Augustus. 71
zeit, Bder, Rennbahnen, Vogelhuser, die berchtigten Fischteiche und die kostbarsten goldenen und silbernen Gerthe; ebenso wetteiferten die Städte der Halbinsel an Pracht und Gre. Wein und Vieh waren die Hauptaus-fuhr Siciliens; Spanien trieb einen lebhasten Handel mit Pferden und Metallen; Britannien warmeist Hirtenland; und auch Gallien nur im Sden gut angebaut. Alle Theile des Reichs waren durch Landstraen verbunden; berall, wo die ffentliche Wohlfahrt es erforderte, waren Kanle, Brcken, Wasserleitungen und Hafendmme angelegt, und Handel und Ge-Werbflei fast in allen Provinzen in grter Blthe. Die Einknfte des Reichs (welche schon zu Pompejus' Zeit der 80 Millionen Thaler betrugen und grtentheils fr den Unterhalt der Truppen und die Bedrfnisse der Hauptstadt verwendet wurden) bestanden in dem Pachtgelds fr die Staats-lndereien, dem Zehnten der Kolonisten, dem Ertrag der Bergwerke (von denen die bei Carthagena allein gegen zwei Millionen Thaler einbrachten), den Hafenzllen und den verschiedenen Steuern, unter denen die Erbschafts-(5 Prozent), die Manumissions- (5 Prozent vom Geldwerth des freigelassenen Sklaven), die Consumtions- und die Grundsteuer der Provinzen die bedeu-tendsten waren.
Octadianus Augustus f 14 it. Chr.
Gem. 1. Scribonia, 2. Livia (deren erster Gem. Tib. Claud. Nero).
Julia. Tiberius adopt. Drusus
Gem. 1. Marcellus. 2. Agrippa. 3. Tiber. + 37. +9 v, Chr.
C. Csar. L. Csar. Agrippiua. Agrippa. Germauicus. Claudius, t 54.
4 3 + 2 Gem. Ger- + 14. + 19. Gem. 1. Messalina.
manicus. Gem. Agrippina. 2. Agrippina.
Drusus. Caligula. Agrippina. .Britan- Octavia.
+ 33. f 41. Gem. 1. Cn. Doun- mcus. f 55. Gem. Nero.
tius. 2. Claudius.
Nero t 68.
Gem. Octavia.
. 39.
Das Haus des Augustus. 1468.
Tiberius Claudius Nero (1437), ein grausamer, unsittlicher Tyrann, ermordete den letzten Enkel des Augustus, Agrippa, seinen Neffen, den edlen Germanicus, und zuletzt auch seinen Gnstling Sejan, nachdem dieser die edelsten Rmer hingeschlachtet, hob die Volksversammlungen auf und setzte die Gerichte der Majesttsver-brechen (judicia majestatis) ein.
C. Csar Caligula (37-41), ein Sohn des geliebten Ger-manicns, wthete (vielleicht in Folge einer Geisteszerrttung) mit un^ menschlicher Grausamkeit gegen alle reichen und angesehenen Brger. Er verschwendete in einem Jahre 150 Millionen Thaler, lie sich als Gott verehren und wurde vom Anfhrer der Leibwache (Praefectus Praetorio) ermordet.
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Extrahierte Personennamen: Augustus Carthagena Octadianus_Augustus Augustus Scribonia Livia_( Claud Julia Tiberius Drusus Marcellus Agrippa C._Csar L._Csar Agrippiua Agrippa Germauicus Claudius Messalina Agrippina Agrippina Drusus Caligula Agrippina Claudius Augustus Tiberius Claudius_Nero Augustus Agrippa Germanicus C._Csar_Caligula
Peloponnesischer Krieg. 35
der in der Geschichte des peloponnesischen Krieges ein treffliches Gemlde der verfallenden griechischen Sittlichkeit giebt, und Xenophon (Anabasis und Cyropdie). Die Philosophie vollendete in Socrates, und spter in Plato (429 347) und Aristoteles (384 322) den Kreis der Hellem-schen Bildung.
. 15.
Peloponnesischer Krieg. 431404.
Zwischen den beiden Grostaaten Athen und Sparta bestand ein feindlicher Gegensatz, der zugleich den Gegensatz zweier Stmme, des ionischen und des dorischen, und zweier politischen Parteien, der demokratischen und aristokratischen, vertrat.
Die unmittelbare Veranlassung zum Ausbruch des dreiigjhrigen Krieges zwischen beiden Staaten gaben die epidamnischen Wirren und der korinthisch-corcyrische Krieg 435431.
Als in der korinthisch-corcyrischen Pflanzstadt Epidamnus (an der illyrischen Kste) das Volk die regierende Adelspartei vertrieben hatte, wandte sich die demokratische Partei, von den geflchteten Aristo-kraten bedrngt, nach Corcyra, und von dort abgewiesen nach Korinth um Hlfe, die von den Korinthern, welche lngst gegen ihre Tochter-stadt Corcyra gereizt waren, gewhrt wurde. Bei den nun folgenden Kmpfen um Epidamnus suchten die Corcyrer, die den Korinthern nicht gewachsen waren, Ausnahme in die athenische Bundesgenossen-schaft. Athenische Schiffe betheiligten sich an dem Kampfe bei den Sybotainseln gegen Korinth, welches in zwei Tagsatzungen zu Sparta die Kriegserklrung des peloponnesischen Bundes gegen Athen ver-anlate (431). Der Krieg verlief in drei Stadien, bezeichnet durch die Jahre 431, 421, 404. Die Krfte der streitenden Parteien waren ziemlich gleich:
Athens Bundesgenossen waren: Macedonien, die Stadt Plat, die Inseln des Archipelagus (von denen viele während des Krieges abfielen), die asia-tischen Kolonieen. Doch war Athen der reichste Staat Griechenlands; seine Einknfte (Tribute der Verbndeten, Zlle und Bergwerke, Steuern der reichsten Brger) betrugen 2000 Talente (fast 3 Millionen Thaler).
1. Nachdem die Thebaner einen vergeblichen Angriff aus Plat gemacht hatten, bei dem 300 Thebaner sielen, drang im Jahre 431 König Archidamus von Sparta mit 60,000 Bundesgenossen plndernd in Attica ein. Die Athener rchten sich durch Verheerungen an den peloponnesischen Ksten von der See aus. Da brach zu Athen in Folge der Uebervlkerung eine furchtbare Pest aus, an der auch Pericles 429 starb. Nun nahm die Herrschaft des durch Cleon geleiteten Pbels berhand, und so erfolgte (427) die grausame Bestrafung des abgefallenen Lesbos, während die Spartaner und Thebaner Plat zerstrten. Die Athener nahmen darauf zwar (425) viele vornehme Spartaner auf Sphacteria gesangen, wurden jedoch (424) von den
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150 Mittlere Geschichte. Vierter Abschnitt.
herrschte Mexico durch Ferdinand Cortez, 1531 das Goldland Peru durch den grausamen Franz Pizarro und Chili durch Al-magro der spanischen Krone unterworfen.
Ferdinand Magelhan, ein Portugiese in spanischen Diensten, segelte 1519 aus, um eine Durchfahrt zu finden, umschiffte Sd-amerika, kam durch die nach ihm benannte Strae in den stillen Ocean, fand hier die Diebsinseln, wurde aber 1521 auf den Philippinen erschlagen. Eins seiner Schiffe kam 1522 nach Vollendung der ersten Reise um die Erde in Europa an. Die zweite Welt-umsegelung vollendete 1580 der Englnder Franz Drake.
Schon 1497 hatten die Englnder unter Eabot Neufoundland besetzt, und 1600 wurde die erste franzsische Niederlassung in Canada begrndet.
Die reichen Goldgruben der neuen Welt reizten mit jedem Jahre zu neuen Niederlassungen in Amerika. Da man aber nur Gold und Silber holen wollte, so wurde der Handel mit anderen Erzeugnissen und der Anbau des Bodens in den fruchtbaren Kolonieen ganz vernachlssigt. Zweimal jhrlich sandte Spanien seine Flotten nach Amerika, um die Ausbeute seiner Berg-werke zu holen. Nur einzelnen Personen wurde gegen eine bestimmte Abgabe an die Krone der Betrieb der Bergwerke gestattet; die Kolonieen selbst er-hielten ihre Bedrfnisse nur aus Spanien, und allen andern Nationen war der Handel mit denselben verboten. Dieser Handelszwang verhinderte das Aufblhen der Kolonieen, welche berdies durch die Raubgier der Vice-k n i g e litten. In den kultivirteren Lndern (Mexico, Peru) war bald eine geordnete Verwaltung eingerichtet; in andern Gegenden wurden die In-dianer erst durch die Missionsanstalten, die sich anfangs in den Hnden der Bettelorden, spter der Jesuiten befanden, zu festen Ansiedelungen gebracht und der spanischen Krone unterworfen. Da zu den schweren Bergwerksarbei-ten die schwchlichen Eingebornen nicht tauglich waren, so wurden 1517 auf den Rath des edlen Las Casas aus Afrika die ersten Neger nach Amerika geschafft. Seitdem wurde der Sklavenhandel in immer grerer Aus-dehnung und mit entsetzlicher Grausamkeit betrieben.
Hher als die groen Reichthmer, welche aus Amerika nach Europa flssen, ist der Aufschwung in dem ganzen Leben der Europer, die Belebung der Wissenschaft, des Verkehrs und der Industrie anzuschlagen. Da die meisten ostindischen Producte spter nach Amerika verpflanzt wurden und bald zu einem Viertel des frheren Preises in Europa zu haben waren, so vermehrten sich die Bedrfnisse mit jedem Jahre, und in eben dem Mae erffneten sich neue Quellen des Gewerbfleies; der Handel verlie das mittel-lndische Meer und wurde Welthandel; Erdkunde, Astronomie, Naturgeschichte und fast alle anderen Wissenschaften wurden erweitert. So hat die Ent-deckung Amerikas auf alle europischen Nationen einen unberechenbaren Ein-flu ausgebt.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Cortez Ferdinand Franz_Pizarro Franz Ferdinand_Magelhan Ferdinand Franz_Drake Franz
Extrahierte Ortsnamen: Peru Europa Amerika Spanien Amerika Spanien Peru Afrika Amerika Amerika Europa Amerika Europa Amerikas
35
hin. Der Edelmann verwunderte sich sehr, noch mehr aber, als der
Mann auch am folgenden Tage und ferner die ganze Woche und
endlich die etlichen Jahre wieder kam, die der Edelmann noch lebte,
und einen Mittag wie den andern eine volle Schüssel brachte und die
leere dagegen holte.
Es ist nicht auszusprechen, welch herzliches Verlangen der Edel-
mann hatte, seinen unbekannten Wohltäter kennen zu lernen und ihm
zu danken, so daß er endlich zu dem Diener sprach: „Sagt Euerm
Herrn, daß mein Ende nahe ist. daß ich aber nicht ruhig sterben kann,
ich habe denn zuvor meinem Wohltäter die Hand gedrückt und mich
bedankt." Da nickte der alte Diener beifällig mit dem Kopfe, und noch
denselben Abend erschien der Erzherzog Albrecht an dem Bette des
Edelmanns, der die Hand seines Wohltäters mit Dankestränen benetzte
und etliche Stunden darauf fröhlich von hinnen schied.
Uns Menschenkindern aber ist der Wohltäter nicht unbekannt,
der uns so viele Jahre her aus seiner Küche eine Schüssel um die
andere zugeschickt, vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben
und unsre Herzen erfüllet hat mit Speise und Freude. Und doch ist
es manch einem zu viel, zu einem Tischgebet seinen Kopfdeckel zu rücken.
Ahlfeld.
41. Der kleine Friedensbote.
Ein Gerber und ein Bäcker waren einmal Nachbarn, und die gelbe
und weiße Schürze vertrugen sich aufs beste. Wenn dem Gerber ein
Kind geboren wurde, hob es der Bäcker aus der Taufe, und wenn der
Bäcker in seinem großen Obstgarten an Stelle eines ausgedienten
Invaliden eines Rekruten bedurfte, ging der Gerber in seine schöne
Baumschule und hob den schönsten Mann aus, den er darin hatte,
eine Pflaume oder einen Apfel oder eine Birne oder eine Kirsche, je
nachdem er auf diesen oder auf jenen Posten, auf einen fetten oder
magern Platz gestellt werden sollte. — An Ostern, an Martini und
am heiligen Abend kam die Bäckerin, welche keine Kinder hatte, immer
mit einem großen Korb unter dem Arme zu den Nachbarsleuten hinüber
und teilte unter die kleinen Paten aus, was ihr der Hase oder das
Christkindlein selbst unter die schneeweiße Serviette gelegt hatten. Je
mehr sich die Kindlein über die reichen Spenden freuten, desto näher
rückten sich die Herzen der beiden Weiber, und man brauchte keine
Zigeunerin zu sein, um zu prophezeien, daß sie einander immer gut
bleiben würden.
Aber ihre Männer hatten ein jeglicher einen Hund, der Gerber
als Jagdliebhaber einen großen, braunen Feldmann und der Bäcker
3*
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Ahlfeld Martini Feldmann
38
4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken sich auf des Blinden
breiten Rücken. Vereint wirkt also dieses Paar, was einzeln keinem
möglich war. Gellert.
43. Eine Ohrfeige zur rechten Zeit.
In einer Handelsstadt Norddeutschlands lebte ein Kaufmann,
namens Müller, dem in letzter Zeit oft ein wohlgekleideter, junger
Mensch begegnete, der ihn sehr freundlich, ja fast zutraulich grüßte.
Herr Müller erwiderte den Gruß zwar gern; da er sich aber nicht
erinnerte, den jungen Menschen je zuvor gesehen zu haben, so glaubte
er, dieser verwechsele ihn mit jemand, dem er vielleicht ähnlich sei.
Eines Tages nun war Herr Müller zu einem Freunde eingeladen,
und als er zur bestimmten Zeit in dessen Hause eintraf, fand er den-
selben jungen Menschen mit dem Hausherrn im eifrigen Gespräche.
Der Wirt wollte nun seine beiden Freunde miteinander bekannt
machen, aber der jüngere sagte: „Das ist nicht nötig, wir kennen uns
schon viele Jahre." — „Ich glaube, Sie sind im Irrtume," erwiderte
Herr Müller; „ich habe allerdings seit einiger Zeit manchen
freundlichen Gruß von Ihnen bekommen, aber sonst sind Sie mir
völlig fremd." — „Und doch bleibt es dabei: ich kenne Sie lange und
habe mich sehr gefreut, Sie heute hier zu sehen und eine Gelegenheit
zu haben, Ihnen meinen herzlichen Dank auszudrücken." — „Wofür
wollen Sie mir danken?" fragte Herr Müller. — „Das ist allerdings
eine alte Geschichte," versetzte jener; „aber wenn Sie mir einige
Augenblicke zuhören wollen, so werden Sie sich vielleicht meiner doch
noch erinnern."
„Es sind jetzt 17 Jahr her — ich war damals ein Knabe von
9 Jahren, — als ich eines Tages aus meinem Schulwege darüber
nachdachte, wie angenehm es sein würde, wenn ich zu dem Brote, das
mir die Mutter zum Frühstücke mitgegeben, auch einen Apfel hätte;
meine Kameraden hatten oft so schone, große Äpfel, und ich bekam
nur selten Obst. Mit solchen Gedanken beschäftigt, kam ich auf den
Marktplatz, über den mein Weg führte. Da waren viele Körbe voll
der schönsten Äpfel, die mich so recht anlachten. Ich blieb unwillkürlich
stehen, um sie zu betrachten. Die Eigentümerin hatte ihrer Ware den
Rücken zugekehrt und sprach mit einer Nachbarin. Da kam mir der
Gedanke: sie wird es kaum bemerken, wenn du einen Apfel nimmst;
sie behält ja noch eine große Menge. Leise streckte ich meine Hand
aus und wollte eben ganz vorsichtig meine Beute in die Tasche stecken,
als ich plötzlich eine derbe Ohrfeige bekam, so daß ich vor Schrecken
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s
— 10 —
sah an der Wand, und ein Donner schmetterte überm Hause, als ob
dasselbe mit einem Streich in Millionen Splitter zerschlagen würde.
„Herr Gott, es hat eingeschlagen!" rief der erste, der reden konnte.
Alles stürzte zur Tür hinaus. In vollen Flammen stand das Haus;
aus dem Dache heraus brannten bereits die eingeführten Garben. Wie
stürzte alles durcheinander! Wie vom Blitz geschlagen war jede Be-
sonnenheit! Die alte Mutter allein behielt klare Besinnung; sie griff
nach ihren beiden Krücken, sonst nach nichts, suchte die Tür und einen
sicheren Platz und betete: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze
Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Dein und
nicht mein Wille geschehe, o Vater!"
Das Haus brannte ab bis auf den Boden, gerettet wurde nichts.
Auf der Brandstätte aber stand der Bauer und sprach: „Ich Habs
unter meinem Dach! Aber über deinem Dach ist des Herrn Dach, hat
die Mutter gesagt." Gonhetf.
13. Die Einladung.
Ein frommer Landmann in der Kirche saß;
den Text der Pfarrer aus Johannes las
am Ostermontag, wie der Heiland rief
vom Ufer: „Kindlein, habt ihr nichts zu essen?"
5 Das drang dem Landmann in die Seele tief,
daß er in stiller Wehmut dagesessen.
Drauf betet er: „Mein liebster Jesu Christ!
So fragest du? O wenn du hungrig bist,
so sei am nächsten Sonntag doch mein Gast
10 und halt an meinem armen Tische Rast!
Ich bin ja wohl nur ein geringer Mann,
der nicht viel Gutes dir bereiten kann;
doch deine Huld, die dich zu Sündern trieb,
nimmt auch an meinem Tische wohl vorlieb."
15 Er wandelt heim und spricht sein herzlich Wort
an jedem Tag, die ganze Woche fort.
Am Samstagsmorgen läßts ihn nimmer ruhn.
„Frau," hebt er an, „nimm aus dein bestes Huhn,
bereit es kräftig, fege Flur und Haus,
20 stell in die Stub auch einen schönen Strauß;
denn wisse, daß du einen hohen Gast
auf morgen mittag zu bewirten hast.
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42
hoch gestiegen, denn die Finten hatten grossen Schaden getan.
Am 7. Mai kam ein armer Leinweber, ein ehrlicher Meister
aus dem Orte. Sein Gesicht sah vor Hunger und Grämen selber
aus wie graue Leinwand. Er zählte ihm, damit der reiche
Mann Geld sähe, für einen halben Scheffel 3 Taler 22 Groschen
auf den Tisch. Die 22 Groschen bestanden aus Dreiern, Sechsern
und Groschen, denn der Mann hatte alles zusammengesucht.
Aber der Bauer sprach: „Euer Auszählen hilft Euch nichts; der
Scheffel kostet 8 Taler, das ist mein Satz. Eher tue ich
meinen Boden nicht auf.“ Des Bauern Söhnchen, ein Bürschchen
von 10 Jahren, zupfte den Alten am Rock: „Vater, gebts
ihm doch!“ Aber der Vater prägte ihm mit einem Rippenstofse
andere Grundsätze ins Herz. Der Weher musste sein Geld zu-
sammenstreichen und heimwandern.
Den 8. Mai in der Abenddämmerung kam die Zeitung an.
Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden wollte:
Roggen 8 Taler. Da zitterten ihm die Glieder vor Freude.
Er nahm ein Licht, ging auf den Boden und wollte über-
sehen , wie viel er wohl verkaufen könne, und überschlagen,
wie gross seine Einnahme wäre. Indem er so durch die
Haufen und gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er an
einem umgefallenen, fällt selber, das Licht fliegt ihm aus
der Hand und in einen Haufen Stroh, der daneben liegt.
Ehe er sich aber aufraffen kann, steht das Stroh in hellen
Flammen; ehe an Hilfe zu denken ist, hat das Feuer Dach-
stuhl und Dielen ergriffen. Um Mitternacht an demselben
Tage, wo der Scheffel Roggen 8 Taler galt, wo der Bauer
auf seinen Satz gekommen war und seinen Boden geöffnet
hatte, stand er am Schutthaufen seines ganzen Gutes als ein
armer Mann. Ahlfeld.
46. Der Lotse.
„Siehst du die Brigg dort auf den Wellen?
Sie steuert falsch, sie treibt herein
und muß am Vorgebirg zerschellen,
lenkt sie nicht augenblicklich ein.
Ich muß hinaus, daß ich sie leite!" -
„Gehst du ins offne Wasser vor,
so legt dein Boot sich auf die Seite
und richtet nimmer sich empor." —
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14
»Das nicht; aber — holla, Jack! was ist denn das?" rief plötzlich
der Geistliche; „wir fahren eben durch die Klippen, und Ihr schaut
Euch nicht einmal um danach? Tut Eure Schuldigkeit!" — „Ei,"
sagte der Matrose gleichgültig, „das' ist Sache des Steuermannes." —
„Tut Eure Schuldigkeit, Jack! sage ich noch einmal, und dämmert
nicht so vor Euch hin; seht Ihr denn die Klippen nicht? Wir gehen
zugrunde, wenn Jhrs so leichtsinnig mit Eurer Arbeit nehmt." —
„Schuldigkeit tun — leichtsinnig nehmen?" erwiderte der Matrose,
„Herr, wie kommt Ihr mir vor? Arbeite ich nicht ans Leibeskräften?
Soll ich vielleicht steuern helfen?''— „Freilich, freilich," sagte der
Geistliche, „damit es glücklich vorwärts geht." — „Ach das wäre ja
eine unnütze Geschichte, Herr. Jeder tut eben das Seine; dann wird
schon alles recht werden. Der Steuermann steuert, und ich führe das
Ruder: so ists Schiffsbrauch!"
„Nun, nehmts nur nicht übel, Jack!" erwiderte lächelnd der
Geistliche; „im Reiche Gottes ists eben auch so Brauch. Das Arbeiten
ist Eure Sache; das tut aus Leibeskräften und seht dabei nicht rechts
und links! Die Sorge aber, daß Ihr bei Eurer Arbeit zugrunde
gehen und nicht vorwärts kommen möchtet, die erspart Euch und laßt
sie dem, der am Steuer sitzt und von dem geschrieben steht: Alle
eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorget für euch."
Caspar!.
18. Der Hufnagel.
Wer im kleinen nicht Sorge trägt, muß im großen
Schaden leiden. Das erfuhr einst ein Kaufherr, der um eines schlechten
Nagels willen ein schönes Roß verlor. Er ritt vom Markte nach
seiner Heimat zurück, wohlbepackt mit Geld und Geldsorgen. In einem
Städtchen hielt er Mittag, und der Knecht, als er ihm sein Pferd vor-
führte, sagte: „Herr, es fehlt dem Rosse ein Nagel am Hufeisen des
linken Hinterfußes." — „Ei was!" sagte der Kaufherr, „Nagel hin,
Nagel her! Die sechs Stunden, die ich noch zu machen habe, wird das
Eisen wohl noch halten. Ich habe Eile." Und damit ritt er fort.
Nach etlichen Stunden, als er wieder einkehrte und dem Rosse
Brot geben ließ, kam der Knecht in die Stube und sagte: „Herr, es
fehlt Eurem Pferde ein Hufeisen am linken Hinterfuße; soll ichs wohl
zum Schmiede führen?" — „Hm!" sagte der Kaufherr, „Hufeisen
hin, Hufeisen her! Die paar Stunden, die ich noch 31t machen habe,
wird das Pferd wohl noch aushalten. Ich habe Eile." Und er ritt
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44
nicht viel Fracht. Der Kollheim wünschte ihm alles, was ihm heil-
bringend sein kann; aber der Arme fands in Lauterberg nicht; —
denn er erkrankte und starb, und die Lauterberger schickten die hungern-
den Kinder dahin, wo sie hergekommen waren. Die Bauern im Dorfe
dachten: Was mich nicht brennt, das blase ich nicht! und ließen die hungern-
den Waisen laufen. Dachte auch der blutarme Kollheim so? Nein, liebe
Kinder, der nahm die sieben Waisen seines Freundes in seine kleine Hütte
zu seinen drei Kindern, sah mit einer heißen Träne gen Himmel und
seufzte: „Herr, der du mit wenigen Broten Tausende gespeist hast, hilf
und verlaß mich nicht!"
Wenn die Not au: größten, ist Gott am nächsten! Was Kollheim
getan, wurde der preußischen Regierung in Erfurt bekannt, und diese
sandte ihm 40 Taler zur ersten Hilfe; auch sandte ihm ein frommer
Mann heimlich 10 Taler. Und als es der fromme Preußenkönig
Friedrich Wilhelm Iii. hörte, so sandte dieser dem guten Kollheim ein
kleines Kapital, daß er sich ein Feldgütchen kaufen konnte. Eins der
Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus nach Halle, welches
der fromme Francke gestiftet hat, der auch nicht sagte: „Was mich nicht
brennt, das blase ich nicht!" v. Horn.
48. Der Postillon.
1. Lieblich war die Maiennacht, 5. Rauher war mein Postillon,
Silberwölklein flogen, ließ die Geißel knallen,
ob der holden Frühlingspracht über Berg und Tal davon
freudig hingezogen. frisch sein Horn erschallen.
2. Schlummernd lagen Wies und
Hain,
jeder Pfad verlassen;
niemand als der Mondenschein
wachte auf der Straßen.
3. Leise nur das Lüftchen sprach,
und es zog gelinder
durch das stille Schlafgemach
all der Frühlingskinder.
4. Heimlich nur das Bächlein
schlich,
denn der Blüten Träume
dufteten gar wonniglich
durch die füllen Räume.
6. Und von flinken Rossen vier
scholl der Hufe Schlagen,
die durchs blühende Revier
trabten mit Behagen.
7. Wald und Flur im schnellen
Zug
kaum gegrüßt — gemieden;
und vorbei wie Traumesflug
schwand der Dörfer Frieden. —
8. Mitten in dem Maieuglück
lag ein Kirchhof innen,
der den raschen Wanderblick
hielt zu ernstem Sinnen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Francke
46
lieber Freund, der Schneider; der verließ ihn nicht in seiner Not. Er
war Tag und Nacht um den Kranken und pflegte und erquickte ihn.
Er wußte die wohlhabenden Bäuerinnen so mitleiderweckend anzugehen,
daß er bald da, bald dort eine Schüssel kräftiger Suppe herausbrachte,
und wo die bittenden Blicke und sein erlerntes Polnisch nicht zureichten,
da legte er ein Stück seiner Habschaft dafür hin, ein Stück nach dem
andern. Dafür hatte er aber auch die herzliche Freude, seinen Kameraden
nach einiger Zeit wiederhergestellt zu sehen. Dieser wußte ihm für die
erwiesene Liebe und Treue nicht genug zu danken und weinte oft aus
Liebe und Dankbarkeit und aus Bekümmernis, daß er ihm seine Sachen
nicht wieder ersetzen könne. Der Schneider aber tröstete ihn dann und
sprach: „Was ich dir getan habe, das habe ich dem Herrn Jesus
getan, der ist reich genug, alles wieder zu bezahlen; aber es verlohnt
sich nicht der Mühe."
Die guten Freunde zogen nun in Warschau, der Hauptstadt Polens,
ein; da bekam der Schmied Arbeit, der Schneider hingegen nicht.
Darum mußten sie sich trennen. Es tat beiden im Herzen wehe, wie
sie einander zum letzten Male die Hände drückten. — Dem Schneider
ging es von da an übel; er wanderte beinahe zehn Jahr kreuz und
quer durch die verschiedensten Länder und hatte zuletzt keinen Strumpf
mehr an den Füßen und keine Sohle mehr an den Schuhen. Am
Ende geriet er gar noch unter die Werber, die ihn als Rekruten nach
Wien lieferten. Sie ließen ihn jedoch bald wieder laufen, da sie
merkten, daß er den Feinden nichts weniger als gefährlich werden
dürfte; denn er war sehr schwächlich und fast immer krank. Halb-
nackend kam er nunmehr nach Sachsen hinein, und weil er in seinem
armseligen Anzuge nirgends Arbeit fand, mußte er endlich betteln.
Da traf es sich, daß er eines Abends in einem Dorfe bei einem
Schmiede um einen Zehrpfennig ansprach. Dem Meister, welcher mit
vier Gesellen arbeitete, fuhr die Stimme durch alle Glieder. Er sprang
an die Tür, hielt dem Bettler das Licht ins Gesicht und — „Je,
Bruder, bist düs, oder bist düs nicht?" — rief er und erkannte
in ihm mit unbeschreiblichem Vergnügen seinen alten Freund. Da
flössen nun süßere Tränen als vor Warschau, dort im Polenlande.
Der Schmied, welcher in diesem Dorfe eine reiche Witwe geheiratet
hatte, brachte den matten Pilgrim in die Stube, legte ihm feine
Sonntagskleider an, setzte ihn in den Lehnstuhl am warmen Ofen, rief
alle seine Leute zusammen und sagte ihnen, das sei er, das sei der
liebe Bruder Schneider, von dem er ihnen soviel erzählt und dem er
es nächst Gott zu danken habe, daß er nicht schon lange in einem
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