2. Friedrich Barbarossa. 175
Rückkunft seinen Beistand nicht länger versagen und schloß sich mit einer nicht unbedeutenden Truppenmacht dem Kaiser auf dessen fünftem Zuge über die Alpen an.
Papst und Lombarden hatten während der Zeit die größte Thätigkeit entwickelt. Aller Orten waren die kaiserlichen Podesta's vertrieben worden, Mailand hatte sich aus den Trümmern erhoben, uno an den Ufern des Tanaro war eine neue feste Stadt erstanden, die dem Papste zu Ehren den Namen Alessandria erhalten hatte. Mit der Belagerung der letzteren eröffnete der Kaiser den Krieg. Aber trotz aller Tapferkeit vermochte er sie nicht einzunehmen, und schon rückte ein zahlreiches Heer zum Entsatz heran. Doch kam es vorläufig zu keiner Schlacht, da die Lombarden die Hand zum Frieden, boten. Die Verhandlungen zerschlugen sich indessen, und Friedrich ries die Fürsten, die während des Waffenstillstandes nach Deutschland zurückgekehrt waren, zur Hülfe herbei. Alle kamen, nur der uicht, auf dessen mächtigenbeistand er am meisten gerechnet hatte: Heinrich der Löwe. Vergeblich bat, beschwor ihn der Kaiser, ihn nur jetzt nicht im Stiche zu lassen, vergeblich warf er sich ihm bei einer Zusammenkunft zu Chiaveuna unweit des Comersee's sogar zu Füßen; der trotzige Löwe blieb bei seiner Weigerung. So stand denn Friedrich an dem blutigen Tage von Lcgnano einer gewaltigen [1176 Uebermacht gegenüber. Mit gewohnter Tapferkeit kämpfte das kleine deutsche Heer, der Kaiser selbst stürzte sich in das dichteste Schlachtgewühl. Schon hatte er sich an der Spitze eines Haufens auf das Carroceio (den Fahnenwagen mit dem mailändischen Stadtbanner) gestürzt, als die „Schaar des Todes", 900 edle mailändische Jünglinge, welche geschworen hatten, das Heiligthum mit ihrem Leben zu schützen, herbeieilte und den Sieg der Deutschen in eine Niederlage verwandelte. Nur wie durch ein Wunder rettete sich Friedrich aus dem Getümmel.
Nach einem so harten Schlage blieb dem Kaiser nichts übrig als Frieden zu schließen. Im folgenden Jahre begab er sich mit ememzahlreichen und glänzenden Gefolge nach Venedig. Alexander [1177 erwartete ihn in geistlichem Schmucke auf den Stufen der Marcuskirche. Als ihn Friedrich erblickte, warf er den Mantel ab, ging ihm entgegen und küßte ihm die Füße; der Papst richtete ihn auf, gab ihm den Friedenskuß und ertheilte ihm seinen Segen. Ein aufrichtiger Friede kam zwischen den beiden Häuptern der Christenheit zu Stande. Mit den Lombard en wurde ein 6jähriaer Waffenstillstand abgeschlossen.
Nun kehrte Friedrich nach Deutschland zurück, um Gericht über Heinrich den Löwen zu halten. Er forderte ihn vor den Reichstag, und als der übermüthige Vasall auch nach viermaliger Vorladung nicht^ erschien, wurde er durch eiumüthigeu Beschluß der Fürsten in die Reichsacht gethan nnb aller seiner Lehen verlustig erklärt. Nach dreijähriger tapferer Gegenwehr sah stchnso
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Extrahierte Ortsnamen: Mailand Alessandria Deutschland Venedig Deutschland
190 V. Die Kreuzzüge.
Das Volk verehrte ihn als Heiligen und sammelte sogar die Haare, die seinem Maulthiere entfielen.
Mit Wohlgefallen sah Papst Urban Ii. die Wirkung, welche Peters Predigten überall hervorbrachten. Nachdem schon auf einer zahlreich besuchten Kirchenversammlung zu Piaceuza Viele das Gelübde abgelegt hatten, an dem beabsichtigten Zuge theilzn-nehmen, berief Urban für den Herbst desselben Jahres eine zweite 1095] Versammlung nach Clermont in Südfrankreich. Die weite Ebene, auf der sie abgehalten wurde, war mit einer zahllosen Menge höherer und niederer Geistlichen, Fürsten, Rittern und Männern aus dem Volke bedeckt. Noch einmal schilderte hier der Papst in einer von Thränen und Seufzern unterbrochenen und doch auch wieder feurigen Rede die Drangsale der Christen im Morgenlande und verhieß denen, welche an dem Zuge theilnehmen würden, Ablaß und ewigen Lohn im Himmel. Je länger er sprach, desto höher stieg die Begeisterung. Zuletzt blieb kein Auge trocken und keine Wange kalt, und vieltausendstimmig ertönte der Ruf: „Gott will es! Gott will es!" Bischof Adhemar von Puy, der schon einmal das heilige Land besucht, kniete zuerst vor dem Papste nieder und bat um die Erlaubniß, sich dem Zuge anschließen zu dürfen, und um den Segen des heiligen Vaters. Seinem Beispiele folgten viele der anwesenden Geistlichen und die Mehrzahl der Laien. Alle hefteten nach alter Pilgersitte und zum Zeichen des gemeinsamen heiligen Unternehmens ein rothes Kreuz auf ihre rechte Schulter.
Die Kunde von dem in Clermont gefaßten Beschlusse rief eine allgemeine Bewegung unter den Völkern hervor. Kein Stand, kein Alter wollte zurückbleiben. „Hinüber! hinüber!" tönte es von Aller Lippen. Der Landmann eilte vom Pfluge weg, der Hirt verließ seine Heerde, Ehegatten trennten sich, Eltern entzogen sich ihren Kindern, Mönche und Nonnen entliefen ihren Zellen, um in die Reiben der Gottesstreiter einzutreten. Wo die Begeisterung nicht half, da halfen andere Beweggründe. War ja doch den Kreuzfahrern völlige Vergebung der Sünden verheißen worden; auch sollte jede Zinszahlung ruhn und für die Hinterbliebenen väterlich gesorgt werden. Alles Geld und Gut aber, das die Ausziehenden zurückließen, versprach die Kirche in treue Obhut zu nehmen. _ Viele trieb auch die Lust zu Kampf und Abenteuern, die Aussicht auf Reichthümer, Schätze und Lebensgenüsse, auf Kronen und Herrschaften.
Zu Clermont war festgesetzt worden, daß nach vollbrachter Ernte des kommenden Jahres der Zug aufbrechen sollte. Aber einige beutelustige Schaareu konnten den bestimmten Zeitpunkt nicht erwarten und traten schon im Frühjahre den Marsch durch Deutschland und Ungarn nach Konstantinopel an. Da sie indeß auf dem Wege die größten Räubereien und Grausamkeiten verübten, so
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150 Ii. Die Karolinger im Frankenreiche.
herrschen. Aber schon nach drei Jahren starb der Letztere, und
nun verewigte Karl die Herrschaft des gesammten Frankenreiches tn„ feiner starken Hand. Er war ein Mann von hoher Gestalt kräftigem Körperbau, mit freier Stirn und feurigen Auaeu. Begabt mit großer leiblicher und geistiger Kraft, mit rastloser Thätia-keü, tiefer Einsicht und festem Willen, war er vor Allem berufen dem Abendlande Gesetze zu geben, es aber auch aus eine höhere Stufe der Bildung und Wohlfahrt zu erheben.
Unter den vielen Kriegen, die Karl während feiner 46jahriaen , ^.cntug zu führen hatte, war der mit den Sachsen der lana-772wtmglte und blutigste. Im Jahre 772 unternahm er feinen ersten Aug gegen die stets unruhigen Nachbarn. Bei Worms fetzten die Franken über den Rhein und zogen dann nordwärts nach jenen an Sumpfen und Wäldern reichen Gegenden, wo einst Varns seinen Untergang gefunden. Sie erstürmten die Er es bürg (an der Diemel, einem linken Zufluß der Weser) und zerstörten das in der Nahe befindliche alte Heiligthum des Volkes, die Jrmiuful. -;te Sachsen beugten sich der Uebermacht, schwuren Karl Treue und versprachen, die christlichen Missionare an ihrem Bekehrungswerke nicht zu hindern. Karl ließ Besatzungen in dem eroberten Lande zurück und zog zu neuen Kämpfen nach Italien.
Karl man ns Wittwe Gerberga war zu den Langobarden
geflohen und hatte deren König Desiderius bewogen, die Ansprüche .ihrer Sohne ans den fränkischen Thron zu unterstützen. Da über-774 stieg Karl mit einem Heere den Mont Cenis, schlug die Lougo-barden imd belagerte ihre feste Hauptstadt Pavia. Dann begabter sich zur Feier des Osterfestes nach Rom, wo ihm Papst Hadrian I. eme glänzende Aufnahme bereitete, die Karl durch Bestätigung der Pipmfchen Schenkung vergalt. Bald darauf mußte sich Pavia, erschöpft tmrch Hunger und Krankheiten, dem Belageruugsheer ergeben. Desiderius wurde gefangen genommen, und Karl ließ sich die lombardische Krone auffetzen. Kaum aber hatte er den Rücken gewandt, als sich auch die Großen des Landes gegen die neue Herrschaft empörten. Doch mit wunderbarer Schnelligkeit eilte Karl herbei, unterdrückte den Aufstand und vereinigte nun Norditalien vollständig mit dem Frankenreiche.
Unterdessen hatten auch die Sachsen neuen Muth geschöpft. Sie erhoben sich unter ihrem kühnen und streitbaren Herzog Wittu-kind, gewannen die Eresburg zurück, verjagten die fränkischen Besatzungen und trugen Brand und Verwüstung Über die Grenzen. Da erschien Karl, eroberte die Siegburg am Zusammenfluß der Ruhr und Lenne, nahm die Eresburg wieder ein und drang über die Weser bis an die Oker vor. Als er aber wieder gegen die Longobarden ziehen mußte, erneuerten die Sachsen ihr altes Spiel, belagerten und ^eroberten die Burgen und vertrieben die Besatzungen. Von Neuem führte Karl feine Heerhaufen nach der Weser, und so
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl_Treue Karl Karl_ließ Karl Karl_man_ns Wittwe_Gerberga Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
200
Vi. Das deutsche Reich zu Ende des Mittelalters.
glaubten des Ordens letzte Stunde gekommen. Doch noch einmal rettete ihn Heinrich von Plauen durch tapfere Vertheidiauua der Marrenburg und durch ein kräftiges Regiment vom Untergänge. Aber seine Kraft war gebrochen, die innern Verhältnisse unmer zerrütteter und fünfzig Jahre später mußten die 1456j Rüter tm Frieden zu Thorn Westpreußen an Polen abtreten und für Ostpreußen, das ihnen verblieb, die polnische Oberho he rt anerkennen.
Hochmeister Albrecht von Hohenzollern trat zur Reformation )oste den Orden auf und verwandelte Preußen in ein welt-1d25] lrches Herzogthum.
Vi. Das deutsche Reich }u Ende -es Mittelalters.
1. Rudolf von Habsburg.
Das Haus Hohenstaufen hatte dem deutscheu Reiche tüchtige Herrscher gegeben. Aber während diese in Italien kämpften, blieben dre pursten sich selbst überlassen und suchten sich in ihren Landen so viel als möglich unabhängig zu machen. Dadurch sank das karserüche Ansehn so sehr, daß nach dem Tode Wilhelms von lo’-e 10??^ Rutscher Fürst besonders lüstern war, die Krone izob—ö\ zu tragen. So trat ein Interregnum (Zwischenreich) em, und 17 Jahre lang war das Reich ohne Oberhaupt; denn die beiden fremden Fürsten Richard von Cornwallis (England) und Alfons der Weise von Castilien, au die man die Krone vergab, kamen wenig oder garnicht nach Deutschland. Alle Bande der Zucht und Ordnung lösten sich in dieser „kaiserlosen schrecklichen Zeit . Fürsten und Herren handelten ganz nach eigenem Gutdünken, unaufhörliche Fehden beunruhigten das Land; die Ritter sperrten mit ihren Burgen die Straßen, drückten Handel und Wandel durch schwere Zölle und überfielen und beraubten die vorüberziehenden Kaufleute; Kunst und Gewerbe lagen darnieder, kaum durfte der wohlhabende Bürger sich ruhig seines Besitzes freuen: kein andres Recht galt mehr als das Fanstrecht.
Solche Zustände ließen das deutsche Volk lebhaft wünschen, end-einen kräftigen Herrscher an der Spitze zu sehen, und auch dre Fürsten konnten jich nicht verhehlen, daß ein solcher dem Reiche noth that. Da sie aber ihre gewonnene Selbständigkeit nicht gern aufgeben mochten, so wählten sie nicht den mächtigen Ottokar von li 73—1291] Böhmen, sondern den Grafen Rudolf von Habsburg, den Sprößling eines in Schwaben und im Elsaß reich begüterten Geschlechts. Man hätte keine bessere Wahl treffen können. Rudolf stand wegen seiner Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeitsliebe und
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Plauen Heinrich Albrecht_von_Hohenzollern Albrecht Rudolf_von_Habsburg Rudolf Wilhelms Wilhelms Rutscher_Fürst Richard_von_Cornwallis Alfons Ottokar Ottokar Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Marrenburg Thorn Italien England Deutschland Schwaben
2. Dcr Krieg in Böhmen, in bcr Pfalz und in Niedersachsen. 265
Stirn, kleine stechende Augen und kurzes, dunkles Haar. Stets umgab ihn tiefes Schweigen; er selbst sprach sehr wenig, aber dann mit einer Bestimmtheit, die alle Gegenrede abschnitt. Von seinen Untergebenen verlangte er unbedingten Gehorsam; bei dem geringsten Vergehen gegen seine Befehle konnte man ihn kurz entscheiden hören: „Laßr die Bestie hängen!" Dafür vergönnte er aber auch seinen Soldaten ein lustiges Leben, sah ihnen bei allen Ausschweifungen durch die Finger, belohnte fürstlich und ließ den gemeinsten Krieger zu den höchsten Stellen aufrücken, sobald er sich auszeichnete.
Tilly stand mit seinem Heere an der Weser, während Wallenstein an der Elbbrücke bei Dessau Stellung nahm. Hier griff ihn Mansfeld an, erlitt aber eine vollständige Niederlage. Von Wallenstein verfolgt, wandte sich der geschlagene Feldherr nach Ungarn, um sich mrt Bethlen Gabor zu vereinigen.
Da indeß der Letztere mit dem Kaiser Frieden schloß, suchte Maus-feld über Venedig nach England zu entkommen. Unterwegs befiel ihn in einem Dorfe unweit Serajewo in Bosnien ein hitziges Fieber, und iu voller Waffenrüstung und auf zwei Adjutanten gestützt, erwartete er aufrecht stehend den Tod. Kurz vorher war auch Christian von Braunschweig den Folgen seines wüsten Kriegslebens in einem Alter von 27 Jahren erlegen.
Art der Weser hatte der Krieg anfangs nur geringen Fori-gang genommen. Endlich kam es nach mancherlei kleineren Gefechten bei Lutter am Barenberge zur Entscheidung, und Tilly er- [1626 rang über das niedersächsisch-dänische Heer einen vollständigen Sieg. König Christian Iv. mußte nach Dänemark entweichen, rüstete indeß von Neuem und stand bald wieder mit einem Heere an der Elbe. Da eilte Wal len st ein aus Schlesien herbei, trieb den Gegner zurück und durchzog verheerend Holstein, Schleswig und Jütland. Dann eroberte er Mecklenburg und bewog deit Kaiser, die Herzöge förmlich zu entsetzen und ihn selbst mit ihrem ^ande zu belehnen. Der ehrgeizige Feldherr hegte keinen geringeren Plan, als eine Seemacht im Norden zu gründen. Dazu erschien ihm der Besitz Stralsunds von besonderer Wichtigkeit. Aber trotz seiner prahlerischen Aeußerung, die Stadt nehmen zu wollen, und wenn sie mit Ketten art den Himmel gebunden wäre, vermochte er boch der mnthvollen Vertheidigung der Bürger gegenüber nichts auszurichten. Zugleich machten England, Frankreich und Schweden Miene, für den König von Dänemark Partei zu ergreifen. Dies bewog Wallenstein, mit Christian den Frieden zu Lübeck zu schließen, der dem Kaiser völlig freie Hand in Nord-dentschland ließ.
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Extrahierte Personennamen: Tilly Gabor Christian_von_Braunschweig Tilly Christian_Iv Dänemark Christian
Extrahierte Ortsnamen: Niedersachsen Dessau Mansfeld Ungarn England Bosnien Dänemark Holstein Schleswig England Frankreich Schweden Nord-dentschland
270 Iii. Der dreißigjährige Krieg.
auf, in dessen Nähe Tilly Stellung genommen hatte. Bei dem ?i 1 Dorfe Brcitenfeld kam es zur Schlacht. Während die Sachsen 1631 J schon beim ersten Ansturme die Flucht ergriffen, hielten die Schweden wacker Stand und errangen zuletzt durch ihre Tapferkeit und das Feldherrntalent ihres Königs einen vollständigen Sieg. Mehrmals verwundet, entging Tilly nur mit genauer Noth der Gefangenschaft. Zu Halb er stadt sammelte der geschlagene Feldherr die Trümmer seines Heeres, zog Verstärkungen aus Westfalen an sich und ging nach Süddeutschland zurück, um Baiern zu vertheidigen.
Während die Sachsen in Böhmen einrückten, zog Gustav Adolf über Erfurt und durch den Thüringer Wald nach Franken und von da den Main abwärts nach dem Rheine. Aller Orten jubelten ihm die Protestanten zu und begrüßten in dem Heldenkönige ihren Erretter von schwerem Glaubensdrucke; auch die Fürsten traten nun offen an seine Seite. Die eroberten Städte und Bisthümer mußten ihm huldigen; in Würz bürg errichtete er eine schwedischelandesregierung. Im folgenden Frühjahre setzte er seinen Zug nach dem Süden fort, und Anfang i632april stand er an den Thoren Baierns, am Lech. Tilly hatte am jenseitigen Ufer (bei Rain, nördlich von Angsburg) eine feste Stellung eingenommen. Aber im Angesichte des Feindes und unter dem heftigsten Geschützfeuer bewerkstelligte Gustav Adolf den Uebergaug über den Flu§ und nöthigte die Gegner zum Abzüge. Baiern stand dem Sieger offen, und Mitte Mai hielt dieser seinen Einzug in München. Manche aus der Umgebung des Königs riethen diesem, Magdeburgs Schicksal an der Hauptstadt des größten Widersachers der evangelischen Lehre zu rächen. Doch Gustav Adolf verschmähte es und begnügte sich mit der Zahlung einer bedeutenden (Kontribution.
Tilly hatte sich schwerverwundet nach Ingolstadt begeben, wo er 15 Tage später starb. Er war eine kleine, unscheinbare Gestalt und hatte eine häßliche, fast abschreckende Gesichtsbildung. In der Regel trug er einen hoch aufgestutzten Hut mit einer rothen Feder, die ihm über den Rücken herabhing. Gegen seine Umgebung war er kalt und verschlossen, gegen die Soldaten streng, aber gerecht. Das Elend, das er über viele Gegenden brachte, rührte ihn wenig; aber nie übte er Grausamkeit und Härte aus Uebermuth; Zweckmäßigkeit war die einzige Richtschnur seines Handelns. Uneigennützig verschmähte er es , sich mit Geld und Gütern zu bereichern oder Titel und Würden anzunehmen. Der römischen Kirche war er eifrig ergeben, und seinem Kurfürsten ist er bis an sein Ende ein treuer Diener geblieben.
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Extrahierte Personennamen: Tilly Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly
1. Vorbereitung der Reformation. Johann Huß und die Hnssiten. 233
vom Bilderdienst und vom Ablaß, und fand in allen Ständen warme Anbänger. Der Papst untersagte ihm das Predigen und forderte ihn zur Verantwortung nach Rom. Huß, vom^ König Wenzel geschützt, leistete keine Folge und berief sich auf die Cnt-scheiduug durch ein allgemeines Concil. Da sprach der Papst über ihn und Hieronymus deu Bann aus und belegte Prag mit dem Interdikt/ Auf den Wunsch des Königs, dem die wachsende Bewegung Besorgniß einflößte, verließ Huß die Stadt, die Zeit seiner Verbannung zur Abfassung gelehrter Schriften benutzend.
Huß und seine Freunde standen mit ihren Resormaüons-bestrebnngen nicht allein. Kaiser und Fürsten, Geistliche und Laien fühlten das Unerträgliche des bisherigen Zustandes, die ganze Christenheit sehnte sich nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern. Allerdings hatten auch grade jetzt die eingerissenen Unordnungen den höchsten Grad erreicht. Schon seit 1378 gab es zwei, seit 1409 sogar drei Päpste zu gleicher Zeit, von denen jeder der rechtmäßige zu sein behauptete und die andern mit Bann und Schmähungen verfolgte. Wiederholte Versuche, deu ärgerlichen Zwiespalt zu beseitigen, scheiterten an dem Widerstände der unwürdigen Nachfolger Petri. Da kam endlich auf Betreiben einiger ausgezeichneten Männer, denen das Wohl der Kirche am Herzen lag, und bntch die Bemühuugeu Kaiser Sigismunds ein allgemeines Concil (Kirchenversammlung) zu Kostnitz zu Stande. 1414 Was das Abendland an kirchlicher Würde, an fürstlicher Hoheit, an wissenschaftlicher Geisteskraft besaß, das vereinigte sich hier, um das große Werk der Kirchenverbesserung zu unternehmen. Von den drei Päpsten war nur Johann Xxiii. erschienen.
Vor diese Versammlung wurde Huß geladen, um sich wegen seiner Lehre zu verantworten. Kaiser Sigismund sicherte ihm freies Geleit zu, und König Wenzel gab ihm drei böhmische Edelleute zur Begleitung mit. Trotzdem wurde er wenige Wochen nach seiner Ankunft in Kostnitz gefangen gesetzt. Sigismund, der erst später eintraf, war heftig erzürnt, daß man keine Rücksicht auf sein kaiserliches Wort genommen. Aber man wußte ihn zu beschwichtigen, indem man geltend machte, daß Niemand verbunden sei, einem Ketzer Treu und Glauben zu halten. Umsonst suchte man Huß zum Widerruf zubewegen; er blieb unerschütterlich und berief sich auf öffentliches Verhör vor dem Concil. Aber als er endlich nach halbjähriger Kerkerhaft vor die Versammlung gestellt wurde, ließ man ihn kaum zu Worte kommen, sondern verlangte einfachen Widerruf. Doch der glaubensstarke Mann beharrte mit aller Festigkeit der Seele bei seiner Ueberzeugung. So erfolgte denn seine Vernrtheiluug zum Feuertode. Als der Holzstoß au- p>- 3ua gezündet war, hörte man ihn zweimal beten: „Herr Jesu Christe, ‘ 1410 erbarme dich meiner!" Dann erstickte der Ranch seine Stimme. Seine Asche wurde in deu Rhein gestreut, damit von dem „ver-
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Extrahierte Personennamen: Johann König_Wenzel Sigismunds Johann_Xxiii Johann Sigismund Sigismund Jesu_Christe
1. Geistesleben der Griechen. 41
Glückes. Einige solcher Sprüche und Lebensregeln werden an die Namen der sogenannten „sieben Weisen" geknüpft.
„Maß zu halten ist gut", das lehrt Kleobulus von Lindns;
„Jegliches vorbedacht", heißt Ephyra's Sohu Periander;
„Wohl erwäge die Zeit", sagt Pittakns von Mitylene;
„Mehrere machen es schlimm", wie Bias meint, der Priener;
„Bürgschaft bringet Dir Leid", so warnt der Milesier Thales;
„Kenne dich selbst", so befiehlt der Lacedämonier Chilon;
Endlich: „Nimmer zu sehr", gebeut der Cekropier Solon.
Thales gehört schon einer neuern Richtung der Philosophie an, die sich von dem praktischen Leben abwandte und den Urgrund und das Wesen aller Dinge zu erforschen suchte. Der Größte unter den Denkern dieser Zeit ist Pythagoras zu Kroton in 550 Unteritalien. Seine Lehren gründeten sich auf die Wissenschaft der Mathematik, wie er denn auch als Erfinder des nach ihm benannten pythagoreischen Lehrsatzes bekannt ist, dessen Ausfiuoung ihm so viel Freude machte, daß er zum Dank den Göttern eine Hekatombe opferte. Mit den vielen Schülern, die seine Weisheit ihm zuführte, bildete er einen Buud, dessen Mitglieder theils wissenschaftliche Zwecke verfolgeu, theils nach der Theilnahme an der Staatsregierung trachten sollten, damit die öffentlichen Angelegenheiten durch Besonnenheit und Weisheit und nicht durch Leidenschaft und Beschränktheit geleitet würden. Die ganze Lebensweise der Pythagoreer war eine streng geregelte. Sie hatten gemeinschaftliche Uebungen des Leibes und Geistes, gemeinschaftliche Mahlzeiten und gemeinschaftliche gottesdienstliche Handlungen; sie erkannten sich an bedeutungsvollen Sprüchen und Zeichen und an einer besondern leinenen Kleidung.
Der menschliche Geist durchmaß immer neue Bahnen. Ein Denker verdrängte des andern Lehren, ehe diese noch zu allgemeiner Geltung gelangt waren. Die Philosophie sank allmählich zum Gewerbe herab, das ihren Lehrern Ruhm, Geld und Ansehen verschaffen sollte. An die Stelle des unbefangenen Glaubens trat eine Aufklärung, die das Herz kalt und leer ließ. Den schädlichen Einwirkungen der neuen Weisheitslehrer („Sophisten") zu steuern, setzte sich Sokrates in Athen zur Lebensaufgabe. Er war der Sohn eines Bildhauers und von diesem selbst zur Bildhauerkunst angehalten worden; doch trieb er sie ohne Neigung und nur, um sich die nothwendigen Lebensbedürfnisse zu verschaffen. Diese waren äußerst gering. „Nichts bedürfen", sagte er, „ist göttlich; wer am wenigsten bedarf, kommt der Gottheit ant nächsten." So sah man ihn denn barfuß und in ärmlicher Kleidung einhergehen und heiteren Antlitzes die größten Entbehrungen erdulden. Regelmäßige, strenge Leibesübungen hatten seinen Körper gegen Hunger, Kälte, Hitze und jedes Ungemach so abgehärtet, daß er ohne sonderliche Mühe die Strapazen der Feldzüge ertragen
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1. Sparta. Lykurg. 27
tigert Kriegern heranzubilden. Zu diesem Zwecke gewöhnte er sie vor Allem an eine einfache, rauhe Lebensweise. Aller Aufwand in Kleidung, Geräth und Nahrung war verboten, kein Luxus, keine Schwelgerei wurde geduldet. Niemand war es gestattet, für sich allein zu speisen; die Mahlzeiten waren öffentliche und gemeinschaftliche, und Jeder mußte dazu einen monatlichen Beitrag an Mehl, Wein, Käse, Feigen und Geld liefern. Das Hauptgericht war die berühmte „schwarzesnppe", eiu Gemisch aus Schweinefleischbrühe, Blnt, Essig und Salz. Und damit das Volk nicht verweichlichte und fremde Sitten und Lebensweise annähme, war es verboten, außer Landes zu gehen. Ans demselben Grunde führte Lykurg auch eisernes Geld ein, welches jeden Verkehr mit den Nachbarvölkern unmöglich machte. Seitdem verschwand Diebstahl und Betrug aus Sparta, aber auch Künste und Gewerbe waren damit aus dem Lande verbannt.
Mit diesen Einrichtungen hing auch die strenge spartanische Erziehung zusammen, auf die Lykurg sein besonderes Augenmerk richtete. Neugeborne Kinder wurden untersucht und nur die kräftigen aufgezogen, die mißgestalteten und schwächlichen dagegen ohne Erbarmen ausgesetzt. Hatten die Knaben das Alter von sieben Jahren erreicht, so wurden sie aus dem elterlichen Hause entfernt und öffentlichen Erziehungsanstalten übergeben. Hier wuchsen sie zusammen auf, aßen, spielten und lernten gemeinschaftlich. Der Unterricht bestand hauptsächlich in Leibesübungen, im Laufen, Ringen, Springen, Diskus- und Speerwerfen, sowie im Gebrauch der Waffen. Dabei betraten die Jungen unbeschuht den steinigen Boden, gingen bei kurz geschorenem Haar ohne Kopfbedeckung, trugen nur ein einfaches Oberkleid, badeten sich fleißig im Flusse Eurotas und schliefen auf Schilfrohr, das sie sich selbst brechen mußten. Ihre Mahlzeiten waren sehr kärglich, doch gestattete man ihnen, um sich die für den Krieg nöthige List und Verschlagenheit anzueignen, sich Speise zu stehlen; wer sich aber ertappen ließ, mußte mit Seh lägen oder Hunger büßen. Auch sonst wurde jedes Vergehen, jede Versäumniß mit Stockschlägen oder Geißelhieben bestraft. Hm Schmerzen ertragen zu lernen, wurden die spartanischen Knaben am Feste der Artemis bis aufs Blut gegeißelt, und keiner durfte eine Miene verziehen. Auf geistige Ausbildung legte man wenig Werth, dagegen gewöhnte man die Knaben früh, ihre Gedanken kurz und bündig auszudrücken, wie denn die sinnvolle Kürze der „lakonischen" Redeweise sprichwörtlich geworden ist.
Nachdem Lykurg seine Gesetzgebung beendet hatte, nahm er dem Volke einen Eid ab, nichts an derselben zu ändern, bis er von einer Reise nach Delphi zurückgekehrt sei. Dort erhielt er deu Bescheid, seine Gesetze seien vortrefflich, und Sparta würde groß und .'glücklich sein, so lange es an ihnen festhielte. Da beschloß er sein Leben freiwillig zu enden, damit seine Mitbürger nie ihres Eides
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2. Athen. Solon. 29
kund und drohte in offenen Aufruhr überzugehen. Da wurde Solon der Retter seines Volkes. 594
Solon stammte aus königlichem Geschlechte. Eine unermüdliche Lerubegierde erfüllte ihn von früher Jugend an, und diese veranlaßte ihn auch, aufreiseu zu geheu, um die Welt zu erkunden und seine Kenntnisse zu bereichern. Aber mitten in der Unruhe des Wanderlebens blieb er mit seinem ganzen Sinnen und Trachten der Heimath zugewandt, und bei allem, was er beobachtete, überlegte er, wie er es für seine Vaterstadt verwerthen könne. Bald stieg denn auch fein Ruhm und sein Ansehen so hoch, daß er an die Spitze der Regierung berufen wurde, mit dem Aufträge die verwirrten Verhältnisse durch eine neue Staatseinrichtung zu ordnen.
Zunächst war es Solon darum zu thun, die Lasten des Volkes zu erleichtern. Er verordnete, daß alle wegen Schulden in Knechtschaft gehaltenen attischen Bürger in Freiheit gesetzt würden, und daß sich auch, fernerhin der Gläubiger nicht mehr an der Person des Schuldners vergreifen dürfe. Um die Rückzahlung eines Kapitals zu erleichtern, ließ er leichteres Geld prägen und bestimmte, daß alle nach altem Gelde gemachten Schulden in der neuen Münze bezahlt würden. Und damit auch in Zukunft der Bauer gegen die Habsucht der reichen Grundbesitzer gesichert sei, wurde der Zinsfuß herabgesetzt und die Bestimmung getroffen, daß Niemand mehr als ein gewisses Maß von Grund und Boden besitzen dürfe. Um Rechten und Pflichten in ein gleiches Verhältniß zu setzen, theilte Solon die Bürger nach ihrem Einkommen in vier Klaffen. Nur die Glieder der drei ersten Klassen hatten Zutritt zu den Staatsämtern, während die der vierten einzig an der Volksversammlung Theil nahmen. Dafür dienten die Ersteren als Schwerbewaffnete (Hopliten) im Landheer und auf der Flotte, die Letzteren als Leichtbewaffnete oder Matrosen. Rüstung und Waffen hatte sich Jeder selbst zu beschaffen, besondere Stenern wurden nur in Kriegszeiten erhoben.
An der Spitze der Staatsverwaltung standen neun Archonten.
Sie wurden ans der höchsten Vermögensklasse gewählt, mußten 30 Jahr alt sein und bekamen keine Besoldung. Die entscheidende Stimme in allen öffentlichen Angelegenheiten hatte die Volksversammlung, an welcher alle Athener, die das 20. Jahr überschritten und im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte waren, Theil nehmen durften. Sie trat wenigstens viermal im Jahre auf offenem Markte zusammen, um die Wahl der Beamten vorzunehmen oder über Krieg, und Frieden, über Waffenstillstand und Bündnisse, über Erlassung neuer oder Abschaffung alter Gesetze zu berathen. Mitten inne zwischen den Archonten und der Volksversammlung stand der Rath der Vierhundert, dessen Mitglieder ans den drei oberen Klassen durchs Loos erwählt wurden und ebenfalls keinen Gehalt bezogen. Er hatte alle Anträge, welche das öffentliche Wohl be-
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