Bartholomäusnacht.
79
worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken.
Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit-
dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte.
Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht.
. Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte.
So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Katharina Coligny Gott Katharina Coligny
118
Neue Geschichte. 1. Periode. England.
Raths, was zu thun sei. Diese versicherten, es sei die Absicht Elisabeths, das Urtheil vollstrecken zu lassen, versprachen, die ganze Verantwortung zu übernehmen, und schickten es sogleich an die Grafen von Shrewsbury (sprich Schrusberi) und Kent, um die Anstalten zur Hinrichtung zu treffen.
Beide Grafen begaben sich unverzüglich am (17.) Februar 1587 nach Fotheringhay, und sagten Maria, sie möchte sich zum folgenden Morgen um 8 Uhr zum Tode fertig halten. Sie schien über diese Nachricht mehr verwundert als erschrocken, und sagte mit heiterm Gesichte: sie glaube nicht, daß Elisabeth in ihren Tod gewilligt habe, da sie nicht unter den Gesetzen und der Gerichtsbarkeit Englands stehe. „Wenn es aber ihr Wille ist," fügte sie hinzu, „so soll der Tod, der alle meine Leiden beendigt, mir sehr willkommen sein. Ich kann auch die Seele der Seligkeit des Himmels nicht für würdig halten, die ihren Körper unter den Schrecken des Todesganges nicht aufzurichten vermag." Darauf bat sie die beiden Grafen, einigen ihrer Bedienten und ihrem Beichtvater zu erlauben, die letzten Stunden ihres Lebens bei ihr zuzubringen; jene schlugen aber die Bitte ab und meinten, es sei gegen ihr Gewissen, ihr darin gefällig zu sein; dagegen wollten sie den Dr. Flechter, Dechant von Peterborough, einen Mann von großer Gelehrsamkeit, schicken, der sie in den Lehren der englischen Kirche unterrichten solle. Doch dies verbat sie sich und betheuerte nochmals bei dem Evangelium, daß sie an der Verschwörung gegen Elisabeth unschuldig wäre, und nie um Babingtons sträfliche Pläne gewußt hätte. Uebrigeus verließe sie sich auf Gott, der ihre Unschuld dereinst ans Licht bringen würde. Bei dem allen blieb sie ruhig und zeigte keine Spur von Todesfurcht; sie verlangte früher als gewöhnlich zu Abend zu essen, damit sie vor Ende der Nacht ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen könnte. Sie tröstete die, welche um sie waren, und setzte sich dann mit ihrem Arzte zu Tische. * Sie rief alle ihre Bedienten und trank aus ihr ferneres Wohlergehen. Alle zerstoßen in Thränen, fielen ihr zu Füßen und baten sie schluchzend um Verzeihung ihrer Fehler und um ihren Segen. Maria bat von ihrer Seite um Vergebung wegen der Demüthigungen, die sie von ihr erfahren haben möchten, wenn ihre so oft gereizte Empfindlichkeit sie manchmal ungehalten gemacht habe. Alle Anwesende unterbrachen diesen rührenden Abschied durch lautes Weinen.
Nach dem Essen setzte sie sich zum Schreiben. Zuerst schrieb
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Extrahierte Ortsnamen: England Shrewsbury Englands
Drake. Spanische Armada.
123
Davison wurde ins Gefängniß geworfen und zu einer Strafe von 10,000 Pfund vernrtheilt, wodurch er um sein ganzes Vermögen kam. Dennoch war Jacob außer sich vor Kummer und Zorn und wollte durchaus mit den Waffen den Tod seiner Mutter rächen; nur mit Mühe gelang es Elisabeth, ihn nach und nach zu besänftigen.
Nun erst fing Elisabeth recht an zu leben, da sie der Furcht
vor Maria überhoben war. Ungestört konnte sie sich nun der Sorge für ihr Land überlassen, und wirklich hat sich auch seit jener Zeit England erst recht gehoben. Vorzüglich fing auch unter ihr
erst der englische Handel an zu blühen. Unter ihr lebten die
trefflichsten Seemänner Walther Raleigh (sprich Reli), Franz Drake (sprich Dräke) und Thomas Cavendish (sprich Cävendisch). Drake war der erste Engländer, der eine Reise um die Welt machte, d. H. der die Erde umschiffte. In drei Jahren hatte er die große Reise vollendet, und als er (1580), mit Reichthümern beladen, zurückkehrte, besuchte ihn Elisabeth, die seltenes Verdienst gern ehrte, auf seinem Schiffe, hielt dort ein Mittagsmahl und schlug ihn eigenhändig zum Ritter. Er ist als Verpflauzer des Tabaks und der Kartoffeln nach Europa besonders merkwürdig. — Cavendish, ein nicht weniger kühner Seemann, befuhr mit drei kleinen Schiffen das Südmeer und that den Spaniern unendlichen Abbruch. Er nahm ihnen 19 zum Theil reich beladene Schiffe ab und hielt, als er mit reicher Beute (1586) zurückkehrte, einen feierlichen Einzug die Themse hinauf. Seine Matrosen und Soldaten waren in Seide gekleidet, seine Segel von Damast, und seine Beute wurde für die reichste gehalten, die je nach England war gebracht worden. Den größten Dienst aber erwies Drake seiner Königin, als er die große Armada, welche Philipp von Spanien (1588) gegen England ausgerüstet hatte, zerstören half. Er war zwar nicht Oberbefehlshaber der englischen gegen die Armada ausgesandten Flotte, nahm aber thätigen Antheil an der Expedition.
Philipp von Spanien war aus mehreren Ursachen gegen Elisabeth aufgebracht und hatte beschlossen, eine Landung in England zu versuchen. Der Papst (Sixtus V.) hatte die ketzerische Königin dazu in den Bann gethan, weil „kein Ketzer ein Recht habe, über Rechtgläubige zu regieren," und dem Philipp England geschenkt — wenn er es nämlich erobern könnte. Dazu rüstete Philipp eine ungeheure Flotte aus, wie man früher noch nie eine gesehen hatte, ließ Schiffe von ungeheurer Größe bauen und nannte die Flotte die unüberwindliche Flotte oder Armada. Hoch-
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Extrahierte Ortsnamen: Spanische_Armada Europa England England England
Schlacht bei Hohenfriedberg.
323
seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Schmalkaldischer Krieg.
41
88. Der schmalkaldische Krieg, 1547. — Moritz von Sachsen.
Kaiser Karl hatte wenig Zeit, sich um die Religionsstreitigkeiten in Deutschland zu bekümmern; er hatte nicht nur mit Franz I., König von Frankreich, vier Kriege zu führen, sondern unternahm auch zwei Seefahrten nach der afrikanischen Nordküste. Die Türken trieben nämlich damals im mittelländischen Meere viel Seeräuberei und plünderten sogar ungeschent die Küsten von Spanien, Sicilien und Neapel. Besonders gefürchtet machte sich der Seeräuber Hayradiu Barbarossa, eines griechischen Töpfers Sohn aus Lesbos, nachher zum muhamedanischen Glauben übergetreten. Er hatte sich mit Erlaubniß des Sultans Algiers bemächtigt, war zum Admiral der türkischen Flotte ernannt worden und hatte endlich das Reich Tunis weggenommen. Der Bei dieses Landes bat den Kaiser Karl um Hülfe. Dieser rief den berühmten Seehelden Andreas Doria aus Genua auf, die kaiserliche Flotte zu befehligen, und begleitete dieselbe, 1535. Hayradin wurde aus Tunis vertrieben, diese Stadt erobert und 22,000 gefangene Christensklaven befreit.
Sechs Jahre darauf unternahm Karl einen zweiten Seezug nach der afrikanischen Küste, dies Mal nach Algier, 1541. Hay-radin hatte seine Seeräubereien fortgesetzt und die spanischen Küsten ausgeplündert. Andreas Doria befehligte auch dies Mal die kaiserliche Flotte, aber er rieth dem Kaiser, die Unternehmung aufzuschieben, weil die Jahreszeit — es war im Herbste — ungünstig. Aber Karl ließ sich nicht abreden und begleitete die Flotte. Zwar landete das Heer und berannte Algier. Aber schon in der nächsten Nacht, ehe noch die Zelte, die Kanonen und das Gepäck hatten ausgeschifft werden können, erhob sich ein furchtbares Sturm- und Regenwetter, und am Morgen machten die ausgeruhten Feinde aus
noch nicht die Rede gewesen. Er war Dominicanermönch und hatte sich durch ergreifende Beredtsamkeit solche Berühmtheit erworben, daß ihn Horenzo von Medici 1489 nach Florenz zog. Hier übte er bald durch seine Forderung einer Erneuerung des sittlichen und religiösen Lebens, sowie durch die strenge Einfachheit seines Wandels einen großen Einfluß auf das Volk. Aber seine Strenge und seine Freimüthigkeit zogen ihm viele Feinde zu, und da er nicht die Kirche allein, sondern auch den Staat zu reformiren versuchte, so gerieth er in Verwickelungen, welche den traurigen Ausgang nahmen, daß er gefangen und zum Flammentode tierurtheilt wurde, den er muthig und freudig erlitt (1498).
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Spanien Sicilien Neapel Lesbos Algiers Tunis Genua Tunis Algier Algier Florenz
Maria von England.
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Werke entsage, da ich wohl weiß, wie viel an ihnen fehlt, um nicht allein auf feine Gnade und auf das Verdienst Jesu zu rechnen." Sie endigte mit dem lauten Gebete des 51. Psalms.
Darauf nahm sie selbst Halstuch und Handschuhe ab und ließ sich -von ihren treuen Dienerinnen Elisabeth und Helena das Oberkleid ausziehen. Dem kniend um Verzeihung bittenden Scharfrichter antwortete sie freundlich und bat ihn nur, schnell mit ihr zu enden. Als man ihr das Tuch zum Verbinden der Augen reichte und sie den Block erblickte, fragte sie: „Wird mich der Hieb treffen, ehe ich mich darauf gelegt habe?" Da man ihr das Gegentheil versicherte, verband sie sich schnell die Augen, tappte nach dem Blocke, und nachdem man sie daran geführt hatte, legte sie ihr Haupt willig hin. Unter dem andächtigen Gebete: „Herr! in deine Hände befehle ich meinen Geist!" wurde es vom Körper getrennt.*) In der Kapelle des Towers wurde sie neben ihrem Gatten beigesetzt. Alle Anwesende, selbst Maria's Anhänger, waren tief bewegt. In alle Länder ist der Ruf ihres seltenen Verstandes und ihrer schönen Seele gedrungen; überall, auch spät noch, sind nah und fern ihrem Schicksale Thränen geflossen. Künstler und Dichter haben gewett-eifert, sie in ihren Werken zu verherrlichen. Der Oberrichter aber, der ihr Todesurtheil gesprochen hatte, ist nach dessen Vollziehung wahnsinnig geworden, hat unaufhörlich gerufen: „Weiche von mir, Johanna!" und so ist er gestorben.**)
Je lieblicher die -holde Weiblichkeit der unglücklichen Johanna erscheint, desto widerlicher stößt der Charakter Maria's zurück.
Sie nur empfand bei der Nachricht von Johanna's edelm Benehmen in ihrer Todesstunde nicht die geringste Theilnahme, sondern sah nur mit größter Ungeduld der Ankunst Philipps entgegen. Bitter 'beklagte sie sich, daß er so lange zögere und ihr noch nicht einmal geschrieben habe. Seitdem sie- bemerkte, daß die Engländer mit Unmuth der spanischen Verbindung entgegensahen, haßte sie ihre eigene Nation und nahm sich vor, sich blutig an ihr zu rächen. Dieser Philipp war den Engländern so verhaßt, daß der englische Admiral, der ihn nach England herüberholen sollte, der Königin unumwunden erklärte, er könne nicht dafür stehen, daß nicht seine Matrosen den Prinzen unterwegs mißhandelten. Während
*) „Da ging ihr Kerker auf, und ihre Seele schwang
Auf Engelsflügeln sich empor zur ewigen Freiheit." Schiller.
**) Niemeyer's Beobachtungen auf Reisen, Th. 1.
Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 7
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Elisabeth. Maria Stuart.
103
Land zurückkehren, ohne ihre Erlaubniß." Solche Reden wurden der Elisabeth getreulich hinterbracht, und ihr Haß wurde immer heftiger. Sie rüstete eilig eine Flotte aus, um Maria aufzufangen, wenn diese von Frankreich nach Schottland führe. Ohne diese Gefahr zu ahnen, schiffte sich Maria in Calais ein und nahm gerade den Weg, auf welchem die englische Flotte lauerte. Glücklicherweise verbarg sie ein starker Nebel, und so entkam sie. Mit tiefer Betrübniß hatte Maria den ihr so theuern französischen Boden verlassen; alles, was ihr noch so theuer war, ließ sie Hort zurück. Mit sehnsüchtigen Blicken sah sie unverwandt nach dem geliebten Frankreich zurück, bis die Dunkelheit und die Entfernung sie nichts mehr erkennen ließ. Dann ließ sie sich auf dem Verdecke ein Lager bereiten und befahl dem Steuermann, sie sogleich zu wecken, wenn am Morgen das Ufer noch sichtbar sein sollte, um noch einmal Abschied zu nehmen von dem Lande, an welchem alle ihre Neigungen hingen. Am andern Morgen hatte sie auch die wehmüthige Freude, die geliebte Küste noch einmal zu sehen, die sie nie wiedersehen sollte. Die starren Augen auf das ferne Gestade geheftet, rief sie im schmerzlichsten Tone mehrmals aus: „Lebe wohl, Frankreich! Lebe wohl! Ich werde dich nie wiedersehen!"
Maria's erste Aufnahme in Schottland war besser, als sie selbst erwartet hatte. Von allen Seiten strömten ihre Unterthanen herbei, sie zu sehen. Kaum 19 Jahre alt, stand sie jetzt in der Blüthe ihrer Schönheit und Jugend, und ihr freundliches, an-muthiges Wesen nahm aller Herzen für sie ein. Aber dieser Trost blieb ihr nur kurze Zeit. „Soll man leiden," schrieen die Prediger von den Kanzeln, „daß dieser Götze (die katholische Lehre) wieder in dem Reiche aufgerichtet werde?" Nichts half, daß sie jedem seinen Glauben ließ und nur für sich um die Erlaubniß bat. Messe in ihrer eigenen Kapelle halten zu dürfen. „Die Messe ist schrecklicher," rief Knox von der Kanzel, „als 10,000 fremde Soldaten, die in dem Königreiche landeten." Und ein Kirchendiener, den das Volk Lichter in die Kapelle tragen sah, wurde vor dem Schlosse Maria's gemißhandelt und entging mit Mühe der Ermordung.
Maria, durch ihre Jugend und Erziehung an muntere und gesellige Freude gewöhnt, verwünschte wohl tausendmal ihren Entschluß, nach Schottland gekommen zu sein, und versank in eine bittere Wehmuth, wenn sie die in Frankreich so froh verlebten Tage mit ihrem jetzigen Leben verglich. Ihre Freude ward ihr hier verbittert; ihre Munterkeit wurde für Leichtsinn, ihr unge-
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Maria_Stuart Maria Maria Maria Maria Maria Maria Knox Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Schottland Frankreich Frankreich Schottland Schottland Frankreich
398
Neueste Geschichte. 3. Periode.
rung und Durchführung namentlich ein Verdienst Napoleon Iii. ist, was ihm immerdar zur Ehre gereichen wird. Denn von England fehlte nicht allein die Mitwirkung, sondern seine Handelseifersucht bemühte sich sogar, das Unternehmen zu erschweren oder gar zu vereiteln. Der Bau des Kanals war 1854 angefangen und jetzt soweit vollendet, daß es möglich war, die Einweihung auf den 16. November festzusetzen.*) Im Juni hatte der Viceköuig (Khe-dive) von Aegypten, Ismail Pascha, ein Enkel von Mehemed Ali, persönlich an den Höfen von Wien, Berlin, Paris und London zu den Feierlichkeiten der Eröffnung eingeladen. Dieser Einladung folgten die Kaiserin Eugenie von Frankreich, der Kaiser von Oestreich, der Kronprinz von Preußen, der zweite Sohn des Königs von Italien, mehrere andre Fürsten und eine bedeutende Anzahl politischer und wissenschaftlicher Notabilitäten. Die Kaiserin und die Fürsten begaben sich zunächst nach Eonstantinopel, wo ihnen der Sultan einen prächtigen und würdevollen Empfang bereitete. Von hier aus reiste der Kronprinz von Preußen nach Athen und dann nach Jerusalem. Der Sultan hatte der Krone Preußen einen beträchtlichen Theil des früheren Besitzthums der Johanniter in Jerusalem übergeben. Von dieser Schenkung vollzog der Kronprinz am 7. November die Besitzergreifung unter lebhafter Betheiligung der dortigen Deutschen, welche die auf dem alten Gemäuer aufgepflanzte preußische Fahne mit Begeisterung begrüßten. Auf dieser Stätte soll sich der Bau einer vom Johanniterorden zu errichtenden deutsch-evangelischen Kirche erheben. Auch der Kaiser
*) Der Suezkanal hat eine Länge von 21meilen, er ist 8 Meter tief, oben 100 und am Grunde 22 Meter breit. Da diese Maße nur für ein Schiff hinreichen, so sind für das Voruberpassiren einander entgegenkommender Schiffe mehrere Ausweichungen angelegt. Die Kosten des Baues beliefen sich auf 400 Millionen Franken und darüber. Unter den Schwierigkeiten der Bauausführung war nicht die geringste die Beschaffung der Lebensmittel und namentlich des Trinkwassers für die Arbeiter. Es mußte dazu ein eigener Kanal aus dem Nil herangeleitet werden. Die bisherige Benutzung hat den guten Zustand des Kanals bewiesen; es sind Schiffe mit. 23 Fuß' Tiefgang ohne Schwierigkeit passirt. Es sind im Jahre 1870 486 Schiffe durch den Kanal gegangen, 1871 765 Schiffe, im ersten Halbjahr 1872 stieg die Zahl schon auf 887. Der Verkehr mit Dampfern nimmt einen großartigen Aufschwung, für Segelschiffe macht die Beschaffenheit des rothen Meeres die Schifffahrt schwierig. Wie sehr sich Weg und Zeit durch die Benutzung des Kanals verkürzen, zeigt folgendes Beispiel. Ein Schiff, welches Glasgow am 30. März verließ, lief am 22. Mai in Schanghai ein, hatte also die Fahrt von Hafen zu Hafen in 58 Tagen vollendet, von denen es nur 45 Tage unter Dampf gewesen war.
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Extrahierte Ortsnamen: England Wien Berlin Paris London Italien Eonstantinopel Athen Jerusalem Jerusalem Glasgow Schanghai
Dresdener Conferenzen.
241
zu respectiren oder doch jede Aenderung nur auf verfassungsmäßigem Wege zu Stande zu bringen, aber die bald darauf eintretenden Aenderungen in den Verfassungszuständen Dänemarks selbst ließen jenes Versprechen in Vergessenheit kommen.
Dänemark setzte es nämlich auf einer zu London abgehaltenen Conserenz (8. Mai 1852) durch, daß das Princip der Integrität der dänischen Monarchie (Gesammtstaats-Jdee) neben dem Successionsrecht des Prinzen Christian zu Schleswig - Holstein-Sonderburg-Glücksburg und der männlichen Descendenten desselben aus seiner Ehe mit der Prinzessin Louise von Hessen anerkannt ward. Durch die in Folge dessen eingeführte Gesammtverfassung (2. October 1855), welcher zwar für die Herzogthümer specielle Verfassungen vorhergegangen waren, aber ohne daß die Vorschläge der Stände irgend welche Beachtung gefunden hätten, wurden die Rechte und Interessen Holsteins und Lanenburgs vielfach verletzt. Listig und gewaltthätig wußten die Dänen die Einsprache des Bundestages kraftlos zu machen; Preußen und Oestreich vermieden es, Nachdruck gegen Dänemark zu zeigen. So hat dieses kleine Land, sich verlassend auf den Rückhalt, welchen England, Rußland und Frankreich ihm gewährte, mit der großen, aber machtlos erscheinenden deutschen Nation ein übermüthiges Spiel getrieben, welches freilich später zu einem neuen Kriege gegen Dänemark führte, durch welchen endlich die Befreiung der Herzogthümer erreicht wurde.
Die Dresdener Conferenzen, welche am Beginn des Jahres 1851 von den Bevollmächtigten sämmtlicher deutschen Staaten abgehalten wurden, führten wegen der gänzlichen Verschiedenheit der Ansichten zu keinem Ergebniß, und nun beschloß Preußen, um in den deutschen Verhältnissen wieder festen Fuß zu fassen, an dem Bundestage in Frankfurt von neuem theil zu nehmen. Hiermit waren die Versuche einer Neugestaltung Deutschlands für jetzt beendigt, und seit dem Mai 1851 leitete der Bundestag in früherer Weise die allgemeinen deutschen Angelegenheiten bis zum Jahre 1866.
Der Rücktritt Preußens von seinen Unionsversuchen konnte die Besorgniß hervorrufen, daß auch das weitere Bestehen des Zollvereins gefährdet sein würde. Diese Befürchtung bestätigte sich jedoch nicht. Neben dem Zollvereine hatte seit 1834 ein von Hannover, Oldenburg, Braunschweig gebildeter Steuerverein bestanden. Mit diesem Vereine schloß Preußen im September 1851 einen
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. 16
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Extrahierte Personennamen: Dänemark Christian Louise_von_Hessen
Extrahierte Ortsnamen: Dänemarks London Holstein-Sonderburg-Glücksburg Lanenburgs England Frankreich Frankfurt Deutschlands Hannover Oldenburg
Wilhelm der Eroberer.
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Wilhelm persönlich und hatte eine große Vorliebe für ihn und alle Normannen.
Als Eduard 1066 starb, bemächtigte sich Harald, Herzog von Mercia und Kent, der reichste und mächtigste der englischen Großen, des Thrones und wurde allgemein anerkannt. Wihelm fuhr zornig auf und verlangte Abtretung des Thrones, und da Harald die Forderung abschlug, so rüstete er sich. Pie.normänner waren die tapfersten Krieger jener Zeit; außerdem boten die kriegslustigen Ritter anderer Länder dem Herzoge ihre Dienste an. Aus einer zahlreichen Flotte setzte dieser nach der Südküste Englands über und landete glücklich. Als er ans Ufer sprang, fiel er. „Ein übles Vorzeichen!" murrten die Umstehenden. Aber er faßte sich schnell und ries, als wenn er absichtlich sich hingeworfen hätte: „So nehme ich von diesem Lande Besitz!"
Harald eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Normänner gewannen einen großen Sieg; Harald fiel mit zweien seiner Brüder und einem großen Theil der sächsischen Ritterschaft. Wilhelm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs regierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Normänner und Engländer durch Heirathen einander näher zu bringen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald, als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England übergesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden, wuchs, und schon war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig nach England zurück und hielt ein strenges Gericht über die Uebelthäter. Jeder neue Aufftand führte neue Härten herbei. Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbesitznngen und übertrug sie seinem normannischen Adel. Mit eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern zu. Nur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen Empörungen zurück. Als er nach 21 jähriger Regierung starb (1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue, die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemüther nicht mit seinem Andenken versöhnen.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Eduard_1066 Eduard Harald Mercia Kent Harald Harald Harald Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Englands England England England