Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
34 Die Fürstentümer.
Ix. pie Fürstentümer.
1. Das Fürstentum Lippe-Detmold.
Das Fürstentum Lippe-Detmold hat einen Flächeninhalt von 1222 qkm
mit 128400 Ew.. darunter 121000 Ref. und Lutheraner, 5000 Katho
Wen, 2000 Israeliten. Es bildet ein zusammenhängendes Ganzes zwischen dem
linken Weserufer und dem Teutoburger Walde in schöner Abwechselung von Hügel
und Ebene. Die höchsten Erhebungen sind der Köterberg (500m), der Velmer-
stot, (470 m) und die Groteuburg, (390 in) mit dem Hermannsdenkmal (f.
Bild S. 45) bei Detmold. Die Keuperformatiou herrscht im ganzen Lande vor.
Zum Fürstentum Lippe-Detmold gehört als sog. Exklave an der Lippe
das Amt Lipperode-Kappel, unter dem preußischen Amtsgericht Lippstadt.
Von diesem ältesten Besitz des aus der Karolingerzeit stammenden Geschlechts
ist der Name Lippe auf die später erworbeneu Besitzungen zwischen Weser
und Teutoburger Wald übertragen worden.
Das lippische Land berührt mit einer Spitze die Weser, in welche die
andern Flüsse des Landes: Werre, Exter, Kalle sich ergießen; die Emmer
durchfließt den südöstlichen Teil des Fürstentums.
Das Klima ist milde und gesuud, im Mittel 0—4° C. Hauptbeschäftigung
der Bewohner ist Ackerbau und Ziegelbrennerei. Außer Raseneisen, Schwefel-
kies, Braunkohle und Schiefer liefert das Land keine Mineralien. Mineralquellen
find zu Meinberg und Salzuffeln, an letzterem Orte auch eine Saline; auf
den Höhen überall stattlicher Hochwald. Alljährlich ziehen 12 000 Ziegel-
brenner in alle Lande, auch über Deutschland hinaus, und kehren mit reichem
Lohne zurück. Die Industrie beschäftigt sich mit Cigarrenfabrikation, Leinen-
Weberei, Gerberei und Brauerei, aber nur in geringem Umfange. Die
Lemgo er Meerschaumwaren sind weit und von alters her berühmt. Die
Stärkefabrik Hoffmann & Cie. in Salzuffeln ist hervorzuheben, weil sie
die größte dieser Art auf dem Kontinent ist.
Bis 1529, wo die Reformation unter Simon V. Eingang fand, hießen die Herrscher
des Landes Edelherrn, unter diesen großartige Gestalten wie Bernhard I. (1113—1144j,
der dem Geschlechte den Namen von der Lippe zulegte, Bernhard Ii., Hermann Ii., deren
jüngere Brüder mehrfach die deutschen Bischofsstühle, besonders in Münster und Pader-
born, zierten. 1529 nahm Simon V. den Grafentitel an. Dessen Enkel Simon Vi.
(1563—16j3) trat zur reformierten Kirche über. Er ist der Stammvater der beiden
Linien von Lippe. Sein ältester Sohn stiftete die Linie Lippe-Detmold; sein jüngster
nach dem Aussterben der alten Grafen von Schaumburg 1649 die Linie Schaumburg-
Lippe lbückeburg). Im Jahre 1729 wurde Simon Heinrich Adolf in den Reicks-
sürstenstand erhoben und dessen Enkel Leopold 17s9 in dieser Würde bestätigt.
1897 wurde Lippe-Detmold als Rheinbundsstaat souverän und trat 1813 dem deutschen
Bunde bei. Die damalige Fürstin-Witwe Paul ine (f 1822) gab dem Ländchen die
erste Konstitution (Verfassung). Der gegenwärtig regierende Fürst heißt Friedrich
Waldemar, geb. 18. April 1824.
Das ursprüngliche Geschlechtswappen, die „Lippische Rose", ist eine süns-
blätterige rote Rose im silbernen Felde, das jetzige Wappen ein Schild mit
neun Feldern; die Landesfarbe ist Gelb-Rot.
Seit 1786 gilt im Lande Gemeinschaft der Güter unter Ehegatten; bei
den Bauerngütern herrscht Unteilbarkeit und Anerbrecht. Das Fürstentum
bildet einen eignen Landgerichtsbezirk mit dem Sitz des Landgerichtes in
Detmold. Als Oberlandesgericht fungiert laut Vertrag vom 4. Jan. 1879
das preußische Oberlandesgericht in Celle.
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Extrahierte Personennamen: Kalle Simon_V. Bernhard_Ii Hermann_Ii Simon_V. Simon_Vi Simon_Heinrich_Adolf Heinrich Adolf Leopold_17s9 Leopold Friedrich
Waldemar Friedrich Jan
Extrahierte Ortsnamen: Köterberg Groteuburg Detmold Lippstadt Meinberg Deutschland Lemgo Schaumburg Detmold Celle
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 5 —
stellen. Die Haupt- und Residenzstadt wurde Kassel. Zu dem
Königreiche wurden die von dem Kaiser unterworfenen Länder
links von der Elbe gelegt. Von den jetzt zur Provinz Westfalen
gehörigen Paderborn, Minden, Ravensberg, Corvey, Rietberg, wäh-
rend andere aus dieser Provinz dem Großherzogtum Berg unter
Murat zugeteilt wurden. Außerdem gehörten zu dem neuen König-
reiche die Altmark, Magdeburg, Halberstadt, Hohnstein, Hildes-
heim, Goslar, Quedlinburg, das Eichsfeld, Mülhausen, Nordhausen,
Stolberg-Wernigerode, Göttingen, Grubenhagen mit dem andern
Hohnstein und Elbingerode, Osnabrück, das sächsische Mansseld,
Gommern, Querfurt, Treffurt, das brauufchweigisch-wolfenbüttelsche
und die kurhessischen Länder, letztere mit Ausnahme von Hanau
und Katzenelnbogen, zugeteilt. Die Herrlichkeit des neuen Reiches
hörte aber zur Freude aller Vaterlandsfreunde bald auf, als der
Jerome es nach der Niederlage der Franzosen am 16., 18. und
19. Oktober 1813 verließ und nimmer wiederkehrte.
Den Namen westfälische Länder oder Provinzen führten ferner
alle die Gebietsteile, die Preußen in der jetzigen großen Provinz
Westfalen vor 1815 besaß und wiedergewonnen hatte.
Seit dem Wiener Kongreß erhielten dann diese Gebiete mit
den neuen andern, die hinzukamen, am 1. Oktober 1815 nicht mit
Unrecht die Gesamtbezeichnung „Provinz Westfalen", weil sie zum
größten Teile innerhalb der Grenzen des ältsächsischen Westfalen-
landes lagen.
3. Ein vorläufiger Blick in die Provinz Westfalen.
Unfre Heimatprovinz, so erzählt der Lehrer und spätere Buch-
druckereibesitzer Engelbert Hegener zu Lippstadt, ist ein gar
schönes, von Gott gesegnetes Land. Das haben Westfalens
Kinder zu allen Zeiten tief gefühlt und durch treue Liebe
und Anhänglichkeit bekundet. Nur wenige Gegenden unseres
preußischen Vaterlandes dürften in der Beschaffenheit der
Oberfläche eine größere Abwechselung und Mannigfaltigkeit
darbieten. Um dir eine Vorstellung davon zu geben, will ich
dich in Gedanken nach einem Punkte führen, von dem man den
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 31 —
männlichen Linie ausgestorben waren. Daneben erkaufte Friedrich I.
fünf Jahre später (1707) die Grafschaft Tecklenburg, um derer
willen die Grafen von Bentheim und von Solms lange Zeit mit
einander im Streite gelegen hatten. Als zu Anfang nnfers Jahr-
Hunderts durch den Frieden zu Luneville (1801) alles Land auf
der linken Rheinseite an Frankreich fiel, wurde auch der König
Friedrich Wilhelm Iii. von Preußen für die erlittenen Verluste
durch die Gebiete mancher geistlichen Fürsten entschädigt, deren
weltliche Herrschaft gänzlich aufhören sollte. Damals (1803) kam
von westfälischen Ländern das Bistum Paderborn als ein weltliches
Fürstentum an Preußen, ebenso die östliche Hälfte des Bistums
Münster mit der Hauptstadt und die Abteien Cappenberg und
Herford. Die westliche Hälfte des Bistums (mit den Städten Bo-
cholt, Ahaus, Koesfeld :c.) wurde unter verschiedene Fürsten ver-
teilt, welche jenseit des Rheines ansässig gewesen waren, nämlich
unter die Herzöge von Arenberg (die außerdem die ehemalige köl-
nische Grafschaft Recklinghausen empfingen), Croy, Looz-Corswaren,
die Wild- und Rheingrafen und die Fürsten von Salm. In dem
unglücklichen Kriege von 1806 und 7, welcher durch den Frieden
zu Tilsit beendet wurde, verlor der König alle seine Besitzungen
in Westfalen, und Napoleon benutzte dieselben zur Bildung
des Königreichs Westfalen und des Großherzogtnms Berg
für seinen Bruder Hieronymus und seinen Schwager Joachim Mnrat,
welch letzterer indessen schon bald daraus zum König von Neapel
erhoben wurde.
In dem Frieden zu Tilsit, den 9. Juli 1807, nach den blutigen
Schlachten bei Preußisch-Eylau, den 8. Februar, und Friedland,
den 14. Juni, mußte Friedrich Wilhelm Iii. die Hälfte seiner
Länder an den siegreichen Kaiser der Franzosen, Napoleon, abtreten.
Der König sah den Glanz seiner Krone erbleichen, aber der Glaube,
daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen, gab
ihm Mut und Zuversicht auf den höchsten Hort, der Trübsal sendet
denen, die er lieb hat. Dieser Glaube bewährte an ihm seine Kraft.
Er schied, wenn auch mit blutendem Herzen, wie ein Vater von
seinen Kindern. Das Abschiedsschreiben, das er an die Bewohner
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Cappenberg Arenberg Croy Napoleon Joachim_Mnrat Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Napoleon
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 340 —
von Stolberg-Wernigerode verlobt war, vor Overberg zum Katho-
lizismus über. Er verweilte oft auf dem Gute Lütgenbeck in der
Nähe Münsters. 1812 zog er nach dem Gute Tatenhausen (Kreis
Halle) und pachtete die Hannöversche Domäne Sondermühlen im
Osnabrückschen. Am 5. Dezember 1819 ging er in Frieden heim
und wurde in Stockkämpen bei Tatenhausen beerdigt.
Von dem großen Münsterianer, Oberpräsidenten von Vincke,
haben wir schon gehört.
Der letzte Fürstbischof Münsters war Maximilian Franz von
Österreich, ein Bruder der unglücklichen Marie Antoinette; von ihr
bewahrt der Dom ein von ihr für den Bruder verfertigtes Meß-
gewand.
Die Säkularisierung geschah infolge des Luneviller Friedens
durch den Reichsdeputationshauptschluß am 25. Februar 1803.
Damals umfaßte das ganze Stift außer der Haupt- und Residenz-
stadt 1. das Niederstift mit den drei Ämtern Meppen (Emsland),
Vechta, Kloppenburg, von denen als Entschädigung für Abtretungen
am linken Rheinufer das erste der Herzog von Arenberg, die beiden
letztern der Herzog von Oldenburg erhielt, in das Oberstift mit
den neun Ämtern: Ahaus, Bocholt, Dülmen, Horstmar, Sassen-
berg, Stromberg, Werne mit Lüdinghausen, Wolbeck, Rheine mit
Bevergern, im wesentlichen also die östliche Hälfte. Diese
wurde samt der Stadt Münster mit Ausschluß kleiner Gebiete dem
Königreiche Preußen als Erbfürstentum zugeteilt, während die
westliche verschiedene Landesherren bekamen. Durch die Rheinischen
Bundesakte vom 12. Juli und nach Auflösung des deutschen Reiches
am 1. und 6. August 1806 wurde erneut das Oberstift Preußen
zugesprochen; in Bezug auf die übrigen Teile fanden einige Ver-
ändernngen statt. In dem Kriege Preußens mit Napoleon I. 1806
nahm der König Louis Bonaparte Münster und das ganze Land
in Besitz. Im Frieden zu Tilsit 1807 gingen alle preußischen Ge-
biete im Münsterschen verloren und an den Großherzog Joachim
von Berg über; seit 15. Juli 1808 aber fiel es in die Hände
des französischen Kaisers, der den Titel Großherzog von Berg
und Cleve annahm, 1809 aber den minderjährigen Sohn des Königs
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Extrahierte Personennamen: Overberg Maximilian_Franz_von
Österreich Maximilian Franz Marie_Antoinette Stromberg August Napoleon_I. Louis_Bonaparte Joachim
von_Berg
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 4 —
Sprach gelehrten endlich ziehen das englische Wort fellow — Ge-
fährte oder ein altes Wort fala = plaga, Feld, Gegend heran.
Jedenfalls bezeichnet Westfalen das westliche Land und Volk
der alten Sachsen.
Von Ludwig dem Deutschen an bis zum Sturze Heinrichs
des Löwen 1180 bestand ein Herzogtum Sachsen, zu dem
mit Ausnahme des Sieger- und Wittgeusteinschen Landes auch
die jetzige Provinz Westfalen gehörte. Dann aber wurde es zer-
trennt und ein kleiner Teil unter den Erzbischöfen von Köln
zum Herzogtum Westfalen und Engern mit der Hauptstadt Arns-
berg gemacht. Es umfaßte etwa 80 Quadratmeilen mit 195 000
Bewohnern in 25 Städten und 9 Freiheiten des Sauerlandes,
nämlich die Kreife: Arnsberg, Meschede, Brilon, Olpe und ein-
zelne Teile der Kreise Soest, Lippstadt, Iserlohn im jetzigen Re-
gierungsbezirk Arnsberg. Der erste Herzog war Erzbischof Philipp
zur Zeit Friedrich Barbarossas, der letzte Anton Viktor, welcher
das Land 1803 infolge des Reichsdeputationsbeschlusses an Hessen-
Darmstadt abtrat. Von ihm ging es 1815 an Preußen über.
Ter westfälische Kreis, der achte, den mit neun andern Kaiser
Maximilian I. 1512 in Deutschland zur besseren Handhabung des
Landfriedens und Vollstreckung der Reichskammergerichts-Urteile
einrichtete, zwischen Weser und Maas, umfaßte mit den Herzog-
tümcrn Cleve, Jülich, Berg, den Grafschaften Ravensberg, Mark,
den Bistümern Lüttich, Münster, Paderborn, Minden, Verden,
Osnabrück, den Grafschaften Ostfriesland, Oldenburg, den Abteien
Herford, Corvey und kleinern Gebieten z. B. Dortmund einen
Flächenraum von 1250 Quadratmeilen und wurde von Teilen
des niederrheinischen Kreises, zu dem das Herzogtum Westfalen
gehörte, durchschnitten.
Die größte Ausdehnung hat Westfalen gewonnen, als infolge
des Tilsiter Friedens (9. Juli 1807) Napoleon I. am 18. August
1807 eine Filiale des französischen Kaiserreichs in dem Königreiche
Westfalen mit seinem Bruder Jerome Bonaparte als Herrscher
errichtete. Es war etwa 690 Quadratmeilen groß, zählte fast zwei
Millionen Einwohner und mußte zum Rheinbunde 25 000 Soldaten
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_dem Ludwig Heinrichs Heinrichs Philipp Philipp Friedrich_Barbarossas Friedrich Barbarossas Anton_Viktor Viktor Maximilian_I. Maas Napoleon_I. August Jerome_Bonaparte
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 8 —
zu unsrer Linken immer mehr nordwestlich, tritt in den gewerb-
reichsten Teil von Westfalen ein und mündet endlich in jener Rich-
tnng bei Ruhrort in den Rhein.
4. Die erdkundliche Übersicht über die Provinz Westfalen.
Die preußische Provinz Westfalen liegt auf der Karte etwa
in Gestalt eines Herzens, in nördlicher Breite von 502/3 bis
521/2 Grad, in östlicher Länge von 6i/g bis 91/2 Greenwich mit
einem Flächeninhalt von 20 200 qkm vor uns. Sie ist größer
als Schleswig-Holstein, 18 300 qkm, und Hessen-Nassau, 15 700
qkm, aber kleiuer als jede der andern 9 Provinzen. Die größte
Ausdehnung von Norden nach Süden, von Schlüsselburg im Kreise
Minden bis Burbach im Kreise Siegen beträgt etwa 220 km,
die von Westen nach Osten, von Anholt im Kreise Borken bis
Corvey im Kreise Höxter 210 km, Die Grenze läuft im Norden
an der Provinz Hannover und den: Königreiche der Niederlande,
im Westen an demselben und der Rheinprovinz, im Osten an der
Provinz Hessen-Nassan, Fürstentum Waldeck, Herzogtum Braun-
schweig, Provinz Hannover und Fürstentum Schaumburg-Lippe vor-
bei. Wer auf der Grenzlinie um die Provinz gehen und alle
Aus- und Einbiegungen beachten wollte, der müßte wohl 25 Tage
unterwegs bleiben, wenn er auch täglich einen Marsch von sechs
Meilen machen wollte; denn der Umfang beträgt etwa 150 Meilen.
Von der Vogelschau aus erscheint die Provinz nach ihrer
Bodenbeschaffenheit als eine große Ebene, die mit Unterbrechung
durch unbedeutende Hügel sich vom Rheine nach der Weser er-
streckt und hufeisenförmig von Bergen umschlossen wird. Diese
Fläche trägt den Namen westfälische Bucht, oder weil sie fast ganz
im Regierungsbezirke Münster liegt, münsterscher Tieflandbusen.
Der Ausdruck Bucht, Busen ist ganz eigentlich zu verstehen, wenn
auch das Meer jetzt fehlt. Daß es früher dort war, beweisen die
vielen versteinerten Seebewohner, die man findet, sowie ans der
Eiszeit die Lehm- und Sandlager mit Einschüssen von größeren
und kleineren Kiesel und mit der Ablagerung von granitenen Find-
lingssteinen, den erratischen Felsblöcken. Auch die Hügel sind nichts
anderes als vom Meere aufgeworfene Dünen. Die ganze Ebene
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Extrahierte Personennamen: Schlüsselburg
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Ruhrort Rhein Westfalen Schleswig-Holstein Hessen-Nassau Minden Burbach Siegen Anholt Borken Corvey Niederlande Rheinprovinz Provinz_Hessen-Nassan Rheine
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 30 —
Seine Majestät der König dankte dem Redner in folgenden, mit
Bewegung gesprochenen Worten:
„Mit Dank gegen die Vorsehung nehme Ich die erneuerten Ge-
löbnisse der Treue und Ergebenheit der Provinz Westfalen entgegen,
wie sie Mir soeben dargebracht worden sind. Die Gelöbnisse wurzeln
in dem Gefühle der Dankbarkeit für die Segnungen, welche die
väterlichen Regierungen Meines königlichen Vaters und Bruders
über diesen Landesteil ergossen haben. Diesen Dank an deren Statt
entgegennehmen zu sollen, gewährt Mir eine hohe Genngthuuug.
Tie heutige Feier reihet sich an die gleiche dreier anderer Provinzen,
die, wie Westfalen, nach einer verhängnisvollen Trennung mit
Preußen wieder vereinigt wurden oder neu hinzutraten. So schließt
denn mit heute an einem in so vieler Hinsicht bedeutungsvollen
Tage die Jubelfeier fast der Hälfte der Monarchie für die Wohl-
fahrt, das Gedeihen und Aufblühen dieser Landesteile nach einer
fünfzigjährigen Vereinigung unter Preußens Scepter. Der Blick
auf Westfalens Gefilde giebt Zeugnis von den Fortschritten, die ein
fünfzigjähriger Friede ermöglichte. Und da, wo dieser Friede auf
kurze Zeit unterbrochen wurde, gaben Westfalens Söhne Zeugnis,
daß sie in Heldenmut und Hingebung ihren Voreltern gleich waren,
und hefteten durch glorreichen Sieg neuen Ruhm an Preußens
Fahnen. Möge die Gesinnung, die sich Mir heute kuudgiebt, eine
glückliche Vorbedeutung sein, daß nach einem abermaligen halben
Jahrhundert gleiche Wohlfahrt und gleiche Treue iu Westfalen
angetroffen werde! Das walte Gott!"
Der älteste brandenburg-preußische Besitz in Westfalen ist das
frühere Bistum und Fürstentum Minden, das infolge des west-
fälischen Friedens 1648 dem großen Kurfürsten zufiel. Im Jahre
1666 erhielt er endgültig dazu die Grafschaften Ravensberg und
Mark, die als Teile des jülich-clevischen Erbes schon vorläufig
seit 1609 von Johann Sigismund und dessen Nachfolger Georg
Wilhelm verwaltet waren. 1702 vereinigte Friedrich I., der erste
König in Preußen, die Grafschaft Lingen im Norden von Westfalen
mit seinen Landen, und zwar wegen seiner Verwandtschaft mit den
Oraniern, welche dieselbe früher besessen hatten, jetzt aber in der
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Extrahierte Personennamen: Westfalens_Söhne Johann_Sigismund Johann Georg
Wilhelm Wilhelm Friedrich_I. Friedrich_I.
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Westfalen Westfalens Westfalen Westfalen Minden Westfalen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 149 —
Nähe liegt das Haus Himmelreich, das aber mit dem Himmel nichts
zu thun hat, sondern eigentlich Hammelriek heißt. Es soll von dem
Ritter Georg von der Holle, dem westfälischen Sickingen, wie man
ihn wohl genannt hat, eingerichtet sein, dessen kriegerische Thaten
aus dem 16. Jahrhundert jetzt noch beim Volke nicht ganz vergessen
sind, obwohl der Schauplatz meist in der Fremde war; der Ritter
diente Philipp von Spanien im Kriege gegen Frankreich 1557 und
dem Dänenkönig wider Schweden 1563. In der Marienkirche zu
Minden ist sein Grab und Tenkmal. Seiner wird auch in dem nieder-
sächsischen Sprichwort gedacht: Halt zum Freunde Mönchhausen,
Halle und Holle, so behältst du deine Kuh im Stalle. Auf der
Chaussee von Petershagen nach Minden durchschreiten wir den
schönen Petershagener Wald und gelangen nach etwa Iv2 Stunden
bei dem Dorfe Todtenhausen an ein Denkmal an die dortige Schlacht
und ihre Helden. Es ist ein gotisch verzierter Obelisk, vorn mit
dem Kopse Ferdinands und der Inschrift: Dem Andenken des von
den vereinigten Truppen Preußens, Englands, Hannovers, Hessen-
Kassels, Sachsen-Gothas, Brannschweigs und Schaumburg-Lippes
unter der Führung Ferdinands, Herzogs von Braunschweig, am
1. August 1759 bei Minden erfochtenen Sieges über die französische
Armee. Die dankbaren Nachkommen der verbündeten Krieger am
1. August 1759. An den beiden Nebenseiten zeigt sich auch mit dem
Kopfe die Inschriften: Dem Sieger bei Gohfeld am 1. August 1759,
Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, und: Dem
Verteidiger der Linien bei Todtenhausen am 1. August 1759, Grasen
Wilhelm zu Schaumburg-Lippe. Auf der Rückwand stellt sich uns
das lorbeerumkränzte Haupt Friedrich des Großen dar.
In dem siebenjährigen Kriege, dem Heldenkampfe Friedrichs
des Großen gegen das halbe Europa, wird auch der Name Minden
mit Ehren genannt.
Tie mit Maria Theresia von Osterreich verbündeten Franzosen
waren im Frühjahr 1775 unter Marschall d'etrees über den Rhein
gedrungen, hatten sich Wesels, dann des Herzogtums Cleve und des
Fürstentums Ostfriesland bemächtigt und durchzogen unanfgehalten
Westsalen, um Hessen und Hannover zu gewinnen. Der Herzog von
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Extrahierte Personennamen: Georg_von_der_Holle Philipp_von_Spanien Philipp Ferdinands Ferdinands August August August Karl_Wilhelm_Ferdinand_von_Braunschweig Karl Wilhelm Ferdinand August Wilhelm Friedrich Friedrichs Friedrichs Maria_Theresia_von_Osterreich Maria Theresia
Extrahierte Ortsnamen: Haus_Himmelreich Frankreich Schweden Petershagen Dorfe_Todtenhausen Ferdinands Englands Hannovers Hessen-
Kassels Sachsen-Gothas Ferdinands Braunschweig Gohfeld Todtenhausen Europa Rhein Hessen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 268 —
weit schlimmer als die Hessen wüteten. Hungersnot und Pest
brachen aus. und das ganze Hochstist wurde einer Wüste ähnlich.
Im Jahre 1802 „ließ", wie es im Schematismus des Bistums
Paderborn heißt, Gott es in seiner unersorschlichen und anbetungs^
würdigen Weisheit zu, daß den Bischöfen Teutschlands die fürst-
liche Macht genommen wurde. Paderborn kam als weltliches Fürsten-
tum an Preußen, welchem es nach kurzer Unterbrechung durch die
Regierung des Königs Hieronymus von Westfalen verblieb. Tie
geistliche Macht des Bischofs blieb aber unangetastet und infolge
einer Vereinbarung der Krone Preußens und des Papstes Pius Vii.
wurde in der Bulle De salute animarum (Wegen des Heils der
Seelen) 16. Juli 1821 der Tiöcese nicht nur ihr Bestand gesichert,
sondern ihr geistliches Gebiet erweitert. Ter Kirchenprovinz Mainz
entnommen und dem Erzbischofe von Köln unterstellt, umfaßt sie
jetzt einen westfälischen Anteil, dem auch die Abtei Corvey, das Herzogtum
Westfalen, die Fürstentümer Minden und Siegen, die Grafschaften
Mark, Wittgenstein, Rietberg, die ganze Grafschaft Ravensberg,
das Amt Reckenberg angehören, dazu auch Lippe und Waldeck und
einen sächsischen Anteil in den Provinzen Sachsen und Branden
bürg, in Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt und -Sondershausen.
2) Aus der Geschichte der Abtei Corvey bis zur Herrschaft
Preußens.
Die Abtei Corvey, deren Gebiet einst den nordöstlichen Teil
des jetzigen Kreises Höxter umfaßte, ist eine reichgesegnete und hoch-
berühmte Beuediktiner-Stiftung. Adelhard, ein Onkel Karl Mar-
tells, der Abt vom Kloster Corbie bei Amiens in Frankreich —
es war gleichen Mönchsordens 666 von Bathildis, König Chlod-
wigs Gemahlin, gestiftet — faßte den Plan, durch Brüder seines
Ordens eine Pflanzfchnle des Christentums in dem von seinem
Vetter Karl dem Großen eroberten und mit Bistümern ausgestat-
teten Sachsenlande zu gründen.
Aus den Tannenwipfeln ragte
Eines Türmchens spitzer Kegel,
First und Giebel eines Klosters
Nach St. Benediktus' Regel.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst]]
TM Hauptwörter (200): [T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Mar- Karl Karl_dem_Großen Karl
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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von Holland, Louis Napoleon (den späteren Kaiser Napoleon Iii.)
unter seiner eigenen Vormundschaft zum Großherzog von Berg
ernannte. Es herrschte dann nach dem französischen Senatsbeschluß
vom 13. Dezember 1810 Napoleon als Kaiser in der Stadt Münster
und in den Ämtern Ahaus, Bocholt, Rheine, Horstmar, in dem
größten Teile des Amtes Dülmen, in einem Teile des Amtes Wolbeck
und des Amtes Sassenberg, als Vormund des Großherzogs von
Berg aber in einem kleinen Teile des Amtes Dülmen, in einem
Teile der Ämter Wolbeck und Sassenberg, im Amte Stromberg und
Werne mit Lüdinghausen.
Im Wiener Kongreß 1815 erhielt endlich Preußen seinen
jetzigen münsterschen Besitz: das ehemalige Oberstift Münster mit
Ausnahme eines kleinen Teils des Amtes Bevergern, das früher
zum Fürstentum Rheine-Wolbeck gehörte und als mediatisiertes Land
an Hannover abgetreten wurde. Das herzoglich Arenbergsche Amt
Meppen kam unter Hannover; Oldenburg nahm wieder die Amter
Kloppenburg und Vechta in Besitz. Von den kleinen mediatisierten
Gebieten innerhalb der preußischen Herrschaft über das alte Fürst-
bistum Münster hören wir am besten, um uns nicht zu verwirren, in
der nachfolgenden Beschreibung der seit 1815 eingerichteten einzelnen
Kreise. Die Huldigung für Preußen erfolgte am 18. Oktober 1815
zu Münster. Die erste Besitzergreifung münsterscher Länder war
schon, als 1803 die neue Verteilung der Länder noch nicht vollendet,
durch General Blücher und Stein 1801 und 1802 in Münster
vor sich gegangen.
2) Das Miinfterland.
Wenn man vom Niederrhein ins Münsterland kommt, so tritt
man in weite Sandstriche auf braunen Heiden, die mit Moor,
Wacholderbüschen und dürstigem Nadelholz untermischt sind. Sel-
ten trifft man eine rauchige Hütte mit Kindern davor, noch seltener
einen stillen, ärmlich gekleideten Hirten, dessen kleine Schafe auf
der mageren Weide nur dürftige Nahrung finden. Aber eine Un-
zahl von Krähen und Kiebitzen hält sich da aus. Das dauert mehrere
Stunden so fort. Das ganze eigentliche Münsterland ist von einem
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Louis_Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Stromberg