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1. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 81

1904 - Cöthen : Schulze
\ — 81 — nehmen; sie begann Verhandlungen mit Friedrich. In Teschen (1779) kam unter Vermittelung Frankreichs und Rußlands der Friede zustande. Österreich bekam das Jnnviertel und trat dafür an Bayern ein in Schwaben gelegenes österreichisches Gebiet ab (Mindelheim). Preußen wurde die Erwerbung von Ansbach und Baireuth für den Fall verbürgt, daß die Hohenzollern in diesen Markgrafschaften ausstürben. Für Preußen hatte die ganze Sache noch den Erfolg, daß es sich Zutrauen in Deutschland verschaffte, als der Beschützer der deutschen Staaten gegen das Haus Habsburg. Freilich hatte man dem Auslande wieder einmal Gelegenheit "gegeben, in den deutschen Angelegenheiten zu vermitteln. — Nach dem Tode Maria Theresias (1780) nahm Joseph Ii. Astenbund noch einmal die bayrischen Pläne auf. Er dachte an einen Aus- (1785i) tausch Bayerns gegen die österreichischen Niederlande (1784). Dieses Mal war Rußland, dem sich Joseph Ii. in dessen Balkan-planen nachgiebig erwiesen hatte, gewonnen worden. Der russische Gesandte verlangte von Karl von Psalz-Zweibrücken, in die Abtretung Bayerns an Österreich zu willigen. Doch dieser weigerte sich. Er wandte sich an Friedrich Ii. um Schutz. Da Joseph Frankreichs Zustimmung nicht erlangen konnte, gab er (Jan. 1785) seine Pläne auf. Um ähnlichen habsburgifchen Gelüsten für die Zukunft vorzubeugen, schloß Preußen mit Kursachsen und Hannover den „Deutschen Fürftenbund". Andere Fürsten traten bei, unter ihnen auch der Erzbischof von Mainz. Zweck dieses Bundes war, den Besitzstand gegen jeden Eingriff zu wahren. Es war der letzte große Erfolg der fridericianischen Politik; zugleich ein Vermächtnis des großen Königs an seine Nachfolger. — Wie einstens fein Vater, so war auch Joseph Ii. von Maria Theresia zum Mitregenten in Österreich angenommen. Sie ließ g»««1 ihm jedoch nur eine beschränkte Teilnahme an der Regierung. Erst nach ihrem Tode ist er in den österreichischen Landen selbständig geworden. Das deutsche Kaisertum war schon längst zum leeren Namen geworden; Joseph Ii. griff als deutscher Kaiser noch einmal zu einer Reichsreform, zur Verbesserung des Reichskammergerichts; doch die 1767 eingesetzte Visitationsdeputation löste sich 1776 unverrichteter Dinge wieder auf. Das Ziel der österreichischen Politik Josephs Ii. war, fein Volk zu beglücken. Sein großes Arndt, Quellensätze. (Blume, Quellensätze Iv). 6

2. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 90

1904 - Cöthen : Schulze
— 90 — noch in demselben Jahre drängten letztere die Franzosen über den Taunus und Westerwald. Auch Mainz, das von Pichegru eingeschlossen war, wurde befreit. Für das Jahr 1796 machte das Direktorium in Frankreich (1795—1799) gewaltige Anstrengungen. Jourdan ging wieder über den Niederrhein, während Moreau aus dem Elsaß nach Oberdeutschland eindringen sollte. Bei Wetzlar wies der Erzherzog Karl den ersteren zurück. Dem Vordringen Moreaus bis nach Bayern konnte der Erzherzog nicht Einhalt gebieten; der Franzose schloß Verträge mit Baden, Württemberg und Bayern: die Vorboten des Rheinbundes. Da schlug der Österreicher die französische Nordarmee unter Jourdan bei Arnberg und Würzburg (im August und September 1796), infolgedessen mußte auch Moreau zurück. So wurden die Lande rechts des Rheines durch österreichische Truppen von dem Erbfeinde befreit. Dadurch gewannen namentlich in Oberdeutschland die Österreicher Sympathien. Preußen erneuerte in diesem Jahre das Bündnis mit Frankreich und sicherte sich bestimmte rechtsrheinische Entschädigungen. Anders verlief der Feldzug in Oberitalien. Hier trat Napoleon Bonaparte *) an die Spitze des französischen Heeres. Er brach gänzlich mit der alten Kriegführung und Taktik. Binnen kurzem führte er das völlig entmutigte französische Heer von Genua durch die Lombardei nach Mantua. Sardinien wurde zur Abtretung von Savoyen und Nizza genötigt (April 1796). Im Februar 1797 war die österreichische Festung Mantua nach den Siegen über das Entsatzheer bei Areole und Rivoli in Napoleons Händen. Auch der Erzherzog Karl, der jetzt in Italien erschien, konnte gegen Napoleon nichts ausrichten, er wich über den Tagliamento und Jsonzo zurück. Bis Leoben, in die Nähe des Semmering, drangen bis zum April die Franzosen. Zu gleicher Zeit durchzog ein anderer Teil des französischen Heeres das Etsch- und Pustertal. So entschloß sich der Minister Thugut zum Frieden. In Leoben wurden die Vorverhandlungen gepflogen, in Campo Formio bei Udine der Friede geschlossen (1797). Österreich bekam die von Napoleon in schnödester Weise bekriegte und eroberte Republik !) Napoleon wurde 1769 (oder 1768) in Ajaccio auf Korsika geboren. Seine Vorbildung erhielt er nuf Militärschulen in Frankreich.

3. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 91

1904 - Cöthen : Schulze
— 91 — Venedig, ferner Dalmatien und Istrien. Den Breisgau sollten die Österreicher an den Herzog von Modena abtreten, dafür wurde ihnen in einem geheimen Artikel das Erzbistum Salzburg und ein Stück von Bayern versprochen. Ebenfalls in einem geheimen Artikel trat der Kaiser das linke Rheinufer von Basel bis Andernach an Frankreich ab und stimmte der Errichtung der cisalpinischen Republik mit der Hauptstadt Mailand zu, zu der auch Modena und die päpstlichen Legationen geschlagen werden sollten. Belgien wurde gleichfalls an Frankreich abgetreten. Die auf der lmken Rheinseite geschädigten Reichsstände sollten durch Besitzungen auf dem rechten Rheinufer schadlos gehalten werden; es konnte das nur auf Kosten geistlicher Länder geschehen. So willigte also Österreich in die Vernichtung der geistlichen Staaten, wie es denn für sich selber das Erzbistum Salzburg als Beute ersehen hatte. Einer Erwerbung rechtsrheinischer Besitzungen durch Preußen hatte Österreich dadurch vorzubeugen gewußt, daß es Frankreich zum Verzicht aus die preußischen linksrheinischen Gebiete bestimmte. Die Entschädigungen sollten auf einem nach Rastatt zu berufenden Kongresse geregelt werden. — Seit Dezember 1797 tagten in Rastatt die deutschen und französischen Bevollmächtigten; letztere geberdeten sich in übermütigster Weise. Österreich suchte die geheimen Artikel von Eampo Fotbtio^179^!j!g01 ^ möglichst lange geheimzuhalten. Gegen den Gedanken durchgreifender Säkularisationen sträubte es sich. Mit den deutschen Reichsständen knüpfte Frankreich auf dem Kongresse Verbindungen an. Über den Reichssrieden wurde man überhaupt nicht einig. Noch während der Kongreß tagte, zog sich ein neues Kriegsungewitter zusammen, das den Kongreß, von dem Österreich seine Gesandten abberufen hatte, sprengte (Rastatter Gesandtenmord, April 1799). Der zweite Koalitionskrieg wurde durch allerlei neue Gewaltsamkeiten und Unternehmungen Frankreichs hervorgerufen: die Schweiz wurde zur helvetischen, von Frankreich abhängigen Republik umgewandelt, französische Soldaten rückten an die schweizerischösterreichische Grenze; der Kirchenstaat wurde ausgehoben und die römische Republik errichtet (Anfang 1798), Österreich fürchtete für seine Stellung in Italien; England wurde durch den ägyptischen Feldzug Napoleons (1798 und 1799) gefährdet; über Napoleons Mittelmeerunternehmungen war auch Paul I. von Rußland erbittert.

4. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 92

1904 - Cöthen : Schulze
— 92 — So schlossen Rußland, England, Neapel, Österreich und die Türkei eine Koalition gegen Frankreich. Preußen, seit 1797 unter der Regierung des friedliebenden, ängstlich-gewissenhaften Friedrich W?lhelmlli.wilhelm Iii., blieb dem Bunde fern. Als ein russisches Heer in ?i797-i84o"^^Erreich einrückte, erklärte Frankreich an Österreich den Krieg (Februar 1799). Auch dieser Koalitionskrieg scheiterte an der inneren Uneinigkeit. Jede der beteiligten Mächte verfolgte ihre Sonderinteressen. Die kriegerischen Erfolge der Verbündeten waren anfangs gut. Die Österreicher unter dem Erzherzog Karl drängten die Franzosen, die über den Rhein gegangen waren, bei Stockach zurück und besetzten einen Teil der Schweiz, nachdem sie Massena bei Zürich geschlagen (Juni 1799). Die Russen unter Suworow eroberten im Bunde mit den Österreichern Oberitalien. Die napoleonischen Schöpfungen in Italien brachen zusammen. Dann ging der Erzherzog Karl nach Holland, um mit einem englischen Heere in Belgien einzufallen. Infolgedessen drangen die Franzosen in der Schweiz siegreich vor, überwältigten Österreicher und Russen bei Zürich (September 1799). Ungern und nur zögernd ging Suworow, den die Österreicher mit Absicht aus Oberitalien entfernen wollten, in die Schweiz. Sein ruhmvoller Übergang über den St. Gotthard und sein Abbiegen ins Muottatal und weiter nach Glarus und ins Vorderrheintal konnte und sollte schließlich auch gar nicht mehr den Österreichern Hilfe bringen. Paul I., auf Österreichs italienische Pläne eifersüchtig, rief sein Heer zurück und schied aus der Koalition aus. In Holland wechselte Glück und Unglück; die Franzosen behaupteten sich auch hier. In derselben Zeit war Napoleon aus Ägypten zurückgekehrt; im Dezember 1799 machte er sich zum ersten Konsul und stellte bald Ruhe und Ordnung im Innern Frankreichs her. Im Frühjahr 1800 führte er seine Korps über den Großen und Kleinen St. Bernhard und den Mont-Cenis-Paß, nahm Mailand und ging bei Piacenza über den Po. Zu spät trat ihm der österreichische Feldherr Melas entgegen, der Massena in Genua eingeschlossen gehalten und zur Ergebung gezwungen hatte. Bei Marengo (Juni 1800) errang Napoleon durch Desaix' glückliches Eingreifen den Sieg, der ihn zum Herrn von Oberitalien bis zum Mincio machte. In Oberdeutschland war Moreau ebenfalls siegreich vorgedrungen. Bei Hohenlinden wurde im Dezember 1800 der Erzherzog Johann besiegt. Unter

5. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 94

1904 - Cöthen : Schulze
— 94 — stätigung vorgelegt und endlich auch von der Reichsdeputation genehmigt (November 1802). Der Kaiser zögerte noch eine Weile mit der Bestätigung des Planes, schließlich genehmigte auch er denselben, und nun verfaßte der Reichstag den Reichsdepuiations-hanptschlnß (Frühjahr 1803). Eine folgenschwere Veränderung ging durch diesen Beschluß mit unserem Vaterlande vor sich. Nicht weniger als 112 Staaten verschwanden von der Karte Deutschlands. Von den geistlichen Fürsten und Fürstentümern blieben nur noch drei übrig: der Kurerzkanzler (Dalberg), der aber nicht mehr in Mainz, sondern in Regensburg seinen kurfürstlichen Sitz bekam; dazu uoch die beiden Ritterorden, deren Erhaltung im Interesse des im übrigen so sehr geschädigten katholischen Adels vorgesehen wurde. Von Reichsstädten blieben nur noch sechs (Hamburg, Bremen, Lübeck, Frankfurt, Nürnberg und Augsburg);^ sie sollten in Reichskriegen fortan neutral bleiben.2) Ganz besonders nahm sich Napoleon der süddeutschen Staaten an; ihre Länder wurden durch reichsstädtische und geistliche Gebiete höchst vorteilhaft abgerundet, und sie wurden dem schlauen Korsen immer mehr verpflichtet. Österreich erhielt in Deutschland die Bistümer Trient und Brixen, der Erzherzog von Toskana das Kurfürstentum Salzburg, der Herzog von Modena den Breisgau. Der ©rentier bekam das Fürstentum Fulda. So wurden fremde Herrscher auf Kosten Deutschlands bereichert. Preußen wurde namentlich durch die Bistümer Paderborn und Hildesheim und durch Teile von Münster entschädigt. Der Kurfürstenrat auf dem Reichstage zählte von nun an zehn Stimmen: Baden, Württemberg, Hessen-Kassel und Salzburg wurden zu Kurfürstentümern erhoben3), (Trier und Köln waren französisch geworden), so waren die Protestanten im Kurfürstenkollegium in der Mehrzahl. Auch der Fürstenrat des Reichstages veränderte sich zugunsten der Protestanten. Die katholische Kirche erlitt durch die Fürstenrevolution von 1803 die größte Einbuße; und doch bedeutete im letzten Grunde die Beschränkung der katholischen Geistlichkeit auf rein geistliche Angelegenheiten eine innere Erstarkung des Katholicismus. Durch das Aufhören der geistlichen Staaten verlor auch das Kaisertum seine beste Stütze Vergl. Sz. 6 b. 2) Vgl. Sz. 190b. 3) Vergl. Sz. 19 d. —

6. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 96

1904 - Cöthen : Schulze
— 96 — Koalition. Preußen blieb auch jetzt neutral. Die geringschätzige Behandlung Preußens durch den Zaren, der es mit Gewalt zum Kriege fortreißen zu können meinte, rief eine Spannung zwischen den beiden Ländern hervor. Napoleon kam die Bildung des neuen Kriegsbundes sehr gelegen. Den längst geplanten Angriff Englands von Boulogne aus scheute er doch; so ließ er blitzschnell seine Korps von den verschiedensten Seiten strahlenförmig auf Oberdeutschland marschieren. Nassau, Hessen-Darmstadt, Baden, Württemberg und Bayern traten auf Frankreichs Seite. In Ulm wurde der österreichische Feldherr Mack von allen Seiten eingeschlossen und mußte am 17. Oktober 1805 sich ergeben. Kutusow ging vom Inn nach Mähren zurück. Anfang November besetzte Napoleon Wien. Trotz dieses Siegeszuges stand die Sache für die Franzosen nicht günstig. Preußen fühlte sich durch den Marsch Bernadottes durch Ansbachisches Gebiet in seiner Neutralität verletzt. Es schloß mit Rußland und Österreich am 3. November den Potsdamer Vertrag, wonach es in den Kriegsbund gegen Frankreich einzutreten versprach, wenn dieses bis zum 15. Dezember auf seine Bedingungen nicht eingehen würde. Es wollte u. a. die Unabhängigkeit Deutschlands, die Wiederherstellung Hollands, der Schweiz und Neapels von Napoleon verlangen. Auch näherte sich der Erzherzog Karl, der in Italien gegen Massena glücklich gekämpft hatte. Bei Trafalgar hatte im Oktober die französisch-spanische Flotte gegen Nelson unglücklich gekämpft. Doch der preußische Minister Haug-witz, von seinem Könige insgeheim beauftragt, den Krieg mit Napoleon auf jeden Fall zu vermeiden, versäumte es, die preußischen Forderungen überhaupt zu überbringen; und Alexander ließ sich, statt den Beitritt Preußens zu erwarten, zu früh in eine Schlacht mit Napoleon ein: die Schlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 war ein neuer Sieg der Franzosen. Unmittelbar nach dieser Dreikaiserschlacht schloß Franz I. von Österreich Waffenstillstand mit Frankreich. Am 15. Dezember schloß der geängstigte Haug-witz, ohne einen Auftrag zu haben, den Schönbrunner Vertrag. Preußen mußte in diesem Vertrage im voraus alle Abmachungen anerkennen, welche Napoleon von Österreich erzwingen wollte; es mußte Ansbach an Bayern, Kleve und Neuburg an Frankreich abtreten; dafür sollte es Hannover besetzen. Für Ansbach war noch eine Entschädigung in Aussicht gestellt. Die Genehmigung

7. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 115

1904 - Cöthen : Schulze
— 115 — ersten Pariser Frieden (30. Mai) wurden die Grenzen Frankreichs von 1792 wiederhergestellt: einige Enklaven und andere Gebietsstücke zur besseren Abrundung wurden den Franzosen auch noch übergeben; Nizza, Savoyen, Saarlouis und Landau blieben französisch. Talleyrand hatte es verstanden, namentlich durch Schmeichelei gegen Alexander von Rußland, diese günstigen Gebietsabrundungen zu erreichen. Elsaß-Lothringen fiel nicht an Deutschland zurück. Auch wurde die preußische Forderung einer Kriegskostenentschädigung und der Herausgabe der geraubten Kunstschätze durch die anderen Mächte der Koalition nicht unterstützt. Im Herbst 1814 trat dann in Wien ein europäischer®fiejn^£ejct Kongreß zusammen, der besonders über die Gebietsveränderungen und über die deutsche Versassungssrage entscheiden sollte. Schon -früher hatten die Mächte sich dahin verständigt, daß Frankreich an den Beratungen über die Länderverteilung nicht teilnehmen sollte; doch verstand es Talleyrand, diese Bestimmung zu umgehen. Die Preußen, "welche im Kriege die größten Opfer gebracht, hatten versäumt, während des Krieges sich bindende Zusagen über künftige Entschädigungen machen zu lassen. Hardenberg, wie überhaupt alle preußischen Diplomaten waren des Glaubens gewesen, Österreich würde ihnen nicht widerstehen, wenn sie ganz Sachsen forderten; tatsächlich hintertrieb aber Metternich diese sächsischen Pläne Preußens und fand dabei an England und Frankreich Unterstützung. Alexanders Absicht war darauf gerichtet, das ganze Großherzogtum Warschau zu erwerben und es unter konstitutionellen Formen zu regieren. Darin sah Hardenberg für Preußen eine große Gefahr. So stand denn Preußen die erste Zeit ganz allein, bis Friedrich Wilhelm im November mit dem Zaren über die sächsisch-polnischen Fragen sich einigte. Die Spannung unter den Mächten nahm darüber eine solche Schärfe an, daß Anfangs Januar 1815 Österreich, Frankreich und England ein Bündnis gegen Preußen und Rußland schlossen, sodaß eine Zeitlang ein neuer Krieg auszubrechen drohte. Da schloß man einen Kompromiß: Preußen verzichtete auf den südlichen Teil von Sachsen, Rußland auf einen Teil von Warschau; Preußen bekam noch außer Schwedisch-Vorpommern und Rügen das linke Rheinufer von der Nahe nach Norden, ferner das „Herzogtum Westfalen", Berg, Jülich und einige Reichsstädte; von Polen erhielt es die heutige Provinz Posen zurück, außerdem Thorn und 8*

8. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 116

1904 - Cöthen : Schulze
— 116 — Danzig. So zerfiel denn Preußen in zwei Hälften; den Ballast rein polnisch-katholischer Gebiete hatte es aufgegeben, dagegen im Westen neue erzkatholische Länder erworben. Doch es konnte hier am Rhein von neuem die Grenzwacht übernehmen. Dänemark, das in Schwedisch-Pommern sich festgesetzt hatte, erhielt Lauenburg als Ersatz. Norwegen kam an Schweden. An Hannover- England trat Preußen u. ct. Ostfriesland ab. Nagern bekam Würzburg und Aschaffenburg und einen Teil der linksrheinischen Pfalz. Mainz fiel an Hessen-Darmstadt, ebenso ein Teil der Pfalz. Rußland entschädigte sich mit dem übrigen Polen. Österreich erhielt in Italien wieder eine starke Stellung; die den Habsburg-Lothringern verwandten Fürstenhäuser wurden in Italien wieder eingesetzt; die illyrischen Provinzen, Dalmatien, Lombardo-Veneuen fielen an Österreich; von Bayern nahm Österreich Tirol mit Vorarlberg, Salzburg und das Jnnviertel. Besonders auf Englands Betreiben wurden die vereinigten Niederlande den Dräniern übergeben und Luxemburg durch Personalunion mit den Niederlanden verbunden. — Die Beratungen über die deutsche Verfafsungssrage wurde einem Fünferausschuß, bestehend aus den Gesandten Österreichs, Preußens, Bayerns, Hannovers und Württembergs, übergeben Nachdem dieser Ausschuß von Mitte Oktober bis Mitte November 1814 getagt hatte, löste er sich auf; im Februar 1815 wurden dann im Beisein sämtlicher deutschen Gesandten die Verhandlungen über diese Angelegenheiten wieder aufgenommen. Preußens Vorschlag, von Wilhelm von Humboldt in einem Entwurf vorgelegt, ging dahin, einen festen deutschen Bund zu gründen, mit starker Kriegsgewalt, einheitlichen Einrichtungen auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs, einem Bundesgericht und anderen bundesstaatlichen Institutionen. Doch war durch den Vertrag von Ried und durch ähnliche Verträge die Unabhängigkeit der deutschen Staaten verheißen, so wurde ein Bundesstaat unmöglich. Metternich verstand es, mit Hilfe der Mittelstaaten alle wesentlichen Vorschläge Preußens zu hindern und anstelle derselben den österreichischen Entwurf zu fetzen, welcher den Einzelstaaten ihre volle Souveränität beließ, und von einer Bundeskriegsgewalt, einem Bundesgerichte und anderen preußischen Wünschen kaum eine Spur enthielt.1) So durste Österreich hoffen, in l) (Vergl. Treilschke, Deutsche Geschichte..., 5. Aufl., Bd. I, S. 697.)

9. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 123

1904 - Cöthen : Schulze
— 123 — zur Anbahnung der Einheit der deutschen Staaten getan, auf dem Gebiete des Zollwesens. Im 19. Artikel der Bundesakte war verheißen, daß die Bundesversammlung über die Erleichterung des Verkehrs und der Schiffahrt bald Beratungen anstellen sollte. Friedrich List in Württemberg und Nebenius in Baden erstrebten eine deutsche Zollgesetzgebung durch den Bund. Preußen erkannte, daß man auf dem Wege der Bundesgesetzgebung nicht zum Ziele kommen würde und versuchte, durch Sonderverträge mit den übrigen deutschen Staaten die wirtschaftliche Einigung unseres Vaterlandes allmählich zu erreichen. In stiller, tüchtiger Arbeit verfolgten die preußischen Staatsmänner (Maaßen, Motz, Eichhorn) dieses Ziel, gegen den Widerspruch des gesamten übrigen Deutschland. Der Anfang wurde in Preußen 1816—1818 mit der Aufhebung der Binnenzölle in sämtlichen Provinzen gemacht. Wenn sich diese Einrichtung in Preußen, das die Hälfte des ganzen außerösterreichischen Deutschland umfaßte, bewährte, so war damit der Beweis erbracht, daß auch das übrige Deutschland aus dieselbe Weise wirtschaftlich geeinigt werden konnte. Gegen das Ausland errichtete Preußen mäßige Schutzzölle, um die heimischen Erzeugnisse nicht von den ausländischen Waren erdrücken zu lassen; es hielt die Mitte zwischen völligem Freihandel und einer Schutzzollpolitik. Gegen die deutschen Nachbarländer schützte es sich zunächst durch Durchfuhrzölle, d. h. die durch Preußen in die benachbarten deutschen Länder gehenden Waren wurden an der preußischen Grenze mit einem verhältnismäßig hohen Zoll belegt. Darunter hatten diese Nachbarländer freilich zu leiden. Aber es war ja Preußens Absicht, durch diese Durchfuhrzölle, auf die es seiner eigenen Finanzen wegen nicht verzichten durfte, die Nachbarstaaten zum Anschluß an das preußische Zollsystem zu veranlassen und so ihnen Anteil an den Erträgen der Zölle zu geben. Doch der Sondergeist und der Souveränitätsdünkel der kleinen und mittleren Fürsten glaubte, in einem Anschluß an Preußen sich zu viel zu vergeben. Auf den Wiener Ministerkonserenzen (1820) wurde über die preußische Zollpolitik laute Klage geführt; und mancher Fürst sträubte sich zu seinem eigenen Schaden, den Anschluß an Preußen zu vollziehen. Der mitteldeutsche Steuerverein (1828), dem u. a. Hessen-Kassel, Sachsen und Hannover angehörten, war dazu bestimmt, die preußische Zollpolitik zu durchkreuzen, namentlich die Vereinigung des preußischen

10. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 124

1904 - Cöthen : Schulze
— 124 — Zollbundes mit dem ebenfalls 1828 entstandenen bayrisch-württem-bergischen Zollbunde zu hintertreiben. Doch es gelang dem preußischen Finanzminister Motz, 1828 mit Hessen-Darmstadt, 1829 mit Bayern Handelsverbindungen anzuknüpfen, außerdem zum Verkehr zwischen Preußen und Bayern zollfreie Slraßen durch das Gothmsche und Meiningische zu gewinnen (1829). Dadurch besonders wurden die übrigen Staaten zum Anschluß gezwungen. Im Jahre 1834 war das außerösterreichische Deutschland so ziemlich geeinigt; 1854 ging auch der „Steuerverein", den (1837) Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Lippe geschlossen hatten, in dem allgemeinen preußischdeutschen Zollverein auf. Es war ein großes Werk durch Preußens Verdienst vollendet. Die politische Einigung ließ noch lange auf sich warten. Das Streben nach freiheitlichen Verfassungen hatte den Gedanken der Einigung Deutschlands in den Hintergrund gedrängt; deshalb war es wichtig, daß wenigstens die wirtschaftliche Einigung Deutschlands (ohne Österreich) durch Preußen vollzogen und so ein wichtiges Mittel geschaffen wurde, auch die politische Einigung anzubahnen. Auch durch Anlegung von Kunststraßen, durch Aufhebung von allerlei Beschränkungen der Schiffahrt auf den Flüssen, durch Besserung des Postwesens wurde der Verkehr in Preußen in der Zeit Friedrich Wilhelms Iii. sehr gehoben. — Auf dem Gebiete der Verwaltung war die Einteilung des preußischen Staates in acht Provinzen von Bedeutung. Es galt, die neu gewonnenen Länder dem Staate einzuverleiben. Bei der Einteilung der Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise ging die preußische Regierung mit möglichster Schonung vor. Das Heerwesen in Preußen wurde auf der in den Freiheitskriegen gelegten Grundlage weiter ausgebaut. Unter Scharnhorsts Schüler, dem Kriegsminister von Boyen, wurde 1814 die allgemeine Wehrpflicht zum Gesetz erhoben1). Landwehr und Landsturm blieben bestehen. Das ganze Heer wurde in acht Armeekorps eingeteilt. In kirchlicher Beziehung war die zur Feier des Resormationsfestes 1817 vom Könige befohlene Union der lutherischen und reformierten Kirche von Segen, wenn auch die vom Könige selbst verfaßte Agende viel Widerspruch hervorrief und wenn auch streng lutherische Gemeinden sich absonderten. Der katholischen Kirche kam Friedrich Wilhelm Iii. sehr i) Vgl. Sz. 268, 462 b, 466, 469 a.
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