308
Achte Periode.
Es sprach der Vater über uns den Segen,
Ich fand den Himmel in des Hauses Schranken
Und fühlte keinen Wunsch sich fürder regen.
So wehten töricht vorwärts die Gedanken;
Ich aber lag auf dem Verdeck zur Nacht
Und sah die Sterne durch das Tauwerk schwanken.
Ich ward vom Wind mit Kühlung angefacht.
Der so die Segel spannte, daß wir kaum
Den flüchtigen Weg je schnellern Laufs gemacht.
Da schreckte mich ein Stoß aus meinem Traum,
Erdröhnend durch das schwache Bretterhaus;
Ein Wehruf hallte aus dem untern Raum.
Ein zweiter Stoß, ein dritter; krachend aus
Den Fugen riß das Plankenwerk, die Welle
Schlug schaumend ein und endete den Graus.
Verlorner Schwimmer in der Brandung Schwelle,
Noch rang ich jugendkrästig mit den Wogen
Und sah noch über mir die Sternenhelle.
Da sühlt' ich in den Abgrund mich gezogen.
Und wieder auswärts fühlt' ich mich gehoben
Und schaute einmal noch des Himmels Bogen.
Dann brach die Kraft in der Gewässer Toben,
Ich übergab dem Tod mich in der Tiefe
Und sagte Lebewohl dem Tag dort oben.
Da schien mir, daß in tiefem Schlaf ich schliefe
Und sei mir aufzuwachen nicht verliehen.
Obgleich die Stimme mir's im Innern riefe.
Ich rang, mich solchem Schlafe zu entziehen,
Und ich besann mich, schaut' umher und fand.
Es habe hier das Meer mich ausgespieen.
Und wie vom Todesschlaf ich auferstand,'
Bemüht' ich mich, die Höhe zu ersteigen.
Um zu erkunden dies mein Rettungsland.
Da wollten Meer und Himmel nur sich zeigen,
Die diesen einsam nackten Stein umwanden,
Dem nackt und einsam selbst ich fiel zu eigen.
Wo dort mit voller Wut die Wellen branden,
Aus fernem Riffe war das Wrack zu sehen,
Woselbst es lange Jahre noch gestanden.
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TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
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312
Achte Periode.
Du bist ich selbst, wie ich gestrebet habe
In meiner Hoffnung Wahn vor grauen Jahren;
Ich bin du selbst, das Bild aus deinem Grabe.
Was sprichst du noch vom Schönen, Guten, Wahren,
Von Lieb' und Haß, von Tatendurst? Du Tor!
Sieh her, ich bin, was deine Träume waren.
Und sührest wiederum mir diese vor?
Laß ab, o Weib, ich habe längst verzichtet.
Du hauchst aus Aschen noch die Glut empor!
Nicht so den süßen Blick auf mich gerichtet!
Das Licht der Augen und der Stimme Laut,
Es hat der Tod ja alles schon vernichtet.
Aus deinem hohlen, morschen Schädel schaut
Kein solcher Himmel mehr voll Seligkeit;
Versunken ist die Welt, der ich vertraut.
Ich habe nur die allgewalt'ge Zeit
Auf diesem öden Felsen überragt
In grausenhafter Abgeschiedenheit.
Was, Bilder ihr des Lebens, widersagt
Ihr dem, der schon den Toten angehöret?
Zerfließet in das Nichts zurück, es tagt!
Steig auf, o Sonne, deren Schein beschwöret
Zu Ruh' den Aufruhr dieser Nachtgenossen,
Und ende du den Kampf, der mich zerstöret.
Sie bricht hervor, und jene sind zerflossen. —
Ich bin mit mir allein und halte wieder
Die Kinder meines Hirns in mir verschlossen. —
O tragt noch heut', ihr altcrsstarren Glieder,
Mich dort hinunter, wo die Nester liegen;
Ich lege bald zur letzten Rast euch nieder.
Verwehrt ihr, meinem Willen euch zu schmiegen,
Wo machtlos innere Qualen sich erprobt,
Wird endlich, endlich doch der Hunger siegen.
Es hat der Sturm im Herzen ausgetobt,
Uud hier, wo ich gelitten und gerungen,
Hier hab' ich auszuatmen auch gelobt.
Laß, Herr, durch den ich selber mich bezwungen,
Nicht Schiff und Menschen diesen Stein erreichen
Bevor mein letzter Klagelaut verklungen.
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§ 45. Die Sänger der Freiheitskriege. Rückert.
Wie lang willst du dich winden gleich dem Wurme
Krumni unter deines Feinds Triumphrads-Speichen?
Hat er die harte Haut noch nicht mit Streichen
Dir g'nug gerieben, daß dick/s endlich wurme?
Die Berge, wenn sie könnten, würden rufen:
Wir selber fühlten mit sühllosem Rücken
Lang gümg den Druck von eures Feindes Husen.
Des Steins Geduld bricht auch in Stücken,
Den Götter zum Getretensein doch schufen —
Volk, mehr als Stein, wie lang darf man dich drücken?
Der Mann ist wacker, der, sein Pfund benutzend,
Zum Dienst des Vaterlands kehrt seine Kräfte:
Nun denn, mein Geist, geh auch an dein Geschäfte,
Den Arm mit den dir eignen Waffen putzend.
Wie kühne Krieger setzt, mit Glutblick trutzend.
In Reih'n sich stellend, heben ihre Schäfte;
So stelll auch Krieger, zwar nur nachgeäffte,
Geharnischter Sonette ein paar Dutzend.
Auf denn, die ihr aus meines Busens Ader
Aufquellt, wie Riesen aus des Stromes Bette,
Stellt euch in eure rauschenden Geschwader!
Schließt eure Glieder zu vereinter Kette
Und ruft, mithadernd, in den großen Hader,
Erst: Waffen! Waffen! und dann: Rette! Rette!
4.
Was schmiedst du, Schmied? „Wir schmieden Ketten, Ketten
Ach, in die Ketten seid ihr selbst geschlagen.
Was pflügst du, Baue? „Das Feld soll Früchte tragen!"
Ja, für den Feind die Saat, für dich die Kletten.
Was zielst du, Schütze? „Tod dem Hirsch, dem fetten."
Gleich Hirsch und Reh wird man euch selber sagen.
Was strickst du, Fischer? „Netz dem Fisch, dem zagen."
Aus eurem Todesnetz wer kann euch retten?
Was wiegest du, schlaflose Mutter? „Knaben."
Ja, daß sie wachsen und dem Vaterlande,
Im Dienst des Feindes, Wunden schlagen sollen.
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§ 48. Uhlands Werke. — S
„Dir hat dein Ohr geklungen
Vom Lob, das man dir bot;
Doch ist zu ihm gedrungen
Ein schwacher Ruf der Not.
Der ist ein Held der Freien,
Der, wann der Sieg ihn kränzt,
Noch glüht, sich dem zu weihen,
Was frommet und nicht glänzt.
„Gesund bist du gekommen
Vom Werk des Zorns zurück:
Im hilsereichen, frommen
Verließ dich erst dein Glück.
Der Himmel hat dein Leben
Nicht für ein Volk begehrt;
Für dieses Kind gegeben.
War ihm dein Opfer wert.
8. M
Ihr habt gehört die Kunde
Vom Fräulein, welches tief
In eines Waldes Grunde
Manch hundert Jahre schlief.
Den Namen der Wunderbaren
Vernahmt ihr aber nie;
Ich hab' ihn jüngst erfahren:
Die deutsche Poesie.
Zwo mächt'ge Feen nahten
Dem schönen Fürstenkind,
An seine Wiege traten
Sie mit dem Angebind'.
Die erste sprach behende:
„Ja, lächle nur auf mich!
Ich gebe dir frühes Ende
Von einer Spindel Stich."
Die andre sprach dagegen:
„Ja, lächle nur aus mich!
Ich gebe dir meinen Segen,
Der heilt den Todesstich;
Der wird dich so bewahren.
Daß süßer Schlaf dich deckt.
Bis nach vierhundert Jahren
Ein Königssohn dich weckt."
Romanzen und Balladen. 377
„Wo du den Vogt getroffen
Mit deinem sichern Strahl,
Dort steht ein Bethaus offen,
Dem Strafgericht ein Mal;
Doch hier, wo du gestorben.
Dem Kind ein Heil zu sein,
Hast du dir nur erworben
Ein schmucklos Kreuz von Stein.
„Weithin wird lobgesnngen.
Wie du dein Land befreit;
Von großer Dichter Zungen
Vernimmt's noch späte Zeit;
Doch steigt am Schächen nieder
Ein Hirt im Abendrot,
Dann hallt im Felstal nieder
Das Lied von deinem Tod."
Da ward ins Reich erlassen
Ein feierlich Gebot,
Verkündet in allen Straßen,
Der Tod darauf gedroht:
Wo jemand Spindeln hätte,
Die sollte man liefern ein
Und sie an offner Stätte
Verbrennen insgemein.
Nicht nach gewohnter Sitte
Erzog man dieses Kind
In dumpfer Kammern Mitte,
Noch sonst, wo Spindeln sind:
Nein, in den Rosengärten,
In Wäldern, frisch und klihl,
Mit lustigen Gefährten,
Bei freiem, kühnem Spiel.
Und als es kam zu Jahren,
Ward es die schönste Frau,
Mit langen, goldnen Haaren,
Mit Augen dunkelblau,
In Gang, Gebärde züchtig.
In Reden treu und schlicht,
In aller Arbeit tüchtig,
Nur mit der Spindel nicht
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§ 54. Die moderne Literatur. Emanuel Eeibel.
425
16. Der Tod des Tibcrius.
Bei Kap Misenum winkt ein fürstlich Haus
Aus Lorbeerwipfeln zu des Meeres Küsten,
Mit Säulengüngen, Mosaiken, Büsten
Und jedem Prunkgerät zu Fest und Schmaus.
Oft sah es nächtlicher Gelage Glanz,
Wo lockige Knaben, Efeu um die Stirnen,
Mit Bechern flogen, filberfüß'ge Dirnen
Den Thyrsus schwangen in berauschtem Tanz
Und Jauchzen scholl, Gelächter, Saitenspiel,
10. Bis auf die Gärten rings der Frühtau fies.
Doch heuu, wie stumm das Haus! Nur hier und dort
Ein Fenster hell, — und wo die Säulen düstern.
Wogt am Portal der Sklaven Schwarm mit Flüstern;
Es kommen Sänften; Boten sprengen fort;
Und jedesmal dann zuckt umher im Kreise
Ein Fragen, das nur scheu um Antwort wirbt:
„Was sagt der Arzt? Wie steht es?" — „Leise, Leise!
Zu Ende geht's; der greise Tiger stirbt."
Bei matter Ampeln Zwielicht droben lag
20. Der kranke Cäsar auf den Purpurkissen.
Sein fahl Gesicht, von Schwären wild zerrissen,
Erschien noch granser heutff als sonst es pflag.
Hohl glomm das Auge. Durch die Schläfe wallte
Des Fiebers Glut, daß jede Ader schlug;
Niemand war bei ihm als der Arzt, der alte,
Und Macro, der des Hauses Schlüssel trug.
Und jetzt mit halb ersticktem Schreckensruf
Aus seinen Decken fuhr empor der Sieche,
Hochauf sich bäumend: „Schaff mir Kühlung, Grieche!
30. Eis! Eis! Im Busen trag^ ich den Vesuv.
O wie das brennt! Doch grimmer brennt das Denken
Im Haupt mir; ich verflucht es tausendmal
Und kanius doch lassen nicht zu meiner Qual;
O gib mir Lethe, Lethe, mich zu tränken! —
Umsonst! Dort wälzt sich's wieder schon heran
Wie Rauchgewölk und ballt sich zu Gestalten —
Sieh, von den Wunden heben sich die Falten
Und starren mich gebrochnen Auges an,
Germanikus und Drusus und Sejan —
40. Wer rief euch her? Kann euch das Grab nicht halten?
Was saugt ihr mit dem Leichenblick, dem stieren,
An meinem Blut und dörrt mir das Gebein?
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§ 53. Annette von Droste-Hülshoff.
411
„Und wenn er kühn, so war sie schön,
Die heilige Frau im Ordenskleide!
Ihr möcht' der Weihei süßer stehn.
Als andern Güldenstück und Seide.
Kaum war sie holder an dem Tag,
Da ihr jungfräulich Haar man füllte.
Als ich ans Kirchensenster schnellte
Und schier Tobias' Hündlein brach.
„Da stand die alte Grästn, stand
Der alte Graf, geduldig harrend;
Er aufs Barettlein in der Hand,
Sie fest aufs Paternoster starrend;
Ehrbar, wie bronzen sein Gesicht —
Und aus der Mutter Wimpern glitten
Zwei Tränen auf der Schaube Mitten,
Doch ihre Lippe zuckte nicht.
„Und sie in ihrem Sammetkleid,
Von Perlen und Juwel' umfunkelt,
Bleich war sie, aber nicht von Leid,
Ihr Blick doch nicht von Gram umdunkelt.
So mild hat sie das Haupt gebeugt,
Als woll' auf den Altar sie legen
Des Haares königlichen Segen,
Vom Antlitz ging ein süß Geleucht.
„Doch als nun, wie am Blutgerüst,
Ein Mann die Seidenstränge packte,
Da faßte mich ein wild Gelüst,
Ich schlug die Scheiben, daß es knackte,
Und flattert' fort, als ob der Stahl
Nach meinem Nacken wolle zücken.
Ja wahrlich, über Kopf und Rücken
Fühlt' ich den ganzen Tag mich kahl!
„Und später sah ich manche Stund'
Sie betend durch den Kreuzgang schreiten,
Ihr süßes Auge über Grund
Entlang die Totenlager gleiten;
Ins Quadrum flog ich dann hinab.
Spazierte auf dem Leichensteine,
Sang oder suchte auch zum Scheine
Nach einem Regenwurm am Grab.
„Wie sie gestorben, weiß ich nicht;
Die Fenster hatte man verhangen.
Ich sah am Vorhang nur das Licht
Und hörte, wie die Schwestern sangen!
Auch hat man keinen Stein geschafft
Ins Quadrum, doch ich hörte sagen.
Daß manchem Kranken Heil getragen
Der sel'gen Frauen Wunderkraft.
„Ein Loch gibt es am Kirchenend',
Da kann man ins Gewölbe schauen,
Wo matt die ew'ge Lampe brennt,
Steinsärge ragen, fein gehauen!
Da streck' ich oft im Dämmergrau
Den Kopf durchs Gitter, klage, klage
Die Schlafende im Sarkophage,
So hold, wie keine Krähenfrau!"
Er schließt die Augen, stößt ein lang „Krahah!"
Gestreckt die Zunge und den Schnabel offen;
Matt, flügelhängend, ein zertrümmert Hoffen;
Ein Bild gebrochnen Herzens, sitzt er da. —
Da schnarrt es über ihm: „Ihr Narren all!"
Und nieder von der Fichte plumpt der Rabe:
„Ist einer hier, der hörte von Walhall,
Von Teut und Thor und von dem Hünengrabe?
Saht ihr den Opferstein?" — da mit Gekrächz'
Hebt sich die Schar und klatscht entlang den Hügel.
Der Rabe blinzt, er stößt ein kurz Geächz',
Die Federn sträubend wie ein zorn'ger Igel;
Dann duckt er nieder, kraut das kahle Ohr,
Noch immer schnarrend fort von Teut und Thor.
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34
Das Nibelungenlied.
871. Si hiezen herbergen für den grüencn walt
gen des wildes abeloufe die stolzen jägere balt,
da si da jagen solden, üf einen wert vil breit.
dö was ouch körnen Sifrit: daz wart dem künige geseit.
872. Von den jeitgescllen wurden dö bestän
die warte an allen ende, dö sprach der küene man,
Sifrit der vil starke, »wer sol uns in den walt
wisen nach dem wilde, ir degne küene unde balt?«
873. »Wellen wir uns scheiden,« sprach dö Hagene,
»e daz wir beginnen hie ze jagene?
da hi mugen bekennen ich und die herren min
wer die besten jägere an diser waltreise sin.
874. Liute unde hunde sulen wir teilen gar:
so köre islicher da er gerne var.
der daune jage beste, der sol des haben danc.«
der jäger biten wart bi ein ander niht lanc.
875. Dö sprach der her re Sifrit »ich hän der hunde rät,
wan einen brachen, der sö genozzen hat
daz er die verte erkenne der tiere durch den tan,
wir körnen wol ze jeide,« sprach der Kriemhilde man.
876. Dö nam ein alter jägere einen spürhunt:
er brähte den herren in einer kurzer stunt
da si vil tiere funden, swaz der von leger stuont,
diu erjeiten die gesellen, sö noch guote jeger tuont.
877. Swaz ir der brake ersprancte, diu sluoc mit siner hant
Sifrit der küene der heit von Niderlant.
sin ros lief sö sere daz ir im niht entran.
den lop er vor in allen an dem gejeide gewan.
878. Er was an allen dingen biderbe genuoc.
sin tier daz erste, daz er ze töde sluoc,
was ein starkez halpswuol, mit der siner hant;
da nach er vil schiere ein angestiegen lewen vant.
879. Der brake den ersprancte: er schöz in mit dem bogen.
eine scharfe sträle bete er in gezogen:
der lewe lief nach dem schuzze wan drier Sprünge lanc.
sine jeitgesellen seiten Sifride danc.
880. Dar nach sluoc er schiere einen wisent und einen eich,
starker üre viere, und einen grimmen schelch.
sin ros truoc in sö balde, daz im niht entran.
hirze oder binde kund im wenic enkan.
881. Einen eher grözen vant der spürhunt.
als er begunde vliehen dö kom an der stunt
des gejeides meisten, er bestuont in üf der slä.
daz swin zorneclichen lief an den küenen degen sä.
882. Dö sluoc in mit dem swerte Kriemhilde man:
ez bete ein ander jegere sö sanfte niht getän.
dö ern bete ervellet, man vie den spürhunt.
dö wart sin rieh gejeide allen Burgonden kirnt.
883. Sie hörten allenthalben ludern unde döz,
von liuten und von bunden der schal was sö gröz,
daz in dä von antworte der berc und ouch der tan.
vier unde zweinzec ruore die jeger beten verlän.
88-1. Dö muosen vil der tiere Verliesen dä daz leben,
dö wänden sie fliegen daz man solde geben
in den pris des jeides: des künde niht geschehen,
dö der starke Sifrit wart zer viwerstat gesehen.
885. Daz jeit was ergangen, unde doch niht gar.
die zer viwerstat wol den, die brähten mit in dar
vil maneger tiere hiute und wildes genuoc.
hei waz man ze kuchen für daz ingesinde truoc!
TM Hauptwörter (50): [T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
36
Das Nibelungenlied.
901. Dò Sprüngen von dem sedele die hérren und ir man.
der bere begunde zürnen: der kün'ic hiez dò làn
allez daz gebünde daz an seilen lac.
und waer ez wol verendet, si beten vroellchen tac.
902. Mit bogen und mit spiezen (niht langer man daz lie
dar liefen dò die snellen, dà der bere gie.
dò was só vii der hunde, daz dà nieman schóz.
von des liutes schalle daz gebirge allez erdöz.
903. Der der begunde vliehen vor den bunden dan:
im künde niht gevolgen wau Kriemhilde man.
er erlief in mit dem swerte, ze tòde er in dò sluoc.
bin wider zuo dem viwre man den bereu truoc.
904. Dò sprachen die daz sähen, er waer ein kreftic man.
die stolzen jeitgesellen hiez mau ze tische gàn.
ùf einen schoenen anger saz ir dà genuoc.
hei was man rlterspise den stolzen jegern dò truoc!
905. Die schenken körnen seine die tragen solden win.
ez enkunde baz gedienet nimmer beiden sin:
beten si dar under niht so valschen muot,
sò waeren wol die recken vor allen schänden behuot.
906. Dò sprach der bórre Sifrit «wunder mich des hat,
sit man uns von kuchen gifc so manegen rät,
war umbe uns die schenken dar zuo niht bringen win.
man pflege baz der jegere, ich wil niht jeitgeselle sin.
907. Ich bete wol verdienet daz man min naeme wäre.«
der künec von dem tische sprach in valsche dare
«man sol in gerne büezen swes wir gebresten hàn.
ez ist von Hagnen schulden: der wil uns erdürsten làn.«
908. Dò sprach von Troneje Hagne: »lieber bórre min,
ich wände daz pirsen biute solde sin
dà zem Spehtsharte: den win den sand ich dar.
sin wir hiut angetrunken wie wol ich mère daz bewar!«
909. Dò sprach der Niderlende »ir lip der habe nudane.
man seid mir siben soume met und lütertranc
haben her gefüeret. dò des niht mohte sin,
dö sold man uns gcsidelet haben näher an den Ein.«
910. Dò sprach von Tronje Hagne, «ir edelen riter halt,
ich weiz hie vii nähen einen brunnen kalt
(daz ir niht enzürnet); dà sul wir bine gàn.«
der rät wart mauegem degene ze gròzen sorgen getàn.
911. Sifriden den recken twanc des durstes not:
den tisch er dester zìter ruken dan gebòt:
er wolde für die berge zuo dem brunnen gàn.
dò was der rät mit meine von den recken getàn.
912. Diu tier hiez man Cif wägnen und füeren in daz laut,
diu dà liete verhouwen Sifrides baut,
man jach im gròzer éren swer ez ie gesach.
Hagne sine triuwe sére an Sifride brach.
913. Dò si weiden dannen zuo der linden breit,
dö sprach von Troneje Hagne »mir ist des vii geseit
daz niht gevolgen künde dem Kriemhilde man,
swenner welle gäben: wohl er uns daz sehen län?«
914. Dò sprach von Niderlande der küene Sifrit
»daz muget ir wol versuochen, weit ir mir volgen mit
ze wette zuo dem brunnen. só daz ist getàn,
man jehe dem gewinnes den man siht gewannen hän.«
915. »Nu welle ouch wirz versuochen,« sprach Hagne der degen.
dò sprach der starke Sifrit »so wil ich mich legen
für iuwer füeze nider an daz gras.«
dò er daz gehörte, wie liep daz Gunthère was!
TM Hauptwörter (50): [T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
Lied nus den d- Petr»?. Das Lndwigslied. (9. Iahch.)
13
5. „Goumet“, qnad er, „thero dato
ich weset glawe thrato,
thaz iu ni daron in fara
thie managon luginara.
6. „Urwehsit iamarlichaz thing
ubar thesan woroltring
in hungere int in suhti,
in wenegeru flnhti.“
Lied rtîîf
1 Unsar trohtin hat farsalt
sancte Petre giwalt,
daz er mac ginerjan
ze imo dingenten man.
kyrie eleison ! christe eleison !
2. Er hapet ouh mit wortun
himilriches portun :
dar in mach er skerjan
den er wili nerjan.
kyrie eleison! christe eleison!
3. Pittemes den gotes trat
alla samant upar lut,
daz er uns firtanen
giwerdo ginaden.
kyrie eleison! christe eleison!
„Achtet", sagte er, „diese Thaten (Dinge)
und seid vorsichtig sehr,
daß euch nicht bringen in Gefahr
die mancherlei Lügner.
„Es erwachset jämmerliches Ding
über diesen Weltring,
in Hunger und in Seuchen,
in elenden Fluchten u. s. w."
den h. Petrus.
Unser Herr hat übergeben
Sanct Peter die Gewalt,
daß er kann bewahren
den zu ihm hoffenden Menschen.
Herr, erbarme dich! Christe erbarme dich'
Er hält auch mit Worten
des Himmelreichs Pforten.
Darein kann er schaffen,
den er will erhalten.
Herr, erbarme dich! Christe erbarme dich!
Bitten wir den Gottes-Freund
alle zusammen überlaut,
daß er uns Mißrathene
würdige der Gnade.
Herr, erbarme dich! Christe erbarme dich!
Das Ludwigslied.
Auf den Sieg Ludwig's Iu. über die Normannen bei Saucours 881. Vielleicht v. Mönch H u c b a l d in St. Armand.
fdie ungleichmäßige Strophentheilung zweifelhaft.)
1. Einan kuning weiz ih,
heizsit her hludwig,
ther gerne gode thionot;
ih weiz her imos lonot.
2. Kind warth her faterlos,
thes warth imo sar buoz:
holoda inan truhtin,
magaczogo warth her sin.
3. Gab her imo dugidi,
ironise githigini,
stnal hier in vrankon:
so brache her es lange.
4. Thaz gideilder thanne
sar mit karlemanne
bruoder sinemo,
tliia czala wunniono.
5. So thaz warth al gendiot.
koron wolda sin god,
ob her arbeidi
so jung tholon mahti.
6. Lietz her heidini man
obar seo lidan,
thiot vrancono
manon sundiono.
7. Sume sar verlorane
wurdun, sum erkorene,
haranskara tholota,
ther er misselebeta.
8. Ther ther thanne thiob was
inner thanana ginas,
Einen König weiß ich,
heißet er Ludwig,
der gern Gott dienet;
ich weiß, er ihm's lohnet.
(Als) Kind ward er vaterlos,
des ward ihm bald Ersatz:
es holte (rief) ihn der Herr,
sein Erzieher ward er.
Er gab ihm Kraft,
herrliche Degenschaft,
den Thron hier in Franken:
so brauche er ihn lange!
Das theilte er dann
bald mit Karlmann,
seinem Bruder,
die Zahl der Wonnen (Wiesen).
Als das ward all geendigt,
prüfen wollte ihn Gott,
ob er Mühen
so jung dulden möchte.
Er ließ heidnische Männer
über See kommen,
das Volk der Franken
mahnen der (seiner) Sünden.
Manche bald verloren
wurden, manche erkoren.
Leidbescherung duldete,
der eher mißlebte.
Der, der dann Dieb war
und der von dannen genas (sich rettete),
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Extrahierte Personennamen: Pittemes Peter Ludwig Ludwig Karlmann Karlmann
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Der arme Heinrich, von Hartmann von der Aue.
alsus so tet er sich abe
bescheidenlîchen sîner habe
unz an ein geriute;
260. dar flöch er die liute.
disiu jaemerlich geschiht
diu was sin eines klage niht,
in klageten elliu diu Tant
dâ er inné was erkant,
und ouch von den landen
die in näch sage erkanden.
Der ê diz geriute
und der ez dannoch biute
daz was ein frier büman,
270. der vil selten ie gewan
dekein gröz ungemach
daz andern gebären doch geschach.
die wirs geherret wären,
und si dâ niht verbären
beidiu mit stiure und mit bete.
swaz dirre gebäre gerne tete,
daz dûhte sinen herren genuoc ;
dar zuo er in übertruoc
daz er dekeine arbeit
280. von fremdem gewalte leit.
des war dekeiner sin gelich
in dem lande alsö rieh.
zuo deme zöch sich
sin herre, der arme Heinrich,
swaz er in het ê gespart,
wie wol daz nü gedienet wart,
und wie schöne er sin genöz!
wan in vil lützel des verdröz
swaz im ze liden geschach dur in.
290. er hete die triuwe und ouch den sin
daz er vil willeclichen leit
den kumber und die arbeit
diu im ze lidene geschach.
er schuof ime rieh gemach.
Got hete dem meier gegeben
nâch sîner aht ein reinez leben:
er hete ein wol erbeiten lip
und ein wol werbendez wip ;
dar zuo het er schoeniu kint,
300. diu gar des mannes fröude sint;
unde hâte, sô man sagt,
under den binden eine magt,
ein kint von ahte jàren,
daz künde wol gebären
sô rehte güetlîchen:
diu weite nie entwichen
von ir herren einen fuoz;
umbe sin hulde und sinen gruoz
sô diente si im alle wege
310. mit ir güetlîchen pflege,
si was ouch sô genaeme,
daz si wol gezaeme
ze binde dem riche
an ir waetliche.
die andern häten den sin
daz si ze r eh ter mâze in
wol gemiden künden:
dò flöch sì zalleu stunden
zim und nieuder anders war.
320. si was sin kurzewile gàr.
sì hàte gar ir gemüete
mit reiner binde« güete
an ir herren gewant,
daz man sì zallen ziten vant
under ir herren fuoze.
sus wonte diu suoze
ir herren zalleu ziten bi.
dar zuo so liebet er ouch sì
swà mite er ouch mühte:
330. und daz binden töhte
zuo ir kintlichen spil,
des gap der herre ir vil.
ouch half in sère daz diu kint
sö lihte ze gewenene sint.
er gewan ir swaz er veile vant,
Spiegel unde hàrbant
und swaz binden liep sol sin,
giirtel unde viugerlin.
mit dieuste bràht ers üf die vart,
340. daz si im alsö heimlich wart,
daz er si sin gemabel hiez.
diu guote maget in liez
beliben selten eine:
er dühte si vil reine,
swie stark ir daz geriete
diu kindische miete,
iedoch geliebet irz aller meist
von gutes gebe ein süezer geist.
Ir dienst was só güetlich.
350. dò dò der arme Heinrich
driu iàr dà getwelte
unde im got gequelte
mit grözem jàmer den lip,
nü saz der meier und sin wip
unde ir tohter, diu magt,
von der ich iu é hàn gesagt,
bi im in ir unmüezekeit
und begunden klagen ir herren leit,
diu klage tet in michel nöt :
360. wan si vorhten daz sin tòt
si sére suite letzen
und vii gar entsetzen
éren unde guotes,
und daz herters muotes
würde ein ander herre.
sì gedàhten alsó verre,
unz dirre selbe büman
alsus frügen began.
Er sprach: »lieber herre min,
370. müht ez mit iuwern hulden sin,
ich frugete vii gerne:
só vii ze Salerne
von arzenien meisten ist,
wie kumt daz ir dekeines list
ze iuwern ungesunde
niht geràten künde?
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Hartmann Heinrich Heinrich Heinrich
driu Heinrich