Albrecht von Wallenstein.
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den erwähnten Vorschlag. Ferdinands Räche meinten, man könne ihn ja mit 20,000 Mann den Versuch machen lassen. „Nein!" rief Wallenstein, „das kann ich nicht! die getraue ich mir nicht zu unterhalten; wohl aber 50,000 Mann." — „Ihr wundert euch!" fuhr er fort. „Seht, mit 50,000 Mann kann ich überall Gesetze vorschreiben, und die gesammten Lebensmittel einer Provinz stehen mir zu Gebote. So ist es nicht mit 20,000, die manchmal bitten müssen, wo jene befehlen." Das sahen die Räthe ein, und der Kaiser gab ihm nicht nur die gesuchte Erlaubniß, sondern auch das Recht, alle Offizierstellen zu vergeben. Nun ließ er die Trommel rühren, und von allen Seilen strömten ihm Menschen zu; denn an müßigem Volke fehlte es nirgends, besonders damals, wo schon so manche Gegend verwüstet war, und wie gut es sich in Wallensteins Lager leben ließ, war ja schon bekannt. In kurzem hatte er mehr als 20,000 Mann beisammen, und wie er vorrückte, wuchs der Haufe wie ein rollender Schneeball an. Zuerst ging er auf Niedersachsen los und traf am Harze mit Tilly zusammen. Beide hätten nun zusammen handeln sollen, aber dazu war jeder zu stolz; keiner wollte von dem andern Befehle annehmen, und so trennten sie sich nach nur kurzem Beisammensein. Zuerst ging Wallenstein (1626) gegen den Grafen Mansfeld, der bei Dessau über die Elbbrücke gehen wollte. Hier erwartete Wallenstein den Grafen hinter schnell aufgeworfenen Schanzen und schlug ihn, da er stürmte, mit großem Verluste zurück. Er verfolgte ihn dann durch Schlesien bis nach Ungarn, von wo Mansfeld, wie schon oben erzählt, zu Bethlen Gabor entwich. Im folgenden Jahre trieb Wallenstein die feindlichen Truppen aus Schlesien, unterwarf die Provinz dem Kaiser wieder, wandte sich nun gegen den Hauptfeind, den König von Dänemark, Christian Iv., der an der Spitze der niedersächsischen Kreisstände stand und schon von Tilly bei Lutter am Barenberge aufs Haupt geschlagen war, und jagte ihn vor sich her. Demüthig bat dieser um Frieden, erhielt aber eine verächtliche Antwort, und binnen wenigen Tagen hatte Friedland Schleswig und Jütland mit seinen Soldaten überschwemmt, und Christian mußte froh sein, daß er ihm nicht nach seinen Inseln folgen konnte. Hätte Wallenstein nur Schiffe gehabt! So blickte er ihm nur wüthend nach, und soll vor Zorn gar glühende Kugeln ins Meer haben feuern lassen. Das alles geschah durch ihn allein, während der alte Tilly in einem Winkel von Deutschland ihm zusehen mußte. Und wie fürchterlich hausten
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204 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
dachte er. Geschwind schickte er einen Gesandten an Gnstav Adolph, und ließ ihn flehentlich bitten, ihm doch eilends zu. Hülfe zu kommen. Gnstav war damals in Brandenburg. Er freute sich heimlich über die Verlegenheit des unklugen Kurfürsten und antwortete ganz kalt: „Es thut mir leid, daß der Kurfürst sich in Noth befindet; aber er ist selbst schuld, und hätte er mir geglaubt, so würde er nicht in der Verlegenheit sein und Magdeburg noch stehen. Jetzt sucht er mich nur, weil ihn die Noth zwingt." — Da der Gesandte fortfuhr zu bitten, so rief er endlich: „Gut! ich verlange, daß mir der Kurfürst Wittenberg einräume, daß er seinen ältesten Sohn als Geisel schicke, daß er meinen Soldaten eine dreimonatliche Löhnung gebe und alle seine schlechten Rathgeber mir ausliefere. Will er das nicht, so mag er sehen, wie er fertig wird." Als Johann Georg dies hörte, rief er ungeduldig: „Mein Gott! nicht nur Wittenberg, sondern ganz Sachsen soll ihm offen stehen; ich will mich und meine ganze Familie ihm zu Geiseln geben. Kehrt geschwind zu ihm zurück und sagt ihm: er solle mit mir gewiß zufrieden sein!" — Gustav war gerührt über die Angst des schwachen Mannes und großmüthig genug, jene Bedingungen, bis auf die eines einmonatlichen Soldes für fein Heer, fallen zu lassen und nichts zu verlangen, als daß die Sachsen zu ihm stoßen und seinen Befehlen gehorchen sollten.
Und nun ging er schnell auf Tilly los. In der Ebene nördlich von Leipzig, beim Dorfe Breitenfeld, trafen sie am 7. September 1631 auseinander. Gustav hatte die Sachsen auf den linken Flügel gestellt; gegen sie stürmte Tilly selbst heran, überwältigte sie und trieb sie in die Flucht. Auch der Kurfürst galoppirte fort und machte erst nach mehreren Stunden in Eilenburg Half, um sich durch einen Trunk Bier zu stärken. Aber die Schweden? — Die hielten desto wackerer aus. Siebenmal sprengte Pappenheim mit der Reiterei gegen sie, und siebenmal wurde er zurückgeschlagen. Sie standen wie die Mauern, und endlich brachte der brave General Gustav Horn die Kaiserlichen ganz in Verwirrung. Zum ersten Male wurde hier Tilly geschlagen, und zwar vollkommen. Fast wäre er gefangen genommen oder getödtet worden. Ein Rittmeister in schwedischen Diensten, wegen seiner Gtoße der lange Fritz genannt, wollte ihn lebendig oder todt haben, und griff den alten General wüthend an. Schon hatte dieser drei Schüsse und einen Lanzenstich erhalten; schon schlug der lange Fritz mit einer umgekehrten Pistole auf ihn los, faßte
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214 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
Der Befehl, welcher ihn nach Lützen zurückrief, hatte ihn in Halle erreicht. Ohne fein zerstreutes Fußvolk zu erwarten, ließ er acht Regimenter Reiterei aufsitzen und eilte an der Spitze derselben spornstreichs auf Lützen zu. Er kam noch eben recht, um die Flucht des kaiserlichen linken Flügels, den Gustav Horn aus dem Felde schlug, zu bezeugen. Aber mit schneller Gegenwart des Geistes sammelte er die flüchtigen Völker wieder und führte sie aufs neue gegen den Feind. Fortgerissen von seinem wilden Muthe bricht er fürchterlich in die schwedischen Schaaren des rechten Flügels, die, ermattet vom Siege, dieser Fluth von Feinden endlich unterliegen, und schnell benutzt Wallenstein den günstigen Augenblick, das Treffen zu erneuern. Die dichtgeschlossenen schwedischen Bataillone werden unter einem mörderischen Gefecht durch den Generallieutenant Piccolomini und Graf Trczka (sprich Tersika) über die Gräben zurückgetrieben. Wallenstein selbst sah man mitten unter dem feindlichen Kugelregen mit kühner Seele seine Truppen durchreiten, dem Nothleidenden nahe mit Hülfe, dem Tapfern mit Beifall, dem Verzagten mit seinem strafenden Blicke. Um und neben ihm stürzten seine Völker entseelt dahin, und sein Mantel wurde von vielen Kugeln durchlöchert. Aber die Rachegötter beschützten heute seine Brust, für die schon ein anderes Eisen geschliffen war. Nicht so glücklich war Pappenheim. Die glühende Begierde, dem Könige selbst im Kampfe zu begegnen, riß den Wüthenden mitten in das blutigste Schlachtgewühl, wo er seinen edeln Feind am wenigsten zu verfehlen hoffte. Auch Gustav hatte gewünscht, diesen geachteten Gegner von Angesicht zu sehen; aber die feindselige Sehnsucht blieb ungestillt und erst der Tod führte die versöhnten Helden zusammen. Zwei Musketenkugeln durchbohrten Pappenheims Brust und gewaltsam mußten ihn die Seinigen aus dem Gewühle tragen. Indem man beschäftigt war, ihn hinter das Treffen zu bringen, drang ein Gemurmel zu seinen Ohren, daß Gustav gelobtet sei. Als man ihm die Wahrheit des Gerichts bekräftigte, erheiterte sich sein Gesicht. „So hinterbringe man dem Herzog von Friedland," rief er aus, „daß ich hoffnungslos darniederliege, aber fröhlich dahinscheide, da ich weiß, daß dieser unversöhnliche Feind meines Glaubens an einem Tage mit mir gefallen ist." — Mit Pappenheim schwand das Glück der Kaiserlichen vom Schlachtfeld. Kaum vermißten ihn die Truppen, als sie alles verloren gaben und in schimpflicher Flucht das Weite suchten. Die Schweden setzten zum dritten Male über die Gräben. Eben neigte sich die Sonne zum
i
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Schlacht bei Hohenfriedberg.
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seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Schlachten bei Prag und Kollin.
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demselben Tage befahl er, den zahlreichen Feind, der unter Prinz Karl von Lothringen die Anhöhen um die Stadt besetzt hatte, anzugreifen. Aber gleich die ersten preußischen Regimenter wurden zurückgeworfen, und vor den furchtbaren feindlichen Kanonen war es nicht möglich durchzudringen. Ganze Rotten lagen schon reihenweise auf dem Schlachtfelde todt da, und die Soldaten wollten nicht vorwärts. Da sprang im entscheidenden Augenblicke der alte Feldmarschall Schwerin vom Pferde, ergriff selbst eine Fahne und führte mit den Worten: „Heran! heran! meine Kinder!" die Preußen gegen die donnernden Kanonen an. Aber. bald fiel er, von vier Kugeln zugleich durchbohrt, todt nieder. Ein anderer General (Manteuffel) hob die blutige Fahne auf und warf glücklich den Feind in die Flucht. Es war ein herrlicher, aber sehr blutiger Sieg: 16,500 Preußen waren todt oder verwundet; aber die Obstreicher hatten noch mehr, 24,000 Mann verloren.
Gern hätte nun Friedrich geschwind Prag eingenommen. Aber als er noch davor lag und es mit Bomben ängstigte, langte bei ihm die Nachricht an, daß ein neues Heer Obstreicher unter Feldmarschall Dann bereits im Anmarsche wäre. Er ging ihm entgegen und traf bei Kollin, südöstlich von Prag, auf ihn. So gut auch der König seine Maßregeln genommen hatte, so mißlang ihm doch in dieser Schlacht alles. Zuletzt riß eine solche Verwirrung ein, daß er dem Feinde das Schlachtfeld überlassen mußte. Die erste Schlacht, die Friedrich verlor! 8000 Mann seiner besten Infanteristen lagen auf dem Wahlplatze. Kein Wunder, daß der König tief niedergeschlagen war! Denn woher wollte er, wenn das so fortging, endlich noch Soldaten genug bekommen.
Ganz mit seinem Unglücke beschäftigt, fand man ihn am Abende nach der Schlacht im Städtchen Nimburg, auf einer Brunnenröhre in tiefen Betrachtungen sitzend, mit dem Stocke Figuren in den Sand malend, und so vertieft, daß er nicht hörte und sah. Endlich fuhr er auf, wischte sich die Falten von seiner Stirne weg und nahm wieder eine heitere Miene an. „Kinder!" sagte er zum Ueberreste seiner Garde, die an diesem Tage besonders gelitten hatte, „ihr habt heute einen schlimmen Tag gehabt! Aber nur Geduld! ich werde schon alles wieder gut machen." —
An die Eroberung von Prag war nun nicht weiter zu denken. Die Belagerung wurde sogleich aufgehoben und das ganze Heer zog sich nach der Lausitz bis in die Gegend von Görlitz zurück. Daun zog den Preußen nach und lagerte sich ihnen gegenüber,
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Lothringen Karl Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
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Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen.
ohne daß einer den andern anzugreifen wagte.*) So lag man zwei Monate; da riß dem Könige die Geduld und er brach mit einem Theile seines Heeres auf, um auf einem andern Schauplatze aufzutreten.
2. Schlacht bei Roßbach (5. November 1757). Während sich Friedrich bei Prag und Kollin mit den Oestreich ent herumgeschlagen hatte, waren die Russen verheerend in Preußen eingebrochen und die Franzosen vom Rheine her bis nach Sachsen bereits vorgedrungen. Dem konnte Friedrich unmöglich ruhig zusehen. Er ließ den Herzog von Bevern bei Görlitz mit- einem Theile des Heeres zurück; mit dem andern marschirte er schnell nach Sachsen, die Fortschritte der Franzosen aufzuhalten. Mit diesen hatten sich noch die deutschen Reichstruppen vereinigt, eine rechte Musterkarte von verschiedenen Soldaten. Sie waren aus den Beiträgen der einzelnen deutschen Fürsten zusammengesetzt und da mancher nur einige Mann zu stellen hatte, so gab es Regimenter, die aus 10 bis 12 verschiedenen (Kontingenten bestanden, von denen jedes andere Waffen und andere Uniform trug. Gleich das erste Zusammentreffen mit den Franzosen war für die Preußen sehr ehrenvoll. Ein Prinz von Sonbise, ein weichlicher, einfältiger General, hatte sich mit 8000 Franzosen in Gotha eingelegt, um sich dort recht zu pflegen. Die Herzogin von Gotha aber, eine große Verehrerin Friedrichs, ließ diesen aussorden, **) die sorglosen Franzosen zu überfallen. Der König schickte seinen General Seyd-litz mit 1500 Reitern hin. Sonbise ahnte davon nichts und hatte sich gerade ein köstliches Mittagessen ans dem Schlosse bereiten lassen. Eben setzte er sich mit seinen Offizieren zur Tafel ; schon wurden die dampfenden Pasteten aufgetragen — da erschollen die Trompeten der preußischen Dragoner. Wie fuhren die Franzosen von ihren Stühlen auf! Flugs warfen sie sich auf die Pferde und jagten mit verhängtem Zügel zum Thore hinaus. Seydlitz schickte
*) Auf diesem Rückzüge wurde Friedrichs ältester Bruder, August Wi.lhelm, von den Oestreichern scharf gedrängt, indem er sich mit einem Theil des preußischen Heeres über Zittau zurückzog. Der König war mit den von seinem Bruder genommenen Maßregeln unzufrieden, überhäufte ihn im Lager von Bautzen unverdienterweise mit heftigen Vorwürfen und wies ihn fort. Der Prinz begab sich hinweg, und grämte sich über die Ungnade des Königs so, daß er ein Jahr später todt war.
**) Es geschah dies durch einen treuen Bauer, der das Zettelchen der Herzogin in seinen hohlen Backenzahn steckte und so damit sicher ins preußische Lager gelangte.
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Schlacht bei Zorndorf.
335
hatte man den König noch nicht gesehen, als jetzt, wo ihn der Anblick der vielen Schutthaufen, der verwüsteten Felder und der zahllosen, umherirrenden Flüchtlinge tief rührte. Er gab den strengen Befehl, keinem Russen mehr Pardon zu geben; er wollte das ganze Heer vernichtet haben.
Jetzt näherten sich beide Heere einander. „Die Preußen geben keinen Pardon!" sagte ein Russe dem andern. „Gut!" antwortete jeder; „wir auch nicht!" Am 25. August trafen beide bei dem Dorfe Zorndorf, einige Meilen von Küstrin, aufeinander und eine der blutigsten Schlachten des Krieges begann.*) Indem die Preußen anfmarschirten, spielten die Hautboisten das Lied: „Ich bin ja, Herr, in deiner Macht." Die Russen geriethen bald in Verwirrung, und nun brachen die preußischen Reiter in ihre ungeordneten Glieder ein und hieben ohne Barmherzigkeit alles nieder, was nur ihr Schwert erreichen konnte. Am meisten that sich hier wieder Seydlitz hervor; bald sah man ihn hier, bald dort, alles vor sich niederwerfend und in die dichtesten Hausen eindringend. Die Preußen richteten ein gräßliches Blutbad an. Aber solchen Feind hatten sie auch nie vor sich gehabt. Wenn auch schon die Linien der Russen in Verwirrung aufgelöst waren, so blieben doch die einzelnen wie Bildsäulen unbeweglich stehen, sobald sie ihre Patronen verschossen hatten, und ließen sich, wie sühllos, ruhig niederstoßen. So sah man ganze Reihen leblos auf der Erde liegen. Andere fielen über das Gepäck her, plünderten die Marketenderwagen und betranken sich in dem dort gefundenen Branntwein. Zwar ließen ihre Offiziere den Fässern den Boden ans-
*) Als Friedrich vor der Schlacht bei Zorndorf Anstalt machte, über die Oder zu setzen, versammelte sich eine Menge Menschen um ihn und klagte über die durch die Russen erlittenen Grausamkeiten. „Nun, seid nur ruhig, Kinder;" sagte er zu ihnen; „wir wollen sie schon kriegen!" Auch eine Bauerfrau kam hier zu ihm und fragte ihn: „Ew. Majestät, was macht denn mein Mann,
der Unteroffizier Bindar, bei dem und dem Regiments?" — „Ich kenne ihn wohl!" antwortete Friedrich gütig; „er ist Gottlob; noch gesund." ■— „Na, grüßen Sie ihn mir doch viel tausendmal," sprach sie weiter und überreichte dabei dem Könige einen Brotkuchen, den sie für „ihren lieben König" gebacken habe. Friedrich nahm das Geschenk der guten Frau freundlich an.
In der Nacht vor der Schlacht ruhte er nur einige Stunden auf einem Lehnstuhle in einer Mühle (der Stuhl wird noch als theure Reliquie aufbewahrt). Als er am Morgen aus dem Hause unter die ihn erwartenden Generale und Adjutanten trat, grüßte er sie freundlich und sprach: „Guten Morgen, Messieurs 1 Ich gratulire! Die Schlacht ist gewonnen."
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336
Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen.
Magen; aber das half wenig; denn die Soldaten warfen sich nun der Länge nach auf den Boden, um den köstlichen Nektar noch aus dem Staube auszuschlürfen.
Nachdem sich beide Theile ganz verschossen hatten, stießen sie mit Kolben, Bajonneten und Säbeln wüthend aufeinander los, und die Erbitterung war so groß, daß selbst Schwerverwundete noch darauf dachten, die nahe liegenden Feinde zu ermorden. So fand man einen tödtlich verwundeten Russen, der auf einem sterbenden Preußen lag und ihn noch mit seinen Zähnen zerfleischte; und der Preuße mußte sich, weil er schon zum Widerstande zu schwach war, ruhig den Zwang gefallen lassen, bis seine Kameräden kamen und den Unmenschen niederstießen. Zwölf Stunden dauerte das Morden, bis die Nacht einbrach und beide Theile gänzlich erschöpft waren. Man zählte bei beiden Heeren an 29,000 Todte und Verwundete.. Der russische Feldherr führte sein Heer nach Polen und Preußen zurück.
5. Ueberfall bei Hochkirch, 14. October 1758. Nach der Schlacht bei Zorndorf war Friedrich nach Sachsen gegangen, um Dresden zu Hülfe zu kommen, welches Prinz Heinrich, des Königs Bruder, gegen die Oestreich er vertheidigte. Dann machte er sich nach Schlesien wieder auf, wo die Feinde freies Spiel hatten. So kam er hinter Bautzen und lagerte sich beim Dorfe Hochkirch. Ihm gegenüber stand Feldmarschall Daun mit den Oestreichern, nur einen Kanonenschuß weit; dennoch hielt sich Friedrich hier ganz sicher, weil er Dauns Vorsichtigkeit kannte und dieser ihn noch nie angegriffen hatte. Friedrichs Stellung war so gefährlich, daß Feldmarschall Keith gegen ihn äußerte: „Wenn uns die Oestreicher in diesem Lager ruhig lassen, so verdienen sie gehängt zu werden." — „Wir müssen hoffen," antwortete Friedrich, „daß sie sich mehr vor uns als vor dem Galgen fürchten." Dennoch beschloß er, in der Nacht vom 14. bis zum 15. October das
Lager zu verändern.
Aber so lange wartete Dann nicht. In der Nacht vom 13. zum 14. October setzte sich sein ganzes Heer in Bewegung und näherte sich von vorn, von der Seite und von hinten dem preußischen Lager, wo tiefe Ruhe herrschte; denn Friedrich hatte seinen Soldaten befohlen, sich schlafen zu legen, um sich zu dem bevorstehenden Ausbruche zu stärken. Dennoch hatten einige preußische Husaren die Bewegungen der Feinde bemerkt und benachrichtigten den König; aber dieser war so weit entfernt einen Ueberfall zu
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrichs Keith Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
342
Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen.
Dorfe unweit Dresden, durch Friedrichs eigene Schuld ein Heerhaufen von 11,000 Mann von den Oestreich ent zu Kriegsgefangenen gemacht. Dennoch behauptete sich Friedrich den Winter hindurch in Sachsen.
7. Treffen bei Liegnitz, 15. August, und Schlacht bei Torgau, 3. November 1760. Das Jahr 1760 ließ sich für den König von Preußen fehr unglücklich an. Während er noch in Sachsen stand, wurde sein General Fouque, den er mit einem kleinen Heere bei Landshut zum Schutze Schlesiens zurückgelassen hatte, von Laudon durch große Uebermacht angegriffen und nach einer äußerst tapfern. Gegenwehr, wobei die Reiterei sich durchschlug, mit dem Fußvolke gefangen genommen. Wenig fehlte, daß Fouque selbst getödtet wurde. Am Kopfe gefährlich verwundet, stürzte er zu Boden; ein östreichischer Reiter, der ihn nicht kennen mochte, wollte ihm eben den Kopf spalten, als sein treuer Reitknecht Trantschke sich auf ihn warf und mit seinem Leibe so lange die Hiebe auffing, bis ein herbeieilender feindlicher Offizier zu Hülfe eilte. Glücklicherweise wurde der brave Diener wieder hergestellt und dankbar belohnt. — Bald nach diesem Unfalle erlitt Friedrich einen andern. Die wichtige Festung Gl atz fiel in feindliche Hände. Friedrich hatte bis dahin Dresden belagert, aber die Nachricht vom Verluste von Glatz bewog ihn, gleich aufzubrechen und nach Schlesien zu eilen, ehe die Kaiserlichen es ihm wegnähmen. Er war in der übelsten Laune von der Welt; seit einem Jahre hatte ihn Unglück auf Unglück betroffen, und nichts ärgerte ihn mehr, als daß er so viele Leute und Zeit vergeblich vor Dresden verloren hatte. Daher hatte er auch einem seiner besten Regimenter, welches sich nach seiner Meinung bei einem Ausfalle der Feinde nicht lange genug gewehrt hatte, die Seitengewehre und den Offizieren desselben die Huttreffen genommen, eine Strafe, welche die unschuldigen Leute tief demüthigte.
Der Marsch nach Schlesien ging mit reißender Geschwindigkeit. Es war große Eile nöthig, weil Laudon mit 50,000 Mann Breslau belagerte, und darin waren nur 3000 Mann Preußen, die noch obendrein 19,000 östreichische Kriegsgefangene zu bewachen hatten. Aber die Preußen waren von der Garde und hatten einen General an ihrer Spitze, der allein ein Heer werth war. Dies war der General Tauenzien, der auf Laudons Drohungen, die Stadt aus 45 Mörsern zu beschießen, wenn sie sich nicht ergäbe, die feste Antwort gab: er würde den Feind auf den Wällen er-
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Treffen bei Liegnitz.
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warten, wenn auch die Häuser in Asche verwandelt werden sollten. Obgleich nun Laudon die Stadt beschießen ließ, so wehrte sich doch Tanenzien so lange, bis Friedrich zu Hüffe kam und die Kaiserlichen vertrieb.*)
Bis Liegnitz war Friedrich, immer von den Oestreichern unter Dann begleitet, gekommen und sah sich hier fast von allen Seiten von den Kaiserlichen eingeschlossen. Er war hier in einer mißlichen Lage; denn er hatte nur noch auf drei Tage Brot bei sich und mußte daher entweder nach Breslau oder Schweidnitz, wo er seine Vorräthe hatte, und doch hatten ihm dahin die Feinde den Weg verlegt. Dazu kam, daß er am 14. August Abends erfuhr, daß man mit Tagesanbruch sein kleines Heer von vier Seiten zugleich angreifen wollte. Er verließ daher, sobald es dunkel geworden war, sein Lager, befahl aber, daß die Wachtfeuer sorgfältig von den Bauern unterhalten würden, damit die Feinde seinen Abzug nicht merkten, und stellte seine Truppen auf einer Anhöhe in größter Stille in Schlachtordnung. Eben hatte er sich, in seinen weißen Feldmantel gehüllt, auf die Erde zur Ruhe gelegt, als ein auf Kundschaft gesandter Husarenoffizier ihm die Nachricht brachte, daß der Feind mit Macht heranrücke. Es war Laudon, der den einen Flügel der Preußen angreifen sollte, und plötzlich zu seinem Erstaunen das ganze preußische Heer schlagfertig vor sich sah. Das Treffen begann, und nach zwei Stunden, um 5 Uhr Morgens, war Laudon schon mit Verlust von 82 Kanonen völlig geschlagen. In diesem Treffen hatte sich das Regiment, das vor Dresden in des Königs Ungnade gefallen war, ganz vorzüglich ausgezeichnet. Als nun Friedrich die Linie herunterritt, trat der Flügelmann hervor und bat ihn um die Zurückgabe der Seitengewehre. „Ja Kinder!" sprach er vergnügt, „ihr sollt sie wieder haben!"
Friedrich hatte nicht lange Zeit, sich über diesen Sieg zu freuen; denn seine Feinde schämten sich, mit ihren großen Heeren das ganze Jahr über nichts Großes gethan zu haben, und machten sich auf, B e r l i n zu überfallen. Es glückte ihnen auch wirklich, bis dahin vorzudringen und die unbefestigte Stadt einzunehmen. Zum Glück war der russische Befehlshaber, General Totleben, ein gutdenkender Mann, der die Stadt möglichst schonte. Desto
*) Mit Recht ist daher auch sein Andenken in Breslau durch ein Denkmal erhalten worden, welches ihm auf dem Tauenzienplatze aus Marmor errichtet ist.
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