Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 192

1911 - Erfurt : Keyser
— 192 — 67. Proklamation1) des Königs Friedrich Wilhelm Iii. an die Bewohner Erfurts nach dem Frieden von Ciliif. „An die Bewohner der Provinzen und Gebiete: Altmark. . Erfurt usw. Ihr kennt, liebe Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, meine Gesinnungen und die Begebenheiten des letzten Jahres. Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des letzten Restes meiner Armee waren vergeblich. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem mein mächtiger Bundesgenosse selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt fühlt, blieb mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Not des Kriegs zu wünschen. Der Friede mußte, so wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden; er legt mir und meinem Hause, er legt dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer aus. Was Jahrhunderte und biedre Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden halten, mußte getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren vergeblich, fruchtlos! Das Schicksal gebietet. Der Vater scheidet von den Kindern! Ich entlasse Euch aller Untertanenpflichten gegen mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für Euer Wohl begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn! Seid ihm, was ihr mir wäret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus meinem und der Meinigen Herzen vertilgen. Memel, den 24sten Jul. 1807. Friedrich Wilhelm." 68. Der Erfurter Ffirffenkongrefj. a) Ankunft der Kaiser zur Fürltenverfammlung in Erfurt. Vorbereitungen zum Empfang Napoleons: Napoleon hatte Erfurt zu dem Orte erwählt, an dem er sich mit den Mächtigsten der Erde zu einer Besprechung vereinigen wollte. Darum trafen schon einige Wochen vor ibm seine Beauftragten in der Stadt ein, um alles für seinen Empfang und den seiner erlauch teu Gäste vorzubereiten. Marschall Ondinot, der als Gouverneur nach Erfurt gekommen war, ließ die ansehnlichsten Häuser der Stadt in Beschlag nehmen und an den Türen mit „Maison del’empereur“ bezeichnen. Auch die Bürger selbst trafen verfchiedentliche Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers. So wurden drei Ehrenpforten an der Grenze des Erfurter Gebietes, bei Gamstädt, vor dem Brühlertor und auf dem Anger, errichtet, und eben sollte an sie die letzte Hand gelegt werden, als der kaiserliche Befehl kam, alle kostspieligen Veranstaltungen bei seinem Einzug zu unterlassen. Nun blieb den Bürgern nichts anderes übrig, als sie wieder l) Wurde am 30. September 1807 bekannt gemacht.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 161

1911 - Erfurt : Keyser
— 161 — hatten auch die Schweden wegen der zurücke gehenden Kayserlichen macht nicht lange zeit, als wurde beiderseits vom accord1) gehandelt und nach dreitägiger handelunge die stadt aufgegeben. Denen herren Schweden wurde gegeben zur rancion2) der stadt 16000 thlr. baargeld und 16000 thlr. an tuch und schuen, und wurde ein regiment Schwedische völcker in die stadt und auf die burgk geleget. Ehe die Schwed. armada von der stadt wegging, wurden vorher die ar-tollerey welches 100 stück geschüz waren hineingeführet, stunden so lange auf dem Anger bis sie mit guter manier konten nachgeführet werden. Das regiment volck solte zwart dem accord nach auf dem lande liegend bleiben und nicht in die stadt kommen, nachdem aber die Keyserliche armada sich zu nahe ins gehege begeben wolle, zog dasselbe anno 1637 den tag Mariae Lichtmes (2. Febr.) gegen abend als schone temmerunge war hinein und blieb so lange drinne bis der friede gemacht wurde. Falckenstein’sche Chronik. 53. Das Erfurter Friedensfeit. (1650.) Heuer zeigten die grünen Maien, mit Welchen man zu Pfingsten die Kirchen schmückte, zum ersten Male keine roten Blutströpschen mehr. Bisher Hatte man dieses traurige Himmelszeichen, das die Fortsetzung des unheilvollen Krieges verkünden sollte, in jedem Frühling neu an dem jungen Blätterschmuck der Birken erspäht. Der Frieden War Wirklich da! Er War nach dreißig langen Kriegsjahren endlich Wieder in Deutschland eingezogen. Die meisten der Lebenden freilich kannten ihn nicht, und die Wenigen Alten, welche noch lebten und die Schrecknisse des Krieges überdauert hatten, erinnerten sich seiner nur aus ihrer Jugend. Wie überall im deutschen Lande, so rüstete man sich Mitte September 1650 auch in Ersnrt, die Wiederkehr des Friedens festlich zu begehen. Nachdem die letzten Truppen der schwedischen Besatzung — 690 Mann mit 655 Frauen und 916 Kindern — aus mehr als 80 Wagen und mit 300 Pferden die Stadt verlassen hatten, begann auf Anordnung eines Hohen und Ehrbaren Rates ein Mehrtägiges Dankfest. In der Frühe des ersten Festtages donnerten die Wallgeschütze über die Stadt und weckten die Bürger aus ihrem ruhigen Schlafe. Doch nicht angstvoll horchten sie diesmal aus! In das Brüllen der Geschütze mischte sich kräftiger Posannenfchall. Wie Engelsgesang aus Himmelshöhen ertönte vom naben Kirchturm der uralte Lobgesang: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr Und Dank für feine Gnade," l) accord Vergleich; 2) rancion — Lösegeld. i

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 125

1911 - Erfurt : Keyser
— 125 - lich (f. Vor und nach der Jenaer Schlacht usw., Nr. 66), und Napoleon behielt nach dem Frieden von Tilsit Stadt und Land Erfurt als ein besonderes Gebiet, als „domaine reserve ä l’em-pereur“ für sich und legte sich zu seinen übrigen Titeln noch den eines „Fürsten von Erfurt" bei (f. Proklamation des Königs Friedrich Wilhelm Iii. usw., Nr. 67). 1808 sah Erfurt eine besonders erlauchte Gesellschaft in seinen Mauern. Kaiser Napoleon hielt in der Stadt einen Fürstenkongreß von nie gesehenem Glanze ab. Die Kaiser des Ostens und Westens befestigten in jenen Tagen (27. 9. bis 14. 10. 1808) den in Tilsit geschlossenen Bund und faßten den Plan über die „Teilung der Welt", nach welchem Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die Mitte und den Westen und Süden Europas erhalten sollte (s. Nr. 68a—e). Die Jahre der französischen Herrschaft waren für die Stadt eine ununterbrochene Reihe der schwersten Bedrückungen, hervorgerufen durch zahllose Einquartierungen und schlimme Erpressungen (f. Nr. 69 u. 72). Zwar sahen die Bürger außer der Fürstenversammlung noch andere glänzende Feste. Doch standen die pomphaften Feste des Geburtstages und der Siege des Kaisers in einem schreienden Gegensatz zu dem vollständigen Verfall von Handel und Gewerbe und zu dem täglich sich steigernden Elend der Bewohner (f. Nr. 70). So war der Zustand Erfurts beschaffen, als Napoleon den Feldzug gegen Rußland begann, der feinem gewaltigen Heere den Untergang brachte (f. Nr. 71). Nach jenem Gottesgericht regte sich auch in den Erfurtern die Hoffnung aus baldige Befreiung vom französischen Joche; doch steigerten sich fürs erste noch ihre Mühsale. So mußten sie im Sommer 1813 bei der stärkeren Befestigung der Stadt tüchtig mit Hand anlegen und für die Besatzungstruppen den nötigen Proviant besorgen, eine Aufgabe, deren Erfüllung durch die fortwährenden Nachforderungen fast unmöglich gemacht wurde (f. Nr. 73 u. 74). Endlich wurde in Leipzigs Ebenen die große Schlacht geschlagen, die Deutschland von der Fremdherrschaft befreite, und die Erfurter sahen am 20. Oktober und in den folgenden Tagen das vorher so stolze und siegprnnkende Heer aus dem blutigen Kampfe in furchtbarster Zerrüttung zurückeilen. Nur die persönliche Anwesenheit Napoleons in Erfurts Mauern verhütete es, daß die Stadt ein Opfer der Plünderung und Zerstörung wurde (s. Nr. 75). Kaum hatte sich der Kaiser mit den hier gesammelten Truppen entsernt, als das preußische Heer vor der Stadt erschien und sie einschloß. Am 6. November beschossen die Batterien der Verbündeten von der Schwedenschanze aus die Stadt, wodurch ein beträchtlicher Schade angerichtet wurde. Ueber 120 Gebäude, darunter auch das prächtige Peterskloster, wurden ein Raub der Flammen (s. Nr. 76 u. 77). Bald daraus wurde die Stadt von den Franzosen aufge- geben. Der französische Statthalter, General d'alton, hielt es

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 126

1911 - Erfurt : Keyser
— 126 — bei der schwachen Besatzung für geratener, die Verteidigung aus den Petersberg zu beschränken. Doch wurde der Domhügel zur Festung gezogen und mit Schanzpfählen umgeben. Die beiden herrlichen Kirchen benutzte man zu Pferdeställen und fügte ihnen dadurch im Innern großen Schaden zu. — In dieser Zeit kam König Friedrich Wilhelm Iii. mit den Königlichen Prinzen auf seiner Reise zur Armee nach Frankreich durch Möbisburg und wohnte im Heinernannschen Hause. Die Uebergabe der Stadt selbst sand am 6. Januar 1814 statt; die Zitadellen mit Einschluß des Domhügels und des Brühler- und Andreastores blieben aber noch im Besitze der Franzosen. Die letzten Franzosen aber verließen erst am 16. Mai 1814 die Stadt (s. Nr. 78). Erfurt abermals preußisch: Eine der ersten und not- wendigsten Ausgaben der Bürger nach der Uebergabe der Stadt war die Einrichtung von Lazaretten für die erkrankten preußischen Soldaten, die in ihren bisherigen Quartieren nur wenig Pflege gefunden hatten. Aber nicht nur durch Samariterdienste zeigten sich die Erfurter würdig, dem preußischen Staate anzugehören, sondern auch durch die Teilnahme an dem weiteren Kriegszuge gegen Napoleon. Kaum war die erneute Besitznahme der Stadt durch die Preußen erfolgt, als Freiwillige in großer Zahl zu den Fahnen eilten und Landwehr und Landsturm nach preußischem Muster sich bildeten. Am 4. März 1814 wurden die freiwilligen Jäger in der Kaufmannskirche eingesegnet und am 12. März marschierten sie nach Frankreich ab (f. Nr. 79). Sobald der erste Pariser Friede geschlossen war, zogen die Heere der Verbündeten in die Heimat zurück, und die Bürger konnten ihren geliebten König aus der Rückkehr nach seiner Hauptstadt in Erfurts Mauern begrüßen. Auch seinen Geburtstag und den ersten Gedächtnistag der Leipziger Völkerschlacht feierten sie in erhöhter Freude (s. Nr. 80). Noch waren aber die Verhandlungen des Wiener Kongresses (1814—15) nicht zu Ende, als der Krieg mit Napoleon von neuem ausbrach und abermals Opfer zur Rettung des Vaterlandes verlangte. Diesmal war die Teilnahme am Kampfe für die Erfurter Landwehr und die freiwilligen Jäger weit ehrenvoller. Sie kämpften mit in der heißen Schlacht bei Belle-Allianee und gewannen Anteil an dem Ruhme jenes Tages. Bald darauf endete der zweite Pariser Friede den Feldzug mit Frankreich. Durch den Wiener Kongreß, der mit der Unterzeichnung der Bundesakte am 8. Juni 1815 zu Ende ging, erhielt Preußen die größere Hälfte des Königreiches Sachsen (Merseburg, Gefell, den Thüringer Kreis und Henneberg). Es bildete daraus mit den schon früher preußisch gewesenen oder gewordenen Gebieten im Nieder- und O bersächsischen Kreis (Magdeburg, Grafschaft Hohenstein, Mühlhausen, Eichsfeld, Stadt und Gebiet Erfurt) die Pro-

5. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 195

1916 - Erfurt : Keyser
— 195 — Noch mehrmals hat Erfurt im 7 jährigen Kriege Preußen in seinen Mauern beherbergt und hohe Kriegsstenern zahlen müssen, bis endlich der Frieden von Hubertusburg 1763 den Leiden der Stadt und ihres Gebietes ein Ende machte. Sie haben vor allem in der Aufbringung großer Geldsummen bestanden. Der Schaden wird auf 3 Millionen Reichstaler geschätzt. Erst 30 Jahre nach dem Kriege hörte die Bezahlung der Beiträge zu deu Kriegsschulden auf. Mancher Bürger hat den größten Teil seiner Habe, mancher Handwerker sein Handwerksgerät nud mancher Bauer sein Vieh und sein Land verkaufen müssen, um seinen Anteil zu zahlen. Nach der schlimmen Zeit war der Statthalter v. Dalberg (seit 1772) Ersnrt ein treuer Helfer und Berater. Heute noch gilt die Dalbergsche Zeit als eine reich gesegnete. Trotzdem muß gesagt werden, daß auch er keinen dauerudeu Aufschwung herbeiführen konnte. Damals umfaßte der erfurtische Teil des Mainzer Gebietes das Fürstentum Erfurt mit 2 Städteu, Erfurt und Sömmerda, 3 Marktflecken, 72 Dörfern und 4 Schlössern und die Grafschaft Blankenhain (seit 1794) mit 1 Stadt, 1 Marktflecken, 19 Dörfern und 1 Schloß. Die Landesregierung war in Mainz, in Erfurt aber waren besondere Ortsbehörden. In der Zeit des ersten Bundeskrieges, deu die französische Revolution hervorrief, wurde der rheinische Teil des Mainzer Gebietes hart heimgesucht. Die Hauptstadt Mainz wurde von den Franzosen er- obert, und der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal mußte nach Erfurt fliehen. Ihm hatten die dankbaren Bürger zum Gedächtnis an seinen frühereu Aufenthalt die Spitzsäule auf dem Platze „vor den Graden" errichtet. Damals weilten auch französische Flüchtlinge in großer Zahl in Erfurt. Im Frieden von Luneville, der den zweiten Bundeskrieg beschloß, wurde die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt. Der Friede aber gab den weltlichen Fürsten Deutschlands das Recht, sich für den verlorenen links- rheinischen Besitz durch Wegnahme geistlicher Landgebiete auf der rechten Rheinseite zu entschädigen. So erhielt Preußeu durch den Vertrag vom 23. Mai 1802 für einen Verlust vou 48 Quadratmeilen mit 140000 Ein- wohnern einen Gewinn von 220 Quadratmeilen mit 520 000 Eiuwohueru. Darunter war das Mainzer Eichsfeld und das Erfnrter Land. Durch einen Erlaß vom 6. Juni 1802 erklärte König Friedrich Wilhelm Iii. die Gebiete für preußischen Besitz. In den Tagen vom 12. bis 15. August 1802 erfolgte der Abmarsch des kaiserlichen Bataillons aus Erfurt. Die preußische Besatzung rückte bereits am 21. August ein. Sie kam dnrch das Krämpfer- tor und wurde durch eine Abordnung des Rates empfangen. Auf dem Platze „vor den Graden" schwur die alte kurmaiuzische Besatzung den Treueid und wurde dann unter die preußischen Truppen verteilt. In- zwischen waren auch die Tore und die Zitadellen Petersberg und Cyriaksburg besetzt worden. Nun wurde noch auf der Statthalterei, dein Rathaus und an allen Toren der preußische Adler angebracht und die Urkunde über die Besitzergreifung durch Preußen überall angeschlagen. 13*

6. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 198

1916 - Erfurt : Keyser
— 198 — ging, wußte in Erfurt niemand. Über die Versammlungen wurde das tiefste Stillschweigen bewahrt. Zuerst hatte man das große Eck- zimmer im Gouvernement zum Beratungszimmer ausgewählt, das dem „Geleite" zuliegt. Sofort mußten dort alle Fenster zugemauert werden, von deueu man eine Aussicht auf die Fenster des Sitzungszimmers hatte. Als man dann den Plan änderte und das entgegengesetzte Zimmer des- selben Stockwerkes wählte, mußten sich die Mönche des Angustiuerklosters die gleiche Maßregel gefallen lassen. Am Tage sah man gewöhnlich niemand arbeiten. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Ver- gnügen zu dienen. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur Morgenaufwartung bei Napoleon und Alexander vor. Dann verstrich der Rest des Vormittags unter gegenseitigen Besuchen. Bei der Tafel kamen die Monarchen oft mit Napoleon zusammen. Zumeist aber speisten nur Napoleon und Alexander gemeinsam. Nach 7 Uhr abends begaben sich die Fürstlichkeiten ins Theater (s. S. 42). Nach dessen Schluß begleitete Napoleon Alexander zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen Türen oft bis um 2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden. Häusig kamen die Kaiser auch im Gouvernement zusammen. Die Be- sprechungen wurden dort um die gleiche Zeit gehalten, sodaß die Geheim- schreiber selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Während aljo der Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern seiner Stadt über die Geschicke Europas berateu. — Am 14. Oktober 1808 trennten sich die Fürstlichkeiten. Vor seiner Abreise teilte Napoleon noch kostbare Geschenke aus und zeigte auch sonst seine Freigebigkeit. So be- schenkte er die Böttcherzunft, die am Tage vorher ihren knnstvollen Reif- tanz vor seiner Wohnung aufgeführt hatte, mit 100 Lonisd'or. Außer- dem bestimmte er, daß die Stadt fortan von der Verpflegung der durch- marschierenden oder eingelagerten Truppeu befreit bleiben sollte. Doch schon am 5. Dezember 1808 schlug Marschall Davoust mit großem' Gefolge für 3 Monate sein Hauptquartier hier auf, und die Bedrückung begann von neuem bis zum Ende der französischen Herrschaft. Die glänzenden Feste zu Ehren des Geburtstages des Kaisers oder seiner Siege standen in einem schroffen Gegensatz zu dem sich täglich steigernden Elend der Bewohner. Erfurt befand sich in einem traurigen Znstand, als Napoleon den Feldzug gegeu Rußland begann, der seinem Heere den Untergang brachte. Nach jenem Gottesgericht aber regte sich anch in Erfurts Bewohnern die Hoffnung anf Befreiung. Fürs eiste aber steigerten sich uoch die Mühsale. Die Stadt war mit Krauken und Verwundeten der französischen Armee und der ihr verbündeten Heere überfüllt. Das Elend der Armen war grenzenlos. Zu Hunderten lagen sie selbst bei schlechtem Wetter auf deu Straßen. Überall wanderten Krüppel umher und erregteu das Mitleid der Bürger. Die Sterblichkeit nahm in der Stadt mit jedem Tage zu. Der gewöhnliche Totenwagen und ein Bei- wagen reichten nicht ans, alle Leichen nach dem Gottesacker vor dem Johannestor zu schaffen.— Im Sommer 1813 verwandelten die Franzosen Erfurt iu eine starke Festung. Die Wälle wurden erhöht und ihr Herr-

7. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 197

1916 - Erfurt : Keyser
— 197 — nominert habe. Die preußischen Adler wurden von den öffentlichen Ge- bäuden und Plätzen entfernt, und bald erinnerte nichts mehr an die frühere Zugehörigkeit. Am 30. September 1807. also erst nach dem Tilsiter Frieden, verabschiedete sich Friedrich Wilhelm Iii. mit bewegten Worten von seinen Erfurter Landeskindern. — Die nun folgenden 7 Jahre waren für die Stadt und ihr Gebiet eine ununterbrochene Reihe drückender Einquartierungen, Erpressungen, Zerstörungen und anderer Beschwernisse. In der schweren Zeit sah Erfurt eine besonders erlanchte Gesellschaft in seinen Mauern, denn Kaiser Napoleon hielt vom 27. September bis zum 14. Oktober 1808 den „Fürstenkongreß" hier ab. Zwei Kaiser, vier Könige und eine große Zahl von Fürsten waren die Teilnehmer an den vielen Festen, die in stetem Wechsel einander folgten. Die Kaiser des Westens und Ostens befestigten in jenen Tagen den in Tilsit ge- schlossenen Bund und faßten den Plan über die Teilung der Welt. Danach sollte Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die Mitte, den Westen und Süden erhalten. Am 27. September hielt Napoleon durch das Brühler Tor seinen Einzug. Als Leibgarde ritt ihm ein Zug junger Erfurter Kaufleute voraus. Am Tore waren unter Auführung des Stadthauptmannes der Magistrat, die Abgesandten der Bürgerschaft, der Universität und der Geistlichkeit zur Begrüßung versammelt. Auf einem goldenen Becken wurden dem Kaiser die Schlüssel der Stadt über- reicht. Napoleon wohnte im „Gouvernement", dem Regierungsgebäude, wo er bei seiner Ankunft vom König von Sachsen begrüßt wurde. Er machte dann dem Könige, der im „breiten Herd" wohnte, einen Gegen- besuch. Am Nachmittag ritt er dem Kaiser Alexander von Rußland, der von Weimar herüberkam, entgegen. Vorher besichtigte Napoleon die vor dem Krämpfertor am Schwemmbach*) zum Empfang des Kaisers auf- gestellten Truppen. Bei dem Einzug in die Stadt herrschte in der Krämpferstraße ein gewaltiges Gedränge. Unter dem Geläute der Glocken, dem Donner der Kanonen beider Festungen und dem Jubelgeschrei der Truppen und des Volkes langte man auf dem Anger an. Hier stiegen die Kaiser vom Pferde und traten Hand in Hand in das für Alexander zur Wohnung bestimmte Haus des Kaufmannes Triebel (Anger 6). Vor dem Hause waren zwei riesige Schilderhäuser für Kavalleriewachen auf- gestellt. In dem Gefolge des Zaren waren sein Bruder Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Als der Abend hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer». Auch hatte man überall Inschriften angebracht, die Napoleons Größe priesen. Doch fand sich manches Wort, in dem ein Erfurter Bürger seinem Mißmut freien Lauf ließ. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einfall gehabt, an seinem Hanse ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach" anzubringen. Als man ihn nach der Bedeutung der sehr zweifel- haften Inschrift fragte, gab er die Versicherung, er hätte damit seiner Frende Ausdruck geben wollen. — Was auf dem Kongreß eigentlich vor- ^)Der Schwemmbach floß früher um die Ostseite der Stadt.

8. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 200

1916 - Erfurt : Keyser
— 200 — Halter, General d'alton, zog sich mit der Besatzung ans den Petersberg und die Cyriaksbnrg zurück. Auch das Brühler und Andreastor blieben im Besitz der Franzosen. Die letzten verließen am 16. Mai 1814 die Stadt. — Erfurt war nun wieder preußisch. Eine der erstell und wichtigsten Aufgaben der Stadt war die Errichtung von Lazaretten für die erkrankten preußischen Soldaten. Viele Bürger nahmen auch an dem Kriegszng gegen Napoleon teil. Als Freiwillige eilten sie zu den Fahnen und bildeten Landwehr und Landsturm nach prenßischem Muster. Am 4. März 1814 wurden die freiwilligen Jäger in der Kaufmannskirche eingesegnet, und am 12. März marschierten sie nach Frankreich ab. Bereits am 25 März überschritten sie bei Oppenheim den Rhein. Aber schon in Nancy ereilte sie die Nachricht von Napoleons Gefangennahme und Verweisung nach der Insel Elba. Sobald der erste Pariser Friede geschlossen war, zogen die Heere der Verbündeten in die Heimat zurück. Dabei konnten die Bürger ihren geliebten König in Erfurts Mauern begrüßen. — Noch waren aber die Verhandlungen des Wiener Kongresses nicht beendet, als der Krieg von neuem ausbrach. Diesmal war die Teilnahme ain Kampfe für die Erfurter Landwehr und die freiwilligen Jäger weit ehrenvoller. Sie kämpften mit in der Schlacht bei Belle-Alliance und hatten Anteil an dem Ruhme dieses Tages. Der zweite Pariser Friede beendete den Feldzng mit Frankreich. — Durch den Wiener Kongreß, der am 8. Juni 1815 mit der Unter- zeichnung der Bundesakte endete, erhielt Preußen die größere Hälfte des Königreiches Sachsen: Merseburg, Gefell, den Thüringer Kreis und Henneberg. Es bildete daraus mit deu schon früher preußisch geweseneu oder gewordenen Gebieten im Nieder- und Obersächsischen Kreise (Magde- bürg, Grafschaft Hohnstein, Mühlhauseu, Eichsfeld, Stadt und Gebiet Erfurt) die Provinz Sachsen. Sie war eine von den 8 Provinzen, in die der preußische Staat durch die neue Verwaltungseinrichtung geteilt wurde. Ost- und Westprenßen waren damals noch eine Provinz. An der Spitze jeder Provinz stand ein Oberpräsident. Sie zerfiel in zwei oder mehr Regierungsbezirke. In der Provinz Sachsen wurden Regierungen in Magdeburg. Merseburg und „zu Erfurt in Thüringen" errichtet. Magde- bürg wurde zugleich der Sitz des Oberpräsidenten. Am 3. April 1816 trat die Regierung zu Erfurt ihre Tätigkeit au. In Nr. 2 des Amts- blattes vom 5. April 1816 verkündete sie, daß der Regierungsbezirk in nenn Kreise geteilt sei. Unter ihnen war der Stadtkreis Erfurt mit 14 500 Einwohnern und der gleichnamige Landkreis mit 12 588 Ein- wohnern. Anfangs waren Stadt- und Landkreis voneinander getrennt. Sie standen auch unter verschiedener Verwaltung. Später hielt man eine andere Ordnung für besser. Der Landrat wurde 1818 zugleich Ober- bürgermeister. Die Geschäftsführung der Kreise blieb aber getrennt. 1831 wurde die Vereinigung beider Ämter in einer Person wieder aufgehoben, und Erfurt wählte von nun an seinen eigenen Oberbürgermeister. Es geschah dies zum ersten Male 1833. Doch bildeten Stadt und Land bis zum Jahre 1872 einen gemeinschaftlichen Kreis. Am 1. Jannar 1872
   bis 8 von 8
8 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 8 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 11
1 14
2 7
3 127
4 6
5 128
6 0
7 51
8 54
9 37
10 13
11 0
12 14
13 4
14 0
15 4
16 24
17 0
18 40
19 30
20 0
21 24
22 1
23 0
24 4
25 5
26 23
27 39
28 60
29 11
30 2
31 1
32 3
33 29
34 8
35 0
36 134
37 96
38 35
39 45
40 0
41 0
42 3
43 9
44 0
45 37
46 30
47 7
48 11
49 5

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 3
10 1
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 1
17 2
18 0
19 2
20 0
21 0
22 0
23 2
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 4
30 0
31 0
32 4
33 0
34 0
35 0
36 1
37 0
38 1
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 2
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 1
55 0
56 0
57 0
58 0
59 2
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 1
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 2
73 1
74 1
75 0
76 4
77 1
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 1
88 0
89 0
90 0
91 0
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 6
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 1
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 0
31 0
32 0
33 1
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 1
40 0
41 0
42 0
43 1
44 1
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 2
60 1
61 0
62 0
63 0
64 0
65 1
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 1
72 0
73 0
74 0
75 0
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 1
92 0
93 0
94 0
95 0
96 1
97 0
98 0
99 1
100 0
101 0
102 2
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 0
111 0
112 0
113 0
114 0
115 0
116 0
117 0
118 0
119 0
120 0
121 0
122 0
123 0
124 0
125 0
126 0
127 0
128 0
129 0
130 0
131 0
132 0
133 0
134 0
135 0
136 0
137 0
138 0
139 0
140 3
141 0
142 6
143 0
144 1
145 2
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 0
153 0
154 0
155 1
156 0
157 0
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 0
167 1
168 0
169 0
170 2
171 0
172 0
173 0
174 0
175 0
176 0
177 0
178 0
179 0
180 0
181 0
182 1
183 0
184 0
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 1
197 0
198 0
199 0