Dritte Periode der Neuzeit. Die Zeit der Um-
wlzungen.
Erster Abschnitt. Die Zeit der Franzsischen Revolution und Napoleons I., 17891815.
104. Auflsung der alten Staatsordnung in Frankreich.
Drei Jahre nach dem Tode Friedrichs des Groen brach in Frank-reich eine Revolution aus, die auf die staatlichen und gesellschaftlichen Verhltnisse in ganz Europa einwirkte.
L Ursachen der Revolution, a) Durch die Verschwendung des Hofes und die vielen Kriege seit Ludwig Xiv. war die Staatsschuld so ge-stiegen, da die Zinsen kaum mehr bezahlt werden konnten. Die jhr-lichen Ausgaben berstiegen die Einnahmen um 200 Millionen Franken.
b) Die dadurch notwendig gewordenen hohen Steuern waren sehr ungleich verteilt. Der Adel und die aus ihm hervorgehende hhere Geist-lichkeit waren fast steuerfrei; die Bauern dagegen muten mehr als die Hlfte ihres Einkommens an Steuern bezahlen, und auch in den Stdten waren die rmeren verhltnismig viel strker belastet als die Wohl-habenden. Whrend die adligen Grogrundbesitzer ihre reichen Einknfte vergeudeten, fhrten die Bauern, obgleich sie grtenteils freie Eigentmer waren, ein elendes Leben. Wer Verbesserungen einfhrte und sein Land gut ausnutzte, wurde hher eingeschtzt; wer nicht bezahlen konnte, kam ins Gefngnis. Alle erfllte Ingrimm gegen den Staat und die bevor-zugte Klasse.
c) Im Gerichtswesen war das Geld mchtiger als das Recht. Die hheren Richterstellen waren kuflich und die Richter bestechlich. Noch schlimmer war es, da oft durch einen einfachen kniglichen Befehl ohne richterliches Urteil Gefngnisstrafen und Verbannungen verhngt wurden. Die lettres de cachet, die solche Befehle enthielten, wurden verkauft und verschenkt.
d) Der knigliche Hof in Versailles, an dem sich ein Heer von adligen Miggngern sammelte, war uerlich ein Bild des hchsten Glanzes, hatte sich aber durch Sittenlosigkeit verchtlich gemacht.*)
*) Apres lious le delugev war das Losungswort dieser Kreise.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons_I. Friedrichs Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frank-reich Europa Versailles
10
Landwirtschaft.
%W,
14.Pflgender Bauer. Unser Bild zeigt einen alten, schwerflligen Pflug, der nur mhsam in geringe Tiefen einbringen kann. Ersetzt wurden diese hlzernen Pflge durch eiserne, die leichter zu handhaben sind und bessere Resultate geben. Bei greren Feldern und solchen, die tieferm Pflgen Schwierigkeiten bereiten, verwendet man jetzt Dampfpflge (f. das Bild gegenber).
15. Dreschen. Nach der Ernte, zum Teil erst im Winter, wird das Getreide auf der Tenne ausgedroschen. Mehr und mehr aber weicht das Dreschen mit der Hand dem Dreschen durch Maschinenkrast. Auf die Arbeit der Hnde ist vorzugsweise der kleine Besitzer angewiesen.
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Stdtewesen.
1
1. Das innere Weiturmtor zu Straburg im Elsa, von auen gesehen. Das teilweise noch aus dem 16. Jahrhundert stammende Stadttor zeigt einen hohen gotischen Durchfahrts-bogen, darber eine Schiescharte, die ein fr den Wchter bestimmter Erker berragt. Das Tor war durch Mauern und jetzt als Spazierwege dienende Gnge mit anderen, weiter auerhalb gelegenen Toren verbunden. Bis in das 19. Jahrhundert wurden die Tore jeden Abend geschlossen und morgens bei Tagesanbruch wieder geffnet. Beide Zeitpunkte wurden durch das Luten der Hauptkirchenglocken bekannt gemacht. An jedem Tor befanden sich ein Wchter und meist auch einige Sldner, die auf unntzes Gesindel und Zigeuner zu achten hatten. Alle fremden Personen wurden angehalten und nach Namen, Zweck und Ziel ihrer Reise befragt. Waren prfte man genau wegen etwa darauf lastender Abgaben. Der Stadtzoll auf Fleisch, Wein, Bier und andere Waren hat sich in manchen Orten bis auf unsere Tage erhalten.
Geschichtsanhang Iv.
1
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9. 3 t mm er tm Empirestil. Die Anlehnung an das fia||t|d)e Altertum t|t unoenennvar. :uie >-tymooel erhalten wieder gebogene itictnc und zeichnen sich, wenn auch nicht durch Behaglichkeit, so doch durch Festigkeit aus. Der Empirestil in der Zimmereinrichtung fand weite Verbreitung und erhielt sich lange, auch
als spter das Rokoko zurckgekehrt war.
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14
Verkehrsmittel.
27. Viermastiges Segelschiff mit voller Takelage. Die Segelschiffahrt auf den Ozeanen hat seit dem Aufkommen der Dampfschiffe bestndig abgenommen, aber keineswegs aufgehrt, und auch die Ozean-Segler werden immer grer und dauerhafter gebaut. Fr den Personenverkehr kommen sie allerdings kaum mehr in Frage, jedoch in betrchtlichem Mae fr den Gterverkehr. An Schnelligkeit mit den Dampfern knnen sie freilich nicht wetteifern, haben aber den Vorzug, da der Betrieb viel billiger ist.
28. Moderner Schnelldampfer. Unsere groen Schiffahrtsgesellschaften, die Hamburg-Amerika-Linie und der Norddeutsche Lloyd, deren Dampfer in erster Linie den Personen- und Gterverkehr von Deutschland und zum groen Teil auch von andern europischen Staaten nach der Neuen Welt vermitteln, haben seit einer Reihe von Jahren Schnelldampfer, auf deutschen Werften erbaut, in Dienst gestellt. Diese gehren zu den grten, schnellsten und schnsten Schiffen, die den Ozean durchqueren. Ihre durchschnittliche Lnge betrgt der 200 m. ihre Breite reichlich 25 m und ihre Tiefe ungefhr 25 m.
Ein solches Schiff befrdert einschlielich der Besatzung bis zu 3000, ja 4000 Personen.
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110. Die Zeit der hchsten Machtentfaltung Napoleons. 21
walten. Die Znfte, die ihren ursprnglichen Zweck, das Handwerk zu heben, lngst nicht mehr erfllten, durften zwar fortbestehen, aber nur als freie Vereinigungen.
Auch die von Friedrich Wilhelm I. herrhrende Form der Staats-Verwaltung ( 97, 1) wurde gendert. An die Stelle des General-direktoriums traten getrennte Fachministerien (fr Auswrtiges, Inneres,
Justiz, Finanzen und Krieg).
3. Die Neubildung des Heerwesens leitete Scharnhorst, der sich als Sohn eines hannverischen Bauern bis zum General emporgearbeitet hatte. Unter seinen Mitarbeitern tat sich Gneisen an hervor. Die allgemeine Wehrpflicht wurde eingefhrt, wenn auch noch nicht durch-gefhrt. Die Gre des preuischen Heeres war von Napoleon auf 42000 Mann beschrnkt worden. Man half sich dadurch, da die Re-kruten nach kurzer Ausbildung entlassen und neue einberufen wurden. So erhielten in fnf Jahren 120000 Mann ihre Ausbildung.
4. Geistiges Leben. Wissenschaft und Dichtkunst nahmen eine Vater-lndische Haltung an. Die 1810 gegrndete Berliner Universitt 1810. zhlte die bedeutendsten Vertreter der Wissenschaft zu den Ihrigen, u. a.
den Theologen Schleiermacher, der durch seine Reden der die Religion die durch die Aufklrung" geschwundene Achtung vor dem Christentum wiederherstellte, und den Philosophen Fichte, der in seinen Reden an die deutsche Nation" eine nationale sittliche Erziehung als erste Be-dingung fr die knstige Hebung des Staates forderte. Die Dichter sangen in dem von Schiller im Tell angeschlagenen Tone weiter. Lebten auch die Romantiker noch mehr in dem bis dahin unbekannten Mittel-alter als in der trben Gegenwart, so wirkten andere, wie Arndt und Rudert, unmittelbar auf das Leben der Zeit ein.
5. Das Volk. Im ganzen Volke wehte der Geist der Auflehnung gegen die Herrschaft der Fremden, die durch Erpressungen und ber-mtiges Auftreten das Ihrige dazu beitrugen, diese Stimmung zu nhren.
Willig zahlte man die hohen Steuern, die zur Abtragung der Kriegs-schuld notwendig waren, und bte nach dem Beispiele der kniglichen Familie Entsagung und Sparsamkeit, um dem Staate alle Krfte zu erhalten. Geheime Verbindungen verbreiteten vaterlndische Gesinnung (der Tugendbund). Der urwchsige Turnvater" Jahn legte in Berlin die ersten Turnpltze an, um die mnnliche Jugend fr den Waffendienst vorzubereiten.
110. Die Zeit der hchsten Machtentfaltung Napoleons.
1. Portugal und Spanien. Nach dem Tilsiter Frieden lie Napoleon Portugal, weil es sich der Festlandsperre nicht fgen wollte, durch ein 1807. franzsisches Heer besetzen, dessen General nun das Land nach den Be-
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Friedrich Wilhelm_I. Napoleon Schleiermacher Schiller Arndt Jahn Napoleons Portugal Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Berlin Napoleons Spanien
128. Wilhelm I. und Bismarck bis 1864. 49
5. Der Nordamerikanische Brgerkrieg, 18611865. In den Vereinigten Staaten von Amerika bildete sich ein Gegensatz heraus zwischen dem nrdlichen Teil, dessen Wohlstand hauptschlich auf Handel und Industrie beruhte, und dem sdlichen, in dem Plantagenbau mit Neger-sklaven betrieben wurde. Die nrdlichen Staaten wollten die Sklaverei abschaffen, die sdlichen sie beibehalten. Als nun 1860 Lincoln, ein entschiedener Gegner der Sklaverei, zum Prsidenten gewhlt wurde,
traten die Sdstaaten aus der Union aus und bildeten einen Sonder-bnnd. Darber entbrannte der Brgerkrieg. Nach anfnglichen Erfolgen 1861. der besser vorbereiteten Sdstaaten endete der Krieg mit deren Unter-werfung. Lincoln fiel, ein Opfer seiner berzeugung, durch Mrderhand,
aber das Fortbestehen der Union war gesichert, und alle Bewohner ohne 1865. Unterschied der Rasse erhielten den vollen Genu der brgerlichen Freiheit.
6. Das Kaisertum Mexiko. Whrend des Nordamerikanischen Brger-krieges sandte Napoleon, um seinen Einflu auch jenseits des Ozeans geltend zu machen, ein Heer nach der Republik Mexiko*) und machte
nach der Eroberung des Landes 1864 den sterreichischen Erzherzog 1864. Maximilian zun: Kaiser desselben. Als aber nach Beendigung jenes Krieges Napoleon auf die Drohung der Vereinigten Staaten, die keine Monarchie in Nordamerika dulden wollten, seine Truppen zurckzog,
wurde die Lage Maximilians, der im Lande wenig Freunde hatte, un-haltbar. Er wurde 1867 von den Republikanern gefangengenommen 1867. und erschossen. Seine Gemahlin, Charlotte von Belgien, die sich nach Europa begeben und Napoleon vergebens um Hilfe gebeten hatte, verfiel in Wahnsinn.
123. Wilhelm I. und Bismarck bis zum Jahre 1864.
1. Wilhelms I. Jugendjahre. Wilhelm I., der zweite Sohn Friedrich Wilhelms Iii., wurde 1797 geboren. In der trben Zeit, in die seine 1797. Jugend fiel, fhlte sich der keineswegs krftige Knabe zum Soldaten-stnde hingezogen. 1814 in Frankreich hatte er die erste Gelegenheit,
sich kriegerisch auszuzeichnen, und erhielt das Eiserne Kreuz. Die folgende Zeit des Friedens widmete er mit besonderer Sorgfalt seiner militrischen Ausbildung. 1829 vermhlte er sich mit der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar.
2. Wilhelm, Prinz von Preußen. In der Zeit der Verfaffnngs-kmpfe galt der Soldatenprinz" bei vielen mit Unrecht als ein Feind des Volkes. Er mute daher 1848 auf Befehl des Knigs auf einige Zeit das Land verlassen; sein Palais in Berlin wurde zum National-eigentum" erklrt. Seit 1850 lebte er als militrischer Befehlshaber von
*) Mexiko hatte sich, wie auch die spanischen Besitzungen in Sdamerika, im Anfang des Jahrhunderts von Spanien losgerissen.
Christensen, Lehrbuch. Iv. Neubtg. 4.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Napoleon Maximilian Maximilian Napoleon Maximilians Charlotte_von_Belgien Napoleon Wilhelm_I. Wilhelm_I. Wilhelms_I. Wilhelm_I. Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Wilhelm Wilhelm Christensen
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Mexiko Nordamerika Maximilians Europa Frankreich Sachsen-Weimar Berlin Mexiko Sdamerika Spanien
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I. Die Zeit der Franzsischen Revolution und Napoleons I.
113.
18. die feste Stellung des englisch-deutschen Heeres unter Wellington bei Waterloo an. Durch wiederholte Sturmangriffe suchte er die von Eisen starrenden feindlichen Vierecke zu erschttern. Sie standen, aber ihre Verluste waren groß. Sie wnschten die Nacht oder die Preußen" herbei. Diese kamen auf den durch anhaltenden Regen grundlos ge-wordenen Wegen*) noch zu rechter Zeit an und entschieden die Schlacht. Auch der trotzige Todesmut der franzsischen Garde**) konnte nichts mehr retten. (Blcher und Wellington auf der Hhe bei Belle-Alliance. Verfolgung durch Gneifenau bis zum letzten Hauch von Ro und Mann".) Napoleon selbst mute auf der Flucht Hut und Degen in den Hnden der Feinde lassen. In Paris dankte er ab, nachdem ihn die Volksver-tretung dazu aufgefordert hatte.
3. Napoleons Ende. In Rochefort wollte sich der Flchling nach Amerika einschiffen, fand aber den Hafen durch englische Kriegsschiffe ge-sperrt. Da er sich im eigenen Lande nicht sicher fhlte, begab er sich auf eins der Schiffe und stellte sich unter den Schutz der Englnder. Diese brachten ihn im Einverstndnis mit den brigen Mchten nach St. Helena, wo er scharf bewacht wurde. In der Gefangenschaft beschftigte sich
1821. Napoleon damit, seine Denkwrdigkeiten zu schreiben. 1821 starb er.
Welche verschiedene Haltung zeigte das franzsische Volk gegen seinen Kaiser zur Zeit feines hchsten Kriegsruhmes, nach dem Feldzuge von 1814, vor dem Feldzuge von 1815 und nach der Schlacht bei Waterloo? Charakteristik Napoleons (Napoleon als Feldherr, als Staatsmann und als Mensch). Vergleiche Napoleon mit Attila!
1815. 4. Der zweite Pariser Friede, 1815. Nach der Schlacht bei Waterloo nahm Blcher zum zweitenmal Paris ein und trat nun mit kriege-rischer Strenge auf. Zwar verbot ihm sein König, die Brcke von Jena" in die Luft zu sprengen und eine Kriegssteuer von 100 Millionen Franken einzutreiben; aber desto eifriger suchte er die geraubten Kunst-schtze auf und schickte sie nach Deutschland zurck. Mit Hilfe der Eng-lnder wurde Ludwig Xviii. wieder auf den Thron gesetzt. Mit ihm schloffen die Verbndeten den Zweiten Pariser Frieden. Durch Ver-mittlung Englands und Rulands brauchte Frankreich nur einige un-bedeutende Grenzpltze abzutreten, 700 Millionen Franken Kriegskosten zu bezahlen und ein Besatzungsheer einige Jahre zu verpflegen. Whrend der Friedensverhandlungen schlo Kaiser Alexander mit dem König von Preußen und dem Kaiser von sterreich die Heilige Allianz, wodurch sie sich verpflichteten, nach den Vorschriften der christlichen Religion ein-ander wie Brder beizustehen und ihre Völker wie Vter zu regieren. Die meisten anderen europischen Fürsten traten dem Bunde bei.
*) Kinder," sagte der Marschall Vorwrts zu seinen Soldaten, wir mssen vorwrts. Es heit wohl, es geht nicht, aber es mu gehen. Ich Hab' es ja meinem Bruder Wellington versprochen; ich Hab' es versprochen, hrt ihr wohl? Ihr wollt doch nicht, da ich wortbrchig werde?"
**) Die Garde stirbt; aber sie ergibt sich nicht!"
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Extrahierte Personennamen: Napoleons_I. Napoleon Napoleons Napoleons Helena Napoleon Napoleons Napoleon Napoleon Ludwig_Xviii Ludwig Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Wellington Wellington Paris Amerika Waterloo Napoleons Paris Deutschland Englands Frankreich Wellington
14
des Kaisers Vespasian durch ihre Orakelsprche die Germanen zum Frei-heitskampfe aufrief und wie eine Gttin verehrt wurde. Zauberei und Wahrsagerei waren weitverbreitet, und auch der Glaube an Hexen, der erst in spterer christlicher Zeit auftaucht, mu als ein Rest aus heidnischer Vorzeit augesehen werden.')
d) Die Bestattung der Toten war durch Religion und Sitte geboten. Die Leichen wurden entweder begraben oder verbrannt, die Asche und die Knochenreste gewhnlich in einer Urne gesammelt, die meist zu mehreren zusammengestellt und mit einem Erdhgel bedeckt wurden. In einigen Gegenden findet man Dolmen, freistehende Grabkammern aus groen Steinblcken, oder Ganggrber. Die einzelnen Leichen wurden in liegender oder sitzender Stellung bestattet. Da das Leben im Jenseits als eine Fortsetzung des diesseitigen gedacht wurde, pflegte man den Toten alles mitzugeben, was ihnen im Leben lieb oder unentbehrlich gewesen war, Waffen und Schmuckgegenstnde, Gerte aus Stein und Kupfer und anderem Metall. Die gefallenen Helden wurden von den Walkren in die Himmelsburg Walhalla gebracht, wo sie sich an lustigen Jagden und Heldenkmpfen aller Art erfreuten. Frhliche Gelage wurden abgehalten, bei denen sie den kstlichen Met aus den Hrnern der Auerochsen oder den Schdeln erschlagener Feinde tranken. Die Strohtoten, d. h. alle, welche nicht den Tod auf der Walstatt gefunden hatten, waren von den Freuden des Himmels ausgeschlossen; sie kameu in das schaurige, unterirdische Reich der grimmigen Hel oder Hela. Ein wtender Hund bewacht den Eingang. Der Saal heit Elend, die Schssel Hunger, das Wasser Gier, der Knecht Trg, die Magd Langsam, die Schwelle Einsturz, das Bett Krankheit, der Vorhang Unheil.
e) Entstehung der Welt, Weltuntergang und Welt-erneneruug. Im Anfange der Zeit war und) der Edda nichts vor-handen als ein ungeheurer Abgrund; nach Norden hin bildete sich die kalte Nebelwelt Nislheim, nach Sden hin die Feuerwelt Muspel-heim; der ghnende Abgrund zwischen beiden war mit Eis gefllt. Da kam von Muspelheim ein Funke herbergeflogen, siel in den Abgrund, belebte das Eis und bildete das erste lebendige Wesen, den Riesen Imir, den Stammvater der Frost' und Eisriesen. Odin erschlug den Riesen, und aus seinen: ungeheuren Leibe flssen soldje Strme Blutes, da alle Frostrieseu ertranken. Aus dem Riesenleibe bildete Odin die Welt, ans dem Schdel den Himmel, aus dem Gehirn die Wolken, ans den
3) Wacker, Lesebuch Nr. 178: Weise Frauen bei den alten Germanen."
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Extrahierte Personennamen: Odin
Extrahierte Ortsnamen: Himmelsburg_Walhalla Hela Nislheim Muspelheim
Schmucksachen eingetauscht; Geld war noch unbekannt. Die geistige Beschftigung war genug; doch waren die ltesten Schriftzeichen, die Runen, ziemlich allgemein bekannt; in religisen und weltlichen Liedernj) wurden die Taten der Götter und Helden verherrlicht. Auch der Tanz wurde gepflegt; der Schwerttanz der Jnglinge war berhmt.
Manche edle Eigenschaften schmckten unsere heidnischen Vor-fahren, und nach rmischem Urteile vermochten gute Sitten hei ihnen mehr als anderswo gute Gesetze"; besonders werden neben der ein-fachen Lebensweise ihre sittliche Reinheit, ein selbstbe-wuter, mnnlicher Charakter, ein ausgeprgter Freiheits-sinn und kriegerische Tchtigkeit hervorgehoben. Treu standen sie zu Verwandten und Freunden und dem Anfhrer in der Schlacht. Die deutsche Treue ist sprichwrtlich geworden, und noch heute gilt bei uns ein gegebenes Wort soviel als ein Eidschwur.2) Vaterlandsverrat war das grte Verbrechen; ein Verrter des Vaterlandes verlor fr sich und die Seineu die Freiheit, er selber wurde lebendig in einen Sumpf gesteckt oder au einem Baume aufgeknpft. Gegen Fremde wurde die weitgehendste Gastfreundschaft gebt- Waren die eigenen Vorrte aufgezehrt, dann ging der Wirt mit seinem Gaste zum Nachbar, wo beide mit derselben Gastlichkeit und Liebe aufgenommen wurden.
Diese edlen Eigenschaften wurden aber durch zwei hliche Laster, die Trunksucht und die Spielsucht, verdunkelt. Tag und Nacht wurde oft gezecht, und nicht selten kam es hierbei zu Zank und Streit und blutigen Raufereien. Bei den Gelagen wurde catch der die ernstesten und wichtigsten Angelegenheiten verhandelt, der Beilegung von Feind-fchaften, der Krieg und Frieden und die Wahl der Oberhupter; ein entscheidender Beschlu jedoch erst am folgenden Tage gefat. Die Rmer berichten, da die Deutschen leichter der Ausschweifung im Trnke erlgen, als der Gewalt der Waffen. Das Wrfelspiel trieben sie mit solcher Leidenschaft, da sie oft Hab und Gut, Weib und Kind und zuletzt die eigene Freiheit beim Spiele einsetzten.
Die Glieder derselben Blutsverwandtschaft bildeten eine Familie oder Sippe, an deren Spitze der Hansvater als unumschrnkter Herr und Gebieter stand. Das Weib war der Mundschaft" des Mannes untergeordnet, geno aber eine hhere Achtung als bei den Rmern und fhrte den Namen Frau (frowe = Herrin).
') Vergleiche die Siegfriedssage und Uhlands Gedicht: Der blinde König".
2) Kein Sterblicher tut es an Treue den Germanen zuvor." Tacitus.
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