Xxi. §. 3. Beginn der päpstlichen Weltherrschaft mit den Kreuzzügen. 395
beutegierigen Rittern und Knechten der damaligen Christenheit will-
kommener sein, als Abenteuer. Krieg und Raub, wodurch sie alle
ihre Sünde abbüßen und den Himmel verdienen könnten. Mit wel-
cher Luft und frommer Begier zogen sie da aus zu Tausenden, aus
Frankreich, Deutschland, Italien, nacb Klein-Llsien und Palästina bis
vor Jerusalem. Mit welcher Begeisterung und blutigen Hitze dran-
gen sie ein in die gewonnene Stadt und schlachteten rechts und links
Griechen und Saracenen und mordeten und plünderten bis zum
Uebermaß, um dann zerknirscht und mit entblößten Füßen, Psalmen
singend, in das gereinigte Gotteshaus zu ziehen, um Gott die Ehre
zu geben für den blutigen Sieg und sich der Vergebung aller ihrer
Sünden zu getrosten.
Schon von früheren Päpsten war mehrfach auf den Kampf gegen
die mohamedanische Macht als auf eine dringende Psticht der Christen-
heit hingewiesen. Zuletzt noch von Gregor Vii. Die unge-
heuren Vortheile, welche ein solches Unternehmen der gesammten
Christenheit dem Ansehen und der Machtstellung des Papstes als des
Oberhauptes aller Christen bringen inußte, lagen zu nahe, als daß
die hierarchische Klugheit sie nicht hätte erkennen und -ergreifen sollen.
Dazu drängte die ganze werkeifrige, sinnlich begeisterte Frömmigkeit der
damaligen Zeit auf eine solche Bethätigung ihres Eifers für den Herrn
und für die Kirche hin. Schon hatten namentlich die Normannen seit
längerer Zeit den Kampf gegen die Saracenen mit großer Vorliebe
aufgesucht. Die Pilgerfahrten nach dem heiligen Lande waren eine
sehr beliebte Bnßübung geworden bei Hoch und Nieder. Die Noth der
Zeit rief weithin eine Sehnsucht nach etwas Neuem, Ungewöhnlichem
hervor. Da that Papst Urban Ii. den glücklichen Griff und gab das
Losungswort, welches dem unbestimmten asketischen Verlangen vieler
Hunderttausende die bestimmte Richtung nach Jerusalem gab*). Eine
große Kirchenversammlung veranstaltete er zu Clermont 1095, und ent-
zündete durch sein; Thränen und Ermahnungen einen solchen Eifer
unter der ganzen unzählbaren Menge der Versammelten, daß sie unter
dem tausendstimmigen Geschrei: „Gott will es"! sich mit dem Kreuz
bezeichnen ließen und unter der obersten Leitung des heiligen Vaters
sich zum Kriegszuge nach Jerusalem verpflichteten. Wie eine Alles mit
sich fortreißende Fluth brach diese begeisterte Stimmung von Clermont
aus über alle französischen Landschaften und einen großen Theil Ita-
liens und Deutschlands herein. Hohe und Niedere, Männer und Wei-
der, ja Kinder und Greise wetteiferten, dein Zuge sich anzuschließen.
Vom Pflug, von der Heerde, von der Werkstatt kamen sie nicht minder
zahlreich als aus den Burgen, Schlössern und Palästen. Die Zellen
I Die Geschichte von den Gesichten und vorbereitenden Predigten Peter's von
Amiens ist nach neueren Forschungen unglaubwürdig. Er selbst wurde
erst durch den Aufruf des Papstes zu seinen Bolköpredigten angeregt.
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Extrahierte Personennamen: Gregor_Vii Gregor Urban
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Italien Palästina Jerusalem Jerusalem Clermont Jerusalem Clermont Deutschlands Amiens
Xxi. §. 4. Weitere Erhebung der Päpste durch den zweiten Kreuzzug. Z97
sen hatte, 1124 gestorben war und sein Nachfolger Honorius Ii.
ihm 1130 im Tode folgte, geschah in Rom eine zwiespältige Papst-
wahl. Innocenz 1!. wurde gewählt, aber von einer andern Par-
tei der Cardinäle ward Anaclet Ii. auf den päpstlichen Stuhl ge-
hoben, und dieser letzte schien die Oberhand zu gewinnen. Denn er
behauptete sich in Rom, gewann die Normannen in Unter-Italien für
sich, und zwang seinen Gegner, Stadt und Land zu verlassen. Aber
alle anderen Fürsten und Völker erkannten Innocenz als rechtmä-
ßigen Papst an. Kaiser Lothar selber führte ihn 1136 siegreich
wieder nach Rom zurück, und als 1138 Anaclet Ii. starb, schien
die Alleinherrschaft seines Gegners gesichert. Da erhub sich für ihn
eine andere Gefahr. Schon seit längerer Zeit hatten sich besonders
in Ober-Italien unter der jüngern Geistlichkeit und dem Volke Grund-
sätze verbreitet, die dem weltlichen Streben des Papstes und der Bi-
schöfe durchaus zuwiderliefen. Der warme und begeisterte junge
Priester Arnold von Brescia, der freilich die geschichtliche Ent-
wicklung der damaligen Zustände nicht zu beurtheilen vermochte, pre-
digte von Stadt zu Stadt: daß die Geistlichen durchaus kein weltli-
ches Besttzthum haben und mit allen bürgerlichen und politischen
Dingen unverworren bleiben müßten. Das Volk jauchzte ihm zu,
und die Römer in ihrem unruhigen und unklaren Freiheitsschwindel
machten sogleich die praktische Anwendung. Sie erklärten dem Papst
Innocenz Ii.: daß er mit der bürgerlichen Verwaltung der Stadt
nichts mehr zu schaffen habe, setzten einen Senat ein und wollten den
Papst nur noch als kirchliches Oberhaupt anerkennen. Innocenz
starb, ohne Etwas gegen die Empörer ausrichten zu können. Sein
Nachfolger Cölestin Ii. (1143—44) mußte nachgeben, Lucius Ii.,
der es nicht wollte, wurde im Aufruhr durch einen Steinwurf getöd-
tet (1145) und Eugen Iii. (1145—1153) sah sich genöthigt, den
Schauplatz solcher Demüthigungen zu verlassen und nach Frankreich
zu fliehen. Aber gerade jetzt erscholl aus Palästina, aus dem König-
reich Jerusalem die Nachricht von großen Bedrängnissen der Christen,
von neuen Siegen der Saracenen, von der Zerstörung der christlichen
Stadt Edessa, und augenblicklich flammte das Feuer der Begeisterung
neu auf in der Christenheit. Auf des Papstes Ruf und unter seiner
obersten Leitung sammelten sich auf's Neue die frommen und thaten-
durstigen Schaaren; aber nicht bloß, wie zu Urban's Zeiten, Für-
sten zweiten Ranges, sondern diesmal standen Könige an der Spitze
des Unternehmens. König Konrad Iii. von Deutschland (1137 —
52) und König Ludwig Vii. von Frankreich (1137 — 80) folgten
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Extrahierte Personennamen: Honorius_Ii Honorius Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Lothar Arnold_von_Brescia Innocenz_Ii Innocenz Innocenz Innocenz Lucius Eugen_Iii Eugen Konrad_Iii Konrad Ludwig_Vii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Rom Ober-Italien Frankreich Palästina Edessa Deutschland Frankreich
402 Xxi. §. 6. Neue Siege der Päpste über Kaiser Friedrich I. rc.
können, so mochte man sagen, es sei das nur durch die eigne Schuld
der Fürsten möglich gemacht, durch ihre Unsittlichkeit, ihre Frevel,
ihre Unklugheit, ihre Untüchtigkeit, durch die Gunst der Zeitumstände,
die Unmündigkeit der Herrschern, s. w. Jetzt aber sollte sich's zeigen,
daß die Idee, für welche die Päpste kämpften, die geistliche Welt-
monarchie, wirklich so tiefe Wurzeln in der Zeitentwicklung und in den
Völkern habe, daß es selbst einer Reihe der gewaltigsten, consequen-
testen, ruhmreichsten Kaiser, die je auf dem deutschen Thron gesessen
haben, nicht gelingen konnte, sich mit den Waffen weltlicher Macht
und Klugheit den Päpsten gegenüber zu behaupten. Wir sind einge-
treten in die wunderbar herrliche Zeit der höchsten Entfaltung des
deutsch-mittelalterlichen Volkslebens, in die Zeit der hochgepriesenen
hohenstaufischen Kaiser. Alles, was von dem Wohlstand, der Bildung,
dem künstlerischen Schaffen und allgemeinen Lebensgenuß, den pracht-
vollen Bauten, den schwelgerischen Hofhaltungen, den glänzenden Tur-
nieren und aller sonstigen Pracht des Ritterwesens und der Lieblichkeit
des Minnesanges uns erzählt wird oder noch heute erhalten ist,
drängt sich vorzugsweise in dies Jahrhundert zusammen, wo die drei
großen Hohenstaufen Friedrich I. und Ii. und zwischen ihnen Hein-
rich Vi. auf dem deutschen Kaiserthron saßen. Alle drei bekämpften
sie nach einem festen Plane, mit unermüdeter Beharrlichkeit, mit
eben so viel Klugheit als Kühnheit die päpstliche Macht, die sich
über sie erheben wollte und erhoben hatte. Aber sie unterlagen —
unterlagen so vollständig, so jammervoll, daß nie ein großartigeres
Trauerspiel einen thränenreichern Ausgang genommen hat. Schon
gleich Friedrich I. Barbarossa (1132 — 80), der hochbegabte,
fromme und mannhafte Kaiser, voll hochstrebender Plane und un-
überwindlicher Tapferkeit, mußte nach langwierigem harten Streit sich
demüthigen vor den Päpsten. Mit kriegerischem Glanz und großen
Entwürfen zog Friedrich I. zum ersten Male 1154 über die Alpen
nach Italien. Dort in der Lombardei, wo man die Herrschaft und
die Gerechtsame der deutschen Kaiser schon fast vergessen hatte oder
verachtete, wo die Unzahl reicher und mächtiger Städte, voll Ueber-
fluß und Wohllebens, die kaiserlichen Befehle und Beamten hoffartig
verwarfen, sollte die Kaiserhoheit in neuem Glanz erstehen, alle Wi-
derspenstige unterdrückt und ein sicheres und gehorsames Reich ge-
gründet werden. War doch des Kaisers Friedrich Wort und Ent-
scheidung von den Königen in Dänemark wie in Ungarn, von den
Herzogen in Polen und den Erzgrafen in Burgund gefürchtet, ehrten
ihn doch die Könige von England und Frankreich durch höfliche
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Xxi. §. 6. Neue Siege der Päpste über Kaiser Friedrich I. ,c. 403
Worte und Geschenke, wie hätten nicht die vereinzelten Städte Ita-
liens vor seiner Macht gar bald sich beugen sollen. Und schon viel
weiter ging der Flug seiner hohen Gedanken. Er, der Kaiser, wollte
selbst die große Weltmonarchie begründen, in der die Papste bereits
zu herrschen meinten, und die Päpste sollten ihm selber dabei be-
hülflich sein. Aber hier sogleich zeigte sich die Unvereinbarkeit der
kaiserlichen und der päpstlichen Herrschaft. Papst Hadrian Iv.
(1154—59), der soeben den Stuhl zu Rom bestiegen hatte, ließ
sich zwar herbei, den gewaltigen deutschen Kriegsherrn zu krönen und
zu salben. Aber gar bald gerieth er mit ihm in offenen Hader,
Friedrich wollte sich die wiederholten Demüthigungen vom Papst
nicht gefallen lassen; der Papst wollte die erneuten Ansprüche und
Eingriffe des Kaisers in die päpstlichen Rechte nicht dulden; er war
entschlossen, ihn in den Bann zu thun, als der Tod ihn hinwegraffte
(1059). Jetzt erfolgte eine zwiespältige Papstwahl. Die kaiserliche
Partei unter den römischen Cardinälen wählte Victor Iv. und
nach dessen Tode noch zwei andere. Aber alle drei Päpste konnten
außer am kaiserlichen Hofe nirgend Anerkennung gewinnen. Dage-
gen der von der streng kirchlichen Partei gewählte Alexander 111.
(1159— 1181), obgleich er anfangs vor dem mächtigen Kaiser aus
Rom entweichen und nach Frankreich flüchten mußte, gewann doch
allmälig die volle päpstliche Gewalt, kehrte nach Rom zurück, ver-
bündete sich mit den unruhigen, freiheitssüchtigen Städten Nord-Ita-
liens, namentlich dem stolzen und rachsüchtigen Mailand, und durch
die unglückliche Schlacht bei Legnano (1176) ward der hochftrebende
Hohenstaufe so geschwächt, daß er sich wirklich bequemen mußte,
seinen Frieden mit dem Papst zu suchen. Demüthig mußte er in
Venedig sich vor ihm einfinden, ihm alle herkömmliche Ehrfurcht er-
weisen, alle bisherigen Beschwerden abstellen und die Unabhängigkeit,
ja die Obmacht des päpstlichen Richters anerkennen.
So hatte der ruhmreiche Kaiser, dem bisher uoch alle seine Un-
ternehmungen, jene eine unglückliche Schlacht ausgenommen, gelungen
waren, der in der Fülle seiner Macht, umgeben von seinen kriegerischen
Vasallen dem Papst gegenüberstand, sich — nicht in einer plötzlichen
Ueberraschung oder Anwandlung von Schwäche, sondern nach reifster
Ucberlegung und in dem klarsten Bewußtsein über seine Lage, nach
achtzehnjährigem Kampf endlich doch dem Papste unterwerfen müssen.
Welch anders irdische Hoheit konnte noch Widerstand wagen, wenn
das Haupt der Christenheit sich also beugen mußte. Man mochte ja
sagen: daß nur der Kampf mit den lombardischen Städten, in den der
Kaiser sich unweislich und ungerecht verwickelt hatte, und der gleich-
zeitige Abfall des mächtigen Sachseuherzogs Heinrich's des Löwen
26*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Hadrian Friedrich Friedrich Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Frankreich Rom Mailand Venedig Sachseuherzogs
Xxii. §. 6. Erstes Hervortreten Frankreichs als Feind und Dränger re. 415
Wir müssen hier noch besonders an zwei wichtige Erwerbungen
deutscher Fürstenhäuser erinnern, welche zwar nur für jene Uebergangs-
zeit gelten sollten und deshalb auch selber vorübergehend waren. Aber
sie bereiteten doch die künftigen bleibenden Zustände vor und dienen zu-
gleich zur Erklärung der Haltung und des Schicksals des Kaisers
Ludwig. Das war nämlich die Erwerbung der böhmischen und mäh-
rischen Lande durch das Haus Luremburg, und der Mark Branden-
burg durch das bayerische Hauö Wittelsbach. Auf Böhmen und
Mähren, sahen wir, hatten schon längere Zeit die östreichischen Habs-
burger gewartet, aber es war ihnen für jetzt noch nicht beschieden. Sie
sollten erst in den neu erworbenen östreichischen Landen tiefer unter
sich wurzeln und sich läutern, ehe ihrer Hand das Größere vertraut
würde. Dagegen konnte Kaiser Heinrich der Luxemburger gleich beim
Antritt seiner Regierung seinen Sohn Johann mit dem böhmischen
Reich belehnen, und so dem luremburgischen Geschlecht eine Hausmacht
in Deutschland gründen, welche es ein ganzes Jahrhundert hindurch
zu einem der mächtigsten und angesehensten Fürstengeschlechter erhob und
lange Zeit auch in Besitz der Kaiserkrone erhielt. Schon jener Jo-
hann, Heinrich's Vii. Sohn, würde ohne Zweifel seinem Vater in der
Kaiserwürde gefolgt sein, wenn er nicht noch unmündig gewesen wäre.
Aber Johann's Sohn, Heinrich's Enkel, war eben jener Carl Iv.,
aus den nach Ludwig's Tode die Kaiserkrone überging (1347) und
bei vessen Geschlechts sie blieb bis 1437. Ludwig der Bayer aber
hatte seine kaiserliche Gewalt nicht minder zur Erweiterung seiner Haus-
macht benutzt. Das ehrenwerthe ballenstädtische Haus, welches seit
Albrecht dem Bär die Markgrafschaft Brandenburg besessen und
tressiich verwaltet hatte, war 1320 ausgestorben, und jetzt hatte der
Kaiser seinen gleichnamigen Sohn Ludwig mit jenen großen und
blühenden Gebieten belehnt — nicht zum Segen der Markgrafschaft.
Während Ludwig's und der späteren bayerischen Markgrafen Verwal-
tung (1324—73) sank das bisher so wohl gepsiegte und fröhlich sich
entwickelnde Land durch die Feindschaft mächtiger Gegner, durch innere
Zwistigkeiten, durch Nachlässigkeit und Untüchtigkeit der Fürsten in eine
traurige Zerrüttung, die später schwer zu heilen war. Wie hätte es
auch anders sein können, da sogar das Oberhaupt der Christenheit,
Papst Johann Xxii., die rohen polnischen Slavenhorden, ja die
heidnischen Lithauer in's Land rief und sie zu allen Verwüstungen,
Greueln und Freveln ermuthigte, nur um dem verhaßten Kaiser Ludwig
und dessen Sohn dem Markgrafen, desto empfindlicher« Schaden zu
thun. Der Kaiser freilich säumte seinerseits auch nicht, dem Papst mit
gleichem Maße zu messen. Aber seine Unternehmungen waren viel zu
gewagt und unbedacht, als daß sie ihren Zweck hätten erreichen kön-
nen. Sie wandten sich vielmehr wider ihn selber zurück. Ungewarnt
durch das Beispiel Heinrich's Vii., der sich der italienischen Kaiser-
herrlichkeit wieder einmal hatte gelüsten lassen und dadurch seinen
frühen Tod herbeigeführt, ging auch Ludwig nach Italien, um den
Papst im Mittelpunkte seiner Macht anzugreifen. Aber nachdem er
sich dort von etlichen gebannten Bischöfen die Kaiserkrone hatte aufsetzen,
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Heinrich_der_Luxemburger Heinrich Johann Carl_Iv. Ludwig_der_Bayer Ludwig Albrecht Ludwig Ludwig Johann_Xxii Johann Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Haus_Luremburg Hauö_Wittelsbach Deutschland Ludwig's Italien
Xxi. §. 8. Die Zeiten des vierten Kreuzzuges. 407
des Papstes Werk war ja die Gründung des jerusalemischen König-
reichs gewesen, seine Heere waren zu solchem Unternehmen ausgezogen,
seinen segnenden Verheißungen hatten Fürsten und Völker vertraut,
seine Fürsorge und Oberleitung sollte das Gewonnene befestigen und
erweitern helfen. Statt dessen, so klagte man nun, hatte er mit dem
Kaiser gehadert und darüber die schönste Perle der gesainmten Christen-
heit schmählich verloren gehen lassen. Aber Kaiser Friedrich hatte
kaum die Trauerkunde vernommen, als er selber sich an die Spitze der
neubegeisterten Christenschaaren stellte, um im Greisenalter noch als
Dank für so viele und große Wohlthaten dem Herrn sich selbst mit
dem ganzen Rest seiner Kraft zum freudigen Werkzeug für solch heili-
ges Unternehmen darzubringen. Wie wetteiferten da die Fürsten,
geistliche und weltliche, dem großen Kaiser mit ihren Vasallen zu
folgen. Unter dieser Führung schien jede Furcht vor Gefahr und
Mißlingen beseitigt; Jedermann war des Gelingens sicher, man sah mit
mitleidigen Augen auf die, welche zu Hause bleiben mußten. Und
wirklich, nie ist ein Zug mit mehr Umsicht, Nachdruck und Erfolg ge-
leitet. Alle Jammerscenen .früherer Kreuzzüge wurden vermieden.
Schon war man fast an den Grenzen Syriens angelangt, der Ruhm
des Kaisers erscholl durch ganz Europa und Asien, erfüllte die Sa-
racenen mit Furcht und Schrecken, erhub die Herzen der Christenheit
zur freudigsten Zuversicht, da (verlasset euch nicht auf Menschen!) mitten
im glücklichen Fortgang des gepriesenen Unternehmens, auf dem Gipfel
seines Ruhms und seiner Siege, holte der Herr den theuren Helden
heim zu dem schönen, himmlischen Jerusalem. Er ertrank beim Ueber-
setzen über den Fluß, sein Heer zerstreute sich oder erlag pestartigen
Krankheiten. Jerusalem blieb in den Händen der Saracenen.
§. 8. Die Zeiten des vierten Kreuzzuges.
Wem es durch den plötzlichen Tod des großen Barbarossa
noch nicht klar geworden wäre, daß der Herr selbst die Wiederher-
stellung des Christenreichs zu Jerusalem mit starker Hand und auö-
gerecktem Arm verhinderte, dem mußte der mit dem dritten Kreuzzug
in Verbindung stehende und fast gleichzeitig unternommene vierte
Kreuzzug vollends die Augen öffnen. Auf die Schreckenskunde von
der Eroberung Jcrusalem's durch Saladin hatten sich außer dem
Kaiser auch die Könige von Frankreich und von England an die Spitze
ihrer Schaaren gestellt und waren mit großem Glanz, Geräusch und
Pomp ein Jahr später als Friedrich ausgebrochen und zu Schiffe
hinübergefahren nach der Küste von Palästina. Es waren Philipp
August von Frankreich (1180 —1223), der schöne, eitle, ränkevolle,
herrsch- und habsüchtige Sohn Ludwig's Vii., des unglücklichen
Kreuzfahrers, den wir schon kennen gelernt, und Richard „Löwen-
herz" von England, der tollkühne, grausame und grobsinnliche Sohn
jenes Heinrich Ii., der wegen der Ermordung des Erzbischofs Tho-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Barbarossa Barbarossa Friedrich Friedrich Palästina Philipp Philipp August Richard_„Löwen- Heinrich_Ii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Syriens Europa Asien Jerusalem Frankreich England Frankreich England
Xxi. §. 8. Die Zeiten des vierten Kreuzzuges. 409
Rückkehr vorüber, so hielt auch der Herr das widerchristliche Reich
nicht mehr aufrecht, sondern übergab es in das Verderben seiner
eignen Sündenschuld. Und als in Folge des Todes Saladin's
noch einmal im Abendland sich die Hoffnung auf bessere Erfolge
regte, als der gewaltige Hohenstaufe Heinrich Vi., Friedrich's
Sohn (1190 — 97), noch einmal einen großen Kreuzzug vorbereitete,
da griff die Hand Gottes wiederum sichtbarlich und wunderbar ein
und legte den kühnsten und mächtigsten der deutschen Kaiser in seiner
frischesten Jugendkraft — in dem Augenblick in den Staub, als seine
Heere begannen, sich nach dem Morgenlande in Bewegung zu setzen.
Schon bei der salischen Kaiserfamilie machten wir darauf auf-
merksam, wie sehr ähnlich ihre Geschichte der des ersten großen Kö-
nigs- und Kaiserhauses, des sächsischen, verlaufen sei. Noch viel auf-
fallender tritt diese Ähnlichkeit bei dem großen Hohenstaufengeschlecht
hervor. So wie Konrad Iii. uns wieder an den vorbereitenden
Heinrich I. und Friedrich I. an die lange, ruhmvolle und von
großen Erfolgen gekrönte Regierung Otto's des Großen erinnert, so
sehen wir in Friedrich's Sohne H einrich Vi. ein genaues Ab-
bild Otto's Ii. Dieselben jugendlichen Jahre, dieselben hochstreben-
den Gedanken, dieselbe geistvolle, obwohl irrende Politik, dieselbe
Richtung ihres Strebens nach Unter-Italien, dasselbe unvermuthete
Hinweggerafftwerden in der Mitte der stolzesten Entwürfe, dieselbe Un-
mündigkeit des hinterlassenen gekrönten Sohnes und der unheilvolle
Streit der langen Vormundschaft. Nur ist bei Heinrich Vi. Alles
noch stolzer, kühner, großartiger, schwunghafter und erfolgreicher, als
bei Otto. Nachdem es Heinrich gelungen war, das Erbreich seiner
Gemahlin Constanze, das schöne Neapel und Sicilien, an sich zu
bringen und somit Italien von einem Ende bis zum andern seiner
Herrschaft zu unterwerfen, fürchtete er sich auch vor keinem Papst
mehr. Denn jetzt war ja den Päpsten ihr bisheriger wichtigster Rück-
halt gegen alle kaiserlichen Angriffe, das Normannenreich in Süd-Jta-
lien, verloren und sogar in die Hände ihrer Gegner übergegangen. So
stand es jetzt zwischen Kaiser und Papst. Freunde und Helfer konnten
sie sich nicht mehr sein, sie waren nur noch eifersüchtige Nebenbuhler
und kämpften mit einander um die Weltherrschaft. So lange die Kreuz-
züge noch dauerten, lag die Weltherrschaft unbestritten in der päpst-
lichen Hand. Als Kaiser Friedrich und die Könige von Frankreich
und England nach Jerusalem aufbrachen, da erwies sich die gesammte
abendländische Christenheit noch einmal als ein großes einiges Ganze
unter der obersten Leitung des römischen Bischofs. Wie die Regimen-
ter eines gewaltigen Heeres strömten die Völker alle nach dem gleichen
angewiesenen Punkte hin, um nach dem Willen ihres Kriegsherrn, des
Papstes, wider die Feinde der Kirche zu kämpfen. Aber als die
Kampfeslust gebüßt war, da zeigte sich bald, daß auch der begeisterte
Gehorsam gegen den Papst vorüber war. Er mochte immer neue Auf-
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Vi Heinrich Konrad_Iii Konrad Heinrich_I. Heinrich_I. Friedrich_I. Friedrich_I. Heinrich_Vi Heinrich Otto Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Neapel Sicilien Süd-Jta- Frankreich England Jerusalem
Xxi. §. 9. Innocenz in. oder die vollste Entfaltung ;c. 411
horsam dem einen römischen Bischof, dem Stellvertreter Gottes auf
Erden zu unterwerfen. Diese höchste Höhe erreichte das Papstthum
unter Innocenz Iii. (1198—1216). Er war in der That ein
Mann, der an Einsicht und Scharfsinn, an Gerechtigkeitsliebe und
sittlicher Haltung, an Kraft und Klarheit allen Fürsten jener Zeit bei
Weitem überlegen war, ein Mann, der leidenschaftslos und besonnen,
im vollen Gefühl seiner Würde, eben so ruhig als entschieden, in der
Sicherheit seiner zweifellosen Ueberzeugung von seinem Recht und sei-
ner Pflicht wirklich wie ein Gott auf Erden zu walten schien —
nur freilich wie ein staubgeborner sündiger Gott ohne Allmacht, ohne
Allwissenheit, ohne Ewigkeit, mit befleckter Heiligkeit und unzureichen-
der Liebe. Erst nachdem dieser beste, weiseste und gewaltigste der
Päpste die volle Weltherrschaft wirklich besessen und geübt hatte,
konnte die gesammte Christenheit und jede einzelne wahrheitsuchende
Seele sich gründlich und klar überzeugen, daß diese römische Welt-
monarchie doch am Ende nichts Anderes sei, als ein Wiederaufleben je-
ner altheidnisch-römischen Weltherrschaft, Kleid und Abzeichen des
Lammes, aber Stimme und Rede des Drachen. Denn „Sein Reich
ist nicht von dieser Welt." Damit also Solches erkannt würde, wurde
diesem größten Papst nach allen Seiten hin Raum gegönnt, daß er
unbeengt und ungehindert zeigen könne, was denn ein solcher Stell-
vertreter Gottes auf Erden unter den allergünstigsten Verhältnissen zu
leisten vermöge. Unmittelbar vor dieses Papstes Thronbesteigung
war dem mächtigsten der Hohenstaufen ein jähes Ende bereitet,
war das schöne, für den Papst so überaus wichtige sicilianische Reich
in die Hände eines schutzbedürftigen Weibes und eines hülflosen
dreijährigen Kindes (Friedrich H.) gelegt, waren die unbändigen
Stadtgemeinden des obern Italiens in solche Verwirrung (die Strafe
ihrer eignen Zügellosigkeit) gerathen, daß sie der päpstlichen Ein-
griffe und Entscheidungen sich nicht mehr entschlagen konnten. In
Deutschland war der furchtbare Kampf zwischen den Welfen (An-
hänger und Nachkommen Heinrich's des Löwen und Begünsti-
ger der Hierarchie) und den Ghibellinen oder Hohenstaufen, der
schon zu Kaiser Konrad's Zeit begonnen, auf's Reue zu einer
Alles verzehrenden, das deutsche Reich völlig zerrüttenden Wuth em-
porgelodert, also daß der Papst als höchster Richter zwischen die bei-
den sich bekämpfenden Könige treten, jetzt für Heinrich des Löwen
Sohn Otto Iv, jetzt für Heinrich's Vi. Bruder Philipp von
Schwaben sein oberherrliches Gewicht in die Wagschale legen, und
endlich seinen jugendlichen Schützling und Mündel, den heranwach-
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Extrahierte Personennamen: Innocenz Innocenz Innocenz_Iii Innocenz Friedrich_H. Friedrich Heinrich Heinrich Otto Philipp_von
Schwaben Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Italiens Deutschland
412 Xxi. §. 9. Innocenz Hi. oder die vollste Entfaltung rc.
senden hohenstaufischen Friedrich Ii., aus Sicilien über die Alpen
führen und auf den Kaiserthron zu Aachen setzen konnte. Nicht min-
der hatte der Herr in allen übrigen europäischen Staaten die Ver-
hältniffe so geordnet, und solche Fürsten bestellt, daß des Papstes
Obergewalt sich überall volle Geltung verschaffen konnte. Die Kö-
nige von Portugal, von Aragon, von England geriethen in die tiefste
Abhängigkeit von Rom und mußten Zins zahlen; die Könige von
Castilien (Leon) und Frankreich mußten ihre Ehen trennen oder wie-
derherstellen nach seiner Entscheidung, in Norwegen und Schweden,
in Polen und Ungarn entschied der Papst die Thronstreitigkeiten nach
seinem Willen; die Fürsten von Dalmatien und Bulgarien empfingen
ihre Kronen, der Erzbischof von Armenien das Pallium aus seinen
Händen. Das ganze griechische Reich ward dem päpstlichen Einfluß
geöffnet, und die bisher noch heidnischen Ostseeprovinzen dem christli-
chen Scepter des Papstes unterworfen (vgl. d. folg. §.).
Fragen wir nun, wie hat denn dieser Innocenz seine unver-
gleichliche Macht, seine Gott vertretende Würde benutzt, was hat er
gewirkt und ausgerichtet, so müssen wir anerkennen, daß er nicht bloß
überall ein edles Streben, zu bessern, zu helfen, zu beruhigen und in
die rechte Bahn zu lenken, an den Tag gelegt hat, sondern daß ihm
auch Vieles und Großes gelungen ist. Wie billig, hat er den Anfang
gemacht am eignen Hofe, in seiner unmittelbaren Umgebung. Wie
viel Uebelstände, wie viel Erpressungen, wie viel Bestechung und Unge-
rechtigkeit, wie viel Lurus und schwelgerische Ueppigkeit, wie viel Ueber-
muth hatte sich am Hofe St. Peter's eingeschlichen! Unnachsichtig
fegte Innocenz, so weit sein Auge reichte, allen diesen lang verjährten
Schmutz aus und stellte Einfachheit, Gerechtigkeit, Zucht und Ord-
nung in Rom wieder her. Und so that er durch alle Länder unter
der ganzen Geistlichkeit. Es ist unglaublich, welches Heer von Klagen
über den Weltsinn, die Ungerechtigkeit, die Sittenlosigkeit, ja die Laster
und Verbrechen der Geistlichkeit aus fast allen Ländern erhoben wur-
den. Ruhig und milde, aber mit unbeugsamem Nachdruck wußte auch
da Innocenz überall durchzugreifen, und wo irgend eine begründete
Klage zu seinen Ohren kam, hat es gewiß nicht an ihm gefehlt, wenn
sie nicht abgestellt wurde. Er sorgte für gehörige Beaufsichtigung der
niedern Geistlichkeit und der Mönche, für Unterricht des Volkes,
wirkte dem immer weiter um sich greifenden Aberglauben und Reli-
quiendienst entgegen und traf zweckmäßige Maßregeln gegen die Her-
umtreiber, welche unter dem Vorwand großer Heiligkeit sich den La-
sten und Pflichten des bürgerlichen Standes entzogen. Auch das muß
man anerkennen, daß er die wilden Lüste und ungeordneten Leiden-
schaften der Könige von Frankreich und England (in Frankreich hatte
Philipp August seine rechtmäßige Gemahlin schmählich verstoßen,
in England wüthete Richard's Nachfolger, der launenhafte Jo Hann,
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Extrahierte Personennamen: Innocenz_Hi Innocenz Friedrich_Ii Friedrich Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Philipp Philipp August
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Aachen Portugal Aragon England Rom Frankreich Norwegen Schweden Polen Ungarn Dalmatien Bulgarien Armenien Rom Frankreich England Frankreich England
454 Xxii. §. 9. Gleichzeitige Schwächung Frankreichs und des Papstthumö.
berufen, so bekam es auch zu fühlen, was es heißt, ein Volk ohne
Treu und Glauben und eine zur Gewalt gelangte Masse zu re-
gieren.
In früheren Zeiten würde ein solcher Kampf zwischen zwei Köni-
gen um die Krone Frankreichs sofort von dem Papst vor seinen Rich-
terstuhl gezogen und in päpstlicher Machtvollkommenheit entschieden
sein. Wieweit lag solche Möglichkeit jetzt schon dahinten. Umgekehrt
stritten sich soeben zwei Päpste um die dreifache Krone und die ganze
Christenheit fragte verwirrt und verlegen, welcher höhere Richter hier
zu entscheiden habe über zwei Männer, deren jeder sich selber für den
einigen höchsten Richter auf Erden erklärte und Gottes Stellvertreter.
Bis zum Jahr 1367 hatten die Päpste unbeweglich verharrt zu Avig-
non unter französischer Botmäßigkeit. Da aber inzwischen Frank-
reich, durch die englischen Kriege geschwächt, ihnen die Kette etwas löste
und in Italien das ganze päpstliche Gebiet in fremde Hände zu gera-
then drohte, so versuchte zuerst Urban V. nach der heiligen Stadt,
nach Rom zurückzukehren. Aber da erhob sich Widerspruch von einer
Seite, von der man es am wenigsten hätte denken sollen. Die Cardi-
näle wollten nicht wieder nach Rom. Sie waren meistens Franzosen
und hatten die weichlichen Genüsse und die schlaffe Sicherheit des süd-
lichen Frankreich so lieb gewonnen, daß sie es mit dem gefährlichen
Rom und Italien nicht vertauschen mochten. Auch Urban selber
fand es am Ende wohnlicher in Avignon und kehrte 1370 dahin zu-
rück. Aber er starb noch in demselben Jahre und sein Nachfolger
Gregor Xi. (1370—78) machte nun doch wirklich Ernst mit der
Rückkehr nach Rom. Eine neue größere Noth entstand aber mit sei-
nem Lode. Es wurde ein Papst gewählt, Urban Vi. (1378—91),
ein geborener Italiener, von dem man die Zuversicht haben konnte, daß
er nicht wieder nach Frankreich entweichen werde. Aber eine große
Partei, auch unter den Cardinäleu, war mit dieser Wahl unzufrieden
und ging hin und wählte einen andern Papst, der sich Clemens Vii.
nannte und alsbald wieder seinen Sitz in Avignon aufschlug. So
entstand die jämmerliche Papstspaltung, das päpstliche Schisma, wel-
ches länger als ein ganzes Menschenalter fortdauerte und die christliche
Welt in zwei Hälften zerriß. Der ganze Westen außer England er-
klärte sich nämlich für den französischen Papst, dagegen Deutschland
und alle übrigen Länder hielten zu dem römischen Papst Urban. Ein
jeder dieser beiden Päpste bannte und verstuchte den andern sammt
seinem ganzen Anhang. Die nächste Wirkung war, daß der Bann
alle seine Schrecken verlor. Die gesammte Christenheit lag ja jetzt
unter dem Bann, mochte sie nun von dieser oder jener Seite her ge-
bannt sein. Jeder Papst erklärte den Bann sowie alle Amtshand-
lungen des Gegenpapstes für wirkungslos. Die Fürsten und Könige
stritten über die Rechtmäßigkeit des einen oder des andern Papstes.
Die Gelehrten, besonders die Universitätslehrer in Paris, stellten Un-
tersuchungen an, wie solchem Uebel des Doppelpapstthums abzuhelfen
sei. Das Volk aber sammt der ganzen Geistlichkeit seufzte und weh-
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Extrahierte Personennamen: Urban_V. Urban Gregor_Xi Gregor Ernst Urban Clemens_Vii Urban
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreichs Gottes Italien Rom Rom Frankreich Rom Italien Avignon Rom Frankreich Avignon England Deutschland Paris