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1. Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches und seiner Kolonien mit besonderer Berücksichtigung des deutschen Anteils am Welthandel und Weltverkehr - S. 2

1918 - München [u.a.] : Oldenbourg
2 Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches. 3. Lage in Europa. Porteile. Das Deutsche Reich liegt inmitten des euro- päischen Festlands. Drei Großmächte: Rußland, die Österreichisch-Ungarische Mon- archie und die Republik Frankreich, dann fünf Kleinstaaten: die Schweiz, das Großherzogtnm Luxemburg. Belgien, Holland und Dänemark umgrenzen es. Nur ein Randmeer, die Nordsee, trennt Deutschland von dem industrie- und Handels- reichen England; nur schmale Meeresstraßen (Sund, Kattegat, Skagerrak) und ein Binnenmeer, die Ostsee, scheiden es von den skandinavischen Königreichen. Der Alpenwall bildet zwar eine hohe natürliche Grenzmauer gegen das an Natur- erzeugnissen reiche Italien, aber oielbenntzte Schienenwege (Simplon, Gotthard, Brenner, Tauernbahn, Semmering) haben seinen verkehrshindernden Einfluß be- deutend gemindert. Die unmittelbare Nachbarichast der bedeutendsten Kultur- und Handelsstaaten begünstigt in hohem Maße den Handel und Berkehr Deutschlands. Dank seiner Mittellage in Europa besorgt Deutschland hauptsächlich den Warenaustausch zwischen dem industriellen Westen und dem vorwiegend acker- bautreibenden Osten des Erdteils wie den Verkehr zwischen dem Norden und Süden. Zwei westöstliche und zwei nordfüdliche Weltverkehrslinien durchschneiden das Reich in seiner ganzen Ausdehnung, nämlich die Linien: Paris- Berlin -Peters- burg (Nordexpreßzug) und Paris—münchen—wien—-Konftantinopel (Balkanzug), dann die Liuieu Berlin—münchen—rom (Nord-Südexpreßzug) und Blissingen (Ostende)—Köln—gotthard—genua.

2. Wirtschaftsgeographie des Deutschen Reiches und seiner Kolonien mit besonderer Berücksichtigung des deutschen Anteils am Welthandel und Weltverkehr - S. 47

1918 - München [u.a.] : Oldenbourg
Ii. Das deutsche Volk. 47 Sozialgesetzgebung, durch die das Deutsche Reich weit über seine Grenzen hinaus bahnbrechend gewirkt hat*). Das Reich ist ferner eine wirtschaftliche Einheit. Die Grenzen der Glied- staaten sind nicht mehr, wie ehedem, durch lästige Zollschranken voneinander ge- trennt. Insbesondere ist auch das Nachrichtenwesen einheitlich geregelt und verwaltet 5 nur Bayern und Württemberg verwalten selbst ihr Post- und Telegraphenwesen. Dem neuen Reiche danken wir auch die stärkste Heeresmacht der Gegenwart, die ganz vorzugsweise uns über 40 Jahre den Frieden gesichert und somit die freie Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte des deutschen Volkes ermöglicht hat. Unsere Flotte bleibt freilich noch reichlich um das Doppelte hinter der englischen zurück; immerhin hat sie schon bedeutende Fortschritte gemacht und dem deutschen Wirt- schastsleben im Auslande schon treffliche Dienste geleistet. Dabei betragen die Aus- gaben für Heer und Flotte auf den Kopf der Bevölkerung, von Rußland abgesehen,, noch erheblich weniger als in den europäischen Nachbarländern^). ----i) Arbeiterversicberung. Summe der im Jahre 1911 au Arbeiter gezahlten Entschädigungen: der Krankenversicherung . . 399 Mill. M. der Unfallversicherung ... 167 „ „ der Invalidenversicherung. . 204 „ „ zusammen 770 Mill. M. Gesamtsumme der von 1885—1911 an Arbeiter gezahlten Entschädigungen: 9160 Mill. M. 1913 wurden aus den Kassen der deutschen Sozialversicherung wie ans denen der deutschen Privatversicherung weit über je 800 Mill. M. au Entschädigungen zur Auszahlung gebracht, also monatlich rund 133 Mill. M. oder täglich 4,4 Mill. M. Jeder zweite bis dritte Deutsche gehört heute der sozialen Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliden-, Hinterbliebenen- oder Angestellten-Versichernng an. 2) Heer und Flotte: 1913 Heerespräsenz- stärke Kriegsschiffe Wasserverdrang*) in 1000 Tvnnen Total Großkamp sschisse Deutschland............. Großbritannien (regulär army)..... Frankreich.............. Vereinigte Staaten von Amerika .... 790 800 137 500 780 000 100 000 1 273,6 2 857,3 1 003,4 1 054,6 603,9 990.8 400,2 344.9 *) Der Wasserverdrang gibt das Gewicht des von einem Schiff verdrängten Wassers an und damit des Schisses selbst. Militärische Ausgaben: 1913 Deutschland Millionen Mark England Millionen Mark Frankreich Millionen Mark Ber. Staaten von Amerika Millionen Mark Armee und Flotte. . 1 476,1 1 520,4 1 178,0 1 017,2 Für den Kopf Mark Mark Mark Mark Armee und Flotte. . 21,86 33,05 29,67 10,50

3. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 239

1911 - Leipzig : Dürr
B. Kahle, Henrik Ibsen und Björnstjerne Björnson. 239 vom 5. Mai Björnson für dessen Unermüdlichkeit im Wirken für seine Interessen dankt, bittet er in einem Schreiben vorn 5. Oktober desselben Jahres einen Freund in einer literarischen Angelegenheit die einzuschla- genden Schritte vor Björnson und einigen anderen geheimzuhalten, da er sonst „Kontramanöver" fürchte. Doch will Ibsen, nach einem Brief an Björnson ans demselben Monat, in dem er diesen mit „lieber, prächtiger Björnson" anredet, in dem „kleinen Zusammenstoß" nur „etwas Vorübergehendes" sehen, und er führt fort: „Ich weiß bestimmt, was im Ernst mein Herz Dir und Deiner Sache entfremden könnte, das wird nie zwischen uns treten." Doch kommt es immer von neuem zu kleinen Zusammenstößen. Ibsen ist verstimmt über Björnsons Stellung zum „Peer Gynt", Björn- son darüber, daß Ibsen einen Orden angenommen, und als Ibsen 1869 zur Mitarbeit an einer literarischen Zeitschrift aufgefordert wird, lehnt er ab, indem er unter anderen Gründen auch anführt, er habe gelesen, daß auch Björnson Mitherausgeber sein werde. Schon dieser Umstand würde allein für seine Absage ausschlaggebend sein. So geht Ibsens Verbitterung immer tiefer, so daß er sich sogar in einem Schreiben vom selben Jahre an Georg Brandes zu folgender Charakterisierung seines früheren Freundes versteigt, von dem er einst geschrieben, daß es das Größte für ihn und die Richtung seines Lebens gewesen sei, ihm be- gegnet und ihn wirklich gefunden zu haben, diese „warme prächtige Seele, die ihm mehr des Großen und Herrlichen geschenkt habe, als er ihm je vergelten könne": „für ihn existieren nur zwei Sorten von Menschen: die, aus denen er Nutzen ziehen kann, und die, die ihn genieren können." Im Jahre 1870 spricht er schon von einem Bruch mit Björnson, den er bedauert, und von dem er hofft, daß er nicht von Dauer sein werde. Er hält Björnsons publizistische Wirksamkeit für unheilvoll. Zu einem — für lange Jahre wenigstens — endgültigen Bruch kommt es dann im Jahre 1872. Während des deutsch-franzö- sischen Krieges hatte Norwegen wie die anderen skandinavischen Länder mit seinen Sympathien auf seiten Frankreichs gestanden. In dem er- wähnten Jahr trat nun Björnson plötzlich mit einem Vortrag auf den Plan mit dem Titel: „Werden wir eine Zuknnst mit Frankreich oder Rußland haben, oder aber mit Deutschland?" In diesem forderte er, es müßten „die Signale geändert werden". Man dürfe nicht länger auf die Einigung Deutschlands mit Haß sehen. Die Dünen sollten Schleswig nicht aufgeben, aber Deutschland müsse sicher sein, daß man sich nicht auf die Seite seiner Feinde schlagen wolle. Dann erst könne die Versöhnung erfolgen. Das germanische Stammesgefühl müsse die Tat Deutschlands als eine Großtat seines alten Kampfgeistes empfinden. „Des Nordens Bestimmung in der Weltgeschichte" führe ihn „zu dem Volk, mit dem wir Blut und Christentum gemeinsam haben."

4. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 389

1911 - Leipzig : Dürr
I. Jastrow, Die Einheit des deutschen Reiches. 389 den freien Reichsgrafen wurde später nur einer, von den kleinen Fürsten nur einige wenige restauriert. So kam es, daß der deutsche Bund statt mit Hunderten oder, wenn man will, mit Tausenden von regierenden Herrn nur noch mit 38 souveränen Fürsten und 4 freien Städten in die Welt eintrat, und durch die späteren Ereignisse wurde diese Zahl von 42 Territorien durch Erbschaften in einigen kleineren Häusern, durch Annexionen usw. auf 25 vermindert. Dazu kam 1871 das Reichsland. Die Vielköpfigkeit aber war noch nicht das größte Übel im alten Reichskörper. Schlimmer noch war die Grenzenlosigkeit dieses Staats- ungetüms, mit dessen altererbten weltmonarchischen Traditionen es sich so wohl vertrug, an allen Ecken und Enden auch die Nachbarn in den Untertanenverband hineinzuziehen, d. h. sie in deutschen Angelegenheiten mitreden zu lassen. Parallel der Zusammenfassung der Territorien im Innern können wir nun auch die klare Fixierung der Grenzen nach außen hin ver- folgen. Der Verschwommenheit der deutschen Grenzen machte im Westen Frankreich selbst ein Ende. Indem die französische Revolution mit der rücksichtslosen Energie, mit der sie den Staatsgedanken auffaßte, die Gesetzgebung, die sie für heilsam hielt, in allen Teilen Frankreichs gleichmäßig zur Durch- führung brachte, indem sie völlig außer Acht ließ, daß Frankreich die elsüssischen Landestelle unter anderm Rechtstitel besaß, als alle seine übrigen Provinzen, hat sie aller Welt deutlich gemacht, daß niemand zween Herren dienen könne. Bei allen Annexionen der Folgezeit hat Frankreich dasselbe Prinzip verfolgt; und so oft es sich noch den Besitz deutscher Länder angemaßt hat, niemals mehr hat es dies in zwei- deutiger Weise getan. Seit damals ist an dieser Grenze Klarheit an Stelle der Unklarheit getreten, Bestimmtheit an Stelle der Unbestimmt- heit. Und als Frankreich das linke Rheinnfer zurückgeben mußte, mußte es dasselbe vorbehaltlos ausliefern; als es das Elsaß behielt, war es nicht wieder die Vogtei über elsüssische Städte, die ihm ab- getreten wurde, sondern das Elsaß selbst, welches es als französische Provinz haben wollte, wie jede andere, also daß auch der Blödeste sehen sollte, wie man ein herrliches Stück deutscher Erde den Welschen überantwortete. An der Westgrenze hat Deutschland am frühesten gelernt, daß, wenn ein Teil bedroht ist, das Ganze bedroht ist. Im Jahre 1806 waren die Franzosen bis in das Herz Deutschlands vorgedrungen, ohne daß das Volk darin etwas anderes sah, als eine preußische Niederlage. Als im Jahre 1840 sich nur ganz von ferne her Geliiste auf das linke Rheinufer vernehmen ließen, da durchzuckte es ganz Deutschland. Da

5. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 391

1911 - Leipzig : Dürr
I. Jastrow, Die Eiulicit des deutschen Reiches. 391 Auf die schmerzloseste Art löste sich die Verbindung der beiden Welfenreiche, als eine Frau den Thron von England bestieg und nach deutschem Recht den deutschen Thron ihrem männlichen Anverwandten und seinen Nachkommen überließ. Unter schweren Kämpfen hat das Aufflammen von ganz Deutschland bei dem Aussterben der dänischen Hauptlinie die drohende Danisierung der Herzogtümer schließlich noch verhindert; nach mannigfachen Schicksalen wurden sie zuletzt eine Pro- vinz des norddeutschen Großstaates. Den gordischen Knoten der drei übrigen Fragen hat das Jahr 1866 mit dem Schwert durchhauen. Von den beiden Großmächten schied die eine mit ihrem ganzen Lünderbestande aus, und die andere trat mit ihrem ganzen Lünderbestande ein. Der so begründete norddeutsche Bund vermied es von vornherein, einen fremden Souverän in seine Mitte auf- zunehmen. Er hat ans Luxemburg verzichtet, und sich später daran be- teiligt, den Zankapfel der Bundesfestung aus der Welt zu schaffen. Mit dem norddeutschen Bunde wurde auch eine andere Art der Fremdherrschaft beseitigt. Der westfälische Friede hatte die gesamte Reichsverfassung unter die Garantie von Frankreich und von Schweden gestellt; seit dem Teschener Frieden war Rußland in ein ähnliches Ver- hältnis getreten. Der „Schutz", den die Garanten dem bestehenden Zustand angedeihen ließen, d. h. das Recht des Widerspruchs, das sie gegen jeden Versuch einer Besserung üben durften, hörte mit dem Zer- fall des Reichs von selbst auf. Der deutsche Bund hat zwar keinen besonderen Protektor bekommen, allein die Bundesakte war der Wiener Kongreßakte einverleibt und dm mit für einen Beschluß der europäischen Mächte erklärt, also auch unter deren Gesamtgarantie gestellt. Damit war der beständigen Aufsichts- führung bestimmter Garantiemächte zwar ein Ende bereitet, aber die unbestimmte Anschauung, daß Deutschland nichts weiter sei als eine europäische Angelegenheit, war bestehen geblieben. Dieser Anschauung gegenüber nahmen die Begründer des norddeutschen Bundes den Stand- punkt ein, der eines freien Volkes würdig ist: sie ignorierten sie, sie gaben der neuen Organisation die einzige Grundlage, ans der ein freies Staatsleben ruhen kann: sie stellten sie auf sich selbst. Indem so der norddeutsche Bund die Mächte, die dem alten Deutschland nur halb angehört hatten, entweder ganz aufnahm oder ganz ausstieß, richtete er die Gemeinschaft mit den süddeutschen Staaten von vornherein so ein, daß sie zu voller Reichsgemeinschaft sich ent- wickeln sollte. Als dann nach diesem Schutz- und Trutzbündnis aus der ersten Waffenbrüderschaft das deutsche Reich hervorging und dieses auch von den lange entfremdeten elsaß-lothringischen Landen wieder Besitz nahm, da geschah alles in so klarer und fest bestimmter Weise, daß man rings um

6. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 344

1911 - Leipzig : Dürr
344 Prosaheft Vil mal mit einer Getreideflotte ins Mittelmeer gefahren, und als Philipp Iii. 1603, beeinflußt vom Herzog von Lerma, in blindem Haffe gegen die Niederländer nicht nur jeden direkten Verkehr mit ihnen verbot, sondern auch alle Einfuhr wie Ausfuhr, die nicht nachweisen konnte, daß sie weder durch Ware, noch durch Schiff in irgendwelcher Verbindung mit den Niederländern gestanden hatte, mit einem Zuschlagszoll von 30 Pro- zent belegte, waren sie geradezu herausgefordert, den gewaltsamen Schmuggelverkehr mit dem spanischen Amerika zu beginnen, der die Anfänge der westindischen Kolonisation so wild und schaurig romanhaft gestaltet hat. Es erwuchs in den Niederlanden eine Partei, die den Krieg mit Spanien zur Lebensfrage der Staaten erklärte, die ihn mög- lichst unausgesetzt führen wollte, um auf den Weltmeeren der spanischen und portugiesischen Beute nachgehen und den „Handel von fern" in die eigenen Hände bringen zu können. Im Jahre 1621, als nach zwölf- jährigem Stillstände der Krieg mit Spanien wieder ausbrach, entstand auch die westindische Kompagnie, die seit 1606 von seiten der Kriegs- partei in den Niederlanden gefordert worden war, um Spaniens Außen- handel an seiner empfindlichsten Stelle treffen zu können. Den Niederländern waren die Engländer vorangegangen. Ihre erste Fahrt in die Kolonialgewässer, Franz Drakes berühmte Weltum- segelung 1577 — 1580, war ein offenbarer Raub- und Plünderungszug, unternommen mitten im Frieden. Die überaus reiche Beute und die zunehmende Spannung mit Spanien reizten zur baldigen Wiederholung. Aber zu einer eigentlichen Handelsfahrt sind die Engländer erst ge- kommen in Nachahmung der Niederländer, wenngleich sie dann noch vor diesen, am letzten Tage des Jahres 1600, zu einer ostindischen Kom- pagnie gelangten. Auch hier fand der erwerbslustige Teil der Nation bald heraus, daß Krieg mit Spanien, besonders seitdem Portugal diesem angeschlossen war, ein Vorteil sei. Als unter Jakob I. mit Spanien geliebäugelt wurde, der König für die spanische Monarchie eine Schwäche zeigte, ging ein allgemeines Murren durch das Land, und zwar nicht allein aus konfessionellen und parlamentarisch-freiheitlichen Beweggründen; das Scheitern des spanischen Heiratsprojektes und die Aussicht auf einen neuen spanischen Krieg (1623) erfüllten weite Kreise der Nation mit Jubel, weil sich jetzt wieder die Möglichkeit bot zu gewinnbringenden überseeischen Unternehmungen, die nicht beengt waren durch einen offi- ziellen Friedensstand. Die Gewerbe des Kapers und des Kaufmanns, des Schiffers und des Seeräubers haben lange hart beieinander gelegen bei den Völkern, welche die modernen Herren der Meere ge- worden sind. Wenn man nun aber fragt, wie es mit der Hanse stand zu der Zeit, als der durch die großen Entdeckungen ermöglichte Verkehr anfing, nicht mehr Alleingut der Spanier und Portugiesen zu bleiben, so lautet

7. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 346

1911 - Leipzig : Dürr
346 Prosaheft Vii. nordische Stellung stritt, war es klar geworden, daß die Zeit vorüber sei, in der deutsche Bürger europäischen Fürsten Vertrüge aufzwingen konnten. Sie sahen sich aufs Bitten und Vorstellen angewiesen, auf all die kleinen Mittelchen, die dem klugen Kaufmann auch gegenüber weniger willigen Gewalthabern gelegentlich zu einem Erfolge verhelfen; wo sie einst forderten, mußten sie jetzt flehen. So wuchs ihnen die Haltung an, von der Gustav Adolf in seiner treffenden Weise bemerkt: „Die Hansestädte wollen lieber bemitleidet, als beneidet sein." In Rußland und England, in Schweden und Dänemark, in Frankreich und Burgund ward ein Zweig nach dem anderen abgehauen von dem stolzen Baume, ohne daß der Deutsche mehr tun konnte als sich in Klagen ergehen, auf fein verbrieftes Recht verweisen und, wenn alle Hoffnung geschwunden war, sich bei Kaiser und Reich beschweren. Hilfe und Unterstützung bei den deutschen Nachbarfürsten zu suchen verbot sich durch den Gegensatz städtischer und ländlicher Betriebsamkeit, der längst und unter überwiegender Schuld der Städte erwachsen war. Deutschland war wirtschaftlich um keinen Deut mehr als politisch geeinigt. Das geringe Maß von Zusammenhalt, das von jeher unter den Städten gewesen war, ward durch den Andrang des Aus- landes nur noch mehr gelockert. Bald hatte jedes Glied der Hanse nur noch sich selbst im Auge, und den Fremden war Tür und Tor- geöffnet. Von jeher waren die Friesen der nördlichen Niederlande die Kon- kurrenten der Hanse gewesen, vereinzelt mit ihnen verbunden gemeinsam einen Störenfried zu strafen, zumeist aber wetteifernd in rivalisierender Eifersucht. Seitdem sie eingefügt waren in die Weltmonarchie Karls V., genossen sie eines starken Schutzes. Es wird in Beurteilung der Be- ziehungen der Niederlande zu Spanien über den Trennungskampf, der die Blicke auf sich lenkt, doch zu häufig übersehen, was die Provinzen ihren mächtigen Herrschern verdanken. Bis in die Aufstandszeiten hinein findet man das Regiment der Niederlande entscheidend beeinflußt von der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen und ganz vornehmlich auf die merkantilen Interessen der Provinzen. Zumal in allen baltischen Fragen ist die Politik Karls V. und Philipps Ii. fast ausschließlich bestimmt worden durch diese Interessen. Unter diesem Schutz, unter dem Ansehen einer starken Regierung ist die niederländische Schiffahrt be- sonders in den mittleren Jahrzehnten des sechzehnten Jahrhunderts mächtig emporgeblüht und hat überall, zumal aber in der Ostsee, vor der han- sischen den Vorsprung gewonnen. Von Hunderten vermehrte sich die Zahl ihrer durch den Sund gehenden Schiffe zu Tausenden. Ihre Lage vor den Toreir des Weltmarktes Antwerpen begünstigte sie; auch den neuen Fischereigründen lagen sie näher. Als Antwerpen fiel, war Amster- dam genügend entwickelt, an feine Stelle zu treten. Ihre Stellung

8. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 361

1911 - Leipzig : Dürr
C. v. Noorden, König Friedrich Wilhelm I. von Preußen. 361 die Armee zu nähren, zu kleiden, zu verdoppeln, sich das Brot vom Munde, den Rock vom Leibe abspart, der die Kassen der Beamten, die Gerichtsstuben der Advokaten, die Dungwirtschaft der Domänenpächter in allerhöchst eigener Person revidiert — dieser König, der die Zucht des deutschen Pfarrhauses auf Preußens Thron verpflanzt, an dessen Arbeitslust und Arbeitsmacht kein Minister und kein Subalterner heran- reicht, der seine ganze Erholung allabendlich bei Tabak und Doppelbier im Kreise der körnigsten Generäle und erprobtesten Räte sucht, dieser König, der das, was er denkt und meint, mit ehrlicher Derbheit jedes- mal heraussagt, der alles, was zum königlichen Schein gehört, grund- sätzlich abtut, der aber in jeder Frage sein königliches „ich will" mit erdrückender Wucht hervorkehrt: angesichts der Vielzahl scheinbarer Widersprüche, die in dieses Mannes geistiger Gestalt so hart aufeinander platzen, wissen die ausländischen Beobachter nicht Rat, nicht Bescheid. Sie haben, und von der oberflächlichen deutschen Geschichtsschrei- bung des achtzehnten Jahrhunderts gilt das Gleiche, diesen preußischen Monarchen in keinem Augenblick seines Wirkens zu begreifen vermocht. Der jugendliche Friedrich Wilhelm erscheint ihnen als ein Phänomen, das zu keiner der üblichen Charakterkategorien stimmt. Die Fremden rätseln und deuten; darüber aber sind alle einig, daß mit dieses Königs Regiment ein Außerordentliches den Anfang genommen, daß in dem bis dahin verachteten preußischen Königreiche eine neue Entwickelung ein- gesetzt hat. Die Mehrzahl gelangte zu dem Schlüsse, daß Krieg und Eroberung den Inhalt dieses Lebens ausmachen würden. In Frankreich überlegt Ludwig Xiv., wie man der veränderten deutschen Lage mit veränderten Maßnahmen der französischen Allianzpolitik gerecht werden solle. Die niederländischen Generalstaaten sorgen um die künftige Selbständigkeit ihrer Republik. England glaubt sich in Hannover bedroht, Polen in Danzig und Elbing, Schweden in Stettin und Stralsund. Lediglich diese letzte Besorgnis war begründet. Vorpommern, einen Teil des schwedischen Raubes am deutschen Reiche, durste er kraft des Stockholmer Friedens 1719 der Monarchie einverleiben. Im Rückblick auf die militärische Schulung seiner Jünglingsjahre, im Hinblick ans die tüchtige Führung des schwedischen Krieges, unter Vergegenwärtigung seines männlichen Wesens, in dem Energie und Um- sicht einhellig zusammenwirkten, kann über die kriegsherrliche Befähigung Friedrich Wilhelms I. kaum noch ein Zweifel übrig bleiben. Dennoch hat er, seitdem er an dem nordischen Dränger die Ahnen gerächt, allen von Osten und Westen an ihn herantretenden Versuchungen zuin Kriege widerstanden. In Füllen sogar, wo es, wie in der bergischen, wie in der chtfriesischen Besitzfrage, sich um unzweifelhafte Ansprüche der preußischen Krone gehandelt, hat Friedrich Wilhelm zwar kein Titelchen des pren-

9. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 372

1911 - Leipzig : Dürr
372 Prosaheft Vii. Erneuerer des preußischen Staates, von glühender Sehnsucht nach der Befreiung Deutschlands verzehrt, hatte zur Empörung gegen die franzö- sische Herrschaft aufgefordert; doch der Brief, verräterisch aufgefangen, war in die Hände Napoleons geraten. Arndt aber hatte in seinem Buche „Geist der Zeit" die Regierung des Kaisers mit flammenden Worten als unmoralisch gebrandmarkt und die Deutschen zur Freiheit aufgerufen. Da wurde Stein von Napoleon geächtet, Arndt, wenn auch nicht tatsächlich, für vogelfrei erklärt, war doch seines Lebens nicht mehr sicher und „hatte keine Lust, sich einfangen und wie einen tollen Hund von den Wälschen totschießen zu lassen". So gingen beide Männer in die Verbannung. Stein verließ den preußischen Staat und ging nach Prag, dann aber, von Alexander I. eingeladen, nach St. Petersburg. Arndt wandte sich von Greifswald, das damals noch schwedisch war, nach Stockholm, kehrte später nach Deutschland zurück und lebte eine Zeitlang in der Verborgenheit. Da brach 1812 der russisch-französische Krieg aus; die ungeheuren Heeresmassen des neuen Attila wälzten sich gen Osten. Nun hielt es Arndt nicht länger. In gefahrvoller Reise eilte er, von Stein eingeladen, nach St. Petersburg. Wie war's gekommen, daß Stein unter allen deutschen Namen den Namen Arndt so fest im Gedächtnis behielt, daß er den Träger dieses Namens durch alles Kriegsgetümmel hindurch zu sich ins ferne Rußland rief? Er hatte ihn in seinen Schriften er- kannt, hatte die Flamme seiner Seele verstanden, den grimmigen Haß gegen Napoleon, den gewaltigen sittlichen Ernst seiner Persönlichkeit, die unauslöschliche Liebe zum deutschen Volke. Dieser elementare Haß der beiden Männer gegen Napoleon wurzelte in demselben Erdreich. Weil beide, Stein und Arndt, tief angelegte, durch und durch sittliche Charaktere waren, darum mußten sie mit einer Art Naturnotwendigkeit Todfeinde Bonapartes sein, der ihnen als die Verkörperung alles Unsittlichen galt. Schon seit Marengo hatte Arndt ein Grauen vor der Riesengröße dieses Mannes ergriffen, bald mischte sich in dieses Grauen der glühende Zorn, als die unersättliche Herrsch- gier des Eroberers keine Grenzen mehr kannte. „Bewunderung und Furcht erzeugt der Vulkan", so schreibt Arndt, „und das Donnerwetter und jede seltene Naturkraft, und sie kann man auch Bonaparte nicht versagen. Aber welche Triebe setzen diese ungeheure Naturkraft in Be- wegung! Nichts Edles und Menschliches ist in ihm, von diesem finstern, verschlossenen, tückischen Geiste darf die Welt nur Verderben erwarten. Furchtbarer ist kein Mann der Fürsten und Völker. Er ist dem Welt- meere gleich, das, ewig hungrig, Bäche und Ströme in sich verschlingt und keinen Tropfen zurückgibt." So Arndt. Stein aber verglich Napoleon mit den großen mongo- lischen Eroberern, mit Dschingis Khan und Timur, und redete von dem

10. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 376

1911 - Leipzig : Dürr
376 Prosaheft Vii. Lebens" vergessen. Stein war als Bevollmächtigter Kaiser Alexanders gekommen, um die Hilfsquellen Ost- und Westpreußens sür die gute Sache nutzbar zu machen. Er berief den Landtag der Provinz; die Bewaffnung der Nation, die Errichtung einer Landwehr und eines Landsturmes war es, was er wollte; ein Volkskrieg sollte gegen Napo- leon entstammt werden. Und der Landtag versagte nicht. Die arme, gänzlich ausgesogene, niedergetretene Provinz war zu jeglichem Opfer bereit und beschloß im Geiste Steins. Arndt aber, wie kaum ein zweiter berufen, als Mann des Volkes unmittelbar auf das Volk zu wirken, erhielt von Stein den Auftrag, die Bevölkerung über diese neue Ein- richtung aufzuklären, und er tat es gern im Sinne seines Herrn und mit gewohnter Meisterschaft. „Was bedeutet Landsturm und Landwehr?" so lautete der Titel seiner neuen Schrift. Ein waffengerüstetes, waffen- geübtes Volk, die Bewaffnung aller deutschen Männer ohne Unterschied des Standes und des Berufes vom sechsundzwanzigsten bis zum sech- zigsten Lebensjahre, das sind Steins und Arndts Forderungen. Ist aber der Krieg mit Gottes Hilfe siegreich beendet, dann sollen Landwehr und Landsturm nicht aufhören. Als bleibende Einrichtung können sie viel- leicht zwei Drittel des stehenden Heeres unnötig machen und dadurch unendliche Lasten vom Rücken des Volkes wälzen. Der Freiheitskampf begann. Stein, nunmehr Mitglied des Ver- waltungsausschusses für die eroberten Gebiete, konnte die Hilfe seines treuen Mitarbeiters nicht entbehren; in Dresden, in Reichenbach, in Leipzig, in Frankfurt ist Arndt um den Minister gewesen, der ihin wie in St. Petersburg sein unbedingtes Vertrauen schenkte und sich bei wich- tigen Sendungen seiner bediente. Die Schlacht bei Leipzig wurde geschlagen, und der Dichter pries die freundliche Lindenstadt ob ihres leuchtenden Ehrenmales. Aber was das Schwert gut gemacht hatte, wollten Diplomaten verderben. Wenige Wochen nach jenem glänzenden Siege bot Metternich Napoleon den Frieden an, den Rhein als Grenze zwischen Frankreich und Deutschland. Da regte sich Arndts deutsches Herz, und er machte seinem Unmut, seinen Hoffnungen und Wünschen Luft in der berühmten Schrift: „Der Rhein, Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze." Das Recht, die Politik, die Ehre und die Treue des deutschen Volkes erheben gleichmäßig diese Forderung. Dieselbe Forderung erhob unter den Diplomaten Stein, der alles linksrheinische Gebiet, Elsaß und Lothringen für Deutschland zurück- verlangte. Dieses Ziel Steins und Arndts wurde freilich damals nicht ganz erreicht. Aber Deutschland war doch frei geworden bis zum Rhein und altes deutsches Land links vom deutschen Strom teilweise zurückgewonnen. Von nun an trennte das äußere Leben die beiden gleichgesinnten Männer,
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