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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Schicksal traf auch verdienterweise Münzer und die andern Volksanführer.
Da wir einmal bei der Erzählung der Uebertreibungen jener Zeiten der Reformation sind, so wollen wir noch von einer berichten, die sich in den Jahren 1534 und 1535 zutrug. Von Münzers Anhängern waren einige entkommen und hatten sich nach Holland gewendet, wo sie auch manche Anhänger bekamen. M Diese Leute kamen auf den Einfall, alle, die zu ihnen gehörten, noch einmal zu laufen, weil die Kindertaufe keine wahre Taufe sei; denn die Kinder verständen ja nichts davon. Auch behaupteten sie, alle, die zu ihrer Kirche gehörten, wären heilig und zur Gründung des Reiches Jesu auf Erden berufen. Einige dieser Wiedertäufer kamen nun nach Westphalen und ließen sich in Münster nieder; der Schneider Johann Bockold (Jan Bockel-sohn) von Leyden, Jan Matthiesen, ein Bäcker von Harlem, der Tuchhändler Knipperdolling, Krechting und andere. Ein Prediger der Stadt, Rottmann, ein unwürdiger Schüler Luthers, schloß sich bald an die Schwärmer an, die immer mehr Anhang unter den Bürgern fanden. Nachdem sie bei Erneuerung des Magistrats durchgesetzt hatten, daß lauter Wiedertäufer zu Magistratspersonen gewählt wurden, erhielten sie die Oberhand und bemächtigten sich des Zeughauses; der Bischof war schon früher weggegangen. Rottmann und Knipperdolling ließen den Leuten auf dem Lande sagen: sie möchten nur zu Hause alles stehen und liegen lassen und nach der Stadt kommen, da sollten sie das zehnfach wiederbekommen; denn sie lehrten, wie Münzer, eine allgemeine Gütergemeinschaft. Die Reichen mußten alles hergeben und verließen je eher je lieber die Stadt, die nun den Armen und den Wiedertäufern allein überlassen blieb. Matthiesen befahl, daß jeder bei Lebensstrafe fein Gold, Silber und übriges Eigenthum in ein bestimmtes Haus bringen sollte; es geschah. Dann wurden alle Bücher, die Bibel ausgenommen, verbrannt, und alle Kirchenbilder, Orgeln, gemalte Fenster, Thurmuhren it. a. zertrümmert.
Indessen rückte der Bischof von Münster mit einem Heere herbei, die Stadt zu belagern. Da erschien der Bäcker Matthiesen auf dem Markte, suchte sich 30 Männer aus und rief: Gott habe ihm geoffenbart, daß er mit diesen Leuten allein das ganze Heer des Bischofs in die Flucht schlagen würde. Wirklich zog der Tollkopf aus, und alle waren neugierig, wie es ihm gehen würde.
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Extrahierte Personennamen: Münzers_Anhängern Schneider_Johann_Bockold Johann Jan_Bockel-sohn Jan_Matthiesen Rottmann Rottmann
Bartholomäusnacht.
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worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken.
Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit-
dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte.
Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht.
. Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte.
So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.
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Schlacht bei Hohenfriedberg.
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seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
er schnell das Tintenfaß und warf es nach dem Bilde seiner Phantasie, das natürlich augenblicklich verschwand. Mag nun das Histörchen wahr sein ober nicht, — den Tintenfleck zeigt man noch.
Indessen hatte die Reformation in Deutschland, am meisten in Sachsen, große Fortschritte gemacht. Schon in demselben Jahre (1521) wagte ein sächsischer Pfarrer sich zu verheiraten. Viele Mönche sogar traten zu Luthers Lehre über und sagten sich von der Herrschaft des Papstes los. Die Augustiner in Wittenberg gaben dazu das Signal. Die jüngeren Mönche vereinigten sich, die Messe in ihrem Kloster abzuschaffen; sie erklärten ihre Ordensgelübde sür aufgehoben und traten zum Theil in die Welt zurück. Zwar widersprachen der Prior und einige ältere Mönche; aber sie wurden von jenen überstimmt. Auch behaupteten sie mit Recht, es sei unrecht, daß sich der Orden von Betteln ernähre, da die heilige Schrift befehle, daß jeder sich von seiner Hände Arbeit nähren sollte. Ihrem Beispiele folgten auch andere Geistliche und meinten, der Gottesdienst müsse von den vielen in die römische Kirche eingeführten Mißbräuchen gereinigt werden. Jetzt wurden schnell viele Neuerungen vorgenommen: die Messe wurde in deutscher Sprache gehalten, die Hostie nicht mehr emporgehoben und angebetet und das Abendmahl jedem, der es wünschte, in beiderlei Gestalt, wie es Jesus vorgeschrieben, gereicht. Endlich schaffte man die Messe ganz ab. Dagegen ließ sich nichts sagen.. Aber da nichts so schwer ist, als die goldene Mittelstraße zu halten, so übertrieben viele die Sache, beleidigten katholische Priester, stürmten die Kirchen, warfen Bilder und Altäre heraus und trieben andern häßlichen Unfug. An der Spitze dieser Bilderstürmer stand der sonst gutdenkende, aber unüberlegte Andreas Boden st ein, genannt Karl stadt, Professor in Wittenberg. Das erfuhr Luther und wurde entsetzlich böse; denn er fürchtete mit Recht, daß nun alle Welt sagen würde: „Da sieht man, was die neue Lehre anrichtet!" Nun war kein Haltens mehr. Ohne erst den Kurfürsten zu fragen, reiste er auf der Stelle nach Wittenberg und predigte acht Tage hintereinander gegen die Unruhen der Bilderstürmer mit solcher Kraft, daß Ruhe und Ordnung zurückkehrten. Luther blieb nun fortwährend in Wittenberg und wirkte rüstig für die Ausbreitung der Reformation. Wollte er sich von der Arbeit erholen, so drechselte er oder arbeitete in seinem Gärtchen. Im Jahre 1524 legte er das Mönchskleid ab und kleidete sich weltlich. Daß er einen schwarzen Anzug wählte und daß dieser daher das
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
dann alle 30 und zuletzt alle 25 Jahre ein Jubeljahr ausgeschrieben. Alle diese Jubeljahre waren den Päpsten noch nicht genug. Sie schickten Ablaßverkäufer überall, besonders in Deutschland umher, die ihre Zettel ausboten, und selbst die Fürsten benutzten diesen Mißbrauch, um sich Steuern zu verschaffen. So sollte im Jahre 1430 die Stadt Leipzig befestigt werden. Da bat der Herzog von Sachsen den Papst, ihm doch mit Ablaß zu Hülfe zu kommen; und sogleich wurde bekannt gemacht, daß der, welcher an Sonn- und Festtagen an den Werken arbeiten würde, 40 Tage Ablaß haben sollte, d. i. es sollten ihm einst in jenem Leben von seiner Strafzeit 40 Tage erlassen werden. Welcher Mißbrauch! — Daß dafür der Papst ein reiches Geldgeschenk erhalten mußte, verstand sich von selbst. Besonders waren die Butterbriefe recht einträglich. Wer nämlich die Erlanbniß haben wollte, in der Fastenzeit Butter und Käse zu essen, brauchte sich nur für einen guten Groschen einen solchen Zettel zu lösen, und dergleichen wurden unzählige gelöst.
Damals war Leo X. Papst, ein hochgebildeter, aber vergnügungssüchtiger, schwelgerischer Mann, der viel Geld gebrauchte. Da gerade kein Jubeljahr war, so nahm er den Bau der Peterskirche zum Vorwande, einen Ablaß auszuschreiben. Unter den Ablaßverkäufern, die in Deutschland umherzogen, war aber keiner unverschämter, als eben jener Tezel, der schon ziemlich lange sein Wesen getrieben hatte. Obgleich er ein so nichtswürdiger Mensch war, daß das erbitterte Volk ihn schon einmal hatte ertränken wollen, wenn ihn nicht der Kurfürst von Sachsen gerettet hätte, so setzte er doch eine Menge solcher Ablaßzettel ab. Wenn er nach einer Stadt kam, so hielt er einen feierlichen Einzug, damit das Volk recht zusammenlaufen sollte. Die päpstliche Bulle wurde auf einem fammtnen Kissen vorangetragen; die Priester und Mönche, der Magistrat und die Schulen zogen ihm mit Kerzen und Fahnen entgegen und holten ihn ein; alle Glocken läuteten; man begleitete ihn in die Kirche, wo er ein rothes Kreuz mit des Papstes Panier aufrichtete, und nun ging der Handel los. Immer hatte er zwei Kasten bei sich; in einem hatte er die Zettel und in den andern steckte er das Geld, und er pflegte wohl zu rufen: „Sobald nur erst das Geld in meinem Kasten klingt, eure Seele aus dem Feg-teuer in den Himmel springt!" — Da fand man Ablaßbriefe für alle möglichen Vergehungen: für Diebstahl, Meineid, Gewaltthat, Mord u. s. w. Einmal kam er Übel au und wurde recht mit
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Extrahierte Personennamen: Leo_X Leo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Leipzig Sachsen Deutschland Sachsen
Luther. Leo X. Ablaßzettel. Tezel.
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eigener Münze bezahlt. In Jüterbogk meldete sich bei ihm ein Ritter, der einen Ablaßzettel begehrte, weil er jemanden auf der Landstraße berauben wollte; denn auch Sünden, die man noch begehen wollte, konnte man schon im voraus abkaufen. Tezel forderte einen tüchtigen Preis. Dann reiste er ab. Aber als er durch einen Wald fuhr, sprengte plötzlich ein Ritter mit mehreren Knechten herbei, hielt seinen Wagen an und nahm ihm seinen schweren Geldkasten ab. Tezel schrie wie besessen und verfluchte den Räuber bis in den Abgrund der Hölle. „Sachte! sachte!" rief der Ritter und holte den Ablaßzettel heraus, „kennst du mich nicht mehr? Hier ist ja dein Ablaß!" — Der leere Kasten wird noch auf dem Rathhause von Jüterbogk aufbewahrt.
Der Handel 'mit diesen Ablaßzetteln machte die Leute ganz gewissenlos; denn sie mußten am Ende glauben, eine Sünde habe weiter nicht viel zu bedeuten, man könnte sie ja mit einigen Groschen, höchstens einigen Thalern abkaufen. Und diesen Glauben suchte Tezel durch seine unverschämten Predigten noch zu vermehren. Er lehrte geradezu: der Ablaß sei die höchste und allerwertheste Gabe Gottes; denn dadurch könne man ohne Reue und Buße selig werden. Das Ablaßkreuz mit des Papstes Wappen vermöge eben so viel als Christi Kreuz.
Das niedere Volk hat von jeher einen Hang zum Aberglauben und war damals in religiösen Dingen höchst unwissend. Kein Wunder, daß eine Menge von Leuten dem Tezel nachlies und seinen Ablaß kaufte. Manche kamen damit auch wohl zu Luther und fragten ihn, was er dazu meinte? Dieser ergrimmte über diese schändliche Betrügerei nicht wenig. Sein ganzes frommes Gemüth empörte sich, wenn er daran dachte, wie man die Einfalt des armen Volkes mißbrauchte, es um sein Gewissen und sein Geld zugleich zu betrügen. In diesem edeln Eifer vergaß er ganz, wie unbedeutend er,-ein armer und noch junger Mönch, damals noch war, und wie wenig Hoffnung er hatte, gegen den mächtigen Papst etwas auszurichten. Aber danach fragt ein von edler Begeisterung ergriffenes Gemüth nicht. „Zu der Zeit," sagt Luther selbst, „war ich Prediger allhie im Kloster und ein junger Doctor, neulich aus der Esse kommen, hitzig und lustig in der heiligen Schrift. Als nun viel Volks von Wittenberg lies dem Ablaß nach, und ich, so wahr mich mein Herr Christus erlöset hat, nicht wußte, was der Ablaß wäre, wie es denn kein Mensch nicht wußte, fing ich säuberlich an zu predigen, man könnte wohl Besseres thun, das gewisser
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138 Neue Geschichte, 1. Periode. Deutschland.
Frieden in der Kirche wiederherstellte. Aber die Päpste fürchteten, daß ihrer Gewalt dadurch Abbruch geschehe, suchten daher Ausflüchte, und erst als es unvermeidlich schien, willigte der damals lebende Papst (Paul Iii.) in die Versammlung, suchte sie aber für sich gleich dadurch unschädlich zu machen, daß seine Legaten den Vorsitz einnahmen, daß er durchsetzte, daß nach Personen gestimmt werden sollte — aus Italien waren die meisten Bischöfe gekommen — und daß er ausdrücklich erklärte: es sollte nur über die Ausrottung der Ketzerei und über die Wiederherstellung des Kirchenfriedens verhandelt werden. Der Papst gab seinen Legaten die ausdrückliche Anweisung, alle Lehren und Gebräuche, die von den Protestanten verworfen waren, zu bestätigen, die „Rebellen" (gegen den Papst) durch Kirchenstrafen zu. bändigen, die Ketzerei auszurotten und die Völker unter den Gehorsam gegen den römischen Stuhl zurückzuführen. Und so siegte wirklich die päpstliche List über das Bestreben derjenigen Bischöfe, denen es mit der Verbesserung des Papismus ein Ernst war. Ihre Stimmen-drangen nicht durch; die italienischen Bischöfe, die ihren Vortheil bei der Erhaltung der bisherigen Hierarchie fanden, überstimmten jene, und durch die Beschlüsse des Concils wurden die bisher vereinzelten päpstlichen Verordnungen erst recht in ein Ganzes gebracht. Das Gebäude des römischen Katholicismus wurde dadurch vollendet, und daher kommt es, daß man sich bei allen Streitigkeiten über Lehren der römischen Kirche auf die Beschlüsse des tridentmischen Concils zu berufen pflegt.
Von diesen Beschlüssen wollen wir nur einige herausheben: Neben der Bibel gilt auch jede mündliche Tradition, die sich in der Kirche erhalten hat. Die Stellen der Bibel haben nur den Sinn, den ihnen die Kirche und die Kirchenväter gegeben haben. Der Klerus ist ein von Gott eingesetzter und durch fortgehende göttliche Eingebung infallibler Stand, dem allein die kirchliche Gewalt zusteht. Die Bischöfe sollen schwören: dem Papste treu und gehorsam zu sein, die Rechte und die Gewalt des heiligen Stuhles zu erhalten, zu vermehren und gegen jedermann zu vertheidigen, alle Ketzer und dem Papste Ungehorsame aber nach
allen Kräften zu verfolgen. Die sieben Sacramente theilen dem,
an dem sie verrichtet werden, an und für sich eine göttliche Gnade
mit. Bei dem Abendmahl wird durch die Weihung das Brot
und der Wein in den Leib und das Blut Jesu verwandelt (Trans-snbstantiation) und daher muß die Hostie (Oblate) göttlich verehrt
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Neue Geschichte. 1. Periode. Niederlande.
daß nämlich die Sonne in der Mitte unsers Planetensystems stehe, und daß alle Planeten, auch die Erde, sich um dieselbe bewegen. Er starb 1543.
97. Philipp Ii. von Spanien und die Niederländer.
Als Kaiser Karl V. seinem Sohne Philipp in Brüssel die Regierung abtrat (1556), war dieser 29 Jahre alt; aber kein Zug seines Gesichts, keine leichte Bewegung seines Körpers kündigte den Frohsinn an, der sonst dem Manne in diesem Alter noch eigen ist. In allen menschlichen Gefühlen war dieser kalte, stolze, finstere Philipp das Gegentheil seines großen Vaters. Viel mochte daran die Erziehung schuld sein; denn in Spanien war er geboren und erzogen, unter Mönchen ausgewachsen und von ihnen mit eiserner Strenge behandelt worden. So war denn nie Fröhlichkeit in sein Gemüth gekommen; er wußte nicht, was Mitleiden, Wohlwollen und Freundschaft sei, und glaubte, daß seine Unterthanen nur da wären, um sich als Werkzeuge zu seinen Absichten gebrauchen zu lassen. Besonderes Gefallen fand er an einem Autodafe, d. i. einer Verbrennung vieler solcher Leute, die man Ketzer nannte, auf einem Scheiterhaufen. Denn bei feinem furchtbaren Aberglauben haßte er alle diejenigen bitter, welche von den Lehren der römischen Kirche nur im geringsten abwichen. Daher stoffen durch ihn Ströme von Blut; überall ließ er Scheiterhaufen errichten. In diesem Eifer für den römischen Glauben gingen alle seine Gefühle unter. Als einst ein Unglücklicher auf dem Wege zum Scheiterhaufen sich rechtfertigen wollte, rief ihm der König zu: „Fort mit dir! und wäre mein eigener Sohn so strafbar wie du, so wurde ich auch ihn auf den Scheiterhaufen schicken." Als er nach seines Vaters Abgang durch die Niederlande reifte, wetteiferten die gutmüthigen Niederländer, ihn durch verschwenderische Feste zu vergnügen. Jede Stadt empfing ihn anders. Er aber ärgerte sich über die Fröhlichkeit, sprach mit keinem von ihnen — denn er verstand nur die spanische Sprache — und kein Lächeln seines immer gleich finstern Gesichts belohnte ihre Mühe» Sie waren ihm so freundlich entgegengekommen; aber so wie sie ihn nur einmal gesehen hatten, war er ihnen zuwider: sein erster Eintritt in ihre Städte brachte ihn um ihre Herzen. Seine Herzlosigkeit war ihm auf dem Gesichte zu lesen; sie wußten nun, was sie an ihm hatten, und rüsteten sich, feinen Bedrückungen zu begegnen.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Karl_V. Karl_V. Philipp Philipp Philipp Philipp
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Neue Geschichte. 1. Periode. Niederlande.
die bisher aus Furcht ihren Glauben verhehlt hatten, traten nun keck damit hervor und die neue Lehre gewann ungeheuern Anhang. Viel trugen dazu die Prediger bei, die auf dem Felde unter freiem Himmel ihre Rede hielten. Die Zuhörer versahen sich mit Rappieren, Hellebarden und Flinten, stellten Posten aus und verrammelten die Zugänge mit Karren und Wagen. Wer des Weges zog, mußte herbei und zuhören. Solchen Predigten hörten oft an 15,000 Menschen zu, und je wackerer auf das Papstthum gescholten wurde, desto größerer Beifall wurde dem Redner zugeklatscht. Am größten war der Lärm in und um Antwerpen, und da der Magistrat den evangelischen Bürgern keine Kirche einräumen wollte, so zogen diese mit Weibern und Kindern dann und wann aufs Feld und hielten hier ihren Gottesdienst. Der Magistrat bat die Statthalterin, doch selbst nach Antwerpen zu kommen oder wenigstens den Prinzen von Dramen zu schicken, der allein das Zutrauen der Bürger besäße. Das letztere bewilligte sie. Welch ein Getümmel aber erhob sich an dem Tage, an welchem man Dramen erwartete. Antwerpen schien alle Einwohner ausgegossen zu haben. Die Landstraße wimmelte von Menschen; die Dächer der Landhäuser waren abgedeckt und mit Zuschauern besetzt; und als er endlich herankam, jubelte jung und alt ihm entgegen: „Die Geusen sollen leben!" Andere riefen: „Seht hin! das ist der, welcher uns Freiheit bringt!" — Er aber winkte mit stillem Ernste, sie möchten schweigen, und da keiner gehorchte, rief halb unwillig, halb gerührt: „Bei Gott! sie sollten zusehen, pa* sie thun! Es wird sie einmal reuen, was sie jetzt gethan 'Haben 1" — Als er in die Stadt selbst einritt, wurde das Jauchzen noch ävger. Er aber gab sich gleich die ersten Tage Mühe, die Drdnung herzustellen; denn so warm auch sein Herz für sein Vaterland schlug, so war er doch kein Freund von Unordnungen, die nie zu bürgerlichem Glücke führen.
Indessen hatte man am spanischen Hofe berathschlagt, was zu thun sei. Philipp beschloß endlich, zum Scheine etwas nachzugeben, und befahl, daß die Inquisition auf dem Fuße hergestellt werden sollte, wie sie unter Karl V. gewesen war. Zugleich gab er der Statthalterin die Weisung, ganz in der Stille Truppen zu werben. Aber seine Nachgiebigkeit kam zu spät. Die Erbitterung des Pöbels über die Verachtung seiner Religion war endlich so groß geworden, daß ein rasender Haufe zu den Waffen griff und die Kirchen zu stürmen begann; denn es kränkte diese Leute, daß
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Karl_V. Karl_V.
224 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
und Kinsky das traurige Ende ihrer Männer. Jene Schüsse hatten die Hauptwache in Bewegung gebracht. Lesli fand sie unter dem Gewehre; er beruhigte sie, und befahl ihr, wieder in die Wacht-stube zu gehen, ließ sie nochmals dem Kaiser schwören und blieb auch bei ihr, um jede Bewegung zu verhindern, so wie Gordon in der Citadelle als Wächter zurückgeblieben war. Sein Gewissen mochte es ihm unmöglich machen, am Morde seines Wohlthäters Antheil zu nehmen.
Jetzt gingen Buttler, Geraldiuo und Deveroux mit den Dragonern gerade auf die Wohnung Wallensteins zu. Als sie an die Thüre kamen, hörten sie in dem Hause daneben das herzzerschneidende Jammern der Gräfinnen Kinsky und Trczka über den Tod ihrer Männer, und Buttler besorgte, der Herzog möchte dadurch aufgeweckt werden. Er blieb unten bei der Wache, die ohne Widerstand Deveroux und die Dragoner einließ. Geraldino hatte die Hinterthüre besetzt. Deveroux stürmte mit den Dragonern, alle mit Hellebarden bewaffnet, die Treppe hinauf. Zwei Kammerdiener im Vorsaale fragten um die Ursuche der so späten Erscheinung und baten, den Herzog nicht im Schlafe zu stören. Der Herzog wachte von dem Lärme auf, sprang im bloßen Hemde aus dem Bette und da er in dem Augenblicke das Geschrei der Gräfinnen im Nachbarhause hörte, fragte er die vor dem Hause stehende Schildwache, was es gäbe? Aber in demselben Augenblicke rannten die Dragoner, die mit heftigen Drohungen den Schlüssel zu des Herzogs Gemach vergebens verlangt hatten, die Thüre auf. Deveroux stürzte mit wüthendem Gesicht ins Zimmer und schrie: „Bist du der Schelm, der das kaiserliche Volk zum Feinde überführen und ihrer kaiserlichen Majestät die Krone vom Haupte reißen will? Du mußt jetzt sterben!" — Wallenstein hob seine Arme gen Himmel und sprach kein Wort; Deveroux aber stieß ihm die Hellebarde in die Brust, mit solcher Gewalt, daß sie durch und durch ging. Ohne Laut fiel der mächtige Friedland zu Boden und wälzte sich in seinem Blute. Er war 50 Jahre alt. Einer der Dracsoner packte den Leichnam und wollte ihn aus dem Fenster werfen, aber Deveroux litt es nicht. Indessen kamen Buttler und Lesli herauf, nahmen die Schlüssel zu sich und bemächtigten sich des Geldes und der Kostbarkeiten, während das Blut des Gemordeten noch rauchte. Man wickelte die Leiche in einen vom Tische heruntergenommenen Teppich und ließ sie auf Lesli's Wagen nach der Cidatelle zu den andern vier Leichen bringen. Hier lag
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Extrahierte Personennamen: Kinsky Lesli Gordon Kinsky Geraldino Deveroux