Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Lüneburg
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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an, das Land förmlich auszusaugen. Wie knirschte das
tüchtige Volk vom alten Sachsenstamme mit den Zähnen
und ballte heimlich die Fäuste! Napoleon verschenkte will-
kürlich Throne und Länder und gründete das Königreich
Westfalen, wozu er 1807 einen Teil, 1. März 1810 auch
den Rest vom Lüneburgschen schlug. Jedoch trennte er am
13. Dez. 1810 wieder den nordwestlichen Teil (Grenzscheide
eine Linie von Ahlden über Lüneburg nach Artlenburg) von
Westfalen und vereinigte ihn direkt mit dem Kaiserreich.
Obwohl die Franzosen in unserm Vaterlande furchtbar
hausten, so gebührt doch Napoleons Organisationstalent alle
Anerkennung. Er gab den Gerichten und der veralteten Landes-
Verwaltung eine zeitgemäße Einrichtung und beförderte
Handel und Wandel durch Anlegung von Kanälen und
Chausseen. So nahm er den alten Plan, den Oberlauf der
Aller schiffbar zu machen, wieder auf, brachte ihn aber nicht zur
Ausführung. Die Chausseen von Harburg nach Bremen, von
ulzen nach Braunschweig und von Ülzen nach Hannover
sind sein Werk. (Siehe S. 37.) Eine Änderung that dringend
not. Die Poststraßen waren wohl mit Steinen gepflastert;
aber diese waren unbehauen und ohne Genauigkeit an-
einander gelegt. In kurzer Zeit waren darum die Straßen
derartig zerwühlt, daß sich tiefe Geleise bildeten, in welche
die Wagenräder der schweren Frachtfuhrwerke bis über die
Achsen einsanken. Besser waren die sog. Knüppelstraßen, die
durch über den Weg gelegte „Knüppel" gebildet wurden.
Aber infolge der Glätte und Rundung der Hölzer stürzten
die Pferde leicht, der Wagen flog beim Fahren auf und
nieder, und die Insassen des Wagens wurden in ein be-
ständiges erschütterndes Hüpfen versetzt. Waren schon die
Hauptstraßen so, wieviel schlechter mußten dann die Neben-
straßen sein! Viele Ortschaften waren von dem Verkehr
völlig abgeschlossen, und die Bewohner lebten stumpfsinnig in
den Tag hinein. Erst Napoleons Allgewalt schaffte durch
ein gutes Straßennetz Wandel.
Doch das rasch erblühte Glück Napoleons verwelkte
bald. Durch Rußlands Kälte ward seine Macht gebrochen,
und der Ruf des Preußenkönigs Friedrich Wilhelms Iii.
verfehlte auch in Hannover seine Wirkung nichl. Leider
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon März Napoleons Napoleons Napoleons Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
166
Zweites Buch. Dritter Abschnitt.
licher Treue die durch den Krieg seinen deutschen Staaten geschlagenen
Wunden zu heilen, den Gewerbfleiß der verheerten Provinzen zu heben.
Doch konnte er bei seiner Sorge für Großbritannien und seiner Stellung
als König, welcher das Schiedsrichter-Amt in Europa zu übernehmen pflegte,
nur einen Theil seiner Thatigkeit den Kurlanden schenken. Seine mit Kö-
nig Christian Vii. von Dänemark vermahlte Schwester Karoline Mathilde
lebte in einer unglücklichen Ehe, weil der Gemahl, schwach und willenlos,
durch seine Umgebung zu Ausschweifungen jeder Art verleitet wurde. Als
sich endlich eine Art von Geistesschwache bei ihm offenbarte, welche ihm die
Leitung des Staates nnmöglich machte, nahm sich Karoline Mathilde der
Regierung an und suchte mit edlem Eifer, unterstützt von Struensee, die
zahlreich eingeschlichenen Mißbrauche zu tilgen. Aber gegen sie warb die
Königin-Wittwe Juliane Maria, eine Tochter des Herzogs Ferdinand Al-
brecht von Braunschweig, eine mächtige Partei unter dem Adel von Copen-
hagen, bemächtigte sich 1772 ihres schwachsinnigen Stiefsohns und ließ die
Königin verhaften. Erst durch die Bemühungen Georgs Iii. erhielt Karoline
Mathilde die verlorene Freiheit wieder. Seitdem lebte sie abgeschieden auf
dem ihr angewiesenen fürstlichen Schlosse zu Celle, woselbst sie 1775 vom
Tode hingerafft wurde.
Zu eben jener Zeit wurden einige Bataillons Hannoveraner nach
Gibraltar eingeschifft, woselbst sie unter Elliot rühmlichst gegen Spanier
und Franzosen kämpften. Sieben Jahre darauf gingen 2000 Freiwillige
aus den Kurlanden nach Ostindien, um auch hier für die Besitzungen
Georgs Iii. gegen den mächtigen Hyder Ali und die Söldner Ludwigs Xvi.
die Waffen zu führen.
Im Jahre 1785 ging Georg Iii. mit Friedrich Ii., als Kurfürsten
von Brandenburg, und dem Kurfürsten von Sachsen zu Berlin den soge-
nannten Fürstenbund ein, dessen Zweck, die-Ausdehnung der Macht des
Hauses Oestreich auf Kosten von Baiern und damit die Verletzung der
Rechte der deutschen Reichsstände zu hintertreiben, vollkommen erreicht wurde.
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Extrahierte Personennamen: Christian_Vii Karoline_Mathilde Karoline_Mathilde Struensee Juliane_Maria Maria Ferdinand_Al- Ferdinand Karoline
Mathilde Ludwigs Georg_Iii Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Braunschweig Georgs Ostindien Georgs Hyder_Ali Brandenburg Sachsen Berlin Baiern
150 Zweites Buch. Dritter Abschnitt.
der Kurfürst von seinem Vater ererbt. An dem Kriege, welchen Rußland,
Polen und Dannemark 1700 gegen Karl Xlf. und den Herzog von Hol-
stein-Gottorp unternahmen, mußten Georg Ludwig und Georg Wilhelm
Theil nehmen, weil das jüngere Haus der Welfen den 1689 geschlossenen
Frieden von Altona verbürgt hatte. Aber vergeblich suchte das Heer von
Celle und Calenberg die sich zurückziehenden Danen im Holsteinischen zum
Treffen zu nöthigen, und der Friede von Travendahl glich, zu früh für den
kriegerischen Muth des Kurfürsten, die Streitigkeiten zwischen Schweden
und Dannemark aus. Einige sächsische Regimenter, welche wahrend des
Aufenthalts des welfsschen Heeres in Holstein sich an der Oker lagerten
und von hier aus die zunächst gelegenen lüneburgischen Aemter durchstreif-
ten, wurden durch den im Dienste von Georg Ludwig stehenden Josua von
Bülow zum Rückzuge gezwungen.
Als in Folge des spanischen Erbfolgkrieges die Heere Ludwigs Xiv.
den Rhein überschritten und deswegen der Reichskrieg gegen Frankreich er-
klärt wurde, fühlten nur wenige deutsche Landesherren Muth und Vater-
landsliebe genug in sich, um mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln
den Kaiserhof zu unterstützen. Die Kurfürsten von Baiern und Cöln tru-
gen sogar kein Bedenken, ihre Waffen mit denen des Feindes zu vereinigen.
Dagegen bot Georg Ludwig alle Kräfte seines Landes zur Rettung Deutsch-
lands auf. Wahrend Eugen in Italien focht, Marlborough an der Spitze
des englisch-holländischen Heeres am Niedecrhein den Franzosen gegenüber-
stand, gelang es diesen, in Verbindung mit dem Kurfürsten von Baiern,
bis in's Herz des Reiches vorzudringen. Da erfolgte die Vereinigung von
Eugen und Marlborough, und wurde am 13. August 1704 der glanzende
Sieg bei Hochstadt erstritten, welcher das bairisch-französische Heer vernich-
tete und den Marschall Tallard seine Freiheit verlieren ließ. An diesem
Tage nahmen auch die Regimenter von Georg Ludwig und Georg Wil-
hem Theil. So bedeutend ihr Verlust war, so groß war der Ruhm, wel-
chen sie errangen. Doch entsprachen die Folgen des Sieges nicht den ge-
rechten Erwartungen. Der Markgraf Christian von Baireuth, welcher am
Oberrhein kämpfte, war seinem Gegner, dem Marschall Villars, nicht ge-
wachsen. Deshalb gab der Kurfürst Georg Ludwig den dringenden Vor-
stellungen Englands und der Staaten nach, und übernahm, anstatt des
Markgrafen, den Oberbehl über die Reichsarmee. Demnach begab er sich,
nachdem ihm mehrere Forderungen in Betreff der freien Führung des
Krieges zugestanden waren, im Jahre 1707 in das Lager bei Ettlingen.
Hier konnte dem Scharfblick des Kurfürsten nicht entgehen, wie er sich
nur dann einen glücklichen Erfolg seiner Unternehmungen werde versprechen
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xlf Karl Georg_Ludwig Ludwig Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Ludwig_stehenden_Josua_von
Bülow Ludwig Ludwigs Muth Georg_Ludwig Ludwig Eugen Marlborough Eugen Eugen Marlborough August Marschall_Tallard Georg_Ludwig Ludwig Georg_Wil- Christian_von_Baireuth Marschall_Villars Georg_Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Polen Altona Celle Calenberg Schweden Holstein Rhein Frankreich Baiern Italien Niedecrhein Baiern Englands Ettlingen
174 Zweites Buch. Dritter Abschnitt.
rechten Beschwerden an Hannover wandten. Deßhalb besetzte Georg Lud-
wig, nachdem er sich zuvor, wiewohl ohne Erfolg, der gütlichen Unterhand-
lungen mit dem Domkapitel bedient hatte, den großem Theil des Stifts,
und zwang die katholische Geistlichkeit zur Anerkennung aller den hildes-
heimischen Protestanten zugebilligten Rechte. Unter der Regierung von
Friedrich Wilhelm, aus dem Hause der Edlen von Westphalen, (1/61 bis
1789) mehrte sich der Wohlstand des Hochstifts, welches in Franz Egon,
Freiherrn von Fürstenberg, dem Nachfolger von Friedrich Wilhelm, seinen
letzten, mit fürstlicher Gewalt begabten Vorsteher erblickte.
Unter allen Städten der welsi'schen Lande wußte Osnabrück am läng-
sten einen Schimmer von Unabhängigkeit zu erhalten. Hier wirkte im
achtesten deutschen Patriotismus der unvergeßliche Möser; noch war ein
großer Theil des alten Wohlstandes der Stadt geblieben, welche namentlich
mit Leinwand einen gewinnreichen Handel trieb. Braunschweig wurde
Residenzstadt, und sah seinen Wohlstand von Tage zu Tage verkümmert.
Doch sah sich der Bürger hier, wie in Lüneburg, wo 1705 dem Kurfürsten
Georg Ludwig, als Erben von Georg Wilhelm, feierlich gehuldigt wurde,
durch den Handel vor einer ähnlichen Armuth geschützt, wie ihr die kleine-
ren Städte des Kurfürstenthums bald unterliegen mußten. Nur Hannover
wuchs fortwährend an Umfang und Reichthum, weil der bemittelte Adel
des Landes durch den auch wahrend der Abwesenheit des Kurfürsten seinen
Glanz entwickelnden Hof dahin gezogen wurde, und fast alle höheren
Regierungsbehörden nur dort anzutreffen waren.
Die Wunden, welche der siebenjährige Krieg dem Lande geschlagen
hatte, konnten nur nach und nach verharschen. Richelieu hatte mit erfin-
derischer Habgier geherrscht, ein französischer Generalpächter nur auf Berei-
cherung in möglichst kurzer Zeit gesonnen. Die rüstige Jugend wurde den
französischen Regimentern mit Gewalt einvecleibt, Duderstadt seiner Fe-
stungswerke beraubt; unerschwingliche Abgaben lasteten auf den südlichen
Provinzen. Um st treuer suchte nach der Beendigung des Krieges die an-
gestammte Regierung den Druck zu mindern, welches vornehmlich durch die
Abdankung des größern Theiles des stehenden Heeres geschah.
Hl
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Georg_Lud- Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Franz_Egon Franz Fürstenberg Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Georg_Ludwig Ludwig Georg_Wilhelm Wilhelm Richelieu
Erstes Kapitel.
17.5
Vierter Abschnitt.
Von der französischen Revolution bis zur Schlacht
bei Waterloo. 1789 bis 1815°
Erstes Kapitel.
Die Kurlande und das Herzogthum Braunschweig. Von der
französischen Revolution bis zum Frieden von Basel.
1789 bis 1795.
Gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts war das deutsche
Volk und seine Fürsten in eine Erschlaffung versunken, deren nachtheilige
Folgen unmöglich ausbleiben konnten, sobald das Reich von einem unvor-
hergesehenen, seine Kräfte in Anspruch nehmenden Ereignisse bedroht wurde.
Unter diesen Umstanden mußten die Kriege, in welche das Reich in Folge
der großen in Frankreich geschehenen Umwälzung verflochten wurde, von
mehr als einer Seite verderblich sein. Ludwig Xvi. war ein wohlwollen-
der Mann, dem das Glück seines Volkes am Herzen lag-, aber seit den
Zeiten Ludwigs Xiv. hatten sich Gründe der verschiedensten Art gehaust,
um in dem französischen Volke -einen hohen Grad von Mißtrauen rege zu
machen und überall eine gesteigerte Unzufriedenheit über den geltenden Zu-
stand hervorzurufen. Die Mittel, deren sich die Regierung bediente, um
die wachsende Spannung beizulegen, waren häufig so unweise gewählt, daß
sie nur zur Vergrößerung der allgemeinen Aufregung dienen konnten. Noch
drohender wurde die Lage des Staats, seit in den zusammenberufenen
Ständen, statt ruhiger Ueberlegung und richtigen Abwägens der Heilmittel,
die höchste Leidenschaftlichkeit sich kund gab, und bald die einzelnen Parteien
mit der schärfsten Erbitterung gegen einander in die Schranken traten. Die bis-
herigen Formen der Verwaltung wurden vernichtet, und es gestaltete sich ,ein
wildes Volksregiment, dessen Wortführer keinesweges verheimlichten, wie
ihr Streben darauf gerichtet sei, die Unterthanen auch der benachbarten
Staaten gegen ihre rechtmäßige Regierung aufzuwiegeln. Deßhalb und
wegen erduldeter Kränkungen der verschiedensten Art erklärten Oestreich und
dann Preußen 1792 den Krieg an Frankreich. Karl Wilhelm Ferdinand,
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xvi Ludwig Ludwigs Karl_Wilhelm_Ferdinand Karl Wilhelm Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Waterloo Braunschweig Basel Frankreich Frankreich
i 78
Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
alle europäischen Mächte, mit Ausnahme des einzigen England, ihre Hul-
digungen darbringen sollten. Die muthigsten östreichischen Heere, von den
kühnsten Feldherren geführt, erlagen hinter einander seinen Talenten, und
Kaiser Franz Ii. mußte sich zu den nachtheiligsten Friedensschlüssen beque-
men. Nur England setzte unverdrossen den Krieg gegen Frankreich fort.
Wegen der Strenge, mit welcher dessen Flotten die Schiffe aller Nationen
einer Untersuchung unterwarfen, bildete sich eine s. g. nordische Neutralität,
welcher, gezwungen durch Rußland, auch Preußen beitrat. Hierdurch wurde
das bisherige gute Vernehmen zwischen Friedrich Wilhelm Iii. und Georg Iii.
gestört. Demzufolge besetzte im Frühjahre 1801 ein preußisches Heer das
Kurfürstenthum, welches jedoch schon gegen Ende des nämlichen Jahres,
bei Gelegenheit der Friedensunterhandlungen zwischen Frankreich und Eng-
land, seinem rechtmäßigen Oberherrn wieder übergeben wurde. Ohne die
Entscheidung von Regensburg abzuwarten, woselbst eine Commission er-
nannt war, um für die durch die Abtretung des linken Rheinufers an
Frankreich betheiligten deutschen Fürsten eine Entschädigung ausfündig zu
machen, nahm Preußen von dem Stifte Hildesheim und der Reichsstadt
Goslar 1802 Besitz. Nach dem zu Regensburg 1803 erfolgten Deputa-
tions-Beschlüsse erwarb Preußen überdieß das Elchsfeld, und wurde der
erbliche Besitz des Bisthums Osnabrück dem Kurfürsten von Hannover
zugesprochen.
Bald nach dem Abschlüsse des Friedens zu Amiens brachen die Feind-
seligkeiten zwischen England und Frankreich wieder aus. Unfähig, den
Gegner in seinem eigenen Lande anzugreifen, beschloß Napoleon die Ueber-
ziehung Hannovers. Hier war man auf keine Weise auf eine kräftige Ge-
genwehr vorbereitet. Aber so gering auch der augenblickliche Bestand des
Heeres war, und so entschieden Preußen auch die erbetene Hülfe ablehnte,
hätte man doch durch Widerstand den benachbarten Fürsten Muße geben
können, zu erwägen, daß nur die Vertheidigung Hannovers ihnen die eigene
Sicherheit verbürge. Dagegen lebten die kurfürstlichen Räthe in einer ver-
derblichen Unentschlossenheit. Ohne auf die dringenden Vorstellungen des
Feldmarschalls Wallmoden zu achten, ohne selbst den ausgesprochenen Wil-
len Georgs Iii. zu erwägen, wurden die Rüstungen kraftlos und saumselig
betrieben und das kaum erlassene Aufgebot der gesammten waffenfähigen
Bevölkerung wieder zurückgenommen. Bei einem solchen Verfahren verlor
das Heer das Selbstvertrauen. Noch waren die Regimenter durch Einbe-
rufung der Beurlaubten und durch Werbungen nicht vollzählig, als Mor-
tm bereits mit einem französischen Heere die holländische Grenze überschritt
und in Eilmärschen der Weser nahte. Jetzt wurde jeder Versuch, den
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Franz_Ii Franz Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Georg_Iii Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: England England Frankreich Frankreich Regensburg Frankreich Hildesheim Regensburg Hannover Amiens England Frankreich Hannovers Georgs
Drittes Kapitel.
181
Beitritt des russisch-östreichischen Bundes zu bewegen, da setzten sich die
Schweden unter ihrem Könige, die Russen unter General Tolstoy in Be-
wegung und gingen bei Lauenburg über die Elbe. Gleichzeitig landete an
der Mündung der Weser ein englisches Heer, welchem die deutsche Legion,
eine Schaar kühner Männer, die nach der'convention von Lauenburg in
englischen Kriegsdienst getreten waren, beigegeben war. Alsbald wurde
Hameln mit vereinten Kräften belagert; in Hannover hatte sich das kur-
fürstliche Ministerium wieder an die Spitze der Verwaltung gestellt; man
glaubte die Dränger für immer fern, als der Unbestand Preußens alle diese
Hoffnungen vernichtete. Lange hatte diese Macht geschwankt, sich den Fein-
den des französischen Kaiserreichs beizugesellen. Als es endlich durch man-
cherlei Kränkungen, die es von Napoleon erduldet hatte, so wie durch die
Vorstellungen Englands und Rußlands dazu bewogen wurde, war der
günstige Augenblick verschwunden. Bei Austerlitz hatte Napoleon noch ein
Mal gesiegt, und Preußen befliß sich jetzt, statt den Besiegten durch sein
Hinzutreten neue Kräfte zu verleihen, seine bisherige Ansicht vor dem Kai-
ser der Franzosen zu verbergen. Wiewohl nun dieser die Gesinnungen
Preußens vollkommen durchschaut hatte, lag ihm doch zu viel daran, in
Friedrich Wilhelm Iii. einen Bundesgenossen gegen England zu erwerben.
Deßhalb bot er ihm, gegen Abtretung von Cleve, Neufschatel und Baireuth
den Besitz des Kurfürstenthums Hannover an. So ungern Preußen sich
auch zu diesem Austausche bequemte, war es doch schwach genug, den For-
derungen des Siegers von Austerlitz nachzugeben. Hiernach erfolgte die
Besitzergreifung von Hannover, und in einem am 1. April 1806 erlassenen
Manifeste erklärte der Graf von Schulenberg-Kehnert, daß an Preußen die
von Napoleou durch das Recht der Eroberung erworbenen braunschweigi-
schen Kurlande gegen Abtretung anderer Provinzen übertragen seien. Ein
solches Verfahren mußte in Hannover den größten Unwillen gegen den
Hof von Berlin Hervorrufen. Kam dazu, daß die preußischen Behörden
auf eine wenig schonende Art die Verwaltung umgestalteten, und häufig
das Bestehende mit Härte stürzten, ohne auf die dagegen erhobenen Vor-
stellungen zu achten, so konnte auf eine feste Anhänglichkeit von Seiten der
neuerworbenen Unterthanen unmöglich gerechnet werden.
Schon oft hatte Deutschland wegen der Uneinigkeit seiner Häupter
schwer büßen müssen; noch entschiedener war dieses 1806 der Fall. Eine
Anzahl deutscher Fürsten, die, statt bei dem wiederentbrannten Kriege sich
an Oestreich anzuschließen, die Niederlage desselben zum Theil nicht ungern
sahen, waren in Paris zu einer Einigung zusammengetreten, die unter dem
Namen des Rheinbundes bekannt ist und in welcher Napoleon als Pro-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Tolstoy Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Cleve Baireuth Oestreich Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Lauenburg Lauenburg Hannover Englands England Neufschatel Hannover Hannover Berlin Deutschland Paris
Zweites Kapitel.
139
Niederlanden zu führen, woselbst sie sich mit dem Heere der Holländer und
Engländer vereinigten und einen Theil der sogenannten pragmatischen Ar-
mee bildeten. | Widrige Jahreszeit und Uneinigkeit unter den Anführern
hielt dieselbe bis zum Frühling 1743 in den Niederlanden auf. Dann
setzte sie sich in Bewegung und zog, die Hannoveraner unter dem Ober-
befehle des Generals Pontpietin, nach dem Mainstrom, um sich zu Gun-
sten Oestreichs im Mittelpunkte des Reiches aufzustellen. An der anderen
Seite des Mains lagerten sich, um den Uebergang über diesen Strom zu
bewachen, der Herzog von Noailles mit einem an Kopfzahl überlegenen
französischen Heere.
Da eilte Georg Ii. in Begleitung des Herzogs von Cumberland von
Hannover nach Aschaffenburg, um in diesem mißlichen Augenblicke persönlich
die Führung der pragmatischen Armee zu übernehmen. Schon lief die letztere
Gefahr, von den verbündeten Hessen und zugleich von der Zufuhr von Lebens-
mitteln abgeschnitten zu werden, als Georg Ii. den Aufbruch des Lagers be-
fahl und am 27. Junius 1743 bei Dettingen auf den Feind stieß. Alsbald
fetzte sich der König, der Gefahr nicht achtend, an die Spitze seiner kur-
fürstlichen Garden und führte der Herzog von Cumberland die Engländer
auf die Gegner. Der geschlagene Feind mußte sich bei Seligenstadt über
den Main zurückziehen. Aus der errungenen Wahlstatt ließ der König das
Tedeum singen. Sodann begab sich das verbündete Heer nach einem kur-
zen Vordringen bis Worms nach den Niederlanden zurück.
Im Jahre 1744 schloß sich auch England dem Kriege gegen Frank-
reich an, und stellte unter dem Herzoge von Cumberland ein Heer in den
Niederlanden auf. Doch erlag er, trotz der Tapferkeit der Engländer und
der mit diesen vereinigten Hannoveraner, am 11. Mai 1745 in der Schlacht
bei Fontenoy vor dem ungleich stärkeren Marschall von Sachsen, einem zu
Goslar geborenen natürlichen Sohne des Königs August Ii. von Polen
Der zu Aachen 1748 abgeschlossene Friede beendigte diesen Kampf, dessen
Vortheile durchweg den mit stärkeren Streitkraften auftretenden Franzosen
zu Theil wurden.
Trotz des durch die Bemühungen Georgs Ii. bewirkten Friedens von
Breslau waren die Mißverständnisse zwischen Friedrich H. von Preußen und
dem kurfürstlichen Hofe zu Hannover nicht ausgeglichen; sie müßten viel-
mehr eine bedenkliche Höhe gewinnen, als nach dem 1744 erfolgten Tode
von Karl Edzard, dem letzten Fürsten von Ostsriesland, Hannover und
Brandenburg ihre Ansprüche auf das herrenlose Land zugleich erhoben.
Die Schnelligkeit, mit welcher der König von Preußen das Fürstenthum
Ostfriesland besetzte, sicherte ihm zwar den Besitz desselben zu, konnte aber
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Noailles Georg_Ii Georg_Ii Cumberland Cumberland Fontenoy August Friedrich_H._von_Preußen Friedrich Karl_Edzard Karl
184
Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
durch ihre Thätigkeit das auf den Unterthanen lastende Weh zu mildern
hofften; andere, weil jede Regierung ihnen zusagte, die ihrem Ehrgeize
Nahrung bot. Dadurch aber, daß der größere Theil der Umgebung des
Königs aus Deutschen bestand, geschah es, daß Westphalen keinesweges,
wie Napoleon es erwartete, völlig sich dem französischen Wesen hingab,
wenn schon das Königreich in politischer Hinsicht in einer knechtischen Ab-
hängigkeit von dem Kaiserreiche stand. Von der andern Seite konnte nicht
fehlen, daß manche Einrichtungen dieses neugegründeten Staates, an dessen
Spitze zum Theil höchst verständige Männer standen, sich als wohlthatig
bewahrten. Doch konnten diese einzelnen Vortheile die unendlichen Nach-
theile nicht aufwagen, welche von der Regierung zu Eassel ausgingen.
Das Beispiel von Sittenlosigkeit, welches der Hof bot, fand mitunter auch
in den Provinzen Nachahmung; eine geheime Polizei drang in die Ge-
heimnisse der Familien ein und zwang die Bessergesinnten zu einer ängst-
lichen Abwägung jedes Wortesx Der Aufwand des Hofes, die Bildung
eines westphälischen, die auserlegte Verpflegung eines französischen Heeres,
die Absendung von Regimentern für den Dienst Frankreichs in Spanien,
erheischte so bedeutende Summen, daß die Abgaben der Unterthanen bis
zu einer unerträglichen Höhe gesteigert wurden. Und doch waren durch die
fast gänzliche Vernichtung des Handels die ergiebigsten Erwerbsquellen ver-
siegt. Deßhalb schritt man, trotz der erhöhten Steuern, zur Veräußerung
von Kammergütern und hob die von Herzog Julius gestiftete Universität zu
Helmstedt auf (1808), um deren Einkünfte zu anderweitigen Zwecken zu
benutzen.
Im Jahre 1809 regte sich in den Herzen vieler westphälischen Unter-
terthanen, welche mit Liebe an ihrem rechtmäßigen Herrscherhause hingen,
die heimliche Hoffnung einer Umgestaltung der Verhältnisse. In dieser
Zeit, als Oestreich sich noch ein Mal erhoben und mit Aufbietung aller
Kräfte den Krieg gegen Frankreich unternommen hatte, reichten sich drei
edle deutsche Männer zur Befreiung ihres Vaterlandes die Hand. Es wa-
ren der preußische Major von Schill, der in westphälischen Diensten ste-
hende Obrist von Dörnberg und Friedrich Wilhelm, Herzog von Braun-
schweig-Oels. Doch ging der Plan derselben, im nördlichen und mittleren
Deutschland einen allgemeinen Aufstand zu bewerkstelligen, während Napo-
leon im Süden gegen Oestreich kämpfe, nicht in Erfüllung, vornehmlich,
weil das Volk noch nicht reif genug war, Alles für die Erringung der Frei-
heit zu wagen. Dörnberg wurde kurz vor dem Ausbruche des von ibm
in der Umgegend von Cassel heimlich betriebenen Aufstandes verrathen und
entging mit Mühe den Nachstellungen seiner Verfolger. Schill stritt eine
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Julius Major_von_Schill Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Oestreich Dörnberg Cassel Schill
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Spanien Helmstedt Frankreich Dörnberg Deutschland
186
Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
sers. Durch ihn wurde das Landes-Deputations-Collegium aufgehoben und
das Land der Verwaltung eines französischen General-Intendanten über-
wiesen. Seitdem gestaltete sich in diesen Provinzen der Druck noch harter
als in Westphalen. Ein Theil der kurfürstlichen Kammergüter wurde an
französische Staatsbeamte verschenkt, die Conscription mit Strenge einge-
führt, die Abgaben vervielfacht. Im Januar 1810 übergab freilich Napo-
leon auch diese Landestheile des Kurfürstenthums Hannover seinem Bruder
Jerome, aber nur um sie im December des nämlichen Jahres dem fran-
zösischen Kaiserreiche einzuverleiben. Seitdem wurden auch hier Departe-
ments errichtet und das Land ausschließlich nach französischen Grundsätzen
regiert. In beiden Reichen wuchs die allgemeine Noch auf eine beispiellose
Art; schon faßte Verzweiflung das Volk und schien jede Hoffnung auf
Rettung erstorben, als die erste Nachricht von den Unfällen Napoleons in
Rußland den erloschenen Muth freudig ausflammen ließ.
Zu verschiedenen Zeiten war der edle Georg 111. von einer schweren
Geisteskrankheit befallen gewesen, welche ihn der Führung der Geschäfte
unfähig machte. Als sich diese 1810* bei dem erblindeten Greise mit ver-
doppelter Macht einstellte, wurde die Regierung dem 1762 geborenen Prin-
zen von Wales übertragen, welcher seitdem den Namen eines Prinz-Re-
genten annahm. Er ist der nachmalige König Georg Iv. Georg Iii. aber
gewahrte selbst inmitten seiner Krankheit das Bild eines frommen, gotter-
gebenen Dulders, dessen liebereiches Herz in Stunden der Besinnung nur
seinen Unterthanen angehörte, wahrend Jerome in Cassel in sinnlichen Ge-
nüssen jeder Art schwelgte.
F ü Uftes Kapitel.
Von der Zeit des großen deutschen Befreiungskampfes bis zur
Schlacht bei Waterloo 1813 — 1815.
Das gewaltige Heer, mit welchem Napoleon nach Rußland aufgebro-
chen war, um die einzige christliche Macht des europäischen Festlandes,
welche sich seinen Befehlen nicht fügen wollte, seinem Willen zu unterwer-
fen, war von dem russischen Winter und dem Heldenmuthe der Untertha-
nen Alexanders 1. vernichtet. In kleinen Abtheilungen flohen die Trümmer
der großen Armee nach dem Westen. Wie ein Lichtglanz in dunkler Nacht
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Napoleons Georg Georg_Iv Georg_Iii Napoleon Alexanders
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Wales Cassel Alexanders