indem sie das von den Römern aufgegebene Dacien besetzten und von hier aus ihre Herrschaft im Norden und Osten ausdehnten.
§ 6. Knttur der alten Deutschen.
Aie Religion der alten Deutschen war ursprünglich auf die Verehrung eines höchsten Wesens beschränkt. Die Vielheit der Götter entstand erst später durch die Verbindung des Gottesdienstes verschiedener Völkerstämme, die ihre eigentümlich ausgebildeten Vorstellungen von dem höchsten Wesen nicht aufgeben wollten. Der höchste Gott war Wu'otan, Wodan, Odin, der Schlachtenherrscher, welcher die in der Schlacht Gefallenen in seiner himmlischen Halle, Walhalla, empfing. Als Gott des Lichtes und des Geistes ist Wuotan auch Erfinder der Runen (Schriftzeichen), sowie aller Künste und Wissenschaften. Dem Wuotan zunächst staub der Donnergott Donar, Thorr. Der Gott des Krieges war Zio (wie Zeus aus dem sauskr. djaus = Himmel) oder Tyr, auch Ermiu, Ear genannt. Die nordische Mythologie kennt nod) den Gott der Dichtkunst Braga und den Gott der Sommersonnenwende Balder. Weibliche Gottheiten waren: Hulda, des Wuotan Gemahlin, Fron wo, Freyja, Frea, die besrnd)tende Witterung, N e r t h n s, die Erdmutter, Ea^stre oder O^stara, eine Göttin des Lichtes, Hela, die Göttin des Todes. Auch jungfräuliche Gottheiten finden sich in der Religion der Deutschen, die Walkyren oder Sch lad)t-jungsrauen und die drei Nor neu, welche den Lebensfaden der Menschen spannen. Dem Wuotan war der Mittwoch (Guustag), dem Donar der Donnerstag, dem Zio oder Tyr der Dienstag (Ziestak, Distag, Ertag), der Freyja der Freitag geweiht.
Zwischen den Göttern und Menschen standen vier Arten voll Mittelwesen: Die Riefen, die Repräsentanten der rohen stnulid)en Gewalt, die Zwerge, winzige Wesen, weld)e im Sd)oße der Erde wirkten (die Kobolde, von xößalos — Schalk, waren fleißige Hausgeister)^ die Nixen (nix, neck, nichus), neckeube Wassergeister, die Elben (von albus — licht, also: lichte Geister), die Repräsentanten der wolthätigen 'Naturkräfte. Die Priester hatten großeil Einfluß, Orakel waren sehr gesucht (A l r a u u e n — die Seherinnen oder die Alles Wissenden, von all und runa d. i. Geheimniß oder von rounen, raunen d. i. zumurmeln). Der Götterdieilst wurde anfangs nicht in Tempeln, sondern im Freien gefeiert. Die Opfer, teils Dank- teils Sühnopfer, bestanden sowol in Menschenopfern als in Thieropsern. Die den Deutschen eigentümlid)e hohe Achtung gegen die Frauen schrieb diesen die Gabe der Weissagung zu, daher der Name weise Frauen.
Mit dem Beginne des vierten Jahrhunderts zeigen sich bei den Deutschen die ersten Spuren des Christentums. Auf dem Konzilium zu Nicäa (325) erscheint ein gotischer Bifchof, Theo'phi lns, dessen Nachfolger 11/lfilas die Bibel ins Gotische übersetzte
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Vorzüglich drängte sich der Adel, welcher von kriegerischen Unternehmungen lebte, und die zu denselben Unternehmungen berechtigten L ehns-tz e s i tz er zum Ritterstande. Hatte in einer nicht adeligen Familie Vater, Sohn und Enkel den Ritterschlag erhalten, so zählte diese Familie zu den ritterbürtigeu Geschlechtern, die als niederer Adel einen eigenen Stand bildeten und zwischen dem alten oder hohen Adel und den nicht adeligen Lehensbesitzern in der Mitte standen. Der h o he Adel stand unmittelbar unter dem Kaiser, der niedere Adel war den Herzögen und Grafen untergeordnet. Zur Zeit der Kreuzzüge sagten sich viele Glieder des niederen Adels von der Herrschaft des hohen Adels los und begaben sich unmittelbar unter die Herrschaft des Kaisers und des Reiches. Ans diesen und dem höhen Adel bildete sich die unmittelbare Reichsritterschaft. Der normännische Titel Baron, der im 12. Jahrhundert aus Frankreich nach Deutschland überging, kam anfangs nur dem hohen Adel zu Das Streben nach Einignng, das sich im Ritterwesen zu erkennen giebt, offenbart sich gegen das Ende dieser^ Periobe in bett Ha nsen der Kaufleute, den Zünften (Gilben) der Handwerker, den Banbrüder-schasten, den Malervereinen, in den Eidgenossenschaften der Städte und des Adels, sowie in den Universitäten und ihren Landsmannschaften. —
§ 33. Wissenschaft, Litteratur, Kunst, Ackerbau, Heweröe und Kandel.
Z)ie Wissenschaften wurden im Orient von bett Byzantinern Mb Arabern, im Abenblanbe von bett Arabern in Spanien und von den zum Christentum bekehrten Völkern eifrig gepflegt. Bei letzteren wurden die Wissenschaften, nachdem sie längere Zeit fast ausschließlich von Geistlichen und Mönchen (in den berühmten schulen zu St. Gallen, Korvey, Fulda, Paderborn, Hildesheim, Paris it. s. w.) betrieben worden waren, auch außerhalb der Klöster und Stifter gelehrt und namentlich durch die um 877 von Johannes Er?gena (d. i. zu Eri in Irland gebürtig) gegründete Scholastik gefördert, welche die Übereinstimmung der durch Christus geoffenbarten Lehre mit den von Aristoteles (s. Bb. I. S. 92) aufgestellten Denkgesetzen zu beweisen suchte. Die Scholastik spaltete sich frühzeitig in zwei Klassen, die Realisten ttttb Nominalisten; jene machten geltenb, daß die allgemeinen Begriffe (die Gattnngs- und Artbegriffe) nicht blos in den konkreten Dingen ttttb als empirische Vorstellungen (Abstraktionen aus bett realen Einzelbingen) Realität ober Wirklichkeit haben, sonbern zugleich Urgebanken seien, die sich in jeber Vernunft vor allem empirischen Denken und unabhängig von den realen Einzeldingen unmittelbar vorfinden, diese hingegen erklärten die allgemeinen Begriffe für reine Gedankendinge, für bloße Worte und Namen, für Abstraktionen aus den realen Einzeldingen. Den Gegensatz zur Scholastik bildete die schon zu Ende des
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Extrahierte Ortsnamen: Salzburg Gallien Deutschland Fulda Mailand
95
Stu'rlesen (f 1241) in der jüngeren Edda (Mythensammlung) vereinigt. Letzterer verfaßte die nordische Geschichte Heimskringla in Prosa.
In Frankreich entstand am frühesten im Süden von der Loire eine kunst-mäßiae Poesie, die sogenannte provenyalische oder die Poesie der Troubadours, die in der Form sehr mannigfaltig war (Tenzonen, Sirventes, Sonetten, Kanzonen, Balladen u. s. w.) und von 1150—1250 thre höchste Blute erreichte. Etwas später als im südlichen Frankreich wurde die Kunstpoesie nn nördlichen Frankreich heimisch, vorzüglich in der Normandie, wo die Trou-vöres neben britischen, fränkischen und normannischen Stoffen weltnchen Inhalts auch religiöse Stoffe und die deutsche Thiersage behandelten. Nachdem die Nord-franzosen mit ihren südlichen Landsleuten durch die Kreuzzüge und die Albt-qenferkriege in nähere Berührung gekommen waren, gewann _ das Epos eine neue Richtung und gleichzeitig entwickelte sich eine satirische, lyrische und dramatische Poesie und eine kunstgerechte Prosa.
In Spanien, nach welchem sich die Poesie der Troubadours von der Provence aus verbreitete, ging um die Mitte des 12. Jahrhunderts aus den Volksliedern der Romance'ro hervor, eine Sammlung von Romanzen (d. i. lyrisch-epischer Gedichte im Volkston), welche die glorreichen Thaten des Cid (t 1099) verherrlichten.
In Italien blühte eine Dichterschule zu Florenz, aus welcher Dante Alighieri (1265 -1321), der Verfasser der divina commedia (poetische Beschreibung einer Wanderung durch Hölle, Fegfeuer und Paradies) hervorging.
Im Oriente thaten sich in der Dichtkunst die Perser Ferdu'si (1030) und Nisa'mi (f 1180) hervor.
Die Kunst machte ebenfalls erfreuliche Fortschritte. Zn der Baukunst griff neben dem byzantinischen Stile der gotische und maurische Platz, letzterer jedoch nur im nordwestlichen Afrika und in Spanien. Von dem riesigen Aufschwung der Baukunst zeugeu neben vielen weltlichen Bauten (die Donaubrücke bei Regens-bura, die Paläste der morgen- und abendländischen Herrscher) die Münster zu Straß bürg (beg. 1015), Freiburg (beg. 1122, voll. 1513), Wien (beg. 1145), Magdeburg (beg. 1208, voll. 1363) und Köln (beg. 1248). — Die Bildhauerei fand in Italien, der Metallguß in Norddeutschland, die Musik an den Kirchen und vielen Höfen gedeihliche Pflege. — Die von den Byzantinern erfundene Malerei mit Farben auf Goldgrund ward in den Städten Italiens und in Deutschland besonders zu Köln und Mastricht geübt. — Ackerbau und Viehzucht kamen trotz der vielen kriegerischen Ereignisie sehr in die Hohe, desgleichen die Gewerbe. — Der Handel wurde durch die lebhafte Schifffahrt auf dem Mittelmeere sehr erweitert und durch die von den handeltreibenden Städten geschlossenen Schutzbündnisse (die deutsche Hansa 1241 von den Städten Lübek und Hamburg, der rheinische Städtebund 1247 von den Handelsstädten des westlichen und mittleren Deutschlands gegründet) bedeutend gefördert.
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171
Empfänglichkeit. Die Unterrichts- iinb Bildungsanstalten haben sich in dieser ßeit nicht bloß vermehrt, sondern sie erhielten auch vielfache Verbesserungen. In Italien wurde seit dem Wiederaufleben der klassischen Litteratur besonders für die Unterweisung und Erziehung der Kinder der vornehmen Stände thätiger und besser gesorgt, die vorhandenen Schulen wurden zweckmäßiger eingerichtet^ und in vielen Städten neue angelegt, in welchen man vorzüglich den Unterrickt in den alten Sprachen eifrig betrieb. Die verdienstlichste und für die Verbreitung der alten Litteratur wirksamste Umgestaltung des Unterrichts erfolgte in N i e d e r d e u t s ch l a u d durch den Karthäuser Groa'te (1340—1384), Stifter der Hieronymraner, einer kirchlichen Vereinigung zur Vervollkommnung der Jugeud-bilduug. Groate gründete zu Deveuter (in den Niederlanden) eine vortreffliche Unterrichts- und Erziehungsanstalt. Aus dieser und den bald darauf zu Zwoll, Utrecht und Münster errichteten Schulen gingen die ersten Stützen des humanistisch eit Studiums hervor. Unter den Katholiken erwarben sich in der Folge die Benediktiner und Jesuiten, unter letzteren besonders Petrus Kanisius, große Verdienste um die Bildung der Jugend. Unter den Protestanten zeichneten sich M e l a' it ch t h o n, Kamerarins und I. Stnrm mit ihren Schülern in dieser Beziehung vorteilhaft aus. Die Gymuasieu in Gold der g und Jleseld, die sächsischen Fürstenschulen, die württembergr-schen Klosterschulen und die Schule des grauen Klosters in Berlin galten als Muster. Den Sinn für Begründung höherer Bildung beurkunden die vielen Universitäten, welche während dieser Zeit entstanden sind. In Deutschland wurde die erste Universität 1348 in Prag errichtet. Späteren Ursprungs sind die Universitäten zu Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392), Würzburg (1403 errichtet, 1413 eingegangen, 1582 neu errichtet), Leipzig (1409), Rostock (1419), Löwen (1426), Greifswalde (1456), Freiburg (1457), Basel (1460), Ingolstadt (1472), Trier (1472), Tübingen (1477), Mainz (1477), Wittenberg (1502), Frankfurt a. d. O. (1506), Marburg (1527), Jena (1547 gestiftet, 1558 eröffnet), Dillingen (1554), Helmstadt (1575), Olmütz (1581); Grätz (1585), Gießen (1607), Paderborn (1614), Salzburg (1620 errichtet, 1625 vom Papste bestätigt), Straßburg (1621), Rinteln (1621), Altdorf (162>) und Bamberg (1647). In Frankreich entstanden 9 neue Universitäten, in Spanien und Portugal 8, in Italien 4, in Schottland 3, in Schweden Upfa'la (1476), in Dänemark Kopenhagen (1479). Allmählig entstanden auch mehrere Akademien oder gelehrte Gesellschaften, und die Bibliotheken wurden vielfach vergrößert und mit den Schätzen der klassischen Litteratur bereichert. Das Strebeu der Universitäten und Akademien, die Wissenschaft tn
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Extrahierte Personennamen: Petrus_Kanisius
Extrahierte Ortsnamen: Italien Niederlanden Utrecht Kamerarins Berlin Deutschland Prag Wien Heidelberg Erfurt Würzburg Leipzig Rostock Freiburg Basel Ingolstadt Trier Mainz Wittenberg Frankfurt Marburg Jena Paderborn Salzburg Straßburg Rinteln Altdorf Bamberg Frankreich Spanien Portugal Italien Schottland Schweden Dänemark_Kopenhagen
der Philosophie entwickelte sich aus dem Systeme des Karte'sius (s. S. 172) Malebranche's Mystizismus, Berkeleys Jdealis-mus und Spinozas Pantheismus. In England gewannen die atheistisch gefärbten Anschauungen des Philosophen Hobbes (| 1679) und die Grundsätze des durch das kartesische System gebildeten Locke (f 1704), welcher alle materielle Erkenntniß von sinnlicher Erfahrung und Reflexion ableitete, großen Einfluß. Locke fand auch viele-Anhänger in Frankreich, wo Helvetius, Voltaire und die Encyklopädisten mehr oder weniger seinen Ansichten huldigten. Einen ganz neuen Schwung erhielt die Philosophie durch den deutschen Gelehrten Leibnitz (geb. 1646 zu Leipzig, f 1716 zu Hannover). Er stützte sein System, das er nie vollständig und im Ganzen entwickelt hat, aus die Grundlage der Monadologie (der einfachen Substanzen). Alle Veränderungen der Monaden sind nach seiner Anschauung von der Gottheit bei der Entwersung des Weltplanes bestimmt. Seine Theorie, welche dem Empirismus Locke's ganz entgegengesetzt ist, führt die Begrün-düng der Wahrheit auf logische Gesetze zurück. Do vielen Beifall auch die Philosophie dieses großen Denkers bei akademischen Lehrern fand, so that doch derselben der Umstand großen Eintrag, daß sie nicht in ein System gebracht war, und daß der berühmte Rechtsgelehrte Christian Thoma^sius (geb. 1655 zu Leipzig, f 1728 zu Halle) zu gleicher Zeit eine Reform der Schulphilosophie (Scholastik) versuchte; erst durch Christian Wolf (geb. 1679 zu Breslau, f 1754 zu Halle) fand sie größere Verbreitung. Dieser bildete aus Leibnitzens Grundansichten mit Hinwegla,snng der Monadenlehre ein vollständiges System, welches in Deutschland allgemein Eingang fand. Nach Wolf that sich der Engländer David Hnme (t 1776) hervor, welcher Locke's Empirie bestritt und alles Wissen, mit Ausnahme des mathematischen, als ein zufälliges und ungewisses darstellte. Durch diese Skeptik wurde das Forschungstalent Kants (geb. 1724 zu Königsberg, f 1804) angeregt, welcher das ganze menschliche Erkenntnißvermögen einer neuen Prufung unterwarf. Nach ihm sind zu nennen: Jakobi ft ^819), der alles philosophische Wissen auf Glauben, auf unmittelbares Gefühl für Wahrheit gründete, Fichte (-j-1814), der das denkende Ich zum Schöpfer erhob, Hegel (f 1831), der eine vollkommene Übereinstimmung und Einheit (Identität) des Wissens und desl Sems, des Subjektiven und Objektiven, des Endlichen und Unendlichen annahm, und Schelliug (f 1854), welcher die absolute Identität des Idealen und Realen, der Natur und des Geistes behauptete. Wichtig sind auch die Forschungen von Franz von Baader Herbart, Be'necke, Günther und anderen. — Dre Theologie machte allerwärts, besonders in Deutschland, bedeutende Fortschritte. Unter den Katholiken sind zu nennen: als Archäologen Iahn und Dere'ser, als Dogmatiker Bossuet, Duhamel, Klupfel,
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Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Leipzig Hannover Leipzig Breslau Deutschland Kants Königsberg Deutschland
328
Ansicht vertrat der die Franzosen nachahmende Gottsched, die letztere vertraten die dem englischen Geschmacke huldigenden Bodmer und Breitinger.
Johann Christoph Gottsched aus Judithenkirch bei Königsberg (geb. 1700, f 1766) stellte in seinen Schriften über „Ausführliche Redekunst" und „Kritische Dichtkunst" den Satz auf, daß man in der Poesie und in der Prosa dahin streben müsse, klare Gedanken durch klare Ausdrücke wiederzugeben. Er erwarb sich um die Hebung des Drama's großes Verdienst, verlor aber durch sein Streben, selbst als Musterdichter der dramatischen Poesie zu gelten, durch den Schutz, den er selbst mittelmäßigen Köpfen seines Anhangs angedeihen ließ, und durch die Leidenschaftlichkeit im Kampfe mit seinen Gegnern zuletzt alles Ansehen.
Johann Jakob Bodmer aus Greifeusee bei Zürichs (geb. 1698, -J-1783) griff in den mit Jakob Breitinger (geb. 1701 in Zürich, j 1776) herausgegebenen Diskursen der Maler die in Gottscheds Diensten stehenden Wochenschriften und Zeitungen an. Als Gottsched sich dadurch rächte, daß er Bodmers Übersetzung des von dem Engländer Milton herausgegebenen „verlorenen Paradieses" tadelte, verteidigte sich Bodmer in der Schrift „Von dem Wunderbaren in der Poesie", indem er das Wesen der Dichtkunst nicht in die'reinheit der Form, sondern in lebhafte Darstellung tiefer Empfindungen setzte.
Haller und Hagedorn.
Beide Dichter, an dem Gottfched-Bodmerfchen Streite nicht beteiligt, haben der Litteratur eine bessere Richtung angebahnt.
Albrecht von Haller aus Bern (geb. 1708, f 1773) gründete seinen Ruf durch schöne Naturschilderungen mit einem didaktischen Grundton, welcher Mäßigkeit und Genügsamkeit als Bedingungen des menschlichen, (Glücks hinstellt. Er schrieb mehrere Oden, ein Lehrgedicht von dem Ursprung des Übels, eine Satire über die verdorbenen Sitten und philosophische Romane, welche mehrere Arten der Staatsverfassung kritisch behandeln.
Friedrich von Hagedorn aus Hamburg (geb. 1708, | 1754), welcher sich Horaz und La Fontaine zu Mustern nahm, schrieb Lieder über Lebensgenuß, Liebe und Freundschaft, Fabeln, Erzählungen („Johann der muntere Seifensieder") und mehrere Lehrgedichte, in welchem er vor Leidenschaften warnt und zur Selbstbeherrschung mahnt.
' Die sächsische Dichtrrschnle oder der Leipziger Dichterverein.
Karl Christian Gärtner aus Freiberg (geb. 1712, f 1791), Gottlieb Wilhelm Rabener aus Wachau bei Leipzig (geb. 1714, t 1771) und Johann Andreas Kramer aus Jöhstädt rm.erzgebirge (geb. 1723, f 1788) verbanden sich in Leipzig zur Herausgabe der „Bremer Beiträge", einer Zeitschrift, welche der Litteratur durch Befreiung des Dichtergeistes vom Formzwaug^ eine neue Richtung zu geben bemüht war. Von den Arbeiten Gärtners sind das Schaferspiel Dieqeprüfte Treue" und das Lustspiel „Die schöne Rosette" zu nennen; Raben er schrieb Satiren und musterhafte Briefe; von Kramer stammen eme „poetische Übersetzung der Psalmen", viele geistliche Lieder, Hymnen, Oden auf Luther und Melanchthon, Predigten und Zeitschriften, darunter „ Der nordische Aufseher . -Die Bestrebungen dieser Männer förderten Johann Elias Schlegel aus t 1718 4-17491 der im Trauerspiele („Die Troianermnen", „-ver-
trauen") Tüchtiges geleistet hat; Johann Ad olf Schlegel, des Voriaen Bruder (geb. 1721 zu Meißen, t 1793), der viele geistliche Lieder und das epische Lehrgedicht „Derunzufriedene" verfaßt hat; Konrad Arnold Schmid aus Lüneburg (geb. 1716, f 1789); er dichtete „Die Lieder auf die Geburt des Er-
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Extrahierte Personennamen: Gottsched Breitinger Johann_Christoph_Gottsched Johann Johann_Jakob_Bodmer Johann Jakob_Breitinger Gottsched Bodmers Bodmer Albrecht_von_Haller Albrecht Friedrich_von_Hagedorn Friedrich Karl_Christian_Gärtner Karl Gottlieb_Wilhelm_Rabener Wilhelm Johann_Andreas_Kramer Johann Kramer Melanchthon Johann_Elias_Schlegel Johann Johann_Ad_olf_Schlegel Johann Konrad_Arnold_Schmid Konrad
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Von bleibendem Werte sind auch Göthe's rhetorische Schriften. — „Zum Andenken an Wieland" (1813), „Zum Andenken der Herzogin Anna von Weimar" (1807).
Johann Christoph Friedrich von Schiller aus Marbach (geb. 1759, trat 1773 in die Militärakademie zu Solitu'de, die nachherige „Hohe Karlsschule" in Stuttgart ein, verließ diese 1780, j 1805) ist groß als Dichter, als Geschichtschreiber und als philosophischer Schriftsteller.
Ms Lyriker zeichnet sich Schiller durch die Großartigkeit der Gedanken und durch die Gewalt der hinreißenden Darstellung aus. — „Das Lied an die Freude", „Das Ideal und das Leben", „Die Macht des Gesanges", „Der Spaziergang", „Das Lied von der Glocke".
Didaktische Gedichte schrieb Schiller nur einige, darunter „Die Künstler"; dagegen verfaßte er eine große Zahl von Epigrammen (als die besten gelten die „Tabulae votivae“) und Xe nun.
Im Gebiete des Epos behandelte Schiller nur die Romanze. — „Der Taucher", „Die Kraniche des J'bhfris", „Der Graf von Habsburg," „Die Bürgschaft," „Der Kampf mit dem Drachen", „Der Gang nach dem Eisenhammer" und andere.
Die episch-lyrischen Dichtungen Schillers haben durchweg ein didaktisches Gepräge und werden deshalb Parabeln genannt. — Das Bild zu Sais", „Die Teilung der Erde", „Pegasus im Joch."
Am höchsten steht Schiller als Dramatiker. — „Der Student von Nassau", „Cosmus von Medicis" (diese ersten Versuche im Drama hat Schiller bald nach ihrer Vollendung vernichtet), „Die Räuber" (1781), „Fiesko" (1783), „Luise Millerin" oder „Kabale und Liebe" (1784), „Don Karlos" (1787), „Wallenstein" (1799), „Wallensteins Lager, „Piccolo'mini," „Wallensteins Tod", „Maria Stuart" (1800), „Die Jungfrau von Orleans" (1801), „Die Braut von Messina" (1803), „Wilhelm Teil" (1804), welcher Schillers bestes Drama ist, „die Huldigung der Künste" (1804). Unvollendet ist
„Demetrius"; von anderen Dramen („Die Malteser", „Warbeck", „Der Menschyfeind") sind bloß Vorarbeiten oder Bruchstücke vorhanden. —
Übersetzungen; „Jphige'nia in Aulis", Stücke aus den „Phönizierinnen" des Euripides (1780), dann „Macbeth" von Sheakspeare (1800), „Tura'n-dot" von Gozzi (1801), die Lustspiele „Dcr Parasit" und „Der Neffe als Onkel", beide von Picard (1803), „Phädra" von Racine (1805).
Sehr schätzbare Leistungen Schillers sind auch der unvollendete Roman „Der Geisterseher" (1786—1789) und die zwei Erzählungen „Der Verbrecher aus verlorner Ehre" (1786) und „Spiel des Schicksals" (1789).
Als Geschichtschreiber hat Schiller das große Verdienst, daß er den Sinn für Aufopferung, Freiheit und Religion weckte. — Übersetzung von Robertsons „Geschichte von Amerika" (1777), dann „Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande" (1788), „Die Sendung Moses" (1789), „Die Gesetzgebung des Lykurgus und Solon" (1789), „Geschichte des dreißigjährigen Krieges" (1791—1793).
Die philosophischen Schriften Schillers zeichnen sich namentlich
durch Schönheit des Stils aus. — „Briefe über den Don Karlos" (1788), „Uber Anmut und Würde" (1793), „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen" (1795), „über naive oder sentimentale Dichtung" (1795), „Über das Erhabene" (1796).
Von dem rhetorischen Talente Schillers zeugen seine Briefe und seine Rede „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?" (1789).
Sattler, Abriß Ii. 22
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Ignaz Maria Freiherr von Sonnenberg aus Münster (geb. 1779, t 1805). — Die epischen Gedichte „Das Weltende" und „Dona'toa" oder „Der Weltuntergang"; idyllische und lyrische Gedichte.
4. "Dramatiker.
August Wilhelm Jffland aus Hannover (geb. 1759, f 1815). — Unter seinen Dramen sind zu nennen: „Der Verbrecher aus Ehrsucht" (1785) „Die Mündel" (1785), „Die Jäger" (1785), „Der Herbsttag" (1792), „Die Hagestolzen", (1793), . „Dienstpflicht" (1795), „Die Advokaten" (1796), „Das Verrnächtmß" (1796), „Die Hausfreunde" (1805).
Ferdinand von Kotzebue aus Weimar (geb. 1761, ermordet 1819 zu Mannheim durch den Studenten Karl Sand). — Er schrieb zuerst Romane und wandte sich dann zum Drama. Von seinen dramatischen Leistungen -sind zu nennen: Die Schauspiele „Menschenhaß und Reue" (1789), „Die Versöhnung", »Die Verwandtschaften" (1798), „Der alte Leibkutscher Peters Iii" (1799); die Lustspiele „Die Indianer in England" (1790), „Die Unglücklichen" (1798), „Das Epigramm", „Der Besuch", „Die beiden Klingsberge" (1801); die Possen „Don Rann'do de Eolibra'dos", „Die deutschen Kleinstädter", „Der Wirrwarr" (1803), »Das Jnko'gnito", „Pagenstreiche" (1804), „Der hyperboreische Esel", „Die Zerstreuten", „Das Intermezzo" (1809), „Die Verkleidungen" (1818). Das gemeine Pasquill „Dr. Bahrdt mit der eisernen Stirn" u. a. m.
c. Beginnender Verfall der Poesie seit Entstehung der Romantik*).
Die Häupter der romantischen Zchnlc.
August Wilhelm von Schlegel aus Hannover (des Seite 328' genannten Johann Adolf Schlegel Sohn, geb. 1767, f 1845). — Durch feine Übertragungen wurden Shakspeare, Ealderon, Dante und Petra'rfa den Deutschen näher gebracht. ^>eineeigenen Dichtungen sind wegen Schönheit der Form, (Korrektheit und Lollaut der Sprache von hohem Werte. Die bedeutendsten seiner eigenen Dichtungen sind: Sonette, Kanzonen, Terzi'nen, die gegen Kotzebue gerichteten Satiren („Kotzebue's Ehrenpforte", „Kotzebue's Reife-beschreibung"), die gegen Schiller gerichteten Epigramme („Litterarische Scherze"), Romanzen („Ari'on", „Pigma'lion"), das Drama „Jon", die Posse „Kotzebue's Rettung". Von seinen kritischen Schriften sind zu nennen: „Vorlesungen über dramatische Kunst und Litteratur" und vortreffliche Beurteilungen Göthefcher Dichtungen („Tasso", „Hermann und Dorothea", „Römische Elegien").
Karl Wilhelm Friedrich von L>chlegel (des Vorhergehenden jüngerer Bruder, geb. 1772, f 1829). — Lyrische Gedichte, das epische Gedicht „Roland", das Traufpiel „Marcos". Die prosaischen Schriften „Griechen und Römer" (1797), „Geschichte der Poesie der Griechen und Römer" (1798), der Roman „Luci'nde" (1'799), „Über die Sprache und Weisheit der Inder" (1808), „Vorlesungen über die neuere Geschichte" (1811), „Geschichte der alten und neuen Litteratur" (1812), „Philosophie der Geschichte" (1829).
Wilhelm Heinrich Wackenroder aus Berlin (geb. 1772, f 1798). — Eine Reihe von Aufsätzen über die Kunst und „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" (1797).
*) Romantik ober Romanticismus, benannt nach den romanischen Völkerschaften, nennt man die mi ttelalterliche Kunst im Gegensatze zum Antiken und Mo bernen. Daher bezeichnet man durch romantisch das Erhabene, Wunberbare, Phantastische, welches im Mittelaller im Gegensatz zur al t k l a ss i s ch en Einfachheit und Hoheit beliebt war. In neuerer Zeit bezeichnet Romantik die vorzüglich durch die Gebrüber Schlegel, durch Lieck und Novalis zu Anfang biescs Jahrhunberts entstanbene Richtung in ter Litteratur, welche das Wesen der Kunst hauptsächlich im Wunberbaren und Phantastischen, sowie in der Nachahmung des Mittelalterlichen und Orientalischen sucht.
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Extrahierte Personennamen: Ignaz_Maria_Freiherr_von_Sonnenberg Maria August Wilhelm_Jffland Wilhelm Ferdinand_von_Kotzebue Ferdinand Karl Karl Leibkutscher_Peters August Wilhelm Schlegel Johann_Adolf_Schlegel Johann Adolf Schiller Göthefcher Karl_Wilhelm_Friedrich_von_L>chlegel Karl Wilhelm Friedrich Wilhelm Heinrich_Wackenroder Heinrich Schlegel Novalis
Extrahierte Ortsnamen: Hannover Weimar Mannheim Hannover Berlin
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deutschgesinnte Genossenschaft Philipps von Zesen zu Hamburg, gestiftet 1643- 4) die Pegnitz schäf er oder der Blumenorden von den Dichtem Harsdörfer und Klaj zu Nürnberg 1644 gestiftet; 5) der von Johann Rist 1656 gegründete Schwanenorden an der Elbe; 6) die 1697 von Bernhard Menke zu Leipzig gegründete deutsche Gesellschaft. In der Poesie dieser Reit herrscht der Form nach die Lyrik, dem Inhalte nach das Religiöse vor; der Hauptsitz der Poesie ist nicht mehr wie früher der Süden, sondern der Nord en.
Die erste schlesische Schule.
Martin Opitz, 1597 zu Bunzlau in Schlesien geboren, 1625 vom Kaiser-Ferdinand Ii zu Wien als Dichter gekrönt und 1629 als Opitz von Boberfeld in den Adelsstand erhoben, wurde Vater und Wiederhersteller der Dichtkunst, 1) weil er die herabgekommene Poesie wieder zu Ehren brachte,
2) weil er eine neue, auf die Gesetze des Altertums gegründete Kunstform schuf,
3) weil er die altklassische Litteratur als Vorbild empfahl und zu diesem Zwecke die Anti'gone des Sophokles und andere griechische und lateinische Werke übersetzte. Die von ihm gegründete Dichterschule erstrebte Reinheit der Form, blieb aber kalt und ohne lebendige Anschauung. Opitz selbst, von dem Grundsatz geleitet, daß die Poesie, indem sie ergötze, zugleich nützen und belehren müsse, vernachlässigte das Epos und die dramatische Poesie gänzlich, da-qeqen bildete er die lyrische Dichtkunst in geistlichen und weltlichen Liedern und die didaktische in beschreibenden Gedichten (Vesuvius) und in Trost- und Lehrgedichten („Trostgedicht in Widerwärtigkeiten des Krieges", "Zlatna oder von der Ruhe des Gemütes", „Vielgut oder vom wahren Glück") weiter aus. Erstarb 1639 zu Danzig. Ungleich höher als Opitz steht sein Zeitgenosse
Paul Flemming (geb. 1609 in Sachsen, gest. 1640 in Hamburg, der als der größte Lyriker des 17. Jahrhunderts gilt. Seine Gelegenheitsgedichte und geistlichen Lieder bilden den Hauptbestandteil seiner poetischen Werke; das Sonett „an sich" und seine eigene drei Tage vor seinem Tode verfaßte „Grabschrift" gehören zu seinen besten Dichtungen. . .
Nennenswert sind noch die Leistungen des Epigrammatikers Friedrich von Logau aus Naß-Brockut in Schlesien (geb. 1604, f 1655), sowie der Liederdichter Simon Dach aus Königsberg (geb. 1605, t ^659) undpaul Gerhardt aus Grafenhainichen (geb. 1606, + 1676). Mehr als Stifter oder Förderer von Sprachgesellschaften, denn als Dichter haben sich hervorgethan: Ph Nipp von.zesen aus Priorau bei Dessau (geb. 1619, t 1689), Johann Rist aus Pinneberg im Holsteinischen (geb. 1607, f 1667), Georg Philipp Hars-dörffer aus Nürnberg (geb. 1607, f 1659) und Johann Kl a; aus Meißen
^Ms^elbständige, von der „Poeterei" des Opitz nicht beeinflußte Dichter sind zu nennen: 1) der Jesuit Friedrich Spee aus Kaiserswerth (geb. 1591 t 1635), dessen Lieder unter dem Titel „Trutznachtigall' gesammelt sind, 2) Johann Schefflet mit seinem Dichternamen „Angelus Silefius, aus Breslau (geb. 1624, + 1677), der sich in der „heiligen Seelenlust" und tn dem „cherubinischen Wandersmann" als anmutiger Lieder- und Spruchdichter erwies, und 3) der Jesuit Jakob Balde aus Ensisheun im Elsaß (geb. 1603, t 1668), der aber seine meisten und besten Gedichte in lateinischer Sprache geschrieben hat.
Die zweite schlesische Schule.
Diese setzte den Hauptzweck der Dichtkunst in die E r g ö tz n n g, geriet aber, indem sie die Nüchternheit und Jnhaltlosigkeit der ersten schlesischen Schule zu vermeiden suchte, in Übertreibung und Schwulst. Unter den Dichtern dieser Schule ist
Andreas Gryphius aus Großglogau (geb. 1616, f 1664) der begabteste und vielseitigste. Er beschränkte sich nicht aus die geistliche Dichtung („Kirchhofsgedanken") und weltliche Lyrik (Oden, Sonetten), sondern dichtete auch
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Extrahierte Personennamen: Philipps Johann_Rist Johann Bernhard_Menke Martin_Opitz Opitz_von_Boberfeld Opitz Opitz Paul_Flemming Friedrich_von_Logau Friedrich Simon_Dach Gerhardt Johann_Rist Johann Georg_Philipp_Hars-dörffer Philipp Johann Johann Opitz Friedrich_Spee Friedrich Johann_Schefflet Johann „Angelus_Silefius Jakob_Balde Andreas_Gryphius