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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Schicksal traf auch verdienterweise Münzer und die andern Volksanführer.
Da wir einmal bei der Erzählung der Uebertreibungen jener Zeiten der Reformation sind, so wollen wir noch von einer berichten, die sich in den Jahren 1534 und 1535 zutrug. Von Münzers Anhängern waren einige entkommen und hatten sich nach Holland gewendet, wo sie auch manche Anhänger bekamen. M Diese Leute kamen auf den Einfall, alle, die zu ihnen gehörten, noch einmal zu laufen, weil die Kindertaufe keine wahre Taufe sei; denn die Kinder verständen ja nichts davon. Auch behaupteten sie, alle, die zu ihrer Kirche gehörten, wären heilig und zur Gründung des Reiches Jesu auf Erden berufen. Einige dieser Wiedertäufer kamen nun nach Westphalen und ließen sich in Münster nieder; der Schneider Johann Bockold (Jan Bockel-sohn) von Leyden, Jan Matthiesen, ein Bäcker von Harlem, der Tuchhändler Knipperdolling, Krechting und andere. Ein Prediger der Stadt, Rottmann, ein unwürdiger Schüler Luthers, schloß sich bald an die Schwärmer an, die immer mehr Anhang unter den Bürgern fanden. Nachdem sie bei Erneuerung des Magistrats durchgesetzt hatten, daß lauter Wiedertäufer zu Magistratspersonen gewählt wurden, erhielten sie die Oberhand und bemächtigten sich des Zeughauses; der Bischof war schon früher weggegangen. Rottmann und Knipperdolling ließen den Leuten auf dem Lande sagen: sie möchten nur zu Hause alles stehen und liegen lassen und nach der Stadt kommen, da sollten sie das zehnfach wiederbekommen; denn sie lehrten, wie Münzer, eine allgemeine Gütergemeinschaft. Die Reichen mußten alles hergeben und verließen je eher je lieber die Stadt, die nun den Armen und den Wiedertäufern allein überlassen blieb. Matthiesen befahl, daß jeder bei Lebensstrafe fein Gold, Silber und übriges Eigenthum in ein bestimmtes Haus bringen sollte; es geschah. Dann wurden alle Bücher, die Bibel ausgenommen, verbrannt, und alle Kirchenbilder, Orgeln, gemalte Fenster, Thurmuhren it. a. zertrümmert.
Indessen rückte der Bischof von Münster mit einem Heere herbei, die Stadt zu belagern. Da erschien der Bäcker Matthiesen auf dem Markte, suchte sich 30 Männer aus und rief: Gott habe ihm geoffenbart, daß er mit diesen Leuten allein das ganze Heer des Bischofs in die Flucht schlagen würde. Wirklich zog der Tollkopf aus, und alle waren neugierig, wie es ihm gehen würde.
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Hans Holbein.
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aufgebrachte Lord die Thüre aufzubrechen anfing. Das war dem Maler zu arg. Voll Zorn sprang er heraus und stieß den Lord die Treppe hinunter, merkte aber aus den Klagetönen des Gefallenen und aus dem Lärm der herbeieilenden Bedienten, daß es nicht ohne Beschädigung abgelaufen sei. Erschrocken kehrte er in das Zimmer zurück, verriegelte die Thüre und flüchtete sich durchs Fenster über ein Dach aus dem Hause. Dann eilte er geradeswegs zum Könige, erzählte den Vorfall und bat um Gnade. „Ich will dir verzeihen," antwortete dieser gnädig, „wenn du den Grafen um Verzeihung bittest." Das versprach Holbein und wurde, da man eben die Stimme des Grafen hörte, in ein Nebenzimmer gebracht. Mit verbundenem Kopfe und kläglichem Gesichte wurde dieser zum Könige geführt und bat um strenge Bestrafung des Schuldigen. „Beruhige dich," sprach der König, „und sei mit der Abbitte des Malers und dem scharfen Verweise zufrieden, den er in deiner Gegenwart erhalten soll." Der Lord, der eine ganz andere Genugthuung für einen Mann seines Standes erwartet hatte, vergaß sich so sehr, daß er drohte, er würde sich selbst Recht verschaffen. Aber einen größeren Dienst hätte er dem bedrängten Maler nicht leisten können; denn der heftige König konnte keinen Widerspruch ertragen und gerieth daher in heftigen Zorn. „Nun hast du es mit mir zu thun," rief er mit funkelnden Augen; „geh und denke daran, daß ich die mindeste Selbstrache, die du an dem Maler nimmst, ahnden will, als wäre sie an meiner eigenen Person verübt. Glaubst du, daß mir wenig an diesem Manne gelegen ist, so wisse, daß ich aus sieben Bauern eben so viele Lords machen kann, aber aus sieben Lords nicht einen Holbein!"
Nach einem dreijährigen Ausenthalte reifte Holbein nach Basel zum Besuch, um sein Weib und seine Kinder zu sehen. Zugleich schickte Morus seinem Freunde Erasmus ein Gemälde, seine Familie vorstellend, von Holbein gemalt, worüber der Beschenkte eine große Freude hatte. „Ich habe keine Worte," schrieb er an des Kanzlers Tochter zurück, „meiner Freundin, der Zierde Britanniens, die Freude zu schildern, die mir der Familienverein gemacht hat, den Holbeüts Meisterhand so glücklich mir vor Augen stellt, daß ich sie alle, als wäre ich mitten unter ihnen, erkannt und mich zurückgesehnt habe nach dem unvergeßlichen Hause, dem ich so viel meines Glückes und Ruhmes schuldig bin." Viele, die den armen Maler früherhin über die Schultern angesehen hatten, drängten sich jetzt an den berühmten, von Königen und Fürsten gesuchten
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250 Neue Geschichte. 2. Periode. -Frankreich.
allen das wenigste. Aber der schändliche Louvois war es, der die Befehle dazu gegeben hatte. Gern wären nun die Unglücklichen ausgewandert, aber die Grenzen wurden besetzt und niemand sollte hinausgelassen werden. Dennoch entkamen binnen drei Jahren an 50,000 der fleißigsten und geschicktesten Familien. Dadurch litt Frankreich einen unersetzlichen Schaden. Alle benachbarte evangelische Länder nahmen sie mit Freuden auf; in England, in den Niederlanden, besonders auch im Brandenburgischen, ließ sich eine Menge von ihnen nieder und nun brauchte man nicht erst aus Frankreich die französischen Waaren zu holen. Hüte, Strümpfe, Tressen, seidene Zeuge wurden nun im eigenen Lande von den fleißigen (Monisten gemacht und noch jetzt sind viele unserer geschicktesten Seidenfärber die Nachkommen jener Ausgewanderten (refugies).
Eine Folge jener schändlichen Religionsverfolgungen war der Aufstand der Camisards*) 1702. Dies waren stille und fromme Landleute, die in den Cev ennen im südlichen Frankreich lebten und die Lehre des Peter Waldus (s. Bd. 2, S. 138) beibehalten hatten. Bisher hatte man sie gewähren lassen, als sich plötzlich jetzt die Verfolgung auch auf sie erstreckte. Da ihnen aber ihr Glaube über alles galt, so vertheidigten sie ihn mit den Waffen in der Hand und schlugen die gegen sie ausgesendeten Heerhaufen zurück. Dieser Krieg währte drei Jahre und wurde mit großer Grausamkeit von beiden Seiten geführt; denn die ersten gefangenen Camisards wurden gehängt, gerädert oder verbrannt, und daher ging es den königlichen Soldaten, die in ihre Hände fielen, nicht besser, bis endlich der König durch größere Milde die meisten zur Niederlegung der Waffen brachte. Die übrigen wurden dann durch Strenge und Gewalt unterworfen, nachdem an 100,000 in den Gefechten gefallen und an 10,000 durch Henkershand umgekommen waren!
Vielen Einfluß auf des Königs Entschluß, das Edict von Nantes aufzuheben, hatte eine Frau, die durch ihre sonderbaren Schicksale sowohl, als durch ihren großen Verstand sehr berühmt geworden ist, die Frau von Mai nt enon. Sie wurde in einem Gefängnisse geboren, in welchem ihre Aeltern wegen Schulden saßen. Ihr Vater war ein Herr von Au big ne. Als ein dreijähriges Mädchen kam sie nach Amerika. Auf der Reise dahin
*) Camisards, d. i. Bauern mit leinenen Kitteln.
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Extrahierte Personennamen: Peter_Waldus
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Niederlanden Frankreich Frankreich Nantes Amerika
Bartholomäusnacht.
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worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken.
Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit-
dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte.
Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht.
. Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte.
So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Katharina Coligny Gott Katharina Coligny
266
Neue Geschichte. 2. Periode. Deutschland.
trifft, so ist sie nicht aufzuzählen, unter anberm ein Gürtel von Diamanten, zwei mit Diamanten besetzte Uhren, fünf Köcher mit Rubinen, Saphiren und Perlen, bte schönsten Zobel von der Welt und tansenb Kleinigkeiten." Am andern Tage hielt Sobieski mit dem Kaiser und den andern Fürsten seinen Einzug in Wien. Das Volk jubelte, aber sah nur aus den tapfern König, nicht auf den schwachen Kaiser, der in der Stunbe der Noth sein Volk im Stiche gelassen hatte. Mit Inbrunst stimmte Sobieski in der Augustinerkirche das „Herr Gott, bich loben wir" an, und bankbar sang ihm das gerührte Volk nach, währenb alle Glocken jubelnb brein tönten. Karct Mustapha würde auf des Sultans Befehl enthauptet; aber leiber hatten die Türken 6000 Männer, 11,000 Frauen, 14,000 Mäbchen und 50,000 Knaben aus Oestreich in die Sklaverei geschleppt, von benen nur 600 auf dem Schlachtfelbe gerettet würden. — Seitbem fittb die Türken nicht wieber nach Dentschlanb gekommen. Ueberhanpt hörten sie auf, für Europa ein Gegenstanb des Schreckens zu sein, seitbem Prinz Eugen ihnen einige schwere Nieberlagen in Ungarn beigebracht hatte.
Der tapfere Sobieski starb 1696,*) und sogleich begann unter den nie einigen Polen das Ränkespiel Über die Königswahl. Zwei Bewerber, ein französischer Prinz (von Conti) und Kurfürst August von Sachsen, boten den Polen Gelb über Gelb; enblich siegte August, mit dem Beinamen: der Starke. Er hat von 1697—1733 regiert. Um König von Polen zu werben, mußte er sich zux römischen Kirche bekennen. Das that er auch ohne viel Bebenken. Zur Beruhigung seiner Sachsen erklärte er, daß er nie katholische Minister annehmen wolle. Beibe Länber hat er aufs gewissenloseste regiert; unbekümmert um das Wohl seiner Unterthanen, sann er nur auf die Befriebigung feines Ehrgeizes und seiner Prunksucht und vergeubete das ihnen abgepreßte Gelb durch Jagben, Schwelgereien und anbete Ergötzlichsten.
Währenb des spanischen Erbfolgekriegs starb der unfähige
*) König Sobiesky, 1674—1696, war ein ausgezeichneter-Kriegsmann, aber als Regent ließ er es nicht selten an der Unparteilichkeit und Gerechtigkeit fehlen, welche in dem Parteigewirr zur Behauptung des königlichen Ansehns nothwendig war. Er machte sich Gegner durch auffallende Begünstigung seiner Anhänger und war zu nachgiebig gegen die Habsucht und die Ränke seiner Gemahlin, der Tochter eines französischen Marquis, welche an den französischen Umtrieben in Polen so leidenschaftlich sich betheiligte, daß sie sogar die Wahl ihres Sohnes zum Nachfolger des Vaters verhindern half.
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Extrahierte Personennamen: Zobel Karct_Mustapha Eugen Eugen Conti August August
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Neue Geschichte. 2. Periode. England.
Menschen sonst nicht selten im Alter geschieht. Er wurde ernsthaft, schloß sich an die strengsten Puritaner an, lebte ordentlich und erbot sich, alle im Spiel gewonnenen Summen zurück zu bezahlen. Von nun an war sein Haus der Sammelplatz aller eifrigen Geistlichen seiner Partei; aber seine Freigebigkeit gegen sie brachte ihn in Schulden. Er suchte sich durch eine kleine Pachtung zu retten, sank aber immer tiefer in Schulden, weil er, anstatt die Hände zu rühren, Morgens und Abends stundenlang auf den Knieen lag und seine Einbildungskraft mit Erscheinungen und Offenbarungen nährte. So nahm seine Schwärmerei von Tage zu Tage zu und sein Vermögen immer mehr und mehr ab. Schon wollte er nach Amerika auswandern, als der Hof die Abfahrt verbot. Endlich wurde er zum Parlamentsmitglied gewählt. Aber nichts verrieth hier den Mann, der sich nachher so auszeichnete. Er war groß, aber uube-hülflich, hatte weder Anstand noch Sitten, kleidete sich nachlässig und hatte eine gemeine, undeutliche und verwirrte Sprache. Als aber der Bürgerkrieg ausbrach, zeigte sich bald sein großes Talent. Er warb ein Regiment aus Pachterssöhnen an und theilte ihnen bald seine Schwärmerei mit, die bekanntlich bei schlecht unterrichteten Leuten ansteckend ist. Er war zugleich ihr Prediger und ihr Anführer, und sein und der Seinigen wilder Enthusiasmus verrichtete Wunderdinge. Bald sahen alle auf ihn, und ganz England sprach von dem Pachter Eromwell mit Begeisterung. Man wählte ihn zum Anführer des ganzen Heeres. Aber zugleich wurde er auch das Haupt einer neuen religiösen und politischen Sekte, der Independenten. Er und seine Anhänger behaupteten, alle Menschen müßten gleich sein und daher weder ein König noch der Adel herrschen; jeder könne glauben, was er wolle; aber keine Obrigkeit müsse sich um die Kirche bekümmern, und jede Gemeinde habe das Recht, ihre Prediger selbst zu erwählen und einzusetzen; jeder könne ein Geistlicher werden u. s. w. Fast das ganze Heer wurde nach und nach von diesen Freiheitsgrundsätzen angesteckt, und die Seele des Ganzen war Eromwell.
Ist einmal ein Heer von einem großen Gedanken begeistert, gleichviel, ob er richtig oder falsch ist, so ist ihm nicht leicht zu widerstehen. So auch hier. Der>König, so glücklich auch im ersten Kriegsjahre sein Vetter, Prinz Rnppert von der Pfalz, gefochten hatte, und sein Anhang wurden fast überall geschlagen; auf der einen Seite hatte er die Schotten, auf der andern die Independenten zu bekämpfen. Die entscheidendste Niederlage erlitt er bei
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Schlacht bei Hohenfriedberg.
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seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Congreß in Philadelphia.
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kaufen, und behalfen sich mit dem, welcher auf Schleichwegen eingeführt wurde. Vielleicht würde indessen zuletzt der Eifer der Widersetzlichkeit erkaltet sein, hätten nicht die vielen Reibungen zwischen den englischen Soldaten und den Einwohnern die Erbitterung nicht allein unterhalten, sondern täglich vermehrt. Es kam selbst zu blutigen Schlägereien, wobei drei Bürger erschossen und mehrere verwundet wurden. Das hieß Oel ins Feuer gießen. Die Leichen wurden als Märtyrer der Freiheit feierlich beerdigt und ihr Todestag zu einem jährlichen. Trauerfeste bestimmt.
Durch die Festigkeit der Amerikaner, keinen Thee von England zu kaufen, hatte sich indessen die Waare in den Speichern der englisch-ostindischen Compagnie so aufgehäuft, daß diese nicht wußte, wohin sie damit sollte. Theils um der Gesellschaft Absatz zu verschaffen, theis um die Amerikaner durch große Wohlfeilheit zum Kaufe anzulocken, gab England die sogenannte Thee acte (1773), nach welcher jene Compagnie keinen Ausfuhrzoll mehr an England zu bezahlen hatte, und also nun den Thee spottwohlfeil in Amerika verkaufen konnte. Aber die Amerikaner waren auf ihrer Hut. Sie betrachteten die Unternehmung als einen Plan, sie zu überlisten, und waren entschlossen, auf alle Weise die Ausschiffung zu hindern. Lieber wollten sie theuern Thee trinken, als etwas zu der Gelinguug der verhaßten Theeacte beitragen. Mehrere Theeschiffe kehrten, daher unverrichteter Sache wieder nach England zurück. In Boston aber bestiegen am 18. Dezember 1773 17 Leute, die sich, um nicht leicht erkannt zu werden, als Mohawk-(sprich Mohauk-) Indianer verkleidet hatten, die noch im Hasen liegenden Theeschiffe, schlugen 342 Kisten auf und schütteten 18,000 Psnnd während einiger Stunden unter dem Beifallsgeschrei des Volks in das Meer. In England nahm man diese eigenmächtige Handlung sehr übel auf, und es wurden alsbald Schiffe geschickt, zur Strafe den Hafen von Boston ganz zu sperren. Aber die Amerikaner standen alle für einen Mann. Sie bildeten 1774 aus den Abgeordneten der einzelnen Provinzen eine Versammlung oder einen Congreß, der in Philadelphia, welches dadurch die Hauptstadt des ganzen Landes wurde, zusammentrat und die Angelegenheiten des Bundes leitete. Hier wurde beschlossen, vom 1. Dezember 1774 an gar keine Waaren mehr weder aus England noch aus den englisch-ostindischen Inseln zu kaufen, und vom 10. September 1775 an keine von Amerika mehr an die Engländer zu verkaufen. So war also eine völlige Handelstrennung
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Extrahierte Ortsnamen: Philadelphia England England England Amerika England Boston England Boston Philadelphia England Amerika
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
dann alle 30 und zuletzt alle 25 Jahre ein Jubeljahr ausgeschrieben. Alle diese Jubeljahre waren den Päpsten noch nicht genug. Sie schickten Ablaßverkäufer überall, besonders in Deutschland umher, die ihre Zettel ausboten, und selbst die Fürsten benutzten diesen Mißbrauch, um sich Steuern zu verschaffen. So sollte im Jahre 1430 die Stadt Leipzig befestigt werden. Da bat der Herzog von Sachsen den Papst, ihm doch mit Ablaß zu Hülfe zu kommen; und sogleich wurde bekannt gemacht, daß der, welcher an Sonn- und Festtagen an den Werken arbeiten würde, 40 Tage Ablaß haben sollte, d. i. es sollten ihm einst in jenem Leben von seiner Strafzeit 40 Tage erlassen werden. Welcher Mißbrauch! — Daß dafür der Papst ein reiches Geldgeschenk erhalten mußte, verstand sich von selbst. Besonders waren die Butterbriefe recht einträglich. Wer nämlich die Erlanbniß haben wollte, in der Fastenzeit Butter und Käse zu essen, brauchte sich nur für einen guten Groschen einen solchen Zettel zu lösen, und dergleichen wurden unzählige gelöst.
Damals war Leo X. Papst, ein hochgebildeter, aber vergnügungssüchtiger, schwelgerischer Mann, der viel Geld gebrauchte. Da gerade kein Jubeljahr war, so nahm er den Bau der Peterskirche zum Vorwande, einen Ablaß auszuschreiben. Unter den Ablaßverkäufern, die in Deutschland umherzogen, war aber keiner unverschämter, als eben jener Tezel, der schon ziemlich lange sein Wesen getrieben hatte. Obgleich er ein so nichtswürdiger Mensch war, daß das erbitterte Volk ihn schon einmal hatte ertränken wollen, wenn ihn nicht der Kurfürst von Sachsen gerettet hätte, so setzte er doch eine Menge solcher Ablaßzettel ab. Wenn er nach einer Stadt kam, so hielt er einen feierlichen Einzug, damit das Volk recht zusammenlaufen sollte. Die päpstliche Bulle wurde auf einem fammtnen Kissen vorangetragen; die Priester und Mönche, der Magistrat und die Schulen zogen ihm mit Kerzen und Fahnen entgegen und holten ihn ein; alle Glocken läuteten; man begleitete ihn in die Kirche, wo er ein rothes Kreuz mit des Papstes Panier aufrichtete, und nun ging der Handel los. Immer hatte er zwei Kasten bei sich; in einem hatte er die Zettel und in den andern steckte er das Geld, und er pflegte wohl zu rufen: „Sobald nur erst das Geld in meinem Kasten klingt, eure Seele aus dem Feg-teuer in den Himmel springt!" — Da fand man Ablaßbriefe für alle möglichen Vergehungen: für Diebstahl, Meineid, Gewaltthat, Mord u. s. w. Einmal kam er Übel au und wurde recht mit
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Extrahierte Personennamen: Leo_X Leo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Leipzig Sachsen Deutschland Sachsen
Alba in den Niederlanden.
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und eine Schaar Soldaten umringten ihn. Einen Augenblick stand er sprachlos da. „O Dramen! Dramen!" rief er dann schmerzhaft aus, gab seinen Degen und sprach weiter: „So nimm ihn hin! Weit öfter hat er ja des Königs Ruhm vertheidigt, als meine Brnst beschützt!" — Auch Hoorne wurde auf dem Wege nach Hause verhaftet. Seine erste Frage war nach Egmont. Als man ihm erzählte, dieser sei auch verhaftet, ergab er sich. „Von ihm habe ich mich leiten lassen," sprach er: „es ist billig, daß ich sein Schicksal mit ihm theile." Allgemeiner Schrecken überfiel die Einwohner von Brüssel und 20,000 verließen auf die Nachricht von Egmonts Verhaftung die Niederlande. So verlor das Land für immer eine große Zahl seiner geschickten Einwohner, welche die Kunst, Wolle zu weben, nun nach England und Deutschland brachten. Glücklich waren die, welche noch entrannen, denn Alba ließ die Häfen sperren und setzte Todesstrafe auf die Auswanderung.
Daß Alba sogleich die Inquisition mit aller ihrer Strenge wieder herstellte, versteht sich von selbst. Aber er machte auch bekannt, daß alle, welche in irgend einer Berührung gestanden mit den Geusen, oder an den calvinistischen Predigten Theil genommen hatten, des Verbrechens der beleidigten Majestät im höchsten Grade schuldig waren. Hiernach wären die Güter und das Leben aller in seinen Händen, und wer eins oder beides rettete, empfing es nur als ein Geschenk seiner Großmuth. Dann setzte er ein Gericht nieder, welches über die vorgefallenen Unruhen erkennen sollte. Er selbst war Vorsteher desselben und nach ihm Vargas, ein Spanier, welchen sein Vaterland wie eine Pestbeule ausgestoßen hatte, ein schamloser, verhärteter Bösewicht, der ebenso blutgierig als habsüchtig war. In diesem Gerichte wurde über das Leben der Niederländer mit empörendem Leichtsinne abgeurtheilt, und man erzählt, daß einer der Richter, der oft in den Sitzungen zu schlafen pflegte, dann, wenn die Reihe an ihn kam, sein Urtheil zu sagen, und er dazu geweckt wurde, ohne Weiteres rief: „An den Galgen! an den Galgen!" so geläufig war ihm dieses Wort geworden. Oft wurden 20—50 aus einer Stadt zugleich vorgefordert. Die Reichen traf der Donnerfchlag am ersten. Manche angesehene Kaufleute, die über ein Vermögen von 60—100,000 Thaler zu gebieten hatten, sah man hier wie gemeines Gesindel mit auf den Rücken gebundenen Händen an einem Pferdeschweife zur Richtstätte geschleift werden; in Valencienner wurden einmal 55 zugleich enthauptet. Die Gefängnisse waren bald zu enge für
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