34
Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Ludwig der Frühzeitige König von Ungarn. Er führte seinen Beinamen davon, daß er fast noch ohne Haut geboren worden war, im 14. Jahre schon einen Bart und im 18. graue Haare hatte. Unter ihm fiel Snleiman der Prächtige in Ungarn ein. Es kam zur Schlacht bei Mohacz (1526) an der Donau, etwas nördlich von der Mündung der Drau. Die Ungern erlitten eine Niederlage, und als der junge König, von wenigen begleitet, floh, gerieth er in eine morastige Gegend. Sein Pserd wollte einen Morast überspringen, stürzte zurück, fiel auf seinen Reiter und drückte mit seiner Last den unglücklichen Ludwig in den Schlamm, in dem er erstickte. Erft sechs Wochen später fand man seine Leiche, weil man nicht eher danach suchen konnte. Die Türken zogen 'erst ab, nachdem sie Ungarn grausam verwüstet hatten.
Da Ludwig ohne Nachkommen gestorben war, so traten die Ungern zu einer neuen Wahl zusammen. Ein Theil der Stände wählte des Kaisers Karl Bruder, Ferdinand, Ludwigs Schwager, welchen die Böhmen nach Ludwigs Tode, der auch ihr König gewesen war, bereits anerkannt hatten. Aber eine andere Partei in Ungarn wählte den Woiwoden von Siebenbürgen, den mächtigen und unruhigen Johann Zäpolya. Ferdinand zog nach Ungarn und vertrieb seine Gegner nach Polen. Als aber Sulei-man (1529) wieder in Ungarn erschien, stieg Zäpolya von den Karpathen herab; er und die meisten Magnaten vereinigten sich mit Suleimau; dieser eroberte Ofen, die Hauptstadt, und die ungarische Krone, für die Ungern der Gegenstand der höchsten Verehrung, fiel in feine Hände. Er drang bis Wien vor, von wo Ferdinand nach Prag geflüchtet war. Wien wurde von den Türken belagert (1529). Vom hohen Stephansthurme sah man meilenweit nichts als türkische Zelte, und Snleiman vermaß sich, sein Haupt nicht eher niederzulegen, bis er die Christenheit mit seinem Säbel bezwungen. Die Türken gruben Minen und stürmten drei Mal, fanden aber an den Wienern kräftigen Widerstand. Indessen war der Winter vor der Thüre; Suleimau, des weiten Rückwegs gedenkend, brach aus und zog nach Ungarn zurück. Die ungarische Krone gab er dem Zäpolya als türkischem Vasallen. Dieser behauptete sie als König bis an seinen Tod (1540); dann erst ging die Krone an Ferdinand über. Sie ist seitdem beim Hause Oestreich geblieben.
Noch wichtiger war der Reichstag in Augsburg (1530), dem der Kaiser selbst beiwohnte. Auf Anrathen des Kurfürsten
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Donau Ludwigs Ungarn Ungarn Polen Ungarn Wien Prag Wien Ungarn Augsburg
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Neue Geschichte. 2. Periode. Deutschland.
trifft, so ist sie nicht aufzuzählen, unter anberm ein Gürtel von Diamanten, zwei mit Diamanten besetzte Uhren, fünf Köcher mit Rubinen, Saphiren und Perlen, bte schönsten Zobel von der Welt und tansenb Kleinigkeiten." Am andern Tage hielt Sobieski mit dem Kaiser und den andern Fürsten seinen Einzug in Wien. Das Volk jubelte, aber sah nur aus den tapfern König, nicht auf den schwachen Kaiser, der in der Stunbe der Noth sein Volk im Stiche gelassen hatte. Mit Inbrunst stimmte Sobieski in der Augustinerkirche das „Herr Gott, bich loben wir" an, und bankbar sang ihm das gerührte Volk nach, währenb alle Glocken jubelnb brein tönten. Karct Mustapha würde auf des Sultans Befehl enthauptet; aber leiber hatten die Türken 6000 Männer, 11,000 Frauen, 14,000 Mäbchen und 50,000 Knaben aus Oestreich in die Sklaverei geschleppt, von benen nur 600 auf dem Schlachtfelbe gerettet würden. — Seitbem fittb die Türken nicht wieber nach Dentschlanb gekommen. Ueberhanpt hörten sie auf, für Europa ein Gegenstanb des Schreckens zu sein, seitbem Prinz Eugen ihnen einige schwere Nieberlagen in Ungarn beigebracht hatte.
Der tapfere Sobieski starb 1696,*) und sogleich begann unter den nie einigen Polen das Ränkespiel Über die Königswahl. Zwei Bewerber, ein französischer Prinz (von Conti) und Kurfürst August von Sachsen, boten den Polen Gelb über Gelb; enblich siegte August, mit dem Beinamen: der Starke. Er hat von 1697—1733 regiert. Um König von Polen zu werben, mußte er sich zux römischen Kirche bekennen. Das that er auch ohne viel Bebenken. Zur Beruhigung seiner Sachsen erklärte er, daß er nie katholische Minister annehmen wolle. Beibe Länber hat er aufs gewissenloseste regiert; unbekümmert um das Wohl seiner Unterthanen, sann er nur auf die Befriebigung feines Ehrgeizes und seiner Prunksucht und vergeubete das ihnen abgepreßte Gelb durch Jagben, Schwelgereien und anbete Ergötzlichsten.
Währenb des spanischen Erbfolgekriegs starb der unfähige
*) König Sobiesky, 1674—1696, war ein ausgezeichneter-Kriegsmann, aber als Regent ließ er es nicht selten an der Unparteilichkeit und Gerechtigkeit fehlen, welche in dem Parteigewirr zur Behauptung des königlichen Ansehns nothwendig war. Er machte sich Gegner durch auffallende Begünstigung seiner Anhänger und war zu nachgiebig gegen die Habsucht und die Ränke seiner Gemahlin, der Tochter eines französischen Marquis, welche an den französischen Umtrieben in Polen so leidenschaftlich sich betheiligte, daß sie sogar die Wahl ihres Sohnes zum Nachfolger des Vaters verhindern half.
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228 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
endlich wurde die Hungersnoth so groß, daß viele vor Hunger starben, andere den Kalk von den Wänden kratzten und Leichen verzehrten, und eine Ratte einen Gulden, ein Ei einen Thaler und ein Hundeviertel sieben Gulden kostete. Man vermißte sogar acht Kinder, die vermuthlich von den Hungerleidenden verzehrt worden waren. Endlich übergab der Commandant die entvölkerte Stadt (19. Dec. 1638) und als nun die ausgehungerten Bürger und Soldaten aus den Thoren strömten, sich der langentbehrten Freiheit zu erfreuen, ließ der edle Herzog Brot und Suppe unter sie austheilen. Man erzählt, ein Soldat habe sich ihm gegenübergesetzt, ihn immer angesehen, und da man ihn gefragt, warum er nicht esse, die Antwort gegeben: er könne sich an dem großen und frommen Helden nicht satt sehen. — Dieser Bernhard starb schon sieben Monate darauf, erst 35 Jahre alt, in Neuenburg am Rhein (4 Meilen nördlich von Basel), man glaubt an Gift, welches Richelieu ihm habe reichen lassen. Denn nachdem er mit diesem, der durchaus verlangte, daß Breisach den Franzosen überliefert werden solle, einen heftigen Streit gehabt, erkrankte er plötzlich; es zeigten sich schwarze Flecken auf seinem Körper und er selbst war der Meinung, daß der Cardinal ihn habe vergiften lassen. Als er seinen Tod nahe fühlte, ließ er seinen Waffengefährten, General Rosen, an sein Bett kommen, sprach ein frommes Gebet und sagte: „Mein treuer Freund in Noth und Gefahr, fasse du meinen letzten Pulsschlag auf; du weißt, was er sagt. Dein Arm hat mir im Streite wider die Feinde redlich geholfen; lege ihn unter mein Haupt, damit ich zuletzt noch darauf ruhe!"
Nicht lange vorher war Kaiser Ferdinand Ii. gestorben (1637), und die Kurfürsten wählten seinen vorerwähnten Sohn zum Kaiser, der sich Ferdinand Iii. nannte und von 1637—1657 regiert hat, kein ausgezeichneter, aber ein im ganzen lobenswerter Mann.
Unter den großen schwedischen Feldherrn ist noch zu nennen Leonhard Torstenson, der nach Bauers Tode den Oberbefehl des schwedischen Heeres erhielt. In der Natur dieses Mannes war ein merkwürdiger Gegensatz. Während sein Körper durch Gichtschmerzen so mitgenommen wurde, daß er selten zu Pferde steigen, nicht ohne Krücke gehen konnte und sich in einer Sänfte tragen lassen mußte, arbeitete in seinem Kopfe ein so lebendiger, kräftiger Geist, daß er seinen Feinden mehr als.jeder andere zu thun machte und mehr als einmal mit beispielloser
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Schlacht bei Hohenfriedberg.
323
seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Luthers Rückkehr nach Wittenberg.
25
Amtskleid der evangelischen Geistlichkeit geworden ist, hing von einem bloßen Zufalle ab. Der Kursürst nämlich pflegte Lnthern zu seiner Kleidung dann und wann ein Stück schwarzes Tuch zu schicken, weil dies damals die Hostracht war; und weil Luther sich so trug, so glaubten auch seine Schüler, sich so tragen zu müssen. — Noch einen stärkern Schritt that Luther 1525, sich von dem Mönchsstande ganz loszusagen. Er heirathete ein tugendhaftes Fräulein, Katharina von Bora, die früherhiu Nonne gewesen war, und lebte mit ihr überaus glücklich, besonders als er Vater mehrerer Kinder wurde, die er zärtlich liebte, wie einige Briefe an dieselben beweisen, die wir noch übrig haben.*) Späterhin reisten er und Melanchthon in Sachsen umher, um zu untersuchen, wie die Prediger und Schullehrer beschaffen wären. Da fanden sie zu ihrer Verwunderung eine ganz entsetzliche Unwissenheit; wie konnte es auch anders sein, da diese Leute zum Theil ohne guten Unterricht aufgewachsen waren? Das bewog Lnthern, seinen großen und kleinen Katechismus zu schreiben, damit die Leute doch etwas hätten, wonach sie das arme Volk und die Kinder unterweisen könnten.
Daß diese neuen Einrichtungen so ganz ruhig abgegangen wären, muß nur niemand glauben. Wirklich hatten auf Betrieb eines päpstlichen Legaten der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand, die Herzöge von Baiern und die meisten Bischöfe Süddeutschlands (1524) ein Bündniß in Regensburg geschlossen, die katholische Lehre ausrecht zu erhalten. Die katholischen Geistlichen machten Lnthern und den Anhängern seiner Reformation gar viel zu schaffen, indem sie bald ihnen drohten, bald bei jeder Gelegenheit sie neckten, so daß diejenigen Fürsten, die sich zur neuen Lehre
*) Katharina war, 24 Jahre alt, 1523 aus Kloster Nimptschen bei Grimma mit acht andern Nonnen entflohen. Luther verschaffte ihnen in Wittenberg Unterkommen in anständigen Häusern. Vergebens warb ein Prediger um ihre Hand, obgleich Luther seine Werbung unterstützte. Glücklicher war Luther selbst. Er wurde mit ihr am 13. Juni 1525 getraut. Sie hatten sechs Kinder, von denen zwei früh starben. Nach Luthers Tode lebte sie ein Jahr in Wittenberg. Als die Kaiserlichen (1547) hierher kamen, wanderte sie mit ihren Kindern aus und erfuhr manchen Kummer. Sie kehrte zwar nach Wittenberg zurück, ging aber (1552), durch die Pest vertrieben, nach Torgau. Unterwegs wurden die Pferde scheu; sie sprang aus dem Wagen und beschädigte sich so, daß sie die Abzehrung bekam, an welcher sie am 20. December 1552 in Torgau starb. Hier liegt sie in der Pfarrkirche begraben.
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Extrahierte Personennamen: Katharina_von_Bora Melanchthon Ferdinand Ferdinand Katharina Luther
Tilly. Wallenstein.
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ihrem Unglücke, ihr das Versprechen gegeben, für Gott und für sie alles zu wagen. Er hatte sich von ihr ein Zeichen ihrer Gunst ausgebeten, und sie ihm einen ihrer Handschuhe gegeben. Diesen trug er als Wahrzeichen vorn an seinem Hute, und auf seinen Fahnen stand die Divise: Alles für Gott und für sie! Aber sein früher Tod verhinderte die Ausführung seines Gelübdes, dem vertriebenen Kurfürsten sein Land wieder zu verschaffen. Wenige Monate vor Mansfelds Tode hatte ihn ein zehrendes Fieber in Wolfenbüttel hingerafft. Er stand erst im 27. Lebensjahre.
4. Tilly und Wallenstein. Gegen Christian von Braunschweig und Ernst von Mansfeld hatte bisher der Graf Tilly als General der Liga den Krieg geführt. Tilly war ein Mann von vieler Roheit, unerbittlicher Strenge und großer Pünktlichkeit, dabei uneigennützig, aber stolz im hohen Grade. Auf äußere Dinge legte er keinen Werth, und als ihn der Kaiser zum Reichsfürsten erheben wollte, verbat er sich die Ehre und schenkte dem Schreiber der Kanzlei 500 Thaler, damit er das Patent nicht ausfertigte. Seine Statur war klein und hager, aber von starkem Knochenbau. Zwischen seinen eingefallenen Wangen, seiner Nase und seiner runzeligen Stirn sahen seine großen finsteren Augen heraus. Sein graues, borstiges Haar hing um den Kopf herum, den er mit einem spitzen, hochausgestntzten Hute zu bedecken pflegte, von welchem eine rothe Straußfeder hinten herabhing. Dazu nehme man ein grünatlaßnes Kleid nach fpanischem Schnitt, mit aufgeschlitzten Aermelu, weite Beinkleider von demselben Zeuge, und weite, aufgeschlitzte Stiefeln. In der Schlacht pflegte er einen kleinen Grauschimmel zu reiten. Dieser Mann hatte bis dahin nie eine Schlacht verloren und räumte überall, wohin er kam, tüchtig auf. Braunschweigs, Mansfelds und andere Haufen wurden 'überall von ihm vertrieben. Aber er war doch nur ein General der Liga. Der Kaiser dagegen hatte kein Heer, wenigstens kein bedeutendes, und hing also ganz von Tilly und der Liga ab; denn es fehlte ihm an Geld, ein eigenes Heer aufzustellen. Während Ferdinand noch darüber grübelte, machte ihm einer seiner Offiziere den Antrag, ein großes Heer aufzubringen, ohne daß es dem Kaiser das Geringste kosten solle.
Dieser Mann war Albrecht von Wallenstein oder eigentlich Waldstein, 100 Jahre später als Luther, in Böhmen auf dem Gute feines Vaters an der Elbe unweit Königgrätz geboren, aus einer alten evangelischen Familie. Er verlor feine Eltern schon
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Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
Nun fragte es sich, ob er, der Tiefgekränkte, den Antrag annehmen würde. Zuerst wurde Freiherr von Qnestenberg zu ihm geschickt; aber Wallenstein gab ihm eine entschieden verneinende Antwort: er sei krank, leide an Podagra. Der Kaiser war darüber sehr bestürzt und schrieb ihm nun einen eigenhändigen Brief: die Gefahr werde täglich größer und er setze das Vertrauen in ihn, daß er ihn in dieser Noth nicht verlassen werde. Wallenstein entschloß sich nun, des Kaisers nähere Anträge zu vernehmen, und es wurde dazu eine Zusammenkunft mit dem Fürsten von Eggenberg, des Kaisers vertrautestem Rath, in Znaim veranstaltet. Hier lehnte er zwar die Oberfeldherrnwürde noch einmal ab, erklärte sich aber bereit, dem Kaiser binnen drei Monaten 40—50,000 Mann aufzustellen; diese möge dann Ferdinand übergeben, wem er wolle.
Jetzt ließ Wallenstein die Lärmtrommel rühren, und da zeigte sich bald, was sein Name vermochte. Von allen Seiten strömten Soldaten herbei, die der wohlbekannten Hoffnungsfahne folgen wollten, und ehe die drei Monate verflossen waren, stand das Heer in Mähren gerüstet da. Aber wer sollte es nun anführen? Nur der, welcher sie zusammengerufen hatte, konnte sie auch beisammen erhalten. Jetzt wurde abermals Eggenberg zu Wallenstein geschickt und dieser gebeten, das Generalat auf sich zu nehmen. Er erklärte sich nach hartnäckiger, ernstlicher Weigerung dazu endlich bereit, aber nur unter fteilich sehr harten Bedingungen: daß der Kaiser sich alles Commandos enthalten und ihm allein dasselbe übertragen, ihm ein östreichisches Erbland als künftige Belohnung zusichern, ferner ihm die Vollmacht geben solle, Confiscationen, Bestrafungen und Begnadigungen ohne alles Einreden des Kaisers vorzunehmen; ferner verlangte er bei einem einfügen Frieden Mecklenburg zurück, und für den Krieg alle nöthigen Geldmittel. Daß der Kaiser diese Bedingungen, die allerdings schwer zu erfüllen waren, einging, beweist feine große Noth, und daher ist auch wohl zu glauben, daß schon in diesen Bedingungen der Keim zu dem Zwiespalte lag, welcher später zu Wallensteins
Ermordung führte. .
Zuvörderst ging er auf die Sachsen, die noch m Bohmen standen, los, nahm ihnen Prag weg und trieb sie über das Erzgebirge nach Sachsen zurück. Schon wollte er ihnen dahin nachfolgen , als ihn die dringenden Bitten Maximilians zurückriefen, welchem Gustav Adolph München weggenommen hatte. Dieser zeigte sich hier, in der Hauptstadt seines Feindes, sehr edelmüthig.
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Schlacht bei Lützen.
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Als ihm die Magistratspersonen entgegenzogen und ihn um Verschonung der Stadt baten, antwortete er ihnen: „Ihr habt es gut gemacht; eure Unterwerfung entwaffnet mich. Mit Recht hätte ich an eurer Stadt Magdeburgs Unglück rächen können; aber fürchtet nichts, und seid eurer Güter, eurer Familien und eurer Religion wegen unbesorgt! Gehet in Frieden! Mein Wort gilt mehr als alle Capitulatiouen von der Welt!"
Jedermann war nun neugierig, wer von den beiden großen Feldherren, Gustav oder Wallenstein, der Sieger sein würde. Bei Nürnberg trafen sie zuerst zusammen. Fast zwei Monate lagen sie hier einander gegenüber und beobachteten einander. Endlich machte Gustav einen Angriff auf die Kaiserlichen; aber diese blieben wohlweislich auf den Höhen bei Fürth hinter ihren Verschanzungen und schlugen die Schweden zurück. Dann brach Gustav auf und wandte sich wieder nach Baiern. Auch Wallenstein zog bald'ab, aber nicht hinter den Schweden her, sondern nach Sachsen, wohin er seine Untergenerale, Gallas und Holk, vorausgeschickt hatte. Flehentlich bat der geängftigte Kurfürst von Sachsen den König um Hülfe. Gustav dachte zu edel, um den zweideutigen Bundesgenossen im Stiche zu lassen; er machte sich geschwind auf und zog in Gewaltmärschen seinem Verbündeten zu Hülfe.
10. Die Schlacht bei Lützen, 6. (16.) November 1632. Als Gustav am 1. November Naumburg an der Saale erreichte, strömte das Volk aus der ganzen Gegend fchaarenweife herbei, den großen König anzustaunen. Freudengeschrei empfing ihn; anbetend fiel alles vor ihm auf die Kniee nieder; man stritt sich um die Gunst, die Scheide seines Schwertes, den Saum seines Kleides zu berühren. Den bescheidenen Helden empörte dies. „Ist es nicht, als ob dieses Volk mich zum Gott macht?" sagte er zu seinen Begleitern. „Unsere Sachen stehen gut; aber ich fürchte, die Rache des Himmels wird mich für dieses Gaukelspiel strafen und diesem thörichten Haufen meine schwache, sterbliche Menschheit früh genug offenbaren." Hier bei Naumburg ließ er sein Heer lagern; denn er erwartete noch Verstärkung, und dies verleitete 2boffenstem, der indeß Leipzig eingenommen hatte und jetzt einige Meilen von Naumburg hinter Weißenfels stand, zu dem Glauben, daß der König für dies Jahr nichts mehr unternehmen wolle. Daher entsendete er den General Pappenheim mit einigen Regimentern zunächst gegen Halle und weiter nach dem Rhein hin.
Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 14
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Extrahierte Personennamen: Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Holk Gustav Gustav Gustav Gustav Pappenheim
Wallensteins Niederlage bei Lützen.
215
Untergange. In einem wüthenden Kampfe trafen die wenigen standhaften Regimenter Friedlands auf die Schweden. Auch diesem Gefechte machte endlich Nacht und Nebel ein Ende. Pappenheim starb schon am folgenden Tage in Leipzig an seinen Wunden. Daß die Schweden einen glänzenden Sieg erfochten haben, gestand der Herzog von Friedland schon dadurch zu, daß er sein ganzes Gepäck und Geschütz auf dem Schlachtfelde stehen ließ und in Eile nach Leipzig floh, wohin ihm der kleine Rest feines zerstreuten Heeres folgte. Dann ging es weiter nach Böhmen.
Erst nach der Schlacht empfand man bei ruhiger Ueberleguug im schwedischen Lager die (fanz.e Größe des Verlustes. Er, der sie in den Streit hinaus geführt hat, ist nicht mit zurückgekehrt. Draußen liegt er, auf dem eroberten Schlachtfelde, inmitten der Taufende der Gefallenen. Nach langem vergeblichen Suchen entdeckte man endlich da, wo seit 1832 ihm ein Denkmal errichtet worden ist, den königlichen Leichnam. Von Blut und Wunden bis zum Unkenntlichen entstellt, von den Hufen der Pferde zertreten und durch Plünderung seiner Kleider beraubt, wird er unter einem Hügel von Todten hervorgezogen, nach Weißenfels gebracht und dort seiner wehklagenden Gemahlin überliefert. Von dem betäubenden Schlage noch besinnungslos standen hier die Anführer in stummer Erstarrung um seine Bahre. Die Leiche wurde nach Stockholm gebracht. Als dem Kaiser Ferdinand Ii. der blutige Koller Gustavs überbracht wurde, benahm er sich sehr anständig und christlich, denn über das Unglück eines Feindes zu triumphireu, verräth eine sehr niedrige Seele. Er und seine Gemahlin sahen das blutige Kleid mit Rührung an. Ihm traten die Thränen in die Augen. „Gern," rief er, hätte ich dem Unglücklichen ein längeres Leben und eine fröhliche Rückkehr in sein Königreich gegönnt, wenn nur in Deutschland Friede geworden wäre!" — In Spanien dagegen wurden Freudenfeste gefeiert.
Aber wie ertrug Wallensteins Stolz den Schimpf der Niederlage? — Sich selbst maß er die Schuld natürlich nicht bei, sondern der Feigheit einiger Offiziere, und er hielt in Prag ein fürchterliches Kriegsgericht. Eilf Offiziere, zum Theil aus den vornehmsten Familien, wurden hier auf dem Platze vor dem Rathhaufe geköpft, andere gehängt, sieben Degen vom Scharfrichter unter dem Galgen zerbrochen und die Namen von 40 Abwesenden an den Galgen geschlagen.
Gustav Adolph hinterließ nur ein Töchterchen, Christina.
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Extrahierte Ortsnamen: Friedlands Schweden Leipzig Friedland Leipzig Stockholm Deutschland Spanien Prag
Erstes kaiserliches Patent gegen Wallenstein.
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in gefänglichen Verhaft und an einen solchen sichern Ort bringen, allda er gehört werden möge." Allein die Absicht, sich durch einen Handstreich Wallensteins in Pilsen zu bemächtigen, erwies sich unausführbar.
Eine Anmuthung zu äußerster Gewalt war noch nicht ausgesprochen. Es ist überhaupt schwerlich anzunehmen, daß ein Befehl zur Ermordung Wallensteins vom Kaiser selbst ausgegangen sei; aber den Gegnern hat er ihn preisgegeben, und diese zogen seinen Tod seiner Gesangennehmuug vor. Alle Dankbarkeit gegen den Feldherrn, der das Haus Oestreich gegen dessen gewaltigsten Feind vertheidigt hatte, wurde unterdrückt, und mehr noch! — der Kaiser betheiligte sich persönlich an den Bemühungen, den ,Herzog von Friedland zu täuschen. — War es nicht ein arges Verfahren, daß der Kaiser auch nach jener Achtserklärung mit Wallenstein im freundlichsten Briefwechsel blieb, ihn seinen lieben Oheim nannte, ihm Beweise von Vertrauen gab, ihn noch immer als Oberfeldherrn betrachtete und ihm versicherte, daß er ihm mit kaiserlicher Huld gewogen bleibe. So reichte also der Kaiser dem Feldherrn die eine Hand mit der Versicherung seiner Gunst, während er mit der andern ihn seinen Feinden überliefern half. Wallenstein ahnte anfangs von der gegen ihn gemachten Verschwörung nichts; er schenkte seinem Verräther Piccolomini noch immer sein Vertrauen und da er selbst krank lag, so führte Trczka den Briefwechsel mit Gallas, der sich auch nichts merken ließ, daß er bereits an seiner Stelle zum Oberfeldherrn ernannt war. Dagegen zog er heimlich die dem Feldherrn feindlichen Generale, Piccolomini, Abringen — fast lauter Italiener — in die Verschwörung, verschwieg aber das erhaltene kaiserliche Patent noch den übrigen Offizieren. Nur seinen Vertrauten theilte er es mit und befahl ihnen, keinen Befehl mehr von Wallenstein anzunehmen.
Indessen war es nicht möglich gewesen, die Sache so geheim zu halten, daß der Herzog nicht endlich von der gegen ihn gesponnenen Verschwörung etwas erfahren hätte. Er setzte darauf, noch in Pilsen, gemeinschaftlich mit den hier aufs neue versammelten Obersten eine feierliche Erklärung auf: „daß es keinem von ihnen in den Sinn gekommen sei, wider des Kaisers Majestät das Geringste zu gedenken, noch irgend eine Machination anzustellen." Sie hätten sich dadurch bloß verbindlich machen wollen, Feldherr und Oberste, treu und redlich bis auf den letzten Blutstropfen bei einander zu halten und sich nicht trennen zu lassen. Zugleich
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