40
Volksvertretung, der Landesausschuß, zur Seite steht. —
Die übrigen 19 Staaten sind konstitutionelle Erb Mon-
arch i een, und zwar besteht in den Mittelstaaten (Bayern,
Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen) die Volksvertretung
aus zwei Kammern, in den Kleinstaaten aus einer
Kammer. Die erste Kammer (in Bayern die K. der Reichs-
rate, in Württemberg der Standesherren, sonst Erste Stände-
kammer genannt) ähnelt in ihrer Zusammensetzung dem preußi-
schen Herrenhause, die Bildung der zweiten Kammer ist im
einzelnen sehr verschieden, doch ist überall den Höherbesteuerten
ein größeres Gewicht gesichert. Ebenso ist auch in der einen
Kammer der Kleinstaaten dem Fürsten sowohl wie den Höchst-
besteuerten ein besonderer Einfluß eingeräumt.
2. Die Mittel st aaten haben ihr Gebiet gleichfalls iu
größere und kleinere Verwaltungsbezirke gegliedert. So
zerfällt Bayern in 8 Regierungsbezirke oder Kreise mit
Bezirksämtern und Städten, Sachsen in 5 Kreishauptmann-
schaften mit Aiutshauptmannschaften und Städten, Württem-
berg in 4 Kreise mit Oberämtern, Baden in 4 Bezirke mit
Amtsbezirken, Hessen in 3 Provinzen mit Kreisämtern. — Die
Kleinstaaten haben dagegen nur eine einfache Einteilung iu Be-
zirke (Ämter oder Kreise). Die oberste Verwaltung führt iu
allen Staaten der Fürst durch ein Ministerium; unter
diesem stehen in den Mittelstaaten Bezirks- und Uiiterbehörden,
während iu den Kleinstaaten nur eine mittlere Instanz vor-
handen ist.
Die Gemeinden sind, wie in Preußen, mit Selbstver-
w a l t u n g ausgestattet, und zwar bestehen dafür ebenfalls meist
zwei Behörden, der S t a d t r a t und die Stadtverord-
neten; in den Mittelstaateu ist ebenso nach preußischem Vor-
bild für die Koinmunalverbände höherer Ordnung Selbstver-
waltung eingerichtet.
Im einzelnen bestehen natürlich unter den verschiedenen
Staateil viele Unterschiede; namentlich in der W ahlb erecht i-
gung zu den städtischen und staatlichen Ämtern sowie im
Steuerwesen der Einzelstaaten und de" Gemeinden b"'-^^
eine überaus bunte Mannigfaltigkeit.
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Pierer'jche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & So. in Alt
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28
Iv. Heer und Flotte
Wehrjahrgängen zur Reserve und eine Verkürzung der allgemeinen Dienst-
pflicht von 19 auf 16 Jahre.
Es ergab sich für die Fußtruppen: drei Jahre in der Front, vier Jahre Reserve,
vier Jahre Landwehr ersten, fünf Jahre zweiten Aufgebotes. Ein Feldheer von
370 000 Mann, eine Landwehr von 250 000 Mann stand bereit.
Im neuen Reiche wurde das preußische Vorbild für alle Bundesstaaten
rx, 27i maßgebend. Unter Wilhelm Ii. wurde die Dienstzeit auf zwei Jahre Front,
fünf Jahre Reserve beim stehenden Heere, fünf Jahre Landwehr ersten und
sieben Jahre Landwehr zweiten Aufgebotes festgesetzt (1893). Man kehrte
zur 19 jährigen Dienstzeit zurück. 1913 fand, um die Allgemeinheit der
Wehrpflicht zu sichern, eine Vermehrung der Friedensstärke statt. Sie sollte
auf 821000 Mann gesteigert werden.
ix. 43 Schon der Große Kurfürst hatte eine brandenburgische Flotte geschaffen.
Eine deutsche Flotte war 1848 gegründet worden, sie wurde 1852 wie-
ix, 239 der aufgelöst. Einen Teil des Bestandes übernahm Preußen. Aus dieser
preußischen Flotte ging die Flotte des Reiches hervor. Die allgemeine
ix, 288 Dienstpflicht wurde auf sie ausgedehnt.
Die Grundzüge des gegenwärtigen Flottengesetzes sind erstens der
Risikogedanke: Die Flotte muß so groß sein, daß es selbst für den stärksten
Gegner ein Wagnis ist, mit ihr anzubinden. Zu diesem Zwecke wird eine
bestimmte Größe der Flotte gesetzlich festgelegt. Der Ersatz vollzieht sich
zweitens selbsttätig durch eine gesetzlich bestimmte Altersgrenze der Schiffe.
Der Bestand soll betragen: 41 Linienschiffe, 20 große, 40 kleine Kreuzer.
d) Reichsheer und Marine.
a) Das Reichsheer und seine Gliederung.
Der Kaiser ist Oberbefehlshaber über Heer und Flotte. Die Gesetz-
gebung über das Heerwesen steht dem Reiche zu. Der Kaiser führt nur
im Kriege den Oberbefehl über das bayrische Heer (Sonderrecht Bayerns).
Das Reichsheer besteht im Frieden aus Xxv. Armeekorps.
I. Ostpreußen I.
Ii. Pommern (Posen).
Iii. Brandenburg.
Iv. Sachsen (Provinz).
V. Posen (Nieder-Schlesien).
Vi. Schlesien.
Vii. Westfalen.
Viii. Rheinprovinz.
Ix. Schleswig-Holstein.
X. Hannover.
Xi. Hessen-Nassau.
Xii. Sachsen I.
Xiii. Württemberg.
Xiv. Baden.
Xv. Elsaß.
Xvi. Lothringen I.
Xvii. Westpreußen.
Xviii. Hessen-Darmstadt.
Xix. Sachsen Ii.
Xx. Ostpreußen Ii.
Xxi. Lothringen Ii.
Xxii. Bayern I.
Xxiii. Bayern Ii.
Xxiv. Bayern Iii.
Xxv. Gardekorps.
Über den Armeekorps stehen Vii Armeeinspektioneu: Danzig (I), Berlin (Ii),
Hannover (Iii), München (Iv), Karlsruhe (V), Stuttgart (Vi), Saarbrücken (Vii).
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62
B. Reichsgesetzgebung und Reichsverwaltung.
X» Das Reick als wchreinheit
Venvaitung 55 a) Das Neichsheer ist Reichssache. Es wird deshalb in
^ Heeres ' seiner Stärke und Zusammensetzung durch Reichsgesetz bestimmt. Die
Friedenspräsenz soll nach der R.-V. ein Prozent der Bevölkerung
betragen, wurde seit dem Reichsmilitärgesetz von 1874 erst ans 7,
später ans 5 Jahre festgesetzt und soll 1910 ans 505 839 Mann
Unteroffiziere und Gemeine, die Einjährig-Freiwilligen ungerechnet,
gebracht werden. Die Zahl der Offiziere, Ärzte, Beamten und Unter-
offiziere wird jährlich im Reichshaushaltetat bestimmt. Das Reichs-
heer wird ferner auf Reichskosten erhalten und ausgerüstet. Es steht
unter dem Oberbefehl des Kaisers, der sich im Frieden nicht aus
Bayern erstreckt, und trägt in allen feinen Teilen (seit 1897) die
Reichskonkarde neben der Konkarde des Einzelstants, dem der Soldat
angehört. Für die Verwaltung aber zerfällt es in vier Teile unter
selbständigen Kriegsministerien: Preußen mit den durch besondere
Militärkonventionen in preußischen Truppenteilen eingestellten Wehr-
pflichtigen der kleineren Staaten, Bayern, Sachsen und Württemberg.
Für den größten Teil ernennt demnach der Kaiser die Offiziere, in
Sachsen und Württemberg nur die kommandierenden (Korps-)Generale
unter Mitwirkung des Königs, überall die Festungskommandanten,
wie er auch über die Erbauung von Festungen verfügt. Er hat das
Dislokationsrecht, doch sollen im Frieden die Truppen im wesentlichen
in den Landesteilen, wo sie ansgehoben werden, garnisonieren; er
ordnet die Mobilisierung an und verhängt, wenn die öffentliche
Sicherheit bedroht ist, den Kriegs(Belagerungs-)znstand, währenddessen
die vollziehende Gewalt an die Militärbefehlshaber, die Aburteilung
von Hoch- und Landesverrat an die Kriegsgerichte übergeht. Tie
Landes(Kontingents-)herren haben das Recht und die Ehren komman-
dierender Generale und können die in ihrem Bereiche garnisonierenden
Truppen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit verwenden.
Sonder- 56. Bayern nimmt, obwohl seine Truppen den allgemeinen
Bayerns Vorschriften gemäß organisiert und ausgerüstet find, in mancher
Beziehung eine Sonderstellung ein. Sie stehen unter der
Inspektion des Kaisers, der sich jedoch darüber zuvor mit dem König
von Bayern verständigen muß, die Mobilisierung „veranlaßt" er
durch den König von Bayern, die Anlegung von Festungen hängt
von vorhergehenden Vereinbarungen ab, der Fahneneid beschränkt die
Verpflichtung zum Gehorsam gegen den Kaiser ans den Kriegsfall
(vom Beginn der Mobilisierung ab), in der Uniformierung (namentlich
der Farbe) bestehen manche Besonderheiten, und der militärische Etat
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71
eingelegt werden. Das Reichsgericht entscheidet (in einem Straf-
senat) über diese, in erster und letzter Instanz über Hoch- und Landes-
verrat. Öffentliche Anklage wegen ihnen bekannt gewordener Straf-
taten zu erheben ist Pflicht der Amtsanwälte (bei den Amtsgerichten),
der Staatsanwälte (bei den Landesgerichten) imb der Reichsanwälte
(beim Reichsgericht). Die Angeklagten und im bürgerlichen Prozeß
die Parteien werden von Rechtsanwälten vertreten. Die Verhandlungen
der Gerichte sind im allgemeinen öffentlich, wenn der Gerichtshof
nicht aus bestimmten Gründen die Öffentlichkeit ausschließt.
Strafen find Tod (durch Enthauptung), Zuchthaus mit ent-
ehrenden Folgen, Gefängnis, Festung und Haft, für geringere Ver-
gehen auch Geldstrafen.
75. Für besondere Verhältnisse fiub nach dein Reichsgesetz von ^werbe-
1901 und 1904 die Gewerbe- (448) und Kaufmannsgerichte Kaufmanns
(262) bestimmt, jene für Streitigkeiten zwischen Unternehmern (Arbeit- 9md,te
gebern) und Arbeitern, diese für solche zwischen Kaufleuten und ihren
Handlungsgehilfen oder Lehrlingen. Über die Militärgerichte f. § 70.
5. Das Reich als Urrtschafts- und Finanzcinheit.
76. Die wirtschaftliche Einheit Deutschlands hat der Zollverein o0l^iejn
begründet durch Verlegung der Zölle an die Auslandsgrenzen und
Aufhebung der Binnenzölle. Er hat somit die politische Einheit aufs
wirksamste vorbereitet, ist aber andrerseits erst durch diese ganz voll-
endet worden. Denn nach der Reichsverfassnng bildet das Reich ein
Zollgebiet (zusammen mit dem Großherzogtum Luxemburg), und die
Zollgesetzgebung ist schon seit dem Zollparlament (1867) Reichssache.
Die Zollverwaltung ist den Einzelstaaten verblieben, aber die Zoll-
einnahmen fließen in die Reichskasse, die Zollämter werden durch
Stationskontrolleure, die Zolldirektionen durch Reichsbevollmächtigte
überwacht.
77. Geschichtliches. Den Anstoß zur Entstehung des Zollvereins gab
das preusnsche Zollgesetz von 1818, das die Zölle an die Landesgrenzen verlegte,
aber bei der damaligen Zerrissenheit des preußischen Staatsgebiets in Mittel-
deutschland auf die angrenzenden Staaten ausgedehnt werden mußte. Trotzdem
kam der erste Vertrag mit einem Mittelstaate, der preußisch-hessische erst 1828
zustande, fast gleichzeitig der bayrisch-württembergische Zollverein. Beide Zoll-
vereine schlossen 1829 einen Vertrag, und indem von den nun auf beiden Seiten
eingeschlossenen mitteldeutschen Staaten 1831 Kurhessen, 1833 Sachsen und die
thüringischen Staaten mit Bayern und Württemberg, später noch Baden, Nassau
und Frankfurt beitraten, war vom 1. Januar 1834 an der größte Teil des
anßerösterreichischen Deutschland zu einem Wirtschaftsgebiet vereinigt. Auch der
1837 gegründete nordwestdeutsche Steuerverein (Hannover, Oldenburg, Braun-
schweig, Lippe-Schaumburg) schloß sich 1854 an, Schleswig-Holstein und Mecklen-
burg erst mit der Begründung des Norddeutschen Bundes, die Hansestädte
Hamburg und Bremen erst 1888 mit Gelvährung kleiner Freihafengebiete für
den Durchgangshandel, der zollfrei blieb.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Luxemburg Mittel-
deutschland Sachsen Württemberg Baden Nassau Frankfurt Deutschland Hannover Oldenburg Lippe-Schaumburg Schleswig-Holstein Hamburg Bremen
56
Iii. Das Meich.
A. Die Verfassung.
Vesta»-, Entstehung un- Wesen -cs Reichs.
Bestand des 45. Das Deutsche Weid) umfaßt rund 540 000 Quadrat-
'hf,d)'5 kilometer mit etwa 61 Millionen Einwohnern (nach der Zählung
von 1905), von denen nur 3 Mill. polnischer, l)2 Mill. wendischer,
tschechischer, littauischer und dänischer, Acill. französischer und
wallonisd)er Nationalität sind, 38 Mill. der evangelischen, 22 Mill.
der römisch-katholischen Kirche, etwa 600 000 der mosaischen Religion
angehören. Es besteht aus 4 Königreichen: Preußen (37,3 Mill.),
Bayern (6,5 Mill.), Sachsen (4,5 Mill.) und Württemberg (2,3 Mill.),
6 Großherzogtümern: Baden (2 Mill.), Hessen (1,2 Mill.), Mecklenburg-
Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar und Oldenburg,
5 Herzogtümern: Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Alteuburg,
Sachsen-Coburg-Gotha und Anhalt, 7 Fürstentümern: Schivarzburg-
Witimiftstbt und -Sondershausen, beiden Rens; (ält. und jung. L.),
Lippe, Lippe-Schaumbnrg und Waldeck, 3 freien Städten: Hamburg,
Lübeck und Bremen und dem Reichsland (Reichsprovinz) Elsaß-
Lothringen (1,8 Mill.).
Entstehung 46. Das Reich in seinem gegenwärtigen Umfange ist begründet
des Reichs worden durch den engen vertragsmäßigen Einschluß der deutschen
Staaten an die einzige wirklich deutsche Großmacht Preußen und die
Eroberung Elsaß-Lothringens. Dieser Anschluß wurde ermöglicht
durch den Ausschluß Österreichs aus dem deutschen Staatenverbande
nach dem Frieden von Prag (23. August 1866), für den Norden
Deutschlands erreicht durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes
vom 17. April 1867, für das ganze Deutschland durch den Eintritt
der süddeutschen Staaten in den Bund nach den Novembervertrügen
von Versailles 1870, der in der Kaiserproklamation von Versailles
am 18. Januar 1871 feierlichen Ausdruck, in der Reichsverfassung
vom 16. April 1871 die gesetzliche Bestätigung fand, und die
Annexion Elsaß-Lothringens im Frankfurter Frieden vom 10. Mai
1871. Dabei haben die Einzelstaaten einen Teil ihrer Souveräuitäts-
rechte dem Reiche übertragen, nehmen aber an der Ausübung dieser
neuen Gesamtsouveränität unmittelbaren Anteil und haben Gesetz-
gebuugsrecht und Exekutive in den Zweigen behauptet, die niä)t
an das Reich übergegangen sind. Dabei gilt jedoch der Satz: Reichs-
recht bricht Landesrecht. Das Reich ist also kein Staateubuud,
sondern ein Bundesstaat mit souveräner Reichsgewalt (s. I.t.,
tz 27), der die Gliedstaaten untergeordnet sind. Zwar nicht staats-
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63
wird nur im ganzen vom Reichstage, im einzelnen vom bayerischen
Landtage bewilligt.
57. Das Reichsheer gliedert sich in 22 Linien (Provinzial- oder Gliederung
Landes)armeekorps, die ihren Ersatz aus einem abgegrenzten Bezirk Reichsheeres
erhalten und dort auch im wesentlichen garnisonieren, und in das
Gardekorps, das ans ganz Preußen und Elsaß-Lothringen sich
rekrutiert. Jedes Armeekorps (im Frieden etwa 25 Ooo Mann, im
Kriege 36 000 Mann) steht unter einem kommandierenden General
und enthält alle Waffengattungen, so daß es selbständig operieren
kann. Jedes hat gewöhnlich 2 Divisionen unter Generalleutnants,
deren jede wieder 2 Jnfanteriebrigaden unter Generalmajoren zu
2 Regimentern unter Obersten in 3 Bataillonen unter Majoren zu
4 Kompagnien unter Hauptlenten, und 1 Kavalleriebrigade zu 2 Re-
gimentern von 5 Eskradrons unter Rittmeistern umsaßt; dazu kommen
4 Feldartillerieregimenter in 2 fahrenden und 1 reitenden Abteilung
zu 3 Batterien (mit je 6 oder 4 Geschützen), l Fußartillerieregiment
für den Festungskrieg (in 2 oder 3 Bataillonen) und je 1 Bataillon
Jäger, Pioniere und Train (für das Fuhrwesen). Tie Subaltern-
ofsiziere heißen in allen Waffengattungen Oberleutnants und Leutnants.
Die Armeekorps, Divisionen, Brigaden, Regimenter und selbständige
Bataillone sind durch die ganze Armee fortlaufend nummeriert (mit
Ausnahme Bayerns) und führen außer dieser Nummer noch ihre be-
sondere Nummer innerhalb des Armeekorpsbezirks sowie oft noch den
Namen eines (meist fürstlichen) Ehrenchefs oder Inhabers.
58. Das Gardekorps hat sein Generalkommando in Berlin, das I. (Ost-
preußen) in Königsberg, das 4k. (Pommern) in Stettin, das Iii. (Brandenburg)
in Berlin, das Iv. (Provinz Sachsen) in Magdeburg, das V. (Provinz Posen
und Nieder-Schlesien) in Posen, das Vi. (Schlesien) in Breslau, das Vii. (Rhein-
provinz) in Koblenz, das Vi ll. (Westfalen) in Münster. Zu diesen nenn alt-
preußischen Korps sind seit 1866 gekommen das Ix. (Provinz Schleswig-Holstein,
Hansastädte und Mecklenburg) Generalkommando in Altona, X. (Provinz Han-
nover, Oldenburg und Braunschweig) Generalkommando Hannover, Xi. (das alte
Kurhessen und Thüringen) Generalkommando Kassel, Xii. (1. kgl. sächsisches,
das östliche Sachsen) Generalkommando Dresden, Xiii. (Württemberg) General-
kommando Stuttgart, Xiv. (Baden) Generalkommando Karlsruhe, Xv. (Elsaß)
Generalkommando Straßbnrg, Xvi. (Lothringen) Generalkommando Metz,
Xvii. (Westpreußen) Generalkommando Danzig, Xviii. (Großherzogtum Hessen
und Nassau) Generalkommando Frankfurt a. M., Xix. (2. kgl. sächsisches) Ge-
neralkommando Leipzig. Die drei bayrischen Armeekorps haben ihre Stand-
gnartiere in München (I.), Würzbnrg (Ii.) und Nürnberg (Iii.). Xiii—xvi.
erhalten ihren Ersatz, soweit der Armeekvrpsbezirk nicht zureicht, auch von außer-
halb oder werden durch abkommandierte Truppenteile andrer Korpsbezirke dauernd
verstärkt (das 6. kgl. sächsische Infanterieregiment Nr. 105 gehört z. B. zmn
Xv. Armeekorps und steht in Straßbnrg, das sächsische Fußartillerieregiment
Nr. 12 beim Xvi. Armekvrps in Metz; dem Xv. Armeekorps ist eine bayrische
Brigade „attachiert"). — Das 2. kgl. sächsische Grenadierregiment Nr. 101 heißt
z. B. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, das 1. ostpreußische Dragoner-
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Extrahierte Personennamen: Generalkommando_Metz Wilhelm
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
2. Die Verfassung des Deutschen Reiches.
55
Lothringen je 3, Mecklenburg und Braunschweig je 2 Stimmen in:
Bundesrat. Die übrigen Staaten sind mit je einer Stimme ver-
treten. Der Bundesrat besteht also aus 61 Mitgliedern. Er be-
schließt über die Vorlagen sür den Reichstag und über dessen Be-
schlüsse, über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen
Verwaltungsvorschläge und Einrichtungen und über die bei der Aus-
führung der Reichsgesetze hervortretenden Mängel. Für die einzelnen
Verwaltungszweige hat der Bundesrat 8 Ausschüsse gebildet:
1. für Landesheer und Festungen,
2. für Seewesen,
3. für Zoll- und Steuerwesen,
4. für Handel und Verkehr,
5. für Eisenbahn, Post und Telegraphen,
6. für Justizwesen,
7. sür Rechnungswesen,
8. für die auswärtigen Angelegenheiten. In ihm führt Bayern
den Vorsitz.
Jedes Mitglied des Bundesrates muß im Reichstage jederzeit
gehört werden. Der Bundesrat wird zu seinen Sitzungen vom
Kaiser, in dessen Vertretung vom Reichskanzler berufen. Außerdem
muß er zusammentreten, wenn ein Drittel (21) der Mitglieder es
verlangt. Den Vorsitz führt der Reichskanzler. Er kann jedes
andere Mitglied mit seiner Vertretung beauftragen.
d) Der Reichstag.
Der Reichstag besteht aus 397 Mitgliedern. Hiervon ent-
senden: Preußen 236, Bayern 48, Sachsen 23, Württemberg 17,
Baden 14, Hessen 9, Mecklenburg-Schwerin 6, Sachsen-Weimar,
Oldenburg, Braunschweig und Hamburg je 3, Meiningen und
Sachsen-Koburg-Gotha je 2 Abgeordnete, Elsaß Lothringen 15 Ab-
geordnete, die übrigen Staaten je einen Abgeordneten.
Die Wahl der Reichstagsabgeordneten erfolgt nach dem
direkten, gleichen, allgemeinen und geheimen Wahlrecht. Die Reichs-
tagsabgeordneten bekommen nach dem Gesetze vom 21. Mai 1906
Anwesenheitsgelder im Gesamtbeträge von 3000 N fürjedes Mitglied.
Hiervon werden am 1. Dezember 200 M, am 1. Januar 300 M, am
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
126
Viii. Das Deutsche Reich.
8. das Eisenbahnwesen, in Bayern vorbehaltlich der Bestimmung
im Art. 46*), und die Herstellung von Land- und Wasser-
straßen im Interesse der Landesverteidigung und des all-
gemeinen Verkehrs;
10. das Post- und Telegraphenwesen, jedoch in Bayern und
Württemberg nur nach Maßgabe der Bestimmung im Art. 52;2)
13. die gemeinsame Gesetzgebung über das gesamte bürgerliche
Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren;
14. das Militärwesen des Reichs und die Kriegsmarine;
16. die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen.
Art. 5. Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch den
Bundesrat und den Reichstag. Die Übereinstimmung der Mehr-
heitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze
erforderlich und ausreichend.
Bundesrat.
Art. 6. Der Bundesrat besteht aus den Vertretern der Mit-
glieder des Bundes, unter welchem die Stimmführung sich in der
Weise verteilt, daß Preußen
mit den ehemaligen Stimmen von Han-
nover, Kurhessen, Holstein, Nassau und
Frankfurt...........................17 Stimmen
führt,
Bayern ....
Sachsen ....
Württemberg. . .
Baden.............
Elsaß-Lothringen .
Hessen............
Mecklenburg-Schwerin
6
4
4
3
3
3
2
y Das Reich hat jedoch auch Bayern gegenüber nur das Recht, im
Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Aus-
rüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen.
y Dem Reiche steht ausschließlich die Gesetzgebung zu über die Vor-
rechte der Post und Telegraphie, über die rechtlichen Verhältnisse beider An-
stalten zum Publikum, über die Portofreiheiten und das Posttaxewesen u. a.
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
2. Die Verfassung des Deutschen Reiches.
53
6 Großherzogtümer: Baden, Hessen, Mecklenburg-
Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Sachsen-Weimar;
5 Herzogtümer: Braunschweig, Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt;
7 Fürstentümer: Schwarzburg-Sondershausen, Schwarz-
burg-Rudolstadt, Waldeck, Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie,
Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold;
3 freie Reichsstädte: Hamburg, Lübeck, Bremen und
ein Reichsland: Elsaß-Lothringen.
Bundesgebiete im Sinne der Reichsversassung sind nicht die
Kolonien: Togo, Kamerun, Deutsch-Südwest- und Deutsch-Ost-
afrika, Kaiser-Wilhelmsland, Bistnarck-Archipel, Salomons- und
Marschallsinseln, Marianen- und Palau-Jnseln, Deutsch-Samoa
und Kiautschou. Die Kolonien unterstehen direkt der Regierung des
Kaisers. Das Deutsche Reich ohne die Kolonien ist 54 074 306 qkm
groß, nächst Rußland also der größte Staat Europas. Die Ein-
wohnerzahl beläuft sich auf rund 68 Millionen Personen; davon
sind 33500 000 Personen männlich, 34500 000 Personen weiblich.
Von dieser Einwohnerzahl sprechen mehr als 63 Millionen die
deutsche Sprache. Annähernd 5 Millionen sind anderssprachig, da-
von 4000 000 Polen. Die Bevölkerung des Deutschen Reiches
weist etwa 43 000 000 Evangelische, 24500000 Katholiken und
500 000 Juden auf.
2. Die Verfassung des Deutschen Reiches,
a) Reichsbürger.
Das Deutsche Reich ist eine von den einzelnen Staaten los-
gelöste selbständige Rechtspersönlichkeit. Es hat also eine besondere
Gesetzgebung nach dem Grundsätze: „Reichsrecht bricht Landesrecht,"
eigene Regierungsorgane (Kaiser, Reichskanzler, Bundesrat, Reichs-
tag) und eigene Gerichts- und Verwaltungsbehörden. Alle Inländer
der deutschen Bundesstaaten besitzen die deutsche Reichsangehörigkeit.
Alle Reichsangehörigen haben als Deutsche gleiche Behandlung zu
beanspruchen. Jeder Deutsche kamt in jedem Bundesstaate ein Ge-
werbe betreiben, Grundstücke erwerben und Ämter bekleiden. Jeder
Deutsche hat Anspruch auf den Schutz des Reiches. Auch im Aus-
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
124
Viii. Das Deutsche Reich.
für jedes Jahr im voraus veranschlagt und aus den Staatshaus-
haltsetat gebracht werden.
Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.
Art. 100. Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen
nur, soweit sie in den Staatshaushaltsetat aufgenommen oder
durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.
Art. 101. In betreff der Steuern dürfen Bevorzugungen
nicht eingeführt werden.
Art. 103. Die Ausnahme von Anleihen für die Staatskasse
findet nur auf Grund eines Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der
Übernahme von Garantien zu Lasten des Staats.
Art. 104. Zu Etatsüberschreitungen ist die nachträgliche Ge-
nehmigung der Kammern erforderlich.
Die Rechnungen über den Staatshaushaltsetat werden von
der Oberrechnungskammer geprüft und festgestellt. Die allgemeine
Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres, einschließlich
einer Übersicht der Staatsschulden, wird mit den Bemerkungen
der Oberrechnungskammer zur Entlastung der Staatsregierung den
Kammern vorgelegt.
9. Verfassungsurkunde des Deutschen Reiches
vom 16. April 1871.
Bundesgebiet.
Art. 1. Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen
mit Lauenburg, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen,
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz,
Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarz-
burg-Sondershausen, Waldeck, Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer
Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen, Hamburg und
aus dem Reichslande Elsaß-Lothringen.
Reichsges etzgebung.
Art. 2. Innerhalb dieses Bundesgebietes übt das Reich das
Recht der Gesetzgebung nach Maßgabe des Inhalts dieser Ver-
fassung und mit der Wirkung aus, daß die Reichsgesetze den Landes-
gesetzen vorgehen. Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche
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