200
Das Deutsche Reich.
Indien 350, Brasilien 190, Australien 180, Chile 150, niederländisch
Indien 140.
Aus alle übrigen Länder entfällt der Rest, Vio der Einfuhr.
Die gesamte Ausfuhr 1906 betrug über 6 Milliarden M. Die Hauptab-
nehmer nnsrer Waren sind England 1/e = 1000 Mill. M., Österreich-
Ungarn Vio = 650 und die Union 1/i0 = 650. Darauf folgen
Niederlande 450 Mill. M. Italien 250 Mill. M.
Rußland 400 „ „ Dänemark 200 „
Frankreich 400 „ „ Schweden 180 „
die Schweiz 350 „ „ Argentina 170 „ "
Belgien 350 „ „ brit. Indien 100 „ „
Diese Länder nehmen also insgesamt 4/5 unsrer Ausfuhr auf.
B. Der deutsche Außenhandel führt ein 1. die uns fehlenden
Nahrungs- und Genußmittel, wie Kolouialwaren, Getreide, Vieh und
2. vor allem die Rohstoffe, wie Baumwolle, Wolle, Seide, Erze, die
die Industrie gebraucht,
3. Fabrikate. — Die Gesamteinfuhr bewertete sich 1906 auf mehr als
8 Milliarden M. Ausgeführt wurden die Fabrikate sowie Rohstoffe aus-
wärtiger Industrie im Werte von 6 Milliarden M.
Der Mehrbetrag der Einfuhr ist kein ungünstiges Zeichen, weil dieser
Ausfall durch Frachtdienst, Kapitalanlagen im Auslande sowie durch
den Besitz ausländischer Wertpapiere, die allein mehr als! Milliarde
Mark Zinsen in unser Vaterland bringen, mehr als ausgeglichen wird.
Übersicht des Eigenhandels 1906, in Milliarden Mark.
Staaten Einfuhr Ausfuhr Insgesamt
1 Großbritannien 11 8 19
2 Deutsches Reich 8 6 14
3 Vereinigte Staaten 5 7 12
4 Frankreich 4 4 8
5 Niederlande 4 3 7
6 Belgien 3 2 5
Der Gesamtwert uusres Hände! s betrug 1906 14 Milliarden M.
Das Deutsche Reich ist der zweite Handelsstaat der Erde.
C. Handel und Verkehr bedienen sich als Mittel hauptsächlich der
Schiffahrt, der Eisenbahnen, der Post, Telegraphen und der Fernsprecher.
Die deutsche Handelsflotte hat sich vorzugsweise seit 1871 stark
entwickelt. Sie nimmt die zweite Stelle in den Klotten der Erde ein.
Anteil an der Leistungsfähigkeit der Welthandelsflotte in %
1906/7.
England 48 Norwegen 4v2
Dentsches Reich 11 Frankreich 4
Vereinigte Staaten 8 Italien, Rußland, Japan je 3
Die deutsche Reederei besitzt die größten und s chnellsten
Dampferderwelt.
Der überseeische Verkehr wird durch deutsche Dampfergesellfchafteu
„Norddeutscher Lloyd" in Bremen, die Hamburg-Amerika-
Linie, von denen jede Reederei eine größere Ozeandampferflotte besitzt, als
z. B. Rußland und Österreich zusammengenommen, den Weltpost verkehr
und durch deutsche Dampferlinien, die vom Reiche unterstützt werden,
wesentlich gefördert. Das dichteste Netz weist das Becken des Atlantischen
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: C.
Extrahierte Ortsnamen: Indien Brasilien Australien Chile Indien England Ungarn Italien Dänemark Frankreich Schweden Belgien Indien Frankreich Niederlande Belgien England Norwegen Japan Bremen
— 226 —
Staatsverwaltung durch gewählte Vertreter mitzuwirken, so
bildet der Staat eine eingeschränkte oder konstitutionelle
Monarchie (Preußen, England, Italien u. a.). — Den
Monarchien stehen die Republiken (von lat. res publica, öffent-
liche Angelegenheit, Gemeinwesen) gegenüber. In ihnen wird
gegenwärtig die Regierungsgewalt durchweg durch vom Volke
gewählte Vertreter ausgeübt; auch das Staatsoberhaupt (Präsi-
dent) wird auf bestimmte Zeit gewählt. Eine solche Republik
heißt eine demokratische (von gr. demos, Volk; Schweiz, Frank-
reich, alle selbständigen Staaten Amerikas). In manchen
Republiken früherer Zeit beschränkte sich die Wahl der mit der
Macht bekleidete:: Personen auf die Glieder weniger Familien.
Ein solcher Staat ist eine aristokratische Republik (von gr. äristos,
der Beste; die alte römische Republik, die meisten Republiken
Italiens im Mittelalter).
Wenn zwei oder mehrere unabhängige Staaten sich aus
politischen Gründen zusammenschließen, ohne dabei ihre volle
Selbständigkeit auszugeben, so entsteht ein Staatenbund (Drei-
bund: Deutschland, Osterreich-Ungarn, Italien). Verzichten bei
einer Vereinigung mehrerer gleichberechtigter Staaten diese auf
wesentliche Rechte, um sie einer genieinsamen Regierung zu über-
tragen, so bilden sie einen Bundesstaat. Jeder Einzelstaat
desselben behält zwar in den meisten inneren Angelegenheiten
seine Selbständigkeit, gibt sie aber in der äußern Politik auf und
gehört damit völkerrechtlich nicht mehr zu den vollkommen unab-
hängigen Staaten. Ein Bundesstaat kaun monarchisch (Deutsch-
land) oder republikanisch sein. Im letzteren Falle nennt man
ihn föderative Republik (von lat. foedus, Buud; Schweiz, Ver-
einigte Staaten, Brasilien, Argentinische Republik).
Als Großmacht bezeichnet man ein Staatswesen, das in
politischen und wirtschaftlichen Dingen einen ausschlaggebenden
Einfluß auf die benachbarten Völker auszuüben vermag. _ Früher,
als noch Söldnerscharen und Hilfstruppen vielfach die Kriege
führten, konnten auch kleinere Staaten eine solche Stellung ein-
nehmen. Da aber gegenwärtig die Wehrkraft des Staates im
eigenen Volke beruht, bedarf ein Staat zur Großmachtstellung
auch eines größeren Landes mit genügendem Menschenmaterial.
Für Großmacht setzt man deshalb setzt wohl den Ausdruck Groß-
staat. Als Großstaaten gelten gegenwärtig folgende.- Deutsch-
land, Rußlaud, Osterreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien,
Italien, die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan und China.
Viele Staaten haben Außenbesitzungen, die außerhalb
ihrer Grenzen liegen und ihnen politisch nicht eingegliedert sind,
über die sie aber Hoheitsrechte ausüben. Wenn diese Besitzungen
dem Mutterstaate benachbart sind, nennt man sie Nebenländer
(Sibirien, Mongolei, Mandschurei, Tibet, Island); die Übersee-
ischen heißen Kolonien. Die größten Außenbesitzungen haben
(nach v. Juraschek, geogr.-stat. Tabellen 1906):
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Extrahierte Ortsnamen: England Italien Frank- Amerikas Italiens Deutschland Italien Brasilien Argentinische_Republik Rußlaud Frankreich Italien Amerika Japan China Sibirien Mongolei Mandschurei Tibet Island
— 129 —
durch den Rhein-Marne-Kanal mit dem Rhein und durch
den Kanal von Burgund mit der Saöne und Rhone ver-
bunden. Die Rhone steht sodann vom Doubs aus durch den
Rh ein-Rhone-Kanal mit dem Rhein und durch den Mittel-
kanal (canal du centre) von der Saöne aus mit der Loire in
Verbindung, und der Süd kanal (canal du midi) verbindet die
Garonne mit dem Mittelländischen Meer.
Bewohner. Über 900/0 der Bewohner sind der Nationalität
und der Sprache nach Franzosen. Von den übrigen sind etwa
l/z Belgier (im N), ein zweites Drittel Italiener (im S); die
übrigen sind Deutsche (90000), Spanier, Schweizer, Briten. Der
Religion nach gehören 98% der Bevölkerung der römisch-katho-
lischen Kirche an; die übrigen sind Reformierte und Juden.
Landwirtschaft (Acker- und Gartenbau sowie im N und Nw
die Viehzucht) und gewerbliche Tätigkeit sind die beiden Haupt-
beschäftigungen der Bewohner. Mehr als die Hälfte des
Bodens ist Acker- und Gartenland, das, fleißig und sorgsam be-
baut, besonders Weizen, Wein, Obst und Oliven erzeugt. Die
Erzeugnisse des Gewerbsleißes (Seiden-, Leinen-, Woll- und
Baumwollwaren, Spitzen, Uhren, Schmucksachen) stellen Frankreich
in die Reihe der ersten Industrieländer Europas (England,
Deutschland, Belgien); hervorragend ist Frankreich seit langem in
allen Zweigen des Kunstgewerbes. Wein, Ol, Rohseide, Seiden-
waren, Luxus- und Modewaren sind Frankreichs hauptsächlichste
Ausfuhrgegenstände.
Staatenkundliches. Frankreich ist seit dem 4. September 1870
Republik. Es ist so groß wie das Deutsche Reich (536000 qkm), hat aber
nur etwa 40 Mill. Einwohner, 74 auf 1 qkm. Seine auswärtigen Be-
sitzungen sind zusammen 2l/2 mal so groß als die Deutschlands; die be-
Äeutendsten Kolonien sind die afrikanischen. Frankreich ist nach England
der größte Kolonialstaat. Städte in Frankreich?
Das Königreich Belgien.
Lage und Grenzen. Mit welchen Teilen Mittel- und Süddeutsch-
lands liegen N- und S-Grenze ungefähr unter einer Breite? Bestimme
die Grenzen! Welcher Form nähert sich das Kartenbild?
Belgien umfaßt den nw-sten Teil des deutschen Mittelge-
birges und die fw-ste Fortsetzung des Norddeutschen Tieflandes
bis in die Nähe der Straße von Calais.
Oberflächenbild. Die Folge des Bodens ist im allgemeinen
dieselbe wie in Norddeutschland. Man unterscheidet von So
nach Nw Hoch-, Mittel- und Niederbelgien.
Den Hauptteil von Hochbelgien bilden die Ardennen.
Diese sind gleich dem Rheinischen Schiefergebirge ein flaches, von
gewundenen, zum Teil tief eingeschnittenen Tälern bestehendes
Hochland. In der sö-en Hälfte ist es mit Heiden und Hochmooren
bedeckt, weiter nach Nw eignet es sich besser zum Anbau. Die
N-Grenze ist die Sambre-Maas-Linie. An dieser Grenze
Wulle, Erdkunde für Lehrerbildungsanstalten I. 9
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Extrahierte Ortsnamen: Rhein-Marne-Kanal Rhein Burgund Rhein Frankreich Europas England Deutschland Belgien Frankreich Rohseide Frankreichs Frankreich Deutsche_Reich Deutschlands Frankreich England Frankreich Belgien Norddeutschland Niederbelgien Rheinischen
8 I. Deutschlands Größe und Machtstellung.
ist der Hauptdruck dieser Macht nach Osten (Ostasien) und Süden
(Persien) gerichtet; und der russische Druck wird nie zu stark auf
der deutschen Ostgrenze lasten, wenn sich das Zarenreich stets
seiner Hauptaufgabe bewußt ist, den starken Posten zwischen
der westeuropäischen Kultur und den Ausdehnungsgebieten der
gelben Nasse sorgsam zu bewahren. Wirtschaftlich besteht ein
engerer Zusammenhang zwischen Deutschland und Rußland. Fast
die Hälfte des Wertes der Handelsartikel, die nach Nußland ein-
geführt werden, ist in Deutschland zahlbar, während wir an dem
Ausfuhrwert der russischen Waren mit einem Drittel beteiligt sind.
Im Südwesten der deutschen Neichsgrenze stoßen wir gleich-
falls auf eine fremde, eine romanische Nation. Die Beziehungen
zwischen Frankreich und Deutschland sind sehr wechselreich
gewesen. Namentlich flutete durch die burgundische Pforte seit
altersher ein bedeutender Völker- und Warenverkehr. Nordfrankreich
hat mancherlei Gemeinsames in Lage, Klima und Bodenkultur
mit Süddeutschland. Zu Norddeutschland finden wir kein Gegen-
stück in Frankreich, und dieses hat wiederum im Süden sein
eigenes Gebiet, mit dem es am mediterranen Klima und Kultur-
kreis teilnimmt. Erfreulicherweise wachsen von Jahr zu Jahr
die gegenseitigen Verkehrsbeziehungen, und beide Länder senden
sich gegenseitig Waren im Werte von je xj2 Milliarde Mark.
Größer nur als der Verkehr Frankreichs mit Deutschland ist der
mit England, während sich der Umsatz des belgischen Verkehre
mit Frankreich direkt an den deutschen anschließt.
Belgien, Luxemburg und die Niederlande sind
stücke des alten Lotharingens, das sich allmählich zu einem
Mischgebiet an dem Berührungssaum des westfränkischen und
ostfränkischen Reichs entwickelte. Auch heute noch sind Belgien
und Luxemburg (fast möchte man Lothringen hinzurechnen) das
Gebiet der deutsch-französischen Übergänge, Übergriffe, Kämpfe
und Verdrängungen. Hat in Luxemburg das germanische
Element gesiegt, so steht es in Belgien, obwohl der Kopfzahl
nach im Übergewicht, noch im stetem Kampfe mit dem Franzosentum.
Luxemburg, von der deuschen Zollgrenze umschlossen und
industriell und verkehrstechnisch von Deutschland abhängig, hat
den Charakter als Grenzland verloren, nur Belgien und die
Niederlande liegen als neutrale Staaten wie große Seen an
den deutschen Grenzen. Kein Grenzstück ist aber so schlecht und
unorganisch wie die deutsch-holländische Grenze zwischen Aachen
und dem Dollart. Während in dem belgischen Auslandverkehr
die erste Stelle Deutschland mit Frankreich teilen muß, herrscht
in dem holländischen der deutsche Anteil bei weitem vor, ja von
der Ausfuhr Hollands passiert genau die Hälfte die deutsche
Grenze.
Im Norden hat das Deutsche Reich nur ein kurzes Stück
Landgrenze gegenüber Dänemark, quer über die von Natur
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Ostasien Persien Deutschland Nußland Deutschland Frankreich Deutschland Nordfrankreich Norddeutschland Frankreich Deutschland England Frankreich Belgien Luxemburg Niederlande Luxemburg Lothringen Luxemburg Belgien Luxemburg Deutschland Niederlande Aachen Dollart Deutschland Frankreich Hollands Deutsche_Reich
23. Deutschland auf den Hochbahnen des Weltverkehrs u. Welthandels. 123
feinsten Tabakblätter, vorwiegend aus Niederländisch-Jndien.
Andere Tabakländer sind für uns die europäische und asiatische
Türkei, Brasilien, die Vereinigten Staaten von Amerika, die
Dominikanische Republik, Kolumbien, Kuba und Mexiko. Die
tropischen Länder liefern uns auch eine Menge wertvoller
Hölzer, indessen kommen die Hauptholzmassen aus dem euro-
päischen Rußland mit Finnland, aus Österreich-Ungarn, Schweden
und den Vereinigten Staaten von Amerika. Aus den Vereinigten
Staaten beziehen wir auch fast alles Rohkupfer. Für Kupfer-
erze kommt noch Deutsch-Südwestafrika in Betracht. Die ein-
heimische Eisenerz gewinnung wird ergänzt durch die Einfuhr aus
Schweden und Spanien, in schwächerm Maße aus Rußland, Frank-
reich, Algerien, Tunis, Österreich-Ungarn, Belgien, Griechenland
und Neufundland. Der Stein kohle neinfuhr nach Deutschland,
in der Hauptsache aus Großbritannien, steht eine bei weitem
größere Steinkohlenausfuhr gegenüber.
Die Hochbahnen und sonstige Wege der deutschen Ausfuhr
wollen wir nicht im einzelnen verfolgen, sie sind zu mannigfaltig
und zu weit verästelt, wenn auch der Hauptteil der Waren nach
England, den Vereinigten Staaten und den uns benachbarten
Ländern gerichtet ist. Im Innern vom Sudan begegnen wir der
Solinger Klinge wie in Turkestan dem eisernen Leipziger Pfluge,
der Aachener Nähnadel in Island wie in Ostasien und immalayischen
Archipel.
Unter den Ländern, mit denen das Deutsche Reich Handel
treibt, steht Großbritannien obenan*). Nach diesem Lande
fük)rt auch Deutschland mehr aus als es von ihm bezieht. Die
beiden nächstwichtigsten Länder, Rußland und die V e r -
einigten Staaten von Amerika bringen mehr Waren nach
Deutschland als sie von ihm beziehen. Ziemlich gleichhoch sind
Ein- und Ausfuhr zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn.
Die folgenden wichtigsten Handels- und Verkehrsländer sind
die deutschen Grenzländer: Holland, Belgien, die Schweiz
und Frankreich. Nach den ersten drei ist die Ausfuhr größer als
die Einfuhr; nur aus Frankreich bezieht Deutschland etwas mehr
als es hinsendet.
Im Gesamtspezialhandel folgt Italien, das gleichviel Waren
an Deutschland verkauft als es von ihm kauft; dagegen senden
Britisch-Jndien und Argentinien viel mehr Waren nach Deutschland
als sie von ihm beziehen.
An die eben genannten Länder schließt sich der Handel mit
den nordischen Ländern, Schweden, Dänemark und Norwegen,
an. Sodann folgt weiterhin in der Reihenfolge des Umsatzwertes
der Handel mit Spanien, Brasilien, Australien, Niederländisch-
*) Vgl. die Karten der Länder der deutschen Ein- und Ausfuhr, Nr. 17
u. 18 tm Kleinen Atlas f. Wirtschafts- u. Verkehrsgeographie.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Niederländisch-Jndien Brasilien Amerika Dominikanische_Republik Kolumbien Kuba Mexiko Finnland Schweden Amerika Schweden Spanien Frank- Algerien Tunis Belgien Griechenland Neufundland Deutschland England Island Ostasien Deutschland Amerika Deutschland Deutschland Holland Belgien Frankreich Frankreich Deutschland Italien Deutschland Argentinien Deutschland Schweden Dänemark Norwegen Spanien Brasilien Australien Niederländisch-
3. Die deutschen Nachbarn. 7
Die innigste Verbindung besteht zwischen Deutschland und
seinem südlichen, bezw. südöstlichen Nachbar, Osterreich-Ungarn.
Die geschichtliche und völkische Entwicklung beider Staaten wirft
ein Helles Licht auf die gegenwärtigen innigen Beziehungen.
Vom Hause Habsburg aus wurden jahrhundertelang die Geschicke
des heiligen römischen Reiches deutscher Nation gelenkt, noch im
„Deutschen Bunde" spielte Osterreich eine ausschlaggebende Rolle,
und die neue Zeit hat in dem Allianzvertrag von 1879 das feste
Zusammenhalten beider Nachbarstaaten besonders betont. Heute
noch ist Osterreich-Ugarn die Wohn- und Wirkungsstätte des
größten Bruchteils des deutschen Volkstums, das außerhalb der
deutschen Reichsgrenze anzutreffen ist. Die alte Zusammen-
gehörigkeit findet ein Abbild und eine Wiederbelebung in den
neuen Verkehrswegen; denn mit keinem andern Land ist Deutschland
mit soviel Eisenbahnen (36) als wie mit Osterreich verknüpft.
Der Donauweg, der alte natürliche Vermittler zwischen Süd-
deutschland und Osterreich-Ungarn, wächst von Jahrzehnt zu
Jahrzehnt mehr in der Bedeutung als Völker- und Waren-
verkehrsstraße. So sind Deutschland und Osterreich-Ungarn in
höherm Maße voneinander abhängig geworden als wie von
irgendeinem andern Nachbar, was sich auch in dem^Iändels-
verkehr ausspricht; denn Deutschland beherrscht fast die Hälfte
der gesamten Ein- und Ausfuhr der Donau-Monarchie. Mit
Hilfe von Osterreich-Ungarn greift Deutschland nach dem Orient
hinüber, um daselbst wichtige Handelsbeziehungen anzuknüpfen.
Wie Osterreich als ein alter Bestandteil Deutschlands noch
heute ein bedeutender Vermittler, gleichsam die südliche Fortsetzung
des Deutschen Reichs nach dem Mittelmeer ist, so ist dies auch
aus gleichem Grunde in fast ähnlich hohem Grade die Schweiz.
Erst nach dem Westfälischen Frieden 1648 schied sie endgültig als
selbständiges Gebiet aus dem deutschen Reiche aus. Heute noch
ist der Hauptteil der Schweizer Bevölkerung deutsch (72 %). Die
wirtschaftliche Abhängigkeit der Schweiz von uns spricht sich gleich-
falls in dem Handelsverkehr aus, denn ein Drittel der Schweizer
Einfuhr ist deutschen Ursprungs und ein Viertel der Schweizer
Ausfuhr ist nach Deutschland gerichtet.
Einen wesentlich andern Charakter trägt das nachbarliche
Verhältnis zu dem großen Nachbar im Osten. Natürliche, ge-
schichtliche und völkische Eigentümlichkeiten lassen uns Rußland
als ein durchaus fremdes Land erscheinen. Wo in Europa sich
das größte Tiefland ausebnet, wo für Deutschland die einzige
Wachstumsmöglichkeit gegeben war, hat sich das mächtige russische
Reich entwickelt. Rußland, selbst schon halb Asien, schiebt sich
zwischen Mitteleuropa und Asien ein. Für die mit Asien zu
Lande sich allmählich entwickelnden deutschen Verbindungen über-
nimmt Rußland die Vermittlung. Wie ein starker slavischer
Wall baut sich Rußland an der deutschen Ostgrenze auf, indessen
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Osterreich-Ungarn Osterreich Deutschland Osterreich Donauweg Deutschland Deutschland Donau-Monarchie Deutschland Deutschlands Deutschland Europa Deutschland Mitteleuropa Asien
3. Die deutschen Nachbarn. 9
und Kultur wenig gesegneten jüdische Halbinsel. Der Schwer-
punkt des dänischen Königreichs liegt auf den Inseln, insbesondere
auf Seeland; und so erscheint uns Dänemark mehr als ein Über-
seenachbar. Auch die Länder, die an die deutschen Meere
grenzen, sind unsere Nachbarn, haben doch ihre Schiffe und
Landungstruppen uns oft mehr Unbequemlichkeiten und Unheil
gebracht als mancher unserer Landnachbarn. Von dem großen
Einfluß Deutschlands auf die Mächte des Ostseegebiets gibt die
deutsche Einfuhr nach jenen Ländern ein beredtes Zeugnis, die
in jedem der nordischen Länder, sei es Schweden oder Finnland,
Dänemark oder das von Nordsee und Atlantischem Ozean be-
spülte Norwegen, an erster Stelle steht.
Im Nordseegebiet ist der mächtigste Überseenachbar England.
Daß sich zwischen dem britischen Reiche, das den Mündungen
der verkehrsreichsten Ströme und den kulturell und industriell
höchst entwickelten Gebieten Mitteleuropas gegenüberliegt, und
dem Deutschen Reiche beizeiten ein reger Völker- und Waren-
verkehr entwickeln und ausgestalten mußte, kann nicht Wunder
nehmen. Angeln und Sachsen zogen nach England hinüber
und bildeten das Grundelement des spätem Vritentums. Hanseatische
Kaufleute beherrschten jahrhundertelang den englischen Handel,
bis endlich England diesen aufgesaugt und nach jahrhundertlangem
Ringen mit Spanien, Frankreich und Holland am Anfang des
vergangenen Jahrhunderts als der alleinige Beherrscher des
Ozeans hervorging. Die Hegemonie zur See wußte England
fast ein volles Jahrhundert kräftig auszunützen, und zwar ohne
Rücksicht auf seine kontinentalen Nachbarn. Schwer hat es sich
daran gewöhnt, daß nach 1870 am Horizont der Nordsee ein
anderer mächtiger und konkurrenzgewachsener Nachbar immer
höher emporstieg; und daß diese neue Macht sich eine tüchtige,
kampfbereite Flotte baut, um auch zur See wider alle Fährlichkeiten
und Vergewaltigungen gerüstet zu sein, will sich den englischen
Denken noch heute nicht recht anbequemen. Dabei darf England
aber nicht übersehen, daß es nicht nur der beste Kunde Deutsch-
lands ist, denn der Wert der Waren, die jährlich von Deutschland
nach Großbritannien fluten, hat bereits eine Millarde überschritten,
sondern umgekehrt Deutschland auch der beste Käufer britischer
Waren ist, jährlich für drei Viertel Milliarden Mark, also
ein besserer selbst als Indien, da der größte Teil der britischen
für die Niederlande bestimmten Ausfuhr ebenfalls nach Deutsch-
land geht. Ein Abbruch dieser Beziehungen würde beide Teile
wirtschaftlich aufs schwerste schädigen.
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Extrahierte Ortsnamen: Seeland Deutschlands Finnland Nordsee Norwegen England Sachsen England England Spanien Frankreich Holland England Nordsee England Deutschland Deutschland Indien Niederlande
33. Die deutsche Diaspora im übrigen Europa. 189
und Gewerbetreibende, Agenten, Techniker, Bergleute, Forstbe-
amte usw. In Spanien zählt man gegen 4000 Reichsdeutsche
und in Portugal über 1000; dort wohnen sie hauptsächlich
in Barcelona, Madrid und Malaga, hier in Lissabon und Oporto.
Die Deutschen gewinnen auf der iberischen Halbinsel immer mehr
an Boden, wenn sie auch in Spanien mit französischem und in
Portugal mit englischem Einfluß stark zu kämpfen haben.
Deutsche im weiten Sinne, also Deutsche, deutsche Schweizer,
Luxemburger, Österreicher, wohnen in Frankreich über 100000.
Annähernd so groß ist die Anzahl der Reichsdeutschen, wovon auf
Paris allein über 30000 entfallen. In den mannigfaltigsten
Berufen sind die Deutschen tätig, sie sind sowohl Gelehrte, Künstler,
Kaufleute, Buchhändler als auch Handwerker, Arbeiter, Dienst-
mädchen, Kellner, Barbiere. Bäcker usw. Die Kenntnis der
deutschen Sprache wird allenthalben angetroffen. Viele Geschäfts-
Häuser sind deutsch, so um den Vendome-Platz, wie überhaupt in
dem Viertel südlich vom Nordbahnhof. Nicht allein in Paris,
sondern auch im übrigen Frankreich begegnet man den Deutschen,
besonders den deutschen Kaufleuten in den großen Städten, so
in Marseille und Lyon. Im Kohlengebiet der Pikardie ist der
deutsche Arbeiter keine seltene Erscheinung.
Die gleichen Berufe wie bei den Deutschen in Frankreich
finden wir bei den Deutschen in Großbritannien, wozu sich
hier noch als typische Erscheinungen der deutsche Handlungsgehilfe
und der deutsche Musiker gesellen. Die Fleischereien Schottlands
sind zum größten Teil im Besitz deutscher Familien. Im Ver-
kehrsleben spielt die deutsche Sprache eine große Rolle und sie
hat in dem letzten Jahrzehnt bedeutende Fortschritte gemacht,
nicht bloß im Geschäftsleben, sondern auch in den gebildeten und
gelehrten Kreisen. Mit Nachdruck wird immer darauf hingewiesen,
daß der Wettbewerb Deutschlands auf dem Gebiete des Handels
und der Industrie nur durch gründliche Kenntnis der deutschen
Sprache mit Erfolg bekämpft werden kann. Ein weiteres schönes
Zeugnis für das Steigen der Achtung vor deutscher Bildung ist
der Umstand, daß seit 1905 die Reifeprüfung deutscher Gymnasien
für ausreichend zum Besuch der Londoner Universität erachtet
wird, womit zum ersten Male eine ausländische Prüfung durch
die englische Universität für gleichberechtigt erklärt wird. Auch
die Einfuhr deutscher Bücher, Karten und Musikalien in Groß-
britannien ist fortwährend im Steigen und übertrifft die Einfuhr
britischer Bücher usw. nach Deutschland um das drei- bis vier-
fache. Die Zahl der Deutschen in Großbritannien wird auf
100000 geschätzt.
Von den nordischen Ländern ist Dänemark von Deutschen
besonders bevorzugt; daselbst haben sich mehr als 50000 Deutsche
angesiedelt, in Schweden rund 15000 und in Norwegen
gegen 2500. Reichsangehörige zählen Schweden und Norwegen
je 3000 und Dänemark gegen 40000 Reichsgebürtige. Schon
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Spanien Portugal Barcelona Madrid Malaga Lissabon Spanien Portugal Frankreich Paris Nordbahnhof Paris Frankreich Marseille Lyon Frankreich Schottlands Deutschlands Groß- Deutschland Großbritannien Schweden Norwegen Schweden Norwegen
35. Die geschichtliche Entwicklung des deutschen Kolonialbesitzes. 207
abkaufte. Die Marsh all in sein, auch „Marschallinseln" geschrieben,
kamen schon 1885 unter die deutsche Schutzherrschaft. Sehr verwickelt
und intrigenreich ist die Vorgeschichte der Erwerbung Samoas, wo
deutscher Handel und Verkehr schon frühzeitig Fuß gefaßt hatten.
Die Wahrung deutscher Interessen gestaltete sich für die deutsche
Politik oft recht ernst. Die Amerikaner und Engländer sorgten nach
dem Scheitern der ersten Samoavorlage dafür, daß den Deutschen
das Leben auf den schönen Inseln so sauer wie möglich gemacht
wurde. Neben kriegerischen Konflikten im Jahre 1888 hatte ein
estiger Orkan in den Korallenriffen vor Apia, der das Kanonen-
oot „Eber" und den Kreuzer „Adler" vollständig vernichtete, be-
reits bedeutende deutsche Opfer gefordert. Aber lange dauerte
es noch, bis wir unsere Ansprüche auf Samoa, besonders gegen
die Engländer, durchsetzen konnten. Das wäre wohl auch schwerlich
gelungen, wenn nicht der Burenkrieg die Engländer gezwungen
hätte, „die Finger aus unserer Schüssel zu nehmen." Samoa
wurde durch das Abkommen des Deutschen Reichs mit
England am 14. November und mit den Vereinigten Staaten
von Amerika am 2. Dezember 1899 zum größten Teil deutsch.
Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts faßten wir auch
noch festen Fuß in Ostasien. Schon lange bestand das Streben,
neben England, Frankreich und Rußland ein Gebiet im fernen
Osten zu besitzen, damit die deutschen Handelsinteressen in Ost-
asien nachdrücklichst gewahrt werden konnten. Den äußern An-
laß zur Erwerbung der Kiautschoubucht bildete die Ermordung
zweier deutscher Missionare in Schantung. Der Vizeadmiral von
Diederichs nahm am 13. November 1897 Kiautschou für das
Deutsche Reich in Besitz. In dem Vertrag vom 6. März 1898
zwischen dem Deutschen Reiche und China wurde die Kiautschou-
bucht an Deutschland zunächst auf 99 Jahre verpachtet. Im
völkerrechtlichen Sinne ist das Kiautschougebiet vollständig
deutsches Gebiet geworden. (Vgl. des weitern den Eingang zu
Kapitel 40 über Kiautschous Entwicklung und Handelsverkehr).
Den neuesten Gebietszuwachs haben die deutschen Schutzge-
biete durch das Marokko-Kongo-Übereinkommen zwischen Deutsch-
land und Frankreich vom 4. November 1911 erhalten. Durch
dieses Ubereinkommen erhält das gesamte Kameruner Schutz-
gebiet eine Flächenausdehnung von rund 750000 qkm. Land-
besitz ist die Grundlage politischer Macht. Und unter diesem Ge-
sichtswinkel betrachtet, ist die Erweiterung des Kameruner Schutz-
gebietes als eine ansehnliche deutsche Besitz- und Machterweiterung
zu betrachten, die uns mitten im Frieden, ohne Krieg und Blut-
vergießen, zugefallen ist. Besitz ist immer wertvoll, besonders
wenn es sich um den Zuwachs von einer Fläche von gegen
270000 qkm handelt, also von einem Gebiet, das so groß wie
das Königreich Preußen ohne die Provinzen Ost- und West-
preußen ist oder viermal so groß wie das Königreich Bayern.
Verschiedene frühere Abkommen hatten Kamerum eingekapselt und
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Extrahierte Personennamen: Diederichs
Extrahierte Ortsnamen: Samoa Samoa England Amerika Ostasien England Frankreich Schantung Deutsche_Reich China Deutschland Deutsch- Frankreich Bayern
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abgesonderte und abgegrenzte. Wenn wir Großbritannien, das meerumflossene
Jnselland, vergleichen. Italien und Spanien, die Halbinselländer, deren Rücken
die Hochgebirge der Alpen und Pyrenäen decken, Frankreich, das wie ein breiter
Isthmus zwischen Mittelmeer, Atlantischen Ocean und Nordsee liegt, so be-
schleicht uns ein Gefühl des Neides. Wir fühlen uns zurückgesetzt. Unsere
Grenzen sind auch im Verhältnis zu der umschlossenen Fläche zu lang: 6200 km
mißt die Peripherie des Deutschen Reiches." (Ratzel.) — Jede Grenze ist als
eine Verdichtung von geschichtlichen Prozessen aufzufassen wie die Zellhaut
von dem Zellinhalt. Die Ein- und Aussprünge, die den deutschen Grenzverlaus
in seinem Verhältnis zum Flächenraume so außerordentlich vergrößern, lassen
einem geschichtlich geschulten Blicke die Art dieser Prozesse erkennen. Wo
Deutschland kriegerische oder diplomatische Niederlagen erfahren hat, da erscheinen
seine Grenzen von natürlichen Vorteilen zurückgedrängt. So hat es im Wiener
Frieden die Prosnalinie für die Weichselgrenze eingetauscht und sich im Nw.
die schlechtesten aller denkbaren Grenzziehungen gefallen lassen müssen, die es
von der schiffbaren Maas und vom Rheindelta abdrängte. Auch das Zurück-
fallen der deufchen Grenze von den Wasserscheiden des Erzgebirges und der
Alpen, das Herübergreifen schweizerischen Gebietes im Kanton Schaffhaufen und
Basel, die Schöpfung des Großherzogtums Luxemburg 1815, das einen
größeren Einfall der deutschen Westgrenze verursachte: für die diesen Tatsachen
zu Grunde liegenden Prozesse ist die Ursache in der politischen Ohnmacht des
alten Deutschland zu suchen. Seit der Annäherung der deutschen Stämme im
19. Jahrhundert ist die alte Unempfindlichst gegen schlechte Grenzen geschwunden.
Der dänische Krieg 1864 beseitigte die zahllosen Exklaven und Enklaven auf
Jütland und verkürzte die Grenze wesentlich zum Vorteile Deutschlands; und
die im deutsch-sranzösischen Kriege 1870/71 geschaffene Vogesengrenze kann als
die beste natürliche Grenze des heutigen deutschen Reiches gelten. — Deutsch-
lands Grenzen sind auch in ihrem kulturellen Werte außerordentlich verschieden.
Unser Land gehört dem westeuropäischen Kulturkreise an, der die Wurzeln zu
seiner Blüte im altklassischen Boden des griechischen und römischen Volkes besitzt.
In Deutschland ist die Kultur von W. nach O., oder genauer von Sw. nach
No. fortgeschritten, und das Land weist daher in dieser Richtung eine Abtönung
kultureller Merkmale auf. Es leuchtet ein, das Deutschland im westeuropäischen
Kulturkreise eine Randlage besitzt und sich deshalb im Gegensatz zu dem centraleren
Frankreich nur mit seiner Westseite an die kulturelle Gemeinschaft der Völker
Westeuropas anlehnt. Seine Ostgrenze ist nicht nur die Grenze zweier Staaten,
sondern zweier Welten.
In den Grenzen wirken häufig alte Verhältnisse nach. Die politische
Geographie lehrt, daß sich Grenzlinien nur allmählich aus breiten Grenzbändern
oder Grenzsäumen entwickeln und daß die ursprünglich ausschließliche Funktion
der Grenze die Schutzfunktion ist, zu der sich erst auf einer verhältnismäßig
hohen Entwicklungsstufe die Verkehrsfunktion gesellt. Es ist charakteristisch, daß
man sowohl an der deutsch-französischen Grenze wie auch an der deutsch-russischen
eine verkehrsarme Zone findet, die noch deutlich an die alte Abfchließung der
Staaten voneinander erinnert. Auf der ganzen Strecke zwischen den Eisenbahn-
Verbindungen Mühlhausen—belsort und Straßburg—nancy überschreitet keine
einzige Bahn die deutsch-französische Grenze; wohl aber kommen von beiden
Seiten solche bis in die Nähe der Grenze heran, auf französischer Seite 8, auf
deutscher 9. An der deutsch-russischen Grenze führen zwischen der oberschlesischen
Verbindungsbahn von Myslowitz und der Linie Königsberg—gumbinnen—
Petersburg nur 4 Eisenbahnen über die Grenze, von deutscher Seite aber eine
ganze Anzahl bis unmittelbar zur Grenze hin; außerdem verläuft auf deutscher
Seite noch parallel zur Grenze eine Bahn.
Mit der fortgesetzten Steigerung des Verkehrs verschwinden natürlich auch
solche verkehrsarme Grenzsäume. Deutschland ist mit Österreich, Luxemburg,
Belgien und den Niederlanden durch eine stattliche Anzahl von Verkehrsadern
verknüpft, die noch immerfort wächst. Und es steht auch Frankreich heute lange
nicht mehr so verkehrsfeindlich gegenüber als nach dem letzten Kriege.
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Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Frankreich Atlantischen_Ocean Nordsee Deutschland Basel Luxemburg Deutschland Deutschlands Deutschland Deutschland Frankreich Westeuropas Myslowitz —
Petersburg Deutschland Luxemburg Belgien Frankreich