Bartholomäusnacht.
79
worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken.
Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit-
dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte.
Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht.
. Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte.
So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Katharina Coligny Gott Katharina Coligny
Schlacht bei Hohenfriedberg.
323
seit einiger Zeit trugen sie blaue Pelze und andere Mützen als vorher, ungefähr wie auch ein östreichisches Regiment. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich durchzuschleichen suchen. Als er dem östreichischen Lager nahe kam, zogen gerade mehrere Regimenter von Neustadt, welches sie vergebens angegriffen hatten, wieder ins Lager zurück. Ziethen schloß sich an, indem er seinen Leuten streng befahl, ganz ruhig wie im Frieden zu reiten, und weder zu schießen, noch den Säbel zu ziehen. Er selbst zog die Tabackspfeife heraus, wie im tiefen Frieden. Voraus schickte er einige geborene Ungern, die in ihrer Landessprache die Feldwachen, auf welche sie stießen, freundlich begrüßen, sollten. Auch durch ein feindliches Dragonerregiment ritten sie ungestört hindurch, und so befand sich Ziethen bald mitten unter den Feinden. Es war ein schöner, heller Tag. Er konnte das ganze Feld übersehen, welches mit Oestreich ent bedeckt war. Die einen thaten dies, die andern jenes. Je näher man dem Lager kam, desto größer wurde die Gefahr, und Ziethen ließ seine Husaren näher zusammenrücken, um sich im Nothfall durchschlagen zu können. Dennoch merkten die Oestreich er nichts, ja ein feindlicher Oberst kam ganz treuherzig zu Ziethen geritten, bot ihm freundlich einen guten Tag und erzählte ihm, daß sein Regiment auch bald nachkommen würde. Aber wie vom Donner wurde er gerührt, als Ziethen seinen Husaren zurief: „Nehmt ihn gefangen! es ist ein Oestreichs!" Eine Strecke mar-schirten die Husaren noch ganz ruhig, mitten durch die Oestreich er durch. Nun aber wandte sich der Weg, und Ziethen schwenkte sich jetzt plötzlich, um bei dem Lager vorbeizuziehen. Da erkannte mau ihn: „Ziethen! Ziethen! Preußen! Preußen!" rief man nun aus allen Seiten. Alles gerieth in Bewegung, und obgleich die Husaren sich in starken Trab setzten, so holte man sie doch ein. Aber Ziethen ließ einhauen und schlug sich mit geringem Verluste glücklich durch. Aehnliche Thaten verrichteten auch die andern Generale, und selbst die Feinde hatten vor den Preußen Achtung.
Eine Hauptschlacht gewann der König in diesem Kriege bei Hohenfriedberg in Schlesien, unweit Striegau (4. Juni 1745). Binnen fünf Stunden war der an Zahl überlegene Feind geschlagen. Die unerschrockenen Preußen aus dem rechten Flügel waren wider Vermuthen des Feindes durch Wasser und Morast gewatet und hatten den Feind mit dem Bajonnete angegriffen; dadurch war der Sieg entschieden worden. Besonders schlimm ging es den Sachsen, die in diesem Kriege auf der Seite der
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224 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg.
und Kinsky das traurige Ende ihrer Männer. Jene Schüsse hatten die Hauptwache in Bewegung gebracht. Lesli fand sie unter dem Gewehre; er beruhigte sie, und befahl ihr, wieder in die Wacht-stube zu gehen, ließ sie nochmals dem Kaiser schwören und blieb auch bei ihr, um jede Bewegung zu verhindern, so wie Gordon in der Citadelle als Wächter zurückgeblieben war. Sein Gewissen mochte es ihm unmöglich machen, am Morde seines Wohlthäters Antheil zu nehmen.
Jetzt gingen Buttler, Geraldiuo und Deveroux mit den Dragonern gerade auf die Wohnung Wallensteins zu. Als sie an die Thüre kamen, hörten sie in dem Hause daneben das herzzerschneidende Jammern der Gräfinnen Kinsky und Trczka über den Tod ihrer Männer, und Buttler besorgte, der Herzog möchte dadurch aufgeweckt werden. Er blieb unten bei der Wache, die ohne Widerstand Deveroux und die Dragoner einließ. Geraldino hatte die Hinterthüre besetzt. Deveroux stürmte mit den Dragonern, alle mit Hellebarden bewaffnet, die Treppe hinauf. Zwei Kammerdiener im Vorsaale fragten um die Ursuche der so späten Erscheinung und baten, den Herzog nicht im Schlafe zu stören. Der Herzog wachte von dem Lärme auf, sprang im bloßen Hemde aus dem Bette und da er in dem Augenblicke das Geschrei der Gräfinnen im Nachbarhause hörte, fragte er die vor dem Hause stehende Schildwache, was es gäbe? Aber in demselben Augenblicke rannten die Dragoner, die mit heftigen Drohungen den Schlüssel zu des Herzogs Gemach vergebens verlangt hatten, die Thüre auf. Deveroux stürzte mit wüthendem Gesicht ins Zimmer und schrie: „Bist du der Schelm, der das kaiserliche Volk zum Feinde überführen und ihrer kaiserlichen Majestät die Krone vom Haupte reißen will? Du mußt jetzt sterben!" — Wallenstein hob seine Arme gen Himmel und sprach kein Wort; Deveroux aber stieß ihm die Hellebarde in die Brust, mit solcher Gewalt, daß sie durch und durch ging. Ohne Laut fiel der mächtige Friedland zu Boden und wälzte sich in seinem Blute. Er war 50 Jahre alt. Einer der Dracsoner packte den Leichnam und wollte ihn aus dem Fenster werfen, aber Deveroux litt es nicht. Indessen kamen Buttler und Lesli herauf, nahmen die Schlüssel zu sich und bemächtigten sich des Geldes und der Kostbarkeiten, während das Blut des Gemordeten noch rauchte. Man wickelte die Leiche in einen vom Tische heruntergenommenen Teppich und ließ sie auf Lesli's Wagen nach der Cidatelle zu den andern vier Leichen bringen. Hier lag
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Extrahierte Personennamen: Kinsky Lesli Gordon Kinsky Geraldino Deveroux
Bonaparte als Konsul.
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war sein Entschluß gefaßt, nach Frankreich zurückzukehren. In aller Stille ließ er zwei Fregatten ausrüsten, schiffte sich, ohne von seinen getreuen Kriegskameraden Abschied zu nehmen, ein, nahm seine zuverlässigsten Freunde: Berthier, Lannes, Murat (nicht mit Murad Bey zu verwechseln), Marmont, Bessieres und andere mit und kam, unentdeckt von den zahlreichen englischen Kreuzern glücklich nach Frankreich, wo er im Hasen von Frejus am 9. October 1799 ans Land stieg und von wo er, ohne Qnarantaine zu halten, nach Paris eilte. Ueber das bis aus 15,000 Mann geschmolzene Heer in Aegypten hatte er indessen dem braven Kleber den Oberbefehl hinterlassen, der aber keine andere Aussicht hatte, als sich mit allen seinen Leuten den Türken und Engländern zu ergeben. Dennoch that er sein Möglichstes, schlug auch selbst zweimal die an Zahl überlegenen Feinde, wurde aber plötzlich, als er mit einem andern Offizier auf der Gartenterrasse vor seinem Hause spazieren ging, von einem Türken erdolcht. Wer den Meuchelmord veranstaltet hatte, ist nicht ausgemacht. Viele vermutheten, gewiß mit Unrecht, auf Bonaparte, weil ihn dieser tödtlich haßte. Der feige und ungeschickte General Menon übernahm nun den Oberbefehl; aber jetzt ging alles mit Macht rückwärts und das Ende war, daß im Sommer 1801 die noch übrigen Franzosen eine Capitulation schloffen, nach welcher sie die Erlaubniß bekamen, nach Frankreich zurückzukehren. — So endigte die vielversprechende Unternehmung auf Aegypten.
118. Bonaparte als Consul. Friedensschlüsse von Luneville und von Amiens.
Bisher war Frankreich von fünf Directoren, *) von einem Rathe der Fünfhundert und einem Rathe der Alten regiert worden. Die Männer, die das große Wort hatten, ließen zwar ihre Feinde nur selten noch unter der Guillotine sterben, sie verurtheilten sie meistens zur Deportation nach dem ungesunden Cayenne in Südamerika; aber sie waren uneins und ränkesüchtig, und verloren daher das Zutrauen des Volks. Darauf baute Bonaparte seinen Plan, die Regierung umzustürzen. Er war mit Jubel in Paris empfangen worden; das machte ihn kühn. Er brachte mehrere der einflußreichsten Männer, namentlich den schlauen Sieyes, auf seine
*) Gohier, Moulins, Siöyes, Roger Ducos und Barras.
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Ludwig der Fromme und seine Söhne.
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entschloß. Er gab ihm das Königreich Alemannien. Wer darüber fuhren die drei ältesten Söhne wild auf und empörten sich gegen den Vater. Er wurde von ihnen in Compiegne gefangen genommen, und Lothar gab ihm Mönche zur Gesellschaft, die ihn bereden sollten, auch ein Mönch zu werden. Judith wurde ohne Umstände ins Kloster gesteckt.
Aber bald sah man, daß man unter Lothar nicht glücklicher sei. Die beiden andern Söhne erbarmten sich des armen Vaters und brachten es dahin, daß er wieder eingesetzt wurde ‘ nachdem er versprochen hatte, das Land nach seinen besten Kräften gut zu regieren, und nun wurde auch Judith wieder aus dem Kloster^ge-holt. Aber kaum war er wieder in Freiheit, als er auch schon wieder mit dem unseligen Theiluugsprojecte zum Vorschein kam. Sogleich standen die Söhne wieder bewaffnet da und kündigten dem Kaiser den Gehorsam auf. Bei Colmar (im Elsaß) sollte schon eine Schlacht zwischen dem Vater und den Söhnen entscheiden. Da fand sich der Papst Gregor Iv. beim Kaiser ein und erbot sich zum Friedensstifter; was konnte lobenswerther sein! Aber Gregor benutzte seinen Aufenthalt im Lager nur dazu, um die Mannen des Kaisers zum Verrath gegen ihren Herrn zu bereden. Als es eben zur Schlacht kommen sollte, gingen die meisten Mannen des Alten zu den Söhnen über, und Ludwig blieb fast ganz einsam stehen. Daher wird das Feld noch heute das Lügenfeld genannt. Die wenigen Getreuen fragten nun den Kaiser, was sie machen sollten? „Ach!" sagte der gebeugte Mann, „geht nur lieber auch zu meinen Söhnen über, damit um meinetwillen kein Blut vergossen werde!" So wurde er denn zum zweiten Male gefangen genommen. Die drei Söhne theilten nun das Reich unter sich; Lothar führte den Vater mit sich fort und ließ ihn in einem Kloster in Soissons genau bewachen; Judith wurde nach Italien geschickt und der kleine Karl einstweilen in ein Kloster (Prüm bei Trier) gebracht. Aber'lothar merkte, daß doch viele den armen Mann mit mitleidigen Augen ansahen. Darum wollte er ihn zum Regieren unfähig machen. Das konnte dadurch geschehen, wenn man den Kaiser dahin brachte, Kirchenbuße zu thun; denn so Einer durfte nie wieder die Waffen tragen, und konnte also auch nicht füglich König und Kaiser sein. Nun wurde Ludwig von den Geistlichen so lange bestürmt, bis er endlich, um nur Ruhe zu haben, versprach, sich der Buße zu unterwerfen. Dazu wurde er in eine Kirche geführt; hier mußte er sich auf einen Bußsack
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Lothar Judith Lothar Judith Gregor_Iv Gregor Gregor Gregor Ludwig Ludwig Judith Karl Karl Ludwig_von Ludwig
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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
Es erschien plötzlich in Haiti ein spanischer Edelmann, Franz Bovadilla, den der König abgeschickt hatte, um die vielen, gegen Colombo einlaufenden Klagen zu untersuchen. Fände er ihn wirklich schuldig, so sollte er ihn absetzen und einstweilen selbst seine Stelle vertreten. Bovadilla aber war ein nichtswürdiger und höchst ehrgeiziger Mensch. Er nahm sich schon unterwegs vor, den ehrwürdigen Colombo schuldig zu finden, und kaum war er angekommen, so nahm er alles Eigenthum desselben in Beschlag, erklärte ihn sür abgesetzt und forderte alle Spanier auf, ihre Klagen gegen ihn bei ihm zu Papiere bringen zu lassen. Lange schon hatten sie diese Genueser aus Nationalstolz nicht leiden können, und wer nur den geringsten Vorwand zu einer Beschwerde finden konnte, brachte diese beim neuen Statthalter an. Im Gefühle seiner Unschuld verlangte Colombo, doch nun auch gehört zu werden. Aber Bovadilla ließ ihn nicht vor sich, sondern befahl, ihn und seine zwei Brüder in Ketten zu legen und, jeden auf einem besondern Schiffe nach Spanien zu schicken. Colombo ließ sich Alles gefallen und hoffte Genugthuung von der Gerechtigkeit des Königs. Wirklich war das Unrecht auch so schreiend, daß die besser denkenden Spanier selbst sich der unwürdigen Behandlung des berühmten Mannes schämten. Als die Schiffe nicht mehr weit von Spanien entfernt waren, befahl der Befehlshaber des Schiffes, ihm die Fesseln abzunehmen. „Nein!" rief Colombo, „ganz Spanien soll sehen, wie man den Entdecker einer neuen Welt belohnt!" So kam er in Spanien an, und dazu so abgerissen, daß Jsabella ihm erst Geld geben mußte, um anständig gekleidet bei Hofe erscheinen zu können. So kam er denn und warf sich mit dem Schmerze der gekränkten Unschuld vor König und Königin nieder. Beide schämten sich der unedeln Behandlung, versicherten, das sei ja gar nicht ihre Absicht gewesen, und sie würden ihm immer gewogen bleiben. Auch wurde der schändliche Bovadilla gleich wieder zurückberufen; aber Colombo wieder hinzuschicken mochte man für zu mißlich halten, da er dort zu sehr gehaßt wurde, und so erhielt ein spanischer Edelmann, Ovando, seine Stelle. Colombo fühlte sich tief gekränkt, und im bittern Unmuthe befahl er, daß die Ketten einst in seinen Sarg gelegt werden sollten.
Zwei Jahre lang lebte er nun mißvergnügt in Spanien. Da überwand endlich seine uuvertilgbare Liebe zu Seereisen den Un-muth seines Herzens, und er hielt bei Ferdinand noch einmal darum an, ihn auf Entdeckungen auszuschicken. Wer weiß, ob er er-
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Extrahierte Personennamen: Franz_Bovadilla Franz Bovadilla Bovadilla Bovadilla Ferdinand Ferdinand
Christoph Colombo.
303
wie weit nach Osten Indien sich ersteckt; wahrscheinlich geht es weiter als man denkt. Warum sollte man also nicht hinkommen, wenn man von Portugal aus immer nach Westen zu führe? Vielleicht liegt es nicht allzuweit, und auf jeden Fall würde man auf diesem Wege neue Länder oder Inseln entdecken." In dieser letz-tern Meinung wurde er dadurch noch mehr bestärkt, daß es ja nicht wahrscheinlich sei, daß das ganze weite Weltmeer, sei es nun so groß, wie es wolle, ganz leer sei von allem Lande. Auch erzählten ihm andere Seefahrer, daß einmal der Westwind ein künstlich gearbeitetes Stück Holz nach Porto Santo getrieben habe. Auch war aus eben der Richtung Rohr von außerordentlicher Größe, und einmal waren gar zwei Leichname von ganz anderer Gestalt und Farbe als andere bekannte Völker nach Madeira und den azorischen Inseln angeschwommen. Colombo wurde immer nachdenklicher. „Gewiß," dachte er, „liegen nach Westen zu noch unbekannte Länder. Daß sie noch nicht entdeckt sind, ist kein Wunder; denn es hat ja noch kein Seefahrer gewagt, in dieser Richtung weiter als nach den Azoren zu fahren." Eine Zeit lang trug er diese Gedanken mit sich herum; endlich theilte er sie einem floren-tinischen Astronomen mit, der ähnliche Gedanken schon gehabt hatte und ihn noch mehr zur Entdeckung aufforderte. Nun konnte Colombo keine Nacht mehr vor dem Gedanken, sich durch eine solche Entdeckung Ruhm und Reichthümer zu erwerben, ruhig schlafen. Er ging zum König Johann Ii. von Portugal und legte ihm seinen Plan vor. Der König gab ihm Beifall, hatte aber damals so viel mit der Unternehmung nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung zu thun, daß er ihn nur obenhin anhörte und einigen Aerzten, die für große Erdkenner gehalten wurden, den Auftrag gab, ihn näher zu befragen. Der begeisterte Mann setzte ihnen umständlich seine Gedanken auseinander und erhielt dafür den kränkenden Bescheid, daß sein Plan ein leeres Hirngespinnst sei. Insgeheim aber rüsteten sie ein Schiff aus und schickten es nach der von Colombo angegebenen Richtung. Die Schiffer hatten aber nicht Colombo's Eifer und Beharrlichkeit. Sie fuhren einige Tage lang nach Westen, dann kehrten sie um, brachten die Nachricht, daß da an kein Land zu denken sei, und lachten den Colombo noch obendrein aus. Dieser hätte vor Aerger weinen mögen, und beschloß ein Land zu verlassen, wo er so verkannt würde. Da ihm zu dieser Zeit auch seine Frau starb, so reiste er aus Portugal ab und ging nach Genua, in der Hoffnung, daß man ihn hier besser anhören werde.
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Extrahierte Personennamen: Christoph_Colombo Johann
Extrahierte Ortsnamen: Indien Portugal Colombo Portugal Colombo Colombo Portugal Genua
Krösus und Solon.
107
hinzufügen können, daß es schändlich sei, eines Unglücklichen zu spotten.
Cyrus war nun Herr von Medien und zugleich von Persis. Nach diesem kleinen Ländchen nannte er nachher das ganze große Reich, welches er sich unterwarf, Persien. Er heißt also mit Recht der Stifter des persischen Reichs, welches über 200 Jahre sich erhalten hat. Er regierte von 560—529 v. Chr. In einer Folge glücklicher Kriege bezwang er alle benachbarten Völker und Länder: Assyrien, Babylonien, Kleinasien und andere, streifte bis an Aegyptens Grenze und drang bis an den Archipel vor. Ehe er das aber konnte, mußte er erst den König Krösus (Kroisos) von Lydien in Kleinasien bezwingen. Dieses Reich stand damals in der Blüthe seiner Macht; unermeßliche Schätze waren in der Königsburg zu Sardes aufgehäuft; Krösus konnte sich für den reichsten Mann seiner Zeit halten. Als er von Cyrus und seinen Fortschritten hörte, gedachte er, ihm Einhalt thun zu können. Bevor er aber den Krieg anfing, fragte er das delphische Orakel um Rath, ob er glücklich sein würde? Um den Apollo recht zu gewinnen, schickte er ihm übermäßige Geschenke, die uns einen Begriff von seinem ungeheuern Reichthums geben. Es waren 117 Goldplatten, so groß und dick wie Ziegelsteine, von denen jede über 2000 Thlr. werth war, ein goldener Löwe, ein großes goldenes und ein silbernes Trinkgeschirr, vier silberne Fässer, ein goldenes und silbernes Gießbecken, zwei goldene Schüsseln, eine goldene Bildsäule und das Halsband und der Gürtel seiner Frau. Außerdem opferte er ihm zu Hause auf einmal 3000 Stiere.
Das Orakel antwortete ihm: „Wenn du die Perser angreifst, so wirst du ein großes Reich zu Grunde richten." Eine meisterhaft zweideutige Antwort; denn wer sagte ihm, ob das große Reich Persien oder Lydien sei? Aber Krösus merkte das nicht, sondern freute sich sehr, daß er Persien bezwingen werde. Er beschenkte in seiner Freude alle delphische Priester und fragte bei der Gelegenheit die Pythia: ob er sich lange in seiner Herrschaft behaupten würde? Auch hieraus antwortete sie ihm sehr zweideutig: „So lange, bis ein Maulthier einmal die Meder beherrscht." — „Nun," sprach er, „dann bin ich sicher; ein Maulthier wird doch nicht König von Medien werden?" — Aber das Orakel meinte den Cyrus, welcher der Sohn einer Mederin und eines Persers war, also mit einem Maulthiere verglichen werden konnte. Geschwind rüstete nun Krösus sein Heer und zog bis ins Land der Perser, Alles verwüstend.
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus
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Alte Geschichte. 2. Periode. Perser.
Endlich kam Cyrus und — siegte. „Schlimm," dachte Krösus; „aber das zweite Mal soll es schon besser gehen. Jetzt willst du nach Sardes — so hieß seine Hauptstadt — zurückgehen und nächstes Frühjahr mit stärkerer Mannschaft wiederkommen." — Gesagt, gethan! Zugleich schickte er an alle seine Bundesgenossen und ließ ihnen sagen, in einem halben Jahre möchten sie doch kommen und ihm beistehen. Aber so lange wartete der umsichtige Cyrus nicht; der machte sich rasch auf und folgte dem Krösus nach. Plötzlich erschien er vor Sardes, schlug den Krösus noch einmal und bemächtigte sich der Stadt. Krösus wurde gefangen. Was nützte ihm nun sein ganzer Reichthum, was die theuer erkauften Orakelsprüche ? Obendrein ließ ihn Cyrus im ersten Siegesfeuer in Ketten auf einen hohen Scheiterhaufen setzen und befahl, ihn zu verbrennen. Eben wollte man schon den Holzstoß anzünden, da stieß Krösus tiefe Seufzer aus: „O Solou, Solon, Solon!" rief er mit lauter Stimme. Cyrus hörte das und ließ ihn fragen, wen er da anrufe? Lange konnte man aus ihm nichts herausbringen; endlich sagte er: „er rufe einen Mann, den alle Könige hören möchten." Darauf erzählte er folgende Geschichte.
Mehrere Jahre vorher war der berühmte athenische Gesetzgeber Solon auf seinen Reisen unter anderen auch nach Sardes gekommen und hatte den Krösus besucht, der ihn sehr freundlich aufnahm und einige Tage darauf durch seine Diener in seine Schatzkammer führen ließ, wo ihm alle aufgehäuften Reichthümer gezeigt wurden. Dann fragte ihn Krösus: „Mein lieber Solon, du bist ein weiser und ein vielgereister Mann; sage mir doch, ist dir wohl auf deinen Reisen irgend ein Mensch vorgekommen, der viel glücklicher war als alle Andere?" — Er hoffte, Solon würde ihn nennen; aber dieser besann sich schnell und antwortete: „O ja, König! der Grieche Tellos!" — „Tellos?" sagte Krösus, „Tellos? Von dem habe ich nie gehört; wer war denn der?" — „£)," erwiderte Solon, „das war ein sehr glücklicher Mann; ihm wurden mehrere wohlgebildete, brave Söhne geboren, die gut einschlugen, und er erlebte noch, daß sie wieder Kinder bekamen, die alle am Leben blieben. Ihm selbst ging nichts ab, und endlich fand er einen ehrenvollen Tod. Er zog nämlich mit den Athenern zu Felde und starb, nachdem er die Feinde in die Flucht geschlagen hatte. Die Athener begruben ihn aus öffentliche Kosten und ehrten fein Andenken." — Krösus schüttelte den Kops; er hoffte doch wenigstens die zweite Stelle einzunehmen und fragte, wen er denn
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Krösus Cyrus Cyrus Cyrus Krösus Solon
110
Alte Geschichte. 2. Periode. Perser.
Erzählung des Krösus nachdenklich; er bedachte, daß ja sein Ende auch noch nicht da sei und daß es sich also mit ihm auch noch sehr ändern könnte. Dieser Gedanke machte ihn milder gegen seinen Feind; er schenkte ihm nicht nur das Leben, sondern behielt ihn
auch fortan als Freund bei sich.
Daß Cyrus die Juden aus der sogenannten babylonischen Gefangenschaft in ihr Land entließ, ist anderweitig bekannt. Ueber das Ende des großen Völkerbezwingers lauten die Nachrichten verschieden. Wahrscheinlich ist er in einem Kriege ums Leben gekommen, den seine unersättliche Eroberungssucht gegen die Völker der tartarischeu Steppe angefangen hatte. Die Königin der Massa-geten, Tomyris, vernichtete das Perserheer in der entscheidenden Schlacht; Cyrus fiel. Die Siegerin ließ einen Schlauch mit Blut füllen und tauchte sein Haupt hinein. „Sättige dich," sprach sie, „an dem Blute, nach dem du so lange gedürstet hast!" — Cyrus hinterließ einen Sohn, den Kambyses, einen Mann von wilder, grausamer Gemüthsart und unersättlicher Herrschsucht (529—523). Er glaubte von dem Könige von Aegypten, Amasis, beleidigt zu sein und zog mit einem Heere nach Aegyptens) Aber ehe er noch hinkam, starb Amasis, und dessen Sohn, Psammenit, mußte für den Vater leiden. Denn Kambyses überwand ihn m eurer Schlacht und nahnt endlich auch die Hauptstadt von Aegypten,
*) Das ist derselbe Amasis, dessen Bundniß mit Polykrates bekannt ist. Dieser Polykrates war der Herr der Insel Samos im ägäischen Meere, und Alles, was er unternahm, glückte ihm; er hatte eine Menge Schiffe, die ihm Inseln und Städte eroberten, er schlug alle seine Feinde, kurz, - nichts mißlang chm. Da das sein Bundesgenosse Amasis von Aegypten hörte, schrieb er ihm einen Brief: „Ge'rn hört man, daß es einem Freunde wohlgeht; aber mich ängstigt dein großes Glück; daher wünschte ich, daß du in manchen Dingen auch einmal unglücklich wärest. Denn ich habe noch von Keinem, der in allen Unternehmungen glücklich war, gehört, mit dem es nicht ein schreckliches Ende genommen hätte. Folge daher meinem Rathe und wirf Das, was dir das Liebste ist, von dir, damit du die neidischen Götter versöhnest."'— Polykrates folgte dem Rathe. Nichts war ihm lieber als ein Ring, ein schöner Smaragd in Gold gefaßt. Mit chm fuhr er weit ins Meer hinein und warf ihn ins Wasser; dann kehrte er tiefbetrübt nach Hause zurück. Sechs Tage darauf fing ein Fischer einen ausnehmend schönen Fisch, den er dem Könige zum Geschenk brachte, und als man das Thier aufschnitt, lag der Ring in seinem Magen. Polykrates meldete das Alles dem Amasis. Dieser aber schickte einen Herold nach Samos und ließ seinem Freun e das Bündniß aufkündigen. „Unmöglich," schrieb er ihm, „kann es Mit btt ein* mal ein gutes Ende nehmen; lebe wohl!" Wirklich wurde auch Polykrates bald darauf ermordet.
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