Otto I.
35
Adelheid verlebte, wie die Sage erzählt, in einem grauenhaften Kerker, von
einer einzigen Magd bedient, vier bange Monate ihres Lebens. Den abscheulichsten
Mißhandlungen war sie ausgesetzt; man raufte ihr das Haar aus und bejchimpfte
sie mit Schlägen. Da gelang es" ihr, zu entfliehen. Mit Hülfe ihrer Dienerin und
eines treuen Priesters grub sie unter der Erde einen Gang, der aus dem Turme ins
Freie führte; auf diesem Wege entkam die Königin. Den Tag über verbarg sie sich
in Kornfeldern, bei Nacht wurde die Flucht fortgesetzt. So gelangte sie nach dem festen
Schloße Canossa, westlich von Modena. Der fromme Priester Martin aber machte
sich auf nach Deutschland zum Kaiser Otto mit einem Schreiben Adelheids, in welchem
sie ihn um Schutz anrief. Otto, der feit 5 Jahren Witwer war, eilte mit einem
Heere nach Pavia. Von hier aus sandte er vertraute Männer mit reichen Geschenken
als Boten zu der Königin, die für ihn um Adelheids Hand werben sollten. Freudig
willigte sie ein, und bald ward zu Pavia die glänzende Hochzeit gefeiert.
6. Kampf gegen die Söhne. Aber der neue Glanz war nicht
ohne trüben Schatten. Mißmutig und unzufrieden entfernte sich der
älteste Sohn Ottos, der Schwabenherzog Ludolf. Er fürchtete, daß
nachmals ein begünstigter Sohn der Stiefmutter ihn, den ältesten, vom
Throne ausschließen werde, zu dem er bereits bestimmt war. Auch mit
seinem Oheim Heinrich war er verfeindet; denn dieser hatte Ludolf
einst verspottet, als derselbe gegen Berengar unglücklich gekämpft hatte.
Und gerade Heinrich wurde von Otto aufs höchste geehrt. Zu Ludolf
gesellte sich der Erzbischoffriedrich von Mainz. Ihm und seiner
schlechten Unterhandlung beim Papste gab Otto die Schuld, daß er nicht
gleich die Kaiserkrone erhalten hatte. Otto kehrte nach Deutschland heim
und ließ seinen Schwiegersohn, Herzog Konrad von Lothringen,
zur Unterwerfung Berengars zurück. Diesem verbürgte Konrad eine
ehrenvolle Ausnahme beim Kaiser. Als Otto aber den bisherigen Feind
zu Magdeburg streng und verächtlich behandelte, fühlte Konrad sein
gegebenes Wort verletzt und gesellte sich zu den Empörern. Am meisten
tobte der Streit um die Stadt Mainz, die Otto und Heinrich ver-
geblich belagerten.
Der König ließ feine Söhne zu ihrer Rechtfertigung vor sich bitten. Sie ver-
sicherten ihm feierlich, daß sie nur gegen ihren Oheim stritten, gegen den sie gerechte
Ursache hätten. Da wandte sich Heinrich gegen Ludolf und sprach: „Nicht so viel"
— er nahm dabei einen Halm von der Erde — „sollst du mir von meiner Macht
entziehen. Aber was erhebst du dich gegen deinen Vater, warum führst du deine
Scharen nicht gegen mich? Hast du Kopf und Herz auf der rechten Stelle, so laß
deinen Zorn an mir aus. Ich wahrlich fürchte mich nicht vor dir!" Auf solche
Rede antwortete der Jüngling nichts, sondern wandte den Rücken, und Konrad folgte
ihm. Da nahm Brun, Ottos Bruder und Erzbischof von Köln, feinen Neffen bei-
leite und sprach unter anderm: „Siehst du nicht, wie das ehrsurchtgebietende Haupt
deines Vaters um deinetwillen ergraut? Du versündigst dich gegen Gott, wenn du
den Vater nicht ehrst. Er wird dir verzeihen, wird bald auch deinen Genossen vergeben,
wie heftig er auch jetzt noch ihnen zürnt. Irrtum und nicht Verbrechen wird er ihr
Vergehen nennen, wenn er dich nur wieder sein nennt, den er mehr liebt als sich
selbst." Aber dennoch kehrten die beiden zum Kampfe nach Mainz zurück.
Da setzte Otto beide Herzöge ab, 952. Lothringen gab er seinem
Bruder Brun, der sich fast scheute, Erzbischof und Herzog zugleich zu
sein; Otto aber sprach: „Fürchte dich nicht, wir sind nicht hülflos, nur
muffen wir uns selbst nicht verlassen." Da stürzte ihm Brun unter
Thränen in die Arme und nahm das hohe Amt an. Konrad wurde von
3*
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Otto_I. Martin Otto Otto Ottos Ludolf Heinrich Heinrich Ludolf Berengar Heinrich Heinrich Otto Ludolf Otto Otto Konrad_von_Lothringen Konrad Konrad Konrad Otto Konrad Konrad Otto Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Ludolf Konrad Konrad Ottos Otto Otto Konrad
Extrahierte Ortsnamen: Modena Deutschland Pavia Pavia Ottos Mainz Deutschland Magdeburg Mainz Ottos Mainz
Meder und Perser. 11
1). Religion. Meder und Perser verehrten Sonne, Mond und Sterne, sowie das Feuer. Es gab nach ihrer Meinung einen guten Gott, den Beherrscher des Lichtreiches, der Himmel und Erde geschaffen, dem die guten Geister dienten, und einen bösen Gott, den Herrn der Finsternis und den Urheber alles Bösen, dem die bösen Geister dienten. Zwischen beiden bestand ein fortwährender Kampf; wer dereinst in das Lichtreich kommen wollte, mußte sich schon auf Erden an diesem Kampfe beteiligen, das Böse unterdrücken, das Gute befördern, Gärten, Haine und Quellen pflegen.
c. Geschichte der Meder. In alten Zeiten waren Meder und Perser den Assyrern unterworfen; dann machten sich die Meder frei und unterwarfen die Perser. Auf kurze Zeit wurden sie das mächtigste Volk Asiens; ihre Könige erbauten sich eine große Hauptstadt, Ekbatana. Die Köuigsburg war mit sieben Mauern umgeben, die nach innen immer höher wurden; die Wände des Palastes waren aus Cedernholz und mit Goldblechen behängen, das Dach hatte silberne Ziegel. Doch die Herrschaft der Meder währte nicht lange, schon unter ihrem zweiten Könige, Astyages, wurden sie Unterthanen der Perser.
Astyages, so erzählt die <->age, träumte einst, aus dem Schoße seiner Tochter Mandane wachse ein Baum, der ganz Asien überschatte. Die Magier-erklärten auf Befragen: seine Tochter werde einen Sohn bekommen, der gan; Asien erobern und auch ihn entthronen werde. Um dies zu verhüten, verheiratete er seine Tochter an einen Perser; denn diese waren wenig angesehen. Als Mandane einen Sohn gebar, übergab Astyages das Kind seinem Diener Harpagns mit dem Aufträge, es zu töten. Dieser mochte aber die Mordthat nicht selbst begehen, sondern gab das Kind einem Hirten, der es im Gebirge aussetzen sollte. Der Hirt aber ließ sich durch die Bitte seiner Frau bewegen, das Kind als sein eigenes zu erziehen. Der Gerettete wurde Cyrus genannt und wuchs zu einem kräftigen Knaben heran. Als er einst im Spiel mit anderen Knaben zum Könige gewählt war und den Sohn eines vornehmen Persers züchtigen ließ, wurde er von dem Vater desselben verklagt und vor Astyages geführt. Diesem sielen der Mut, die klugen Antworten und die Ähnlichkeit des Knaben mit seiner Tochter ans. Durch Drohungen brachte erden Hirten zum Geständnis und erkannte nun in Cyrus seinen eigenen Enkel. Den Harpagns bestrafte er dadurch, daß er ihm dessen eigenen Sohn als Braten vorfetzen ließ; Cyrns behielt er bei sich. Als dieser ein Mann geworden und als Statthalter nach Persien geschickt war, beschloß Harpagns, sich an Astyages zu rächen. Zunächst überredete er die vornehmen Meder, es sei besser, den Cyrns au des Astyages Stelle zum Könige zu machen. Durch Geschenke gewann er den Cyrus und schloß eilten Bund mit ihm zur Entthronung des Astyages.
Cyrns stellte sich an die Spitze der Perser, welche die Herrschaft der Meder nur unwillig trugen; er besiegte das Heer der Meder, eroberte Ekbatana und nahm Astyages selbst gefangen, behandelte ihn aber milde. Darauf brachte er alle Völker östlich vom H^lys teils mit Güte, teils mit Gewalt zur Unterwerfung. Durch diese Fort-
558
v. Chr.
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Cyrus Cyrns Astyages
Extrahierte Ortsnamen: Asiens Ekbatana Cedernholz Asien Ekbatana
102 Das Mittelalter.
Weihrauch, Zuckerrohr, Kaffee, Feigen, Datteln, Weizen und viele andere nützliche Pflanzen. | Die Wüstenbewohner oder Beduinen führen ein wanderndes Hirtenleben voll Einfachheit und Mäßigkeit; ihr Reichtum besteht m edlen Pferden und Kamelen, ohne welche sie die Wüste garnicht bewohnen könnten.! An der Küste liegen auch Städte und Dörfer deren Bewohner lebhaften Handel treiben und nicht selten reich und dem Wohlleben ergeben sind.
Die Araber sind ein begabtes Volk; in ihrem hagern, kräftigen Körper wohnt ein mutiger, lebhafter Geist. Sie besitzen große Freiheits-üebe und Anhänglichkeit an den väterlichen Stamm, halten fest an dem gegebenen Worte und üben edle Gastfreundschaft; daneben sind sie aber auch blutdürstig und raubgierig, und die Blutrache vererbt bei ihnen von Geschlecht zu Geschlecht. Die Dichtkunst wird von allen Arabern hochgeschätzt und von den meisten gepflegt. Den wahren, in der Bibel geoffenbarten Gott kannten sie nicht, sondern sie verehrten die Sterne; ihr größtes Heiligtum war die Kaaba zu Mekka, ein Tempel, in dessen Außenmauer sich ein schwarzer Stein befindet, der vom Himmel gefallen sein soll und deswegen von den Arabern für heilig gehalten wird: feine Oberfläche ist durch ihre vielen Küsse schon ganz ausgehöhlt. Die Kaaba soll schon von Adam erbaut und nach der Sündflut von Abraham wieder aufgerichtet sein. Neben derselben entspringt eine Quelle, mit deren Wasser Hagar ihren Sohn Jsmael (1. Mos. 21, 19) vor dem Verschmachten gerettet haben soll; diesen verehren die Araber als ihren Stammvater. Jn,der Kaaba hatte jeder Stamm seinem besondern Götzen eine Bildsäule errichtet; dorthin fanden alljährlich große Wallfahrten statt, und in dieser Zeit ruhte der Krieg, friedlich nahmen Freund und Feind an den heiligen Handlungen teil. — Außer den Heiden gab es in Arabien auch Juden und Christen.
v. Mohammed stiftet eine neue Religion. In diesem Lande und unter diesem Volke wurde um 570 zu Mekka Mohammed geboren, der Stifter einer neuen Religion. Sein Baker, ein armer Handelsmann, war schon vor der Geburt des Kindes gestorben; schon im siebenten Jahre verlor er auch seine Mutter und war nun ganz auf die Liebe seines Großvaters und seines Oheims angewiesen. Da aber auch diese unbemittelt waren, mußte der Knabe sein Brot selber erwerben helfen und sogar für andere Leute die Schafe hüten. Später trat er in den Dienst einer reichen Kaufmannswitwe, machte für sie mehrere größere Reisen und erwarb sich so sehr das Wohlgefallen seiner Herrin, daß sie sich mit ihm vermählte. Aber obwohl Mohammed dadurch ein äußerlich glückliches Leben erlangte, sah man ihn oft schwermütig einhergehen; ihn quälte die bange Frage: „Was muß ich thun, daß ich selig werde?" Christen hatten ihm von dem einen wahren Gotte und von dem jüngsten Gerichte erzählt; daß der Götzendienst seiner Landsleute Sünde sei, glaubte er fest; aber auch die jüdische und die christliche Lehre befriedigten ihn nicht. Denn beide kannte er nur sehr unvollkommen; dazu waren die
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Extrahierte Personennamen: Abraham Kaaba Mohammed Mohammed Mohammed
Dk Weltgeschkchte-
J4
in Angst; ihre Nachte waren unruhig und schlaflos, und
ihre Tage voll Last und Mühe. Und als nun wirklich
der Augenblick sich näherte, da der junge Mensch aus
dem mütterlichen Schooße hervorgehen sollte, da folterten
unaussprechliche Schmerzen und Zuckungen ihren Körper.
Sie gebar, und der Eeöohxne war ein Sohn, der den
Namen Cllm bckmm Ihr Entzücken war unaussprech-
lich, aber ihre Leiden waren es auch. Von Schmerzen
abgemattet und an Kräften erschöpft, . mußte sie gleich-
wohl dem jungen Menschen Labung aus ihren eigenen
Brüsten, Pflege mit eigenen Hanhen, Ruhe mit Auf-
opferung ihrer eigenen Bequemlichkeit geben. Und dies,
lieben Kinder, ist nun auch das Loos fast aller menschli-
chen Mütter. Auch die Eurigen haben Euch mit manchen
bangen Seufzern unter ihren Herzen getragen; haben Euch
unter unaussprechlichen Schmerzen gebohren; haben Euch
mit großer Beschwerlichkeit gepflegt; haben Euch oft blu-
tige mit brennenden Geschwüren befallene Brüste gereicht;
haben Euch bey Euren Krankheiten, bey Eurer Zahn-Ar-
beit, bey Euren Blattern mit unnennbarer Zärtlichkeit
Eure Leiden zu versüßen gesucht, und eigene Leiden, ei-
gene Schmerzen nicht geachtet; haben, wie Ihr noch
Pflege von ihnen genösset, auch Eure jungem Geschwister
mit vervielfachten Sorgen, Lasten und Beschwerlichkeiten
ernährt und beschützt. O, daß Jhrs hier fühltet , meine
lieben Kinder, welche Sorgen, Lasten, Leiden und
Schmerzen Ihr Euren Müttern gemacht habet, es fühl-
tet, und mit verdoppelter Liebe, und mit Dank und Hoch-
achtung erkenntet! ^
Eva gebahr den zweyten Sohn Abel. Sie hatte
schon alle Mutterschmerzen langst vergessen, und hofte
nun mit ihrem Manne Dienstleistungen und Pflege von ih-
ren Kindern. Aber ein neues Leiden, ein von solchen
Eltern nie geahndeter Jammer kam über sie. Cluu, ein
rm-
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Begebenheiten vor Christi Geburt. i$
ueidifcher Bösewicht, erschlug den Abet, seinen Bruder,
weil dieser dem Schöpfer ein angenehmeres Opfer gebracht
hatte, als er selbst. Wer kann den Jammer beschreiben,
den die Eltern jetzt fühlten! Noch hatten sie nicht ge-
wußt, was Tiod heißt, und jetzt mußte ihr eigener Sohn
durch einen Brudermord ihnen dies grausenvolle Schauspiel
geben. Der Unmensch nahm die Flucht, und seine El-
tern waren nun kinderlos. Bey alle diesem Jammer leb-
ten sie doch noch lange, und bekamen noch mehrere Söhne
und Töchter, von welchen uns aber nur ein Sohn, Na-
mens Seth, bekannt ist. Endlich nach einem langen
Leben, das 930 Jabre gedauert hatte, starb Adam, der
erste Mensch. Seine Kinder, Enkel und Urenkel, alle
seine Nachkommen erbten mit seinem Blute auch seine
Schuld. Auch sie mußten ein mühvolles Leben führen;
auch auf sie warteten Krankheit, Elend und Tod. Weil
jedoch das Ebenbild Gottes nicht ganz verlierbar ist, son-
dern weil sich der Mensch durch den richtigen Gebrauch
seines Verstandes und durch ein frommes und heiliges
Herz fast völlig wieder zu dem Glücke emporhebcn kann,
das Adam verloren hat; so gab es auch schon unter
Adams Enkeln manche, die glücklicher wurden. Gott
selbst hatte den trostlosen Gefallenen ein Mittel geschenkt,
welches ihr Herz durch die Erinnerung an einen künftigen
Befreyer von ihren verwürkten Strafen tnit Trost und
Beruhigung erfüllte, und sie zur Ausübung dev Tugend
wieder empor hob, nemlich das Opfer. Wirklich mach-
ten sich einige frühere Nachkommen Adams durch Fröm-
migkeit und Lugend die Mühseligkeiten dieses Lebens un-
schädlich, und unter diesen ist besonders Henoch be-
gannt, weswegen ihn Gott auch früh in den Himmel
nahm. Andere suchten sich durch Scharfsinn, Erfind-
samkeit und durch Künste und Wissenschaften die Beschwer-
lichkeiten ihres Schicksals zu erleichtern. So baute sich
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il Die Wkltgefchichter
schon Cakn, dieser Brudermörder, den Gott, um ihn z«
bessern, vor einem gewaltsamen Tode geschützt, oder, wie
die heilige Schrift redet, dem er ein Zeichen gemacht
hatte, einen Wohnort von mehreren festen Hütten an,
b. i. er baute eine Stüdt, die er nach dem Namen ser»
n § Sohnes Hanoch nannte. Sein Nachkömmling im
sechsten Glieds, Judal, verfertigte sich aus Schilf Mo-
ten, und aus den Gedärmen gefchlachteter Thrcre ein mit
Saiten bezogenes Instrument: er erfand also die Musik,
und gab mit dieser Kunst den Menschen ein Mittel in die
Hand, nach übcrstandcncn Mühseligkelten und Sorgen des
Tagcs sich in sanfte Empfindungen einzuwiegen. Ein
Bruder von ihm, Tubal, der schon längst die gewalti-
gen Wirkungen des Feuers kannte, erfand die Kunst, Me-
talle zu schmelzen, zu hämmern und zu formen, und
machte sich zur Erleichterung seiner beschwerliche Ackerbau-
geschäfte allerhand nützliche Gerathe, d. i. er erfand die
Schmiedekunst.
Der größte Theil des Menschengeschlechts kömmt durch
eine Fluch um.
Obgleich Adam ein Alter von 932 Jahren erreichte,
und also für sehr viele seiner Nachkommen ein Prediger
der Tugend seyn konnte, so nahm doch unter seinen spä-
teren Nachkommen das Lüfter überhand. Die Menschen
vergaßen ihrer hohen Abkunft, und hörten nicht auf die
wundervollen Erzählungen Adams und Heuochs und auf
ihre weisen Lehren. Einige formten sich Götzen, und
schlachteten diesen todttn Holzklumpen Opfer; andere
spotteten ganz über alle Religion; noch andere gebrauch-
ten ihre Größe und Stärke, um Menschen zu unterjochen
und zu Sclaven zu machen. Selbst die Familien der
Frommen wurden von den Greueln der Gottlosen dadurch
angesteckt, daß Söhne der wahren Gottcöverehrcr die
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90
Die Weltgeschichte
das Schrecken, das diestr Carthager um sich der verbrei-
tete, war so groß, daß man mit dem Namen Hünnüvck
in Rom die Kinder stille Zu machen pflegte, so wie manche
alberne Wärterin bcy uns mit dem Namen Nickis um
sich wirft, wenn sie Kindern Angst machen will. Die
allerfürchterlichste Schlackt war die bey Cannü in Cala-
brien. Sie qeschab am 8. Jul. 5734. Es blieben darr»
die beydcn cowmandirenden römischen Consuls, 23 Her-
ten , die schon Consuls gewesen waren, 8s Senatoren,
2700 römische Ritter und 40000 S ldaten auf dem
Platze. Non aber beaienq der Sieger eimn Fehler: er
hatte gleich auf Rom gehen müssen, welches er aber nicht
that. Im Gegentherl li^ß er den Römern Zeit, sich zu
erholen: b> im sie brachten jetzt wieder ein Heer zusam-
men, und tr ^.en ein.in gewissen Herrn, ,vatiu$ faem,
Mus , das Cemmardo auf. Dieser ermüdete d'n Hanni-
bal durch bloße Marsche, ohne sich mit ihm cinzulassen;
und ein anderer General, Marcellus, schlug ihn in einer
Schlacht. Nun sassn die Römer, daß Hannibal nicht
unüberwindlich war, und der carthagrsche Held erlitt ein
Unglück über, das andere. Und als die Cartbager ihn
Mangel an Geld und Truppen leiden ließen, schlug ihn
ein sehr tapferer Römer, Namens Sclpio, ganz aus
Ita.icn. Nun kam cs zum Frieden, in welchem die Car-
thagcr ^ ' die schimpflichste Werse gedemüthrgt wurden.
Hannfdtu "nte diese Schmach Nicht ertragen, er ver-
ließ sein Vater, d und wondcrte von einem König zum
andern, um den R mcrn Feinde zu erwecken. Auf dieser
Wanderschaft kam er auch durch Ephesus. Hier wollten
ihm seine Freunde ein Vergnügen machen, und schlugen
ihm daher vor, dem öffentlichen Unterricht eines dasigen
berühmten Gelehrten, Namens Phormio, auf eine
Stunde bcyzuwohnen.. Hannibal ließ sich den Vorschlag
vjcfiüun; man meldete dem Phormio dre Absicht, und der
der
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214 Die Weltgeschichte.
Parthey der Welfen, die von Welf, Stammvater den
mütterlichen Vorfahren des Hauses Braunschweig -
Lüneburg den Namen hatte, und in Bayern und Italien
große Güter besaß, machte die sächsische Parthey aus,
die Gtdcllinen aber, die von einem schwäbischen Gute
Weidlingen den Namen führten, gehörten zur Parthey
des Kaisers. Herzog Heinrich starb während dieses
Streites; allein sein Bruder W^lf setzte den Krieg fort.
Emst hatte dieser sich mit dem Kern seines Heeres in die
Festung Weinsberg geworfen. Der Kaiser unternahm
eine Belagerung, und ängstigte den Herzog so sehr, daß
dieser sich nicht anders retten zu können glaubte, als
durch einen muthigen Ausfall. Da er aber hiebey seine
besten Leute verlohr, so mußte er sich aufgnade und Ungnade
ergeben. Conrad bewilligte dem sämmtlichm Frauenzimmer
einen freyen Abzug, mit der hinzugefügtm Srlaubniß, daß
jede von ihren Habseligkeiten so viel mitnehmen solle, als
sie tragen könne. Das Thor öfnete sich, und die Sieger
standen in Reihen, in der vollen Erwartung, einen Zug
von Weibern zu sehen, wovon jede ihren Schmuckkasten
und ihre besten Kleider aufgeladm haben würde. Siehe
da erschien die ganze weibliche Proccssron, jede mit ihrem
Manne auf dem Rücken, und die Herzogin mit ihrem
Wzclf war an der Spitze de- Zuges. Dies seltene Schau-
spiel ehelicher Zärtlichkeit rührte den Kaiser so sehr, daß
er mit Thränen in den Augen dem Welf die Hand reich-
te, und auf der Stelle einen Vergleich mit ihm traf.
Daß Conrad auch einen Kreuzzug unternahm, habe ich
Euch schon gesagt. Er verlor fast seine ganze Armee,
worunter allein 70,000 Edellcute waren. — Der be-
rühmteste unter dm schwäbischen Kaisern war Conrads
Brudersohn, Friedrich l, genannt der Rothbark.
Seine erste Bemühung war, den wieder rege gewordenen
Streit der Welfen und Gibellincn beyzulegen. In die-
ser
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Extrahierte Personennamen: Welf Heinrich Heinrich Conrad Welf Conrad Conrads
Brudersohn Friedrich_l Friedrich
Die Weltgeschichte?
Lz2
nem>iche Vhrfurcht erweisen, die seiner Person ge-
bührel Diese der Abgöcterey nahe kommende, schrmpsii-
che'erniedrigung, zu welcher der unsinnige Landvoigt die
freyen Schweizer zwingen^ wollte, brachte ihren Unwillen
auf den höchsten Grad, und drey edle Männer, 28erne(
Smuffucker, Walter Fürstund Arnold von M?ch-
tbal, Sohn .des genannten unglücklichen Franz Von
M cktbal, verschworen sich am 17. Oct. 1307, mit
Hinzuziehung von noch 30 andern herzhaften Schweizern,
zu dem Entschlüsse, die Rechte ihres unglücklichen Da-
terlandes mit Leib und Leben zil vertbeidigen, und ihr
Vorhaben in der nächsten Neujahrsnacht auszuführen.
Ehe dieser wichtige Tag! heran.kam, machte folgender
Vorfall die Verbundenen noch smuthiger zur Ausführung
ihres großen Entwurfs. Wilhelm '^ckll, einer von den
D.eyßigen, war vor der Stange vorbeygegangen, ohne
bcin darauf steckenden Hute den vom nbermüthigen Geßlev
verlangten Reverenz gemacht zu haben. Der deutsche
Barbar ließ den Ungehorsamen ins Gefängniß werfen,
und verdammte ihn Zum Tode. Ehe jedoch das Urtheil
vollzögen wurde, ersann der Bösewicht eine] ganz eigene
Strack, de nur das Herz eines solchen Unmenschen,
der nie Vater gewesen ist, auösinnen kann: er verurtheil»
te den edlen Teil, daß er in einer gewissen Entfernung
einen Apfel vom Kopfe seines einzigen Sohnes wegschie«
ßen sollte, dtll, ein treflicher Bogenschütze, unterwarf
sich dieser Forderung des Barbaren, schoß zu und traf
den Apfel glücklich, ohne sein Kind zu beschädigen. Als
der wichtige Schuß geschehen war, bemerkte der jhöllische
Richter, daß £di noch einen Pfeil "unterm Kleide ver-
borgen habe, und fragte, wozu er diesen bey sich krage:
„Dir — antwortete der herzhafte Schütze — ihn ins
schwarze Herz zu schießen, wenn ich das Unglück gehabt
hatte, meinen Sohn zu treffen." Der Unhold gab einen
Wink
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Extrahierte Personennamen: Walter_Fürstund_Arnold_von_M?ch- Franz_Von
M Franz Wilhelm
Die Geschichte nach Christi Geburt. 237
gen bewog ihn der G ldmñngel, der im Anfänge seiner
Regierung unbeschreiblich groß war. Neben einem drey-
Ahngen Miswachs , den Deutschland erlitt, erregte die»
sen Geldmangel noch eine ganz besondere Ursache, die Ihr
schwerlich errathen würdet. Unsere Vorfahren, die noch
immer im finstern Reich des Aberglaubens gefangen saßen,
glaubten nemlich, Gott, der Vater der ickebe, könne
auch zuweilen aufhdren, der Gott der Liebe zu ftyn; im
Gegcntheil plage er zuweilen die Menschen, und gerade
dieser dreyjährige Miswachs und die damit verbundene
dreyjährige Hungersnoth sey eine solche von Gott geschickte
Landplage. Man habe daher Ursache, Buße zu thun.
Es bestehe aber die ächte Buße nicht darin, daß man seine
Sünden hasse und dagegen frömmer werde, sondern daß
man seinen Körper peinige und der grausamste Henker
desselben werde. Nun machten sich unsere Vorfahren große
G'ißeln von Drath, befestigten scharfe Nägel daran,
giengen so mit nacktem Oberleibe von Dorf zu Dorf und
von Stadt zu Stadt, zerfleischten sich den Leib und rie-
fen: Thut Buß- ! Anfänglich trieben nur wenige Tho-
ren dies grausame Spiel mit ihrer Gesundheit; aber gar
bald folgten ihnen mehrere nach, und endlich waren alle
Heerstraßen von solchen Büßenden, die man Geislsp,
oder lateinisch Flñg llantén nannte, besetzt. Nicht et-
wa Leute aus dem niedrigsten Pöbel begiengen diese er-
bärmliche Thorheit, sondern Menschen aus allen Stän-
den und Altern: Greise und Knaben, Mütter und Töch-
ter, Ritterund Knechte, Herren und Diener rannten
mit nacktem Oberlcibe in den Provinzen umher und zer-
fleischten sich. Da auf solche Art alle Geschäfte und
Gewerbe stille standen, indem ja die Erwerber von ihrer
thörigten Grille in der Welt herum gejagt.wurden: wie
war es da möglich, daß Nahrung und Wohlhabenheit
statt finde» konnten? Zu diesem Elende gefetteten sich
noch
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