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Neueste Geschichte.
Bern Schall der Trompeten die Sprache der Freiheit verhallte, und daß der
hochtrabende Ton der Lchlachtberichte (Bülletins) und die Prunkreden des
Senats und des gesetzgebenden Körpers Wahrheit und Aufrichtigkeit vertilgten.
2. Äuslerutz. Prcschurg. Rheinbund.
§. 507. Die Engländer benutzten den Wiederausbruch des Kriegs mit
Frankreich, um holländische und französische Schiffe unerwartet wegzunehmen
und suchten dann Rußland und Oestreich zu einem neuen Kriegsbund
i8»3 (Koalition) zu bewegen. Napoleon dagegen ließ seine Truppen an die Weser
M ' rücken, um das dem englischen König zugehörige Kurfürstenthum Hannover
zu besetzen. Das hannöverische Volk und Heer war entschlossen, Gut und Blut
an dievertheivigung des Vaterlandes zu setzen, aber der selbftsüchtigeadel und
die Beamten zogen eine schmachvolle Kapitulation, die das ganze Land bis an
die Elbe den Franzosen preisgab, einem ehrenvollen Kampfe vor. Knirschend
mußte sich die tapfere Armee zuerst über die Elbe zurückzieheu und sich dann
auflösen. Waffen, Kriegsvorräthe und treffliche Pferde kamen in die Hände
der Franzosen, die nunmehr das Land mit ihren Truppen besetzt hielten und
durch Kriegssteuern und Lieferungen aussogen. Viele vaterländisch gesinnte
Männer der hannöverischen Armee traten in englische Kriegsdienste, wo sie in
den Reihen der „deutschen Legion" ihre angestammte Tapferkeit in manchen Ge-
fechten fern von der Heimath bewährten. — Die drohende Haltung, die Na-
poleon vonhannover aus gegen den ganzennorden annahm, so wie sein eigen-
mächtiges Verfahren in Holland, Italien und andern Ländern machten
die andern Mächte besorgt. In Italien wurde nicht nur die italienische
Republik in ein Königreich Italien umgewandelt und als Stellvertreter
des Kaisers sein Stiefsohn Engen Beauharnais zum Virekönig eingesetzt,
sondern Napoleon vergrößerte dasselbe auch durch Beifügung von Parma,
und verlieh Lu5ca seiner an den Korsen Bacciocht vermählten Schwester
Elisa. Auch in Spanien und Deutschland handelte Napoleon willkürlich und
eigenmächtig. Aus diesen und andern Ursachen verbanden sich Rußland,
Oestreich und Schweden mit England gegen Frankreich und erneuerten
den Krieg mit großer Anstrengung. Auch in Preußen war eine starke Par-
tei, an deren Spitze die hochsinnige Königin Luise und der tapfere, lebens-
frohe und „geniale" Prinz Louis Ferdinand standen, für den Anschluß an
die verbündeten Mächte wider Napoleon; aber die drei französisch gesinnten,
alles Vaterlandsgefühls ermangelnden Minister Haugwitz, Lurche sink
und Lombard besaßen noch das ganze Vertrauen des unschlüssigen, friedlie-
benden Königs. So blieb Preußen zu seinem Verderben neutral.
§. 508. Während die Aufmerksamkeit von ganz Europa nach der West-
küste Frankreichs gerichtet war, wo Napoleon Schiffe aller Art mit großer Thä-
tigkeit ausrüsten ließ und ein großartiges Heerlager in Bou log ne sammelte,
um, wie man glaubte, eine Landung an der englischen Küste zu unternehmen,
traf er in aller Stille seine Anstalten zu dem denkwürdigen Feldzuge von 1805.
Nie strahltenapoleonö Feldherrntalent und militärisches Genie in glänzenderem
Lichte, als bei der Entwerfung dieses Kriegsplans. Des Beistandes der mei-
sten süddeutschen Fürsten versichert, setzte er im Herbste mit 7 von den erfahren-
sten Feldherren wie N ey, Lannes, M armo nt. So ult, Murat u. A.
befehligten Heerabtheilungen über den Rhein und rückte in Schwaben ein, in-
deß Bernadotte, ohne Rücksicht auf Preußens Neutralität, durch das Ge-
biet der brandcnburgischen Markgrafschaft Anspach-Bayreuth nach derjsarvor-
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Extrahierte Personennamen: Äuslerutz Napoleon Napoleon Elisa Napoleon Oestreich Louis_Ferdinand Ferdinand Napoleon Haugwitz Napoleon Murat
Extrahierte Ortsnamen: Rheinbund Frankreich Hannover Holland Italien Italien Italien Parma Spanien Deutschland England Frankreich Europa Frankreichs Rhein Schwaben
Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft (Austerlitz. Preßburg). 341
drang. Diese Verletzung der neutralen Stellung beleidigte den König Friedrich
Wilhelm Iii. dermaßen, daß er sich jetzt den Verbündeten näherte und eine
drohende Haltung gegen Napoleon annahm, ohne jedoch ausdrücklich den Krieg
zu erklären. Dagegen verstärkten die Kurfürsten von Baden, Würtemberg
und Bayern mit ihren Truppen die Heere des übermächtigen Feindes, von
dessen Gunst sie eben so viel zu hoffen als von seinem Zorn zu fürchten hatten.
Aehnliches thaten die Herzoge von Hessen, Nassau u. A. Nach dem glück- ^
lichen Treffen, das Ney bei Elchin gen bestand, wurde der öftreichischeober- iso»
general Mack in Ulm eingeschlossen und von dem Hauptheer abgeschnitten.
Rathlos und an aller Rettung verzweifelnd knüpfte der unfähige Feldherr mit
den Franzosen Unterhandlungen an, welche die schmachvolle Capitulation von 20. On.
Ulm zur Folge hatten. Durch diesen Vertrag geriethen 23,000 Oestreicher,
darunter 18 Generale, in Kriegsgefangenschaft. Beschämt zogen die sonst
tapfern Krieger an Napoleon vorüber, streckten das Gewehr vor dem Sieger,
legten 40 Fahnen vor ihm nieder und überlieferten ihm 00 bespannte Kanonen.
Zu spät sah man in Wien ein, daß Mack der hohen Stelle nicht gewachsen sei
und ließ ihn durch ein Kriegsgericht seiner Ehren, Würden und Dienstvortheile
berauben. Napoleons Freude über das unerhörte Glückwurde jedoch gemindert
durch den gleichzeitigen S eesieg der Engländer bei Trafalgar, welcher die 21-
ganze französische Flotte vernichtete, aber auch dem großen Seehelden Nelson
den Tod brachte.
§. 509. In Preußen erlangte seit der Verletzung des neutralen Gebiets
durch Bernadotte die Kriegspartei die Oberhand. Der König erneuerte mit
dem empfindsamen Kaiser Alexander in der Garnisonskirche zu Potsdam
über Friedrichs des Großen Sarg, in einer nächtlichen Stunde, den Bund ewi-
ger Freundschaft, und schickte dann Haugwitz mit drohenden Forderungen an
Napoleon. Der französische Kaiser zog unterdessen längö der Donau den östrei-
chischen Staaten zu, nicht ohne viele blutige Kämpfe, von denen besonders das n. Ncv.
Treffen von Dürrenstein und Stein wider die Russen unter Kutusosf
und Bagration von Bedeutung war. Fanden die Franzosen bei dieser Gele-
genheit in den Russen tapfere und umsichtige Gegner, so hatten sie in Oestreich
selbst um so leichteres Spiel. Mürat bemächtigte sich der Hauptstadt Wienl3-
ohne alle Mühe und der Fürst von Auersperg, der die befestigte und mit Pul-
ver gefüllte Donaubrücke vertheidigen oder in die Luft sprengen sollte, ließ sich
durch die kecke List der französischen Befehlshaber und durch vorgespiegelte Frie-
densunterhandlungen dermaßen berücken, daß er dieselbe unversehrt und unver-
theidigt den Feinden überließ. Die Unschlüssigkeit deö Kaisers Franz und die
Uneinigkeit der Oestreicher und Russen erleichterte den Franzosen, die nunmehr,
mit unermeßlicher Kriegsbeute beladen, das russifch-östreichische Heer unter be-
ständigen Gefechten nach Mähren verfolgten, den Sieg. In Mähren kam es
am Jahrestag der Kaiserkrönung zu der Dreikaiserschlacht von Austerlitz, 2,82-
wo die Wintersoune den glänzendsten Sieg Napoleons beschien. Kaiser Franz,
die Beendigung des Krieges wünschend, ließ sich zu einem demüthigen Besuch
bei Napoleon im französischen Lager bereden und willigte dann in einen Waf-
fenstillstand, worin der Abzug der Russen aus den östreichischen Staaten
bedungen ward. Hierauf wurden Unterhandlungen eingeleitet, die schon nach
wenigen Wochen den Preßburger Frieden herbeisührten. 26.s>«.
In diesem Frieden verlor Oestreich das ven etianische Gebiet, welches
mit dem Königreiche Italien verbunden ward, Tyrol, das an Bayern fiel,
und Vorderöstreich, wovon der Breisgau und die Länder im Schwarzwalv an
Baden kamen. Bayern und Würtemberg erhielten den Rang von Kön igre i chen,
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Oestreicher Napoleon Napoleons Nelson Alexander Alexander Friedrichs Napoleon Franz Franz Napoleons Franz Franz Napoleon Oestreich
342
Neueste Geschichte.
Baden den eines Groß Herz ogthums , und alle drei traten zu dem Napoleoni-
schen Kaiserhaus in Verhältnisse der Verwandtschaft. Die Tochter des neuen Kö-
nigs M ar I o s ep h von Bayern wurde mit des Kaisers adoptirtem Stiefsohne
Eugen Beau Harn als verheirathet; in Würtemberg mußte die edle Fürstentoch-
ter Friederike Katharina die Ehe mit Napoleons leichtfertigem Bruder Hierony-
mus eingchen, der kurz zuvor auf Befehl seines kaiserlichen Bruders von seiner-
bürgerlichen Gattin Elisabeth Patterson aus Baltimore geschieden worden war; und
in Baden vermählte sich Karl, der Enkel des trefflichen Großherzogs Karl Fried-
rich, mit der von Napoleon adoptirten S t e ph a n i e Beauharnais, einer
Nichte der Kaiserin Josephine. Die Länder am Niederrhein wurden zu einem Gr oß-
herzogthum Cleve-Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf vereinigt und dem
Schwager des Kaisers, Joachim Mürat, verliehen. Auch Holland mußte seine
republikanische Verfassung gegen eine monarchische vertauschen und sich einen Napo-
leoniden als Herrscher ausbitten, worauf der französische Kaiser seinen Bruder Lud-
w i g zum König von Holland ernannte. Vor Allem erfuhr die Königsfamilie
von Neapel den Zorn des Machthabers. Während des Kriegs war eine russisch-
englische Flotte in Neapel gelandet und von Ferdinand und Karoline mit Freuden
27. Dec. begrüßt worden. Da Unterzeichnete Napoleon am Tage nach dem Abschluß des Prcß-
burger Friedens in Schönbrunn das Dekret, das den berüchtigten Satz enthielt:
„D i e D y n a st i e d e r B o u r b o n e n in Neapel hat aufgehört z u r e g i e -
rcn." Hierauf wurde Joseph B o nap ar te zum Kö n i g von Neapel er-
nannt und durch ein französisches Heer in seine neue Würde eingesetzt. Die könig-
liche Familie, die umsonst zuerst durch Bitten, dann durch Aufwiegelung der Lazza-
ge6r roni und Calabresen den Verlust des schönen Landes abzuwenden suchte, flüchtete
1806. sich mit ihren Schätzen und Freunden nach Sieilien, wo sie unter dem Schutze
der Engländer bis zu Napoleons Sturze lebte. In den eroberten und abgetretenen
Gebietstheilen von Italien wurden eine Anzahl Reichslehen mit beträchtlichen
Einkünften gegründet und an französische Marschalle und Staatsmänner mit Her-
zogstiteln verliehen.
Nach der Schlacht von Austerlitz wagte der preußische Botschafter Haug-
witz die Aufträge seines Hofes dem siegreichen Kaiser nicht mitzutheilen; ohne
in Berlin anzufragen ließ er sich theils durch die Drohungen, theils durch die
gewinnende Freundlichkeit Napoleons zur Unterzeichnung eines nachtheiligen
Vertrages bewegen, worin Preußen das fränkische Fürftenthum Anspach,
einige Länder am Niederrhein und das Fürftenthum Neuenburg in der
Schweiz gegen Hann over eintauschle. Umsonst sträubte sich der König gegen
den Tausch, der ihn mit England zu verfeinden drohte; durch den schnellen
Abschluß des Preßburger Friedens von Oestreich getrennt, blieb ihm nichts
übrig, als sich dem Machtspruche des Siegers zu fügen. — Die Nachricht von
der raschen Wendung der Dinge durch die Schlacht von Austerlitz machte auf
den englischen Minister Pitt einen so erschütternden Eindruck, daß er bald
nachher starb (1806).
§. 510. Durch die Erhebung des Kurfürsten von Bayern und des Her-
zogs von Würtemberg zur selbstherrlichen (souveränen) Königswürde war be-
reits die Verfassung des deutschen Reiches aufgelös't. Napoleon kam daher
aus den Gedanken, durch Stiftuug des Rheinbundes den Süden und Westen
von Deutschland dem östreichischen Einflüsse ganz zu entrücken und an sich zu
ketten. Aussicht auf Ländergewinn und Machtvergrößerung und Furcht vor
dem gewaltigen Gebieter, auf dessen Seite immer das Schlachtenglück war,
brachten eine große Anzahl Fürsten und Reichsstände zur Trennung vom deut-
schen Reich und zum Anschluß an Frankreich. Eigennutz war mächtiger als
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Extrahierte Ortsnamen: Würtemberg Baltimore Baden Cleve-Berg Holland Holland Neapel Neapel Schönbrunn Neapel Neapel Napoleons Italien Berlin Fürftenthum_Neuenburg Hann England Bayern Würtemberg Rheinbundes Deutschland Frankreich
392
11. Suit.
15. Nov.
1848.
Februar
1849.
3. Suli
1849«
März
1848.
Neueste Geschichte.
Streifzügen und Gefechten, wobei der ritterliche Bundesgeneral Friedrich
von Gage rn seinen Tod fand, wurde der Aufstand unterdrückt und die Führer
zur Flucht genöthigt. — Am 18. Mai wurden die Sitzungen der verfassung-
gebenden Nationalversammlung eröffnet. Die durch Talent und Be-
redsamkeit ausgezeichnete Versammlung in der Paulskirche zu Frankfurt
war ein würdiger Ausdruck deutscher Bildung und Gesinnung. Eine der ersten
Handlungen des Frankfurter Parlaments war die Beseitigung des Bundes-
tags und die Errichtung einer neuen Centralgewalt. Nach heftigen par-
lamentarischen Kämpfen vereinigte man sich dahin, daß die Nationalversamm-
lung einen unverantwortlichen Reichsverweser erwählte, der sich dann
mit einem verantwortlichen Ministerium zu umgeben habe. Die am 29.
Juni vorgenommene Wahl entschied für E r z h e r z o g I o h a n n v o n O e st r e i ch,
der dann nach seinem feierlichen Einzug in Frankfurt aus den Händen desbun-
destagspräsiventen die von diesem Staatskörper geübte Gewatt entgegennahm.
h. 568. Nicht minder heftig waren die durch die Februar-Revolution in
Italien bewirkten Erschütterungen und Wechselfälle. In Sicilien wurde der
Kampf gegen Neapel über ein Jahr mit großer Kraft und Ausdauer fortgesetzt,
ohne daß jedoch die unglückliche Insel im Stand gewesen wäre, die ausgespro-
chene Unabhängigkeit zu erringen. Der König von Neapel, stark durch gedun-
gene Schweizertruppen, brachte die Sicilianer zur Unterwerfung und hob dann
in Neapel die constitutionelle Verfassung, die er in der Noth gewährt hatte,
wieder gewaltsam aus. •— In Rom wurde die Aufregung bald so mächtig, daß
der schwache Papst Pius Ix. sie nicht mehr zu bewältigen vermochte. Umsonst
verhieß er dem Kirchenstaat eine constitutionelle Verfassung und berief eine Stän-
deversammlung nach der Hauptstadt. Sein Minister R o ssi wurde aus der Treppe
des Ständehauses durch einendolchstoß in diekehleermordet, woraufdie Demo-
kraten alle Gewalt an sich rissen. Voll Schrecken entfloh der Papst verkleidet nach
Gasta und überließ die ewige Stadt dem Pöbel und den Freischaaren, die
nunmehr eine r ömisch e Republik errichteten und Hand an das Kirchenver-
mögen legten. Mazzini, das thätige Oberhaupt des jungen Italiens, -und
Garibaldi, der kühne Freischaarenführer, geboten in Rom. Jetzt wendete sich
der Papst an die Schutzmächte des Kirchenstaats und bewirkte, daß eine fran-
zösische Armee unter General Oudinot vor die Mauern Roms rückte und die
Wiederherstellung der alten Ordnung verlangte. Als diese verweigert wurde,
schritten die Franzosen zur Belagerung, fanden aber so heftigen Widerstand, daß
sie erst nach wochenlangen blutigen Kämpfen und Stürmen in den Besitz der
Stadt kamen. Die Republikaner suchten ihr Heil in der Flucht, eine französische
Besatzung nahm ihren dauernden Aufenthalt in Rom und unter dem Schutze
ihrer Bajonette kehrten allmählich die alten Zustände zurück. — Auch in Tos-
kana erlangten die Demokraten auf kurze Zeit die Oberhand und nöthigten den
Großherzog zur Flucht; aber die republikanische Staatsform dauerte nur einige
Wochen. — Die merkwürdigste Umwandlung der Dinge ging in Oberitalien
vor sich. In Mailand und Venedig wurde die östreichische Besatzung durch
Volksaufstände und Straßenkämpfe zum Abzug genöthigt, worauf in ver ganzen
Lombardei die Fahne der Unabhängigkeit aufgepflanzt ward. Dies erfüllte
den König K a r l A l b e r t von Sardinien mit ver Hoffnung, sich des lombardisch-
venetianischen Königreichs bemächtigen zu können. Er erklärte an Oestreich den
Krieg und drängte, unterstützt von zahlreichen italienischen Freischaaren, in der
ersten Zeit der Begeisterung und Ueberraschung, die feindlichen Truppen nach
der Nordgrenze Italiens. Aber bald änderte sich die Lage der Dinge. Schon
am 6. Mai bestand der86jährige Feldmarschall Radetzky bei Santa Lucia
unweit Verona ein glückliches Gefecht und am 25. Juli erlangte er bei Cu-
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Extrahierte Personennamen: Suli Friedrich
von_Gage Friedrich Mazzini Garibaldi Feldmarschall_Radetzky
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Frankfurt Italien Sicilien Neapel Neapel Neapel Rom Italiens Rom Rom Oberitalien Mailand Venedig Sardinien Italiens Verona
Der spanische Erbfolgekrieg. 269
Baters Bahn fortging, über Mar Emanuel und seinen Bruder, den Kölner
Kurfürsten, die Acht aus.
§. 412. Auch in den Niederlanden und in Italien war das Glück
den Franzosen entgegen. Dort trug Marlborough in der Schlacht von2z. Mai
Ramillies einen glänzenden Sieg über den unfähigen Marschall Villeroi, r7»6.
den Günstling der Frau von Maintenon, davon, was zur Folge hatte, daß die
spanischen Niederlande den östreichischen Thronbewerber als
Herrscher anerkannten; und in Italien schlug Prinz Eugen in der 7 Sept.
Schlacht bei Turin die übermächtige französische Streitmacht aufs Haupt, 1706.
worauf sowohl Mailand und die Lombardei als Unteritalien mit
Sicilien in die Hände der Sieger fielen. Eugens Ruhm erschallte weithin
und sein Name blieb fortan im Munde des Volks, das seine Thaten in Liedern
pries. Nur in Spanien behauptete sich Philipp von Anjou gegen die
englischen und östreichischen Heere. Zwar erkannten die Landschaften des alten
Königreichs Aragonien, aus angeborenem Nationalhaß gegen Castilien,
großentheils den östreichischen Thronbewerber an, als dieser in Catalonien
landete. Barcelona, Valencia und alle bedeutende Städte fielen ihm zu,
während die Engländer unter der Anführung des Prinzen Georg von Hessen
auf der Südküste die schwachbesetzte Festung Gibraltar in Besitz nahmen, 1704
die sie bis zur Stunde behauptet haben. Aber durch die Anhänglichkeit der Ca-
stilianer behielt Philipp V. dennoch die Oberhand und verhängte nach dem
Sieg bei Al man za über die gefallenen Landschaften ein schweres Strafgericht.
Die schönen Fluren von Valencia wurden verwüstet, die entschlossenenbewohner,
die lieber das Aergste über sich ergehen ließen, als daß sie sich den verhaßten
Castilianern unterwarfen, erlitten den Tod in jeglicher Gestalt, und um nicht
dem Hohne der Sieger preisgegeben zu werden, zündeten sie, wie einst diebür-
ger von Sagunt und Numantia, selbst ihre Häuser an und begruben sich
unter den Trümmern. Als endlich nach der Eroberung von Saragossa und Lerida
der Widerstand gebrochen war, und das Richtbeil die kühnsten Häupter gefällt
hatte, verloren die drei Landschaften Aragonien, Catalonien und Valencia den
letzten Rest ihrer Rechte und wurden fortan nach castilischen Gesetzen regiert.
Doch beharrte Barcelona in muthvollem Widerstande bis zu Ende des
Kriegs.
§. 413. Im I. 1708 vermehrten die beiden großen Feldherrn Eugen
und Marlborough ihren Kriegsruhm noch durch den Sieg bei Oudenarde ^os!1
an der Schelde. Da verzweifelte Ludwig Xiv. an dem glücklichen Ausgange
des Kriegs und die Noch seines erschöpften Reichs erwägend wünschte er nun-
mehr Frieden. Aber durch den Einfluß Eugens und Marlboroughs, die das
Kriegsglückzu Frankreichs Demüthigung benutzen wollten, wurden harte For-
derungen an ihn gestellt. Man verlangte nicht blos, daß der französische König
alle Ansprüche auf die gesammte spanische Monarchie aufgebe, sondern,
daß er auch Elsaß mit Straß bürg abtrete; und wie hart auch dem stolzen
Herrscher die Demüthigung fallen mochte, er wäre auf die Bedingungen einge-
gangen, hättennicht die Gegner zuletzt noch die entehrende Forderung beigefügt:
Ludwig solle seinen eigenen Enkel aus Spanien vertreiben helfen. Dies schien
dem französischen Hof zu hart und der Krieg dauerte fort. Aber in der mörde-
rischen Schlacht von Malplaquet verlor Frankreich mehr Leute als bei irgend n. Sept.
einer frühem Niederlage und würde den Frieden unter jeder Bedingung haben 1709
annehmen müssen, hätte nicht die göttliche Strafgerechtigkeit nunmehr auch den'
Uebermuth der Andern züchtigen wollen, auf daß der Mensch Mäßigung lerne!
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Extrahierte Ortsnamen: Niederlanden Italien Maintenon Italien Mailand Spanien Aragonien Barcelona Valencia Valencia Hohne Saragossa Valencia Barcelona Frankreichs Spanien Frankreich
268
Die neue Zeit.
Levpold ^etcf) fcer Ruhe bedurft hätte. Dies hatte den heftigsten aller bisherigen Kriege
1667— zur Folge. Denn Kaiser Le op o ld griff zu den Waffen, um seinem zweiten
Sohn Karl das Erbe der Habsburger zu erkämpfen. Auf östreichischer Seite
standen nicht nur die meisten Fürsten Deutschlands, insbesondere der Kurfürst
Friedrich von Brandenburg, der für diesen Beistand mit der Würde
eines Königs von Preußen geschmückt wurde, und Hannover, für das
kurz zuvor eine neunte Kur errichtet worden war, sondern auch die See-
mächte England und Holland, dieses aus Furcht vor Frankreichs drohen-
der Uebermacht, jenes aus Zorn, als der französische König den Prätendenten
Jakob (10.) Stuart bei dem Tode seines Vaters als König von England
1701. anerkannte. Mit Frankreich stand nur der Kurfürst von Bayern, Mar
Emanuel, und sein Bruder, der K u r fü r st von Köln, in Verbindung. Spa-
nien war getheilt. Die östlichen Landschaften, Aragonien, Catalonien,
Valencia, waren für den östreichischen Thronbewerber; C a sti l i en dagegen
und das übrige Land ergriffen die Waffen zum Schutze des bourbonischen
Königs Philipp V., der von mütterlicher Seite von den Habsburgern ab-
stammte unv dessen Natur spanisches Gepräge trug.
§. 411. Was diesmal so entschieden das Kriegsglück an Oestreichs und
Englands Fahnen knüpfte, war, daß die beiden größten Feldherrn der Zeit,
Prinz Eugen von Savoyen und der Herzog v. Marlborough, die Heere
führten. Jener vermehrte gleich Anfangs den schon in den Türkenkriegen er-
worbenen Ruhm durch einen meisterhaften Zug nach Italien, wo er den
1701. wackern Feldherrn Catinat zurückdrängte und den Herzog von Savoyen und
Piemont auf Oestreichs Seite brachte; Marlborough aber, das Haupt der
Whigs (§. 397.), die seit dem Regierungsantritt der Königin Anna (§. 399.)
das Staatsruder führten, und darum mit fast unbeschränkter Gewalt ausge-
rüstet, war sowohl als Kriegsheld wie als Staatsmann ausgezeichnet, befleckte
aber seine Ehre durch Habgier und Gewinnsucht. Durch seinen Bund mit
Oestreich zog der Herzog von Savoyen große Kriegsnoth über sein Land.
Vendome, ein geschickter Feldherr, eroberte Piemont und die reichen Fluren
der Lombardei, und gedachte sich mit dem Kurfürsten von Bayern, der in Ty-
1703. r 0 l eingefallen war, zu verbinden; allein der muthige Aufstand der tapfern
Tyroler, die von ihren unzugänglichen Berghöhen und Thalschluchten die
Bayern mit ihren Büchsen angriffen und durch einen wohlgeleiteten Schaaren-
krieg am Vorrücken hinderten, vereitelte den Plan. Der Kurfürst mußte nach
großen Verlusten Tyrol räumen und schloß sich hierauf an das französische Heer
an, das unter den Marschällen Villars und Tallard durch das Kinzigthal
in Schwaben eingerückt war. Hier stellte sich Eugen und der Anführer der
Reichstruppen, Ludwig von Baden, den Feinden entgegen. Bald schloß sich
Marlborough nach einem meisterhaften Zug am Rhein und an der Mosel
den beiden andern an, worauf Eugen und Marl b orou gh den alten bedäch-
tigen Markgrafen Ludwig zur Belagerung von Ingolstadt abschickten und dann
13.August in der Schlacht von Höchstädt (oder, wie die Engländer sie nennen, von
1704. Blenheim) die französische und bayerische Armee aufs Haupt schlugen. Tal-
larb gerieth mit einem großen Theile seines Heeres in Gefangenschaft, das
ganze Kriegsgeräth wurde erbeutet. Der Kurfürst von Bayern mußte den Fran-
zosen über den Rhein folgen und sein Land den Oestreichern preisgeben, welche
furchtbare Bedrückungen daselbst übten, so daß endlich das zur Verzweiflung
gebrachte Volk einen Aufstand machte, dadurch aber das Maaß seiner Leiden
Josephs), nur noch vermehrte. Und um das bayerische Fürstenhaus für seine undeutsche
*17117 Gesinnung zu züchtigen, sprach der neue Kaiser Joseph 1., der auf seines
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328
Mai.
Mailand.
10. Mai
1796.
S August.
15—17.
Non.
14, Jan.
it. Febr.
1797.
19. Febr.
18 April
1797.
Venedig.
17. Oct.
1797.
Neueste Geschichte.
Savoyen und Nizza an Frankreich abtrat, dem Heerführer sechs Festungen
überließ und die drückende Verpflichtung einging, den französischen Armeen je-
derzeit den Durchzug durch sein Land zu gestatten. Durch diese und einige an-
dere lästige Bedingungen wurde das Königreich ganz von Frankreich abhängig,
daher auch nach des Königs baldigem Tode sein Sohn Karl Emanuel
(1796—1802) Piemont den Feinden überließ und mit seiner Familie nach der
Insel Sardinien übersiedelte. Eben so rasch war Napoleons Siegeslauf in
ganz Oberitalien. Nach dem denkwürdigen Uebergang über die Brücke von
Lodi zog er in das östreichische Mailand ein, unterwarf die lombardischen
Städte und schreckte die kleinen Fürsten so sehr durch sein Waffenglück und sei-
nen Uebermuth, daß sie um jeden Preis den Frieden von dem Sieger zu erhal-
ten strebten. Napoleon trotzte den Herzogen von Parma, Modena, Tos-
cana ii. A. große Geldsummen und werthvolle Gemälde, Knnstschätze und
Schriftwerke ab. Er verfuhr wie einst die römischen Feldherren, die er aus
Plu ta rchs Lebensbeschreibungen kannte; er bereicherte die französische Haupt-
stadt mit den Erzeugnissen des Geistes, um das schaulustige und eitle Pariser
Volk zu ergötzen. Mit den erpreßten Geldsummen unterstützte er die schwache
Directorialregierung. — An die Stelle des alten Beaulieu trat nun Wurm-
se r. Aber auch dieser wurde bei C a st i g l i o n e geschlagen und darauf in Man-
tua belagert. Das zu seiner Befreiung unter Alvinzi abgesandte Heer erlitt
drei Niederlagen (bei Arcóle, Rivoli, La Favorita), wodurch die ganze
östreichische Kriegsmacht in Italien aufgerieben, zersprengt oder gefangen ward.
Dies nöthigte den wackern Wurmser, Mantua au den glorreichen Sieger zu
übergeben. Bonaparte, des Feindes Tapferkeit ehrend, gewährte dem grei-
sen Feldherrn mit seinem Generalstab und einem Theil der muthvollen Be-
satzung freien Abzug. Erschreckt über diese raschen Erfolge erkaufte Papst Pius Vi.
eilig den Frieden von Tolentino durch Gebietsabtretungen, Geldsum-
men und Kunstwerke. — Jetzt übernahm Erzherzog Karl den Oberbe-
fehl über die östreichischen Heere in Italien. Aber auch er wurde bald zu einem
verlustvollen Rückzug genöthigt, worauf Bonaparte ihn bis nachklagen-
fur t verfolgte, in der Absicht auf W ien loszugehen. Kaiser Franz, besorgt
über das Schicksal seiner Hauptstadt, ließ sich durch weiblichen Einfluß gerade
in dem Augenblick zum Abschluß des uachtheiligen Präliminarfriedens
vonleoben bestimmen, als die Lage der französischen Armee durch daö Aus-
bleiben der erwarteten Hülfstruppen und durch die drohenden Bewegungen der
Tyroler, Steyrer und Kärnthner bedenklich zu werden anfing. Um dieselbe
Zeit, wo dieser Friedensvertrag zum Abschluß kam, entstand im Rücken der
französischen Armee auf dem Gebiete der Republik Venedig eine Volksbewe-
gung, in Folge deren in Verona und in der Umgegend viele Franzosen er-
mordet und nicht einmal die Kranken und Verwundeten in den Hospitälern ge-
schont wurden. Dies ward von Napoleon zur Vernichtung des venetianischen
Freistaats benutzt. Die Feigheit dxr aristokratischen Rathsherrn, die, statt mu-
thig Widerstand zu leisten und mit Ehren zu fallen, demüthig die Gnade des
stolzen Siegers anflehten und einem demokratischen Rath die Regierung über-
ließen, erleichterte die Ausführung des Plans. Schon im Mai zogen die Fran-
zosen in Venedig ein, führten die Schiffe und die Vorräthe des Zeughauses
weg, beraubten die Kirchen, Gallerten und Bibliotheken ihrer schönsten Zier-
den und kostbarsten Schätze und hielten die Stadt besetzt, bis die Unterhand-
lungen mit Oestreich so weit gediehen waren, daß der Friede von Campo
Formio, wodurch O deritalien als cisalpinische Republik unter Frank-
reichs Herrschaft geriet!), zum Abschluß kam. Oestreich, das in diesem Frieden
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Extrahierte Personennamen: August Karl_Emanuel
( Karl Napoleons_Siegeslauf Napoleons Napoleon Karl Karl Franz Franz Napoleon Campo
Formio Oestreich
Napoleon Bonaparte's Machtherrschast (Consulat). 335
wollten, wurden von Napoleon klug benutzt. Er schickte etliche Tausend dieser
Gefangenen, neu gekleidet und bewaffnet, ohne Lösegeld in die Heimath zurück.
Dadurch gewann er das Herz des bei aller Sonderbarkeit ritterlichen Kaisers,
so daß dieser in freundschaftlichen Verkehr mit Bonaparte trat und sich von sei-
nen früheren Bundesgenossen gänzlich lossagte. — Nun sammelte der erste
Consul in aller Stille eine beträchtliche Truppenmasse in der Nähe desgenfer-
see's und unternahm dann mit der Hauptarmee ven großartigen Zug über , ,
den großen St. Bernhard, indeß andereheerabtheilungen überdensim-
plon, St. Gotthard und andere Pässe nach Italien drangen. Das kühne Un-
ternehmen mit seinen Beschwerden und Gefahren erinnerte an Hannibals Hel-
denzeiten. Das Heer zog an dem zwischen Schnee- und Eisbergen gelegenen
Hospiz vorüber in das Flußthal der Dora Baltea hinab, wo ihm das von den
Oestreichern besetzte Fort Bard unüberwindliche Schwierigkeiten zu bereiten
schien. Allein Napoleons Geist fand Auswege. Auf einem Hirtensteig über-
stiegen die Truppen die benachbarte Höhe, indeß das Geschütz heimlich mit List
unter den Batterien des Forts durchgeführt wurde. So kamen die Franzosen
ganz unerwartet in Oberitalien an, in demselben Augenblick, wo dieoeftreicher
auch noch Genua zur Ergebung gezwungen und somit im Besitz des ganzen
Landes waren. Aber die Lage der Dinge änderte sich bald. Fünf Tage nach 9
Genua's Fall erlitten die Oeftreicher bei Montebello eine Niederlage und "Jcmu;
kurz nachher wurde unweit Aleffandria die Schlacht von Marengo geliefert,14 °Uiu
wo dieoeftreicher unter Me las, nachdem sie zweimal gesiegt hatten, bei einer
dritten Erneuerung des Treffens vollständig geschlagen wurden. Die Herbei-
ziehung der Truppen des Generals Desair, der einige Tage früher aus
Aegypten zurückgekehrt war und der rechtzeitige Reiterangriff des jungen Kel-
lermann führte diese Wendung herbei und entriß den Oestreichern den sicher
geglaubten Sieg. Desair, einer der edelsten und größten Männer der Revolu-
tionszeit, starb bei Marengo den Heldentod. Mailand und die Lombardei wa-
ren der Preis dieses Schlachttages. Gleichzeitig war eine Armee unter Mo-
reau in Schwaben und Bayern eingedrungen und hatte dieoeftreicher in
mehreren Treffen zurückgeschlagen und zu einer Waffenruhe gezwungen; aber
erst der glorreiche Zug Maedonald's und Moncey's über die beeisten Grau- Juli,
bündtner Alpen und Moreau's glänzender Sieg in der blutigen Schlacht von 3 $cc_
Hohenlinden nöthigte die Oeftreicher, in dem Frieden von Lüneville die in 9.'grtr‘
Eampo Formio eingegangenen Bedingungen anzunehmen und den Thal- 1801
weg der Etsch und des Rheins als die Grenzen des französischen Reichs
anzuerkennen. Die Bildung einer italienischen Republik unter Bona-
parte's Präsidentschaft und die Bestimmung, daß die zu Verlust gekommenen
deutschen Fürsten und Reichsstände durch säcularisirte Kirchengüter
und aufgehobene Reichsstädte auf der rechten Seite des Rheins entschä-
digt werden sollten, waren die folgenreichsten Artikel des Friedens von Lüne-
ville. Die zwei Jahre später durch den sogenannten Reich sdeputati ons-^ozs
Hauptschluß getroffene neue Einrichtung der deutschen Staatsgebiete war der
erste Schritt zur Auflösung des deutschen Reichs und zur Begründung fouve-
ränerkönigreiche und Fürstenthümer.
h. 503. Der Friede von Amiens. Nach dem Frieden von Lüneville
stand England noch allein unter den Waffen; und da kurz vorher der rus-
sische Kaiser Paul aus Haß gegen das selbstsüchtige und übermüthigejnselvolk
mit Preußen, Schweden und Dänemark den Bund der bewaffneten Neu-
tralität (§. 456.) erneuert und somit den Briten auch in der Ostsee Feinde
bereitet hatte, so sehnte sich das englische Volk ebenfalls nach Ruhe und Echo-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Bernhard Gotthard Hannibals Bard Napoleons Marengo Marengo Paul
343
Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft (Tilsit. Erfurt).
Vaterlandsliebe. Am 12. Juli 1806 wurde in Paris der Gruudvertrag unter- isoe.
zeichnet, kraft dessen Napoleon als Protector des Rh ei n bund es den
einzelnen Bundesgliedern vollkommenes Herrenrecht (Souveränetät) zuerkannte
gegen die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl Truppen zu des Kaisers Ver-
fügung bereit zu halten. Bayern, Würtemberg, Baden, Hessen-Darmstadt,
Nassau u. A. m. bildeten den Kern, an den sich die kleineren Fürsten, wie
Hohenzollern, Liechtenstein, Solms u. A., anschlossen, bis allmählich fast alle
deutschen Bundesländer zweiten und dritten Ranges demselben beitraten. Der
zum Fürst-Primas erhobene Kursürst-Erzkanzler Dalberg, der Frank-
furt nebst Hanau und Fulda als Fürstenthum erhielt, ward als Napoleons
Stellvertreter beim Rheinbund ausersehen. Durch Unterordnung (Mediati-
sirung) vieler kleinen, vordem unmittelbaren, Reichsstände unter die Ober-
hoheit der großem Fürsten nahm die Macht der meisten Bundesglieder bedeu-
tend zu. Kaiser Franz Ii. entsagte nunmehr der deutschen Kaiserwürde, nannte
sich Franz I. Kaiser von Oe st reich und entzog seine sämmtlichen Staaten
dem deutschen Reichsverband. Damit wurde das heil, römische Reich deut-
scher Nation aufgelös't. Durch innere Zwietracht und machtlose Vielherr- ^Aug.
schaft war es schon längst zum Schatten herabgesunken. Jetzt wurden seine
mächtigsten Glieder die Vasallen eines fremden Zwingherrn. Wohl drückte das
Gefühl der Schmach manche deutsche Brust, und E. M. Arndt gab in dem
„Geist der Zeit" dem Gefühle Worte; aber wer wagte es noch ferner zu spre-
chen, seitdem der wackere Buchhändler P a lm von Nürnberg auf Befehl des2«. Aug.
despotischen Machthabers das Opfer eines schmachvollen Justizmordes gewor-
den, weil er sich weigerte, den Verfasser einer von ihm verlegten kleinen Schrift
über Deutschlands Erniedrigung anzugeben?
3. Jena. Tilsit. Erfurt.
§. 511. Die schwankende Haltung Preußens hatte Napoleon mit tiefem
Groll erfüllt und die Ansicht in ihm erzeugt, daß der König als Freund unzu-
verlässig, als Feind unschädlich sei. Er setzte daher alle Rücksicht und Scho-
nung bei Seite und fügte der preußischen Negierung absichtlich viele Kränkun-
gen zu. Die dadurch herbeigeführte Spannung wurde durch zwei Ursachen zum
völligen Bruch gesteigert: 1) Der Stiftung des Rheinbundes schien die Ab-
sicht unterzuliegen, Deutschland allmählich ebenso von dem fränkischen Kaiser-
thum abhängig zu machen, wie Italien und Holland. Preußen suchte daher
durch Gründung eines nordischen Bundes, dem alle am Rheinbunde noch
unbetheiligten Reichsstände beitreten sollten, dieses Vorhaben zu vereiteln und
fühlte sich tief verletzt, als Napoleon den Plan, den er selbst angeregt hatte,
mit eigennütziger Doppelzüngigkeit Hintertrieb. 2) Man brachte in Berlin in
Erfahrung, daß der französische Kaiser bei Erneuerung der Friedensunterhand-
lungen mit der englischen Regierung dieser angeboten habe, das an Preußen
abgetretene Kurfürstenthum Hann over wieder zurückzugeben, ohne mit der
preußischen Regierung darüber Rücksprache zu nehmen. Diese Erfahrungen,
verbunden mit mannichfachen Grenzverletzungen brachten die preußische
Regierung zu der Ueberzeugung, daß sie sich von Frankreich des Schlimmsten
zu versehen habe. Sie forderte in dem sogen. Ultimatum Abstellung aller
Klagepunkte, setzte die Heere aus den Kriegsfuß und brach alle Verbindungen
mit Paris ab.
§. 512. Während man in Berlin noch die letzte Antwort von Frankreich
erwartete, standen die französischen Truppen unter Napoleon und seinen kriegs-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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TM Hauptwörter (200): [T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Kursürst-Erzkanzler_Dalberg Napoleons Franz_Ii Franz Franz_I. Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Tilsit Erfurt Paris Würtemberg Baden Hessen-Darmstadt Nassau Liechtenstein Hanau Fulda Nürnberg Deutschlands Jena Tilsit Erfurt Deutschland Italien Holland Rheinbunde Berlin Hann Frankreich Paris Berlin Frankreich
345
Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft (Tilsit. Erfurt).
Warschau ein, aber nur zu bald merkten die Polen, daß der fremde Gebieters.januar
mehr auf Befriedigung seines Ehrgeizes und seiner Herrschsucht als auf Wie- 1807
derbelebung ihres Reiches bedacht sei. — Mörderische Schlachten wurden nun-
mehr an den Ufern der Weichsel geliefert und bei Pultusk und Morungen
Ströme von Blut vergossen. Aber der Hauptschlag geschah in der Schlacht s F-br.
von Preußisch-Eylau, wo der Kriegsmuth der Franzosen, Russen und Preu- 18üi
ßen einen Kampf erzeugte, der an Menschenverlust den blutigsten Ereignissen
der Weltgeschichte gleichkommt. Beide Theile sprachen den Sieg an, und die
Anstrengung und Erschöpfung war so groß, daß der Krieg eine viermonatliche
Unterbrechung erlitt. Während dieser Zeit wurden neue Unterhandlungen ein-
geleitet; allein so sehr auch der mit seiner Familie in Memel weilende König
die Beendigung des Kriegs wünschte, um sein Volk von den furchtbaren Be-
drückungen derfranzosen zu befreien, so war er doch zu redlich seine Sache von
seinen Bundesgenossen zu trennen. Aber als auch die schlesischen Festungen an
der Oder, Glogau,Brieg, Schweidnitz und Breslau, durch die Feig-
heit der Befehlshaber in die Hände der Franzosen kamen, und selbst Danzig‘24’
von dem tapfern Kommandanten Kalkreuth dem Marschall Lefebvre über-
geben werden mußte, da verlor der König alles Vertrauen auf einen glücklichen
Ausgang. Als nun nach Wiedereröffnung des Kriegs die Franzosen, am Jah-
restag von Marcngo, über die Russen in der Schlacht von Friedland einen"- Juni-
glänzenden Sieg erfochten und Königsberg besetzten, da hielten es die verbün-
deten Monarchen für rathsam, nach einer persönlichen Zusammenkunft mit Na- ^
poleon auf dem Riemen (Memel), in den Frieden von Tilsit zu willigen, J^.
so drückend auch dessen Bedingungen waren. Durch diesen Frieden verlor Fried-
rich Wilhelm die Hälfte seiner Staaten; er mußte in die Abtretung aller Län-
der zwischen Rhein und Elbe, in die Gründung eines Herzogthumswar-
sch au unter der Oberhoheit des Königs von Sachsen und in die Erhebung
Danzigs zu einem Freistaat willigen, und die unerhörte Summe von 150
Millionen Thaler als Kriegsentschädigung genehmigen. Die von Preußen ab-
getretenen Gebiete nebst Kurhessen, Braunschweig und Süd-Hannover, verei-
nigte Napoleon zu einem neuen Königreich Westfalen mit der Hauptstadt
Kassel und setzte daselbst seinen jüngsten Bruder Hieronymus (Jerome)
zum König ein, mit der Verpflichtung, als Genosse des Rheinbundes dem
Kaiser westfälische Truppen zu stellen und ihm die Hälfte des Ertrags derkam-
mergüter abzugeben.
§. 514.» Austerlitz und Jena hatten die Macht von Oestreich und
Preußen gebrochen, sodaß jetzt die Geschicke Europa's nur noch vonfrank-
reich, England und Rußland gelenkt wurden. Diese drei Großmächte
waren darin einig, daß sie nur das Recht achteten, dem die Kraft der Selbst-
vertheidigung beiwohnte, wie die Vorgänge in Schweden und Dänemark
bewiesen. König Gustav Iv. von Schweden nämlich trat dem Frieden von
Tilsit nicht bei, sondern setzte, von England unterstützt, den Krieg allein gegen
Napoleon fort. Erkannte man anfangs in seinem Benehmen Charakterstärke
und Großmuth, so zeigte doch bald sein grenzenloser Eigensinn und die gänz-
liche Mißkennung seiner Stellung und Kräfte, daß sein Geist sich in einem zer-
rütteten Zustande befände. Durchdrungen von der Heiligkeit der Königswürde
versagte er dem Beherrscher Frankreichs den Kaisertitel und nannte ihn nur
„General Bonaparte"; in religiöser Schwärmerei befangen glaubte er sich von
der Vorsehung berufen, die Bourbons wieder einzusetzen und das „Thier der
Offenbarung" (Napoleon) zu stürzen. Er ging in seinem Haß gegen Napoleon
so weit, daß er Preußen und Rußland, weil sie mit dem Usurpator Frieden ge-
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TM Hauptwörter (200): [T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Lefebvre Marcngo Wilhelm Napoleon Oestreich Gustav_Iv Gustav Napoleon Napoleon Napoleon