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gesellte sich auch noch schreckliche Hungersnot, weil die Saatfelder zertreten wurden und jahrelang unbebaut liegen blieben. Verheerende Krankheiten rafften Tausende dahin. In manchen Gegenden war die Not so groß,
daß selbst die Toten in den Gräbern nicht mehr sicher waren und Eltern sogar ihre Kinder töteten, um sie zu essen. Es gab im nördlichen Deutschland Gegenden, die von den wilden Kriegshorden nur deshalb gemieden wurden, weil dort keine Nahrungsmittel mehr zu finden
waren.
Die Folgen des Krieges. Fast ein Menschenalter hindurch hatte der schreckliche Krieg gewütet und Deutschland an den Rand des Ver-
derbens gebracht. Tausende von Dörfern und Städten waren in Schutt und Asche gesunken, woraus so manche nicht wieder erstanden sind. Die Felder lagen zertreten und unbebaut da; denn niemand zeigte bei den fortwährenden Verwüstungen Lust, sie zu bewirtschaften. Jämmerlich sah es in den noch übrig gebliebenen Städten aus; sie waren durch Kontributionen und Brandschatzungen so erschöpft und durch Hunger und Pest so entvölkert, daß zahlreiche Häuser und Straßen lange in Trümmern liegen blieben, ohne daß -die Einwohner Lust gezeigt hätten, sie wiederaufzubauen. Einen noch traurigern Anblick boten die nicht zerstörten Dörfer dar. „In allen Dörfern", so schildert ein Zeitgenosse, „sind die Häuser voller Leichname und Äser gelegen; Mann, Weib, Kinder und Gesinde, Pserde, Schweine, Kühe und Ochsen neben- und untereinander, von der Pest und vom Hunger erwürgt, voller Maden und Würmer und sind von Wölfen, Hunden, Krähen, Raben und anderen Vögeln gefressen worden, weil niemand dagewesen, der sie begraben, beklagt und beweint hat." Die Hälfte, ja manche behaupten, zwei Drittel der Bewohner Deutschlands waren umgekommen, zahllose irrten heimatlos umher, und die einst so blühende Nation war fast in ein ärmliches Geschlecht von Bettlern und Räubern verwandelt worden; das jüngere Geschlecht kannte den Frieden nur als eine schöne Sage und meinte, der schreckliche Krieg würde nimmer enden. Infolge der fortwährenden Verwüstungen hatte man die Lust verloren, das eigene Feld zu bestellen; Landwirtschaft, Gewerbe und Handel hörten beinahe völlig auf, und der Wohlstand des Volkes war gänzlich zerrüttet. Sehr schlimm stand es auch um Recht und Sitte, sowie um die geistige Bildung des Volkes. Ordnung und Gesetzlichkeit, sowie einen Begriff von Recht und Unrecht hatten viele gar nicht kennen gelernt, und das Volk war thatsächlich nahezu verwildert. Nirgends herrschte mehr Sicherheit, und überall wimmelte es von Räubern und Mordgesindel. Dazu kam, daß auch die Anschauungen von guter Sitte in jenen Wirren gänzlich ver-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschlands
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der Stallfütterung und ähnliche Maßnahmen zu fördern. Zur Verbesserung der Schafzucht machte er Versuche mit dem spanischen Edelschaf. Der Bienenzucht wandte man besonderes Interesse zu und verschaffte ihr Eingang als lohnende Nebenbeschäftigung. Die allgemeine Fürsorge, welcke der König dem Landbau widmete, äußerte sich auch in Bezug auf die Güter seines Adels. Da ein großer Teil der Rittergutsbesitzer infolge der Kriegsereignisse in Schulden geraten war, so gründete Friedrich zunächst in Schlesien, dann auch in Brandenburg und Pommern die sogenannten Landschaften. Sämtliche Rittergutsbesitzer traten zu einer Gesellschaft unter diesem Namen zusammen, um sich in Geldverlegenheiten gegenseitig Hilfe zu leisten. Jeder konnte für seine Güter bis zur Hälfte des Wertes derselben Geld erhalten. Für die geliehenen Summen wurden sogenannte Pfandbriefe ausgefertigt, welche überall in Zahlung genommen und mit fünf Prozent verzinst wurden. Diese Einrichtung, zu deren Begründung der König einen bedeutenden Betrag hergab, hat sich vortrefflich bewährt, indem sie zahlreiche Familien vor gänzlichem Ruin geschützt und dadurch auch der Landwirtschaft wesentlichen Nutzen gebracht hat.
Hebung der Gewerbthätigkeit. Ferner wandte Friedrich auch der Gewerbthätigkeit feine besondere Fürsorge zu und war auf die Hebung derselben fortgesetzt bedacht. Wie sein Vater, so handelte auch er nach dem Grundsätze: „Das Geld muß im Lande bleiben!" und war deshalb unablässig bemüht, in seinem Lande immer neue Gewerbe einzuführen. In Berlin gründete er im Jahre 1761 eine Porzellanfabrik, deren Waren mit denen aus Sachsen wetteiferten. Ebenso rief er dortselbst eine Zuckerfabrik ins Leben, der bald andere folgten. Um die Leinengarnspinnerei zu verbessern, wurden auf seine Anordnung in Schlesien Spinnschulen errichtet. Mit besonderer Vorliebe war Friedrich auf die Einführung der Seideufabrikatiou bedacht. Er ließ überall Maulbeerbäume anpflanzen und zur Verbesserung der Zucht der Seibenraupen Familien aus Italien und Frankreich kommen, während er die Seidenfabrikation selbst durch Arbeiter, die er aus Lyon berief, zu fördern bestrebt war. Trotz dieser Bemühungen aber wollte diese Jnbustrie keinen rechten Aufschwung nehmen. Bessere Erfolge erzielte der König durch Anlegung einer Fabrik von baumwollenen Samtwaren. Auch die Klöppelei der Brabanter Spitzen, womit sich die Mädchen des großen Potsdamer Waisenhauses seit 1743 beschäftigten, wurde mit gutem Erfolge betrieben. Als in England die ersten Dampfmaschinen in Gebrauch kamen, ließ der König im Jahre 1774 die erste Spinnmaschine einführen. Große Aufmerksamkeit schenkte der König auch dem Bergbau und Hüttenwesen. Durch einen sächsischen Minister ließ er den ganzen Staat be-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Brandenburg Pommern Berlin Sachsen Schlesien Italien Frankreich Lyon England
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reisen, um unterirdische Schätze aufzusuchen. Namentlich erfuhren durch des Königs Bemühungen der Steinkohlenbergbau und das Eisenhüttenwesen in Schlesien einen bedeutenden Aufschwung, so daß nicht nur der Wohlstand des schlesischen Volkes sich mehrte, sondern auch die Einkünfte des Staates wesentlich erhöht wurden. In Eberswalde errichtete er auf eigene Kosten eine Eisen- und Stahlfabrik und ließ aus Suhl, wo diese
Industrie damals schon in hoher Blüte stand, hundert Familien von
Messer- und Scherenschmieden kommen. Um der Industrie seines Landes mehr Absatz zu verschaffen, verbot er fremde Fabrikate entweder ganz und gar oder belegte sie mit hohen Steuern.
Handel und Verkehr. Mit der Hebung der Gewerbthätigkeit stand die Förderung des Handels und Verkehrs in engster Beziehung. Fort und fort nahm Friedrich auf die Verbesserung der Landwege und Heerstraßen Bedacht. Der Bau von Kanälen, womit man schon nach dem
zweiten schlesischen Kriege begonnen hatte, wurde eifrig fortgesetzt. Nach
der Eroberung Westpreußens (S. u.) wurde 1772—1775 der Bromberger Kanal gegraben, durch welchen alle Flüsse zwischen Elbe und Weichsel in Verbindung gebracht wurden. Auch durch andere zweckmäßige Einrichtungen wurde der Handel in hohem Grade gefördert. Um den Kaufleuten bei augenblicklichen Verlegenheiten gegen geringen Zinsfuß Geld zu verschaffen, gründete der König in Berlin die Königliche Bank, welche durch Provinzialbanken ihre Thätigkeit bald auf alle Landesteile ausdehnte. Zur Hebung des Seehandels wurde die Seehandlungsgesellschaft ins Leben gerufen, welche zur festeren Begründung das Monopol des Salzhandels erhielt.
Heerwesen. Neben den ans die Förderung des Wohlstandes gerichteten Maßregeln wurde die Erhaltung eines kriegstüchtigen Heeres nicht versäumt, um jederzeit bereit zu sein, die mit so großen Opfern neu erworbenen Gebiete und die errungene Großmachtstellung Preußens zu verteidigen. Aus diesem Grunde wurde die Armee bis auf 200 000 Manu vermehrt und durch tüchtige Ausbildung stets in Kriegsbereitschaft gehalten. Die wenigsten Soldaten waren Landeskinder, die meisten Söldner, die in ganz Deutschland angeworben wurden. Indessen schwebte auch Friedrich dem Großen schon der Gedanke an eine allgemeine Heerespflicht vor, der aber erst später seine Verwirklichung sand. Die eigentliche Übungszeit der Soldaten, die zwar sehr streng, aber doch menschlich behandelt wurden, dauerte jährlich zwei Monate; die Inländer wurden während der übrigen Zeit beurlaubt. Alljährlich bereiste der König die einzelnen Provinzen und besichtigte die Truppen, um sich mit eigenen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Eberswalde Suhl Westpreußens Berlin Deutschland
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nach den Bedürfnissen der Zeit erhöht und Günstlinge des verstorbenen Königs, wenn sie nichts leisteten oder gar Schaden verursachten, entfernt oder auch mit Haft und Strafe belegt. Der Minister Wöllner, welcher durch sein Religionsedikt, das dem christlichen Glauben und der aus demselben hervorgehenden Frömmigkeit durch Zwangsmaßregeln aufhelfen sollte, sehr unbeliebt geworden war, wurde in Ungnade entlassen.
Sparsainkeit. — Um die unter seinem Vater entstandene Schuldenlast zu tilgen, war Friedrich Wilhelm Ii. bestrebt, auf allen Gebieten der Staatsverwaltung die größte Sparsamkeit walten zu lassen. Er selbst gab in dieser Beziehung das schönste Beispiel. Nach seiner Thronbesteigung bezog er mit seiner Gemahlin nicht das stattliche königliche Schloß zu Berlm, sondern begnügte sich mit dem einfachen, prunklosen Palais, das ihm schon als Kronprinz zur Wohnung gedient hatte und Zeuge seines ehelichen Glückes gewesen war. Er sagte: „Mein Großonkel (Friedrich H.) hat gesagt: »Ein tüchtiger Schatz ist die Stütze und Grundlage des preußischen Staates.« Nun haben wir aber nichts als Schulden. Ich will so sparsam sein, als es möglich ist. Der König wird mit den Einkünften der Kronprinzen anskommen müssen."
«schlicht und einfach, wie das Paar bisher gelebt, blieb es auch, nachdem Friedrich Wilhelm König geworden war. Als der Kammerdiener vor dem neuen Könige beide Flügelthüren zum Speisesaal aufriß, fragte derselbe: „Bin ich denn jetzt so dick geworden, daß eine Thür für mich zu eng ist?" Und als der Hofmarschall sich einen neuen Küchenzettel erbat, weil der Kronprinz nun König wäre, erhielt er zur Antwort: „Ob denn mein Magen größer geworden, nun ich König bin? Soll so bleiben, wie 's bis jetzt gewesen ist!" Nach wie vor gingen Friedrich Wilhelm und Luise, denen jede Steifheit im Umgange zuwider war, in Berlin ohne alles Gefolge Arm in Arm spazieren. 33or dem Weihnachtsfeste besuchten sie oft selbst den Christmarkt, kauften Spielsachen und Pfefferkuchen und beschenkten Kinder oder Mütter, die für ihre Kinder einkauften. Als sie bei einer solchen Gelegenheit — es war im Dezember 1797 — an eine Weihnachtsbude traten, um Einkäufe zu machen, wollte eine gewöhnliche Bürgersfrau ehrfurchtsvoll ihren Handel abbrechen, um dem Königspaare Platz zu machen. Die Königin aber sagte in ihrer leutseligen Weise: „Stehen bleiben, liebe Frau! Was würden die Verkäufer sagen, wenn wir ihnen die Käufer vertreiben würden!" Zugleich erkundigte sie sich teilnehmend nach den häuslichen Verhältnissen der Frau, und als sie erfuhr, daß dieselbe auch einen Knaben habe, der mit dem Kronprinzen gleichalterig fei, kaufte sie einige Spielsachen, welche sie der beglückten Mutter mit den Worten überreichte: „Nehmen Sie, liebe Frau, und bescheren Sie diese Kleinigkeiten Ihrem Kronprinzen im Namen des meinigen!"
Ordnung des Finanzwesens. — In den ersten Jahren seiner Regierung hat Friedrich Wilhelm mancherlei segensreiche Einrichtungen getroffen. Das von seinem Vater in den letzten Jahren wieder eingeführte Tabaksmonopol wurde für immer aufgehoben. Den hierdurch
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Die letzten Lebensjahre der Königin Luise.
In der Zeit der tiefsten Erniedrigung war die Königin Luise Preußens guter Engel. Wenn auch ihr Herz unter der Wucht der Schicksalsschläge tief gebeugt wurde, so richtete sich ihr erhabener Geist immer wieder auf, und während alle zu verzweifeln schienen, war es das ursprünglich so weiche Gemüt Luisens, welches fast allein den Mut und Den Glauben auf eine bessere Zukunft nicht verlor. Als der unglückliche Krieg mit Frankreich ausbrach, begleitete die Königin ihren Gemahl nach Thüringen, und erst am Tage vor der Schlacht bei Jena verließ sie auf Zureden des Königs, mit dem sie gern alle Gefahren geteilt hätte, das preußische Hauptquartier, um nach Berlin zurückzukehren. Noch vor den Thoren der Hauptstadt erreichte sie die Kunde von der verlorenen Schlacht. In aller Eile raffte sie die notwendigsten Sachen zusammen und floh mit ihren Kindern zunächst nach Stettin und dann nach Königsberg. In jenen Tagen des Verrats, wo eine Unglücksbotschaft die andere jagte, sprach sie zu ihren Kindern: „Ihr seht mich in Thränen; ich beweine den Untergang meines Hauses und den Verlust des Ruhmes, mit dem Eure Ahnen und ihre Generale den Stamm Hohenzollem gekrönt haben. Das Schicksal zerstört in einem Tage ein Gebäude, an dessen Erhöhung große Männer zwei Jahrhunderte hindurch gearbeitet haben. Ruft künftig, wenn Eure Mutter und Königin nicht mehr lebt, diese unglückliche Stunde in Euer Gedächtnis zurück, weint meinem Andenken Thränen, wie ich sie jetzt in diesem schrecklichen Augenblicke dem Umsturz meines Vaterlandes weine. Aber begnügt Euch nicht mit den Thränen, sondern handelt! Werdet Männer und geizet nach dem Ruhm großer Feldherren und Helden!" Auf der Flucht nach Preußen lernte die Königin das Elend und die Not in reichstem Maße kennen. Nicht nur die französischen Zeitungen und der Haß des übermütigen Siegers, sondern auch elende deutsche Lohnschreiber verfolgten die edle Frau mit den gemeinsten Schmähungen und Verleumdungen. Aber nicht genug damit; auf der in der rauhen Jahreszeit doppelt beschwerlichen Reise erkrankten ihre jüngsten Kinder, und sie selbst verfiel infolge der anstrengenden Reise und der Schicksalsschläge, die sie in rascher Folge trafen, in ein hitziges Nervenfieber, von dem sie jedoch in verhältnismäßig kurzer Zeit genas. Kaum wieder hergestellt, mußte sie in feuchter Winterkülte das von den Franzosen bedrohte Königsberg verlassen und nach Memel flüchten. In Betten gehüllt, wurde sie auf elenden Wagen fortgebracht und aus den Armen eines Dieners in ihre Wohnung getragen, da sie sich zum Gehen zu schwach fühlte und ein
Epstein. 12
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Extrahierte Personennamen: Luise_Preußens
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jena Berlin Stettin Königsberg Königsberg
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Napoleons Zug nach Rußland. Im Juni 1812 führte Napoleon ein gewaltiges Heer von 600000 Mann über die russische Grenze. Da Kaiser Alexander dieser ungeheuren Macht, welcher er nur 300 000 Mann entgegenstellen konnte, nicht zu widerstehen vermochte, so zog er sich mit seiner Armee in das Innere des Landes zurück, ließ alle Vorräte vernichten, Dörfer und Städte niederbrennen, so daß es den Franzosen in dem ohnehin schon öden Lande an Obdach und Lebensmitteln gebrach. Infolgedessen mehrte sich die Zahl der Kranken in bedrohlichem Maße. Napoleon aber drang mit dem Hauptheere unaufhaltsam vor, während die Preußen unter dem General Aork auf dem linken und die Österreicher auf dem rechten Flügel marschierten. Nach den Schlachten von Smolensk und Borodiuo, in welchen die Russen trotz verzweifelten Widerstandes geschlagen wurden, stand den Franzosen Moskau, die Hauptstadt des Zarenreiches, offen, in die sie am 14. September einzogen. Napoleon nahm Wohnung in dem ehrwürdigen Schlöffe der russischen Kaiser, dem Kreml. Aber in der folgenden Nacht brachen über seinem Haupte die Flammen aus. Die Russen hatten, nachdem die meisten Bewohner aus der Stadt geflüchtet und die Vorräte weggeschafft waren, in den mit Zündstoffen aller Art gefüllten Wohnungen selbst Feuer angelegt, um den Feind zu verderben. Nun brach ein furchtbares Strafgericht über dm übermütigen Sieger herein. Ohne Obdach und Lebensmittel, sah sich Napoleon, der 120 Meilen von seinen nächsten Hilfsquellen entfernt war, zum Rückzüge gezwungen, den er am 18. Oktober antrat. Inzwischen war der nordische Winter mit aller Strenge hereingebrochen. Die französischen Soldaten, von wilden Kosakenschwärmen Tag und Nacht beunruhigt, hatten keinen Schutz gegen die grimmige Kälte, keinen Bissen Brot, den nagenden Hunger zu stillen. Ermattet, krank, erstarrt sanken sie zu Tausenden in den Schnee. Wer von der Kälte oder dem Hunger verschont blieb, der fand seinen Tod durch die Lanzen der den fliehenden Scharen beständig folgenden Kosaken. Als das erschöpfte Heer in wilder Eile über die Beresina zog, brach die Brücke unter der Last des dichten Menschenknüuels zusammen, und Tausende fanden ihren Tod in den kalten Fluten; andere wurden von den Feinden niedergemacht oder gerieten in Gefangenschaft. Von der „großen Armee", die siegesbewußt nach Osten gezogen war, erreichte nur ein kleiner Haufen, zum Tode erschöpft, mit erfrorenen Gliedern, unter unsäglichen Leiden und Gefahren die preußische Grenze. Napoleon selbst war auf einem Schlitten den Seinen vorausgeeilt, um neue Streitkräfte zu sammeln.
Vertrag zu Tauroggen. Nach dem Untergange der französischen
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
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vollständig aufgeweicht hatten. Gegen 2 Uhr endlich erscheint er auf dem Kampfplatze, und nun geht es mit rasender Schnelligkeit von Mund zu Mund: „Der Kronprinz ist da!" „Die Ermattung ist vergessen, die Wunden brennen nicht, die alte Kraft durchströmt die Glieder all der Tausende, die dort unten im heißen Kampfe stehen und den Boden rings um sich mit Geschossen des Feindes pflastern sehen." Überall beginnt jetzt unaufhaltsam das Vordringen. Im Sturm nehmen die preußischen Garden die Höhen von Chlum, den Schlüssel der feindlichen Stellung, und nun ist der Kampf entschieden. In wirrem Knäuel stürmt die österreichische Armee der Elbe zu. König Wilhelm setzt sich selbst an die Spitze seiner Reiterei, um den fliehenden Feind zu verfolgen und den Sieg zu vollenden. Erst die sinkende Nacht machte der Verfolgung ein Ende, gegen 9 Uhr abends verstummte der letzte Kanonendonner. Die Österreicher verloren 38 000 Mann, darunter 18 000 Gefangene, 11 Fahnen und 174 Geschütze, während der Verlust der Preußen nur 10000 Mann betrug. Es war der glänzendste Sieg, den die Preußen ohne Bundesgenossen jemals errungen. Nicht allein die furchtbare Wirkung des Zündnadelgewehres hatte diesen gewaltigen Kampf, der in der Weltgeschichte einzig dasteht, entschieden, „es war noch viel mehr die hohe Bildung, Hingebung und Selbständigkeit des durch die allgemeine Wehrpflicht aus allen Ständen hier vereinten preußischen Volkes. Die so lange angefochtene Armee-Reorganisation des Königs hatte sich bewährt." Mit der Schlacht von Königgrätz odersadowa, wie sie von den Österreichern und dem Auslande genannt wird, war der Feldzug entschieden. Schon am Tage nach seiner Niederlage erbat Benedek einen Waffenstillstand, der jedoch nicht gewährt wurde. Die österreichische Armee zog sich nnch Olmütz zurück, um unter dem Schutze des dortigen befestigten Lagers sich wieder zu ordnen. Ihr folgte die preußische kronprinzliche Armee, während König Wilhelm mit den beiden anderen Armeeen den Marsch nach Wien antrat. Schon hatte man den Stephansturm und das Häusermeer der stolzen Kaiserstadt vor Augen, da gelang es den Bemühungen Napoleons, an den Österreich, das auch gleichzeitig gegen Italien kämpfte, Venetien abgetreten hatte, einen Waffenstillstand zu vermitteln, der am 26. Juli in Nikvlsburg abgeschlossen wurde.
Kämpfe der Mainarmee. Unterdessen hatte General Vogel von Fal(fettstein, der nach der Kapitulation der Hannoveraner bei Langensalza die preußischen Truppen zu der sogenannten „Mainarmee" vereinigte, gegen Österreichs Verbündete nicht minder glücklich gefochten. Durch geschickte Manöver war es ihm lange Zeit gelungen, eine Vereinigung
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Benedek Wilhelm Napoleons
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des 50000 Mann zählenden bayrischen Heeres mit der ebenso starken Bundesarmee, die aus württembergischen, badischen, hessischen und nassanischen Truppen zusammengesetzt war, zu verhindern. Nach einer Reihe siegreicher Kämpfe, wie bei Dermbach, Hammelburg und Kissingen, wurden die Bayern über den Main zurückgedrängt. Dann schlug Vogel von Falckenstein die Bundesarmee bei Aschaffenburg, besetzte die alte Bundesstadt Frankfurt a. M., sowie bald nachher Nassau und Oberhessen, so daß er dem Könige melden konnte: „Die Lander nördlich vom Main liegen Eurer Majestät zu Füßen". Als er kurze Zeit darauf zum General-Gouverneur von Böhmen berufen wurde, übernahm General von Manteuffel den Oberbefehl über die Mainarmee. Er schlug die Bundesarmee bei Wertheim und Tauberbischofsheim und drängte dann die Bayern nach einem hartnäckigen Gefechte bei Roßbrunn über den Main. Da bat auch Süddeutschland um Frieden.
Der Friede. Am 23. August 1866 kam der Friede zu Prag zustande. Österreich mußte die Auslösung des Deutschen Bundes an-
erkennen und seine Zustimmung geben zu einer Neugestaltung Deutschlands ohne seine Beteiligung; es trat seine Ansprüche auf Schleswig-Holstein an Preußen ab, verpflichtete sich zur Zahlung einer Kriegsentschädigung von 60 Millionen Mark und willigte in die Einverleibung von Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. in den preußischen Staat, sowie in die Abtretung Venetiens an Italien. Die süddeutschen Staaten mit Ausnahme von Bayern und Hessen, die einige Grenzstriche an Preußen abtreten mußten, behielten ihre Besitzungen, hatten aber einige Millionen Kriegskosten zu zahlen. Außerdem schlossen sie mit Preußen ein Schutz- und Trutzbündnis, durch welches sie für den Fall eines Krieges ihre Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen stellten. Sachsen, mit dem zuletzt, am 21. Oktober, Friede geschlossen wurde, trat dem Norddeutschen Bunde bei und verpflichtete sich zu einer Neubildung des sächsischen Heeres unter dem Oberbefehle des Königs von Preußen.
Durch die eroberten Länder erhielt Preußen einen Gebietszuwachs von 1308 Quadratmeilen mit 4285 700 Einwohnern, so daß es nun 6395 Quadratmeilen mit rund 24 Millionen Einwohnern zählte. Es besaß nunmehr ein bestimmt abgerundetes, fest verbundenes Ländergebiet und war die alleinige deutsche Großmacht geworden, der es beschieden sein sollte, Deutschland der lange ersehnten Einigung entgegenzuführen.
Der Norddeutsche Bund. Die nächste Folge des deutschen Krieges war die Errichtung des Norddeutschen Bundes, der sämtliche Staaten
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Extrahierte Personennamen: Manteuffel August
Extrahierte Ortsnamen: Dermbach Hammelburg Main Aschaffenburg Nassau Oberhessen Main Mainarmee Wertheim Tauberbischofsheim Main Deutschlands Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Hannover Kurhessen Nassau Frankfurt_a._M. Italien Hessen Sachsen Deutschland
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bildungsschulen, lobte die fleißigen und strebsamen Schüler und suchte sie durch mancherlei Mittel zu weiterem Fleiße anzuspornen. Ganz besondere Fürsorge widmete er der Schule in Bornstedt, von deren Leistungen er
sich gern persönlich überzeugte.
Als er einst die 3. Klasse derselben besucht hatte und eben noch einen Blick in die 1. Klasse thun wollte, erschien der Briefträger und brachte dem Lehrer eine Depesche, durch welche derselbe an das Sterbebett seiner hochbetagten Mutter gerufen wurde. Da trat der menschenfreundliche Kronprinz selbst in die Klasse, um den Unterricht fortzusetzen; den Lehrer aber veranlaßte er, schleunigst abzureisen, um seine teure Mutter womöglich noch am Leben zu treffen.
Wie seine erlauchte Mutter, so war auch der Kroupriuz Friedrich Wilhelm ein wahrer Freund der Armen und Notleidenden. Vor allem wandte er den Anstalten seine besondere Aufmerksamkeit zu, die dem edlen Bestreben, Not zu lindern und Thränen zu stillen, ihre Entstehung verdanken. Reiche Geldunterstützungen gewährte er dem Verein für häusliche Gesundheitspflege, den Ferienkolonieen, den Anstalten für Krankenpflege, und es galt ihm als die köstlichste Feier seiner silbernen Hochzeit, als ihm und seiner Gemahlin aus diesem Anlasse von dem deutschen Volke eine Festgabe von 800000 Mark zur Verwendung für wohlthätige Zwecke überwiesen wurde.
Krankheit.
Im rüstigsten Mannesalter wurde der Kronprinz, der Stolz und die Hoffnung des deutschen Volkes, von einer tückischen Krankheit heimgesucht. Schon auf der Reise, die er im Jahre 1883 nach Spanien unternahm, um dem dortigen Königshause einen Gegenbesuch abzustatten klagte er während seines Aufenthaltes in Madrid über Halsschmerzen, aber die eingetretene Heiserkeit verschwand wieder. Da stellte sich im Frühjahr 1887 von neuem eine heftige Heiserkeit ein, die trotz aller angewandten Mittel nicht weichen wollte. Der Kronprinz begab sich auf Anraten seiner Ärzte nach Bad Ems, von dessen Heilquellen er bezüglich seines Leidens die günstigste Wirkung erhoffte. Als er aber kurz nach Pfingsten in die deutsche Hauptstadt zurückkehrte, hatte sich die Heiserkeit zur völligen Tonlosigkeit der Stimme gesteigert. Er reiste daher auf den Rat des berühmten englischen Arztes Dr. Mackenzie in Begleitung der Kronprinzessin und seiner Töchter nach England, um hier ungestört der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben zu können und zugleich den behandelnden Arzt, dem er und seine Gemahlin das größste Vertrauen schenkten, in unmittelbarer Nähe zu haben. Aber auch der Aufenthalt in England Epstein. 18
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Extrahierte Ortsnamen: Bornstedt Spanien Madrid Bad_Ems England England_Epstein
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hatte nicht den gewünschten Erfolg; vielmehr war nach und nach eine Verschlimmerung des Leidens eingetreten. Deshalb ging der Kronprinz im Herbste na.ch Toblach in Tirol und siedelte dann nach San Remo an der Riviera über, um in der warmen Luft des Südens die erhoffte Genesung zu finden. Doch die bösartige Krankheit, die man schließlich als Kehlkopfkrebs erkannte, zehrte weiter an seinem Lebensmarke. Mit banger Erwartung sah das deutsche Volk jeder Nachricht über das Befinden seines Lieblings, für den die ganze gebildete Welt lebhafte Teilnahme und inniges Mitgefühl an den Tag legte, entgegen. Große Freude erfüllte aller Herzen, wenn man Anzeichen einer wieder auftretenden Hoffnung wahrzunehmen glaubte, und wiederum lastete ein schwerer Druck auf jeder deutschen Brust, wenn der Telegraph weniger tröstliche Nachrichten brachte. Endlich war die Krankheit so weit fortgeschritten, daß ein Luftröhrenschnitt und die Einführung einer silbernen Röhre nötig wurden, um dem hohen Kranken das Atmen zu erleichtern. Trotzdem nun der Kronprinz der Sprache beraubt war und nur noch durch Schreiben sich mit seiner Umgebung verständigen konnte, ertrug er mit einer wahren Heldengröße sein schweres Geschick. Seine Ärzte wußten nicht genug seine Geduld und Ausdauer zu rühmen.
Thronbesteigung und kurze Regierungszeit.
Am 9. März 1888 traf die erschütternde Kunde von dem Hinscheiden Kaiser Wilhelms I. in San Remo ein. Da hielt es den Schwerkranken, der nun deutscher Kaiser und König von Preußen geworden war, nicht länger auf fremdem Boden. Er raffte sich von seinem Krankenbette auf und trat trotz der gefahrdrohenden Kälte die Reise nach Deutschland an. Als ihn die Ärzte von der Ausführung dieser wegen seines schweren Leidens doppelt beschwerlichen Reise zurückzuhalten versuchten, entgegnete er: „Und wenn ich unterwegs sterben müßte, ich kehre doch
zurück!" Aus dem Bahnhöfe zu Leipzig, wo der Sonderzug, der den kaiser-
lichen Dulder in die Heimat bringen sollte, am 11. März abends anlangte, war das ganze preußische Staatsministerium versammelt. Ergreifend war das Wiedersehen mit dem Reichskanzler Fürsten Bismarck, der als erster den Salonwagen des Kaisers bestieg, um Seiner Majestät huldigenden Grnß zu entbieten und dann auf der Weiterfahrt Vortrag zu halten. Spät abends langte der kaiserliche Sonderzug auf dem Bahnhof
Westend bei Charlottenburg an, wo trotz des heftigen Schneegestöbers
eine zahllose Menge versammelt war, die den Kaiser ehrfurchtsvoll und freudig begrüßte. Der todkranke Herrscher nahm seine Residenz in dem
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