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gab darüber keinen Aufschluß, und Zwistigkeiten waren unausbleiblich.
Ähnlich waren die Bestimmungen über die zehn elsässischen Reichsstädte. Der Friede übertrug Frankreich die bisher gleichfalls im Besitz des Hauses Habsburg gewesene Landvogtei über diese Städte; aberden zehn Städten wurde in nachdrücklichster Weise zugesichert, daß sie auch hinfort freie Reichsstädte bleiben sollten. Hier handelte es sich augenscheinlich nicht um einen Landbesitz, sondern um ein Amt. Diese Landvogtei war übrigens ein Amt mit nicht ganz klar bestimmten Rechten und Pflichten. Der Landvogt besaß eine gewisse Schutzherrschaft über die zehn Städte; er schwor, ihnen ihre Rechte zu bewahren; sie schworen ihm Gehorsam in den Grenzen seiner Befugnisse; er beaufsichtigte die Wahlen zu den städtischen Ämtern; er bezog gewisse Einnahmen aus den Städten und ebenso aus einer Anzahl bei Hagenau gelegener Reichsdörfer. Aber die zehn Städte galten als ebenso reichsunmittelbar wie Nürnberg und Augsburg. Nun wurde die Landvogtei der Krone Frankreich übertragen. Dem französischen König wurde also ein Amt übertragen, welches bisher im Namen des Reiches und über Mitglieder des Reiches ausgeübt war. Das Amt wurde ihm ausdrücklich als eine völlig vom Reiche losgelöste Befugnis zuerteilt; aber der Gegenstand, auf den sich seine Tätigkeit erstreckte, verblieb bei dem Reiche.
So entstanden hier Zustände unhaltbarer Art. Es war völlig undenkbar, daß Frankreich, das gerade damals rücksichtslos nach fest geschlossener Einheit strebte, sich durch zweideutige Paragraphen lange würde fesseln lassen. — Straßburg war durch den Friedensvertrag in seiner Selbständigkeit zunächst sichergestellt und besaß die Macht, sein zweifelloses Recht noch ein Menschenalter hindurch zu behaupten. Aber wie hätten jene zehn kleinen elsässischen Landstädte und die kleinen reichsfreien Herren im Elsaß dem Drucke des gewaltigen Frankreich auf die Dauer widerstehen können?
Lothringen. Im Westen Deutschlands lag ferner das Herzogtum Lothringen, ein Grenzland zwischen den Bereichen deutscher und französischer Zunge. Dieses Land blieb nach dem Westfälischen Frieden noch' zehn Jahre lang von den Franzosen besetzt. Denn während des Dreißigjährigen Krieges „führte Frankreich auch einen Krieg mit Spanien, der nach 1648 noch fortdauerte, und der Herzog von Lothringen hatte sich mit Spanien verbündet, hatte im Kriege sein Land an die Franzosen verloren und sich in Münster und Osnabrück vergeblich bemüht, sein Herzogtum zurückzuerlangen. Gar zu gern hätten die Franzosen Lothringen überhaupt behalten; nach zehn Jahren mußten sie das Land jedoch wieder herausgeben. Aber man war in Frankreich überzeugt, daß Lothringen früher oder später doch an Frankreich fallen müsse.
Der Burgundische Kreis. Die Landschaften im Nordwesten Deutschlands faßte man unter dem Namen des Burgundischen Kreises zusammen. Karl V. hatte es nämlich durchgesetzt, daß seine gesamten niederländischen Erblande als ein besonderer Reichskreis anerkannt wurden. Derselbe sollte seinen Beitrag zu den Reichssteuern
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fälischen Frieden selbst keine Veränderung seines Besitzstandes erfahren. Ein lang ersehnter Gewinn war ihm schon 13 Jahre früher zugefallen, als Kaiser Ferdinand Ii. seinem protestantischen Bundesgenossen im Prager Frieden die Ober- und die Niederlausitz abtrat. Noch immer stand Kursachsen dem öffentlichen Range nach an der Spitze des evangelischen Deutschland; aber sein Einfluß war mehr und mehr geschwunden. Besonders war die reformierte Bevölkerung Deutschlands tief verstimmt, weil der sächsische Hof seit langem ein engherziges Luthertum zur Schau getragen hatte. Der Prager Frieden, durch welchen der Kurfürst um den Preis der Lausitzen die Sache seiner Glaubensgenossen aufgab, erschütterte das Zutrauen zu der evangelischen Gesinnung der Albertiner auch in der ganzen protestantischen Welt.
Brandenburg. Eine eigentümliche Stellung unter den deutschen Gebieten nahm Brandenburg ein. Den Kurfürsten von Brandenburg waren nämlich im Anfange des 17. Jahrhunderts durch Erbschaft zwei große Landgebiete zugefallen, welche dem Staate ein völlig verändertes Aussehen gaben. — Die eine Erbschaft hatte dem Hause Brandenburg Cleve, Mark und Ravensburg zugeführt. Freilich war dieses Gebiet zunächst ein Besitz von zweifelhaftem Werte; denn in den wichtigsten Festungen hatten sich während der Kriegszeit die Holländer eingenistet, und die Landstände besaßen hier eine solche Macht, daß sie das fürstliche Regiment in die engsten Grenzen drängten. Aber es stand doch die Tatsache fest, daß das Herrscherhaus der Marken nun auch in diesen westlichen Grenzgebieten des Reichs Fuß gefaßt hatte. Die Gegend am Niederrhein war ein Brennpunkt für das gesamte westeuropäische Staatsleben. Hier berührten sich die Wünsche von Spanien, Österreich, Frankreich, den Niederlanden und England. Indem das Haus Brandenburg hier Besitz ergriff, war es damit aus der Enge der märkischen Heimat auf die Bühne der Weltpolitik hinausgeführt. — Ebenso aussichtsvoll war die andere Erwerbung, die des Herzogtums Preußen. Indem das kurfürstliche Haus diesen einen Teil des alten Ordenslandes von der ausgestorbenen herzoglichen Linie erbte, stand Brandenburg fortan mit einem Drittel seiner Besitzungen außerhalb der Reichsgrenze. Denn das preußische Herzogtum war zwar deutsches Land, aber nicht ein Teil des deutschen Reiches, sondern Lehen der Krone Polen, Schon dadurch nahm der brandenburgische Kurfürst fortan eine Stellung ein, welche sich wesentlich von der Stellung aller übrigen Fürsten unterschied, da diese nur auf dem Boden des Reiches begütert waren. Aber der preußische Besitz brachte das brandenburgische Haus auch mitten in große europäische Verwicklungen hinein. Es handelte sich um die immer aufs neue auftauchende Frage, wer über das Gebiet der Ostsee Herr sein solle. Hier begegneten sich Polen und Schweden, Dänemark, England, die Niederlande und bald auch Rußland in ihren Wünschen und Ansprüchen, und der Besitzer des Herzogtums Preußen und der Hafenstädte Pillau, Königsberg und Memel war für die streitenden Parteien eine Macht, mit der sie rechnen mußten.
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vor sich her. — Aber indem er so vieles gewonnen zu haben schien, war in Wirklichkeit schon alles verloren. Denn es war Ludwig Xiv. gelungen, den Kurfürsten von seinen Bundesgenossen zu trennen. Diese schlossen mit Ludwig allein Frieden und ließen den Kurfürsten im Stich, und so mußte sich Friedrich Wilhelm im Frieden von St. Germain (1679) dazu bequemen, den Schweden das ganze eroberte Land zurückzugeben.
Ackerbau, Gewerbe, Handel. Seit den Anfängen seiner Regierung hatte sich Friedrich Wilhelm bemüht, dem entvölkerten Lande neue Arbeitskräfte zuzuführen. Noch in den letzten Jahren des Krieges — die Mark war schon des Friedens teilhaftig geworden — folgten seinem Rufe bäuerliche Kolonisten aus der Lausitz, aus Pommern und den Rheinlanden. Wüste Bauernhöfe gab es allerorten; sie wurden unter günstigen Bedingungen den Zugewanderten übergeben. Eine Zeitlang gewannen sie Abgabenfreiheit; auch überließ man ihnen wohl Ackergerät und Vieh. Besonders wertvoll war für das Land, daß auch Niederländer herbeikamen. Holländische Viehzucht, Milchwirtschaft und Gärtnerei waren unübertroffen; auch war niemand geschickter als die holländischen Bauern, wo es galt, die Sumpfgebiete der Mark trockenzulegen und fruchtbar zu machen. — Nicht minder verdienstlich waren die Versuche des Kurfürsten, dem Gewerbe, das gänzlich in Verfall geraten war, wieder aufzuhelfen. Fremde Handwerker wurden herbeigerufen. Man übergab ihnen wüste Hausstellen in den Städten; man gewährte ihnen das Bürgerrecht unentgeltlich und erließ ihnen auf ein paar Jahre die Steuern. Auf alle Weise wurden neue Unternehmungen ermutigt und gefördert, zum Teil sogar durch Zuschüsse. Der Kurfürst selbst trat als Unternehmer auf; er legte Eisenwerke, Blechhämmer und Glashütten an. Besonders suchte er die einheimische Industrie dadurch zu heben, daß er die Einführung fremder Gewerbserzeugnisse möglichst ausschloß. So war die Einfuhr fremden Tabaks in die Mark und in Preußen verboten oder wurde doch nur ausnahmsweise zugelassen, wenn es sich zeigte, daß das inländische Gewächs nicht die erforderliche „Gelindigkeit und Annehmlichkeit“ bot. —
Gegen Ende seiner Regierungszeit gelang es dem Kurfürsten, eine besonders große Zahl tätiger Menschen in sein Land zu ziehen. In Frankreich wurden nämlich damals die Hugenotten durch Ludwig Xiv. aufs äußerste bedrückt, und viele flohen in die Nachbarländer. 1685 hob Ludwig sogar das Edikt von Nantes auf, durch welches den Hugenotten einst freie Religionsübung zugesagt war, und verbot die Auswanderung. Trotzdem fanden noch Tausende unter namenlosen Gefahren und Opfern den Weg ins Ausland. Man nimmt an, daß von 1680—1700 etwa 350000 Franzosen ihres reformierten Bekenntnisses wegen geflüchtet seien. Sie zogen nach den Niederlanden, nach der Schweiz und nach Deutschland, und der stärkste Strom ergoß sich in die Lande des Kurfürsten von Brandenburg. — Friedrich Wilhelm gehörte selber dem reformierten Bekenntnisse an; er war von einem starken Gefühl der Gemeinschaft mit den reformierten Glaubensgenossen in Frankreich beseelt und hatte sich oft, immer ver-
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Bankrott nahestand, als der Krieg zwischen Schweden und Brandenburg ausbrach. Er erbot sich, eine Anzahl von Schiffen aufzubringen, für welche der Kurfürst Kaperbriefe ausstellen sollte, und mit diesen Schiffen gegen Schweden und Frankreich einen Kaperkrieg zu führen. Der Kurfürst ging auf den Vorschlag ein, und nach Verlauf von vier Wochen waren bereits 21 schwedische Handelsschiffe mit voller Ladung als gute Prise eingebracht worden. Der Vertrag ging dahin, daß der Kurfürst 6 % von dem Werte aller erbeuteten Schiffe und Waren erhalte, das übrige aber der Genossenschaft von Reedern zufallen solle, denen die Kaperschiffe gehörten. — Nachdem der Krieg beendet war, schritt man zu einem anderen Unternehmen, das größere Aussichten bot. Raule hatte angeregt, Brandenburg solle selbständig Handelsfahrten nach der Guineaküste unternehmen, und der Kurfürst hatte sich nach längerem Zaudern einverstanden erklärt. Freilich mußte Raule 1680 die Fahrt noch auf eigene Kosten und Gefahr unternehmen. Der Kurfürst gestattete nur, daß dieselbe unter branden-burgischem „Kommis und Pavillon“ fahren dürfe. Außerdem stellte er Raule „20 gute gesunde Musketiere nebst 2 Unteroffizieren“ zur Verfügung. Der Handelsgewinn sollte ganz den Unternehmern zufallen. Der Kurfürst verlangte nur, daß man ihm einige seltene Affen und Papageien und ein halbes Dutzend schöner und wohlgewachserfer Sklaven von 14 bis 16 Jahren einhandeln solle. — In den folgenden Jahren wurden dann wiederholt Fahrten nach der Guineaküste unternommen. Der Kurfürst erwarb sich eigene Schiffe; man legte eine Handelsniederlassung an der Goldküste an, erwarb Land und gründete eine afrikanische Handelskompanie. Aber die Erfolge der vielen mühsamen Unternehmungen in den nächsten Jahren waren doch nur gering. Freilich trugen sie dazu bei, das Ansehen des Kurfürsten und des brandenburgischen Staates zu erhöhen. Auch war der Gewinn für die einzelnen aus Afrika eingeführten Handelsgegenstände ganz erheblich. Man rechnete durchschnittlich 152 %, bei gewissen Artikeln bis zu 550 %. Der Sklavenhandel, der die Hauptsache war, wurde auf 85 % Gewinn geschätzt; auch die Ausfuhr von Gold und Elfenbein brachte einen guten Ertrag. Aber dem Gewinn standen auch starke Verluste gegenüber, und vor allen Dingen konnten der branden-burgische Handel und die brandenburgische Kolonie darum nicht gedeihen, weil sie gar zu arg unter dem Handelsneid der Niederländer zu leiden hatten. Die Holländer erkannten das Recht Brandenburgs auf seine Besitzungen an der Goldküste überhaupt nicht an; man befand sich den Beamten der holländischen Handelsgesellschaft gegenüber fortwährend im Kriege, und die Konfiskation eines einzigen Warenschiffes verschlang den Gewinn eines ganzen Jahres.
Das Unternehmen hielt sich freilich noch jahrelang, hatte aber keine innere Kraft; mannigfaltige Versuche, die afrikanische Handelskompanie zu beleben, blieben erfolglos, und Friedrich Wilhelm I. hat dann das afrikanische Gebiet Brandenburgs an eine Handelskompanie in Holland verkauft.
Nach Erdmannsdörffer.
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durch welche sie von aller Verantwortlichkeit für etwa kommende üble Folge freigesprochen wurden.
Auch in Wien, wo die Entscheidung lag, fand Friedrich mit seinen Plänen wenig Entgegenkommen. Ein Gutachten des kaiserlichen Kronrates sprach sich im Sommer 1694 aufs entschiedenste gegen den Plan aus. Kaiser Leopold schrieb eigenhändig unter das Gutachten, diese Prätension sei eine Sache von weitem Aussehen und übelsten Konsequenzen und müsse daher in alle Wege divertiert werden. Außer politischen Bedenken hatte der Kaiser auch kirchliche; er wollte nicht eine Königskrone auf dem Haupte eines protestantischen Ketzers sehen. Aber verschiedene hohe Geistliche der katholischen Kirche traten für den Kurfürsten ein und versuchten, die kirchlichen Bedenken des Kaisers zu zerstreuen. Natürlich wollten jene Geistlichen ihre Dienste in dieser Angelegenheit dem Kurfürsten nur leisten, wenn sie dabei einen namhaften Gewinn für die Kirche erlangten. Der Kurfürst von Sachsen hatte bereits, um die polnische Königskrone zu gewinnen, sein protestantisches Bekenntnis abgeschworen; vielleicht konnte auch das Streben des Brandenburgers nach einer Krone dazu benutzt werden, um ihn und sein Haus zur katholischen Kirche zurückzuführen. Darin täuschten sich die katholischen Herren freilich sehr. Friedrich war, um zu dem ersehnten Ziel zu gelangen, zu manchem Opfer bereit; aber das Opfer seines protestantischen Glaubens zu bringen und die Tore seines Landes einer Gegenreformation zu öffnen, war seine Absicht nicht.
Daß er sein Ziel erreichte, verdankte der Kurfürst schließlich nicht den Bemühungen der katholischen Geistlichkeit, sondern den politischen Verhältnissen. Es stand nämlich zwischen Frankreich und Österreich ein schwerer Kampf um den Besitz Spaniens und seiner Nebenländer bevor. Der König von Spanien, Karl Ii., hatte keine Kinder, und so machten sich sowohl die Habsburger, als die Bourbonen, die beide mit dem spanischen Königshause verschwägert waren, Hoffnung darauf, daß die spanische Erbschaft ihrem Hause zufallen werde. Man war nun in Wien nicht darüber im unklaren, daß für den bevorstehenden Kampf die Hilfe der brandenburgischen Truppen nicht entbehrt werden könne, und daß sie nur um den Preis der Königskrone zu erlangen sei. Aber noch lebte Karl Ii., und man glaubte, man dürfe die unwillkommene Entscheidung noch eine Zeitlang hinausschieben. Da trat jedoch ein Ereignis ein, das deutlich machte, ein längeres Zögern sei gefährlich. Im März 1700 einigten sich nämlich die Seemächte England und Holland mit Frankreich darüber, daß und wie die spanische Erbschaft nach dem Tode Karls geteilt werden solle, und erst nachdem man sich geeinigt hatte, zog man Österreich mit ins Vertrauen. Der Vertrag wurde in Wien mitgeteilt, und Kaiser Leopold wurde aufgefordert, den Vertrag gutzuheißen. Aber der Kaiser war über das eigenwillige Vorgehen der drei Mächte aufs höchste entrüstet und nahm sich vor, den Kampf aufzunehmen, um seinem Hause das ungeteilte Erbe der spanischen Monarchie zu sichern. Darum mußte er nun dem Brandenburger entgegenkommen. Freilich vergingen noch Monate, ehe alle Hindernisse überwunden waren. Aber schließlich
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wurde dem Kurfürsten eröffnet, daß der Kaiser bereit sei, wenn Friedrich den königlichen Titel annehmen wolle, seine Zustimmung zu geben.
Friedrich besaß also die Zusage, daß der Kaiser grundsätzlich nichts gegen die Standeserhöhung einzuwenden habe, und man begann nun, sich über die Bedingungen auszusprechen. Es folgte ein heftiges und zähes Handeln herüber und hinüber, mehrere Monate lang. Da von Spanien her bedrohliche Nachrichten über den Gesundheitszustand Karls eintrafen, bot sich den brandenburgischen Gesandten in Wien Gelegenheit, das Maß der brandenburgischen Zugeständnisse herabzudrücken; aber auch die kaiserlichen Minister verteidigten ihre Stellung mit großer Zähigkeit.
Endlich kam man zum Schluß. In dem Vertrage, der aufgesetzt wurde, versprach der Kurfürst, nach dem Tode Karls Ii. mit den Waffen dafür einzutreten, daß dem Kaiser das ganze spanische Erbe gebühre. Die Zahl der Hilfstruppen wurde auf 8000 Mann festgestellt. Diese Soldaten sollten freilich nur innerhalb des Reiches verwendet werden, aber zum Reiche wurden auch die spanischen Niederlande und das Herzogtum Mailand gerechnet. Im Kriegsfälle erhielt der Kurfürst vom Hause Österreich jedes Jahr 150000 Gulden. Demgegenüber versprach der Kaiser, daß er die preußische Königswürde anerkenne, wenn der Kurfürst über kurz oder lang wegen seines Herzogtums Preußen sich für einen König proklamieren und krönen lasse. Man hatte in Wien die Sache anfangs so darstellen wollen, als ob der neue König von seiten des Kaisers ernannt werden solle; aber diese Auffassung hatte man nicht aufrechterhalten können. Friedrich bestand darauf, daß er den königlichen Titel aus eigener Machtvollkommenheit annehmen wolle, und daß der Kaiser die Standeserhöhung nur anerkennen solle. Als man in Wien in die Urkunde den Ausdruck einfügen wollte, der Kurfürst sei nicht befugt gewesen, sich die Krone aufzusetzen, ohne daß der Kaiser zuvor zugestimmt habe, setzte Friedrich durch, daß nur gesagt wurde, er sei nicht gemeint gewesen.
Also nach sieben Jahren war das angestrebte Ziel endlich erreicht worden; Preußen sollte nun ein Königreich werden. Das war nach der allgemeinen Ansicht der Zeit ein großer Gewinn. ,,Ein König ist nur der,“ sagte Leibniz, „der auch König heißt.“ Aber dafür mußte Preußen für die Dauer des spanischen Erbfolgekrieges (1701—1713) seine Waffen den westeuropäischen Angelegenheiten dienstbar machen. Und doch begann schon damals, als die Unterhandlungen zwischen Brandenburg und Österreich noch schwebten, auch schon der große nordische Krieg zu wetterleuchten. Es wäre natürlich gewesen, daß dieser Krieg Preußen in seine Kreise gezogen hätte; aber Preußen war gebunden, und länger als ein Jahrzehnt wurden im nordischen Interessenbereich die wichtigsten Entscheidungen getroffen, ohne daß Preußen ein Wort dabei mitreden konnte.
Friedrich beeilte sich, die reife Frucht in die Scheuer zu bringen. Es waren noch viele Unterhandlungen nötig: mit den deutschen Reichsständen, dem polnischen Reichstag, mit England und Holland, mit dem Zaren, den Königen von Dänemark und Schweden. Aber der Kurfürst glaubte, daß er jetzt, wo er den Kaiser für sich habe, sich könne
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geschick, wenn er sich nicht mehr auf seine Truppen verlassen konnte! Die glücklichste Gabe des Menschen, die Hoffnung, war ihm in reicherem Maße zugefallen, als anderen Sterblichen. Aber allmählich verdüsterte sich das Bild auch für sein so hoffnungsfrohes Auge. Er konnte sich nicht verhehlen, daß er schließlich doch von seinen Feinden erdrückt werden müsse. 1760 schrieb er an einen Freund: „Die Arbeiten des Herkules habe ich zu verrichten in einem Alter, wo die Kraft mich verläßt, meine Schwächen zunehmen, und wo mir, die Wahrheit zu gestehen, die Hoffnung, dieser einzige Trost des Unglücklichen, anfängt zu versagen. Sie kennen die Dinge nicht genug, um sich ein klares Bild von den Gefahren zu machen, die den Staat bedrohen; ich kenne sie und halte sie geheim; ich behalte alle Befürchtungen für mich und lasse die Welt nur wissen, was ich hoffe, und was ich von wenigen guten Botschaften ihr mitzuteilen weiß.“ Im Winter auf 1762 war seine Hoffnung völlig dahin. Er meinte damals, er täte am besten, von der Regierung zurückzutreten; seine Minister sollten dann versuchen, durch Unterhandlungen mit den Feinden einen möglichst großen Rest des Staates für seinen Neffen — Kinder hatte er nicht — aus dem Schiffbruch zu retten. Auch erwog er den Gedanken, ob es nicht besser für ihn sei, wenn er Gift zu sich nehme, damit er den Untergang seines Staates nicht überlebe.
Aber im Anfang des Jahres 1762 trat eine Wendung ein, die ihn wieder aufatmen ließ. Damals starb nämlich die Zarin Elisabeth, und ein fanatischer Bewunderer Friedrichs, Peter Iii., ward Beherrscher aller Reußen. Peter Iii. stellte nun die Feindseligkeiten gegen Preußen ein und schloß bald darauf Frieden. Die Folge war, daß sich auch Schweden aus dem Kriege zurückzog. Beide Staaten, Rußland und Schweden, erklärten sich damit einverstanden, daß der Zustand, der vor dem Kriege bestanden hatte, wieder hergestellt werde. Dann legte auch Frankreich die Waffen nieder. Frankreich hatte die ganze Zeit über nicht bloß mit Preußen gekämpft, sondern zugleich in den amerikanischen Kolonien einen großen Krieg mit England geführt. Dieser Doppelkrieg hatte Frankreich völlig erschöpft, und darum sah es sich gezwungen, 1763 mit England den Pariser Frieden zu schließen. In diesem Frieden trat es alle seine Besitzungen am Lorenzstrom in Nordamerika an England ab, und ferner erklärte es sich damit einverstanden, daß in Deutschland alles beim alten bleibe. Somit stand jetzt Österreich allein Friedrich Ii. gegenüber; das Deutsche Reich kam nicht als selbständige Macht in Rechnung. Aber auch Preußen und Österreich waren des Krieges müde geworden, und am 15. Februar 1763 schlossen sie den Frieden von Hubertusburg, durch welchen der Breslauer und der Dresdener Friede bestätigt wurden, so daß Friedrich im Besitz Schlesiens blieb.
Der Erwerb Westpreußens. Die Politik, der Friedrich nach dem Abschluß des Weltkrieges zu folgen hatte, war ihm durch die Lage seines Landes unerbittlich vorgeschrieben. „Preußen“, sagte er, „glich einem Menschen, der von Wunden zerfetzt, durch Blutverlust erschöpft und nahe daran ist, seinen Leiden zu erliegen; es bedurfte der Pflege, um seine Glieder wieder in die Gewalt zu de-
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nicht erreicht hatten, heranzuziehen, und ebenso diejenigen Männer, welche nach dem Gesetze vom Dienste befreit sein sollten. —
Schon seit dem Jahre 1792 befand sich Frankreich im Kriege mit dem Auslande. Damals hatte sich nämlich im französischen Volke die Ansicht verbreitet, daß die fremden Mächte die Absicht hätten, sich in die französischen Angelegenheiten einzumischen und dem Könige wieder zu seiner absoluten Macht zu verhelfen. In Wirklichkeit wurde der Krieg nicht vom Auslande, sondern von den Girondisten veranlaßt. Wir haben diese Leute bereits als die gemäßigte Partei im Natiorialkonvent kennen gelernt. Zu jener Zeit war der Nationalkonvent noch nicht zusammengetreten; damals bildeten die Girondisten in der Gesetzgebenden Versammlung diejenige Partei, welche am maßlosesten forderte. Die Verfassung von 1791 genügte ihnen nicht; an die Stelle des beschränkten Königtums wollten sie eine Volksherrschaft setzen. Darum schürten sie zum Kriege. Sie rechneten so. Entweder widersteht der König, der allein das Recht hat, den Krieg zu erklären; dann lädt er den Haß der Versammlung auf sich und ist verloren. Oder er gibt nach, dann ist wenigstens für ihn keine Hoffnung mehr vorhanden, von außen her Hilfe zu bekommen. Es gelang ihrem Drängen schließlich, den widerstrebenden König zu veranlassen, die Kriegserklärung auszusprechen. Am 20. April 1792 erklärte er dem Könige von Ungarn und Böhmen den Krieg. (Franz Ii. war erst eben zur Regierung gelangt und noch nicht zum Kaiser gekrönt worden.)
Damit war das Zeichen zu dem gewaltigen Kriege gegeben, der beinahe ohne Unterbrechung bis zum Jahre 1815 dauerte. Anfangs standen nur Österreicher und Preußen dem Feinde gegenüber. Als aber im Jahre 1793 das Haupt Ludwigs auf dem Schafott gefallen war, da traten fast alle europäischen Mächte (das Deutsche Reich, England, Holland, Spanien, Portugal, Sardinien, Toskana, Neapel, später auch Rußland) dem Bunde gegen Frankreich bei, und man glaubte, daß dieser großen Koalition der Sieg über das von Parteien zerrissene Frankreich nicht schwer fallen würde.
Aber es kam doch anders. Denn der Bund, den die Mächte Europas geschlossen hatten, war nur ein Scheinbund. Freilich hatten sie alle die Absicht, den französischen Thron wiederherzustellen; aber in erster Linie hatte jede Macht den eigenen Vorteil im Auge. England strebte nach Handelsvorteilen, und von den drei Mächten Rußland, Österreich und Preußen bewachte jede eifersüchtig die Bewegungen der anderen, um nicht leer auszugehen, wenn der Verbündete einen Machtzuwachs erhalten sollte (Polen).
Daher wurden die kriegerischen Unternehmungen sehr häufig durch die Kabinette gestört, während sich auf französischer Seite gar bald die größte Einheit und Tatkraft zeigte. Die Jakobiner zwangen das Volk, den Krieg gegen Europa mit aller Kraft zu führen. Ungeheure Massen schickte der Konvent ins Feld; es war wie eine Erhebung des ganzen Volkes, und eine Volkserhebung niederzuwerfen, war für die kleinen Heere der alten Zeit durchaus unmöglich.
Der Kriegsminister Carnot nahm eine zweckmäßige Neubildung
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herzustellen. „Das französische Kaisertum wird das Mutterland der übrigen Staatsgewalten werden. . . . Ich will, daß jeder König sich in Paris einen großen Privatpalast bauen lasse. Zur neuen Krönung des Kaisers sollen alle Könige nach Paris kommen.“ Auch der Papst sollte mit dabei sein; er sollte sich dauernd in Paris niederlassen. Denn wo hätte der Heilige Stuhl besser untergebracht sein können, als in der neuen Hauptstadt der Christenheit und unter den Augen Napoleons, des Erben Karls des Großen ? „Paris wäre die Hauptstadt der christlichen Welt geworden, und ich würde die Kirche ebenso gelenkt haben wie die Staaten."
Einige Monate vor seinem Zuge nach Rußland sagte er: „Schließlich ist dieser lange Weg der Weg nach Indien; ich habe mir seit Akkon gesagt, daß Alexander von ebenso weit hergekommen war, um
den Ganges zu erreichen...........Denken Sie sich Moskau erstürmt,
Rußland geschlagen, den Zaren ausgesöhnt oder einer Palastverschwörung zum Opfer gefallen, vielleicht einen neuen abhängigen Thron, und sagen Sie mir, ob dann nicht ein Heer von Franzosen, durch Hilfstruppen aus Tiflis verstärkt, bis zum Ganges vordringen könnte? Dort angelangt, würde das französische Schwert gar leicht die englische Handelsmacht in ganz Indien über den Haufen werfen.“
Mit dem Ehrgeize Napoleons verband sich eine scharf ausgesprochene Selbstsucht. Alles bezog er auf sich; überall suchte er sich zum Mittelpunkt zu machen.
Der abenteuerliche Zug, den er nach Ägypten unternahm, entsprach durchaus nicht den Bedürfnissen Frankreichs. Durch ihn wurde Frankreich, das sich damals auf einen Kampf mit dem Auslande gefaßt machen mußte, seiner besten Truppen entblößt, und der größte Teil der Flotte wurde der sicheren Vernichtung preisgegeben. Aber Napoleon dachte auch nicht an das Wohl Frankreichs; er wollte Siege erfechten, deren Ruf wie Trompetenstöße über das Meer dringen sollte, um sein Ansehen zu erhöhen.
Am deutlichsten zeigte sich die ungeheure Selbstsucht Napoleons
in dem Kriege vom Jahre 1812. Napoleon wußte sehr gut, daß dieses
Unternehmen mit dem Wohle Frankreichs nicht das geringste zu schaffen hatte; aber er zog doch nach Rußland und setzte damit die
ganze Zukunft Frankreichs wieder aufs Spiel.
In seinen Augen waren die Flotte, das Heer, Frankreich, ja die ganze Menschheit nur für ihn da, eigens für seine Dienste geschaffen.
Napoleon: Frankreich im Innern. Als Napoleon im Jahre 1799 Erster Konsul geworden war, machte er der französischen Revolution ein Ende. Frankreich bekam eine neue Verfassung, die
vierte seit 1789 (1791, 1793, 1795, 1799). Auf die Einzelheiten geht
dieses Buch nicht näher ein. Natürlich überließ er die gesetzgebende Gewalt vom Volke gewählten Vertretern. Aber die drei Körperschaften, welche sich in die gesetzgebende Gewalt teilen sollten, bildeten nur eine Scheinvertretung. Denn einerseits war die Gewalt gar zu sehr — unter drei Körperschaften — zerstückelt, anderseits v s, durften die drei Körperschaften nur über solche Gesetzentwürfe be-
$?' raten und beschließen, welche ihnen von der Regierung zugeteilt
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Karls Alexander Alexander Napoleons Napoleon Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Indien Moskau Tiflis Indien Napoleons Frankreichs Frankreich Frankreichs Napoleons Frankreichs Frankreichs Frankreich Frankreich Frankreich
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einmalige Entschädigung entsagte Schweden auch der Teilnahme an den Seezöllen in den preußischen Häfen. — So hatte der Kurfürst zunächst die Krone Schweden gezwungen, ihm die Souveränität über Preußen einzuräumen. Aber das schwedische Lehnsrecht auf Preußen war weder von Polen noch von einer anderen Macht anerkannt. Die neue Souveränität war also nur der Krone Schweden gegenüber ein Rechtstitel. Es galt jetzt noch, den Kampf auch gegen die polnischen Ansprüche siegreich zu behaupten.
Im weiteren Verlauf des Krieges trat den Feinden Karl Gustavs auch Dänemark bei; der König von Dänemark gedachte, die Verluste früherer unglücklicher Kämpfe gegen Schweden jetzt wieder auszugleichen. Ein dänisches Heer fiel in das Herzogtum Bremen ein; ein anderes begann von Schonen aus, ein drittes von Norwegen her den Angriff auf Schweden. Das war die Veranlassung, daß Karl Gustav den Kriegsschauplatz in Polen verließ und sich zunächst gegen den dänischen König wandte. In Polen war die Lage schwierig; im Kampfe gegen Dänemark, glaubte Karl Gustav, werde er leicht Erfolge erringen. Hier im Norden konnte er jetzt möglicherweise langbegehrte Eroberungen machen. Denn noch waren die südlichen Küstenländer der schwedischen Halbinsel in der Hand der Dänen, und für die Ostseeherrschaft der Schweden waren die Küstenländer am Ostrande des Sundes doch vielleicht noch wichtiger als die preußischen.
Karl Gustav zog also nach Dänemark, und damit war Friedrich Wilhelm eine günstige Gelegenheit geboten, sich von seinem bisherigen Verbündeten loszusagen und wieder zu Polen zurückzukehren, um den Preis, daß auch Polen sein Besitzrecht auf Preußen anerkenne. Der Kurfürst meinte, er sei genau ebenso berechtigt, seine Entschließungen den veränderten Umständen anzupassen, wie es Karl Gustav getan, als er aus Preußen fortzog, ohne den Kurfürsten zu befragen. Nach langen schwierigen Verhandlungen trat der Kurfürst dann im Vertrage zu Wehlau wieder auf die Seite Polens über. In dem Vertrage verzichtete er auf alle Eroberungen, welche er während des letzten Krieges in Polen gemacht hatte. Dagegen ward ihm das Herzogtum Preußen zu vollem, souveränem Besitz zugesprochen. Zwischen dem souveränen Herzog von Preußen und der Republik Polen sollte ein enges Freundschaftsbündnis bestehen, und beide Mächte wollten sich bei jedem künftigen Kriege mit einer bestimmten Truppenzahl unterstützen. Usw.
Wir verfolgen den Krieg in seinen Einzelheiten nicht weiter. Beendet wurde er 1660 durch den Frieden von Oliva, nachdem Karl Gustav kurz vorher einer Krankheit erlegen war. Im Frieden wurden die Verträge von Labiau und Wehlau bestätigt, und es stand demnach jetzt unzweifelhaft fest, daß das preußische Herzogtum von jeder Lehnsherrschaft unabhängig sei.
F e h r b e 11 i n. In den siebziger Jahren geriet Friedrich Wilhelm noch einmal in einen Krieg mit den Schweden. Damals kämpfte das Deutsche Reich in Gemeinschaft mit den Niederlanden gegen Ludwig Xiv., und der letztere forderte die Schweden auf, in die Mark Brandenburg einzufallen, damit Friedrich Wilhelm vom Kriegsschau-
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