Bartholomäusnacht.
79
worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken.
Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit-
dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte.
Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht.
. Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte.
So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.
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Schlacht bei Hohenfriedberg.
323
seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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8
Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
dann alle 30 und zuletzt alle 25 Jahre ein Jubeljahr ausgeschrieben. Alle diese Jubeljahre waren den Päpsten noch nicht genug. Sie schickten Ablaßverkäufer überall, besonders in Deutschland umher, die ihre Zettel ausboten, und selbst die Fürsten benutzten diesen Mißbrauch, um sich Steuern zu verschaffen. So sollte im Jahre 1430 die Stadt Leipzig befestigt werden. Da bat der Herzog von Sachsen den Papst, ihm doch mit Ablaß zu Hülfe zu kommen; und sogleich wurde bekannt gemacht, daß der, welcher an Sonn- und Festtagen an den Werken arbeiten würde, 40 Tage Ablaß haben sollte, d. i. es sollten ihm einst in jenem Leben von seiner Strafzeit 40 Tage erlassen werden. Welcher Mißbrauch! — Daß dafür der Papst ein reiches Geldgeschenk erhalten mußte, verstand sich von selbst. Besonders waren die Butterbriefe recht einträglich. Wer nämlich die Erlanbniß haben wollte, in der Fastenzeit Butter und Käse zu essen, brauchte sich nur für einen guten Groschen einen solchen Zettel zu lösen, und dergleichen wurden unzählige gelöst.
Damals war Leo X. Papst, ein hochgebildeter, aber vergnügungssüchtiger, schwelgerischer Mann, der viel Geld gebrauchte. Da gerade kein Jubeljahr war, so nahm er den Bau der Peterskirche zum Vorwande, einen Ablaß auszuschreiben. Unter den Ablaßverkäufern, die in Deutschland umherzogen, war aber keiner unverschämter, als eben jener Tezel, der schon ziemlich lange sein Wesen getrieben hatte. Obgleich er ein so nichtswürdiger Mensch war, daß das erbitterte Volk ihn schon einmal hatte ertränken wollen, wenn ihn nicht der Kurfürst von Sachsen gerettet hätte, so setzte er doch eine Menge solcher Ablaßzettel ab. Wenn er nach einer Stadt kam, so hielt er einen feierlichen Einzug, damit das Volk recht zusammenlaufen sollte. Die päpstliche Bulle wurde auf einem fammtnen Kissen vorangetragen; die Priester und Mönche, der Magistrat und die Schulen zogen ihm mit Kerzen und Fahnen entgegen und holten ihn ein; alle Glocken läuteten; man begleitete ihn in die Kirche, wo er ein rothes Kreuz mit des Papstes Panier aufrichtete, und nun ging der Handel los. Immer hatte er zwei Kasten bei sich; in einem hatte er die Zettel und in den andern steckte er das Geld, und er pflegte wohl zu rufen: „Sobald nur erst das Geld in meinem Kasten klingt, eure Seele aus dem Feg-teuer in den Himmel springt!" — Da fand man Ablaßbriefe für alle möglichen Vergehungen: für Diebstahl, Meineid, Gewaltthat, Mord u. s. w. Einmal kam er Übel au und wurde recht mit
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Extrahierte Personennamen: Leo_X Leo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Leipzig Sachsen Deutschland Sachsen
138 Neue Geschichte, 1. Periode. Deutschland.
Frieden in der Kirche wiederherstellte. Aber die Päpste fürchteten, daß ihrer Gewalt dadurch Abbruch geschehe, suchten daher Ausflüchte, und erst als es unvermeidlich schien, willigte der damals lebende Papst (Paul Iii.) in die Versammlung, suchte sie aber für sich gleich dadurch unschädlich zu machen, daß seine Legaten den Vorsitz einnahmen, daß er durchsetzte, daß nach Personen gestimmt werden sollte — aus Italien waren die meisten Bischöfe gekommen — und daß er ausdrücklich erklärte: es sollte nur über die Ausrottung der Ketzerei und über die Wiederherstellung des Kirchenfriedens verhandelt werden. Der Papst gab seinen Legaten die ausdrückliche Anweisung, alle Lehren und Gebräuche, die von den Protestanten verworfen waren, zu bestätigen, die „Rebellen" (gegen den Papst) durch Kirchenstrafen zu. bändigen, die Ketzerei auszurotten und die Völker unter den Gehorsam gegen den römischen Stuhl zurückzuführen. Und so siegte wirklich die päpstliche List über das Bestreben derjenigen Bischöfe, denen es mit der Verbesserung des Papismus ein Ernst war. Ihre Stimmen-drangen nicht durch; die italienischen Bischöfe, die ihren Vortheil bei der Erhaltung der bisherigen Hierarchie fanden, überstimmten jene, und durch die Beschlüsse des Concils wurden die bisher vereinzelten päpstlichen Verordnungen erst recht in ein Ganzes gebracht. Das Gebäude des römischen Katholicismus wurde dadurch vollendet, und daher kommt es, daß man sich bei allen Streitigkeiten über Lehren der römischen Kirche auf die Beschlüsse des tridentmischen Concils zu berufen pflegt.
Von diesen Beschlüssen wollen wir nur einige herausheben: Neben der Bibel gilt auch jede mündliche Tradition, die sich in der Kirche erhalten hat. Die Stellen der Bibel haben nur den Sinn, den ihnen die Kirche und die Kirchenväter gegeben haben. Der Klerus ist ein von Gott eingesetzter und durch fortgehende göttliche Eingebung infallibler Stand, dem allein die kirchliche Gewalt zusteht. Die Bischöfe sollen schwören: dem Papste treu und gehorsam zu sein, die Rechte und die Gewalt des heiligen Stuhles zu erhalten, zu vermehren und gegen jedermann zu vertheidigen, alle Ketzer und dem Papste Ungehorsame aber nach
allen Kräften zu verfolgen. Die sieben Sacramente theilen dem,
an dem sie verrichtet werden, an und für sich eine göttliche Gnade
mit. Bei dem Abendmahl wird durch die Weihung das Brot
und der Wein in den Leib und das Blut Jesu verwandelt (Trans-snbstantiation) und daher muß die Hostie (Oblate) göttlich verehrt
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224 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
und Kinsky das traurige Ende ihrer Männer. Jene Schüsse hatten die Hauptwache in Bewegung gebracht. Lesli fand sie unter dem Gewehre; er beruhigte sie, und befahl ihr, wieder in die Wacht-stube zu gehen, ließ sie nochmals dem Kaiser schwören und blieb auch bei ihr, um jede Bewegung zu verhindern, so wie Gordon in der Citadelle als Wächter zurückgeblieben war. Sein Gewissen mochte es ihm unmöglich machen, am Morde seines Wohlthäters Antheil zu nehmen.
Jetzt gingen Buttler, Geraldiuo und Deveroux mit den Dragonern gerade auf die Wohnung Wallensteins zu. Als sie an die Thüre kamen, hörten sie in dem Hause daneben das herzzerschneidende Jammern der Gräfinnen Kinsky und Trczka über den Tod ihrer Männer, und Buttler besorgte, der Herzog möchte dadurch aufgeweckt werden. Er blieb unten bei der Wache, die ohne Widerstand Deveroux und die Dragoner einließ. Geraldino hatte die Hinterthüre besetzt. Deveroux stürmte mit den Dragonern, alle mit Hellebarden bewaffnet, die Treppe hinauf. Zwei Kammerdiener im Vorsaale fragten um die Ursuche der so späten Erscheinung und baten, den Herzog nicht im Schlafe zu stören. Der Herzog wachte von dem Lärme auf, sprang im bloßen Hemde aus dem Bette und da er in dem Augenblicke das Geschrei der Gräfinnen im Nachbarhause hörte, fragte er die vor dem Hause stehende Schildwache, was es gäbe? Aber in demselben Augenblicke rannten die Dragoner, die mit heftigen Drohungen den Schlüssel zu des Herzogs Gemach vergebens verlangt hatten, die Thüre auf. Deveroux stürzte mit wüthendem Gesicht ins Zimmer und schrie: „Bist du der Schelm, der das kaiserliche Volk zum Feinde überführen und ihrer kaiserlichen Majestät die Krone vom Haupte reißen will? Du mußt jetzt sterben!" — Wallenstein hob seine Arme gen Himmel und sprach kein Wort; Deveroux aber stieß ihm die Hellebarde in die Brust, mit solcher Gewalt, daß sie durch und durch ging. Ohne Laut fiel der mächtige Friedland zu Boden und wälzte sich in seinem Blute. Er war 50 Jahre alt. Einer der Dracsoner packte den Leichnam und wollte ihn aus dem Fenster werfen, aber Deveroux litt es nicht. Indessen kamen Buttler und Lesli herauf, nahmen die Schlüssel zu sich und bemächtigten sich des Geldes und der Kostbarkeiten, während das Blut des Gemordeten noch rauchte. Man wickelte die Leiche in einen vom Tische heruntergenommenen Teppich und ließ sie auf Lesli's Wagen nach der Cidatelle zu den andern vier Leichen bringen. Hier lag
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Extrahierte Personennamen: Kinsky Lesli Gordon Kinsky Geraldino Deveroux
Bonaparte als Konsul.
63
war sein Entschluß gefaßt, nach Frankreich zurückzukehren. In aller Stille ließ er zwei Fregatten ausrüsten, schiffte sich, ohne von seinen getreuen Kriegskameraden Abschied zu nehmen, ein, nahm seine zuverlässigsten Freunde: Berthier, Lannes, Murat (nicht mit Murad Bey zu verwechseln), Marmont, Bessieres und andere mit und kam, unentdeckt von den zahlreichen englischen Kreuzern glücklich nach Frankreich, wo er im Hasen von Frejus am 9. October 1799 ans Land stieg und von wo er, ohne Qnarantaine zu halten, nach Paris eilte. Ueber das bis aus 15,000 Mann geschmolzene Heer in Aegypten hatte er indessen dem braven Kleber den Oberbefehl hinterlassen, der aber keine andere Aussicht hatte, als sich mit allen seinen Leuten den Türken und Engländern zu ergeben. Dennoch that er sein Möglichstes, schlug auch selbst zweimal die an Zahl überlegenen Feinde, wurde aber plötzlich, als er mit einem andern Offizier auf der Gartenterrasse vor seinem Hause spazieren ging, von einem Türken erdolcht. Wer den Meuchelmord veranstaltet hatte, ist nicht ausgemacht. Viele vermutheten, gewiß mit Unrecht, auf Bonaparte, weil ihn dieser tödtlich haßte. Der feige und ungeschickte General Menon übernahm nun den Oberbefehl; aber jetzt ging alles mit Macht rückwärts und das Ende war, daß im Sommer 1801 die noch übrigen Franzosen eine Capitulation schloffen, nach welcher sie die Erlaubniß bekamen, nach Frankreich zurückzukehren. — So endigte die vielversprechende Unternehmung auf Aegypten.
118. Bonaparte als Consul. Friedensschlüsse von Luneville und von Amiens.
Bisher war Frankreich von fünf Directoren, *) von einem Rathe der Fünfhundert und einem Rathe der Alten regiert worden. Die Männer, die das große Wort hatten, ließen zwar ihre Feinde nur selten noch unter der Guillotine sterben, sie verurtheilten sie meistens zur Deportation nach dem ungesunden Cayenne in Südamerika; aber sie waren uneins und ränkesüchtig, und verloren daher das Zutrauen des Volks. Darauf baute Bonaparte seinen Plan, die Regierung umzustürzen. Er war mit Jubel in Paris empfangen worden; das machte ihn kühn. Er brachte mehrere der einflußreichsten Männer, namentlich den schlauen Sieyes, auf seine
*) Gohier, Moulins, Siöyes, Roger Ducos und Barras.
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Ludwig der Fromme und seine Söhne.
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entschloß. Er gab ihm das Königreich Alemannien. Wer darüber fuhren die drei ältesten Söhne wild auf und empörten sich gegen den Vater. Er wurde von ihnen in Compiegne gefangen genommen, und Lothar gab ihm Mönche zur Gesellschaft, die ihn bereden sollten, auch ein Mönch zu werden. Judith wurde ohne Umstände ins Kloster gesteckt.
Aber bald sah man, daß man unter Lothar nicht glücklicher sei. Die beiden andern Söhne erbarmten sich des armen Vaters und brachten es dahin, daß er wieder eingesetzt wurde ‘ nachdem er versprochen hatte, das Land nach seinen besten Kräften gut zu regieren, und nun wurde auch Judith wieder aus dem Kloster^ge-holt. Aber kaum war er wieder in Freiheit, als er auch schon wieder mit dem unseligen Theiluugsprojecte zum Vorschein kam. Sogleich standen die Söhne wieder bewaffnet da und kündigten dem Kaiser den Gehorsam auf. Bei Colmar (im Elsaß) sollte schon eine Schlacht zwischen dem Vater und den Söhnen entscheiden. Da fand sich der Papst Gregor Iv. beim Kaiser ein und erbot sich zum Friedensstifter; was konnte lobenswerther sein! Aber Gregor benutzte seinen Aufenthalt im Lager nur dazu, um die Mannen des Kaisers zum Verrath gegen ihren Herrn zu bereden. Als es eben zur Schlacht kommen sollte, gingen die meisten Mannen des Alten zu den Söhnen über, und Ludwig blieb fast ganz einsam stehen. Daher wird das Feld noch heute das Lügenfeld genannt. Die wenigen Getreuen fragten nun den Kaiser, was sie machen sollten? „Ach!" sagte der gebeugte Mann, „geht nur lieber auch zu meinen Söhnen über, damit um meinetwillen kein Blut vergossen werde!" So wurde er denn zum zweiten Male gefangen genommen. Die drei Söhne theilten nun das Reich unter sich; Lothar führte den Vater mit sich fort und ließ ihn in einem Kloster in Soissons genau bewachen; Judith wurde nach Italien geschickt und der kleine Karl einstweilen in ein Kloster (Prüm bei Trier) gebracht. Aber'lothar merkte, daß doch viele den armen Mann mit mitleidigen Augen ansahen. Darum wollte er ihn zum Regieren unfähig machen. Das konnte dadurch geschehen, wenn man den Kaiser dahin brachte, Kirchenbuße zu thun; denn so Einer durfte nie wieder die Waffen tragen, und konnte also auch nicht füglich König und Kaiser sein. Nun wurde Ludwig von den Geistlichen so lange bestürmt, bis er endlich, um nur Ruhe zu haben, versprach, sich der Buße zu unterwerfen. Dazu wurde er in eine Kirche geführt; hier mußte er sich auf einen Bußsack
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Wilhelm der Eroberer.
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Wilhelm persönlich und hatte eine große Vorliebe für ihn und alle Normannen.
Als Eduard 1066 starb, bemächtigte sich Harald, Herzog von Mercia und Kent, der reichste und mächtigste der englischen Großen, des Thrones und wurde allgemein anerkannt. Wihelm fuhr zornig auf und verlangte Abtretung des Thrones, und da Harald die Forderung abschlug, so rüstete er sich. Pie.normänner waren die tapfersten Krieger jener Zeit; außerdem boten die kriegslustigen Ritter anderer Länder dem Herzoge ihre Dienste an. Aus einer zahlreichen Flotte setzte dieser nach der Südküste Englands über und landete glücklich. Als er ans Ufer sprang, fiel er. „Ein übles Vorzeichen!" murrten die Umstehenden. Aber er faßte sich schnell und ries, als wenn er absichtlich sich hingeworfen hätte: „So nehme ich von diesem Lande Besitz!"
Harald eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Normänner gewannen einen großen Sieg; Harald fiel mit zweien seiner Brüder und einem großen Theil der sächsischen Ritterschaft. Wilhelm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs regierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Normänner und Engländer durch Heirathen einander näher zu bringen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald, als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England übergesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden, wuchs, und schon war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig nach England zurück und hielt ein strenges Gericht über die Uebelthäter. Jeder neue Aufftand führte neue Härten herbei. Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbesitznngen und übertrug sie seinem normannischen Adel. Mit eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern zu. Nur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen Empörungen zurück. Als er nach 21 jähriger Regierung starb (1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue, die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemüther nicht mit seinem Andenken versöhnen.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Eduard_1066 Eduard Harald Mercia Kent Harald Harald Harald Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Englands England England England
Heinrich V. Jnvestitursireit.
147
Geistlichen hinfort mit dem Zehnten und denjenigen Gütern, die sie Privatpersonen verdankten, sich begnügen sollten. Heinrich sah wohl ein, daß die Ausführung dieses Vorschlages unmöglich sein würde, indessen ging er ihn ein, um seine Friedensliebe zu zeigen, und zog in Rom ein, wo ihm Paschalis freundlich entgegenkam und ihn in die Peterskirche führte. Aber nun forderte der Papst die Entsagungsacte; Heinrich wollte dagegen sie nicht eher abstellen, bis der Papst ihm Sicherheit wegen der Rückgabe der geistlichen Güter gegeben habe. Der Lärm wurde noch größer, als die Bischöfe und Fürsten geradezu erklärten, sie würden sich den Vertrag nicht gefallen lassen; jene sagten, sie würden dabei zu sehr verlieren, und diese meinten, der Kaiser würde dadurch zu übermächtig werden. Nachdem man so bis an den Abend gestritten hatte, trat endlich einer der Begleiter Heinrichs vor und rief: „Was braucht's hier vieler Worte! Wisset, daß unser Herr ohne alle Bedingung, wie einst Karl der Große, gekrönt sein will!" Und da der Papst nicht wollte, so winkte Heinrich seinen Soldaten und nahm ihn sammt mehreren Cardinälen gefangen. Nach zweimonatlicher Gefangenschaft gab Paschalis endlich nach, überließ dem Kaiser die Investitur, krönte ihn feierlich, und nun schien der Streit beigelegt. Heinrich kehrte vergnügt nach Deutschland zurück, nachdem er den Papst in der Freude seines Herzens reichlich beschenkt hatte (1111).
Aber kaum war er in Deutschland, so entstanden in Rom heftige Bewegungen. Alles schrie wüthend gegen den Papst, daß er nicht nur einen Tyrannen gekrönt, sondern auch die Rechte der Kirche geschändet habe. Die Entschuldigung, daß er ja vom Kaiser gezwungen worden sei, wurde nicht angenommen. „Ich habe einmal geschworen," antwortete er, „und kann meinen Eid nicht brechen. Indessen sehe ich wohl ein, daß der Vertrag nicht gültig sein kann, da ich ihn ohne die Einwilligung der Cardinäle abgeschlossen habe. Darum bitte ich euch, ihr Geistlichen, daß ihr den von mir begangenen Fehler auf irgend eine Art wieder gut macht." Diese Worte wurden mit Entzücken aufgenommen, und sogleich erklärte die Versammlung der Geistlichen, daß das dem Kaiser vom Papste eingeräumte Jnvestitnrrecht dem letztem abgedrungen, und also hiermit verdammt, vernichtet und aufgehoben sei, und der Erzbischof in Verona that den Kaiser gar in den Bann; denn der Papst selbst durfte dies nicht thun, weil er geschworen hatte, sich am Kaiser nicht rächen zu wollen.
Zu dieser Verlegenheit Heinrichs kam noch eine andere und
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Deutschland Rom Verona
326
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
Es erschien plötzlich in Haiti ein spanischer Edelmann, Franz Bovadilla, den der König abgeschickt hatte, um die vielen, gegen Colombo einlaufenden Klagen zu untersuchen. Fände er ihn wirklich schuldig, so sollte er ihn absetzen und einstweilen selbst seine Stelle vertreten. Bovadilla aber war ein nichtswürdiger und höchst ehrgeiziger Mensch. Er nahm sich schon unterwegs vor, den ehrwürdigen Colombo schuldig zu finden, und kaum war er angekommen, so nahm er alles Eigenthum desselben in Beschlag, erklärte ihn sür abgesetzt und forderte alle Spanier auf, ihre Klagen gegen ihn bei ihm zu Papiere bringen zu lassen. Lange schon hatten sie diese Genueser aus Nationalstolz nicht leiden können, und wer nur den geringsten Vorwand zu einer Beschwerde finden konnte, brachte diese beim neuen Statthalter an. Im Gefühle seiner Unschuld verlangte Colombo, doch nun auch gehört zu werden. Aber Bovadilla ließ ihn nicht vor sich, sondern befahl, ihn und seine zwei Brüder in Ketten zu legen und, jeden auf einem besondern Schiffe nach Spanien zu schicken. Colombo ließ sich Alles gefallen und hoffte Genugthuung von der Gerechtigkeit des Königs. Wirklich war das Unrecht auch so schreiend, daß die besser denkenden Spanier selbst sich der unwürdigen Behandlung des berühmten Mannes schämten. Als die Schiffe nicht mehr weit von Spanien entfernt waren, befahl der Befehlshaber des Schiffes, ihm die Fesseln abzunehmen. „Nein!" rief Colombo, „ganz Spanien soll sehen, wie man den Entdecker einer neuen Welt belohnt!" So kam er in Spanien an, und dazu so abgerissen, daß Jsabella ihm erst Geld geben mußte, um anständig gekleidet bei Hofe erscheinen zu können. So kam er denn und warf sich mit dem Schmerze der gekränkten Unschuld vor König und Königin nieder. Beide schämten sich der unedeln Behandlung, versicherten, das sei ja gar nicht ihre Absicht gewesen, und sie würden ihm immer gewogen bleiben. Auch wurde der schändliche Bovadilla gleich wieder zurückberufen; aber Colombo wieder hinzuschicken mochte man für zu mißlich halten, da er dort zu sehr gehaßt wurde, und so erhielt ein spanischer Edelmann, Ovando, seine Stelle. Colombo fühlte sich tief gekränkt, und im bittern Unmuthe befahl er, daß die Ketten einst in seinen Sarg gelegt werden sollten.
Zwei Jahre lang lebte er nun mißvergnügt in Spanien. Da überwand endlich seine uuvertilgbare Liebe zu Seereisen den Un-muth seines Herzens, und er hielt bei Ferdinand noch einmal darum an, ihn auf Entdeckungen auszuschicken. Wer weiß, ob er er-
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Extrahierte Personennamen: Franz_Bovadilla Franz Bovadilla Bovadilla Bovadilla Ferdinand Ferdinand