Schlacht bei Hohenfriedberg.
323
seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Schmalkaldischer Krieg.
41
88. Der schmalkaldische Krieg, 1547. — Moritz von Sachsen.
Kaiser Karl hatte wenig Zeit, sich um die Religionsstreitigkeiten in Deutschland zu bekümmern; er hatte nicht nur mit Franz I., König von Frankreich, vier Kriege zu führen, sondern unternahm auch zwei Seefahrten nach der afrikanischen Nordküste. Die Türken trieben nämlich damals im mittelländischen Meere viel Seeräuberei und plünderten sogar ungeschent die Küsten von Spanien, Sicilien und Neapel. Besonders gefürchtet machte sich der Seeräuber Hayradiu Barbarossa, eines griechischen Töpfers Sohn aus Lesbos, nachher zum muhamedanischen Glauben übergetreten. Er hatte sich mit Erlaubniß des Sultans Algiers bemächtigt, war zum Admiral der türkischen Flotte ernannt worden und hatte endlich das Reich Tunis weggenommen. Der Bei dieses Landes bat den Kaiser Karl um Hülfe. Dieser rief den berühmten Seehelden Andreas Doria aus Genua auf, die kaiserliche Flotte zu befehligen, und begleitete dieselbe, 1535. Hayradin wurde aus Tunis vertrieben, diese Stadt erobert und 22,000 gefangene Christensklaven befreit.
Sechs Jahre darauf unternahm Karl einen zweiten Seezug nach der afrikanischen Küste, dies Mal nach Algier, 1541. Hay-radin hatte seine Seeräubereien fortgesetzt und die spanischen Küsten ausgeplündert. Andreas Doria befehligte auch dies Mal die kaiserliche Flotte, aber er rieth dem Kaiser, die Unternehmung aufzuschieben, weil die Jahreszeit — es war im Herbste — ungünstig. Aber Karl ließ sich nicht abreden und begleitete die Flotte. Zwar landete das Heer und berannte Algier. Aber schon in der nächsten Nacht, ehe noch die Zelte, die Kanonen und das Gepäck hatten ausgeschifft werden können, erhob sich ein furchtbares Sturm- und Regenwetter, und am Morgen machten die ausgeruhten Feinde aus
noch nicht die Rede gewesen. Er war Dominicanermönch und hatte sich durch ergreifende Beredtsamkeit solche Berühmtheit erworben, daß ihn Horenzo von Medici 1489 nach Florenz zog. Hier übte er bald durch seine Forderung einer Erneuerung des sittlichen und religiösen Lebens, sowie durch die strenge Einfachheit seines Wandels einen großen Einfluß auf das Volk. Aber seine Strenge und seine Freimüthigkeit zogen ihm viele Feinde zu, und da er nicht die Kirche allein, sondern auch den Staat zu reformiren versuchte, so gerieth er in Verwickelungen, welche den traurigen Ausgang nahmen, daß er gefangen und zum Flammentode tierurtheilt wurde, den er muthig und freudig erlitt (1498).
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Spanien Sicilien Neapel Lesbos Algiers Tunis Genua Tunis Algier Algier Florenz
398
Neueste Geschichte. 3. Periode.
rung und Durchführung namentlich ein Verdienst Napoleon Iii. ist, was ihm immerdar zur Ehre gereichen wird. Denn von England fehlte nicht allein die Mitwirkung, sondern seine Handelseifersucht bemühte sich sogar, das Unternehmen zu erschweren oder gar zu vereiteln. Der Bau des Kanals war 1854 angefangen und jetzt soweit vollendet, daß es möglich war, die Einweihung auf den 16. November festzusetzen.*) Im Juni hatte der Viceköuig (Khe-dive) von Aegypten, Ismail Pascha, ein Enkel von Mehemed Ali, persönlich an den Höfen von Wien, Berlin, Paris und London zu den Feierlichkeiten der Eröffnung eingeladen. Dieser Einladung folgten die Kaiserin Eugenie von Frankreich, der Kaiser von Oestreich, der Kronprinz von Preußen, der zweite Sohn des Königs von Italien, mehrere andre Fürsten und eine bedeutende Anzahl politischer und wissenschaftlicher Notabilitäten. Die Kaiserin und die Fürsten begaben sich zunächst nach Eonstantinopel, wo ihnen der Sultan einen prächtigen und würdevollen Empfang bereitete. Von hier aus reiste der Kronprinz von Preußen nach Athen und dann nach Jerusalem. Der Sultan hatte der Krone Preußen einen beträchtlichen Theil des früheren Besitzthums der Johanniter in Jerusalem übergeben. Von dieser Schenkung vollzog der Kronprinz am 7. November die Besitzergreifung unter lebhafter Betheiligung der dortigen Deutschen, welche die auf dem alten Gemäuer aufgepflanzte preußische Fahne mit Begeisterung begrüßten. Auf dieser Stätte soll sich der Bau einer vom Johanniterorden zu errichtenden deutsch-evangelischen Kirche erheben. Auch der Kaiser
*) Der Suezkanal hat eine Länge von 21meilen, er ist 8 Meter tief, oben 100 und am Grunde 22 Meter breit. Da diese Maße nur für ein Schiff hinreichen, so sind für das Voruberpassiren einander entgegenkommender Schiffe mehrere Ausweichungen angelegt. Die Kosten des Baues beliefen sich auf 400 Millionen Franken und darüber. Unter den Schwierigkeiten der Bauausführung war nicht die geringste die Beschaffung der Lebensmittel und namentlich des Trinkwassers für die Arbeiter. Es mußte dazu ein eigener Kanal aus dem Nil herangeleitet werden. Die bisherige Benutzung hat den guten Zustand des Kanals bewiesen; es sind Schiffe mit. 23 Fuß' Tiefgang ohne Schwierigkeit passirt. Es sind im Jahre 1870 486 Schiffe durch den Kanal gegangen, 1871 765 Schiffe, im ersten Halbjahr 1872 stieg die Zahl schon auf 887. Der Verkehr mit Dampfern nimmt einen großartigen Aufschwung, für Segelschiffe macht die Beschaffenheit des rothen Meeres die Schifffahrt schwierig. Wie sehr sich Weg und Zeit durch die Benutzung des Kanals verkürzen, zeigt folgendes Beispiel. Ein Schiff, welches Glasgow am 30. März verließ, lief am 22. Mai in Schanghai ein, hatte also die Fahrt von Hafen zu Hafen in 58 Tagen vollendet, von denen es nur 45 Tage unter Dampf gewesen war.
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Neueste Geschichte. 3. Periode.
schwere Zeit zu erflehen. „Katholiken und Protestanten, Schriftgläubige und philosophische Köpfe — alle die zahllosen persönlichen Glaubensbekenntnisse, die das freie Geistesleben unseres Volkes mit edler Duldsamkeit umschließt, beugten sich andächtig vor der göttlichen Vernunft, die über den Schrecken und Nöthen dieser Tage sinnvoll waltet."
Vom 16. Juli ab hatte die Mobilmachung der deutschen Heerestheile begonnen, und so trefflich war alles gerüstet, so genau vorbereitet, daß nach eilf Tagen die Armeen kriegsfertig standen und nach weiteren acht Tagen an den Ufern des Rheins sich aufstellten. Mit staunenswürdiger Schnelligkeit und Sicherheit führten lange, unaufhörlich sich folgende Eisenbahnzüge die Truppen nach Westen hin. Sie wurden überall mit Begeisterung empfangen, und in dem Anblick dieser unermeßlichen Kriegerschaaren erhob sich im Volke die Hoffnung zur Gewißheit des Sieges. Es wurden drei Armeen gebildet: die erste, unter General Steinmetz, mit drei Armeecorps von Coblenz nach der Saar; die zweite, unter Prinz Friedrich Karl, mit sieben Corps von Mainz und Bingen nach der Saar; die dritte, unter dem Kronprinzen von Preußen, mit sechs Corps von Rastatt und Mannheim nach der Lauter hin. Bei der dritten Armee standen die süddeutschen Bundestruppen, Baiern, Württemberger und Badenser. Der Kronprinz war in München, Stuttgart und Karlsruhe mit der frischesten Begeisterung empfangen worden. Die Vertheidigung der norddeutschen Küsten gegen die französische Flotte wurde dem General Vogel v. Falkenstein anvertraut. Am Abende des 31. Juli verließ König Wilhelm, begleitet von Bismarck, Moltke und Roon, seine Hauptstadt; er hatte vor seiner Abreise eine Proclamation an sein Volk erlassen. Am 2. August traf er in Mainz ein und richtete hier eine Proclamation an das deutsche Heer. „Ich übernehme heut," so schloß er dieselbe, „das Commando über die gesammten Armeen und ziehe getrost in einen Kamps, den unsre Väter in gleicher Lage einst ruhmvoll bestanden. Mit mir blickt das ganze Vaterland vertrauensvoll auf euch. Gott der Herr wird mit unsrer gerechten Sache seilt."
Napoleon Iii. hatte einige Tage nach der Kriegserklärung die Sitzungen des gesetzgebenden Körpers geschlossen und in einer die Wahrheit stark entstellenden Proclamation an das französische Volk versucht, Preußen als die Macht anzuklagen, welche überall Mißtrauen erweckt, überall zu übertriebenen Rüstungen genöthigt und
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Nepeste Geschichte. 3. Periode.
äußerte sich in den heftigsten Ausdrücken gegen dasselbe. Von Florenz aus war er eben im Begriff, sich an die römische Grenze zu begeben und den Angriff auf Rom zu beginnen, als er auf Geheiß der Regierung verhaftet (23. Septbr. 1867) und nach Alessandria gebracht, bald aber nach Caprera entlassen wurde. Die französische Regierung hatte zur Wachsamkeit gegen Garibaldi's Umtriebe und Wagnisse aufgefordert. Im Juni war in Rom ein großes kirchliches Fest gefeiert worden. Es war der Gedenktag des Märchrertodes Petri, den der Apostel vor achtzehnhundert Jahren erlitten hatte. Auf die Einladung des Papstes waren über 400 Bischöfe und viele tausend Priester erschienen. Mit großem Glanze wurde die Feier begangen; die Bischöfe und zahlreiche Städte Italiens versicherten dem Papste ihre Ergebenheit und Treue, der seinerseits bei dieser Veranlassung die Einberufung eines Concils in Aussicht stellte. So wechselten um Pius Ix. die Eindrücke der Verlassenheit und der Ermuthigung. Denn auch nach Garibaldi's Entfernung 'tjriff die Bewegung für einen Frei-schaarenzug gegen Rom immer lebhafter um sich. Es gelang Garibaldi in einer dunklen Nacht, den Kriegsschiffen, welche um Caprera kreuzten, zu entwischen und wieder in Florenz zu erscheinen, .wo er das Volk für die Theilnahme an seinem Unternehmen aufregte und dann in das Lager der Freischaaren eilte. Napoleon Iii. ließ darauf seine Flotte und Landungstruppen von Toulon nach Rom abgehen. Victor Emannel und seine Regierung befanden sich in einer schwierigen Lage. Ihrer innersten Gesinnung nach hätten sie gern Rom durch italienische Truppen besetzen lassen, auf der andern Seite drohte der dann unvermeidliche Krieg mit Frankreich alles bisher Errungene in Frage zu stellen. Der Versuch eines Aufstandes in Rom, 22. October, wobei eine Zuavencaserne in die Luft gesprengt worden war, scheiterte. Der König entschied sich dafür, den Krieg mit Frankreich zu vermeiden; doch rückten, da Garibaldi die römische Grenze überschritten hatte, auch königliche Truppen dort ein. Rom wurde am 30. October von französischen Truppen besetzt. Garibaldi hatte sich in Monte Rotondo, drei Meilen vor Rom, verschanzt. Als er von hier abziehen wollte, wurde er von den päpstlichen Truppen, denen eine französische Brigade folgte, bei Mentana angegriffen, 3. November. Schon waren die Päpstlichen unter General Kanzler geschlagen, da nahmen die Franzosen mit ihren Chassepotgewehren den Kampf wieder auf und brachten den Freischaaren eine blutige Niederlage bei. Das
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Deutsch-franz. Krieg. Kämpfe gegen die Republik bis zum Frieden. 439
an Steinkohlen fehlte das Gas zur Beleuchtung der Straßen und Plätze. Von Woche zu Woche stieg die Noth, Hunger und Kälte rafften die Bevölkerung in schreckbarer Steigerung der Sterblichkeit hinweg, und wie standhaft auch die Pariser alle diese Leiden und das bittere Elend ertrugen, so sahen sie doch den Tag herannahen, wo die Lebensmittel völlig zu Ende sein würden. Zu diesen Bedrängnissen gesellten sich die Schrecken des am 27. December eröffneten . Bombardements. Es richtete sich zuerst gegen den Mont Avron und die östlichen Forts, vom 5. Januar an auch gegen die Südforts. Immer näher rückten die furchtbaren Batterien der Belagerer und schon erreichten die Geschosse den Palast Luxembourg und das Pantheon. Wuth und verzweifelter Trotz bewegten die Bevölkerung, und Trochu mußte, dem Drängen nachgebend, noch einen Ausfall wagen. Am 19. Januar zogen über 100,000 Mann in der Richtung nach Versailles zum Kampfe aus. ^Sie wurden mit einem Verluste von 7000 Mann zurückgeworfen. Nun trat Trochu den Oberbefehl an General Vinoy ab. Es war unmöglich, Paris länger zu halten. Jules Favre begab sich nach Versailles, um Unterhandlungen wegen eines Waffenstillstandes anzuknüpfen, 23. Januar. Nach Beseitigung einiger Schwierigkeiten wurde die Kapitulation ant 26. Januar abgeschlossen; um 12 Uhr in der Nacht zum 27. verstummte der Donner der Geschütze in den Forts und in den deutschen Batterien. Die Ver-proviantirung von Paris wurde gestattet; die Forts wurden übergeben, die Linientruppen und die Mobilgarde wurden kriegsgefangen, blieben aber in Paris; die Nationalgarde behielt die Waffen für den Sicherheitsdienst. Ans freien Wahlen hervorgehend sollten binnen vierzehn Tagen eine über Krieg und Frieden entscheidende Versammlung in Bordeaux zusammentreten. Die Armeen der Generale v. Manteuffel und Bourbaki waren in diesen Waffenstillstand nicht eingeschlossen. Die Stadt Paris zahlte eine Kontribution von 200 Millionen Francs.
Die constituirende Versammlung wurde ant 12. Februar in Bordeaux eröffnet. Gambetta trat vom Schauplatz seines kühnen, aber erfolglosen Wirkens zurück, die provisorische Regierung legte ihre Gewalt nieder. Thiers wurde zum Chef der Executivgewalt der französischen Republik gewählt. Laut und energisch erhob sich das Verlangen nach Beendigung des Krieges. Thiers und Jules Favre, welcher in das neue Ministerium eingetreten war, gingen nach Versailles, um die Friedensverhandlungen zu beginnen. Am
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430
Neueste Geschichte. 3. Periode.
26. Februar wurden nach schweren Verhandlungen die von Graf Bismarck mit unerbittlicher Festigkeit durchgesetzten Forderungen Deutschlands angenommen und die Präliminarien abgeschlossen. Bis zur Bestätigung derselben durch die Versammlung in Bordeaux wurden die westlichen Stadttheile von Paris durch 30,000 Mann deutsche Truppen besetzt. Nachdem Kaiser Wilhelm über diese Truppen in Longchamp an der Grenze des Bois de Boulogue Heerschau gehalten hatte, zogen sie am 1. März ein und lagerten auf den elyseischen Feldern; doch verließen sie schon am 3. März die Hauptstadt, denn die Nationalversammlung hatte sich beeilt, die Präliminarien zu genehmigen. Mit heftiger innerer Erschütterung hatte Thiers die schweren Bedingungen verkündigt, aber die Nothwendigkeit des Friedens drängte den Versuch des Widerspruchs zurück. Hierauf vollzog auch Kaiser Wilhelm am 2. März die Präliminarien. Inniger Dank gegen Gott, gegen die Armee und das Vaterland erfüllte bei dieser Vollendung des schweren Kriegswerkes das Herz des greisen Monarchen. Frankreich trat den Elsaß (mit Ausschluß von Belfort), Deutsch-Lothringen mit Metz und Thionville an Deutschland ab und verpflichtete sich zur Zah-uug von ftins Milliarden Francs Kriegskosten, bis zu deren Abtragung deutsche Truppen bestimmte Gegenden Frankreichs, auch Belfort, besetzt halten sollten. Am 7. März verließ der Kaiser Versailles, wo er feit dem 5. October fein Hauptquartier gehabt hatte. In den Tagen vorher hielt er noch über das Gardecorps, dann über die bairischen, sächsischen und württembergischen Truppen Heerschau ab. Graf Bismarck wurde in den Fürstenstand erhoben, die Generale Moltke und Roon in den Grafenstand. In einem Armeebefehl von Nancy aus, 15. März, nahm der Kaiser Abschied von seinem glorreichen Heere und dankte ihm für feine Tapferkeit und Ausdauer. Ueberall in Deutschland schallte ihm und den ihm zur Seite stehenden Männern der Zuruf inniger Bewunderung und Ehrerbietung entgegen; in feiner Hauptstadt wurde der heimkehrende Siegesfürst am 17. März mit einem unermeßlichen Jubel der Begeisterung empfangen. Am 21. März eröffnete der Kaiser den ersten deutschen Reichstag und sprach am Schluß feiner inhaltschweren Rede den Wunsch aus, daß dem glorreichen Kriege eine ebenso glorreiche Friedenszeit folgen möge. Die Verhandlungen zum Abschluß des definitiven Friedens mit Frankreich sollten nun in Brüssel stattfinden, da sich dieselben aber in die Länge zogen, traf Fürst Bismarck mit Favre in Frankfurt
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Extrahierte Personennamen: Graf_Bismarck Wilhelm März Thiers Wilhelm Metz Bismarck Nancy Fürst_Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Bordeaux Paris Longchamp Boulogue_Heerschau Frankreich Belfort Deutschland Frankreichs Belfort Versailles Deutschland Frankreich
492 Zeittafel.
1871 Fortgesetzte Kämpfe der Deutschen gegen die Loire-Armee, die Nord-Armee, die Ost-Armee, 18. Januar. König Wilhelm nimmt in Versailles die deutsche Kaiserwürde an. Kapitulation von Paris. Thiers, Präsident. Friedenspräliminarien von Versailles, 26. Febr.; Friede zu Frankfurt a. M., 10. Mai. Kommunisten-Aufstand in Paris.
Beginn des Culturkampfes in Deutschland. — König. Arnadeo von Spanien. Mont Cenis-Tunnel.
1872 Karlistenkrieg in Spanien, bis 1876. — König Oscar Ii. von Schweden.
1873 Napoleon Iii. stirbt in Chislehurst. — König Arnadeo von Spanien legt die Krone nieder. — Marschall Mac Mahon, Präsident der Republik Frankreich. — König Albert von Sachsen. — Krieg Englands gegen die Aschanti. Krieg Hollands gegen Atchin. — Russische Expedition gegen Khiwa. — Weltausstellung in Wien.
1874 Friede mit den Aschanti. — Der Khan von Khiwa unterwirft sich.
1875 Jnsurrection in Bosnien und der Herzegowina. — König Al-phons Xii. von Spanien.
1876 Serbien und Montenegro im Kriege mit der Türkei. — Murad V., Sultan, .30. Mai. Abdul Hamid, Sultan, 31. August. — Das Khanat Khokand in das russische Gebiet einverleibt. — Weltausstellung in Philadelphia.
1877 Der russisch-türkische Krieg. Die Kämpfe um Plewna. — Die Königin von England nimmt den Titel „Kaiserin von Indien" an. — Thiers stirbt.
1878 Die Russen vor Constantinopel, die englische Flotte in den Dardanellen. Friede von St. Stefano. Congreß in Berlin; Friede von Berlin.
Victor Emanuel stirbt. König Humbert von Italien. — Pius Ix. stirbt, Papst Leo Xiii. Attentate ans den deutschen Kaiser. — Oestreich besetzt Bosnien und die Herzegowina. — Krieg Englands gegen Afghanistan und gegen die Zulukassern. — Weltausstellung in Paris.
1879 Jules Grevy, Präsident der Republik Frankreich. — Prinz Napoleon fällt im Zulukriege. — Attentate gegen den Kaiser von Rußland im April und December. — Friede mit Afghanistan und Erneuerung des Krieges.
1880 Attentat auf den Kaiser von Rußland, 17. Februar. — Konferenz in Berlin zur Regulirung der Grenze Griechenlands.
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Wilhelm der Eroberer.
99
Wilhelm persönlich und hatte eine große Vorliebe für ihn und alle Normannen.
Als Eduard 1066 starb, bemächtigte sich Harald, Herzog von Mercia und Kent, der reichste und mächtigste der englischen Großen, des Thrones und wurde allgemein anerkannt. Wihelm fuhr zornig auf und verlangte Abtretung des Thrones, und da Harald die Forderung abschlug, so rüstete er sich. Pie.normänner waren die tapfersten Krieger jener Zeit; außerdem boten die kriegslustigen Ritter anderer Länder dem Herzoge ihre Dienste an. Aus einer zahlreichen Flotte setzte dieser nach der Südküste Englands über und landete glücklich. Als er ans Ufer sprang, fiel er. „Ein übles Vorzeichen!" murrten die Umstehenden. Aber er faßte sich schnell und ries, als wenn er absichtlich sich hingeworfen hätte: „So nehme ich von diesem Lande Besitz!"
Harald eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Normänner gewannen einen großen Sieg; Harald fiel mit zweien seiner Brüder und einem großen Theil der sächsischen Ritterschaft. Wilhelm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs regierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Normänner und Engländer durch Heirathen einander näher zu bringen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald, als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England übergesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden, wuchs, und schon war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig nach England zurück und hielt ein strenges Gericht über die Uebelthäter. Jeder neue Aufftand führte neue Härten herbei. Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbesitznngen und übertrug sie seinem normannischen Adel. Mit eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern zu. Nur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen Empörungen zurück. Als er nach 21 jähriger Regierung starb (1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue, die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemüther nicht mit seinem Andenken versöhnen.
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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
selten vertragen können, und das zeigte sich auch hier bald. Wo sie schon nnterwezs zusammenkamen, entstanden Streitigkeiten, und als sie endlich an der Küste von Palästina ans Land stiegen und die Seestadt Acre (jetzt St. Jean d'acre) dort belagerten, fing der Unfriede erst recht an. Denn Richard verrichtete so tapfere Thaten, daß er den Namen Löwenherz erhielt. Darüber aber ärgerten sich Philipp August und seine Franzosen so, daß sie ihm alle nur mögliche Schwierigkeiten in den Weg legten. Endlich wurde zwar Acre erobert, aber Philipp August, der Mühseligkeiten müde, schiffte nach Frankreich zurück, und während der edle Richard sür die Eroberung des heiligen Grabes sich abmühte, verband sich jener mit dem schlechtdenkenden Bruder Richards, Johann ohne Land, der seinen Bruder vom Throne stoßen wollte. Das zwang den Richard, auch wieder nach Europa zurückzugehen, nachdem er ijoch unglaubliche Thaten verrichtet hatte;*) aber es war ihm hier eine harte Prüfung aufbewahrt. Bei der Eroberung jener Seestadt nämlich hatte er sich mit dem Herzoge Leopold von Oestreich sehr verzürnt. Dieser hatte seine Fahne auf einem Thurme, den er erobert, aufgepflanzt; Richard aber wollte es nicht dulden, weil Leopold ihm nicht ebenbürtig war, und ließ, unbesonnen genug, die Fahne herunterreißen und in den Graben werfen. Da schwur Leopold Rache und verließ augenblicklich das Heer. Richard mußte für seinen Stolz schwer büßen. Als er auf dem mittelländischen Meere fuhr, erhob sich ein Sturm und trieb ihn ins adriatische Meer hinein, wo sein Schiff scheiterte, und er sich genöthigt sah, zu Lande weiter zu reisen. Er mußte gerade durch das Land seines Todfeindes, durch Oestreich; doch hoffte er, daß ihn keiner erkennen werde. Er warf seine Rüstung ab und hüllte sich in ein
*) In einer Reiterschlacht hieb er einem Emir, der ihn zum Kampfe forderte, auf einen Hieb den Kopf, die rechte Schulter und den rechten Arm ab, und erregte solchen Schrecken unter den Feinden, daß sich ihre Haare auf der Stirne sträubten. Mehrere seiner Gefährten waren in das dicke Gedränge der Feinde gerathen; er aber arbeitete sich bis zu ihnen hindurch, warf die Feinde auseinander und befreite sie. Endlich stürzte er sich ganz allein in das feindliche Gewühl, und die Seinigen gaben ihn schon verloren, da sie nichts mehr von ihm sahen, und schon glaubten sie ihn todt; da kehrte er plötzlich mit blutigem Schwerte zurück, und sein Roß war mit Staub und Blut bedeckt, sein Panzer aber starrte von Pfeilen, wie ein mit Nadeln bestecktes Kissen. Einer der Emire selbst sagte von ihm zu Saladin: „Niemand kann die Streiche abhalten,- die er führt; sein Ungestüm ist schrecklich, das Zusammentreffen mit ihm tödtlich und seine Thaten übersteigen die menschliche Natur."
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Extrahierte Personennamen: Palästina Jean Philipp_August Philipp August Philipp_August Philipp August Richards Johann Leopold_von_Oestreich Leopold Leopold Leopold Leopold_Rache Leopold Oestreich