48
etwa 40 000 Mann kostete. Die Versicherungsanstalten haben in
den letzten 10 Jahren sür Lungenkrankenpflege 75 Millionen Mark
ausgegeben. Die erhofften Erfolge blieben nicht aus: 117000 Männer
und 53 000 Frauen konnten während dieses Zeitraumes als geheilt
aus den Lungenheilstätten entlassen werden. Das Heilverfahren er-
streckte sich aber auch auf andere Erkrankungen (Blutarmut, Nervosität,
Rheumatismus, Alkoholismus usw.). Jeder Versicherte, der fühlt,
daß er krank ist, sollte rechtzeitig den Arzt zu Rate ziehen und ohne
Zögern einen Antrag auf Einleitung eines Heilverfahrens stellen.
Dies kann entweder direkt bei dem Versicherungsamt, oder durch
Vermittlung der Krankenkasse geschehen. Mit dem Antrage muß
der Versicherte seine Quittungskarte, die Aufrechnnngsbescheinigungen,
sowie ein Gutachten seines Arztes einreichen.
2. Die Krankenrente. Krankenrente erhält, wer während
26 Wochen ununterbrochen krank gewesen ist und nun immer noch
nicht arbeiten kann.
3. Die Invalidenrente. Wer hat Anspruch auf In-
validenrente? Tritt dauernde Invalidität ein, so steht dem
Versicherten vom Beginn derselben ab Anspruch auf Invalidenrente
zu, wenn er die Wartezeit erfüllt und die Anwartschaft aufrecht
erhalten hat.
Als invalide gilt, wer nicht imstande ist, durch eine Tätig-
keit, die seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und ihm unter
Berücksichtigung seiner Ausbildung und feines bisherigen Berufes
zugemutet werden kann, ein Drittel dessen zu erwerben, was körperlich
und geistig gesunde Personen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung
in derselben Gegend durch Arbeit verdienen. Die Wartezeit für die
Invaliden- und Krankenrente beträgt 200 Beitragswochen; sind
aber weniger als 100 Beiträge auf Grund der Versicherungspflicht
geleistet, so beträgt sie 500 Beitragswochen. Unter Anwartschaft
versteht die R.-V.-O. den Anspruch auf die Hilfe der Versicherung.
Die Anwartschaft erlischt, wenn während zweier Jahre nach dem
Ausstellungstage weniger als 20 Beiträge auf Grund der Versicherungs-
pflicht oder Weiterversicherung (gelbe Karte), oder 40 Beitrüge auf
Grund der Selbstversicherung (graue Karte) entrichtet worden sind.
Wenn ein Selbstversicherer auf Grund der Versicherungs-
pflicht mehr als 60 Marken verwendet hat, dann genügen 20 Marken
in zwei Jahren. Ist die Anwartschaft verfallen, so kann die Ver-
sicherungsanstalt keine Unterstützung gewähren, auch wenn für den
Versicherten vorher noch so viel Versicherungsbeiträge entrichtet worden
sind. Jeder Versicherte muß deshalb unter allen Umständen darauf
achten, daß seine Anwartschaft nicht erlischt.
Die erloschene Anwartschaft lebt wieder auf, wenn 200 neue
Beiträge geleistet sind. Hat der Versicherte das 40. Lebensjahr voll-
endet, so lebt die Anwartschaft durch freiwillige Beitragsleistung
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50
jährlich 50 Mark und 3/io des Grundbetrages und der Steigerungs-
summe der Invalidenrente des Verstorbenen. Die Witwenrente fällt
bei der Wiederverheiratung fort. (Witwerrente!)
6. Waisenrenten werden nach dem Tode eines Versicherten an
seine Kinder unter 15 Jahren gezahlt. Der Reichszufchuß beträgt
für jedes Kind 25 Mark; als Nentenanteil der Versicherungsanstalt
werden für eine Waise 3/so und für jede weitere Waise 1lio
des Grundbetrages und der Steigerungssumme der Invalidenrente
des Verstorbenen gewährt. Waisenrenten dürfen zusammen mit der
Witwenrente nicht mehr als den l1/» fachen Betrag der Invaliden-
rente des Verstorbenen ausmachen.
7. Witwengeld erhält die gleichfalls versicherte Ehefrau eines ver-
storbenen Versicherten bei dem Tode ihres Ehegatten. Es wird nur
einmal bezahlt und ist gleich dembetragederwitwenrente. Deranspruch
muß innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden, sonst verfällt er.
8. Die Waisenanssteuer wird den Waisen eines Versicherten
auf Antrag gewährt, wenn neben dem Vater auch noch die Mutter
versichert ist. Sie wird bei Vollendung des 15. Lebensjahres fällig
und beträgt das Achtfache der monatlichen Waisenrente.
6) Die freiwillige Zusahversicherung.
Wer in der Lage ist. höhere Beiträge als die gesetzlichen zu
zahlen, kaun sich eine höhere Rente für den Fall des Eintritts der
Invalidität sichern, wenn er Zusatzmarken im Werte von je 1 Mark
in die Quittungskarte einklebt. Dies kann zu jeder Zeit und in
jeder beliebigen Zahl geschehen. Man erwirbt dadurch Anspruch
auf eine Zusatz reute zur gesetzlichen Invalidenrente, die für jede
Zusatzmarke soviel mal 2 Pfennige beträgt, als Jahre von der
Verwendung der Marke bis zum Eintritt der Invalidität verflosien
sind. Wer also z. B. im 25. Lebensjahre 100 Mark zum Ankauf
von Zusatzmarken verwendet, würde, falls er nach 30 Jahren In-
valide wird, 100x2 Pf.x30 ----- 60 Mark jährlich als Zusatzrente
erhalten. Die Anwartschaft auf diese Zusatzrente erlischt nicht.
ej Umfang und Gesamtleistung der Invalidenversicherung.
Die Entschädigungen aus der Invalidenversicherung beliefen sich
irn Jahre 1912 auf 205 Millionen Mark, worunter sich 57 Mil-
lionen Mark Reichszuschuß befanden. Seit dem Bestehen der
Invalidenversicherung sind bis zum Jahre 1911 2068 Millionen
Mark Entschädigungen gezahlt worden. Von der Landes-Versicherungs-
anstalt Hessen-Nassau, deren Bezirk die Regierungsbezirke Cassel und
Wiesbaden sowie das Fürstentum Waldeck umfaßt, waren am
1. Juli 1912 zu zahlen: 2025 Altersrenten im Gesamt-Jahres-
betrage von 356 000 Mark und 24 669 Invalidenrenten im Gesamt-
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52
Ix.
Das Versicherungsgeseh für
Wer ist versichert ? Der Angesteütenversicherung vom 20. Dezember
1911 unterliegen vom 16. Lebensjahre an: 1. Angestellte in leitender
Stellung, 2. Betriebsbeamte, Werkmeister und andere Angestellte.
3. Handlungsgehilfen und Gehilfen in Apotheken, 4. Bühnen- und
Orchestermitglieder, 5. Privatlehrer und Erzieher, 6. Kapitäne und
Offiziere der Schifisbesatzung. Versicherungspflichtig sind die genannten
Personen nur dann, wenn sie gegen Entgelt (Gehalt, Lohn, Gewinn-
anteile) als Angestellte beschäftigt werden und ihr Jahresarbeits-
verdienst 5000 Mark nicht übersteigt. Die Versicherungspflicht kann
auch auf solche Personen ausgedehnt werden, die eine ähnliche
Tätigkeit wie die genannten Privatbeamten auf eigene Rechnung
ausüben, wenn sie in ihrem Betriebe keine Angestellten beschäftigen.
Von der Versichernngspflicht ist befreit, wem von dem Reich,
einem Bundesstaat, einem Gemeindeverbande usw. ein Pensions-
anspruch zusteht. Die Mitgliedschaft bei der Invalidenversicherung
befreit nicht von der Angestelltenversicherung.
Freiwillige Versicherung. Eine freiwillige Fortsetzung der
Versicherung ist demjenigen, der aus der versicherungspflichtigen
Beschäftigung ausscheidet, gestattet, wenn er mindestens 6 Beitrags-
monate zurückgelegt hat. Sind für ihn schon 120 Monatsbeiträge
entrichtet, so ist ihm die Fortsetzung der Versicherung dadurch er-
leichtert, daß er sich seine Rechte auf die Renten, die sogenannte
Anwartschaft, durch Zahlung einer alljährlichen Anerkennungsgebühr
von 3 Mark erhalten kann.
Die Beiträge werden zur Hälfte von dem Versicherten und
zur Hälfte von dem Arbeitgeber bezahlt. Letzterer hat für die Beitrags-
leistung aufzukommen. Die monatlichen Beitrüge sind von den Arbeit-
gebern bis zum 15. des folgenden Monats im Wege des Postscheck-
verkehrs mit roten Zahlkarten an das Reichsversicherungsamt in
Berlin-Wilmersdorf einzuzahlen. Die Formulare erhält man bei
der Post. Inhaber von Postscheckkonten können die Beiträge auch
durch Überweisung entrichten. Nach der Höhe des Jahresarbeits-
verdienstes sind die Versicherten in 9 Klassen eingeteilt:
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53
A bis 550 Mk. Jahresgehalt = 1,60 Mk. monatl. Beitrag
B „ 850 „ = 3,20 „ „
C „ 1150 „ = 4,80 „ „
D „ 1500 „ = 6,80 „ „
E „ 2000 „ = 9,60 „ „
F „ 2500 „ = 13,20 „ „
G „ 3000 „ = 16,50 „ „
H „ 4000 „ = 20,00 „ „
J „ 5000 „ = 26,50 „ „
Die Leistungen der Versicherung sind: 1. Ruhegeld, 2. Hinter-
bliebenenrente, 3. Heilverfahren.
Ruhegeld erhält derjenige Versicherte, welcher 65 Jahre alt
oder berufsunfähig geworden ist. Auch derjenige Versicherte, der
zwar nicht dauernd, aber während 26 Wochen ununterbrochen berufs-
unfähig gewesen ist, erhält Ruhegeld. Berufsunfähigkeit wird an-
genommen, wenn die Arbeitsfähigkeit des Versicherten auf weniger
als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden Person
von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen gesunken ist.
Voraussetzung für die Gewährung des Ruhegeldes ist die Erfüllung
der Wartezeit und die Aufrechterhaltung der Anwartschaft.
Die Wartezeit beträgt bei männlichen Versicherten 120, bei
weiblichen 60 Beitragsmonate. Sind weniger als 60 Monats-
beiträge auf Grund der Versicherungspsticht geleistet, so beträgt die
Wartezeit für weibliche Versicherte 90, für männliche 150 Beitrags-
monate.
Die Anwartschaft erlischt, wenn innerhalb der Wartezeit
jährlich weniger als 4 Monatsbeiträge entrichtet oder die An-
erkennungsgebühr nicht bezahlt worden ist. Als Beitragsmonate
werden Zeiten des Militärdienstes, der Krankheit und des Besuches
staatlich anerkannter Lehranstalten angerechnet.
Leistungen der Versicherung. Das jährliche Ruhegeld be-
trägt nach 120 Beitragsmonaten der in dieser Zeit entrichteten
und i/s der über diese Zeit hinaus gezahlten Beiträge. Nach
4ojähriger Mitgliedschaft berechnet sich das Ruhegeld in den 9 Klassen
auf etwa 120 Mark, 240 Mark, 360 Mark, 510 Mark, 720 Mark,
990 Mark, 1245 Mark, 1500 Mark und 1995 Mark.
Hinterbliebenenrente wird vom Todestage des Versicherten
ab bezahlt und zwar: Witwenrente und Waisenrente für Kinder
unter 18 Jahren. Die Witwenrente beträgt 2/5 des Ruhegeldes,
auf das der Versicherte zur Zeit seines Todes Anspruch hatte. Die
Waisenrente beträgt für jedes Kind 2/io und bei Ganzwaisen je 1/z
der Witwenrente. Die Renten dürfen zusammen den Betrag des
Ruhegeldes nicht übersteigen. Heiratet die Witwe wieder, so fällt
die Witwenrente fort. Die Witwe erhält als Abfindung den drei-
fachen Jahresbetrag ihrer Rente. Stirbt eine weibliche Versicherte
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16
Das Lohnbuch oder der Arbeitszettel ist von dem Arbeitgeber
auf seine Kosten zu beschaffen und dem Arbeiter nach Vollziehung
der vorgeschriebenen Eintragungen vor oder bei der Übergabe der
Arbeit kostenfrei auszuhändigen.
Lohnzahlung.
8 115. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne
ihrer Arbeiter in Reichswährung zu berechnen und bar auszuzahlen.
Sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren (auf Borg
geben). Doch ist es gestattet, den Arbeitern Lebensmittel für den
Betrag der Anschaffungskosten, Wohnung und Landnutzung gegen
die ortsüblichen Miet- und Pachtpreise, Feuerung, Beleuchtung, regel-
mäßige Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge
und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Betrag der
durchschnittlichen Selbstkosten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung
zu verabfolgen.
8 115 a. Lohn- und Abschlagszahlungen dürfen in Gast- und
Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen nicht ohne Genehmigung der
unteren Verwaltungsbehörde erfolgen.
8 119 a. Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern
zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auf-
lösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für
diesen Fall verabredeten Strafe ansbedungen werden, dürfen bei den
einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohnes, im Gesamt-
beträge den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht über-
steigen.
8 117. Vertrüge, welche den vorstehenden Bestimmungen ent-
gegenlaufen, sind ungültig.
8 118. Forderungen für Waren können nicht eingeklagt oder
sonst gefordert werden, wenn der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer
kreditiert hat.
8 116. Arbeiter, welchen Lohn zu Gunsten Dritter einbehalten
ist, können zu jeder Zeit rechtmäßige Zahlung fordern ohne Berück-
sichtigung des schon gezahlten Betrages.
Bei Zahlung von Wochen lohn ist 8 616 B.-G.-B. von
Wichtigkeit:
„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf
die Vergütung nicht dadurch verlustig, daß er für eine verhältnis-
mäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden
Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
Er muß sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für
die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Ver-
pflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt."
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55
seine Gebäude versichern muß. Später entstanden private Feuer-
versicherungsanstalten für Möbel und den übrigen beweglichen Besitz,
die Mobiliarversicherungen. Die Feuerversicherungs-Gesell-
schaften gewähren Ersatz bei Schaden, der an den versicherten Gegen-
ständen durch Brand, Blitzschlag oder Explosion von Leuchtgas sowie
durch das durch solche Ereignisse veranlaßte Löschen oder Niederreißen
verursacht wird.
Die Aufnahmeurkunde heißt Police und der jährliche Ver-
sicherungsbeitrag Prämie. Diese wird für das Tausend (pro
Nille ----- °/oo) berechnet und ist alljährlich am Beginn des Ver-
sicherungsjahres fällig. Die Prämie richtet sich nicht nur nach der
Höhe der Versicherungssumme, sondern auch nach der Bauart der
Gebäude. Sie schwankt zwischen 2/s—21/2°/oo der Versicherungssumme.
Für den Regierungsbezirk Cassel besteht die „Hessische Brand-
versicherungsanstalt", welche durch Landgräfliche Verordnung vom
27. April 1767 gegründet wurde. Sie ist eine auf Gegenseitigkeit
beruhende Körperschaft und hat ihren Sitz in Cassel. Die Verwaltung
der Hessischen Brandversicherungsanstalt erfolgt durch den Kommunnl-
landtag, den Landesausschnß, den Verwaltungsrat der Anstalt, den
Landeshauptmann und durch angestellte Beamte. Die erforderlichen
Entschädigungssummen werden von den Mitgliedern nach dem Grundsätze
der Gegenseitigkeit aufgebracht. Der Beitrag des einzelnen richtet
sich nach der Versicherungssumme und nach der Feuergeführlichkeit
des betr. Hauses. Die Feuergefährlichkeit wird nach der Beschaffenheit,
Lage und Benutzung der Gebäude bemessen, und man unterscheidet
danach fünf Gefahrenklassen.
Der Jahresbeitrag oder die Umlage (Prämie) wird nach dem
Umlagekapital berechnet, welches in den fünf Klassen 5/io, 7/io, 9/io,
n/io und 14/io der Versicherungssumme beträgt.
Nach der Höhe des Umlagekapitals wird dann alljährlich der
Jahresbeitrag auf die einzelnen Versicherten verteilt. Sind viele und
hohe Brandentschüdigungen im verflossenen Jahr zu bezahlen gewesen,
so sind auch dementsprechend hohe Prämien zu zahlen und umgekehrt.
Im Durchschnitt beträgt die Prämie 3/4 °/oo des Umlagekapitals.
(Ein Wohnhaus innerhalb Cassels ist z. B. von den Sachverständigen
der Brandversicherungsanstalt mit 110 000 Mark abgeschätzt worden;
es gehört zur Ii. Bauklasse, und das Umlagekapital beträgt daher
für dieses Haus 7/io von 110 000 Mark --- 77 000 Mark. Beträgt
nun die Prämie 3f >0, so sind für das Haus 3/4 0/00 von
77 000 Mark — 57.75 Mark Brandsteuer zu zahlen.)
Durch die Lebensversicherung kann man dafür sorgen, daß
beim Tode für die Angehörigen ein Kapital vorhanden ist, mit dem
sie sich nötigenfalls vor Not schützen können. Die Lebensversicherung
ist einer der wichtigsten Zweige der Versicherung. Gegen Zahlung
von Prämien erhält die Familie des Versicherten nach seinem Tode
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62
lang, im Herbst und Frühling kurz; darum muß dort der Meister
nach Stunden zahlen. Bei uns Schmieden sind dagegen alle Arbeits-
tage gleich lang; darum berechne ich den Leuten den Lohn nach dem
vollen Tage, den sie arbeiten und zahle ihnen Tagelohn. Stunden-
und Tagelohn nennt man auch Zeitlohn. In der Werkstatt des
Tischlers sieht es wieder anders aus. Der Meister meint nämlich,
jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert, aber nur für diejenige Arbeit,
die er wirklich geliefert hat. Darum zahlt er für jeden Tisch, für
jeden Schrank, den der Geselle angefertigt hat, eine gewisse Summe.
Bevor der Mann das Stück anfängt herzustellen, fragt ihn der
Meister, was er für diese Arbeit haben will; man nennt das mit
einem fremden Worte akkordieren, und so entsteht der Akkordlohn.
In der Hauptsache kommt aber bei diesen Männern die körperliche
Kraft und die Geschicklichkeit der Hand in Frage. Es gibt aber
auch Leute, die geistig arbeiten. Rechtsanwälte, Richter, Ärzte, Lehrer,
Geistliche usw. sind geistige Arbeiter. Der Verdienst aller dieser
Leute ist nicht ein gleicher. Es ist leicht, ein Handarbeiter zu werden.
Der Mann muß auch seine Kräfte ehrlich anstrengen; aber er war
kaum aus der Schule, so konnte er schon zugreifen, hatte nicht nötig,
viel zu lernen und verdiente deshalb sofort ein gutes Stück Geld.
Der Handwerker mußte erst drei bis vier Jahre, der Kaufmann ebenso
lange in seinem Berufe lernen; es kostet also mehr Mühe, den
Gesellen heranzubilden als den Handarbeiter, und deshalb wird der
Handwerker auch einen höheren Lohn erhalten als der Tagelöhner.
Ein Arzt mußte bis zum 19. Jahre das Gymnasium besuchen, und
dann hatte er noch fünf Jahre lang an der Universität fleißig zu
studieren; der Mann mußte also noch mehr Arbeit an seine Aus-
bildung wenden, und deshalb wird er wieder besser bezahlt als der
Handwerker. Unter den Arbeitern gleichen Grades wird aber stets
derjenige am meisten verdienen, der der geschicktere Mann ist, der
am fleißigsten schafft, am treuesten, gewissenhaftesten seine Pflicht
erfüllt und dadurch Zufriedenheit und das Vertrauen seiner Mit-
menschen im höchsten Grade erwirbt. O. Pache (gekürzt).
6. Das Geld.
1. Die Entwickelung des Geldes als Tanschmittel. Die Güter,
welche die Menschen erzeugen, haben in den weitaus meisten Fällen
nicht den Zweck, in der Hand ihres Erzeugers zu bleiben, sondern
sie sollen in den Besitz derjenigen übergehen, welche diese Güter
brauchen, die Bedürfnis dafür haben. Um diesen Zweck zu erfüllen,
müssen die Güter in Umlauf gesetzt werden, was durch den Handel
geschieht. Um sich die Güter zu beschaffen, die man gerade
braucht, bedarf man des Tausches, d. h. man muß den Gegenwert
dafür hingeben. In der frühesten Zeit war der Handel ein reiner
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
29
Ehrenamt; doch erhalten sie für jede Sitzung, der sie beiwohnen,
eine Vergütung ihrer Reisekosten und eine Entschädigung für Zeit-
versäumnis.
Aufgaben der Gewerbegerichte. Die Aufgabe der Gewerbe-
gerichte ist eine dreifache. Als Schiedsgerichte schlichten sie Streitig-
keiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, als Einigungsämter
suchen sie drohende oder bereits begonnene Arbeitseinstellungen zu
beseitigen, als Auskunftsbehörden erstatten sie für den Staat
Gutachten über gewerbliche Fragen.
Das Gerichtsverfahren. Das Verfahren vor dem Gewerbe-
gerichte geht schnell und ohne viele Kosten vor sich. Rechtsanwälte
und Rechtsagenten werden nicht zugelassen. Ist die Klage mündlich
oder schriftlich vorgebracht, so hat der Vorsitzende einen möglichst
nahen Termin zur Verhandlung anzusetzen. Die Ladung der Par-
teien erfolgt durch einen Gerichtsschreiber des Amtsgerichtes am
Orte. Bleiben beide Parteien aus, so wird ein neuer Termin an-
beraumt; erscheint der Kläger nicht, so ist derselbe auf Antrag des
Beklagten abzuweisen. Bleibt der Beklagte ans, so beantragt der
Kläger ein Versäumnis urteil; es werden damit die in der
Klage behaupteten Tatsachen als zugestanden angenommen. Gegen
dieses Urteil kann innerhalb dreier Tage Einspruch erhoben werden.
Vor der Eröffnung des Gerichtsverfahrens sucht das Gewerbe-
gericht die Klagen auf gütlichem Wege zu erledigen. Kommt ein
Vergleich nicht zustande, so wird über den Rechtsstreit verhandelt.
Das Urteil ist endgültig, wenn der Streitwert 100 Mark nicht
übersteigt; ist er höher, so kann Berufung bei dem zuständigen
Landgerichte durch einen Rechtsanwalt erhoben werden. Eine Gebühr
wird nur dann erhoben, wenn eine Entscheidung herbeigeführt wird;
der Verurteilte trägt die Kosten; diese betragen bei einem Wert-
gegenstände bis 20 Mark 1 Mark, bei 20 bis 50 Mark 1,50 Mark
und bei 50 bis 100 Mark 3 Mark. Schreibgebühren werden nicht
berechnet.
Jnnungsschiedsgericht. Auch die Innungen können Schieds-
gerichte errichten, um Streitigkeiten zwischen Meistern und Gesellen zu
entscheiden. Diezuständigkeit der Gewerbegerichteist dann ausgeschlossen.
Der Vorsitzende des Schiedsgerichtes wird von der Aufsichtsbehörde
ernannt. Die Beisitzer werden je zur Hälfte aus den Jnnungsmit-
gliedern und den bei denselben beschäftigten Gesellen gewählt. Das
Verfahren ist entsprechend demjenigen der Gewerbegerichte. Die Ent-
scheidungen des Jnnungsschiedsgerichtes werden rechtskräftig, wenn
nicht innerhalb vier Wochen eine der Parteien Klage bei dem ordent-
lichen Gerichte erhebt. Wenn das Jnnungsschiedsgericht binnen acht
Tagen nach Eingang einer Klage keinen Verhandlungstermin an-
beraumt, so kann der Kläger verlangen, daß dann das Gewerbe-
gericht entscheidet.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
68
So gut die freie Konkurrenz für die Käufer — den Konsu-
menten — im allgemeinen wirken kann, so nachteilig kann sie für
den Mitbewerbenden werden. Sie kann zur Schmutzkonkurrenz, zum
Verschleudern der Ware, zu Schwindel und Betrug führen. (Siehe
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.)
Trotz aller von Menschen künstlich angestrebten Preissteigerungen
und Preisniedergängen wird immer die Güte und Brauchbarkeit der
Handelsware hauptsächlich bestimmend für den Preis sein.
9. Das Vermögen.
Alles, was sich im Eigentum eines einzelnen Menschen oder
einer Vereinigung von Menschen befindet, zusammengenommen, nennt
man ein Vermögen. Nicht bloß wirklich lebende Personen können
ein Vermögen haben, sondern auch Personen, die nur in Gedanken
existieren, z. B. Stiftungen, Kirchen. Der gemeine Sprachgebrauch
rechnet nur das zu einem Vermögen, was sich in Geld abschätzen läßt.
Das ist eigentlich unrichtig; aber man kommt nicht darüber hinaus.
Ein Vermögen kann von einem Menschen erworben und zusammen-
getragen werden; manchmal arbeiten auch seine Kinder und Kindes-
kinder daran. Ist das Vermögen gesammelt und vorhanden, so
kann es vererbt, verschenkt werden; es kann zu- und abnehmen,
kann auch wieder ganz verschwinden. Von einem Vermögen, das
nicht mehr zunimmt, ist gewöhnlich zu erwarten, daß es abnimmt.
Das kann man jeden Tag beobachten. Wer ein Vermögen zu er-
werben weiß, langsam, mit Mühe und Arbeit, der weiß es gewöhnlich
auch zu erhalten. Leicht und schnell gehen gewöhnlich nur jene Ver-
mögen verloren, die auch leicht und schnell erworben sind: durch
Erbschaft, durch kecke Spekulationen oder durch Spielgewinn. Mau
möchte fast glauben, daß dem Gelde ein gewisses Gerechtigkeitsgefühl
innewohnt; denn sobald es merkt, daß es nicht schonend und spar-
sam behandelt wird, läuft es davon, zu anderen, die es besser
behandeln. (Aus Max Haushofer, Der Kleine Staatsbürger.)
Xii.
Das Genossenschaftswesen.
Am Anfange des vorigen Jahrhunderts waren Handwerksbetrieb
und Heimarbeit fast die einzigen gewerblichen Betriebsformen;
Fabriken und Manufakturen waren noch „Ausnahmen von der
Regel". Die Einführung der Gewerbefreiheit und der Freizügigkeit,
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
35
Verpflichtung des Bauleiters zu sichtbarem Anschlage seines
Namens. Eine dritte allgemeine Sicherungsmaßregel besteht in der
Einführung eines Zwanges für jeden Bauleiter, an leicht sichtbarer
Stelle einen Anschlag anzubringen, welcher den Stand, den
Familiennamen und wenigstens einen ausgeschriebenen Vornamen,
den Wohnort des Eigentümers, sowie des Unternehmers enthält.
Die dingliche Sicherung der Bauforderungen. Der zweite
Abschnitt behandelt die dingliche Sicherung der Bausorderungen und
kann durch landesherrliche Verordnung (also für jeden der Bundes-
staaten besonders) eingeführt werden; vorher ist die Gemeinde, die
Handwerkskammer des Bezirkes und die gesetzliche Arbeitervertretung
zu hören. Dadurch sollen die Forderungen der Baugläubiger, welche
sie an den Bauherrn haben, sichergestellt werden; dies geschieht durch
den sog. Bauvermerk, d. h. die Baupolizeibehörde stellt den An-
trag, vor Erteilung der Bauerlaubnis eine Eintragung in das
Grundbuch vorzunehmen. Dieser Bauvermerk dient als Vormerkung
aus Eintragung der Bauhypothek. Aus Antrag des Baugeld-
gebers bestellt das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Baustelle gelegen
ist, einen Treuhänder. Er soll ein Bausachverständiger sein und hat
dafür Sorge zu tragen, daß die Zahlungen ordnungsgemäß erfolgen.
Eine weitere Sicherheit für die Baugläubiger ist in dem Gesetze vor-
gesehen durch die Errichtung eines B anschössen amt es seitens der
Gemeindebehörde. Die Mitglieder desselben sollen Bausachverständige
sein. Die Obliegenheiten der Bauschöffenämter bestehen in der Fest-
stellung der voraussichtlich entstehenden Baukosten, des Baustellenwertes,
Verwendung der hinterlegten Kaution und Vermittelung gütiger Eini-
gung der Beteiligten. Nach Fertigstellung des Baues sind binnen
vier Wochen alle Bauforderungen bei dem Bauschöffenamte anzumelden.
Viii.
Die Reichsversicherungsordnung.
Entstehung der Arbeiterverstcherungsgefehe.
Die Hohenzollernfürsten haben es stets als ihre höchste Pflicht
angesehen, das Wohl ihrer Untertanen zu fördern. Als in den
siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für die
Industrie eine Zeit des Aufblühens begann, war ein mächtiges
Anwachsen der Arbeiterbevölkerung die Folge. Die überaus traurige
Notlage, in welche die Angehörigen des Arbeiterstandes oft kamen,
wenn der Ernährer der Familie von längerer Krankheit heimgesucht
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