1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Herzogtum Sachsen-Altenburg. 493
Schieferbrüche in Europa mit über 500 Arbeitern, viele Schieferdecker; in der Nähe der
Wetzstein, 816m). — Das hochgelegene Dorf Reichmannsdorf produziert treffliche
Porzellanerde. — Wallendorf, Dorf an der Lichte, im Thüringerwalde; Fabrikation
von Porzellan, Schiefertafeln und Blechwaren, Porzellanmalerei. — Dorf Schmiede-
feld an der Nahe, im Thüringer Walde; Fabrikation von Glasinstrumenten (physi-
kalischen, mathematischen :c.) und Porzellan; Pech- und Rußhütten im nahen Walde.
— Die Dörfer Piesau und Ernstthal mit Glashütten. — Pösneck, Stadt und
Bahnstation an der Kotschau (Kleinen Orla), 7614 Einwohner. Bedeutende Industrie,
namentlich Flanell- und Wollenwarenweberei. Fabrikation von Posamenten, Porzellan,
Leder- und Lederwaren, Maschinen und Konditorwaren, Färberei. Lebhafter Handel
(Export von Jndustrieerzeugnissen), Reichsbanknebenstelle. Gotische Mauritiuskirche
und altertümliches Rathaus; reiche Stadt — Dorf Jüdewein mit Steinbrüchen.
— Kranich feld, Stadt an der Ilm, gehört znr kleineren Hälfte zu Sachseu-Weimar
(vgl. dort). — Tümpling, Dorf an der Saale, mit Zuckerfabrikation, großen Obst-
Pflanzungen und Park (Rosen). — Oberneusulza, Dorf an der Ilm, in der Nähe
von Stadt Sulza; Saline. — Dorf Vierzehnheiligen, Mittelpunkt der Schlacht
bei Jena (14. Oktober 1806); früher Wallfahrtsort. — Dorf Lichtenhain in der
Nähe von Jena; bekannte Bierbrauerei („Lichtenhainer").
Iii. Aas Herzogtum Sachsen-Altenburg.
Das Herzogtum Sachsen-Altenburg liegt zwischen 50° 42' bis 51° 7'
liörbl Br. und 11° 20' bis 12° 50' östl. L. v. Gr. Es zerfällt in deu alten-
burgischeu oder Ostkreis und in den Saale-Altenburger oder Westkreis, welche
durch die dem Fürstentum Reuß jung. L. gehörige Herrschaft Gera von einander
getrennt werden. Zn jedem dieser Kreise gehört eine Anzahl von Exklaven
und solchen Gebieten, deren Landeshoheit der Herzog mit andern Fürsten teilt.
Der Ostkreis wird von Sachsen, Reuß j. L., Sachsen-Weimar und Preußen,
der Westkreis von Preußen, Sachsen-Weimar, Schwarzburg-Rudolstadt, Sachsen-
Meiningen und Reuß j. L. begrenzt. Zu dem erstereu gehören die Exklaven Mnms-
dorf (in Preußen), Rußdorf bei Hohenstein (in Sachsen), halb Neukirchen bei Glauchau
(in Sachsen) und die Dörfer Röpsen, Hain mit Wachholderbanm, Roschütz und Dorna
(in Reuß j. L.), zu dem letzteren die Exklaven Schweinitz (in Weimar), Saalthal
(in Preußen und Schwarzburg-Rudolstadt) und Ammelstädt (in Schwarzburg-Rudol-
stadt); der letztere umschließt auch das preußische Dorf Kischlitz und das meiningische
Dorf Rödelwitz. Geteilt ist die Landeshoheit in folgenden Ortschaften des Ostkreises:
Naundorf bei Mehna (mit Preußen), in Bocka bei Frohburg, Grobsdorf, Jefenitz,
Lengefeld bei Werdau, Niedersteiubach, Rußdorf bei Mauuichswalde, Schönhaida,
Thonhausen, Waldsachsen. Wickersdorf, Gosel bei Niederwiera, Hilbersdorf, Neu-
kircheu bei Remse, Frohnsdorf, Heiersdorf bei Niederwiera, Kauritz und Rückersdorf
bei Ronneburg (mit Sachsen), in Bethenhausen, Hirschfeld, Dorna, Roschütz und
Frankenau bei Pölzig (mit Reuß j. L.); ferner in folgenden Ortschaften des West-
kreifes: Kraftsdorf, Rüdersdorf, Pörsdorf und Seifartsdorf (mit Reuß j. L.).
Das Land hat drei Laudratsämter in Altenburg, Schmölln und Roda;
Hauptstadt ist Altenburg.
Die älteste Geschichte dieses Gebietes ist übereinstimmend mit der der
benachbarten Territorien, des Königreichs Sachsen und der sächsischen Herzog-
tümer. Das Schloß zu Altenburg diente bereits Friedrich dem Sanftmütigen
(gest. 1464) lange Zeit hindurch als Residenz. Hier fand auch der sächsische
Prinzenraub im Juli 1455 statt. Die damals geraubten Prinzen Ernst und
Albert begründeten die beiden nach ihnen benannten Fürstenhäuser (vgl. König-
reich Sachsen, Sachsen-Weimar :e.). Unter den Enkeln des seiner Kurwürde
beraubten Johann Friedrich des Großmütigen bildeten sich mehrere Linien.
Dieselben wurden zwar durch Johann von Weimar (1603—40) wieder vereinigt,
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Lippe
Anhalt
Waldeck Schaumburg-L
Braunschweig
§ 3. Anhalt, Braunschweig. Waldeck. Lippe und
Schaumburg-Lippe.
I. Das Herzogtum Inhalt.
Das Herzogtum Anhalt besteht aus einem größeren und einem kleineren
Hauptgebiete sowie fünf Nebenteilen, welche von 51° 35' bis 52° 6' nördl. Br.
und von 10° 55' bis 12" 35' östl. L. v. Gr. liegen.
Das Land wird fast ganz von der preußischen Provinz Sachsen umschlossen,
nur im Osten berührt auf eine kurze Strecke die Provinz Brandenburg, im Westen
gleichfalls nur in geringer Ausdehnung Braunschweig die Landesgrenze.
Das größere der beiden Hauptgebiete bildet die Kreise Dessau, Kothen.
Zerbst und Bernburg, das kleinere den Kreis Büllenstedt.
In der ältesten Zeit seiner Geschichte teilte das Land größtenteils die
Geschicke der preußischen Provinz Brandenburg. Der Stammvater der Herzöge
von Anhalt ist Esico aus dem schwäbischen Geschlechte der Beringer, welcher
im 11. Jahrhundert als Graf von Wallenstedt erscheint. Sein Urenkel war
Albrecht der Bär. dessen Enkel Heinrich sich zuerst Fürst von Anhalt nannte
(1212). Nach seinem Tode trat eine Teilung in 3 Linien ein; 1570 wurde
das Gebiet wieder vereinigt, aber schon 1603 wieder, und zwar in vier
Linien, geteilt, welche bis auf die Desfauer allmählich wieder eingingen. Seit
1863 ist das Land vereinigt.
Der Enkel Esieos, Otto der Reiche, nannte sich Graf von Askanien und Aschers-
leben. Sein Sohn Albrecht der Bär wurde Begründer der Markgrafschaft Branden-
bürg von der jetzigen Altmark aus. Die erste Teilung (1251) begründete die Linien
Anhalt-Aschersleben, Anhalt-Bernburg und Anhalt-Zerbst, von welchen die beiden
ersteren bis 1570 ausstarben. Fürst Joachim Ernst aus der Zerbster Linie vereinigte
das ganze Gebiet; seine Söhne aber begründeten 1603 die vier Linien Anhalt-
Dessau, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen und Anhalt-Zerbst. Die letztere erlosch
1793. Im Jahre 1807 traten die drei übrigen Linien in den Rheinbund, wobei
Anhalt-Köthen und -Dessau sich den Herzogstitel beilegten; Anhalt-Bernburg hatte den-
selben bereits srüher ldurch Kaiser Franz Ii.) erhalten. 1847 starb die Linie Anhalt-
Köthen aus und das Land fiel an die Dessauer Linie, welche, nachdem 1863 auch die
Bernburger erloschen war, nun das ganze Gebiet erhielt. Zu der Dessauer Linie
gehört Fürst Leopold, berühmt als preußischer Generalfeldmarschall (gest. 1747).
Das östliche Hauptgebiet des Landes gehört dem norddeutschen Tief-
lande, der südwestliche Teil des kleineren Hauptgebietes dem Unterharze an.
Auch die kleineren Exklaven gehören zum Tieflande. Der im Herzogtum
gelegene Teil des Unterharzes ist stark bewaldet und hat eine mittlere Höhe von
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Die Fürstentümer Schwarzburg. # 509
öftl. L. v. Gr., die des letzteren zwischen 51° 12' und 51° 26' nördl. Br.
sowie 10« 29' und 11» 4' östl. L. v. Gr.
Die Oberherrschaft von Schwarzburg-Rudolstadt liegt am und im Thüringer-
Walde, sowie im Frankenwalde, zerfällt in das Hauptgebiet Rudolstadt, eine größere
Exklave (Leutenberg) und vier kleinere Exklaven (Angelrode, Elxleben, Osterode,
Weißbach) und wird von zwei preußischen Exklaven (Ranis, Groß-Camsdorf), Sachsen-
Weimar, -Altenburg und -Meiningen. Reuß alt. und j. L., Schwarzburg-Sonders-
hausen und Sachsen-Gotha begrenzt Die Unterherrschaft von Schwarzburg-Rudolstadt
besteht aus dem im thüringischen Hochlande gelegenen Gebiete von Frankenhausen
nebst den beiden Exklaven Schtotheim und Jmmenroda und wird von den preußischen
Provinzen Sachsen. Schwarzburg-Sondershausen, Sachsen-Weimar und Sachsen-
Gotha begrenzt. Die Unterherrschaft von Schwarzburg-Sondershausen besteht aus
einem zusammenhängenden Gebiete, das südlich vom Harze liegt und von der
preußischen Provinz Sachsen, Schwarzburg-Rudolstadt und einer gothaischen Exklave
(Volkenroda), begrenzt wird; die Oberherrschast aus den beiden getrennt liegenden
Bezirken Arnstadt und Gehren, sowie aus drei kleineren Exklaven (Bockhausen,
Geschwenda und Lehmannsbrück); sie liegt im Thüringer Walde und in dessen Bor-
landen und wird vom preußischen Bezirke Erfurt, Sachsen-Weimar, -Gotha und
-Mciningen, sowie von Schwarzburg - Rudolstadt begrenzt.
Das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt zerfällt in die drei Landrats-
ämter Rudolstadt, Königssee und Frankenhausen, Schwarzburg-Sondershausen
in die vier Landratsämter Sondershausen. Ebeleben, Arnstadt und Gehren.
Tie Sondergeschichte der Fürstentümer reicht bis in das 12. Jahr-
hundert zurück. Die Grafen von Schwarzburg aus dem Hause Kevernburg
vergrößerten ihr um die Burgen Schwarzburg und Greifenstein (bei Blanken-
bürg in Thüringen) gelegenes Gebiet allmählich durch Kauf und Erbschaft;
1571 entstanden die beiden Linien. Die reichsfürstliche Würde und damit die
Reichsunmittelbarkeit erwarb die Rudolstädter Linie 1710, die Sondershäuser
bereits 1697. 1713 schlössen dann beide Linien einen Erbfolgevertrag, nach
welchem eine weitere Zersplitterung der Gebiete vermieden und die gegenseitige
Erbberechtiguug anerkannt werden sollte. Eine landständische Verfassung erhielt
Rudolstadt 1821, Sondershausen 1841.
Die Grafen von Schwarzburg besaßen ursprünglich außer deu beiden erwähnten
Burgen und den dazu gehörigen Ortschaften die Hälfte von Stadt-Ilm. Dazu kamen
allmählich Königssee (im 13. Jahrhundert), Arnstadt, Schlotheim, Frankenhausen,
Sondershausen mit Umgegend, die Schlösser Kisshausen und Rotenburg (im 14. Jahr-
hundert) ie. Schon früh unterschied man eine Ober- und Unterherrschaft. Im 13.,
14. und 15. Jahrhundert trat durch vielfache Teilungen eine starke Zersplitterung
ein, doch vereinigte die Linie Schwarzburg-Blaukenburg 1348 wieder den ganzen
Besitz. (Aus der erwähnten Nebenlinie war der 1349 zum Gegeukönige gegen
Karl Iv. zu Eisleben erhobene Graf Günther Xxi.). Der gemeinsame Stammvater
der jetzigen beiden Linien ist Günther Xl,. Der erste Fürst von Schwarzburg-
Rudolstadt war Albert Anton I. (1646—1710). Die Sondershäuser Linie teilte
wieder mehrfach, doch trat 1716 die Wiedervereinigung des Gebietes derselben ein.
Schon vorher hatte Christian Wilhelm I. aus der Nebenlinie Schwarzburg-Arnstadt
(1697) die Reichsfürsteuwürde erhalten. Der von Kurfachsen, das bisher dielehns-
Hoheit besessen hatte, hiergegen geltend gemachte Widerspruch mußte durch Entschädi-
guugen beseitigt werden. Beide Linien gehörten zum Rheinbunde und traten nach
dem Sturze Napoleons I. dem Deutschen Bunde, sowie später dem Norddeutschen
Bunde, bez. dem neuen Deutschen Reiche bei.
Die Oberherrschaft des rudolstädtischeu Fürstentums wird von dem Thü-
ringer- und Frankenwald durch breitrückige Platten mit einzelnen Kuppen und
tiefen, engen Thälern ausgefüllt, die des Sondershäuser Fürstentums bat
im Süden den Thüringer Wald, von welchem aus zwei Höhenzüge die Gera
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§ 2. Das Königreich Bayern.
Das Königreich Bayern besteht ans zwei Gebieten, nämlich dem Haupt-
teil, dem eigentlichen Bayern, und der auf der liuken Rheinseite gelegenen
Pfalz. Es erstreckt sich vou 7" 5' bis 13° 50' östl. L. v. Gr. und von 47° 40'
bis 50° 30' nördl. Br.
Die Pfalz grenzt im Süden an Elsaß-Lothringen, im Westen an die Rhein-
Provinz, im Norden an das Großherzogtum Hessen und im Osten an das Groß-
Herzogtum Baden (den Rhein); das Hanptgebiet im Süden an die österreichischen
Länder Vorarlberg, Tirol und Salzburg, im Westen an Württemberg, Baden, das
Großherzogtum Hessen und die Provinz Hessen-Nassau, im Norden an die thü-
ringischen Staaten und das Königreich Sachsen, im Osten an die österreichischen
Länder Böhmen, Österreich ob der Enns und Salzburg.
Das Laud zerfällt in die acht Bezirke: Oberbayern, Niederbayeru, Ober-
Pfalz, Schwaben, Oberfranken, Mittelfranken, Uuterfranken und Pfalz. Haupt-
stadt ist München im Bezirke Oberbayern.
In Bayern herrschte von der Mitte des 6. bis gegen Ende des 8. Jahr-
Hunderts die Familie der Agilolfinger in ziemlicher Unabhängigkeit. Nach
deren Beseitigung kam das Land ganz an das Frankenreich und bei dessen
Teilung au Ostsranken (Deutschland). Nachdem' die Herzogswürde in ver-
schiedenen Händen gewesen war, wurde dieselbe von Kaiser Friedrich I. (1180)
dem Wittelsbacher Hause verlieheu. Otto Ii. erwarb die Pfalzgrafschaft am
Rhein. Später entstanden eine kurpfälzifche und eine herzoglich-bayrifche Linie;
die letztere erwarb im Dreißigjährigen Kriege auch die Kurwürde. Die kur-
pfälzische Linie teilte sich wieder, so daß neben dem kurpfälzischen Haupthause
uoch die Nenburger und die Zweibrücker Linie aufkamen. Durch Albrecht Iv.
(gest. 1508) wurde die Primogenitur und die Unteilbarkeit des Landes eiu-
geführt. Mit Maximilian Iii. Joseph (1745—77) starb die bayrische Linie
der Wittelsbacher aus und es folgte Karl Theodor von der Pfalz, diesem wieder
Maximilian Iv. Joseph ans der Zweibrücker Linie (1799 —1825). Unter
letzterem erlangte Bayern infolge seines Anschlusses an Napoleon und den
Rheinbund die Erhebung zum Königreich und bedeuteude Vergrößerungen; die
letzteren wurdeu auch bei dem Sturze Napoleons I. behauptet, so daß es nächst
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62 Fünftes Kapitel.
bezirken Marienwerder, Bromberg, Danzig und Gumbinnen, Oppeln und Königsberg,
also in den östlichen Teilen, am wenigsten hingegen in den mittleren und west-
lichen Gebieten, besonders in der Provinz Sachsen, im Regierungsbezirk Wiesbaden,
in Schleswig-Holstein, den Regierungsbezirken Stralsund und Stade. Durchschnittlich
war bis in die letzte Zeit hinein im preußischen Staate die Zahl der Analphabeten
in katholischen Gegenden doppelt so groß als in evangelischen (dort etwa 13,2, hier
nur 6„ Prozent), auch überwog die Zahl derselben bei den weiblichen Personen
(männliche 7,18, weibliche 11,32 Prozent).
Bei der Rekruteneinstellung im Deutschen Reiche waren ohne Schulbildung
1875/76 von 139855 — 3311 oder 2,37 Proz. (abgesehen von 6368, die nur in einer
fremden Sprache unterrichtet waren); seitdem ist die Zahl der Analphabeten stetig
herabgegangen und hat 1880/81 von 151180 — 2406 oder 1,59 Proz,; 1886/87 auf
169240 Rekruten sogar nur 1215 oder 0,72 Proz., abgesehen von 4822 Mannschaf-
ten, die in einer fremden Sprache Schulbildung genossen haben, betragen. Von den
Analphabeten des Jahres 1886/87 kamen auf die Provinz Posen von 7986 Ein-
gestellten 307 oder 3,84 Proz. (neben 2303 mit polnischer Schulbildung); auf West-
preußeu 244 von 5536 oder 4,^, Proz, (daneben 341 mit polnischer Schulbildung);
auf Ostpreußen 349 von 8471 Rekruten oder 4m2 Proz. (daneben 253 mit polnischer
Schulbildung); auf Schlesien (besonders den Regierungsbezirk Oppeln) 130 von
16457 Rekruten oder 0,79 Proz. (daneben 1360 mit polnischer Schulbildung); auf
Westfalen 14 von 7196 oder 0„g Proz.; auf Pommern 24 von 6198 oder 0,3g Proz.
(daneben 9 mit polnischer Schulbildung); auf Hannover 15 von 7654 oder 0,2«
Proz.; auf Brandenburg und Berlin 42 von 10727 oder 0,3g Proz.; auf Schleswig-
Holstein 2 von 4029 oder 0,„z Proz. (neben 50 mit dänischer Schulbildung); auf
Sachsen 5 von 9139 oder 0,05 Proz ; auf Rheinland 19 von 14529 oder 0,^ Proz.;
auf Hessen-Nassau 12 von 5658 oder 0,2t Proz.; auf Hohenzollern keinen unter 295.
— Im ganzen preußischen Staate kamen aus 103875 Rekruten 4348 mit Schulbildung
in einer nichtdeutschen Sprache und 1163 mit gar keiner Schulbildung (1,12 Proz.).
Das ganze Königreich Bayern halte 1886/87 auf 20518 Rekruten nur 5 Analpha-
beten (0,o2 Proz.), das Königreich Sachsen auf 10066 Rekruten 1 mit nichtdeutscher
Schulbildung und 2 Analphabeten (0,^2 Proz.), das Königreich Württemberg auf
7208 Rekruten 2 mit nichtdeutscher und keinen ohne Schulbildung, Baden auf 6226
Rekruten 1 mit nichtdeutscher und 1 ohne Schulbildung (0,„2 Proz.), Hessen auf
3559 Rekruten 2 ohne Schulbildung (0,„g Proz.), Mecklenburg-Schwerin auf 2305
Rekruten 18 ohne Schulbildung (0,7g Proz.), Elsaß-Lothringen auf 5614 Rekruten
464 mit französischer und 14 oder 0,2^ Proz. ohne Schulbildung. In den übrigen
deutschen Staaten kamen zu gleicher Zeit Analphabeten entweder gar nicht oder
nur ganz vereinzelt vor.
Daß in Deutschland das Verhältnis ein nicht ungünstiges ist, ergibt sich auch
aus folgender Vergleichung: 1865 konnten in England bei den Marinesoldaten
23 Proz. gar nicht lesen, 27 Proz. gar nicht schreiben, außerdem 32,5 Proz. nur
ungenügend; 1868 waren in Österreich nur 28„ Proz. der Rekruten des Schreibens
fähig; in Rußland bildeten die mit Elementarbildung versehenen gleichzeitig etwa
nur 9 Proz.; 1872/73 gab es in Frankreich bei der Armee 23 Proz., bei der
Marine 14 Proz. Analphabeten.
An diesem Orte wollen wir auch der Fürsorge gedenken, welche in deut-
schen Landen darauf verwendet wird, den Nichtvollsinnigen und Unglücklichen
geistige Pflege zu gewähren. Dieselbe wendet sich den Taubstummen,
Blinden, Idioten und Epileptischen zu.
Deutschland hat jetzt 95 Anstalten für Taubstumme, 31 für Blinde, 39 für
Idioten und 11 für Epileptische.
Ausgebildetere Volksschulen bestehen in den Städten als Bürger-
schulen, gehobene Volksschulen und Mittelschulen; den letzteren
hat für Preußen ein Ministerialerlaß von 1872 eine bestimmte Gestalt zu
geben versucht.
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74 Sechstes Kapitel.
eine sehr starke Einfuhr notwendig, um den Bedarf der Bevölkerung an Körner-
nahrnng zu decken. Uuter den Getreidearten nimmt wiederum der Roggen
die erste Stelle ein, welchem im Jahre 1887: 5 842 280 ha gewidmet waren,
die 1887 pro Hektar einen Durchschnittsertrag von 1,09 (0,99 im Durchschnitt der
letzten Jahre) Tonnen (ä 1000 kg) und überhaupt: 6375734 Tonnen ergaben.
Der Roggenbau nahm 1883 10,8 Proz. der Gesamtfläche und 22,2 Proz.
der Ackerfläche in Anspruch; er sindet sich namentlich in Norddeutschland, und zwar
mehr im Osten als im Westen der Elbe. Hier sind die Hauptroggenländer die
Königreiche Sachsen und Preußen, sowie die Großherzogtümer Mecklenburg. In
Sachsen betrug während der letzten Jahre die Fläche ca. 14,9, in Preußen 12,8, in
Mecklenburg 12,i Proz. Dagegen in Bayern nur 6„ , in Baden 3,2, in Elsaß-
Lothringen 2,8 und in Württemberg gar nur 2,0 Proz. In allerletzter Zeit scheint
der Roggenbau in Elsaß-Lothringen erheblich zuzunehmen. Im Königreich Preußen
sind die Provinzen Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen
und die Regierungsbezirke Hannover, Lüneburg, Hildesheim, Osnabrück, Münster,
Minden, Kassel, Düsseldorf und Köln für den Roggenbau von hervorragender
Bedeutung.
Dem Weizen bau, der sich ans die srnchtbarereu Laudesteile beschränkt,
waren 1887 im Deutschen Reiche 1 919682 ha mit einem Dnrchschnitts-
ertrage von 1,47 Tonneu pro ha gewidmet; die Erute betrug im geuauuteu
Jahre innerhalb des ganzen Reiches 2830 804 Tonnen.
Das Deutsche Reich hat Weizenland ungefähr nur im ganzen 3,6 (7,4 Proz.
der Ackerfläche), Preußen 2,9, Württemberg 1,,, Bayern dagegen 3,5 Proz. der Ge-
samtfläche. Als Weizengegenden sind besonders zu nennen: das untere Weichselthal
in der Gegend von Marienburg, das südliche Schlesien von Liegnitz bis Leobschütz,
der südliche Teil des Regieruugsbezirks Magdeburg in der Gegend von Halberstadt,
das oldenburgische Gebiet in Holstein, die Gegend von Soest und Hamm in West-
salen, das linksrheinische Tiefland von Düren bis Krefeld, die rheinhesfische Land-
schaft von Alzei über Mainz bis Friedeberg, die Donaugegeud in Niederbayern,
die Gegend von Metz und Straßburg in Elsaß-Lothringen. — Im südlichen
Deutschland tritt vielfach, namentlich diesseit des Rheins, Spelz oder Dinkel an
Stelle des Weizens; derselbe findet sich am stärksten in Württemberg (1887: 184419 Im),
Bayern (92623 ha) und Baden (69077 ha Fläche).
Gersteubau beschräukt sich gleichfalls auf die fruchtbareren Gebiete und
uimmt im Reiche durchfchuittlich 3,3 Proz., im Königreich Preußen nur 2,5 Proz.
der Gesamtfläche ein. Im Jahre 1887 waren im ganzen 1731121 ha der
Gerste gewidmet, von denen pro Hektar der Ertrag durchschnittlich 1,27 Tonnen
betrug. Der Gesamtertrag des Reiches war 1887 2 205 504 Tonneu.
Der Gerstenbau ist besonders ausgedehnt (über 10 Proz.) in den fruchtbaren
Teilen von Schlesien (1887: 166 731 ha), der Provinz Sachsen (1887: 171891 ha)
und von Anhalt, ferner im östlichen Teile von Holstein, in Niederbayern, Unter-
franken, im württembergischen Donaukreise, im nördlichen Baden, in Rheinhessen und
einzelnen Gegenden von Elsaß; geschätzt ist namentlich die Gerste der Provinz Sachsen.
Hafer nimmt uuter den Getreidearten die zweite Stelle ein, denn dem-
selben sind im Reiche durchschnittlich 6,9 Proz. (1883: 7,0 Proz.), iu Preußeu
sogar 7,i Proz. der Gesamtfläche gewidmet. Im Jahre 1887 betrug das auf
Haferbau verwendete Areal 3 810 244 ha mit einem Dnrchfchuittsertrage vou
1,ig Tonnen pro Hektar und einer Gesamterute von 4301407 Tonnen.
Es finden sich Gegenden, welche dem Haferbau über 15 Proz. widmen, so in
Schlesien der Bezirk von Grottkau, Stormarn in Schleswig - Holstein, der Distrikt
von Aurich in Hannover, der Ostkreis von Altenburg, namentlich aber einzelne
Gegenden des Königreichs Sachsen (Freiberg, Meißen, Borna, Döbeln, Rochlitz :e.).
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Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 77
Ganz Europa produziert über 400000 Tonnen Hanf, wovon nur etwa 17 000
Tonnen auf unser Vaterland kommen. Dem Anbau dieses Produktes sind in dem-
selben (1883) 15255ha gewidmet; derselbe erfolgt besonders in Württemberg, Baden
und im Elsaß.
Etwas bedeutender ist der Tabaks bau. Der deutsche Tabaksbau kann
sich zwar nicht mit demjenigen der Vereinigten Staaten, von Britisch-Jndien 2c.
messen, doch steht derselbe in Europa nur hinter dem von Österreich-Ungarn
und Rußland znrück. Die durchschnittliche Anbaufläche in Dentschland beträgt
20 000 (1386—87: 19 343) ha, die durchschnittliche Ernte 40 000 Tonnen.
Der Anbau geschieht mehr in Süd- als in Norddeutschland.
Die Produktion beträgt in,,den Vereinigten Staaten durchschnittlich 232000,
in Britisch-Jndien 175000, in Österreich-Ungarn 60600, in Rußland 430z0, in
Deutschland 35000 Tonnen. Im Jahre 1877—78 hatte Deutschland 17 915, >880
bis 1881 21259, 1886—87 19843 ha Anbaufläche; der Ertrag bestand aus 29863,
52197 bez. 38585 Tonnen. Der Wert der Ernte betrug 1886—87 16461000 Mark,
durchschnittlich 830 Mark pro Hektar, und es gab im ganzen 176 715 Tabaksbauer.
In Preußen kommt am meisten Tabaksbau auf die Provinz Brandenburg; fast
ebensoviel wie ganz Preußen produziert die bayrische Pfalz, am meisten jedoch
Baden (Produktionsfläche 1886—87 6893 ha); auch Elsaß-Lothringen und Hessen
treiben nicht unerheblichen Tabaksbau.
Der Zuckerrübenbau hat eiue derartige Ausdehnung gewonnen, daß
Deutschland augenblicklich in demselben die erste Stelle einnimmt und diejenigen
Länder, welche noch um die Mitte der siebziger Jahre voraus oder doch etwa
gleichstark waren, Österreich-Ungarn, Frankreich und Rußland weit überflügelt
hat, und zwar mindestens um das Doppelte. Von der gesamten Rübenzucker-
Produktion, welche etwa nur noch um 15 Proz. hinter der gesamten Rohr-
znckerproduktion zurückblieb, kommt auf Deutschland weit über ein Drittel.
In 1834/35 waren dem Zuckerrübenbau 150 077 ha gewidmet, es wurden
10 402 633 (1386/87: 8 306 671) Tonnen Zuckerrüben geerntet und 1 123 030
Tonnen Rohzucker aller Produkte sowie 259 L00 Tonnen Melasse (1886—87:
985 623, bez. 215 887 Tonnen) gewonnen. Bei weitem am höchsten entwickelt
ist der Znckerrübenbau im Königreich Preußen, und hier wiederum steht die
Provinz Sachsen voran, dann folgt Schlesien; von den übrigen dentschen Län-
dern behanpten Braunschweig und Anhalt den Vorrang.
Der Zuckerrübenbau erfordert naturgemäß einen besonders guten Boden, daher
kommen folgende Gegenden, welche größtenteils schon früher als hervorragend frucht-
bare bezeichnet worden sind, hier in Betracht. Zunähst die große Landschaft rings
um den Harz, an deren Westspitze Hameln an der Weser, in deren Norden Braun-
schweig und Magdeburg, in deren Osten Kothen und Zeitz und in deren Südwesten
Nordhausen und Weißensee liegen. Dieselbe bildet den Hauptsitz der Zuckerkultur
des Reiches. Nächstdem sind in Westpreußen die Weichselniederung, das Oderbruch,
der pommersche Kreis Randow, der posensche Kreis Jnowrazlaw, in Schlesien die
Gegend nordwärts der Sudeten bedeutend. In Süddeutschland tritt diese Kulmr
sehr zurück.
Bei der bedeutenden Viehzucht Deutschlands ist auch der Aubau von
Futtergewächsen sehr verbreitet. Hierher gehören Runkelrüben (etwa 1,63),
Klee (7,J2), Luzerne (0,90) und Wicken (0,89 Proz. der Ackerfläche).
Der Kleebau beansprucht in Preußen 6,7z, im Königreich Sachsen und in
Mecklenburg mehr als 11,0, in Ostpreußen, der Rheinprovinz, Hohenzollern, der
bayrischen Pfalz, in Sachsen-Altenburg und Renß 9—10, in Westpreußen, Schlesien,
Bayern und Württemberg 8—9, Oldenburg und Anhalt hingegen weniger als
4 Proz. der Ackerfläche.
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
84 Sechstes Kapitel.
Der Schweinebestand Deutschlands nimmt nächst dem Rußlands in Europa
die erste Stelle ein.
Die meisten Schweine finden sich in der preußischen Provinz Sachsen (28,5
ans 100 ha), demnächst im Königreiche Sachsen (23,7 auf 100 ha), in Sachsen-
Weimar <28,z), Sachsen-Kobnrg-Gotha (26,2), Braunschweig (27,2), Anhalt (24,5),
Schwnrzburg-Sondershausen (26,g) namentlich aber in Altenburg (35), Lippe (34,7)
und Schaumburg-Lippe (46,9 auf 100 ha); dagegen die wenigsten in den Provinzen
Schlesien, Westpreußen und Schleswig-Holstein (etwa 14 auf 100 ha).
Rußland hatte nach den letzten Feststellungen (1882) 10574000 Schweine,
also nur wenig mehr als Deutschland, Österreich-Ungarn 6882000, von denen der
größere Teil (4160000) auf Ungarn kam; von außereuropäischen Ländern sind die
Vereinigten Staaten von Amerika durch einen ganz außerordentlichen Schweine-
bestand ausgezeichnet, den größten der Welt (1887: 44672836 Stück). In ganz
Europa kam auf je 100 Einwohner 1832 ein Bestand von 19,, Schweinen, 1857
von 15,g, 1869 15,2, in der neuesten Zeit 14,0. Da in Deutschland gegenwärtig
(1883^ auf je 100 Einwohner 20,2 Schweine kommen, so wird jener Durchschnitts-
sah hier wesentlich übertrossen, er ist auch höher als derjenige Nußlands (12,^);
dagegen stellt er sich niedriger als in Portugal (24,J, Dänemark (26,g), Ungarn
(27), Irland (27,,,), Bosnien (36,z) und besonders Serbien (99,„ aus 100 Ein-
wohner). Vergleichen wir die Veränderungen des Schiveinebestandes in Deutsch-
land (1873: 17,4, 1883: 202 auf 100 Einwohner) mit denjenigen von ganz Europa,
so ergibt sich, daß in letzterem die Vermehrung dieser Tiere nicht mit derjenigen der
Bevölkerung Schritt gehalten, hingegen in Deutschland das Verhältnis sich wesentlich
gebessert hat. — Für Schweine über ein Jahr wurde in Deutschland 1883 ein durch-
schnittliches Schlachtgewicht von 116 kg ermittelt.
In Bayern sind Mittel- und Unterfranken sowie Niederbayern für Schweine-
zucht am wichtigsten, während Schwaben am weitesten zurücksteht. Im Königreich
Sachsen ist die Zunahme von 1634 an sehr erheblich gewesen; langsamer war die
Vermehrung in Württemberg, wo gegenwärtig in den nordöstlichen Teilen des
Landes und in der nördlichen Hälfte von Oberschwaben der größte Schweinebestand
zu finden ist. Baden hat nur im nördlichen Teile des Landes starke Schweinezucht,
während ganz Hessen in derselben hervorragt. Von den thüringischen Staaten
stehen Altenburg, Gotha und Weimar am meisten voran, denen die schwarzburgischen
und reußischen Fürstentümer etwas nachstehen.
Die Ziegen haben in Deutschland sich seit 1873 nicht unbeträchtlich ver-
mehrt; sie betragen jetzt 2 639 994 Stück und haben seit dem vorerwähnten
Jahre um 319 992 Stück zngeuommen. Auf 190 ha kamen 1883 4,9, auf
100 Einwohner (1873) 5,7 Ziegen. Nur Spauieu hat einen größeren Ziegen-
bestand als Deutschland, dem letzteren zunächst stehen Italien und Rußland.
Das Königreich Prenßen hat die meisten Ziegen in den westlichen Provinzen.
Rußland hatte nach der letzten Zählung 2020000, Spanien 3813000, Italien
201600 Ziegen. Verhältnismäßig zahlreich sind dieselben auch in Serbien und in
Bosnien. In Bayern besitzen Franken und die Pfalz, im Königreich Sachsen der
Bezirk Bautzen, im Königreich Württemberg der Schwarzwald- und Neckarkreis, in
Baden der Kreis Mannheim, in Hessen die Provinzen Starkenburg und Rheinhessen,
in den thüringischen Staaten Weimar (41291), die beiden Schwarzburg und Gotha
die meisten Ziegen. Unter den norddeutschen Staaten stehen im Ziegenbcstand An-
halt und Braunschweig verhältnismäßig hoch, dagegen die beiden Mecklenburg
sehr tief.
An Maultieren, Mauleseln und Eseln beträgt der Bestand Deutsch-
lauds 9795 Stück, eiue uiedrige Zahl in Vergleich zu derjenigen Spaniens,
Portugals, Italiens und Griecheulauds.
Man zählte zuletzt in Spanien 890982, in Italien 674246, in Portugal
150000, in Griechenland 97395 Stück; selbst Frankreich und Großbritannien be-
sitzen einen großen Bestand. — In dem Bestände Deutschlands sind die Maul-
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Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 87
Gruppiert man die einzelnen Gebiete des Deutschen Reiches nach der Flächen-
ausdehnung der landwirtschaftlichen Großbetriebe (mit über 100 ha), so ergibt sich
(1882) folgende Reihenfolge: Mecklenburg-Strelitz und Schwerin, Pommern, Posen,
Westpreußen, Ostpreußen, Brandenburg, Anhalt, Schlesien (letzteres noch 34,5 Proz.
Land im Großbetrieb), Provinz Sachsen (sinkt auf 27 Proz.), Lübeck. Schwarzburg-
Soudershauseu, Braunschweig, Schleswig-Holstein, Königreich Sachsen (nur noch
14;1 Proz. Land im Großbetriebe), Schwarzburg-Rudolstadt, Sachsen-Kobnrg-Gotha,
Waldeck, Hamhnrg, die beiden Reuß, Sachsen-Meiningen, Lippe, Altenburg (nur
noch 7,,> Proz), Elsaß-Lothringen, Hannover, Hessen-Nassau, Schaumburg-Lippe,
Hessen. Westfalen (nur 4,8 Proz.), Oldenburg, Rheinland (2„ Proz.), Hohenzollern,
Bayern (2,3 Proz.), Württemberg (2 Proz.) und Baden (l,g Proz.). Im Reichs-
durchschnitt kamen auf große Güter 24„ , in Preußen 31,7 Proz. Land. Preußen
steht, abgesehen von Mecklenburg und Anhalt, im Großbetriebe allen übrigen
Staaten voraus.
In ganz kleinen Betrieben (unter 1 ha) haben Lippe, Schaumburg-Lippe,
Schwarzburg-Rudolstadt, die Rheinpfalz, Rheinland, Braunschweig, Elfaß-Lothringen
die größte Fläche, in Betrieben von 1—10 ha stehen Baden (62 Proz. Boden),
Rheinpfalz. Hessen, Rheinland, Hohenzollern, Württemberg, Elsaß-Lothringen (sämt-
lich über 50 Proz. Boden); in mittleren Betrieben (10—100 ha), abgesehen von
Hamburg, Lübeck, Bremen, Schleswig-Holstein, Altbayern, Oberpfalz, Schwaben,
Oldenburg, Altenburg, Hannover, Waldeck, Westfalen, Reuß, Braunschweig, die
beiden Lippe, das Königreich Sachsen, Franken und Sachsen-Weimar an Boden-
fläche obenan. Daß in ganz Deutschland die mittleren Betriebe 47,g Proz. des
Bodens, also fast die Hälfte, betragen, ist ein Beweis gesunder Zustände.
Ausfallend ist in Schlesien die große Zahl der Rittergüter, denn es finden sich
dort 1182 kleine (gegen 337 in Brandenburg, 337 in Sachsen, und gar nur 197
in der Rheinprovinz und 175 in Westfalen), 689 größere (gegen 227 in Branden-
bnrg, 201 in Sachsen, 71 in Westfalen und 58 in der Rheinprovinz) und 438
große Rittergüter (gegen 107 in Ostpreußen, 88 in Westpreußen, 233 in Posen,
225 in Brandenburg, 168 in Sachsen, 48 in Westfalen und gar nur 34 in der
Rheinprovinz). Im eigentlichen Großgrundbesitz (mit über 30000 Mark Reinertrag)
stehen Sachsen (mit 24), Posen und Brandenburg (mit je 21 Besitzungen) obenan,
Schlesien (mit 15), Ostpreußen (mit 7), Pommern (mit 6), Westpreußen (mit 5),
Westfalen (mit 5) und die Rheinprovinz (nur 3) zurück.
Die Staatsdomänengüter des preußischen Staates bestehen (in den älteren
Provinzen) gegenwärtig aus etwa 850 Pachtungen mit etwa 1150 Vorwerken; das
gesamte derartige Areal wurde (in letzter Zeit) auf etwa 348160 ha berechnet.
Über die neuen Provinzen des preußischen Staates ist zu bemerken:
In Schleswig-Holstein ist von den daselbst früher vorhandenen 254 adligen
Gütern ein Teil zu bäuerlichen Höfen etabliert und auch zu kleineren Parzellen ge-
macht worden, welche entweder in Erb- oder in Zeitpacht ansgethan sind. Daneben
bestehen bäuerliche Höfe von 5—50 ha noch in schätzenswerter Zahl (höchster Stand
der Mittelbetriebe mit 72,2g P^- der Bodenfläche) und, wenn auch „Katen- und
Jnstenstellen" vorkommen, deren landwirtschaftlicher Betrieb sich teilweise auf ein
Haus mit Gemüsegarten beschränkt, so hat doch eine ausgedehntere Zersplitterung
des ländlichen Grundbesitzes erfreulicherweise noch nicht stattgefunden. Die Gesamt-
zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist (1882) 137133.
In der Provinz Hannover ist der Stand des Grundbesitzes von demjenigen
Westfalens nicht sehr verschieden; die Zersplitterung ist jedoch so groß wie in der
Rheinprovinz. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist 328739 (nächst der der
Rheinprovinz die größte). In den Marschdistrikten der Nordseeküste findet sich ein
wohlhabender Bauernstand; meist noch ziemlich armselig sind dagegen die ländlichen
Besitzer in den Moor- und Fehnkolonien, wiewohl auch hier infolge neuer Kultur-
verfahren der Zustand besser geworden ist. Im ganzen haben die Mittelbetriebe
nächst Schleswig-Holstein die größte Fläche (63,3 Proz.) inne.
. In der Provinz Hessen-Nassau beträgt jetzt die Zahl der landwirtschaftlichen
Betriebe zwar nur 199369, doch ist die der ganz kleinen Besitzer verhältnismäßig
sehr groß, besonders im Bezirke Wiesbaden. Die kleinen Betriebe (von höchstens
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88 Sechstes Kapitel.
10 ha) haben nicht weniger als 53 Proz. der landwirtschaftlichen Fläche inne. Durch
die Neuregnliernng der Grundstücke hat sich der Zustaud gegen früher allerdings
etwas gebessert.
Im Königreiche Bayern (Zahl der Betriebe: 681521) ist der kleine und
mittlere Grundbesitz ziemlich verbreitet; der letztere hat in Altbayern 67,4, in ganz
Bayern 60,5 Proz. des Areals inne.— Im Königreiche Sachsen fehlen die großen
Güter, welche in den älteren preußischen Provinzen so zahlreich vorhanden sind; die
ganz kleinen Grundbesitzer treten zurück (nur 28 Proz. der Fläche), der mittlere
Grundbesitz ist dagegen sehr stark (57,2 Proz.). Zahl aller Betriebe: 192921. — In
Württemberg ist die Güterzersplitterung viel größer, denn die Betriebe bis zu
3 0 ha haben 55,8 Proz. des Bodens inne. Die Gesamtzahl der Betriebe ist 308118. —
Auch in Baden findet eine starke Zersplitterung statt, so daß große Güter selten
vorkommen; die Betriebe von über 100 ha haben von dem Boden nur 1,8 Proz.
inne, während auf Betriebe bis zu 10 ha 66,9 Proz. Fläche kommen. Gesamtzahl
der Betriebe 232287.— In Elsaß-Lothringen gestalten sich die Besitzverhältnisse
ähnlich; es fehlt auch an großen Gütern; dagegen nehmen Betriebe von höchstens
10 ha 56,g Proz. des Bodens ein. — In den thüringischen Staaten sind die
Verhältnisse folgender Art: In Weimar bilden die mittleren Betriebe die Mehrzahl
(Betriebe mit 10—100 ha Haben 51,4 Proz. des Bodens inne); die Zusammenlegung
der Grundstücke eines Besitzers ist durch die „Separation" inzwischen endlich bewirkt
worden. Das Staats- und Krongut sowie der Besitz der Kirche oder milden Stis-
tuugen sind ziemlich groß, die Zahl der Betriebe 40203, die der Rittergüter 169;
auf den Großbetrieb kommen 12 Proz. des Bodens. In Altenburg nehmen auch
die Staats- und Kronen-, Stiftungs- und Gemeindegrundstücke ein großes Gebiet
ein; es gehören zu Großbetrieben 7,fi Proz. des Bodens, wozu eine ziemliche Zahl
einträglicher Bauerngüter tritt; die mittleren Betriebe besitzen 64,9 Proz. des Bodens.
In Koburg-Gotha fallen auf die Großbetriebe 1i,5 Proz. der Fläche, die mittleren
Betriebe machen fast die Hälfte aus (49,5 Proz.); Schwarzburg-Rudolstadt und
Schwarzburg-Sondershausen haben noch mehr Domänengut; in letzterem finden
sich auch größere Rittergüter; die mittleren Betriebe besitzen je 43 Proz., diejenigen
von 1—10 ha 39,4, bez. 34,8 Proz. des Bodens. In Renß jüngerer Linie ist das
Domänengut ebenso bedeutend; in beiden Reuß sind die mittleren Betriebe sehr stark
(über 56 Proz. des Bodens). — In Braunschweig kommen auf die Großbetriebe
17,g Proz. des Laudes; die mittleren Betriebe haben das Übergewicht (55,, Proz.
des Bodens). In Anhalt besteht fast 1/3 des ganzen Landes aus Domänengut,
welches seit 1869 zwischen Staat und Krone geteilt ist; die Großbetriebe sind stark
(35 Proz.), doch auch die mittleren (42 Proz.), der kleine Besitz schwach (23 Proz.
des Bodens).— In Mecklenburg teilt sich alles Grundeigentum inner die Landes-
herren, die Ritterschaft, die Klöster und Städte, wozu (uur im Rostocker Bezirke)
einige Privatbesitzer kommen. Das Domanium zerfällt in Pachthöfe, Erbpachts-,
Hauswirts- und Büdner- u. f. w. Stellen; die Ritterschaft hat im ganzen 1111 Haupt-
güter (davon in Mecklenburg-Strelitz 100); einen freien Bauernstand gibt es nur in
dem zu Strelitz gehörigen Fürstentum Ratzeburg. Mecklenburg-Strelitz hat die aus-
gedehntesten Großbetriebe (61 Proz.), doch sind dieselben auch in Schwerin stark ver-
treten (59,g Proz.), die mittleren Betriebe haben dort 32,2, hler 3l Proz. der Fläche,
so daß kleine Betriebe verschwindend an Zahl sind. — In Oldenburg befindet sich
der Grundbesitz größtenteils in den Händen von Bauern, Großgrundbesitz ist selten
vorhanden (der letztere besitzt nur 3,4, dagegen die mittleren Betriebe 65,8 Proz. des
Bodens; auf Betriebe von 1—10 ha kommen 29 Proz., auf noch kleinere nur
1,3 Proz. des Bodens.
Die Bemühungen der Landesregierungen, die in Anbau geuommene Fläche
des Bodens ertragsfähiger zu machen, gegen Gefahren zu schützen und weiter
zu vermehren, müssen mit lebhafter Anerkennung hervorgehoben werden. Be-
sonders im preußischen Staate sind seit langer Zeit für derartige Landver-
bessemngen allenthalben große Geldopfer gebracht worden, und schon
Friedrich dem Großen wird die Trockenlegung großer fruchtbarer Landschaften
an der Oder und deren Nebenflüssen zum unsterblichen Verdienste angerechnet.