274 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Türken-
Worte eines persischen Dichters: „In des Kaiserschlosses Chor zieht die Spinne als Kämmerer den Vorhang vor, und in den Königshallen hört man die Musik der Eule schallen!" — Vierzigtausend Griechen wurden bei der Einnahme der Stadt erschlagen. Von ihren Häusern nahmen nun die Türken Besitz, und die noch lebenden Griechen wurden die Unterthanen des Sultans, aber von den Türken mit empörender Härte behandelt. Wie leicht hätten die abendländischen Fürsten das griechische Kaiserthum retten können, wenn sie ihm ernstlich zu Hülfe gekommen wären! Aber ihre Zwietracht hinderte die zu einem solchen Unternehmen erforderliche Vereinigung.
Die Nachricht vom Falle Constantinopels brachte Schrecken nach dem Abendlande. Papst Nikolaus V. und nach ihm Calixt Iii. thaten das Ihrige, die Völker, wie einst zu der Zeit Peters von Amiens, zu einem Zuge gegen die Ungläubigen durch Verheißung von Ablaß zu entflammen. Als nun Mnhamed Ii. 1456 in raschem Siegeslaufe, damit er auch Ofen und Wien unterwerfe, die Donau aufwärts ziehend, bis vor Belgrad gekommen war, trat ihm hier der große ungarische Held Johann Corvinus Huuyad mit einer kleinen Macht entgegen. Er zerstörte die Schiffe der Türken auf der Donau. Aber noch standen 150,000 Türken unbesiegt da, die den Hnnyad und ein Häufchen von Bürgern, Landleuten und Studenten, welche Capistran zusammengebracht hatte, in Belgrad belagerten. Viele Meilen weit hörte man den Hall der 300 Feuerschlünde, mit denen Mnhamed die Mauern beschoß. Schon war Mnhamed über die Mauertrümmer in die untere Stadt eingezogen, schon entsank dem sonst so tapfern Hunyad der Muth; da befeuerte Capistran seinen Haufen durch seine Rede, ließ in Schwefel getauchte Reisigbündel auf die eingedrungenen Türken werfen und stürzte sich dann mit seinen Leuten auf die erschreckten Feinde, die mit dem lauten Schlachtruf Allah! davonflohen. So wurden auf dem Schlachtfelde bei Belgrad 24,000 Türken erschlagen, und der Ueberrest zog mit dem verwundeten Sultane heim. Was die Türken nicht vermocht hatten, bewirkte die Pest, die unter dem christlichen Heere eingerissen war. An ihr starb der heldenmüthige Hunyad 20 Tage nach der Schlacht in den Armen seines Freundes Capistran, und dieser folgte ihm bald darauf ins Grab nach. Doch hielt sich in den Bergen von Albanien Georg Castriota, genannt Skanderbeg, gegen die türkische Ueber-macht; nichts desto weniger streiften türkische Schaaren bis nach
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Extrahierte Ortsnamen: Amiens Wien Belgrad Donau Belgrad Belgrad Albanien
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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
monatlichen Gefangenschaft wurde ein Vertrag geschlossen, durch welchen König Richard gegen ein Lösegeld von 50,000 Mark an den Kaiser und 20,000 Mark an Leopold von Oestreich die Freiheit wiedererhielt. Solche Vorfälle mußten freilich jedem Fürsten die Kreuzzüge verleiden!
Dennoch wurden noch einige unternommen, zusammen sechs bis sieben; aber alle waren vergebens. Jerusalem wurde zwar noch ein Mal (durch Kaiser Friedrich Ii. 1229) gewonnen (s. unten), aber nur auf kurze Zeit; dann ging es für immer verloren (1244). Der letzte König, der einen Kreuzzug unternahm, war Ludwig Ix., der Heilige, König von Frankreich. Dies war ein ganz vorzüglich guter Mann. Einmal in einer gefährlichen Krankheit hatte er das Gelübde gethan, wenn Gott ihm wieder zur Gesundheit verhelfe, so wolle er einen Kreuzzug unternehmen. Er wurde hergestellt, und nun hielt ihn nichts ab, sein Gelübde zu erfüllen (1248). Aber statt gerade nach Palästina zu gehen, hielt er es für besser, lieber den Sultan von Aegypten (Malek et Saleh) in seinem eigenen Lande anzugreifen; und so segelte er nach Aegypten. Zwar verrichteten der gute König und seine Begleiter hier Thaten, die ans Wunderbare grenzen;*) aber die Feinde waren zahlreich, und die Seuchen rieben zu viele Franzosen auf, kurz, es ging immer schlechter, bis jtch der König endlich gar mit allen seinen Rittern dem Sultan gefangen geben mußte. Wenig fehlte, daß er in seiner Gefangenschaft gemißhandelt worden wäre, weil er sich
*) So war das ganze Heer, der König mit dem Degen in der Faust an der Spitze, bei der Landung bis an die Schultern ins Meer gesprungen, und hatte so das Heer des Sultans in die Flucht getrieben. — In einem hartnäckigen Gefechte wurde der König von sechs Muhamedanern zugleich angefallen, die seinem Pferde in die Zügel fielen. Er schlug aber so tapfer mit seinem Streitkolben um sich, daß er sie alle tödtete. — Ein alter Ritter bekam bei Bewachung einer Brücke fünf, und fein Pferd fünfzehn Wunden; aber das störte ihn so wenig, daß er nicht vom Platz ging. — In einem andern Gefechte wurden den Rittern alle Pferde getödtet. Da fochten des Königs Bruder und etliche Ritter, aus denen der Haufen bestand, zu Fuß unerschrocken weiter, und stießen und schlugen so wild um sich, daß ihnen die sie umdrängenden feindlichen Schaaren nichts anhaben konnten. Endlich schickte ihnen der König Hülfe, die sie aus der Gefahr befreite.
Einer der tapfersten Ritter wurde einst nach einem mörderischen Gefechte von den Sarazenen gefangen. Er war aber so beliebt bei dem Heere, daß sogleich die Marketender, Fuhrknechte und Weiber sich zusammenthaten, die ersten besten Waffen ergriffen, damit auf die Muselmänner losstürzten und den gefangenen Grafen befreiten. Wie schade, daß so viele tapfere Thaten doch zuletzt keinen bessern Erfolg hatten!
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Oestreich Leopold Friedrich_Ii Friedrich Ludwig_Ix. Ludwig_Ix. Malek_et_Saleh)
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Frankreich Palästina
158 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
Sie schlossen die Thore, um ihn nicht eher fortzulassen, und da er dennoch sich der Forderung weigerte, machten die Bürger die Geiseln mit Gewalt frei und wollten ihn noch während der Nacht überfallen und gefangen nehmen oder gar ermorden. Zu seinem Glück warnte ihn sein Hauswirth; dieser verschaffte ihm schlechte Kleider, in denen der Kaiser entfloh. Statt seiner legte sich ein treuer Ritter, Hartmann von Siebeneichen (in Tirol), der ihm ähnlich sah, ins Bette. Die ins Zimmer eindringenden Bürger fanden ihn, entließen ihn aber ungekränkt.
Indessen verstärkten die Städte der Lombardei ihren großen Lombardenbnnd, dem Alexander durch seinen Beitritt die Weihe aufdrückte, und die neue Festung, welche sie erbauten, nannten sie nach dem Papste Alessandria.
Erst nach einer siebenjährigen Rüstung konnte der Kaiser (1174) seinen fünften Römerzug unternehmen. Er zog mit einem furchtbaren Heere über die Alpen und hätte die Lombarden wohl bezwungen, wenn sie sich ihm im freien Felde entgegengestellt hätten. Aber sie blieben weislich hinter ihren Mauern und dadurch wurde Friedrich genöthigt, Zeit und Kräfte durch langweilige Belagerung zu zersplittern. Endlich hoffte er, seine Feinde durch einen Hauptschlag zu Boden zu schmettern — da erhielt er die ihn erschütternde Nachricht, daß sein mächtiger Vasall, Heinrich der Löwe, plötzlich aufgebrochen wäre, um, ohne Abschied, nach Deutschland zurückzukehren. Sogleich reiste ihm Friedrich nach, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Er traf ihn am Comersee oder in Chiavenna, *) warf ihm seine Untreue vor und suchte Alles hervor, wodurch er glaubte, seinen Entschluß erschüttern zu können; aber vergebens! Heinrich, obgleich erst 46 Jahre alt, gab vor, er sei für die Kriegsbeschwerden schon zu alt, fei des Krieges satt und habe zu Hause mit der Regierung seiner Länder zu thun. Der eigentliche Grund war aber vielleicht der alte Haß der Welfen gegen die Ghibellinen. „Bedenke," rief Friedrich, „daß ich dir nie etwas verweigert habe, und du könntest jetzt zurücktreten, wo die Ehre der Deutschen, der Ruhm deines Kaisers und der Preis meines ganzen Lebens auf dem Spiele steht?" Da Heinrich auch jetzt noch unbeweglich blieb, sprang der Kaiser auf und warf sich, seiner Hoheit vergessend, vor seinem Vasallen nieder, dessen Kniee flehend umfassend. Aber auch
*) Als Ort dieser Zusammenkunft wird auch Partenkirchen in Südbaiern angegeben.
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Extrahierte Personennamen: Hauswirth Hartmann Alexander Friedrich Friedrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Siebeneichen Alessandria Deutschland Comersee Chiavenna