kämpfte. Man kann sagen, ein solches Zeitalter fand in Philipp Ii.
(1556—1598) den entsprechenden König und Gebieter, der mit un-
beugsamer Beharrlichkeit das eine politische Ziel verfolgte, den alten
Glauben gegen alle Anfechtungen der Glaubensneuerung zu ver-
teidigen und ihm zum Triumphe zu verhelfen. Er schuf sich in dem
Escorial in dem Guadarramagebirge seinen charakteristischen Palast
und Wohnsitz. Dieses Klosterschloß wurde zu Ehren des heiligen
Laurentius erbaut, und da der Heilige auf einem Roste gemartert
wurde, so gab man dem riesigen Gebäude die Gestalt eines Rostes.
Das Gebäude enthält 20 Hose, 96 Kreuzgänge, 890 Thüren,
1000 Säulen, 5000 Fenster und hat 5 Billionen Dukaten gekostet.
Und von diesem Schlosse aus regierte Philipp sein unermeßliches
Reich nach starren, argwöhnischen Grundsätzen, ganz wie ihn Schüler-
in seinem Ton Carlos uns geschildert hat. Damals war wirklich
die beherrschte Monarchie noch unermeßlich. Denn außer den nieder-
ländischen und italischen Besitzungen waren die reichsten Lande Ame-
rikas, Mexiko, Peru nebst Quito, Ehile u. s. w., ihm unterthan. Man
hat nachgerechnet, daß Spanien allein aus Peru in 248 Jahren
9 Milliarden Piaster erpreßt hat. Und heutzutage ist Spanien von
diesem kolossalen auswärtigen Besitz nichts mehr geblieben. Die
fleißigen Niederlande, das paradiesische Neapel sind von Spanien
losgetrennt, zu Ansang des 19. Jahrhunderts begannen die amerika-
nischen Kolonieen ihren erfolgreichen Unabhängigkeitskampf, und noch
ehe das Jahrhundert seine ehernen Pforten schloß, verloren die
Spanier im Kampse mit den Amerikanern auch noch ihre letzten
Kolonieen, Kuba und die Philippinen. Gegenwärtig sind 2 un-
bedeutende Küstenstriche an der Westküste Afrikas, sowie Ceuta und
die afrikanischen Inseln: die Kanarien, Fernando Po und Annabon
die letzten armseligen Reste eines einst weltberühmten Kolonialreiches.
Die Erwerbungen in der neuen Welt sind auf das Heldenzeitalter
um den Beginn der Neuzeit zurückzuführen, wo die spanischen und
portugiesischen Entdecker den Königen ihrer Heimatländer die un-
ermeßlichen Ländereien in Amerika und Asien erwarben. Damals
erbat sich der König von Frankreich von dem König von Portugal
eine Abschrift des Testamentes Adams, wonach die Könige von Por-
tugal und Spanien zu Erben der Welt eingesetzt wären. Sehr
charakteristisch war es, daß die Romanen allein der Golddurst von
Erwerbung zu Erwerbung leitete, sie suchten das „Eldorado" (Gold-
land), und auf dem erbeuteten Golde ruhte der Fluch, es machte
seine Besitzer nicht froh, wie das in dem tiefsinnigen Märchen vom
Nibelungenschatze in deutscher Herzinnigkeit uns erzählt wird. Das
Gold nahm durch Spanien nur seinen Durchgang; andere Länder
wurden reich, Spanien verarmte, und Philipp starb als „Bettler".
Acan hat daraus hingewiesen, daß Philipp, der 1580 auch noch Por-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Philipp Philipp Carlos Philipp Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Mexiko Peru Quito Spanien Peru Spanien Niederlande Neapel Spanien Kuba Afrikas Ceuta Amerika Asien Frankreich Portugal Spanien Spanien Spanien
— 67 —
werk der römisch-katholischen Kirche betrachtet werden. Diesen Ruf
hat es sich seit Kaiser Ferdinand Ii. erkämpft. Schon war in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Protestantismus im Oster-
reichischen gewaltig verbreitet. Um 1560 rechnete man 20, ja
60 Lutheraner auf einen Katholiken, um 1600 war in Kärnten
nur der zwanzigste Teil der Bewohner katholisch, da kam die er-
folgreichste Reaktion der katholischen Kirche. Ferdinand Ii., der in
Steiermark, wo er srüher herrschte, mit eisernem Besen die neue
Lehre ausgerottet und der in Loretto gelobt hatte, seine Dienste wie
in Spanien Philipp Ii. dem alten Glauben zu weihen, ist nach seinem
Siege in Böhmen auf das unbarmherzigste darauf bedacht gewesen,
alles in seinem Lande katholisch zu machen. Er wolle lieber in einer
Wüste herrschen, sagte er, als über einen Staat voll Ketzer. Und
wirklich haben er und seine.nachfolger es erreicht, daß der Katho-
licismus uneingeschränkt in Österreich Geltung hat. Im 18. Jahr-
hundert ist ein zweiter unduldsamer Fürst in den Gebieten, die jetzt
im österreichischen Staatenleibe vereinigt sind, zu erwähnen. Es ist
der Erzbischof Firmian von Salzburg, der seine protestantischen Unter-
thanen grausamer Weise aus dem Lande trieb. Zum Glück fand sich
ein Landesfürst, Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der die Ver-
triebenen mit offenen Armen aufnahm und ihnen in Litauen neue
Wohnsitze anwies. Heute bilden diese Salzburger Kolonisten einen
erfreulichen und wertvollen Zuwachs der alteinheimischen preußischen
Bevölkerung, und die damals geübte fürstliche Wohlthat hat tausend-
fältige Frucht getragen. — Ist nun aber auch Osterreich ein Hort
des Katholicismus, so hat darum doch nicht die ganze Monarchie
einen einheitlichen Glauben. Je weiter nach Osten, desto bunter wird
die Mischung, und in einzelnen Städten hat man viererlei, sogar
sechserlei Gotteshäuser. Da finden sich Anhänger der griechischen
Kirche, die aber noch den Papst als Oberhaupt anerkennen, daneben
aber auch orthodoxe Griechen, die sich ganz losgesagt haben;
Evangelische Augsburger Konfession erscheinen neben Evangelischen
Helvetischer Konfession. Die Israeliten bilden mit fast 2 Millionen,
namentlich in Galizien, einen starken Prozentsatz der Bevölkerung,
und endlich zählt „die apostolische Majestät" des österreichischen Kaisers
seit der Besitzergreifung von Bosnien und der Herzegowina auch
islamitische Unterthanen, die durch die Stimme der Muezzine in
ihre Moscheen gerufen werden.
Die zweite Kulturaufgabe, die Osterreich seit je obgelegen hat
und die auch heutzutage als sein nobile officium zu betrachten ist,
besteht darin, das Deutschtum unter dieser östlichen und fremdartigen
Bevölkerungswelt aufrecht zu halten und ihm stets und immer den
gebührenden Rang in dem seltsamen Völkergemisch zuzuweisen. Wie
ein Keil schiebt sich das Deutschtum an der Donau zwischen den
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ii Ferdinand Ferdinand_Ii Ferdinand Philipp_Ii Philipp Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I.
— 77 —
große Tiefebene Ungarns die Pußten, große Weidebezirke oder Ge-
biete mit erstaunlichem Getreidewuchse. In Bezug auf diese charak-
teristifchen Flächen hat ein ungarischer Staatsmann gesagt „in Ungarn
ist alles anders als drüben in Osterreich, sogar die Luft ist anders".
Kein Baum findet sich in diesen ungeheuren Ebenen, nur ab und
zu ein Ziehbrunnen und eine Ezarda, und was uns Norddeutschen
das merkwürdigste ist, nirgends giebt es einen Stein, so daß Kinder,
die zum erstenmal aus der Pußta in steiniges Land kommen, mit
den Steinen wie mit Puppen spielen. Von der kolossalen Getreide-
ernte des Landes haben wir schon im ersten Teile gesprochen 1 und
müssen hier noch als ein besonders ausgezeichnetes Gebiet den Banat
hervorheben. Von Zenta an der Theiß südlich beginnt die ungarische
„schwarze Erde", die eine der reichsten Provinzen der österreichischen
Monarchie genannt werden muß, und zwar ist ihre Ergiebigkeit drei-
facher Natur. Sie liefert den besten Weizen, der Bergbau hat reiche
Erträge, und endlich finden sich dort auch vorzügliche Steinkohlen.
Über die Donau hinaus stößt an diesen fruchtbaren Strich „das
kleine Paradies" Syrmium, die östlichste Ecke Slavoniens im Fluß-
Winkel zwischen Donau und Save. Zum Zeichen, wie heiß diese
Landstriche umstritten gewesen sind, sehen wir hier Peterwardein
emporragen, „das ungarische Gibraltar". So wie das eigentliche
Gibraltar als Fels sich zwei Meeren entgegenstemmt und die Meeres-
waffer an seiner Stirnseite branden läßt, so sah hier die ungarische
Festung den Kamps zwischen Christentum und Islam hin und her
wogen und blieb dem, der sie besaß, ein fester Hort. Endlich haben
wir noch in der südöstlichen Ecke des Landes in seiner Gebirgs-
umwallung Siebenbürgen. Das ist uns ein teures Land; denn
zwischen Rumänen und Szeklern wohnen hier „auf dem Königsboden"
die „Sachfen", also Deutsche. Die Sage erzählt, daß, als der ver-
wünschte Rattensänger von Hameln die verzauberten Kinder in einen
Berg geführt hätte, der sich hinter ihnen schloß, sie hier wieder zum
Vorschein gekommen wären. Und treu und gewissenhaft haben sich
diese Deutschen in dem fernen Osten ihre Nationalität gewahrt; die
ganze Gegend glänzt durch den Fleiß, Wohlstand und die Sittlichkeit
der Bewohner. Siebenbürgen ist überhaupt ein wertvoller Besitz der
Krone, z. B. der Bezirk von Vöröspatak wird für das reichste Gold-
land Europas gehalten, die Pferde des Landes find vorzüglich, und
namentlich besitzt Siebenbürgen ebenso wie Slavonien schöne Wal-
düngen; fast 2/5 sind dort wie hier mit Wald bestanden, und wir
haben schon im ersten Teile ein Urteil über den ungeheuren Reichtum
an wertvollen Stämmen in Slavonien angeführt. 2
1 to. 61.
2 S, 65.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Zenta
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Osterreich Donau Hameln Europas Slavonien
— 85 —
Landesstücke Zwist mit den Nachbarn in übergroßem Maße hervor-
gerufen hat. Osterreich hat in seiner Geschichte eine stattliche Reihe
guter Feldherren auszuweisen; des Prinzen Eugen „haben wir schon
gedacht, wir nennen noch drei Namen, die über Osterreich hinaus
einen guten Klang gehabt haben: Radetzky und ^ie beiden Erzher-
zöge, Bater und Sohn, Karl und Albrecht, die Zieger von Aspern
1809 und Custozza 1866. Die österreichische Armee war meist gut
bewaffnet, und auch in dem Kriege von 1866 mußten die preußi-
schen Truppen die Überlegenheit der österreichischen gezogenen Kanonen
recht schmerzlich empsinden. Österreich hat sich sodann immer durch
kühne Seesahrer und verdiente Admirale ausgezeichnet. Ebenfalls in
dem oben erwähnten Kriege von 1866 siegte Tegetthof über die
Italiener bei Lissa, und die Weltreise der Novara, sowie die Nord-
polfahrt von Weyprecht und Payer 1872 — 74, die zur Entdeckung
des Franz Josephslandes führte, sichern Österreich in der Geschichte
der Seefahrten für immer einen „ehrenvollen Platz. Überhaupt finden
Geographie und Geologie in Öfterreich die dankenswerteste Förde-
rung, und auch die anderen exakten Wissenschaften sind rühmlichst in
dem Donaustaate vertreten. Die Heilkunde hat daselbst unter ihren
Vertretern und Forschern so berühmte Namen gezählt wie Rokitansky
und Billroth, und die Wiener Krankenhäuser und „Kliniken genießen
eines Weltruses. Eine erfreuliche Pflege fand in Österreich auch die
Geschichtswissenschaft; namentlich haben die reichen Benediktiner- und
Eisterzienserabteien, die mit ihren großen Bibliotheken und der ganzen
prächtigen Ausstattung recht zum Gelehrtensleiß und Studium ein-
laden, gediegene geschichtliche Arbeiten zu Tage gefördert. In die
Freude über die fortgesetzten lauteren Errungenschaften, die die
Wissenschast hier zu gewinnen hatte, mischen sich seit den letzten
Jahrzehnten allerlei Mißtöne, die von der seit Palaky wenig skrupel-
losen tschechischen Geschichtsforschung herrühren. Man will die über-
legene deutsche Kultur durch allerlei Übertreibungen, ja sogar Fäl-
schungen in betreff der eingeborenen tschechischen Litteratur aus dem
Sattel zu heben und zu übertrumpfen fuchen.
Auf dem Gebiete der Wissenschast sehen wir in Österreich zwar
ein ernstes Streben; aber der Erfolg ist doch nur der, daß im großen
und ganzen auch dieses Reich hinter anderen Kulturnationen nicht
zurückbleibt; aus dem Gebiete der Kunst dagegen, und zwar der Kunst,
die am meisten an ihren himmlischen Ursprung zu erinnern im stände
ist, nämlich — der Musik hat Österreich vor den übrigen einen weiten
Vorsprung gewonnen. Man könnte sagen, in dieser Beziehung ist
das Donaureich das rechte Gegenstück zu England. Hier ein Mangel
an musikalischer Besähigung, und seit Händels Zeit müssen fremde
Komponisten der nationalen Unfähigkeit zu Hilfe kommen; in Öfter-
reich durch alle Volksklassen hin, sowohl bei Slaven, Magyaren wie
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Eugen Radetzky Karl Karl Albrecht Albrecht Lissa Franz Rokitansky Palaky
Extrahierte Ortsnamen: Osterreich Osterreich Aspern Donaureich England
— 89 —
Fahrt als Brennholz verkauft, und dieser ganze Vorgang ist den Be-
wohnern von Ost- und Westpreußen wohl bekannt. Auch dorthin
kommen die Weichsel herab oder aus der Memel und durch die Kanal-
Verbindungen in den Pregel bis Königsberg barackenähnliche Flöße
aus Polen und bringen Flachs oder Getreide. Die fahrzeugähnlichen
hölzernen Kasten sind die Wittinnen, und die Wittinniker heißen aus
der Weichsel Fliffaken, in Königsberg Dzimken. Auch hier werden die
Fahrzeuge, wenn die Ladung gelöscht ist, an die Holzhandlungen verkauft.
Das Üble bei der Wolgastraße ist nur, daß der Fluß in ein
Binnenmeer mündet. Der Kaspische See ist eine Singularität in
der Geographie, „der größte Steppensee", noch umfangreicher wie
die Ostsee und ganz abgeschnitten von aller Meeresverbindung. Sein
Spiegel liegt 26 m tiefer als das Meeresniveau, er ist in seinem
südlichen Teile bis 1000 vi tief, allerdings im Norden auch recht
seicht, so daß das Lot meist schon bei 5 oder 6 in den Grund er-
reicht. Man hat für die Erklärung dieser geographischen Merkwürdig-
keit eines 8000 Qm. großen Binnensees verschiedene Hypothesen
ausgestellt und will den Kaspisee als einen Rest der großen Meeres-
masse, die mit dem Eismeere zusammenhing, betrachten. Uns inter-
essiert mehr die Bedeutung, die dieser „See" für Rußland hat, und
die Rolle, die er in den Zeiten des Mittelalters spielte. Der Kaspische
See ist für Rußland insofern von großer Wichtigkeit, als er meist
rings von russischem Gebiet eingeschlossen ist. Er vermittelt den Ver-
kehr mit Persien und dem Orient, doch aber nicht in dem Maße, wie
das srüher geschehen ist. Astrachan, das diesen ganzen Verkehr in
sich zu konzentrieren berufen ist, leidet unter ungünstigen Hasenver-
hältnisfen. Schon von Zarizyn ab ist das ganze unterste Gebiet des
Wolgastromes angeschwemmtes Land; daher nennt es Humboldt
„Schlund des Kaspischen Meeres". Der Fluß strömt langsam durch
Schils und Wiesengründe, spaltet sich bei Astrachan in 60 Arme, von
denen der bedeutendste 7 km breit ist. Durch diese Verästelungen
verslacht sich das Fahrwasser, und nur bei einer günstigen Wind-
richtung können die Fahrzeuge vom See nach Astrachan gelangen.
Mehr noch als durch den Handel hat Astrachan Wert durch seine
Fischerei. Hier ist das „Comptoir" der unermeßlichen Fischereien in
Wolga und Kaspischem Meer, welche viele Tausende von Menschen
beschäftigen und jährlich Millionen von Rubeln abwerfen. Auch soll zur
Zeit des Fischfangs sich die Einwohnerzahl verdoppeln. Den Hauptfang
bilden Sterlet und Stör, aus dessen Rogen der Kaviar bereitet wird.1
Die Wolga soll übrigens gegenwärtig mehr und mehr an Wasser ver-
lieren, da in Rußland die Waldungen zu unvernünftig abgeholzt werden.
1 Die Tataren nennen daher auch die Wolga Jti, d. i. die Freigebige. Die
Strecke von Zarizyn bis zum Meere wimmelt von Heringen, und ein einziger Fang
soll mitunter schon 80000 Heringe ergeben haben.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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— 91 —
des Flusses in dieser Gegend russisch-normannische Ansiedler an, um
von der Beraubung der Flußschiffer zu leben. Später folgten
Kosaken. — Nach der rumänischen Grenze zu ist noch der Fluß
Dniestr zu erwähnen, der Tyras der Alten, der eine reifende Strö-
mung hat, so daß das Urteil des Ovid millo tardior amne Tyras
sich wohl nur aus das Mündungsgebiet beziehen kann. Der kurze
Laus der Newa endlich ist nicht allein durch seine merkantile Be-
deutung von Wichtigkeit, wie wir das weiter unten sehen werden,
sondern ganz Petersburg ist in einer noch nie dagewesenen Weise
von dem Wasser des Flusses abhängig. Da die Stadt auf Sumpf-
boden erbaut ist, liefert die Newa alles Wasser zum Kochen und —
Trinken, und es sind zwei sür die ganze Stadt wichtige Festtage,
wenn am 6. Januar unter feierlichen und religiösen Ceremonien die
Wasserweihe vollzogen wird, und wenn bei Frühlingsansang das Eis
des Flusses zu tauen ansängt und unter dem Donner der Kanonen
der Kaiser den ihm überbrachten Becher des Newawassers aus das
Wohl seiner Residenz leert.
Den Reichtum Rußlands und seine ganze Machtstellung bedingt
der Ural. Dies hat schon Ritter behauptet. Das etwa 2000 km
lange Gebirge ist das einzige größere in Europa, das genau in der
meridionalen Richtung verläuft, also eigentlich an die Streichungs-
linien der amerikanischen Gebirge erinnert. Seine geringe Erhebung
sichert ihm aber nicht einen so durchgreifenden Einfluß wie eben den
Höhenzügen der westlichen Hemisphäre; dennoch empfiehlt es sich recht
gut als Scheide zweier Erdteile. Die reichen Laubwälder Rußlands,
also Europas, finden sich nur aus seiner westlichen Seite, weder die
Eiche noch die Linde überschreiten seinen Kamm, und auf der asiatischen
Seite beginnen die unermeßlichen Tannenwälder und weiter südlich
die Steppenlandschasten Sibiriens. Die staunenswerte Bedeutung
des Gebirges liegt vor allem in seinen Mineralschätzen. Fast un-
erschöpslich sind die Eisensteinlager, so daß es 2/3 alles russischen
Eisens liefert und die Bergbeamten äußerten: wir könnten ägyptische
Pyramiden aus reinem Eisen bauen, wenn nur die Brennmaterialien
da wären. Peter der Große siedelte am Ural Schmiede aus Tula
an, beschenkte sie mit großen Waldflächen, und dieselben haben hier
kolossale Reichtümer erworben, wie die aus der Geschichte der Na-
poleoniden bekannten Demidoffs. Ebenso ansehnlich ist die Ausbeute
des Gebirges an Edelmetallen, worunter die Goldseisen am Ostfuß
des Urals besonders erwähnenswert sind. Das sonst selten gefundene
Platina wird hier in reichem Maße gewonnen. Rußland machte
sogar den gewagten Versuch, daraus Münzen prägen zu lassen; im
ganzen waren davon schließlich 10 Millionen Mark im Umlauf, sie
sind aber seit 1863 wieder eingezogen. Da Platin als Edelmetall
nicht rostet, sindet es bei subtilen Wägungen als Gewicht seine Ver-
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Ortsnamen: Petersburg Europa Europas Sibiriens Tula Goldseisen
— 98 —
Wir werfen einen Blick auf den Zustand der früheren Leib-
eigenschast. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
ging ein Stück über die Bühne: Nur eine Seele, und ähnlich wie in
Onkel Toms Hütte von Beecher wurde das entwürdigende Los der
russischen Leibeigenen, die man nur als „Seelen" zählte, dramatisch
vorgeführt. In den vorgeschrittenen Zeiten unserer Kultur war ja
auch der ganze Zustand unhaltbar. Am besten hatten es noch die
Leibeigenen, die aus der Scholle ihres Grundherrn saßen und ihm
sronen mußten. Wohl ihnen, wenn der Grundherr reich war; sie be-
fanden sich in relativer Behäbigkeit und wollten später ihr Los nicht
gern vertauschen; denn der Herr mußte für sie sorgen im Falle der
Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit. Ein Sechstel der Leibeigenen be-
fand sich aber unter der Herrschast von Adligen, die weniger als
100 Hörige hatten, viele Herren besaßen sogar weniger als 20 Seelen.
Da bekam das russische Sprichwort seine Geltung: je ärmer der Herr,
desto mehr muß der Mushik schwitzen. Endlich gab es die Dworowyje
(Haussklaven) und die, die auf Obrok auswärts ihre Dienste ver-
richteten. Der Obrok, die Abgabe, mußte natürlich dem Herren ent-
richtet werden, und es sand ein förmlicher Menschenhandel statt,
wobei die Leibeigenen nach ihrer Leistungsfähigkeit wie das Vieh
taxiert wurden. Der Wert eines Ehepaares bei den Beleihungen
der Güter wurde auf 4 — 500 Silberrubel festgesetzt, und die fämt-
lichen Leibeigenen repräsentierten schließlich ein Vermögen von
5 Milliarden Silberrubel. Die Folge der menschenfreundlichen
Maßregel Alexanders war zunächst eine völlige Freizügigkeit der
Befreiten. Die nördlicheren Gouvernements entleerten sich, und
namentlich das Tschernosem erhielt zahlreiche Zuzügler, so daß der
Bodenwert dort um das Siebenfache stieg. Die Bauern begannen
auch in dem Zustand ihrer Häuslichkeit einen etwas civilifierteren
Anstrich anzunehmen: die Pserde wurden beschlagen, um die Wagen-
räder legte man eiserne Reifen, und allmählich verdrängten in den
Stuben Talglichter die bisher üblichen Kienspäne. Die Gutsbesitzer,
die srüheren Herren, waren sreilich übel daran; sie zogen es vielfach
vor, kleine Beamtenstellen anzunehmen. „Erschien es doch vorteil-
haster, der Acciseausseher einer Branntweinbrennerei zu sein, als der
unglückliche Besitzer derselben." Gegenwärtig sind wohl die land-
wirtschaftlichen Verhältnisse in Rußland noch im Fluß. Man merkt
eine große Besserung, aber es giebt auch viel Unzufriedenheit.
Der Charakter des Mushik und des Russen überhaupt wird
eigentlich in ziemlich übereinstimmender Weise beurteilt, Napoleon I.
saßte allerdings mehr die asiatischen Eigentümlichkeiten des Landes
ins Auge, wenn er sich über die Bewohner bekanntlich so aussprach:
6tez l'epiderme et vous verrez le barbare, 'öonft werden allgemein
die kolossale Abhärtung und der heitere Sinn als hervorstechendste
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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— 99 —
Eigentümlichkeiten des Russen bezeichnet. Die körperliche Gesundheit
schreibt man dem Einflüsse einer nichts weniger als verweichlichten
Erziehung und den mit nationaler Leidenschaft häufig gebrauchten
Bädern zu. Die Heiterkeit der ganzen Lebensauffassung hängt wieder
mit ihrer Vorliebe für Gesang und Musik zusammen. Gesang be-
gleitet den Russen bei allen Geschäften; „der Ackersmann singt hinter
dem Pfluge, der Hirt bei seiner Herde, der Handwerker bei seiner
Arbeit und selbst der Soldat, wenn er zur Schlacht zieht". Am
Sonntage ist in jedem Dorfe Gesang und Tanz, und gar lustig er-
tönt die Balalaika,,, ein mit zwei Darmsaiten bespanntes Instrument
von Tannenholz. Übrigens stammt gerade von den Russen die schönste
Volksliedmelodie, die wir kennen — der rote Sarasan. <^Sarafan ist
ein weites, ärmelloses Oberkleid der Bäuerinnen.) Ihre leicht auf-
brausende, zur Heftigkeit geneigte Gemütsart hat ihnen den Vergleich
eingetragen, die nordischen Franzosen zu sein. Guthe wiederum will
finden, daß ihr fröhlicher Sinn und ihre freundliche Zuvorkommenheit
an die alten Griechen erinnern. Widerlicher schon ist ihr Schacher-
geist, der aus Habsucht den Vorteil sucht, nicht etwa, um, wie der
Germane, zu sparen und in fleißiger Thätigkeit vorwärts zu kommen,
sondern um sich den augenblicklichen Genuß verschaffen zu können.
„Er ist auch weniger der große Kaufmann, der tief durchdachte Pläne
langjährig verfolgt," und hat für die Wörter: stehlen und betrügen
eine Menge mildernder Umschreibungen. * Daher die weitverbreitete
Korruption des Beamtentums, die „höchstens in China ihr Gegen-
stück finden soll". Diese ganze Unredlichkeit des Volksstammes will
man auch als eine traurige Erbschaft aus der Zeit betrachten, da
Rußland zwei Jahrhunderte unter der Herrschaft der goldenen Horde,
also der Mongolen stand, ebenso wie man das kriechende Wesen des
Mushik dem langen Zustande der Leibeigenschaft zuschreibt.
Zur Charakteristik des echten Russentums gehört die Anhäng-
lichkeit an das „Väterchen", den Zaren, und an die Kirche. Ruß-
land ist in konfessioneller Hinsicht ziemlich einheitlich; denn während
Finnland und die Ostseeländer sich zur lutherischen Kirche bekennen,
Polen römisch-katholisch ist und sich unter den mongolischen Unter-
thanen vielleicht eine halbe Million Heiden finden, hat sonst das russische
Volk — mehr als 4/s der Gesamtbevölkerung — den griechisch-orthodoxen
Glauben. Die griechische Kirche schied sich endgültig im 11. Jahr-
hundert von der päpstlichen und hat wesentliche Abweichungen in
Lehre und Gebräuchen. Der heilige Geist geht nur vom Vater aus,
bei ^der Tause ist dreimaliges Eintauchen des ganzen Körpers ins
Wasser vorgeschrieben; das Abendmahl wird unter beiderlei Gestalt
1 Ähnlich wie Riccaut in Lessings Minna von Barnhelm das „betrügen'
nennt corriger la foi'tune.
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Extrahierte Personennamen: Minna_von_Barnhelm
Extrahierte Ortsnamen: Balalaika China Finnland Polen Lessings
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genommen, und den niederen Weltgeistlichen ist die Ehe sogar ge-
boten. Anfangs hatte ja die griechische Kirche ein entschiedenes Über-
gewicht, da das Neue Testament, die Grundlage unseres Glaubens,
doch in griechischer Sprache niedergeschrieben war. Die erst in neuester
Zeit verkündeten Dogmen der päpstlichen Kirche von der uubesleckten
Empfängnis und von der Unfehlbarkeit des Papstes, so oft er ex
cathedra spricht, haben den Riß zwischen den beiden Kirchen zu einem
unheilbaren gemacht. Der russische Klerus zerfällt in die Welt- und
Klostergeistlichkeit, die im Volke als weiße und schwarze Geistlichkeit
unterschieden werden. Es giebt nur einen Orden, den des heiligen
Basilius, und in Rußland sollen sich über 500 Klöster finden. Das
russische Volk ist religiös, was sich auch in der großen Zahl der
Kirchen ausspricht. Fast in jedem Dorfe ist eine Kirche, und in den
Städten rechnet man auf je 20 Häuser ein zum Gottesdienste be-
stimmtes Gebäude. In den Gebräuchen der orthodoxen Kirche ist
viel Ansprechendes. So, daß kein Unterschied zwischen hoch und
niedrig stattfindet und es in den Kirchen keine reservierten Plätze
giebt. Die ganze Gemeinde steht; denn vor Gott sind alle gleich.
Der Gottesdienst wird im alten Kirchenslavisch gehalten; aber die
Bibel ist in das jetzige Russisch übersetzt. Die Fasten werden strenger
beobachtet als irgendwo sonst in der Welt, und da die griechische
Kirche wesentlich auf dem Standpunkte des 10. oder 11. Jahrhunderts
stehen geblieben ist, so „überwuchert das Ceremoniell und die Symbolik
eine eindringende Ausfassung der Gottesoffenbarung". Die Frömmig-
keit ist vielfach sehr äußerlich, und es soll nicht wenig Leute geben,
die das Vaterunser und die zehn Gebote gar nicht kennen. Dagegen
grenzt die Verehrung der Heiligenbilder, die die griechische Kirche
nur anerkennt, wenn sie gemalt sind, fast an Fetischismus. In
Moskau giebt es ein Bild der heiligen Jungfrau, das, wie Peschel
berichtet, zu seinem Privatgebrauche eine Equipage mit 4 Pserden
besitzt, in der es den eifrigen Mitgliedern der Gemeinde Besuche ab-
stattet. Auch der Bauer verlangt sehnlichst danach, ein berühmtes
Heiligenbild über Nacht in seinem Hause zu beherbergen. Eigen-
tümlich klingt allerdings daneben das Bauernsprichwort: Taugt es
idas Bild), so ist es gut zum Anbeten, taugt es nicht, so ist es gut
zum Topsdeckel. Die Popen genießen keine sonderliche Hochachtung.
Sie sind arm und bestellen wie der Bauer ihren Acker selbst. In
den traditionellen Schwänken spielen der Pope und seine Frau die
stehenden Figuren eines Ausbunds im Essen und Trinken, überhaupt
in der Sittenlosigkeit. Die griechische Kirche verbietet alle In-
strumentalmusik; wohl aber ist der Gesang ein wesentlicher Teil des
russischen Gottesdienstes. Die geschulten Sängerchöre stehen um ihrer
Leistungen willen mit Recht in verdientem Rufe. Daß in religiös-
kirchlichen Fragen Äußerlichkeiten sehr entscheiden, geht auch aus der
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Landstelle herumlagern, das ist die Isle de France, über die wir
noch zum Schlüsse sprechen wollen.
Folgt man dem Mittellaus der Loire und berücksichtigt die weiter
nordwärts zuströmenden Nebenflüsse der Seine und diese selbst, so
ist man zwischen 48 und 50° nördl. Breite an ein wahres sranzö-
sisches Pendschab gelangt, wo ziemlich parallel Flußläufe von Osten
nach Westen hinziehen. Wenn aber bei dem Zuge Alexanders des
Großen das Wamgeäder des Indus und die furchtbaren Regengüsse
der Monsunzeit die macedonischen Soldaten entmutigten, so daß sie
den Feldherrn' schließlich zwangen, umzukehren, so lädt hier im
Gegenteil die Krieger alles ein, in das Becken von Paris hinab-
zusteigen. Denn ein allmähliches „Hinabsteigen" ist es in der That,
wie wir schon oben gesehen haben. Die geologische Beschaffenheit
der ganzen Ebene ist die, daß die jüngeren Formationen immer in
die älteren eingebettet liegen, wie bei „ineinander gesetzten Schüsseln",
und das Querprofit ergiebt demnach, daß man von Osten nach Westen
über diese Schüsselränder allmählich zum Tertiärbecken Paris vordringt.
Das ist die Isle de France, die insula Franciae, womit man ursprüng-
lich die durch Aisne, Oise und Seine fast inselartig umschlossene Land-
schast meinte. Und in dieser Isle liegt wieder die Lutetia^ das heutige
Paris — in Wahrheit „das Herz von Frankreich!"
Paris ist ein Straßenknotenpunkt ersten Ranges: hier mußte,
wie man sagt, eine Großstadt entstehen. Südöstlich von Paris, bei
Fontainebleau, liegt der große, berühmte Wald (150 □ km), dann
senkt sich der Blick in das wellige Land, das die Umgebung von
Paris bildet. Vielfach ragen im Umkreis Hügel empor, deren Kalk-
stein in ausgesägten Platten die vortrefflichsten Baumaterialien liefert.
Die Seine selbst umklammert zwei Inseln, die cite von Paris, von
denen die eine die berühmte notre dame-Kirche trägt. Rechts von
der cite liegt 1a ville, links Tuniversite. 28 Brücken führen über
den Strom. Seit der Zeit, daß Oberst Below seinen tapseren Jorkschen
Scharen, denen der Einzug in Paris 1814 verweigert worden war,
weil sie „zu schmutzig aussähen", vom Montmartre aus das zu ihren
Füßen lagernde Paris, „das moderne Babel," gezeigt hatte, ist in
der Riesenstadt vieles verändert, einmal durch die Zerstörungswut,
dann wieder durch den Schönheitssinn der eigenen Bewohner. Im
Jahre 1871 haben nämlich die coimmmard8 und petroleuses mit
cynischer Jnpietät versucht, alle die historischen Stätten des älteren
Paris vom Erdboden zu vertilgen. Damals wurden die Tuilerien
eingeäschert, auch das Louvre mit seinen Kunstschätzen angesteckt; doch
verbrannte nur die Bibliothek des Kaisers. Die Julisäule wider-
1 Lutetia est oppidum Parisiorum positum in insula fluminis Sequanae.
Caesar.
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Extrahierte Personennamen: Alexanders Below
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Frankreich Paris Paris Fontainebleau Paris Paris Paris Paris Paris