Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
Wissenschaftliche Grundlagen des Bergbaues
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liegende sein muß. Die Gesteinbildungen der Karbonzeit sind sehr ver-
schiedenartig, teils finden wir Bildungen des tiefen Meeres, teils über-
idtegen Küsten- oder Landbildungen. Wir müssen deshalb annehmen, daß
der Ruhrkohlenbezirk bald Festland, bald Meeresboden war. Die untersten
Schichten sind als Ablagerungen des Meeres aufzufassen und werden als
„Kohlenkalk" und „Kulm" bezeichnet (S. 200/201). über diesen lagert eine
Gruppe von Schichten, welche man vom Standpunkte des Kohlenberg-
mannes aus in den „flözleeren Sandstein" oder richtiger „das Flözleere"
und das „flözführende Steinkohlengebirge" zerlegt hat. Die letztere Ab-
teilung interessiert uns naturgemäß am nreisten. Wir wollen uns nun
die Vorgänge vor Angen führen, welche die Bildung unserer Steinkohlen-
flöze veranlaßt haben.
3. Wir müssen uns vorstellen, daß sich nach der Bildung, d. h. der
Ablagerung der Schichten des Flözleeren der Untergrund hob; die hori-
zontal abgelagerten Schichten wurden also festes Land, und auf dem schlam-
migen Untergründe, der teilweise noch ausgedehnte Tümpel aufwies, er-
wuchs eine Sumpflandschaft von tropischer Üppigkeit, aber großer For-
menarmut. Diese Pflanzen bilden das Material unserer
Kohlenflöze.
Ein Beweis für die Entstehung der Kohlenflöze aus Pflanzenmaterial
wird u. a. durch das Mikroskop erbracht, welches gestattet, die Pflanzen-
struktur in der Kohle noch deutlich zu erkennen. Ferner legen die Pflanzen-
reste, welche wir im Hangenden und Liegenden unserer Steinkohlenflöze fin-
den, Zeugnis für die Bildung der Kohle aus Pflanzcnsubstanz ab. Be-
sonders gute Pflanzenabdrücke liefert der Schieferton, während Sandstein
uni) sandige Schiefer für die Erhaltung von Pflanzenresten weniger ge-
eignet sind. Die Abdrücke, welche meist schwarz aussehen und sich dadurch
vom grauen Schiefer klar abheben, zeigen oft die feinsten Einzelheiten
der Blätter und Blattnerven, so daß man sich ein deutliches Bild von den
Pflanzen machen kann, welche diese Abdrücke hervorriefen. Die Wissenschaft
hat nun durch das Studium der Pflanzenabdrücke die Pflanzen kennen
gelernt, welche das Material zur Bildung unserer Flöze geliefert haben
(vgl. Landschaft zur Steinkohlenzeit, Abb. 19).
Zum größten Teile waren es baumartige Pflanzen, die zu den Bär-
lappgewächsen gehören, ferner Schachtelhalme und Farne. Zur ersten
Gruppe gehören die „Siegelbäume" (Sigillaricn), deren plattgedrückte,
gegabelte Stammreste häufig gefunden werden („rechts" im Bilde). Sie
weisen auf der Stammobersläche deutliche Blattnarben auf, die wie Siegel
aussehen und deswegen auch den Bäumen den Namen der Siegelbäume ge-
geben haben. Neben diesen treten „Schuppenbäume" (Lepidodendren) mit
reich verzweigten Baumkronen auf, deren Zweigenden lange schuppige
Fruchtähren trugen („links" im Bilde). Diese Bäume erreichten eine
Höhe bis zu 30 m und eine Dicke von 2 m und mehr. Dazu gesellen sich
die hohlen „Kalamiten" (in der Mitte des Bildes). Sie sind den heute
lebenden Schachtelhalmen, die wir oft an sumpfigen Stellen wachsen sehen,
und die ein Bild im kleinen von ihren zur Karbonzeit lebenden Urahnen
geben, sehr ähnlich. Ganz besonders häufig sind „Farne", sowohl Baum-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
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Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
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Iii. Abschnitt
farne als Kletterfarne, während Staudertfarne, wie sie fast ausschließlich
in der Jetztzeit leben, sehr selten sind. An ihren gefiederten Blättern, welche
häufiger bis 3 m lange Wedel bilden, können die verschiedenen Farnarten
deutlich erkannt werden. Auch Wurzelstöcke, sogenannte „Stigmarien",
findet man sehr zahlreich, besonders im Liegenden der Flöze.
Eine Vorstellung von dem Pflanzenwuchse zur Zeit der Steinkohlen-
formation gewährt das beigegebene Bild: Landschaft zur Steinkohlenzeit
nach Professor Potonis (Abb. 19). Wir sehen hinein in die Lichtung einer
großen, sumpfigeit Niederung, in der sich ein mächtiger Urwald aus Schup-
penbäumen, Siegelbäumen, Schachtelhalmen und Farnen ausbreitet. Die
Wurzeln, welche sich möglichst breit und flach» im Moore ausdehnen, bil-
den ein undurchdringliches Gewirre, einem Urwalde der Jetztzeit vergleich-
bar. Wollen wir uns das Bild weiter ausmalen, so müssen wir uns vor-
stellen, daß tropische Hitze die mit Kohlensäure und Wasserdamps geschwän-
gerte Luft durchzittert. Noch ist die Tierwelt schwach vertreten. Nur einige
Fischarten und Muscheltiere beleben das Wasser. Tausendfüßler bewegen sich
auf dem Boden, und im Walde schwirren Insekten von Bauin zu Baum.
Aber kein buntgefiederter Vogel durchbricht mit munterem Gesänge die
tiefe Stille der Natur; nur ab und zu hört man das Krachen mächtiger,
stürzender Stämme und das Rauschen des Wassers. Fremdartig und selt-
sam berührt uns die Landschaft aus der Werdezeit der Steinkohle.
Bei der anhaltenden Feuchtigkeit der Luft und unter Zufluß zahl-
loser Bäche bildeten sich durch das Vertorfen der absterbenden Pflanzen
im Sumpfe weit ausgedehnte Moore, richtige Waldmoore, >vie wir sie
heute noch in Amerika (Zypressensümpfe) und an anderen Orten vor-
finden. So erklärt es sich auch, daß wir im Hangenden unserer Flöze vor-
wiegend die oberirdischen Teile der Pflanzen wie Äste, Blätter und Stamm-
reste antreffen, während wir im Liegenden vorzugsweise Wurzelorgane
bemerken. Ferner findet das häufige Auftreten von senkrecht zum Flöz-
fallen stehenden Stämmen im Hangenden, den Stümpfen abgebrochener
Bäume, eine befriedigende Erklärung. Diese Stammreste, welche unten
dicker sind als oben, können sich bei der Ausgewinnung der Kohle leicht
aus dem Gestein herauslösen und zu Boden fallen. Sie sind unter dem
Namen „Sargdeckel" allgemein bekannt und gefürchtet.
Durch die auf der Oberfläche immer neu entstehenden Pflanzen wuchs
das Moor zu immer größerer Mächtigkeit an, bis gewaltige Wassermassen,
teils von Überflutungen des naheliegenden Meeres, teils von Überschwem-
mung durch Flüsse herrührend, den ganzen Urwald samt seiner Torf-
schicht unter einer mehr oder minder mächtigen Schlammdecke begruben.
Ans dem Schlammboden entwickelte sich bald eine neue Vegetation, wäh-
rend beim Erhärten der Schlammschicht aus dem Sande Sandstein, aus
Tonschlamm Schieferton und aus Geröll Konglomerate entstanden. Auf
diese Weise bildeten sich die Zwischenmittel unserer Flöze. Da allein die
Zahl der bauwürdigen Flöze im Ruhrrevier schon über 70 beträgt, muß
angenommen werden, daß die Moorbildung häufig stattgefunden hat, ein
Vorgang, der nur durch wiederholte Senkungen des Ablagerungsgebietes
zu erklären ist.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
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Iii. Abschnitt
Unter dem Drucke der überlagernden Schichten und unter Luftab-
schluß ging nun im Verlaufe von unmeßbaren Zeiträumen die Umwande-
lung deö Torfmoores in Kohle vor sich. Unsere Steinkohlenflöze
sind also als, an Ort und Stelle entstandene, richtige ver-
steinerte W a l d m o o r e anzusehen.
Daß sich diese Moore wirklich in großen flachen Süßwasserbecken bil-
deten, lehren uns die Funde von dickschaligen Muscheln, welche häufig
im Hangenden der Flöze gefunden werden. Zeitweilig überflutete auch
das Meer das gesamte Gebiet, wie sich mit Sicherheit aus den Abdrücken
von Meerestieren feststellen läßt.
4. Ursprünglich horizontal abgelagert, wie alle Schichten, die sich aus
dem Wasser niedergeschlagen haben, sehen wir jetzt die Schichten des Stein-
kohlengebirges in wellenförmiger Lagerung vor uns. Die Wellenform
rührt von der Wirkung eines gewaltigen seitlichen Schubes her, wel-
cher die horizontalen Schichten in Falten legte, ähnlich den Wellen, die
sich bilden, wenn man übereinandergeschichtete Papierblätter seitlich zu-
sammenpreßt. Die Kraft, welche die Faltenlegung hervorrief, ist als eine
Äußerung der Zusammcnschrnmpfnng infolge des Erkaltens des gesamten
Erdkörpers aufzufassen, wobei sich die Erdoberfläche dem kleiner geworde-
nen Kern anpassen mußte. Der Vorgang läßt sich vergleichen mit der Bil-
dung von Runzeln auf einem eingetrockneten Apfel, dessen Hülle für den
kleiner gewordenen Inhalt zu groß geworden ist.
Infolge dieses Auffaltungsprozesses entstanden Gebirge, >vie sie uns
heute in den Alpen und Pyrenäen entgegentreten. Es ist leicht einzusehen,
daß bei solchen Faltungsvorgängen an manchen Stellen der feste Ge-
birgsverband zerriß. Die Linien, längs deren sich die Gebirgsabrisse voll-
zogen, nennt man Verwerfnngslinien oder Störungen. Man unterschei-
det Sprüng e und Überschiebungen. Diese Störungen sind von größ-
ter Bedeutung für die gesamten Lagerungsverhältnisse des Ruhrkohlenbcckens.
Bei den ersteren, meist „querschlägig" durchsetzenden Verwerfungen,
ist das im Hangenden liegende Gebirgsstück infolge der Schwerkraft in
die Tiefe gesunken, während bei den meist „streichend" verlaufenden Über-
schiebungen ein Gebirgsteil über den anderen hinausgeschoben erscheint.
Eine altbekannte Überschiebung ist z. B. der Sutan.h
Die bei der Gebirgsfaltung erzeugten gewaltigen Höhen sehen wir
heute nicht mehr. Sie sind den am Ende der Karbonzeit einsetzenden zer-
störenden Einflüssen der Verwitterung sowie der Abtragung durch fließen-
des Wasser erlegen. Besonders gut zeigt sich diese Erscheinung an den
Sätteln.z
5. Über diesem zerstörten Grundgebirge lagerten sich in den nächst-
folgenden Epochen der geologischen Geschichte mächtige Schichtenglieder
ab, die der D y a s f o r m a t i o n (Z e ch st e i n) und dem B u n t s a n d st e i n
zugezählt werden. Diese Schichten haben für uns deshalb besonderes Inter-
esse erlangt, weil durch die Bohrungen der letzten Jahre in ihnen aus-
gedehnte, abbauwürdige Salzlager festgestellt worden sind. Wir finden
diese Schichten heute nur im Nordwesten des Ruhrreviers vor, jedoch ist
1) Siehe die Tafel: „Das Ruhrbecken" zwischen S. 200 und 201!
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
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96
Iii. Abschnitt
dener Tierchen, namentlich bohrende Muscheln, Krebse und Wür-
mer verborgen. Und welche Fülle unsichtbaren Lebens enthüllt
uns erst das Mikroskop! Welcher Reichtum merkwürdiger Ent-
deckungen harrt hier noch zukünftiger Zoologen, denen das Glück
beschieden ist, Monate und Jahre hindurch an diesen Korallen-
küsten zu verweilen!"
Wer diese 8childerung gelesen hat, sieht das Korallenriff un-
seres Westfälischen Kalkgebirges, das die Forscher aufgefunden
haben, mit anderen Augen an. Die starren Felsen unserer Heimat
beleben sich wieder mit allerlei Getier. Sie zeigen wieder die Far-
benpracht, mit der sie vor Millionen von Jahren geschmückt waren,
zeigen wieder das vielgestaltige Tierleben, dem sie ihre Entstehung
verdanken.
Ernst Zimmermann-Schwelm.
42. Ein uraltes Korallenriff auf Blieinisch-
Westfaliscliem Boden.
1. Südlich von dem Ruhrkohlengebiete zieht sich ein langer,
schmaler Kalksteinzug vom Neandertal bei Düsseldorf über Elber-
feld, Barmen, Schwelm, Hagen, Hohenlimburg, Iserlohn und weiter
nach Osten bis über Brilon hinaus. In der ganzen Ausdehnung
des Zuges zeigen die Kalkfelsen überall die gleichen Eigentümlich-
keiten. Die Gesteinsmassen bilden übereinanderliegende, deutlich
geschichtete Lagen. In den einzelnen Schichten findet sich eine
große Menge von wundersamen Steingebilden. Viele dieser selt-
samen Gebilde gleichen vollständig Korallenstöcken, wie solche von
Seefahrern aus südlichen Meeren mitgebracht werden. — Hier sieht
man, wie steinerne Stämme, Äste und Zweige den Felsen durch-
dringen, dort erblickt man ein dichtes Gewirre von steinernem
Rankenwerk. Hier zeigt die Oberfläche der Zweiglein eine feine
Streifung, dort ist dieselbe dicht mit Poren übersät. Hier er-
innert die Zeichnung auf der Oberfläche an Pflanzenzellen oder
an die Zellen der Bienenwaben, dort lugen gar zierliche Becher-
ehen wie Blütenkelche aus dem Gesteine. Zuweilen sind die
Korallenzweige überzogen mit den zarten Röhrchen der Flöten-
koralle (Aulopora). Mächtige Stöcke bildet die Stromatopora oder
Teppichkoralle. Ganze Felsenschichten scheinen vollständig aus
Korallen zu bestehen. Offenbar ist der ganze, lange Kalksteinzug
nichts anderes als ein Korallenriff. (Vgl. die Abb. 20, 21 und
22 S. 100.)
2. „Aber Korallenriffe entstehen doch nur im Meere", höre
ich sagen. „Sollte einst das Meer den Boden bedeckt haben, auf
dem jetzt dies Kalkgebirge lagert?" So muß es gewesen sein!
Zur Zeit, als das Riff sich bildete, ragte wahrscheinlich das
heutige Sauerland als Insel aus dem Wasser eines großen Ozeans
hervor. Unzählige kleine Polypen von verschiedener Gestalt und
Größe — einige kaum so groß wie der Kopf einer Stecknadel.
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf]]
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Wissenschaftliche Grundlagen des Bergbaues
97
andere bis zur Größe einer Haselnuß, und darüber — hatten sich
auf dem Nordsaume der Insel angesiedelt. Wohlig wiegten sie
ihre kleinen, zierlichen Fangarme in der warmen Flut. Unablässig
schieden sie aus ihrem Körper kleine Kalkteilchen aus, welche das
Meerwasser ihnen mit der Nahrung zugeführt hatte. So vergrößer-
ten sic fortwährend die vielgestaltigen Korallenstöcko. Häufig
mochten die Wogen des Meeres gewaltig an den Korallenbauten
rütteln, hie und da Zweige abbrechen, Muschel- und Schnecken-
gehäuse gegen das Kiff schleudern und durch Zermahlen derselben
einen feinen Kalkschlamm erzeugen, der die Lücken der Korallen-
stöcke ausfüllte und manches Gehäuse der damaligen Meeresbe-
wohner in seinen Schichten begrub. Dadurch, daß dann der feine
Kalkschlamm zu festem Gestein erhärtete, war der Bau unseres
Kalksteingebirges vollendet. Zahlreiche Zeugen bestätigen diese
Entstehungsgeschichte unseres Kalksteinzuges; denn neben den
Korallen verraten uns vielgestaltige Gehäuse von Meeresschnecken,
mancherlei Arten von Muschelschalen sowie Schalen von Arm-
füßern, Kopffüßern und Gliedern von Krinoiden oder Seelilien,
daß einst warme Fluten des Meeres den Boden unserer Heimat
bedeckten.
3. Fast überall im Gestein unseres langen Kiffs findet sich
ein versteinerter Armfüßer, der den Namen Stringocephalus
Burtini oder Burtins ,,Eulenkopf" erhalten hat; deshalb nennt
man diesen Kalkstein Stringocephalenkalk. Auch an anderen
Orten z. B. in der Eifel, im Harz, in Thüringen, in Belgien, in
England findet sich Stringocephalenkalk. In England wur-
den dieser Kalk und die mit demselben zusammenhängenden
Schichten zuerst genauer studiert. Der Geologe Murchison1)
erkannte eine große mit dem Stringocephalenkalk zusammen-
hängende Gesteinsgruppe in der Grafschaft Devonshire im süd-
westlichen England als zusammengehörig und gab dieser Schich-
tengruppe den Namen „Devonische Formation". Dieser
Name ist auf die gleichartigen Schichten aller anderen Länder über-
gegangen. Auch unser Korallenriff gehört zur devonischen For-
mation. Darum bezeichnet man den Kalkstein unseres Kiffs auch
als devonischen Kalk. Außer diesem Kalk gibt es noch manche
andere Kalke, wie z. B. Kohlenkalk, Muschelkalk, Jura-
kalk, Kreidekalk. Auch sie sind durch Ablagerung von
Schlammteilchen unter Wasser entstanden und bilden gar mächtige
Schichten. Niemals findet man jedoch K ohlenkal k in Sch leb-
ten, welche unter der devonischen Formation liegen, sondern er
liegt stets über dieser. Niemals findet man den eigentlichen
„Muschelkalk" unterhalb der Steinkohlenformation. Aus die-
sem Umstande können wir erkennen, daß der Muschelkalk jünger
ist als der Kohlenkalk, und daß dieser wieder jünger ist als der de-
ls Sprich Mörtschisn.
Gehrig, Bergmännisches Lesebuch. 8. Aufl.
7
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
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Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
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98
Iii. Abschnitt
vonischo Kalk. Auf gleiche Weise zeigt es sich, daß die mäch-
tigen Kalkschichten der Juraformation jünger sind als der
„Muschelkalk“. Noch jünger als die Juraformation ist die Kreide-
formation und wieder jünger als diese die Braunkohlenformation.
Die letztgenannte Formation liefert u. a. den aus lauter ganz kleinen
Schneckengehäusen bestehenden Litorinellenkalk.
Da nun seit der Braunkohlenzeit mindestens viele Jahr-
tausende verflossen sind, da ferner jede der einzelnen Formationen
aus vielen gar mächtigen Schichten besteht, zu deren Bildung
unbedingt gewaltige Zeiträume erforderlich waren, so muß das
Eheinisch-Westfälische Korallenriff ein ungemein hohes Alter
haben. Viele Millionen Jahre mögen seit seiner Entstehung ver-
flossen Sem. Ernst Zimmermann-Scliwelm.
43. Versteinerungen -es Rheinisch-Westfälischen Korallenriffs.
1. Neben mancherlei Arten von Korallen finden sich in unserem devo-
nischen Kalkstein noch recht viele interessante Überreste von anderen Meeres-
bewohnern.
Besonders gut erhaltene und recht mannigfaltige Versteinerungen
oder Fossilien findet man bei der Stadt Schwelm. Hier lag auf dem
Kalkstein ein reiches Lager von Schwefelkies, Brauneisenstein, Galmei
und Bleiglanz. Flüssigkeiten, welche das Erzlager durchsickerten und da-
durch scharfe Stoffe in sich aufgenommen hatten, ätzten manche Versteine-
rungen aus dem Kalkstein heraus, weil die Gesteinsmasse, in welche die
Fossilien eingebettet waren, von diesen Flüssigkeiten leichter angegriffen
und aufgelöst wurde als die widerstandsfähigeren Fossilien. — Jahrhun-
dertelang wurde hier Bergbau betrieben. Jetzt ist das Erzlager fast ganz
erschöpft; nur wenige Arbeiter sind noch damit beschäftigt, Brauneisen-
stein zu gewinnen. Aber in den Schutthalden, „Rote Berge" genannt,
finden sich immer noch Versteinerungen, welche dem unter dem Erzlager
liegenden Kalkgebirge entstammen. Etwa 50 Arten verschiedener Fossilien
hat man hier gefunden. Einige wollen wir uns genauer ansehen!
Kleine, dünne, wunderzierliche Kalksteinscheiben von etwa 3—8 mm
Durchmesser liegen zerstreut in den „Roten Bergen" umher. Manche der-
selben sind mehrfach durchlöchert, die Löcher sind so gruppiert, daß sie
regelmäßige Figuren bilden (Abb. 23 b, c, d, e, S. 100). Zuweilen hängen
mehrere solcher Scheiben so zusammen, daß sie ein kurzes Stielstück dar-
stellen. Krinoidenglieber nennt man diese Gebilde. — Krinoiden
oder Seelilieu sind Tiere, welche in ihrer äußeren Gestalt Ähnlichkeit
mit einer auf einem langen Stiele sitzenden Blume haben. Sowohl der
Stiel als die Blumenkrone sind aus lauter Kalkscheiben zusammengesetzt.
Beim Tode zerfallen die Seelilien meistens in kleine Kalktäfelchen.
„Steinerne Stiefelabsätze" wurden vom Volksmunde merkwürdige
Gebilde genannt, die man in den „Roten Bergen" gefunden hat. Mit diesem
Namen ist die äußere Form derselben ziemlich treffend zum Ausdruck ge-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
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Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
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156
Iv. Abschnitt
It
an Stellen darstellt, wo durch Schürfen und Bohren das Vorhanden-
sein von Kohle nachgewiesen wurde.
Das Bild zeigt, daß die von Gesteinsmassen bestimmter Art
eingeschlossenen Kohlenschichten, die der Bergmann Flöze nennt, alle
Lageveränderungen, welche die sie umgebenden anfangs wagerechten
Gesteinsschichten erlitten, haben mitmachen müssen.
Durch die infolge der Erkaltung eingeschrumpfte Oberfläche der
Erde haben sich nämlich Falten gebildet, die in Form von Sätteln
und Mulden in den Gesteinsschichten und somit auch in den Flözen
zum Ausdrucke kommen.
Diese Faltungen sowie andere Bildungen in den Schichtungen,
welche die Kohlengewinnung außerordentlich erschweren und damit
zugleich verteuern, bedingen daher die Notwendigkeit aller vorgenom-
menen Grubenbaue.
> \
seiger tonnlägig
3. Wenngleich in der Reihe derselben keiner fehlen darf und so-
mit jeder von Bedeutung ist, so ist der wichtigste dennoch der
Schacht, der entweder ein sog. seigerer, tonnlägiger oder gebroche-
ner Schacht sein kann, je nach seiner Abweichung von der Lotlinie.
Meist wird der Schacht, d. i.
ein erweitertes Bohrloch, welches
zweckmäßig einen runden Quer-
schnitt (Abb. 57) von etwa 5 m
Durchmesser hat (weil der Kreis
bei gleichem Flächeninhalt einen
kleineren Umfang hat als ein
Quadrat oder gar ein Rechteck
und seine Befestigung somit
billiger wird), seiger, d. h. senk-
recht abgeteuft und führt von
der Erdoberfläche durch die
vielen Gebirgsschichten wie
Mergel, Sandstein, Schiefer,
Schieferton und Kohlenflöze, zu
Tiefen bis 1000 m und mehr.
Abb. 57. Querschnitt eines Schachtes. Er wird durch Müllerwerk
oder durch Eisenwände, die aus
Eisenringen zusammengesetzt sind, gegen das Zusammenbrechen ge-
sichert; es liegt auf der Hand, daß seine Herstellung sehr kostspielig ist.
Durch Schachthölzer ist der Schachtquerschnitt in mehrere Teile
oder Trümmer geteilt, die verschiedenen Zwecken dienen. So gehen
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
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Aus dem praktischen Betrieb des Bergbaues
197
Aus den Starkwassergruben kommt das Ammoniakwasser in die
Destillierapparate, es tritt in dieselben von oben ein, trifft mit
einem von unten eingeleiteten Dampfstrom zusammen, wobei sich
Wasser und Ammoniak in der Weise voneinander scheiden, daß erste-
res als Abwasser nach unten abfließt, während letzteres in Dampf-
form aufsteigt und durch Rohre in den sogenannten Sättigungskasten
gelangt, woselbst es in 40o/»iger Schwefelsäure als Ammoniaksalz
niederschlägt.
Wenn man so dem Wege der Kohle auf einer modernen Berg-
werksanlage gefolgt ist und mit Bewunderung all die Einrichtungen
gesehen hat, welche dazu bestimmt sind, sie bis aufs äußerste nutz-
bringend zu verwerten, dann wird man gewiß geneigt sein, unter
den Gaben, die unsere gütige Mutter Natur fürsorglich schon in
grauen Zeiten für die Menschheit aufgespeichert hat, dem schwarzen
Diamanten „Kohle" eine bevorzugte Stelle einzuräumen. H.«.
75. Das Nichrkohlenremer.
1. Unter den Bergbaubezirken Deutschlands nimmt das Ruhrkoh-
lenrevier sowohl durch die Höhe seiner Kohlenproduktion als die Größe
seiner räumlichen Ausdehnung unstreitig die erste Stelle ein. Auch die
Nachhaltigkeit seiner Kohlenvorräte hat kaum ihresgleichen. Der Name
„Ruhrkohlenrevier" erschöpft zwar seine Ausdehnung nicht, da das von
dem Grubenbetriebe eingenommene Gebiet sich weit über das Flußgebiet
der Ruhr, über die Emscher und seit einigen Jahren auch schon über die
Lippe hinaus erstreckt. Das gesamte durch Bergbau und Bohrungen nach-
gewiesene Steinkohlenvorkommen wird begrenzt durch die Seiten eines
Dreiecks, dessen Grundlinie die Linie Xanten—beckum bildet und dessen
Spitze in der Nähe Barnrens bei Herzkamp liegt. Die flözführenden Ab-
lagerungen treten jedoch nicht innerhalb des ganzen Gebietes zutage, son-
dern nur in einem kleinen Teile des Bezirkes, etwa südlich der Linie Duis-
burg—bochum—dortmund (vgl. S. 200/201). Hier sieht man an sehr vie-
len Stellen, an Gebirgshängen und Eisenbahneinschnitten, insbesondere in
den Ruhrbergen, die Steinkohlenflöze zutage ausgehen. Man erkennt dort
deutlich, daß die Steinkohlenflöze ausgedehnte Schichten bilden, ebenso
wie man das an Sandstein-, Kalkstein- oder Schieferschichten beobachten
kann, welche von ganz gleichlaufenden Schichten unter- oder überlagert
werden. Nördlich der genannten Linie liegen die Kohlenflöze unter einer
nach Norden immer mächtiger werdenden Decke von jüngeren Gesteinen,
so daß beim Vorrücken des Bergbaues nach Norden immer größere Deck-
gebirgsschichten durchteuft werden müssen, ehe das Steinkohlengebirge er-
reicht wird.
2. Das schematische Profil (S. 200/201) durch das Ruhrkohlengebiet ver-
anschaulicht uns die L a g e r u n g s v e r h ä l t n i s s e des Ruhrkohlenbeckens,
die nn großen und ganzen ziemlich einfacher Natur siud. Das Profil stellt
einen etwa von Südosten nach Nordwesten durch das gesamte Steinkohlen-
ablagerungsgebiet an der Ruhr gelegten Schnitt dar. Man ersieht daraus,
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
206
Iv. Abschnitt
dem sog. Schurrenbau, wird Wert darauf gelegt, daß das Laden der
Kohle in die Hunde möglichst selbsttätig erfolgt. In Abständen von etwa
10 m werden in den Kohlenstoß Strecken getrieben, die, wenn nötig, gegen
den Zusammenbruch durch Holzausbau gesichert werden. Von hier aus
bohrt man ein etwa 50 cm weites Loch senkrecht aufwärts bis zur Ober-
fläche der abgeräumten Kohle. Der Arbeiter hackt nun mit der Keilhaue
die Kohle in das Bohrloch hinein, so daß schließlich eine sich immer mehr
erweiternde trichterförmige Öffnung entsteht, durch welche die Kohle dem
Bohrloch und durch dieses dem Förderwagen zurollt. Die große Mächtig-
keit der Flöze, sowie die reine Ablagerung drängten im rheinischen Braun-
kohlenbergbau von selbst auf die maschinelle Gewinnung der Kohle hin,
die nicht nur eine gleichmäßige Arbeitsleistung und damit verbundene
gleichmäßige Beanspruchung der Kettenbahn ermöglicht, sondern den Berg-
bau auch von den Witterungseinflüssen, sowie menschlichen Arbeitskräften
mehr oder weniger frei macht. Gerade dieser letzte Punkt spielt für den
Bergbau des Cölner Vorgebirges eine große Rolle, weil ihm die nahe
gelegenen großen Städte viele Arbeitskräfte entziehen. Außerdem wird
durch die maschinelle Gewinnung ein glatter, steil gerichteter Stoß er-
zielt, an dem das Wasser abläuft, so daß die Kohle weniger durchnäßt
wird. Auf Grube Grefrath ist ein Kohlenhauer aufgestellt, der im wesent-
lichen aus einein fahrbaren Windenwagen besteht, an dem eine mit zwölf
scharfen Hauzähnen versehene Trommel aufgehängt ist. Die durch einen
Motor in Umdrehung versetzte Trommel wird an dem Kohlenstoß ans
und ab bewegt; die Messer schlagen in diesen ein und vermögen in einer
zehnstündigen Schicht etwa 1000 t Kohle zu lösen, die auf der Tagebau-
sohle von einem Becherwerk aufgenommen und dem Vorratstrichter zu-
geführt wird. Aus diesem erfolgt dann der Abzug in die Kettenbahnwagen.
In neuerer Zeit hat man zur Gewinnung der Kohle mit gutem Erfolg
auch Bagger verwertet, und zwar teils Hoch- teils Tiefbagger. Tiefbagger
wendet ment bei einem regelmäßigen Hangenden au. In vielen Fällen
wird man auch, wie dies beispielsweise auf Grube ^Bereinigte Bille der
Fall ist, den Kohlenstoß in etwa 30 m Abstand vom Hangenden teilen
und die untere Strosse durch einen Tiefbagger, die obere durch einen
Hochbagger gewinnen. Diese Form des Abbaues gewährt unter anderem
den Vorteil, daß der Hochbagger selbst die Ebene herstellt, die von dem
Tiefbagger benutzt wird.
Auf dem Gruhlwerk finden wir Hochbagger in Anwendung, die den
beim Rollochbetrieb stehengebliebenen unteren Teil des Kohlenstoßes her-
eingewinnen sollen. Der Bagger besitzt eine zwangläufig geführte, rück-
wärts arbeitende Kratzleiter, d. h. eine Kette, an der in bestimmten Ab-
stünden mit scharfen Zähnen versehene Flacheisen angebracht sind. Diese
Schrämkette wird an dem Kohlenstoß von oben nach unten entlang bewegt
und kratzt auf diese Weise die Kohle los. Diese wird dann durch ein Becher-
werk in eine Schüttrumpf geladen und der Ketteubahn übergeben. Die
Grube Vereinigte Ville gewinnt, wie schon erwähnt, die Kohle durch Hoch-
und Tiefbagger. Letztere tragen an einer ebenfalls zwangläufig geführten
Kette Eimer, die an ihrem schneidenden Rande zwei scharfe Stahlzähne
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral]]
Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
Hüttenwesen
249
es sich jedoch bald herausstellte, daß der Phosphorgehalt des Roh-
eisens durch das neue Verfahren nicht entfernt werden könnte, das
lothringische Eisenerz aber stark phosphorhaltig ist, so vermochte
das Bessemer-Verfahren auf die Eisenindustrie Lothringens
vorerst keinen günstigen Einfluß auszuüben. Irn Gegenteil, die
Eisenwerke Lothringens wären durch dasselbe sogar dem sichern
Untergange ausgeliefert worden, da eine Konkurrenz des Schweiß-
bzw. Puddeleisens mit dem Bessemer-Flußeisen gänzlich aussichts-
los erschien, wenn nicht einige Jahre später, 1877, ein anderer
Fachmann, und zwar ebenfalls ein Engländer, ein Verfahren er-
sonnen hätte, nach welchem die Entphosphorung des Eisens er-
möglicht wurde. Dieser geistreiche Mann war Sidneygilchrist
Thomas. Wohl noch nie hat ein Erfinder seinem Vaterlande so
schweren Schaden zugefügt und gleichzeitig dem Auslande so wert-
volle Dienste geleistet, wie dieser geistvolle Mann, den in noch
jungen Jahren der Tod ereilte. Gerade Deutschland hat von seiner
Erfindung den größten Nutzen gehabt. Denn von der 1910 in
Deutschland erzeugten Flußeisenmenge von 13,3 Millionen Tonnen
enthalten auf Thomaseisen über 97 o/o, nämlich über 13 Millionen
Tonnen, also weitaus die Masse der deutschen Erzeugung. Beson-
ders Lothringen gewann durch die neue Erfindung ; denn nun war
die schon stark entwertete phosphorhaltige Minette mit einem
Schlage wieder ein wertvolles Eisenerz geworden, das trotz seiner
verhältnismäßig geringen Haltigkeit gegenüber anderen Erzen
noch Vorzüge auf wies, da es ein sogenanntes selbstgehendes Erz
war. Schon 1882 führte de Wendel dieses sogenannte basische
Verfahren in seine Werke ein, und von da an datiert der Auf-
schwung und die Entwickelung der lothringischen Eisenindustrie,
wie sie vorher niemand zu ahnen gewagt hätte.
3. Und noch viel gewaltiger würde sich der Aufschwung ge-
staltet haben, wenn die Hoffnungen, die man auf das Wiederauf-
blühen des Steinkohlenbergbaues im Reichslande gesetzt hatte, in
Erfüllung gegangen wären. Aber leider mußten die mehrfach un-
ternommenen Versuche, den Kohlenbergbau wieder zu bele-
den, im Elsaß wieder eingestellt werden, weil er sich nicht bezahlt
macht. In Lothringen kam zwar der Kohlenbergbau nach man-
cherlei vergeblichen Versuchen in der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts in Gang, jedoch liegen die geologischen Verhältnisse
insofern ungünstig, als die Hochebene von mehreren ausgedehnten,
in der Richtung Südwest-Nordost verlaufenden Verwerfungen
durchsetzt ist, längs deren im allgemeinen die nordwestlichen
Schollen abgesunken sind. Die in diesen Gesteinschichten einge-
betteten Kohlenflöze liegen ziemlich 1000 Meter tiefer als diejeni-
gen, welche in dem flachen Sattel von Buschdorn so nahe an der
Oberfläche hinstreichen, daß an einen erfolgreichen Abbau gedacht
werden konnte. Von Gruben sind besonders die in Klein-Rös-
seln sowie in Spittel und in St. Avold zu nennen. Die Gesamt-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Thomas Wendel
Extrahierte Ortsnamen: Lothringens Lothringens Deutschland Deutschland Elsaß Lothringen Spittel