Kreuzfahrer dem heißersehnten Ziele ihrer Pilgerfahrt zu und gelangten zuerst nach Betlehem, wo ihnen die Christen Palästinas, Psalmen singend, entgegen kamen. Allen voran eilte Tankred, und als die Kunde zum Heere kam, daß er die Mauer Jerusalems erreicht hatte, kam neues Leben in die zum Tod ermatteten Reihen. Als sie aber gar von den Bergeshöhen die leuchtenden Kuppeln der heiligen Stadt erblickten, kannte ihr Jubel und ihr Dank keine Grenzen.
„Jerusalem! Jerusalem!" mit heiligem Schauer rief man es, und die Kreuzfahrer umarmten sich jubelnd. Eingedenk des Schriftworts: „Ziehe deine Schuhe ans; denn der Ort, da du aufstehest, ist ein heiliges Land," legten die Pilger ihre Schuhe ab, küßten den heiligen Boden und eilten auf den steinigen, heißen Pfaden bis nach Jerusalem, wo sie am 6. Juni 1099 anlangten.
Aber die Stadt wurde von einem starken türkischen Heere verteidigt; 40,000 Mann standen gegen 20,000 ermattete Kreuzfahrer, dabei 1500 Ritter. Diefeu gab die Begeisterung Mut, daß sie einen
Sturm auf die feste Stadt wagten. Aber ihr Angriff wurde zurück-
geschlagen, und sie sahen bald ein, daß ihnen zu solcher Belagerung die Werkzeuge fehlten. Unter unsäglichen Mühen und Gefahren wurden Baumstämme aus der Umgegend herbeigeschafft, während viele der Kreuzfahrer angesichts der heiligen Stadt vor Hunger und Elend umkamen. Die Sonnenglut trocknete die Wasserbehälter aus; und fanden die Christen eine Quelle, dann kämpften sie um einen' Trunk Wassers, so daß sich oft ihr Blut mit dem ersehnten Tranke mischte. Nach
vierwöchentlicher, fast übermenschlicher Anstrengung hatten die Belagerer den Bau von zwei Türmen fertig, die Jerusalems Mauern um sieben Ellen überragten. Die Wände der Türme waren mit Tierhäuten umkleidet, die vor Wurfgeschossen schützen sollten, und eine aufgezogene
Fallbrücke kounte auf die Mauer der Stadt hinabgelassen werden. Am 14. Juli 1099 sollte der Sturm auf Jerusalem beginnen. In feierlicher Prozession zogen die Christen um die Stadt, voran die Bischöfe mit aller Geistlichkeit in weißen Kleidern, das Kreuz in den Händen; ihnen folgten die Fürsten, Ritter und übrigen Pilger, alle in Waffenrüstung. Unter heiligen Gesängen bewegte sich der Zug zum Oelberg, wo die Christen niederknieten und von den Anführern zu Mut und Ausdauer ermahnt wurdeu.
Die Türken auf hoher Mauer wußten nicht, was all das zu bedeuten hatte und sandten den Christen höhnend Pfeile zu. Ant andern
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— 185 —
Tage begann der Angriff auf die Stadt, der aber völlig zurückgeschlagen wurde; denn die Türken gossen siedendes Del auf die Türme und schleuderten Steine und Wurfgeschosse hinab. Nur ein Trost war den Christen geblieben: das große Kreuz auf dem Turme Gottfrieds von Bouillon war unversehrt. Am folgenden Tage wurde der Kampf erneuert ; aber schon hatten die Kreuzfahrer sieben Stunden lang vergeblich gekämpft, als sie auf ferner Höhe einen Ritter in glänzender Rüstung erblickten, von der Sonne wie mit einem Heiligenschein umleuchtet. Er streckte feine Arme über die Stadt aus, und die Christen sahen in ihm einen Gesandten des Herrn, der ihnen den Sieg verhieß. Ermutigt drangen sie wieder auf die Stadt ein; es gelang ihnen, die Säcke, welche die Türken als Schutz der Mauern an diesen befestigt hatten, anzuzünden, und als der Wind den Rauch der Stadt entgegenwehte, so daß die Belagerer ihre Angreifer nicht beobachten konnten, ließ Gottfried von Bouillon eiligst die Fallbrücke seines Turmes ans die Mauern Jerusalems herab (15. Juli 1099); andre erklommen sie auf Sturmleitern, und bald überflutete das Heer der Kreuzfahrer die Stadt.
Sie richteten dort ein Blutbad an, wie einst der Heide Titus bei der Zerstörung Jerusalems (70 n. Ch.). Die Juden wurden mit Weib und Kind in ihrer Synagoge verbrannt, wohin sie sich geflüchtet hatten, und von den Türken wurde niemand verschont, so daß die Christen buchstäblich im Blute ihrer Feinde wateten. Als sie des Sengens und Mordens müde waren, reinigten sie sich vom Blute ihrer Opfer und zogen barfuß, Psalmen singend, in die Auferstehungskirche. Deckten ihre Bußübungen und ihre Gebete die Gräuelthaten dieser Eroberung und waren solche Christen edlere, bessere Beschützer des Hl. Grabes, als die Türken? Jedenfalls gelobten die Kreuzfahrer freudetrunken Besserung ihres Lebens, und erwählten Gottfried von Bouillon einstimmig zum König von Jerusalem. Doch nannte er sich nur Beschützer des heiligen Grabes; er wollte sich nicht mit einer Königskrone schmücken, wo der Erlöser eine Dornenkrone getragen hatte. Gottfried starb schon im folgenden Jahre, und sein Bruder Balduin nahm die Würde eines Königs von Jerusalem an. Doch fiel Palästina nach diesem ersten Kreuzzuge durch die Uneinigkeit der Christen bald wieder in die Hände der Türken, und das christliche Abendland sollte noch zwei Jahrhunderte lang vergeblich um den Besitz des hl. Landes kämpfen.
Zu dieser Zeit erreichte neben dem französischen besonders das deutsche Rittertum seine höchste Blüte. Mit den edelsten Eigenschaften
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Bouillon Gottfried_von_Bouillon Gottfried Balduin Palästina
— 187 —
Das Leben in den Ritterburgen, die von hohen Bergen in das Land schauten, zog meist sehr einförmig dahin, wenn nicht Gäste Anlas; zu allerlei Kurzweil gaben, zu Jagd und Kampsspiel. Rief der König aber seine Mannen zu den glänzenden Hofsesten, dann regten sich die sleißigen Hände der Frauen, den ritterlichen Herrn mit dem selbstgewebten Gewände, mit Feldbinde und Gürtel zu schmücken. Die Edelfrauen zogen auch wohl mit in die Ferne und nahmen Teil an den Festen in der königlichen Hofburg. Blieben sie aber daheim in den stillen Frauengemächern (Kemnate), dann war der Burgkaplan ihr treuer Gefährte und erzählte ihnen von den Heldenthaten vergangener Geschlechter. Kündete aber das Horn des Turmwarts die Rückkehr des Burgherrn, dessen Fähnlein aus weiter Ferne grüßten, dann eilte die Herrin mit ihren Frauen auf die Zinne der Burg, um den Heimkehrenden und seine Mannen zu erschauen; denn die kleinen, tiefen Fenster des Frauengemachs gestatteten feilte weite Ausschau.
In dieses ritterliche Stillleben trat die Begeisterung für die Kreuzzüge gleich einer Befriedigung, und darin mag zunächst die innige Verbindung mönchischen Wesens und ritterlicher Tapferkeit gefunden werden, wie sie sich während der Kreuzzüge besonders in den Ritterorden der Johanniter und Templer, später in dem Deutschen Ritterorden darstellt.
Zunächst hatten Kaufleute aus Amalfi, die nach Jerusalem pilgerten, in der Nähe des heiligen Grabes ein Kloster mit Kapelle und ein Hospital gebaut, um arme Pilger darin aufzunehmen. Sie hatten den hl. Johannes zu ihrem Schutzheiligen erwählt und nannten sich Hospitalbrüder des hl. Johannes von Jerusalem. Es war natürlich, daß die ritterlichen Kreuzfahrer, besonders Gottfried von Bouillon, sich dieser Stiftung annahmen und sie so viel als möglich beschenkten, da ihnen der Segen dieser Anstalten reichlich zu Gute kam. Zur Zeit des ersten Kreuzzugs war Gerhard aus der Provence Meister des Hospitals, das er vom Kloster trennte. Er bildete aus deu eifrigen Krankenpflegern eine besondere Brüderschaft, der er die Regeln der Augustiner Chorherren gab. Ihre Ordenstracht war ein schwarzer Mantel mit weißem achteckigem Kreuze auf der linken Seite. Die Ordensgemeinschaft entwickelte sich allmälig zu drei Ordensklassen: Ritter Christi, welche die Pilger unter ihrem Schutze zum heiligen Grabe geleiteten, aber auch an Krankenbetten dienten — Geistliche, die den Gottesdienst pflegten, und dienende Brüder, die nie Ritter werden konnten. Alle
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Extrahierte Personennamen: Johannes Johannes_von_Jerusalem Gottfried_von_Bouillon Gerhard Ritter_Christi
— 230 —
den Pflichten seiner Königswürde ab, für die er an den Erzbischof von Köln 12,000 Thaler, an Mainz 13,000, dem Herzog von Bayern 9000 und an andere deutsche Fürsten 8000 Thaler bezahlt hatte.
Das alles brachte große Verwirrung über Deutschland. Jeder Fürst und jeder Ritter meinte, nehmen zu können, was ihm beliebte. Faustrecht und Raubrittertum wurden ärger, als je zuvor, utib das> Fehdewesen unter Fürsten und Adel konnte sich ungehindert ausbreiten. Die Burgen, einst Sitz und Pflegestätte ritterlichen Familienlebens, waren Raubnester geworden, in denen wegelagernde Ritter ihre Beute verbargen, die sie reisenden Kaufleuten abgenommen oder andern Rittern und geistlichen Herren.
Da erhoben sich die deutschen Städte und vereinten sich um ihrer Selbsterhaltung willen gegen solches Unwesen zu einem Verbände^ der zu einer politischen Macht wurde. Die sechzig Bundesstädte des „Rheinbundes" verpflichteten sich, nur dem als König gehorchen zu wollen, den die Fürsten einstimmig wählen würden; sonst wollten sie feinem beistehn, keinen aufnehmen, ihm Geld leihen oder Dienste leisten (1241). Schon früher war die deutsche Hansa, der norddeutsche Städtebund, entstanden, dem sich Hamburg, Lübeck, Braunschweig und viele andere Städte angeschlossen hatten. Er gelangte erst später zu seiner vollen Bedeutung.
Nicht zufrieden damit, den Hohenstaufen in Deutschland allen Boden entzogen zu haben, arbeitete die päpstliche Partei auch in Italien an dem Untergange Manfreds und des letzten unmündigen Hohenstaufen Konradin. Zunächst bot der Papst dem Bruder des Königs Ludwig von Frankreich, Karl von Anjou, die Krone von Sizilien an, doch kam die Sache nicht sobald zum Abschluß, da der fromme Ludwig auch für seinen Bruder kein unrecht Gut haben wollte.
Ein desto weiteres Gewissen hatte dieser, und Papst Urbans Nachfolger, Klemens Vi., krönte den Franzosen Karl von Anjou gegen das Versprechen völligen Gehorsams und einer jährlichen Abgabe von 8000 Unzen Goldes zum König von Sizilien (1266), das doch rechtmäßig Besitz der Hohenstaufen war. Aber Herr des Landes wurde der Franzose erst nach der Schlacht von Benevent, in welcher Manfred gefallen war. Er hatte seinen Tod geahnt. Als er mit einer Schar vorandringen wollte, fiel ihm seine silberne Helmzier, ein Adler, aus den Sattelknopf nieder. Manfred stürmte tapfer in die dichtesten Reihen
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Extrahierte Personennamen: Konradin Ludwig_von_Frankreich Ludwig Karl_von_Anjou Karl Ludwig Ludwig Urbans_Nachfolger Urbans Klemens_Vi Karl_von_Anjou Karl Manfred Manfred
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Deutschland Hamburg Deutschland Italien Sizilien Sizilien
— 235 —
welche begeistert ihrem Rufe folgten, und das Christentum hatte seine Kraft gegen den Muhamedanismus des Morgenlandes siegreich in die Wagschale geworfen. Wie viele Wandlungen des Eifers und der Erfolge die sieben Hauptkreuzzüge während zweier Jahrhunderte haben mochten, die Macht der Päpste war während dieser Zeit derart gewachsen, daß der päpstliche Bann Kaiser Friedrich Ii. treffen konnte, weil er den dem Papste gelobten Kreuzzug verzögert hatte.
Mit dem Falle von Accon war der letzte Besitz abendländischer Christen in Palästina verloren (1291), und sechs Millionen Menschen wären nur einer frommen Träumerei oder dem hierarchischen Gehorsam geopfert worden, wenn die Kreuzzüge nicht auf Sitten und Religion, auf Kunst und Wissenschaft, wie auf geistige und materielle Entwicklung des europäischen Völkerlebens, damit deutscher Kultur, einen überwältigenden Einfluß gehabt hätten. Es mag sich diese Einwirkung am besten bei den einzelnen Ständen erkennen lassen.
Kaiser und Fürstengewalt.
Die Hohenstaufen trachteten zunächst darnach, das unter den letzten Kaisern, besonders unter Lothar von Sachsen sehr geschädigte kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Damit stießen sie auf viel feindlichen Widerstand. Die Herzogswürde war meist erblich geworden, wogegen ein starkes Königtum nur durch die besondre Kraft des jedesmaligen Trägers der deutschen Krone möglich war, die er seinem Erben
nicht ohne weiteres hinterlassen konnte. Denn das Wahlrecht der Deutschen war bei den letzten Königskrönungen sehr in den Vordergrund getreten, und schon jetzt hatten einzelne geistliche und weltliche Fürsten dabei eine maßgebende Stimme gewonnen, obgleich von den eigentlichen Wahl- oder Kurfürsten hier noch nicht die Rede ist.
Das Ringen der Fürstengewalt gegen das Kaisertum, die Spal-
tungen der Welfen und Ghibellinen, veranlaßten die Kaiser oft, Hoheitsrechte und Privatgüter an ihre Anhänger zu vergeben oder sich solche durch Gaben zu gewinnen, so die Städte, oft auch die Geistlichkeit, durch Rechtsverleihungen. Darin lag notgedrungen eine Schwächung des Königstums und damit des Reiches, wodurch Papst und Kirche ein Uebergewicht erhielten. Des alten deutschen Reiches Herrlichkeit, welche Karl der Große begründete, hatte nicht zum wenigsten darin geruht, daß der deutsche Kaiser in unbeschränkter monarchischer Gewalt oberster Lehns- und Schirmherr des Staates und der Kirche war.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Accon Lothar_von_Sachsen Karl_der_Große Karl
— 516 —
Im Jahre 1682 hieß es, daß der „allerchristlichste König" von Frankreich der türkischen Pforte für ihre Hülfe die Hälfte der österreichischen Länder angeboten habe. Böhmen, Schlesien, Mähren sollte der französische Dauphin (Kronprinz), dem Ludwig Xiv. die römisch-deutsche Kaiserkrone zugedacht, als Ausstattung erhalten. Die Macht der Habsburger sollte vernichtet werden.
An der Spitze von 200,000 Mann stürmte Kara Mnstapha geraden Weges nach Wien, ohne sich mit der Eroberung kleinerer Festungen aufzuhalten. Die Bestürzung der Kaiserstadt war grenzenlos^ als in kürzester Zeit, wie über Nacht aus der Erde gewachsen, sechs-Stunden im Umkreise Zelt an Zelt der Türken stand. Aus der Mitte ragte das Prachtzelt des Veziers hervor, schimmernd von Gold und prächtigem Schmuck. Von seiner Höhe herab flatterte unter dem Glanze des Halbmonds der türkische Roßschweif, und in dem innersten Raume des Zeltes stand die heilige Fahne des Propheten. Unter diesem Zeichen mußten die Türken siegen.
Der Kaiser selbst hatte Wien verlassen; aber Bürger, Studenten^ überhaupt alle, die Waffen tragen konnten, stellten sich unter den Befehl des tapfern Stadtkommandanten Rüdiger von Stahrenrberg. Obgleich den Türken von Paris aus der Plan Wiens aufs genaueste zugegangen war, vermochte ihre Kriegskunst den tapfern Widerstand Wiens nicht sobald zu besiegen. Unermüdlich wurde uachts wieder aufgebaut, was tags zuvor die Türken zerstört hatten. Allmählich unterminierten sie die dicken Festungsmauern, und die geängsteten Wiener mochten berechnen, wie kurz oder wie lang die Gnadenfrist ihres Lebens noch dauern konnte, ehe sie der Mordlust der Türken anheimfielen. Kam nicht bald Hülfe von außen, so war die Stadt unrettbar verloren.
Als der große Kurfürst dem Kaiser seinen Beistand gegen die Türken angeboten, hatte dieser ihn verschmäht, weil er fürchtete, Brandenburg möchte sich auf dem Wege das mit Unrecht vorenthaltene Herzogtum in Schlesien nehmen. Da bahnten sich die Türken durch eine Hauptmine den Weg in die Stadt; die Mau ru unter der Burgbastei öffneten sich als Thor für die Sieger, die mit furchtbarem Allahgeschrei über die zerborstuen Erdhügel und gesprengten Mauern in die Stadt drangen. Und doch —- die Belagerten wußten in der Verzweiflung die Bresche zu decken und den Feind über die Verschanzung zurückzudrängen. Es war Kuude in die Stadt gedrungen, daß ein kaiserliches Heer Hülfe
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Kara_Mnstapha Rüdiger_von_Stahrenrberg
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Schlesien Wien Wien Paris Wiens Brandenburg
— 182 —
Lebensmittel genug für solche Menschenmassen. Hunger und Ent-
behrungen aller Art brachten schwere Krankheiten hervor; dazu kamen viele Christen durch die Waffen der Türken um, so daß die Heereshaufen immer kleiner wurden, je mehr sie sich dem gelobten Lande näherten.
Endlich erreichte das Gesamtheer der Kreuzfahrer die alte Hauptstadt Bithyniens, Nicäa, hinter deren breiten Mauern ein starkes
Türkenheer lagerte, das erst zur Uebergabe bereit war, als sich die
Griechen hinterlistig in den Besitz der Stadt gesetzt hatten. Doch
mußten die Kreuzfahrer unverrichteter Sache mühsam weiter durch die Gebirgsschluchten Kleinasiens ziehen, unausgesetzt von den ihnen auflauernden Türken verfolgt, welche hurtig auf ihren kleinen Pferden davon ritten und eben so schnell wieder die Züge beunruhigten.
Das ungewohnte heiße Klima steigerte das Elend der christlichen Pilger, die überall nur durch kahle Einöden zogen; denn vor ihnen her zerstörten die Türken die eigenen Dörfer, verbrannten selbst das Getreide auf den Feldern und verschütteten die Brunnen.
Die Kreuzfahrer meinten unter ihrer glühenden Rüstung zu ersticken, als sie, durch Spürhunde geleitet, voller Jubel eine sprudelnde Quelle fanden. Aber Unzählige starben, weil sie ihren brennenden Durst zu hastig gelöscht hatten. Ein Unglück folgte dem anderen, und die Mutlosigkeit im Christenheere stieg zur Verzweiflung, als Herzog Gottfried schwer verwundet ins Lager getragen wurde. Er war dem Hülferufe eines Pilgers gefolgt, den ein Bär angegriffen hatte und der nun seine Beute fahren ließ, um sich gegen den Herzog zu wenden. Dieser erfaßte, als er schon verloren schien, mit der Linken den Bären und stieß ihm mit der Rechten das Schwert in die Weichen. Aber im Todeskampfe stürmte das Tier noch einmal ans den Tapfern ein, den die Seinen für tot aufhoben. Doch er lebte und fiel nur langem Siechtum anheim.
Jetzt sollte die Stadt Antiochia in Syrien den Kreuzfahrern einen festen Sitz in Asien gewähren. Balduin hatte sich bereits der Feste Edessa bemächtigt; aber Antiochia war mit so breiten Mauern umgeben, daß ein Wagen mit vier Pferden bespannt darüber hin fahren konnte. Vierhuudertuudfänfzig darauf erbaute Türme dienten zur Vertheidigung, und die Besatzung bestand aus ungefähr 7000 Reitern und 20,000 Fußgängern.
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Balduin
Extrahierte Ortsnamen: Nicäa Kleinasiens Christenheere Antiochia Syrien Asien Edessa Antiochia
— 211 —
war gestorben, und sein Nachfolger, Cölestin Hs., wollte Heinrich Vi. nur unter Bedingungen zum Kaiser krönen. Dem widersetzten sich die Römer. Nur wenn Heinrich ihnen die von ihm besetzte feindliche Stadt Tuskulum übergeben würde, wollten sie die Kaiserkrönung in den Mauern ihrer Stadt erlauben. Heinrich ging auf diese schmähliche Bedingung ein, und Tuskulum wurde von den Römern auf das Grausamste zerstört, der größte Teil der Einwohnerschaft ermordet. Die Übriggebliebenen bauten sich auf den Trümmern ihrer Vaterstadt in Hütten und Lauben an; es ist das heutige Frascati.
Am 15. April 1191 wurde Heinrich Vi. mit seiner Gemahlin vorn Papste gekrönt; aber sein Siegeszug durch Italien wurde von einer furchtbaren Seuche unterbrochen, welche die Reihen seines Heeres lichtete, und ruhelos eilte der Kaiser, selbst schwer erkrankt, nach Deutschland zurück.
Die deutschen Reichsfürsten meinten einem so sichtlich gedeinütigten Kaiser mit Erfolg entgegen treten zu können, um vereint eine Erb-Monarchie der Hohenstaufen in Deutschland zu verhindern. So ent-stcrnb^ ein Fürstenbund, besten Haupt Heinrich der Löwe von Braun-schweig war, und dem es nicht unmöglich scheinen mochte, daß die deutsche Kaiserkrone auch das Haupt eines Welfen schmücken könnte. Durch ganz Deutschland zog eine Gährung, ein Murren und Fordern, so daß bei deutsche Kaiser sein ganzes Reich als ein feinbliches Heerlager ansehen konnte, bent von allen Seiten weit über die Grenzen Deutsch -lanbö her Bunbesgenossen zuströmten.
Ein Feind des deutschen Kaisers fehlte dem Fürstenbunbe noch, König Richard (Löwenherz) von Englattb, der Schwager Heinrichs des Löwen. Er hatte mit König Philipp August von Frankreich den Kreuzzug gemeinschaftlich aufgenommen, als Friedrich Barbarossa gestorben war. Aber schon in Messina hatten sich beide Könige entzweit, und ihr Bund wandelte sich in bittre Feindschaft, als sie im folgenden Jahre Acre (Accon) belagerten und eroberten. Auch Leopold non ^ Ceiterreich hatte sich diesem Kampfe mit seinen Deutschen angeschlossen und meinte ein gutes Recht an dem Siege zu haben. Die Franzosen besetzten den einen Teil der Stadt, die Engländer einen andern, und Leopold von Oesterreich wollte wenigstens die Reichsfahne auf einem der Stadttürme aufpflanzen. Da riß der stolze Richard das deutsche Fahnentuch herab und trat es in den Koth. Die Deutschen waren Zu schwach, solche Schmach zu rächen; sie zogen in die ferne Heimat
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Extrahierte Ortsnamen: Frascati Italien Deutschland Deutschland Deutschland Messina
100 Mittlere Geschichte.
begrüßte den Sieger; als dieser aber sein Visier öffnete, war cs kein anderer als der
Kaiser selbst.
Maximilian hat viele Kriege geführt, war aber in denselben nickt
glücklich : er wußte den Wert des Geldes nicht zu schätzen, auch unter-
stützten ihn die Reichsfürsten zu wenig, so daß er einst mit Recht sagte:
„Ich herrsche über Könige; denn meine Fürsten gehorchen nur so viel,
wie ihnen beliebt." Nur gegen die Türken hatte Maximilian einigen
Erfolg. Diese suchten weiter westwärts zu dringen; Ungarn und die
östreichischen Erblande beunruhigten sie bereits. Aus letzteren vertrieb
sie Maximilian; dagegen mußte er dulden, daß die seit dem Untergange
der Hohenstaufen zu Republiken gewordenen norditalischen Städte
von Franzosen und Spaniern besetzt wurden. Auch der Versuch Maximilians,
die Schweizer wieder unter dle Botmäßigkeit des Reiches zu bringen,
schlug gänzlich fehl.
Glücklich war Maximilian darin, die Macht des Hauses Habsburg
durch Heiraten zu vergrößern. Seinen Sohn Philipp verheiratete er
mit Johanna, der Tochter des Königs Ferdinand von Arragonien
und der Königin Isabella von Kastilien. Aus dieser Ehe entsprossen zwei
Söhne, Karl und Ferdinand. Karl vereinigte später Arragonien und
Kastilien zu dem Königreiche Spanien; er ist derselbe, welcher als deutscher
Kaiser den Reichstag zu Worms abhielt. Sein Bruder Ferdinand
wurde ebenfalls durch Heirat König von Ungarn und Böhmen.
e. Die Landsknechte. Maximilian gilt auch als Schöpfer eines
neuen Kriegswesens in Deutschland; durch ihn kamen die Landsknechte
auf. obwohl diese Georg (Iürge) von Frundsberg als „Vater
der Landsknechte" verehrten. Sie hatten ihren Namen davon, daß sie
in kaiserlichen Landen geworben wurden. Während die Söldner sich ihre
Verfassung selbst gegeben hatten, wurden die Landsknechte auf Grund
einer gedruckten, vom Kaiser gebilligten Kriegsordnung von einem erprobten
Anführer unter dem Reichsbanner angeworben. Unter Trommelschlag
ward das kaiserliche Werbepatent in Städten und Dörfern bekannt ge-
macht, und ehrliche, rüstige Gesellen wurden eingeladen, demselben Folge
zu leisten. Die Landsknechte waren im 16. Jahrhundert auch im Aus-
lande geachtete Soldaten. Ihre Führer, wie Iürge von Frunds-
berg und Sebastian Schärtlin, erwarben sich großen Ruhm; unter
Karl V., der sich ihrer in seinen auswärtigen Kriegen bediente, standen
die Landsknechte in hohen Ehren. Sie bildeten eine Kriegerzunft, ein
Waffenhandwerk und hatten ihre eigenen Sitten, Gesetze und Ehren,
ihre eigenen Lieder.
Der Landsknecht durfte erst nach gereinigter Wahlstatt sich des Beutemachens
befleißigen, wobei aber Mühlenwerke, Backöfen und Pflüge als unantastbar galten.
Blieb man längere Zeit an einem Orte, so wurde für die Bedürfnisse des Regiments
ein besonderer Markt eröffnet; Weiber und Kinder, Mägde und Händler begleiteten
den Kriegszug. — Auf dem Haupte die mit einer Feder geschmückte Sturmhaube,
vor der Brust den Krebs (Harnisch), an den Beinen gestiefelt, selten noch geharnischt,
in der Hand die Lanze oder die Hellebarde, auch wohl schon statt ihrer die schwere
Muskete, so stand der Landsknecht mit gespreizten Beinen fest in seiner Kriegshaltung.
Unwiderstehlich war der „Igel", d. i. die Geviertordnung, in welcher die mit Lanzen
bewehrten Krieger ihren Massenangriff ausführten. Die Trommelschläge beim Angriff
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem]]
TM Hauptwörter (200): [T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilians Maximilian Maximilian Philipp Philipp Johanna Ferdinand_von_Arragonien Ferdinand Isabella Karl Karl Ferdinand Ferdinand Karl Karl Ferdinand Maximilian Maximilian Georg_(Iürge Sebastian_Schärtlin Karl_V. Karl_V.
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Maximilians Kastilien Kastilien Spanien Ungarn Deutschland Frundsberg
Mittelalterliche Zustände.
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geführt hatte, unter seinem hochherzigen Sohne Friedrich vo n Schwaben
die Stadt Akkon belagerte, erschien dort auch der Marianische1 Brüder-
verein und übernahm die Pflege der deutschen Kranken. Der Eifer
dieser Brüder bestimmte Friedrich von Schwaben, den Verein zu einem
deutschen Ritterorden zu erheben. (1190.) Die Ordensbrüder
mußten Deutsche sein; ihre Kleidung war ein weißer Mantel mit schwarzem
Kreuze. Der Orden wurde vom Papste bestätigt und ließ sich in Akkon
nieder; später ging er nach Venedig und dann nach Preußen. (S. den
dritten Teil.)
Mit dem Verfall der edlen Ritterzeit artete die Kleidung in das Geschmacklose
und Unnatürliche aus. Die Frauen trugen so hohe Hauben, daß sie durch keine
Thür gehen konnten, ohne sich zu bücken, dazu Schleppen von drei bis vier Ellen.
Männer und Frauen hängten Schellen an den Gürtel. „Wo die Herren sein, da
klingen die Schellen," sagt eine alte Chronik. Schnabelschuhe dienten zum Unter-
schiede der Stände: die Schnäbel durften bei Adeligen zwei Fuß,2 bei reichen Bürger-
lichen einen, bei gewöhnlichen Leuten einen halben Fuß lang sein. Sie waren ent-
weder schlaff und wurden mit einem Kettchen am Knie oder am Gürtel in die Höhe
gehalten, oder sie waren steif ausgestopft und standen in die Höhe. In der Schlacht
bei Sempach (1386) gegen die Schweizer trugen die östreichischen Herren so lange
Schnäbel, daß sie dieselben, als sie genötigt waren, abzusteigen und zu Fuße zu kämpfen,
erst abhauen mußten. „Man hätte damit gefüllt einen Wagen!" sagt die Chronik.
2) Mürger und Mauern.
Ursprünglich hatten die Deutschen eine große Abneigung gegen die
Städte. In unsicheren Kriegszeiten lernten aber die Ein- und Um-
wohner einer Stadt deren Wert schätzen; denn alle Städte waren mit
Mauern oder mit Pfahlwerk umgeben und glichen so einer Burg, wes-
halb ihre Einwohner Bürger hießen. Landbewohner siedelten sich als
Pfahlbürger außerhalb des Pfahlwerks in den Vorstädten an; selbst
Adlige ließen ihre Güter verwalten und zogen der Sicherheit oder des
angenehmen Lebens halber in die Stadt. Auf Handel und Gewerbe,
die beiden Hauptbeschäftigungen der Stadtbewohner, hatten die Kreuzzüge
einen vorteilhaften Einfluß geübt. Die Europäer lernten auf ihren Zügen
von Griechen und Arabern manche Verbesserung der Gewerbe kennen,
die sogleich eingeführt wurde. Nach damaliger Sitte bildeten die Ge-
werbetreibenden Zünfte, Gilden oder Innungen, die bis in die neueste
Zeit bestanden haben. — Ihre Blüte verdankten die Städte hauptsächlich
dem Handel. Die italienischen Städte Venedig, Genua, Pisa
und Am alfi hatten die Kreuzfahrer mit ihren Schiffen treu unterstützt;
sie hatten aber auch an der Eroberung Palästinas großes Interesse:
neue Handelsverbindungen wurden angeknüpft, die Waren des Ostens
kamen nach Europa. Von Italien aus gingen diese über die Alpen,
besonders über den Brenner, und verbreiteten sich auf Landstraßen und
Flüssen durch ganz Deutschland, und was hier nicht verbraucht wurde,
ging vereint mit den deutschen Erzeugnissen nach den Ostseeländern.
Durch diesen Zwischenhandel blühten im Süden die Städte: Augsburg,
Regensburg, Nürnberg, Worms, Speier, Frankfurt und Mainz; im
1 Nach der Jungfrau Maria genannt. 2 Daher kommt der Ausdruck „aus
großem Fuße leben."
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_von_Schwaben Friedrich Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Akkon Akkon Venedig Gürtel Sempach Genua Europa Italien Deutschland Augsburg Regensburg Nürnberg Worms Frankfurt Mainz