254 £>. Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
von Gewalt stürzte er die bisherige Negierung und gab Frankreich 1799 eine neue (vierte) Verfassung. Nach derselben stand er selbst als Erster Konsul an der Spitze des Staates. Zwei ihm beigegebene weitere Konsuln hatten nur beratende Stimme. An der Gesetzgebung nahm eine Volksvertretung von zwei Kammern teil.
Den Kampf gegen die Koalition erleichterte dem Ersten Konsul die Uneinigkeit der Feinde. Infolge derselben rief der russische Kaiser sein siegreiches Heer zurück, so daß Bonaparte auch diesmal es hauptsächlich nur mit Österreich zu thun hatte. Im Frühlinge des Jahres 1800
1800 stieg er über die Alpen und stellte durch den Sieg von Marengo (unweit Alessandria) mit einem Schlage das Übergewicht der Franzosen in Italien wieder her. Nachdem noch ein anderes Heer derselben bei Hohenlinden (östlich von München) den achtzehnjährigen Erzherzog Johann, einen Bruder des Kaisers Franz, besiegt hatte, schloß letzterer 1801 den Frieden von Luueville*) (in Französisch-Lothringen), der den von Campo Formio der Hauptsache nach bestätigte. Dem Beispiele Österreichs folgte im nächsten Jahre auch England, und so schien der durch die französische Revolution entzündete Weltbrand endlich erloschen.
Der Reichsdepntationshauptschluß (1803). Im Luneviller Frieden hatten Kaiser und Reich der Abtretung des linken Rheinufers offen beigestimmt. Die erblichen Fürsten, welche hierdurch Gebietsverluste erlitten, sollten in den rechtsrheinischen Landen durch Säkularisationen und durch Aufhebung von Reichsstädten entschädigt werden. Zur Erledigung dieser Angelegenheit wurde zwar in Regensburg eine Reichsdeputation eingesetzt, aber den bestimmenden Einfluß übte Frankreich ans.
1803 Nach langen Verhandlungen erfolgte 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß die endgültige Festsetzung der Entschädigungen. Dieselben waren sehr reichlich bemessen. Besonders Bayern, Württemberg und Baden empfingen dadurch ansehnliche Vergrößerungen. Aber auch Preußens Erwerb war viermal so groß, als die 1795 gemachten Abtretungen. Es erhielt die Bistümer Hildesheim und Paderborn, den südöstlichen Teil des Bistums Münster, vom Erzbistum Mainz Erfurt und das Eichsfeld, mehrere Abteien und die Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar.
Die Kaiserkrönnng (1804). Im Frieden zeigte sich Bonaparte als weiser Gesetzgeber und sorgte durch Abschluß eines Konkordats mit dem in der Herrschaft des Kirchenstaates wieder anerkannten Papste Pius Vii. für die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse. Das durch die Schrecknisse der Revolution geängstigte Volk erfreute sich endlich der Wohlthaten einer fürsorgenden und festen Regierung. In Anerkennung der Verdienste Bonapartes wurde derselbe 1802 zum Kousul auf Lebenszeit ernannt. Von einer Monarchie unterschied sich Frankreich jetzt nur noch durch den Titel seines Staatsoberhauptes. Schon 1804 nahm Napoleon unter der
1804 Beistimmung des Volkes die Kaiserwürde an. Am 2. Dezember fand
*) Sprich: lünwil.
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7. Friedrich Wilhelm Iii. 255
die Krönungsfeier statt, bei welcher Pius Vii. dem Kaiser in Notredame die Salbung erteilte. Im nächsten Jahre verwandelte der letztere die Cisalpinische Republik in das Königreich Italien und setzte sich in Mailand die Krone der Lombarden aufs Haupt.
Die dritte Koalition (1805). Zwischen Frankreich und England war es nach nur einjährigem Frieden wieder zu Feindseligkeiten gekommen, da letzteres die Herausgabe vou Malta verweigerte, dessen es sich im zweiten Koalitionskriege bemächtigt hatte. Napoleon hatte deswegen Hannover besetzen lassen und zog Truppen und Schiffe zu einer Landung auf dem Jnselreiche zusammen. So bedroht, sah sich dieses nach Bundesgenossen um. Da Napoleons Bestreben, sich zum Beherrscher Europas emporzuschwingen, immer klarer hervortrat, gelang es England, mit Rußland, Österreich und Schweden eine neue (dritte) Koalition zu bilden.
Napoleon rückte rasch in Süddeutschland ein. Baden, Württemberg und Bayern waren mit ihm verbündet. Indem der französische Marschall Bernadotte ein Corps aus Hannover unter Verletzung der preußischen Neutralität durch Ansbach führte, gelang es den Franzosen, eine österreichische Armee unter Mack in Ulm einzuschließen und zur Ergebung zu zwingen. Wien wurde besetzt. Bei Austerlitz in Mahren 1805 kam es am 2. Dezember zur Schlacht, die wegen der Gegenwart des französischen, österreichischen und russischen Kaisers Dreikaiserschlacht genannt wird. Napoleon sah den Jahrestag seiner Krönung durch einen entscheidenden Sieg verherrlicht. Kaiser Franz knüpfte schon am nächsten Tage Unterhandlungen an, die zum Frieden zu Preßburg führten. Österreich mußte Venetien an das Königreich Italien, Tirol an Bayern, seine schwäbischen Besitzungen an Bayern, Württemberg und Baden abtreten. Von den genannten süddeutschen Staaten wurden die ersten beiden zu Königreichen erhoben, der letztere begnügte sich mit dem Titel eines Großherzogtums. Das Königreich Neapel gab Napoleon seinem älteren Bruder Joseph. Seinen Bruder Ludwig stattete er mit der zum Königreiche Holland umgewandelten Batavischen Republik aus. Für seinen Schwager Murat*) bildete er das Großherzogtum Berg. So beherrschte Napoleon durch eine Anzahl von Vasallenkonigen einen großen Teil Europas.
b) Der Rheinbund, Auflösung des Deutschen Reiches (1806).
Sechzehn west- und süddeutsche Fürsten, unter ihnen die Herrscher von Bayern, Württemberg und Baden, traten 1806 zu einer engeren Vereinigung, dem Rheinbünde, zusammen. Napoleon übernahm das Protektorat (Schutz) desselben, wogegen sie sich verpflichteten, ihm in allen Kriegen Hilfe zu leisten. Die innerhalb der Rheinbundstaaten liegenden kleinen und kleinsten Staatengebilde wurden jenen einverleibt.
*) Sprich: inüi'a.
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278 D. Aus der braiidenburgisch-preußischen Geschichte.
Provinzen war wenig zu bedauern. Preußen blieb hierdurch vor der Gefahr bewahrt, seinen Charakter als deutscher Staat einzubüßen. Aber der für die Abtretungen erworbene Ersatz war unzureichend. Preußen erhielt zwar seine frühere Seelenzahl, nicht aber die Landfläche wieder; es hatte jetzt einen Flächeninhalt von 277 000 qkm gegen 314 000 im Jahre 1805. Zudem war sein Gebiet, entgegen den Bestimmungen des Kalischer Vertrages, nicht zusammenhängend; es bestand aus einem größeren Ostteil und einem kleineren Westteil.
Der Deutsche Bund. Die durch den Wiener Kongreß anerkannten selbständigen Staaten in Deutschland traten zu einem völkerrechtlichen Verein, dem Deutschen Bunde, zusammen. Die Bundesgewalt übte der Bundestag aus, eine immerwährende Versammlung der Vertreter der 39 Bundesstaaten zu Frankfurt a. M. Österreich hatte den Vorsitz. Es gehörte dem Bunde nur mit seinen „deutschen" Kronländern an, deren Bevölkerung allerdings nur zum Teil dem Deutschtum zuzuzählen ist. Preußen, das mit den Provinzen Brandenburg, Schlesien, Pommern, Sachsen, Westfalen und Rheinprovinz dem Bunde beitrat, hatte mehr deutsche Unterthanen als Österreich. Auch zwei nichtdeutsche Fürsten, die Könige von Dänemark und den Niederlanden, waren auf dem Bundestage vertreten, der eine als Herzog von Holstein und Lauenbnrg, der andere als Großherzog von Luxemburg und Herzog von Limburg.
Die heilige Allianz. Die Herrscher von Rußland, Österreich und Preußen schlossen bei ihrer zweiten Anwesenheit in Paris ein Bündnis zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Frieden in Europa, die heilige Allianz, der fast alle anderen Fürsten des Erdteils beitraten. Sie gelobten „gemäß den Worten der heiligen Schrift, die allen Menschen sich als Brüder zu lieben befiehlt, sich stets Beistand und Hilfe zu leisten, die Religion und den Frieden und die Gerechtigkeit aufrecht zu erhalten.
i) Die Union.
Seit Johann Sigismund hielten sich die Kurfürsten und Könige aus dem Hause Hohenzollern zum reformierten Bekenntnisse, während die Mehrzahl-ihrer Unterthanen lutherisch war. Stets bemühten sich die Herrscher, der Zwietracht zwischen den Angehörigen der beiden Bekenntnisse nach Möglichkeit zu steuern und deren Vereinigung herbeizuführen. Das letztere gelang Friedrich Wilhelm Iii. Ant 31. Oktober 1817, genau 300 Jahre nach Beginn der Reformation, empfing er gemeinsam mit den Lutheranern das Abendmahl. Sein Beispiel fand Nachfolge. An vielen Orten feierten die Lutherischen und Reformierten das Abendmahl fortan gemeinschaftlich. Jedem blieb hierbei seine religiöse Überzeugung von der Abendmahlslehre unbenommen. Die durch die gemeinsame Abendmahlsfeier begründete Vereinigung der Lutheraner und Reformierten zur evangelischen Kirche heißt Union. Der König als oberster Bischof feiner protestantischen Unterthanen arbeitete sodann mit den Hofgeistlichen eine Agende aus, durch welche der Kultus der Evangelischen
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290 D. Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
der Preußen. Der Alsensund, der sie vom Festlande trennt, ist kaum 1 Im breit. Prinz Friedrich Karl, der nach dem Rücktritt des achtzigjährigen Feldmarschalls Wrangel den Oberbefehl übernommen hatte, ließ die zum Übersetzen erforderlichen Fahrzeuge zusammenbringen. Am gjjj!29. Juni fuhren beim ersten Morgengrauen die vom General Herwarth von Bittenfeld geführten Preußen auf 120 Booten unter dem heftigen Feuer der feindlichen Strandbatterieen und Kriegsschiffe nach der Insel hinüber. Die Dänen flohen nach kurzem Widerstande auf ihre Schiffe und retteten sich nach Fünen. Die Inseln, die Hauptstadt selbst, fühlten sich jetzt vor den Preußen nicht mehr sicher. Ganz Jütland war ohnehin bereits in der Gewalt der Verbündeten.
Friedensschluß. Der Trotz der Dänen, die immer noch auf fremde Hilfe gebaut hatten, war endlich gebrochen. Ihr König erbat und erhielt Waffenstillstand und Frieden. Der letztere wurde in Wien abgeschlossen. König Christian Ix. verzichtete auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg und trat dieselben an den Kaiser von Österreich und den König von Preußen ab. Ein schöner Ersolg! Drei deutsche Länder waren von der Fremdherrschaft befreit und dem deutschen Vaterlande wiedergewonnen worden.
d) Der deutsche Krieg (1866).
Ursache. Seitdem Friedrich der Große den Kampf um Schlesien gewagt hatte, war Österreichs seit Jahrhunderten bestehende Hegemonie in Deutschland nicht mehr unbestritten. Preußen trat als Mitbewerber um dieselbe auf. Der Wiener Kongreß stärkte seine Ansprüche insofern, als durch denselben die Zahl der deutschen Unterthanen in Preußen größer wurde als in Österreich. Die im Deutschen Bunde geschaffene Form staatlicher Einheit befriedigte nicht. Der Zollverein zeigte, unter wessen Führung die Verwirklichung des Einheitsgedankens allein möglich war. Die Ereignisse nach der Kaiserwahl des Jahres 1849 bewiesen, daß nur durch Blut und Eisen der Kaiserthron der Hohenzollern errichtet werden konnte.
Die Veranlassung zum Entscheidungskampfe um die Hegemonie in Deutschland gab der gemeinschaftliche Besitz der Elbherzogtümer. Für Österreich hatten dieselben wegen ihrer Entlegenheit wenig Wert. Es wünschte dieselben deshalb als einen neuen Mittelstaat dem Herzoge Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augusteuburg zu übertragen. Preußen wollte dies nur unter der Bedingung zugeben, daß ihm in Schleswig-Holstein der militärische Oberbefehl überlassen würde, da nur in diesem Falle jene Lande gegen Dänemark geschützt seien. Eine solche Schmälerung der Souveränität glaubte Herzog Friedrich jedoch nicht hinnehmen zu können. Darum bekämpfte Preußen seine Thronkandidatur ebenso, wie Österreich dieselbe begünstigte. Unter solchen Umständen erwuchsen aus der Gemeinsamkeit ihres Besitzes den beiden Großmächten fortgesetzte Reibungen. Um denselben ein Ziel zu setzen,
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7. Friedrich Wilhelm Iii. 259
Der Friede zu Tilsit. In einem Prachtzelt, das man aus einem Floß inmitten des Memelstromes errichtet hatte, fand eine Znsammen-kunft der beiden Kaiser statt. Napoleon verstand es, Alexander durch Vorspiegelung einer Teilung der Weltherrschaft in die Kaisertümer des Morgenlandes und Abendlandes für sich einzunehmen. Sie einigten sich über die Friedensbedingungen; Friedrich Wilhelm mußte sich widerspruchslos fügen. Rußland verlor nicht nur nichts, sondern erhielt sogar den bisher preußischen Kreis Bialystok. Preußen aber büßte durch den am 9. Juli 1807 zu Tilsit abgeschlossenen Frieden die Hälfte seiner Länder und Einwohner ein. Es blieben ihm nur noch 158 000 qkm, mit einer Seelenzahl von 5 Millionen. Der größte Teil seiner polnischen Erwerbungen und alle linkselbischen Besitzungen mußten abgetreten werden. Die ersteren (abgesehen vom Bialystoker Kreis) gab Napoleon als Herzogtum Warschau dem Herrscher Sachsens, der nach der Schlacht bei Jena zu Posen einen Sonderfrieden eingegangen und mit den thüringischen Staaten dem Rheinbund beigetreten war, wofür er den Königstitel empfing. Danzig wurde Freistadt. Die preußischen Gebiete am linken Rheinuser wurden mit Hannover, Braunschweig, dessen Herzog als Flüchtling in Ottensen seiner Wunde erlegen war, und andern Ländern zum Königreiche Westfalen vereinigt, mit welchem Napoleon seinen jüngsten Bruder Hieronymus ausstattete. In den preußisch gebliebenen Provinzen lagerte das französische Heer noch über ein Jahr und saugte sie schonungslos aus. Als es endlich abmarschierte, wurden noch unerschwingliche Kriegskosten gefordert, bis zu deren Bezahlung die Oderfestungen Groß-Glogau, Küstrin und Stettin von Franzosen besetzt bleiben sollten. Preußen selbst durfte nicht über 42 000 Mann Soldaten halten.
(1) Die Königin Knise.
Die Königin Luise wurde am 10. März 1776 als Tochter des 10. März Prinzen lttid nachmaligen Herzogs Karl von Mecklenbnrg-Strelitz geboren. 177ti Nach dem frühen Tode der Mutter leitete die Großmutter, eine Landgräfin von Hessen-Darmstadt, ihre Erziehung. Unter ihrer sorgsamen Obhut wuchs sie zur lieblichen Jungfrau heran. Der preußische Kronprinz lernte sie im Jahre 1793 kennen, als er mit dem Heere zur Wiedereroberung von Mainz auszog, und verlobte sich mit ihr. Am heiligen Abende desselben Jahres fand in Berlin die Vermählungsfeier statt. Von dem geräuschvollen Leben des üppigen Hofes Friedrich Wilhelms Ii. hielt sich das kronprinzliche Paar nach Möglichkeit fern.
Am liebsten verweilte es auf feinem Landgute Paretz bei Potsdam.
Auch nachdem Friedrich Wilhelm 1797 auf den Thron gekommen war, kehrte er dorthin oft mit feiner Familie zurück, um Erholung von den Regierungsgeschäften zu suchen. Die schlichte Einfachheit des Haushalts und das innige Familienleben des Königspaares wurden zum segensreichen
17*
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7. Friedrich Wilhelm Iii. 265
f) Napoleons Zug gegen Rußland (1812).
Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht. Nach der Niederwerfung Preußens kannte der Übermut Napoleons keine Grenzen mehr. Er schaltete mit den Ländern Europas nach Willkür. So zwang er unter Benutzung eines in Spanien zwischen dem Könige und dem Thronfolger ausgebrochenen Zwistes beide zur Abdankung und gab das Land seinem Bruder Joseph, während die hierdurch erledigte neapolitanische Krone auf seinen Schwager Murat überging. Da erhoben sich die Spanier zur Verteidigung ihrer Unabhängigkeit und leisteten, von den Engländern unterstützt, mannhaften Widerstand. Während Napoleon in Spanien vollauf beschäftigt war, wagte Österreich noch einmal den Kampf um die Freiheit Europas. Aber mit Windeseile flog der Schlachtenkaiser herbei, siegte in einer Reihe von Gefechten bei Regensburg, erlitt zwar dann durch den Erzherzog Karl bei Aspern (auf dem Marchfelde) eine Niederlage — es war seine erste — zwang aber durch den Sieg bei Wagram den Kaiser Franz zum Frieden von Schönbrunn, durch welchen der letztere wiederum weite Gebiete seines Reiches verlor. Die Tiroler, welche sich während des Krieges unter dem Sandwirt Andreas Hofer für das geliebte Kaiserhaus erhoben und die Bayern und Franzosen zum Laude hinausgeworfen hatten, mußten unter die bayrische Herrschaft zurückkehren. Hofer geriet durch Verrat in Gefangenschaft und wurde in Mantua nach dem Spruch eines Kriegsgerichtes erschossen. Von Schönbrunn aus erklärte Napoleon auch die Einverleibung des Kirchenstaates in sein Reich. Den Papst, der hierauf mit dem Banne antwortete, ließ er in die Gefangenschaft abführen. Auch Holland, dessen Krone Napoleons Bruder Ludwig niedergelegt hatte, schlug er zu Frankreich. Zur strengeren Durchführung der Handelssperre nahm er auch die deutsche Nordseeküste (Oldenburg, die Hansastädte u. s. w.) in Besitz. Frankreich hatte hiermit die größte Ausdehnung erreicht, und Napoleon stand auf dem Gipfel seiner Macht. Um den Fortbestand seiner Dynastie zu sichern, löste er feine kinderlose Ehe und vermählte sich mit Marie Luise, der Tochter des österreichischen Kaisers. Der Sohn, der dieser Ehe entsproß, erhielt den bedeutsamen Titel „König von Rom".
Ansbrnch des Krieges mit Rußland. Die zu Tilsit geschlossene Freundschaft zwischen den Kaisern Alexander und Napoleon war nicht von Dauer. Dem letzteren galt sie nur als das Mittel, um ungestört die Unterjochung der Westhälste Europas vollenden zu können. Nachdem er dieses Ziel erreicht hatte, hörte er auf, dem Kaiser Alexander zu schmeicheln, und begab sich aller Rücksichtnahme aus denselben. So hatte er Oldenburg in Besitz genommen, trotzdem dessen Herrscher ein naher Verwandter des Zaren war, und forderte schroff die strenge Durchführung der Festlandssperre. Es wurde bald klar, daß die Herrschsucht Napoleons nach der Unterwerfung des östlichen Kaisertums strebte, das von den Staaten des Kontinents allein noch unbezwungen dastand. Gewaltig
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7. Friedrich Wilhelm Iii. 277
dem zurückgekehrten Ludwig Xviii. schlossen sie den zweiten Pariser 1815 Frieden. Frankreich wurde jetzt nicht mehr so glimpflich behandelt.
Es mußte die Kriegskosten bezahlen und alle in den vielen Kriegen geraubten Kunstschätze ausliefern. Auch einige Grenzgebiete hatte es abzutreten; damals kam Saarbrücken nebst Saarlouis an Preußen, Landau an Bayern. Aber vergeblich wiesen patriotisch gesinnte Männer darauf hin, daß jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen sei, Elsaß und Deutsch-Lothringen zurückzufordern.
Napoleons Ende. Napoleon war nach Nochefort*) geflohen, um sich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika einzuschiffen. Da Kriegsschiffe der Engländer den Hafen eingeschlossen hielten, ergab er sich dem Admiral derselben. Er wurde auf die Felseninsel St. Helena im südatlantischen Ozean gebracht. Einige seiner Getreuen begleiteten ihn. Er lebte dort als General Bonaparte, von den Engländern bewacht, in einem Landhause bis zu seinem 1821 erfolgten Tode. Wir sehen in dem jähen Wechsel seines Geschickes, in dem Sturze von der Weltherrschaft zur Verbannung und Gefangenschaft, des gerechten Gottes Strafgericht über den blutigen Tyrannen.
h) Die Wiederherstellung Preußens.
Die Rückkehr Napoleons hatte die geschwundene Einigkeit unter den auf dem Wiener Kongresse vertretenen Mächten wieder hergestellt 1815 und die Verhandlungen beschleunigt. Noch bevor der Kampf erneut losbrach, waren dieselben beendet.
Gebietsveränderungen. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Abfindung Preußens. Seine ruhmwürdigen Thaten in den Befreiungskriegen berechtigten es zu dem Ansprüche, daß es mindestens in seinem alten Umfange wieder hergestellt werde. Aber leider zeigten sich die preußischen Diplomaten ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Nicht mit Unrecht klagte Blücher darüber, daß die Federn der Diplomaten das mit dem Schwerte Erkämpfte verdürben. So kam es, das Preußens gerechte Erwartungen sich nur zum Teile erfüllten. Von seinem Besitzstände aus dem Jahre 1805 überließ es Nen-Ostprenßen, Neu-Schlesien und Südpreußen jenseit der Prosua an Rußland. Ansbach und Bayreuth blieben bei Bayern. Ostfriesland, die Nordhälfte von Singen, auch Hildesheim und Goslar kamen an Hannover, das als Königreich dem Beherrscher Englands zurückgegeben ward. Für diese Abtretungen erhielt Preußen den größeren nördlichen Teil des Königsreichs Sachsen, Schwedisch-Vorpommern, die Herzogtümer Jülich und Berg, die Erzstifter Köln und Trier, die Abtei Neu-Eorvey, die ehemaligen Reichsstädte Köln, Aachen, Dortmund und Wetzlar, mehrere Gebiete mediatisierter Fürsten, Grafen und Herren und den von Frankreich abgetretenen Landstrich um Saarbrücken und Saarlouis. — Der Verlust der polnischen
*) Sprich: roschfor.
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288 D. Aus der brandenburgisch-preußischen beschichte.
Der Konflikt. Die Durchführung der Militärreform erforderte trotz aller Sparsamkeit eine bedeutende Steigerung der jährlichen Staatsausgaben. Von einer solchen wollte aber die Mehrheit des Abgeordnetenhauses nichts wissen und weigerte sich, sie zu bewilligen. Hierüber kam es zum Zwiespalt (Konflikt) zwischen der Krone und der Volksvertretung. In demselben war der zum Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen berufene Otto von Bismarck des Königs vornehmste Stütze-auch das Herrenhans stand auf seiner Seite. Die Heeresreform wurde trotz allen Widerspruchs aufrecht erhalten. Der König sah voraus, daß die späteren Zeitereignisse sein Verhalten rechtfertigen würden, und hatte sich dann nicht getäuscht.
c) Der dänische Krieg (1864).
Vorgeschichte der Elbherzogtiimer. Bis zum Jahre 1459 hatten die beiden vereinigten Länder Schleswig und Holstein eigene Fürsten. Als aber im genannten Jahre der letzte Herzog, ohne Kinder zu hinterlassen, starb, wählten die Stände den ihm verwandten König von Dänemark zu ihrem Herrscher. Doch ließen sie sich zuvor die Verfassung und die staatsrechtliche Einheit der beiden Länder (uv ewig ungedeelt!) verbriefen. Die Verbindung derselben mit Dänemark war eine bloße Personalunion. — Lauenburg kam erst an Dänemark, als dieses in den Befreiunas-krregen Norwegen den Schweden überlassen mußte.
Ursache des Krieges. Die dänischen Politiker strebten die völlige Einverleibung der Elbherzogtümer in die Gesamtmonarchie an. Trotzdem die dänische Sprache nur in den nördlichen Grenzbezirken verbreitet ist und 7/s der Bewohner der Herzogtümer Deutsche sind, suchte man das Deutschtum auf jede Weise zu unterdrücken. In Kirche und Schule, in der sjiecht5f(ege und in der Verwaltung würde die dänische Sprache eingeführt. Überall würden die deutschen Beamten durch bänische verbrängt. Die Dänisiernngsbestrebnngen stießen jeboch bei der deutschen Bevölkerung aus hartnäckigen Wibersiand und erzeugten das Bestreben, sich von der bänischen Herrschaft loszureißen.
Veranlassung. Gegen Ende des Jahres 1863 starb der Dänenkönig Friedrich Vii. kinberlos. Zu seinem Nachfolger in der gesamten Monarchie hatte er den Gemahl seiner Base bestimmt, trotzbem die in Dänemark zulässige weibliche Erbfolge in Schleswig-Holstein nicht galt. Die Großmächte hatten biefer Erbfolgeorbnnng im Lonboner Protokoll zugestimmt, jeboch unter dem Vorbehalt, daß die Rechte der Elbherzogtümer geachtet würden. Der neue König Christian Ix. erließ jeboch bei seiner Thronbesteigung eine Verfassung, nach welcher Schleswig von Holstein losgelöst und Dänemark einverleibt würde. Diese Vergewaltigung der Elbherzogtümer erregte in Dentschlanb eine lebhafte patriotische Bewegung. Der Bundestag ließ Holstein, das zum deutschen Bunbe gehörte, durch hannoversche und sächsische Truppen besetzen. Der Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonberburg-Augustenburg, der einer Seitenlinie des bänischen Königshauses entstammte und infolgedessen auf die Elbherzogtümer Erbansprüche hatte, wurde in Holstein als Herzog ausgerufen. Schleswigs nahmen sich die beiden deutschen Großmächte, Österreich und
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9. Wilhelm I., der Große. 291
schlossen sie 1865 den Gasteiner Vertrag. Nach demselben trat Kaiser Franz Joseph seine Rechte auf Lauenburg gegen eine Geldentschädigung an Preußen ab. Die Verwaltung der beiden anderen Herzogtümer wurde geteilt, so daß diejenige Holsteins von Österreich, die Schleswigs von Preußen geführt werden sollte, bis man sich über die endgültige Lösung der Herrschaftsfrage gegenseitig verständigt haben würde. Aber der Gasteiner Vertrag konnte den Krieg nur aufschieben, nicht verhindern.
Am 1. Juni 1866 brachte Österreich die Entscheidung über die Zukunft der Elbherzogtümer vor den Bundestag und berief die Stände Holsteins zur Mitwirkung in dieser Angelegenheit ein. Preußen erklärte diesen Schritt als eine Verletzung des Gasteiner Vertrags. Es beauftragte seinen Statthalter in Schleswig, den General von Manteuffel, in Holstein einzurücken und die frühere gemeinschaftliche Regierung wieder herzustellen. Darauf verließ der österreichische Statthalter, General von Gab lenz, das Land und ging nach Österreich zurück. Österreich sah den Einmarsch der Preußen in Holstein als Bruch des Bundesfriedens an und beantragte beim Bundestage die Mobilmachung der außerpreußischen Bundescorps. Auf die Annahme des Antrages gab der preußische Gesandte die Erklärung ab, daß seine Regierung den Bund als erloschen betrachte. Der Krieg war hiermit ausgebrochen.
Die Parteien. Auf Österreichs Seite standen die deutschen Mittelstaaten, zu Preußen hielt die Mehrzahl der norddeutschen Kleinstaaten. Doch hatte letzteres einen schätzenswerten Bundesgenossen an dem jungen Königreiche Italien, das bei der gebotenen günstiaen Gelegenheit den Österreichern Venetien zu entreißen beabsichtigte. Österreich ward hierdurch zu einer Teilung seiner Streitkräfte genötigt. Es mußte ein Drittel derselben als Südarmee unter dem Erzherzog Albrecht nach Italien senden. Den Rest zog der Feldzeugmeister von Benedek in Mähren und Böhmen als Nordarmee zusammen. Preußischerseits führte der greise König Wilhelm selbst den Oberbefehl. Der Chef des Generalstabes, General von Moltke, war sein vorzüglichster Ratgeber. Er hatte den Feldzugsplan entworfen und leitete die Verteilung und Bewegung der Heeresmassen.
Besetzung der norddeutschen Mittelstaaten. König Wilhelm ließ am 15. Juni den Herrschern von Sachsen, Hannover und Kurhessen Neutralität anbieten, falls sie abrüsteten und sich mit einer Neugestaltung Deutschlands unter Preußens Führung und Österreichs Ausschluß einverstanden erklärten. Im Vertrauen auf des letzteren vermeintliche Übermacht wiesen sie jedoch die zur Rettung dargebotene Hand zurück. Schon am nächsten Tage überschritten deshalb preußische Truppen ihre Grenzen.
Der General von Beyer, der mit einer Truppenabteilung bei Wetzlar stand, besetzte Kurhessen. Die Armee dieses Landes zog nach Süddeutschland ab; der in seiner Hauptstadt zurückgebliebene Kurfürst wurde als Gefangener nach Stettin gebracht.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelm_I. Franz_Joseph Franz Holsteins_von_Österreich Manteuffel Albrecht Albrecht Benedek Wilhelm General_von_Moltke Wilhelm
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Preußen, als dem Kampfe die Botschaft von einem eben abgeschlossenen Waffenstillstände ein Ende machte. Während desselben wurden im Hauptquartiere des Königs zu Nikolsburg die Grundbedingungen des Friedens
vereinbart. _ „ n.
Der Mainfeldzug. Die drei Heeresabteilungen der Generale Vogel von Fa lesen stein, von Manteuffel und von Beyer wurden unter dem Befehle des Erstgenannten zur Mainarmee vereinigt. Ihre Aufgabe war die Niederwerfung der Süddeutschen. Trotzdem sie nur etwa 50 000 Mann zählte, zeigte sie sich den Gegnern völlig gewachsen. Dieselben vermochten nämlich infolge der langen Vernachlässigung des Heerwesens kaum 100 000 Mann, und auch diese nur langsam, aufzubringen. Die Vielköpfigkeit in der Leitung ließ ein gedeihliches Zusammenwirken der bunt zusammengesetzten Streitkräfte, deren kriegerische Ausbildung sich zudem als recht mangelhaft erwies, nicht aufkommen. Vogel von Falckenstein hätte ihnen leicht eine entscheidende Niederlage beibringen können. Doch begnügte er sich, sie durch geschickte Märsche und kleine Treffen im Gebiete des unteren Mains aus den norddeutschen Staaten hinauszudrängen. Als er zum Gouverneur von Böhmen berufen wurde, übernahm Manteuffel den Oberbefehl. Er warf den Feind bis Würzburg zurück. Zu gleicher Zeit brach eine neu gebildete Reservearmee unter dem Großherzoge von Mecklenburg-Schwerin in das nordöstliche Bayern ein und gelangte ohne Widerstand bis nach Nürnberg. Die Waffenruhe, welche König Wilhelm den süddeutschen Fürsten auf ihre Bitten gewährte, hinderte das weitere Vordringen der Preußen.
Der Friede. Zu Prag kam der endgültige Friede zwischen Preußen und Österreich zu stände; mit den einzelnen Staaten Süddeutschlands und Sachsen erfolgte der Abschluß desselben durch besondere Verträge zu Berlin. Die besiegten Staaten mußten Kriegsentschädigungen zahlen. Auch wichtige Gebietsveränderungen fanden damals statt.
a) Ländererwerbungen Preußens. Österreich trat seine Rechte auf Schleswig und Holstein an Preußen ab, das die beiden Herzogtümer mit Lauenburg zur Provinz Schleswig-Holstein vereinigte. Der König von Hannover, der Kurfürst von Hessen, der Herzog von Nassau und die Freie Stadt Frankfurt a. M. verloren ihre Souveränität. Aus den genannten Ländern und kleinen Abtretungen von Hessen-Darmstadt und Bayern wurden die Provinzen Hannover und Hessen-Nassau gebildet. Durch die neuen Erwerbungen erhielt der Preußische Staat eine Vergrößerung von 72 000 qkm. Sein Flächeninhalt beträgt seither 350 000 qkm. Die besondere Bedeutung des Ländererwerbs beruhte darin, daß durch ihn die Lücke zwischen den östlichen und westlichen Provinzen ausgefüllt, das Staatsgebiet somit zusammenhängend wurde. Auch war es für Preußen von Wichtigkeit, daß es nunmehr über eine weite Küstenstrecke der Nordsee gebot.
b) Der Norddeutsche Bund. Kaiser Franz Joseph erkannte die Auflösung des Deutschen Bundes an und gab seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Beteiligung des österreichischen
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