichen Schicksal des Andreas Hofer, der von einem Landsmann verraten und von französischen Soldaten in Mantna kriegsrechtlich erschossen wurde, hat die bayerische Regierung keinen Anteil, König Max Joseph war sogar sehr peinlich berührt, als er die Nachricht von der stattgehabten Exekution erhielt.
Im Frieden von Schönbrunn, 14. Oktober 1809, erhielt Bayern das Jnn-viertel, die Gebiete von Salzbnrg, Berchtesgaden und Regensburg sowie im Jahre 1810 die Markgraf schaff Bayreuth; obwohl es dafür das südliche Tirol teils an Italien teils an den nengebildeten Staat Jllyrien abtreten mußte, waren die neuen Erwerbungen in jeder Beziehung als ein abermaliger Gewinn zu erachten.
Nachdem in den Friedensjahren 1810 und 1811 die Verluste des acht Monate langen Feldzugs wieder ersetzt wordeu waren, hatte die von König Max Joseph umgestaltete Armee zu Anfang 1812 den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. Sie setzte sich zusammen aus 12 Regimentern und 6 leichten Bataillonen Infanterie, 6 Regimentern Kavallerie und 1 Regiment zu 3 Bataillonen Artillerie. Kommandiert von einsichtigen, tatkräftigen und kriegserfahrenen Führern bestand sie ans Truppen, die, im Feld- und Gebirgskriege vor dem Feinde geschult, hinsichtlich ihrer militärischen Leistungsfähigkeit den weitgehendsten Anforderungen entsprachen; ein durch drei siegreiche Feldzüge anfs höchste gestiegener kriegerischer Geist beseelte alle Grade vom einfachen Soldaten bis zum General. Aber dieser prächtigen Armee war keine lange Dauer mehr beschiedeu; als halb Europa von Napoleon zum Kriege gegen Rußland aufgeboten wurde, sollte ihr das Bundesverhältnis zu Frankreich verhängnisvoll werden.
Die bayerischen Truppen bildeten im Kriege 1812 das vom französischen Marjchall Gonvion St. Cyr befehligte 6. Korps der „Großen Armee", das
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114. Hurra, Germania!
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Überhaupt ist es nicht mehr der Ehrgeiz der Fürsten, es sind die Stimmungen der Völker, das Unbehagen über innere Zustände, das Treiben der Parteien, besonders ihrer Wortführer, welche deu Frieden gefährden. Leichter wird der folgenschwere Entschluß zum Kriege von einer Versammlung gefaßt, in welcher niemand die volle Verantwortung trägt, als von einem einzelnen, wie hoch er auch gestellt sein möge, und öfter wird man ein friedliebendes Staatsoberhaupt finden als eine Volksvertretung von Weisen! Die großen Kämpfe der neueren Zeit sind gegen Wunsch und Willen der Regierenden entbrannt. Die Börse hat in unseren Tagen einen Einfluß gewonnen, welcher die bewaffnete Macht für ihre Interessen ins Feld zu rufen vermag. Mexiko und Ägypten sind von europäischen Heeren heimgesucht worden um die Forderungen der hohen Finanz zu liquidieren. Weniger kommt es heutzutage darauf an, ob ein Staat die Mittel besitzt Krieg zu führen, als darauf, ob seine Leitung stark genug ist ihn zu verhindern. So hat das geeinigte Deutschland seine Macht bisher nur dazu gebraucht den Friedeu in Europa zu wahren; eilte schwache Regieruug beim Nachbar aber ist die größte Kriegsgefahr.
Aus solchen Verhältnissen ist auch der Krieg von 1870—1871 hervorgegangen. Ein Napoleon auf dem Throne von Frankreich hatte seinen Anspruch durch politische und militärische Erfolge zu rechtfertigen. Nur eine Zeitlang befriedigten die Siege der französischen Waffen auf fernen Kriegsschauplätzen, die Erfolge des preußischen Heeres erregten Eifersucht, sie erschienen als Anmaßung, als Herausforderung und man verlangte Rache für Sadowa. — Die liberale Strömung des Zeitalters lehnte sich auf gegen die Alleinherrschaft des Kaisers, er mußte Bewilligungen zugestehen, seine Machtstellung im Innern war geschwächt und eines Tages erfuhr die Nation aus dem Munde ihrer Vertreter, daß sie deu Krieg mit Deutschland wolle!
114. Hurra, Germania! (25. Juli 1870.)
Von Ferdinand Freiligrath. *)
Hurra, du stolzes, schönes Weib, Hurra, Germania!
Wie kühn mit vorgebeugtem Leib Am Rheine stehst du da!
Im vollen Brand der Iuliglut, Wie ziehst du risch dein Schwert! Wie trittst du zornig-frohgemut Zum Schutz vor deinen Herd!
Du dachtest nicht an Kampf und Streit; In Fried' und Freud' und Ruh'
Auf deinen Feldern, weit und breit, Die Ernte schnittest du.
Bei Sichelklang im Ährenkranz Die Garben fuhrst du ein:
Da plötzlich, horch, ein andrer Tanz! Das Kriegshorn überm Rhein!
Hurra, Hurra, Hurra!
Hurra, Hurra, Hurra!
Hurra, Germania!
Hurra, Germania!
') Gesammelte Dichtungen, Ii. Band, S. 298. Stuttgart 1871.
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116. Die ersten Siege.
116. Die ersten Siege.
Von Georg Bleysteiner?)
Während in den Zeiten der Uneinigkeit Deutschlands die französischen Armeen meist mit unfehlbarer Sicherheit den Vorstoß gegen die deutschen Grenzen richten und das alte Ziel ihrer Eroberungsgelüste, die Pfalz, mit Truppen überziehen konnten, war es diesmal der deutschen Iii. (Süd-) Armee gelungen ihrerseits die Unternehmungen im Feindesland zu beginnen. Weißen-burg, der Preis des ersten deutschen Sieges in diesem Kriege, war eine alte deutsche Stadt, die im Jahre 1247 zu einer der zehn freien Reichsstädte des Elsasses erhoben, aber vom französischen König Ludwig Xiv. im Jahre 1673 erobert wurde. Im Jahre 1744 und 1793 wurde sie von den Deutschen zwar zurückerobert, beibemale aber später von Frankreich wieder geraubt. Dieses legte stets den größten Wert auf den Besitz der „Weißenburger Linien", so daß, als der General Beauharnais, der Großvater Napoleons Iii. (mütterlicherseits), sie 1793 gegen das beutsche Heer unter General Wnrmser und dem Prinzen von Walbeck verlor, Beauharnais auf Befehl des französischen Konvents aufs Schaffst geschleppt und hingerichtet würde. Nur infolge der Uneinigkeit der deutschen Verbünbeten war die französische Armee bamals entkommen. Gottlob, basj jetzt bte Deutschen einig waren und unter einem Oberbefehlshaber gegen den Enkel jenes Beanharnais kämpften!
Der 4. August war der erste der glänzenben Siegestage, welche die beutsche Armee, nach Ergreifen der Offensive unaufhaltsam auf französischem Boben vorrückenb, auf ihre Fahnen schrieb. Da an dem Erfolge biefes Tages Preußen, norbbeutsche Buubestruppen und Bayern in gleich ruhmvoller Weise beteiligt waren, so empfing am 4. August zugleich bte neue Waffenltrüberfchaft der deutschen Stämme ihre erste Feuerprobe und Bluttaufe. Die amtliche Melbung des bayerischen Knegsininifterinins lautete: „Preußen und Bayern im Vormarsch, haben am 4. August bte Lauter überschritten und Weißenbnrg und den bah in ter liegenden Geisberg erstürmt."
Die Siegesbotschaft verbreitete sich noch am nämlichen Tage wie ein Lauffeuer durch ganz Dentfchlanb und würde überall mit enbloser Frenbe aufgenommen. Schon abenbs 11 Uhr lief an das Kriegsministerium in München folgenbe Depesche vom äußersten Norbosten Preußens ein: „Marienburg. Die treuen deutschen Brüber an der Ostsee ein bonnembes Hoch den tapferen bayerischen Waffeubrübern!" In allen Rebaktionsränmen würden massenhaft Extrablätter verlangt, welche die Nachricht augenblicklich über alle Teile des Laubes und besonbers auch an bte noch burchztehenben Truppen gelangen ließen. Waren boch aller Augen und Herzen nach dem deutschen Rheine gerichtet, erwartete man boch mit fielternber Spannung die ersten Nachrichten
!) „Aus großer Zeit", S. 108 ff. Augsburg 1897, M. Rieger.
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44. Karl Ludwigs Rückkehr in die Pfalz.
dreißigjährigen Verwüstung schwinden mußten. Wer alte Häuser ausbessere, heißt es in einer Verordnung vom 7. Mai 1650, solle auf zwei Jahre, und wer neue baue, auf drei Jahre von jeder Häusersteuer frei fein; wüste Felder anzubauen machte ein Jahr frei von Abgaben; wer ganz verwilderte Plätze anbaute, war auf drei Jahre, wer Weinberge wieder anpflanzte, auf sechs Jahre von jeder Auslage durchaus entbunden.
Nicht nur die verjagten Pfälzer kamen wieder, auch Kolonisten ans fremden Landern, aus der Schweiz, aus Holland. Frankreich, England sammelten sich. Eine kleine Schar von friedlichen Bewohnern des Luzeruertales in Piemont siedelte sich noch spät (1665) im Amt Germersheim an und erhielt außer der Steuer-, Gewerbe- und Abzugsfreiheit ihre eigene Gemeindeverwaltung und ihre selbstgewählten Geistlichen. Die Städte erhielten ihre munizipalen Freiheiten bestätigt oder sie wurden mit neuen bereichert und in wenigen Jahren waren £>ie Ruinen wieder in Sitze bürgerlichen Fleißes umgewandelt. Der Kurfürst selbst munterte auf, wo er konnte, und half auch mit Geld, obwohl seine eigenen Mittel so beschränkt waren, daß er zur Reise auf den Reichstag (1652) von einzelnen Städten als Vorschuß auf die Steuern sich 50 Taler borgen mußte.
So lebendig man bemüht war das materielle Wohl zu heben und so glücklichen Erfolg die Gunst der Natur jenen Bemühungen zu teil werden ließ, so hatte doch an dem neu aufkeimenden Wohlstände des Landes jener edle und freie Sinn einen großen Anteil, womit religiöse Formen jeder Art geduldet und geschützt wurden. Karl Ludwig, in der Welt und im Leben viel Herumgetrieben und mit einer reichen Bildung ausgestattet, dachte über die kirchlichen Formen viel freier als seine calvinisch strengen Vorfahren jemals sich gestattet hätten. Von jener naiven Glaubenseinfalt seines Ahnen Fried -rtel) Iii., dem calvinisch warmen Eifer seiner Vorfahren Johann Kasimir und Friedrich Ix . oder der ängstlich kirchlichen Befangenheit seines Vaters war in dem mehr nach außen gerichteten, weltmännisch gebildeten Karl Ludwig nichts zu finden: in jenem Augenblicke ein großes Glück für Land und Untertanen. (£<? wurde nicht nach der Form des Bekenntnisses und den kirchlichen Zeremonien gesragt, wenn man fleißige und brauchbare Bürger suchte, und Karl Ludwig wart) einer der ersten deutschen Fürsten, der durch die Tat jenes unselige Vorurteil widerlegte, man müsse um gut regieren zu können Untertanen einerlei Bekenntnisses haben.
Die auswärtigen Verhältnisse hatten indessen den Kurfürsten viel be-
schäftigt, namentlich die vollständige Durchführung des Westfälischen Friedens. Noch wurden der Pfalz verschiedene Hoheitsrechte entzogen, ein großer Teil von Ortschaften und Ämtern vorenthalten. Was aber den Kurfürsten am
meisten beschäftigte, war das Schicksal des getreuen Frankenthal, das die spanische Besatzung nicht mehr räumen zu wollen schien. Die Truppen der
Spanier, Schweden und Franzosen hausten, wo sie noch als Besatzung lagen, trotz des Friedens wie in der Kriegszeit; in Alzey ward, während sich der
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