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sein Auge glanzlos und lauernd. Danton dagegen war eine furchtbar ge-
waltige Natur, die Kraft seiner leidenschaftlichen, donnernden Beredtsamkeit
beherrschte die Zuhörer. Marat, früher Arzt in Diensten des Grafen von
Artois, von abschreckender Häßlichkeit, cynisch in seinem Aeußern und seinen
Sitten, regte durch sein Journal „der Volksfreund" mit immer steigendem
Haß und Blutdurst den Pöbel zu Mord und Gewaltthaten auf. Dadurch
aber, daß der Jakobinerclub sich über ganz Frankreich verbreitete, und daß
die Clubs in den Provinzen mit dem der Hauptstadt in steter Verbindung
blieben, erlangte dieser sene Gewalt, die er mit so furchtbarem Terrorismus
gebraucht hat.
Was von der alten Verfassung noch übrig war, wurde nun mit rascher
und unbesonnener Gewalt umgestürzt. Die Güter der Geistlichkeit wurden
für ein Eigenthum der Nation erklärt, die alte Eintheilung des Königreichs
in Provinzen aufgehoben, und dafür das ganze Reich in 83 Departements
getheilt, eine Eintheilung, die noch jetzt besteht, und da durch die Aufhebung
fast aller bisherigen Steuern die Cassen sich in der äußersten Noth befanden,
so wurde ein Papiergeld geschaffen, Assignaten genannt. So nützlich eine
mäßige Summe von Papiergeld ist, weil dadurch der tägliche Geldverkehr
sehr erleichtert wird, so schädlich ist es, sobald so viel davon ausgegeben
wird, daß es nicht jeden Augenblick gegen klingendes Geld umgesetzt werden
kann. Der letztere Fall trat bald ein; denn die Männer, die in den ersten
Jahren der Revolution die größte Macht hatten, vermehrten es zu so unge-
heurer Menge, daß es nach und nach am Werthe verlor, und zuletzt fast gar
nichts mehr galt.
Die Auswanderungen nahmen immer mehr zu. Diese Emigrirten waren
meist Edellente, die mit den neuen Umänderungen unzufrieden waren, und
sich vorzüglich in Coblenz an den dorthin geflüchteten Grafen von Artois an-
schlossen. Sie suchten überall der Revolution Feinde zu erwecken, und hofften
durch Hülfe der fremden Fürsten einst siegreich in ihr Vaterland zurückkehren
zu können. Aber sie richteten wenig aus, denn überall im Auslande zeigte
sich eine große Vorliebe für die französische Revolution. Viele Schriftsteller,
getäuscht durch einzelne lobenswerthe Einrichtungen, priesen sie als eine äußerst
wohlthätige Erscheinung, und als den Anfang einer herrlichen Zeit. Wohl
ist eine schönere Zeit nachmals aus ihr hervorgegangen, aber wahrlich nicht
durch jene überspannten Menschen in Frankreich, sondern durch die Alles zum
Besten der Menschheit leitende göttliche Vorsehung, die sich auch der Thor-
heit und Verbrechen verblendeter Menschen bedient, um Gutes zu stiften.
Diese guten Folgen der Revolution waren damals noch weniger vorherzusehen,
als die entsetzlichen Greuelthaten, mit welchen sie sich befleckt hat. Durch
jene Lobpreiser verbreitete sich nun immer mehr ein Haß gegen die bevor-
rechteten Stände, und die Idee, daß das Volk gewisse Rechte habe, die ihm
die Fürsten nicht vorenthalten dürften. Auch hierbei zeigten sich die Deutschen
als die Vernünftigsten. Fast nirgends zeigten sich hier gewaltsame Auf-
lehnungen gegen die Obrigkeit, wogegen in Holland und England der revo-
lutionäre Geist kaum mit Waffengewalt niedergehalten werden konnte.
So endigte sich das erste Jahr der Revolution. Das Jahr 1790 brach
unter trüben Aussichten an. Der König, den es betrübte, daß man allge-
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Extrahierte Personennamen: Danton Artois
Extrahierte Ortsnamen: Artois Frankreich Coblenz Frankreich Holland England
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herrschen zu können. Der König wußte recht gut, daß dieser Tumult am 5.
October stattfinden sollte. Man redete ihm zu, eilig nach Metz zu entfliehen,
und dort sich an die Spitze der Truppen zu stellen; aber er war nicht zu
bewegen, von seinem Posten zu weichen. Orleans hatte an den ausgestreuten
Verleumdungen nicht genug; er ließ durch seine Leute die nach Paris fah-
renden Kornwagen aufhalten, und als nun Brotmangel in der Stadt ent-
stand, sprengte er aus, der König wolle Paris aushungern. Schon am 4.
October wurden in Paris Geld und Waffen ausgetheilt. Volksredner und
Rednerinnen hielten im Garten des Palais Royal von Tischen herab Reden
an das Volk, und forderten es auf, am folgenden Tage nach Versailles zu
ziehen, um den König und die Königin zu fragen, woher der Brotmangel
entstanden sei.
Als der 5. October (1789) anbrach, war ganz Paris in unruhiger
Bewegung. Männer in Frauenskleidern und betrunkene Weiber, unter denen
sich die Fischweiber (die sogenannten Damen der Halle) auszeichneten, zogen
schreiend durch die Straßen, und rissen Alle, die ihnen begegneten, mit sich.
Die Sturmglocken läuteten, die Trommeln wirbelten. Alles strömte nach
dem Greveplatze, auf welchem das Stadthaus steht, und schrie laut nach
Brot. Die Nationalgarde, die Ordnung hätte stiften sollen, weigerte sich,
die Waffen gegen den tobenden Haufen zu gebrauchen. Einige stürmten das
Stadthaus, drohten den ganzen Bürgerrath an die Laternen zu hängen, und
plünderten die Cassen und Waffenmagazine. Endlich stellte sich Maillard,
ein Kerl in einem abgeschabten schwarzen Kleide, der schon bei der Erstür-
mung der Bastille voran gewesen war, an die Spitze des Haufens, und
führte ihn nach Versailles ab. — Gleich darauf füllte sich der Greveplatz
aufs Neue. Die französische Garde, die längst von Orleans und Mirabeau
dem Könige untreu gemacht worden war, marschirte auf. Nationalgardisten,
Pöbel, Weiber, Meuchelmörder, Leute von jedem Schlage drängten sich da-
zwischen, Alle erfüllt vom Durste nach Mordthaten, wenigstens nach Gewalt-
thätigkeiten. Mehr als 40,000 Menschen schrieen: „Nach Versailles! nach
Versailles!" Der Marquis de la Fayette, derselbe, der an dem ameri-
kanischen Freiheitskriege so thätig Antheil genommen hatte, jetzt Befehlshaber
der Nationalgarde, sollte sie führen. Lange weigerte er sich, und machte
ihnen Vorstellungen; endlich setzten die Garden ihm die Bajonette auf die
Brust, wenn er sich nicht augenblicklich an ihre Spitze stellte. Er mußte
gehorchen, und um 5 Uhr Abends brach auch dieser Haufen, trotz eines hef-
tigen Regenschauers, mit 22 Kanonen unter wildem Freudengeschrei nach
Versailles auf.
Der König war auf diesen Besuch so wenig vorbereitet, daß er sich
auf der Jagd befand, von der er eilig zurückgerufen wurde, als um Mittag
die erste Nachricht vom Anzuge der Weiber nach Versailles kam. Um vier
Uhr stürzten diese nach dem Saale der Nationalversammlung. Maillard
und 12 Weiber wurden eingelassen, und schrieen laut nach Brot. Die Ver-
sammlung suchte sie zu beruhigen, und der Präsident führte sie zum Könige
ins Schloß. Dieser gab ihnen die besten Versprechungen; ja, er umarmte
sogar eines der Weiber, weil sie ihm sonst nicht glauben wollten. Den
Soldaten hatte Ludwig ausdrücklich jeden Gebrauch der Waffen verboten;
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Extrahierte Personennamen: Maillard Maillard Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Versailles Paris Versailles Versailles Versailles Versailles
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man für einen Louisd'or Metallgeld einige Tausend Franken in Assignaten
erhalten konnte. Woher nun Geld nehmen? Zwar ließen die Directoren ein
neues Papiergeld ansertigen, aber dies wollten die Leute eben so wenig an-
nehmen, und schon wußten jene nicht, was sie anfangen sollten, als glücklicher
Weise — Bouaparte half. Die andern Heerführer hatten, wie schon erzählt,
den Deutschen, er aber ganz besonders den Italienern so starke Contributio-
nen aufgelegt, daß von diesen Summen allein die Regierungsausgaben in
Frankreich bestritten werden konnten, und so hat er es nachher immer ge-
halten: was Frankreich gebrauchte, mußte das Ausland liefern. Dadurch
wurde nun freilich der Regierung geholfen, aber nicht den armen Untertha-
nen. Wer sein Bermögen aus der Revolution noch gerettet hatte, besonders
eine Menge von Waisen, sah sich plötzlich durch das Fallen der Assignaten
an den Bettelstab gebracht. Ihr baares Geld hatten sie hergeben müssen,
und hatten dafür Papier bekommen, welches nichts mehr galt. Allerdings
ein großes — großes Unglück! Wie tief griff das' nicht in das Glück der
Familien ein!
Was die Directoren noch verhaßter machte, war, daß sie am 4. Sep-
tember 1797 plötzlich eine Menge meist recht geachteter Männer, die ihren
herrschsüchtigen Planen im Wege waren, und sich nicht undeutlich hatten
merken lassen, daß sie eine Rückkehr der Ausgewanderten und eine Herstel-
lung des Königthums wünschten, gefangen nehmen ließen, und nach den un-
gesunden Sümpfen von Cayenne deportirten. Darunter war selbst einer der
Directoren (Barthelemy; der andere, Carnot, war entflohen), auch der
wackre Pichegru, der aber nachher aus Cayenne entkam, nach England ging,
und späterhin noch einmal, wie unten erzählt werden wird, in Frankreich
austrat. Das Bolk sah dem Allen gleichgültig zu; denn es war der ewigen
Unruhen so überdrüssig, daß es sich jetzt Alles gefallen ließ.
So elend nun auch die französische Verfassung war, so wollten doch
seine Machthaber dieselbe auch andern Nationen aufdringen. Holland war
das erste Land, welches damit beglückt wurde, und den Namen der bata-
vischen Republik annehmen mußte. Die ehemaligen östreichischen Be-
sitzungen in Italien, wozu noch die Länder einiger kleinen Fürsten Oberita-
liens geschlagen wurden, erhielten unter dem Namen der cisalpinischen
Republik die französische Verfassung, und selbst die kleine Republik Ge-
nua wurde umgeformt, und die ligurische Republik genannt.
Während dieser mannigfachen Veränderungen fiel in Preußen ein Re-
gentenwechsel vor. Friedrich Wilhelm Ii. starb am 16. November 1797;
sein Sohn, Friedrich Wilhelm Iii., bestieg den Thron, und verrieth
gleich durch seine ersten Maßregeln seinen ernsten und festen Willen, sein
Volk recht glücklich zu machen. Noch oft werden wir bei der Geschichte der
folgenden Jahre auf diesen rechtlichgesinnten König zurückkommen.
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Extrahierte Personennamen: Pichegru Bolk Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich England Frankreich Holland Italien
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aber hob den Bürger- und Bauernstand empor, indem er den Erwerb von
Grundeigenthum Jedem, auch den Bürgerlichen frei gab, der Erbunterthänig-
keit des Landvolkes ein Ende machte und eine freie, den Bürgersinn weckende
Städteordnung verlieh. Was in andern Ländern nur der Erfolg gewaltsamer
Umwälzungen war, hat Preußen in den Tagen seiner Demüthigung durch
Kraft und Hochsinn seiner Regierung friedlich vollbracht. Auch nachdem Stein
auf Napoleons Geheiß als Minister entlassen werden mußte, wirkte der Staats-
kanzler von Hardenberg in seinem Sinne fort.
117. Eroberung von Portugal, Spanien, Hetrurien und Rom
1807 und 1808.
(Christian Vii. von Dänemark. Bombardement von Kopenhagen durch die englische Flotte
2. Sept. 1807. — Flucht des portugiesischen Hoses nach Brasilien. Besetzung von
Lissabon durch Junot 1. Dec. 1807. — Spanische Angelegenheiten. Karl Iv. 1788—
1808. Friedensfürst Godoy und Prinz Ferdinand von Asturien 29. Oct. 1807. Unruhen
in Aranjuez 18. März 1808. Ferdinand Vii. König. Congreß in Bayonne. Entsagung
Karls Iv. und Ferdinands 6. Mai 1808. Joseph König von Spanien, Murat von
Neapel. Krieg in Spanien 1808—1813. Belagerung von Saragossa 1809. Wellesley
(Wellington) in Spanien. Abführung des Papstes Pius Vii. 6. Juli 1809 aus Nom.)
Ein Staat, den wir bisher wenig zu erwähnen Gelegenheit hatten,
Dänemark, hatte an den großen Begebenheiten der letztern Jahre keinen
Antheil genommen. Der König Christian Vii.*) war seit lange seines
Verstandes beraubt, eine Folge seiner jugendlichen Ausschweifungen; sein Sohn,
der Kronprinz (der nachherige [ 1808 —1839] König Friedrich Vi.), regierte
für ihn, und erhielt seinem Lande den Frieden. Aber auch er sollte endlich
in das allgemeine Verderben mit hineingezogen werden. Napoleon hatte in
seinem Haß gegen England vom Kronprinzen verlangt, daß er den englischen
Schiffen seine Häfen verschließen sollte. Das wurde aber abgeschlagen, weil
das an vielen sehr nöthigen Dingen arme Dänemark ohne den Handel mit
England schwer bestehen konnte. Darüber ergrimmte der Kaiser, und-äußerte:
„Dieser kleine Fürst möge sich in Acht nehmen." Nach dem Frieden von
Tilsit verlautete, daß er gesonnen sei, Holstein zu besetzen und die dänische
Flotte mit Gewalt wegzunehmen, um sie gegen England zu gebrauchen. So-
bald dies in England ruchbar wurde, beschloß man ihm zuvorzukommen, und
die Flotte in Sicherheit zu bringen. Von dem Allen ahnte man in Dänemark
nichts. Erst als sich eine ansehnliche englische Kriegsstotte in der Nähe von
Kopenhagen sammelte, wurde man aufmerksam, und endlich erschien ein eng-
lischer Gesunder, und' verlangte, daß Dänemark entweder mit England ein
Bündniß schließen, oder die Flotte bis zum Frieden in einen englischen Hasen
in Sicherheit bringen müßte. Diese Forderung wurde vom Kronprinzen mit
Unwillen verworfen, und das ganze Volk stimmte ein. Wetteifernd griffen in
Seeland, besonders in Kopenhagen, da es an Soldaten fehlte, Bürger, Kauf-
leute, Studenten, Bauern zu den Waffen, um jeden Angriff abzutreiben.
Nun aber eröfsneten die Engländer 2. September 180/ von der Land- und
*) Auf Friedrich Iv. war Christian Vi. (1730 — 1746), auf diesen Friedrich V.
1746—1766) gefolgt. Dessen Sohn war Christian Vii. 176b—1808.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons_Geheiß Napoleons Hardenberg Christian_Vii Karl_Iv Karl Friedensfürst_Godoy Ferdinand Ferdinand Karls Ferdinands Joseph_König Murat_von
Neapel Christian_Vii Friedrich_Vi Friedrich Napoleon Friedrich_Iv Friedrich Christian_Vi Friedrich_V. Friedrich_V. Christian_Vii
Extrahierte Ortsnamen: Bürger- Portugal Spanien Rom Kopenhagen Brasilien Lissabon Asturien Aranjuez Bayonne Karls Ferdinands Spanien Spanien Saragossa Wellesley Wellington Spanien Dänemark England England Holstein England England Dänemark Kopenhagen England Seeland Kopenhagen
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will ich meinen Geist aufgeben." Auch ließ er sich nicht die Augen verbinden,
und commandirte selbst: „Gebt Feuer!" Kaiser Franz hat nachmals sowohl
seine Familie, als den braven Speckbacher, der nur durch seine Geistesgegen-
wart entkam, im Oestreichischen versorgt.*)
So war also abermals so vieles Menschenblut vergebens geflossen, um
Europa von den Anmaßungen Napoleons zu befreien, und wohl konnte man
es den Gutgesinnten nicht verargen, wenn sie an der Hoffnung verzweifelten,
bessere Zeiten zu erleben. Aber so pflegt es die göttliche Vorsehung zu
machen: will sie die Menschen in einen glücklichern Zustand führen, so läßt
sie es erst recht arg werden, damit sie das Glück der bürgerlichen Ruhe er-
kennen, sich mit vollem Vertrauen an Gott halten, und die schlummernden
Kräfte Hervorrufen und üben. Dann kommt sie mit ihrer Hülfe, ehe wir es
denken, wenn es die rechte Zeit dazu ist; vorher aber scheitern alle mensch-
liche Entwürfe. Gerade so war es auch bei der Reformation; Wickliffe's,
Huß's und anderer wackern Männer Bemühungen scheiterten, bis es Luther,
Melanchthon, Zwingli und Calvin gelang, weil es da der Wille der Vor-
sehung war.
120. Schweden.
(Gustav Iv. Adolph von Schweden 1792—1809. Krieg gegen Frankreich, Rußland und
Dänemark. Gefangennehmung des Königs 13. März 1809. Karl Xiii. 1809—1818.
Frieden in Friedrichsham 17. Sept. 1809. Thronfolger von Schweden Prinz von Hol-
stein-Sonderburg-Augustenburg, dann Bernadotte Fürst von Pontecorvo. Karl Johann
1818. Oskar 1844.)
Nachdem Gustav Iii., König von Schweden, 1792 von Ankerström er-
mordet worden war, bestieg sein Sohn Gustav Iv. Adolph den Thron,
ein Mann, der alle Fehler Karls Xii. hatte, ohne dessen Beharrlichkeit und
Kraft zu besitzen. Aber eigenwillig, durchgreifend, herrisch und für seine An-
*) Speckbacher, der auch geächtet war, irrte lange von Berg zu Berg umher; einmal
blieb er vier Tage lang ohne Speise. Als er glaubte, daß man ihn weniger eifrig fnche,
begab er sich eines Tages zu seiner Frau, die sich in einer abgelegenen Hütte unerkannt
bei guten Freunden aufhielt. Aber kaum saß er hier einen Augenblick, so rief das Kind
des Hauses hinein: „Es kommen Baiern!" Eben will er aus der Hinterthüre entsprin-
gen, als er schon das Geräusch von Flintenkolben hört, welche die Soldaten vor der
Thüre auf die Erde setzen. Er fliegt nach der Vorderthüre; aber hier sieht er eben sieben
Mann von dem Berge herab ihm entgegenkvmmen. Doch die Geistesgegenwart verläßt
ihn nicht. Er ergreift einen kleinen Schlitten, der an der Schwelle liegt, wirft ihn, als
wäre er ein Knecht des Hauses, auf die Schultern, und geht damit den Soldaten, als
wolle er Holz aus dem Walde holen, getrost entgegen. Die Baiern rufen ihm zu, ihnen
aus dem Wege zu gehen; er aber erwiederte ihnen keck, das sei ihre Pflicht; er habe noch
drei Lasten Holz nach Hause zu fahren, und so entkommt dr in den Wald. — Nachmals
lebte er in einer Höhle, ganz mit Schnee bedeckt, unter den größten Entbehrungen. Hier
verrenkte er sich'einst die Hüfte; mit Mühe kroch er nach seiner Wohnung, wo ihm der
treue Knecht unter den Dielen des Stalles ein Lager bereitete, in welchem er, mit Mist
und Stroh bedeckt, kaum athmen konnte. Hier lag er fast sieben Wochen verscharrt; nur
der Knecht kannte seinen Aufenthalt, und speiste ihn täglich. Oft gingen Baiern, ihn
suchend, über ihn hinweg. Als seine Frau nun hörte, wo er so lange gewesen, weinte
sie überlaut. Nachdem er sich etwas erholt hatte, floh er über die Gebirge, ohne Rast,
weil ihn die Kälte nicht lange ruhen ließ, bis er endlich Oestreich erreichte.
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Napoleons Melanchthon Zwingli Calvin Gustav_Iv Gustav Adolph_von_Schweden Karl_Xiii Karl Bernadotte_Fürst_von_Pontecorvo Karl Johann Gustav_Iii Gustav Ankerström Gustav_Iv Gustav Adolph Karls Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Oestreichischen Europa Napoleons Schweden Frankreich Friedrichsham Schweden Schweden Karls
106
sicht eingenommen war er wie dieser. Eine Leidenschaft bewegte ihn vor allen:
ein wüthender Haß gegen Napoleon. Darum hatte er auch 1806 ihm den
Krieg erklärt, während Preußen gegen Frankreich so unglücklich kämpfte. Aber
er sing Alles verkehrt an; so lange die preußischen und russischen Heere noch
im Felde standen, führte er gegen die französischen Truppen den Krieg in
Pommern lau, und schloß endlich gar einen Waffenstillstand, und als endlich
der Frieden in Tilsit geschlossen war. kündigte er den Stillstand auf, und er-
neuerte den Krieg, er, der schwache Schwedenkönig gegen die ungeheure Macht
Napoleons. Dieser verachtete natürlich den kleinen Feind, machte sich über
dessen Thorheit lustig, und dies brachte den leidenschaftlichen König immer
mehr auf. Die Folge des unklugen Kriegs war, daß die Franzosen Schwe-
disch-Pommern und die Insel Rügen Wegnahmen. Um aber die Thorheit
voll zu machen, beleidigte er auch den Kaiser Alexander, indem er demselben
den russischen Andreasorden zurückschickte, und andere Thorheiten beging, und
ein russisches Heer rückte 1808 in Finnland ein. Schnell wurde diese Pro-
vinz erobert, während auch Dänemark den Krieg erklärte. Statt nun wenig-
stens einzulenken, und den Frieden durch einige Opfer zu erkaufen, machte
das Unglück den verblendeten König immer unbesonnener. Er wüthete gegen
seine Soldaten, weil sie ihm Finnland nicht wieder erobern konnten, und ließ
namentlich die Garden seinen ganzen Zorn fühlen. Der König von England
schickte ihm 10,000 Mann Hülsstruppen; Gustav Adolph verlangte, daß sie
unter seinem Befehle stehen sollten, und da König Georg das nicht zugeben
wollte, gerieth er so in Zorn, daß er den englischen Befehlshaber wollte ge-
fangen nehmen lassen. Geschwind eilte dieser wieder auf seine Schiffe, und
segelte mit dem ganzen Hülfsheere davon.
Bei solchem Betragen konnte es nicht fehlen, daß seine Unterthanen
äußerst unzufrieden waren. Nicht nur hatte die Unklugheit des Königs das
Reich um eine schöne Provinz gebracht, sondern auch die Staatsgelder wurden
durch den Krieg verschleudert, und eine Menge Landeskinder nutzlos aufge-
opfert. Die Schweden sahen immer mehr ein, daß der König zur Regierung
ganz unfähig sei, und besonders in den beiden Heeren, die gegen Finnland
und gegen Norwegen im Felde standen, hatte die Unzufriedenheit den höchsten
Grad erreicht. Biele vom Adel traten in eine Verschwörung zusammen.
Zuerst erklärte sich das an der norwegischen Gränze stehende Heer gegen den
König, und setzte sich, von Adlerspar re geführt, gegen Stockholm in Be-
wegung. Als der König den Vorgang erfuhr, wollte er mit einigen treuen Re-
gimentern den Rebellen entgegengehen, verlangte aber vorher zwei Millionen aus
der Bank, und als die Vorsteher derselben dies verweigerten, weil sie das
gegen die Reichsstände nicht verantworten könnten, so befahl er der Bürger-
wache, das Geld mit Gewalt zu nehmen. Länger glaubten die Verschworenen
den Unfug nicht dulden zu können. Am 13. März 1809 begaben sich Feld-
marschall Klingspor und General Adlerkreuz zu ihm, und machten
Vorstellungen gegen seine Abreise und gegen seine verkehrten Maßregeln.
Obgleich Klingspor ihn auf den Knieen beschwor, wurde er doch so aufge-
bracht, daß er ihn und den General Adlerkreuz mit Schimpfwörtern aus der
Thüre trieb. Dieser kam aber bald mit einigen Offizieren zurück, und er-
klärte dem Könige, er müsse ihn, da alle Vorstellungen vergebens wären, im
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Alexander Alexander Gustav_Adolph Gustav Georg Adlerspar Klingspor Klingspor
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Pommern Napoleons Finnland Finnland England Finnland Norwegen Stockholm
208
Eine Synode setzte 1833 die Unabhängigkeit der griechischen Kirche sest und
hob die bisherige Unterordnung unter den Patriarchen von Constantinopel
auf. Die Regierung verlegte Ende 1834 ihren Sitz von Nauplia nach
Athen.
Am 1. Juni 1835 übernahm der König selbst die Zügel der Regierung
und erließ eine herzliche Anrede an sein Volk. Graf Armansperg blieb bis
1837 der Rathgeber des jungen Monarchen. Die für die Wohlfahrt des
Landes zweckmäßigen Einrichtungen wurden fortgesetzt; namentlich ist die
Sorge für Volksbildung durch verschiedene Schulanstalten und das Dotations-
gesetz zu erwähnen. Letzteres gewährte jedem Familienhaupte das Recht, bis
zur Höhe von 2000 Drachmen (500 Thaler) Nationalgut zu erwerben. Da-
durch wurde es möglich, daß viele Eigenthumslose einen Besitz erhielten und
mit demselben ein Interesse an geordneten Zuständen gewannen. Der Staat
hob sich sichtlich; die Einwohnerzahl Athens stieg z. B. in den ersten vier
Jahren von 7000 auf 18000; die Staatseinnahmen wuchsen von 7 Mill.
Drachmen aus 16 Millionen. Ein lebhafter Wechselverkehr zwischen Baiern
und Griechenland wurde durch gegenseitige Besuche unterhalten und 1837
vermählte sich König Otto mit der Prinzessin Amalie von Oldenburg.
Allein trotz manchem Gelungenen und günstig sich Entwickelnden waren
die öffentlichen Zustände doch keinesweges beruhigt und gesichert. Die Re-
gierung selbst wurde namentlich durch dringende Geldnoth in der Ausführung
der nöthigen Einrichtungen gehemmt und geschwächt. Noch reichten die Staats-
einnahmen nicht zur Deckung der Ausgaben. Ein bedeutender Theil der
erwähnten Anleihe hatte bei der nach der Wahl König Otto's durch die
Pforte gebilligten .Gränzbestimmung als Entschädigung gezahlt werden müssen,
und das letzte Drittheil der Anleihe verzögerte England, weil noch immer die
dem Lande verheißene Verfassung nicht gegeben sei. Auch das Volk selbst
wünschte die Erfüllung dieser Zusage. Ganz besonders aber wurde das
Mißvergnügen der Griechen durch den Druck und den Eigennutz der fremden
Beamten aufgeregt. Mancher Abenteurer war nach Griechenland gekommen,
um sich dort zu bereichern oder durch ein Amt sich zu versorgen, und der
Widerwille der Griechen traf dann den Schuldigen wie den Wohlmeinenden.
Ueberhaupt fühlte sich der Nationalstolz verletzt, daß nach der Erlangung der
Freiheit nun die Ehre und Macht der öffentlichen Stellen meist in Händen
der Fremden war, daß bei der Begründung der Zustände die Nation selbst
sich so wenig betheiligen durfte. Die unregelmäßigen Truppen des Befrei-
ungskrieges und ihre Häuptlinge, kräftige, aber undisciplinirte Schaaren,
vermehrten die Zahl der Unzufriedenen, da sie nicht die Berücksichtigung fanden,
welche sie erwarteten. Zu allen diesen Schwierigkeiten und Parteiungen kam
nun noch die Bevormundung des jungen Staates durch die drei Schutzmächte,
welche, die Beschwerden des Nationalgefühles vermehrend, um so übler wirkte,
da die Gesandten der Mächte für Erreichung ihrer besonderen Zwecke unter-
und gegeneinander intriguirten.
Die Regierung schien über die im Lande verbreitete Unzufriedenheit hin-
wegzugehen. Km Anfang September 1843 richteten die Mächte eine Note
an das griechische Ministerium, worin zur Verleihung einer Verfassung und
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Otto Amalie_von_Oldenburg
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Athen Armansperg Athens Baiern Griechenland England Griechenland
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hatten, weitet vorzurücken. Auch machte der Tscherkessen-Häuptling Schamyl
im August einen verwüstenden Einfall in die Gegend von Tiflis. Dorthin
zog sich also auch die russische Armee zurück. —
Eine zweite Neben-Partie war die Expedition nach dem weißen Meere.
Drei Schiffe mit 55 Kanonen gingen dahin ab, um jene friedlichen, öden
Gegenden mit Schrecken und Verwüstung zu erfüllen. Archangel fand sich
unzugänglich, also erschien das Geschwader in der Onegabai, machte einige
Landungen und zerstörte die Magazine. Dann ging es vor die Hauptstadt
des russischen Lapplands, Kola am Kolafluß. Als der Gouverneur die Auf-
forderung, sich zu ergeben, zurückwies, wurde die Stadt mit glühenden Kugeln
in Brand geschossen. Im September kehrte die Expedition zurück.
Endlich führt uns der Faden unserer Erzählung in das unwirthbare
Kamtschatka. Drei englische Schiffe mit 36 Kanonen, und drei französische
mit 102 Kanonen, segelten von den Sandwich-Inseln ab, und kamen am
28. August vor Petropaulowsk. Am 30. und 31. erfolgte die Beschießung
der vor der Stadt liegenden Userbatterien; am 4 September versuchte man
einen Angriff auf die von der Seeseite schwer zugängliche Stadt. Die Eng-
länder und Franzosen erlitteir aber aus einem ihnen sehr ungünstigen Terrain
den Verlust eines Dritttheils ihrer gelandeten Mannschaft, und erreichten ihre
Absicht nicht. Ueberhaupt mußte der Zweck der Expedition, der auf Vernich-
tung der russischen Seemacht im stillen Meere gerichtet gewesen, vereitelt er-
scheinen, als man die Flottille nicht bei Petropaulowsk fand. Sie befand sich
an der Mündung des Amur. Die verbündeten Schiffe segelten am 7. Sep-
tember wieder von Kamtschatka ab. —
Unsere Erzählung wendet sich wieder zu dein Schauplatz der Entscheidung
dieses Krieges. Während der Winter und die Krankheiten den Kampf vor
Sebastopol fesselten, hatte Oestreich am 2. Deeember 1853 ein Bündniß mit
Frankreich und England geschlossen, durch welches jener Kaiserstaat zwar noch
nicht an dem Kriege activ theilnahm, aber die Donaufürstenthümer gegen die
Rückkehr der Russen zu schützen versprach, und überhaupt die Wichtigkeit seiner
Stellung zwischen den kriegführenden Mächten befestigte. Auch der König
von Sardinien, Victor Emanuel, dessen vordringende Politik in Italien der
Annäherung Oestreichs an die Westmächte zuvor kommen wollte, verhandelte
mit denselben, und schloß am 4 März 1855 sein Bündniß mit Frankreich
und England ab, und versprach, 15,000 Mann zum Kriege zu stellen. Noch
ehe dieser Vertrag vollzogen wurde, trat ein unerwartetes, großes Ereigniß
in den Lauf dieser Begebenheiten. Kaiser Nikolaus von Rußland erkrankte
im Februar 1855 an der Grippe. Die Erschütterungen seines Gemüthes
durch das Zusammenbrechen seiner Pläne, die Aufregung, mit welcher der ge-
ringe Erfolg seiner Waffen ihn ergriff, wirkten auf seinen körperlichen Zustand
zurück, um so mehr, da das energische Wesen des Kaisers sich zu spät dem
Rath der Aerzte fügte. Die Krankheit nahm bald einen gefährlichen Charakter
an; der Kaiser verschied am 2. März 1855. Ihm folgte sein Sohn Alexan-
der Ii. Noch in den letzten Tagen seines Lebens hatte der abgeschiedene
Monarch eine allgemeine Volksbewaffnung anbefohlen, und dem Fürsten Gor-
tfchakow an der Stelle Mentschikows den Oberbefehl in der Krim übertragen.
Nöff. Wettgesch. 4. Th.
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Extrahierte Personennamen: August August Oestreich Victor_Emanuel Nikolaus_von_Rußland Nikolaus März Wettgesch
Extrahierte Ortsnamen: Tiflis Onegabai Kolafluß Kamtschatka Petropaulowsk Kamtschatka Frankreich England Sardinien Italien Frankreich England
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fand sich in großer Geldnoth. Die Kriege Ludwigs Xiv. und seine kost-
baren Bauten hatten große Summen gekostet, und den Staat in Schulden
gestürzt. Ludwig Xv. hatte noch schlechter gewirthschaftet, und mit vollen
Händen die öffentlichen Gelder unter seine Günstlinge ausgetheilt. Sein
Enkel Ludwig Xvi., der 1774 den Thron bestiegen hatte, war zwar ein
höchst braver und gutmeinender Mann, aber es fehlte ihm an Erfahrung,
Thätigkeit und Selbstvertrauen, und darum verließ er sich zu sehr auf das,
was ihm die Minister sagten. Frei von allem Stolz, war er kein Freund
von äußerlichem Prunke; aber so viele Ehre ihm dies auch machte, so ver-
lor er dadurch das so nöthige Ansehen bei den Franzosen, welche ihren
König nicht anders als in königlicher Majestät zu sehen gewohnt waren.
Seine Gemahlin, Maria Antoinette, eine Tochter der Kaiserin Maria
Theresia, war anfangs ihrer großen Liebenswürdigkeit wegen von den Fran-
zosen angebetet worden; aber sie war vergnügungssüchtig, vermied zu wenig
den bösen Schein, und das Volk glaubte den Verleumdungen, welche der
Herzog von Orleans, ein Seitenverwandter der königlichen Familie, über sie
ausstreute. Dieser Herzog war einer der bösesten Menschen, die je gelebt
haben, und da die Königin ihm unverholen ihren Abscheu gezeigt hatte, so
haßte er sie aus dem Grunde seines Herzens, und suchte sich dadurch an ihr
zu rächen, daß er die schlechtesten Handlungen von ihr erzählte, die ihr zu
thun nicht eingefallen waren. Dadurch verlor sie die Achtung und die Liebe
ihrer Unterthanen.*) Ebenso wenig waren die Brüder des Königs, die
Grafen von Provence und von Artois, beliebt. Jener war zwar
ein Mann von gutem Herzen und richtigem Verstände, aber er hatte nicht
die Gabe, zu glänzen, und das verlangten die Franzosen von ihrem Königs-
stamme. Artois aber war schwelgerisch und lasterhaft, und trieb eine unsin-
nige Verschwendung.
Vor Allem aber erregte die große Schuldenlast der Regierung das
Murren des Volks. Trotz der schweren Auslagen reichten die Staatsein-
künfte doch nicht zu den Ausgaben hin, weil die zu zahlenden Interessen den
größten Theil jener verschlangen, und der Hof — nicht der gute König,
welcher der einfachste Mann am Hofe war — die. unsinnigste Verschwendung
trieb. Der König, der zu glauben schien^ daß die Schuld nur am Finanz-
minister liege, ernannte bald diesen, bald jenen zu dieser wichtigen Stelle;
aber keiner konnte Rctth schaffen, und einer derselben (Calonne) vermehrte
gar die Schuldenlast während seiner dreijährigen Verwaltung um 1000 Mil-
*) Wie verhaßt die Königin war, zeigte sich bei der berüchtigten Halsband-Geschichte.
Die Königin hatte den Ankauf eines kostbaren Halsschmuckes wegen seines hohen Preises
zurüögewiesen. Nun hatte zu derselben Zeit der Cardinal Rohan die Gunst bei Hofe
verloren. Eine Hofdame, die Gräfin Lamotte, wußte durch List, Gaukeleien und frechen
Betrug (die Person der Königin wurde durch eine niedrige Weibsperson dargestellt) den
Cardinal zum Ankauf des Schmuckes zu bewegen, um die verlorne Stellung bei Hofe
wieder zu gewinnen. Während der bethörte Cardinal den Schmuck in den Händen der
Königin glaubte, die von Allem nichts ahnte, hatte ihn die Lamotte in England bereits
verkauft. Bald wurde die Betrügerin entdeckt und ein Proceß eröffnet. Das Volk aber
glaubte die abenteuerlichsten Lügen über die Königin und befriedigte seinen Haß in der
Beschimpfung ihrer Würde.
I*
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Ludwig_Xv. Ludwig_Xvi Ludwig Maria_Antoinette Maria Maria
Theresia Maria Theresia Cardinal_Rohan
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des Schlosses warteten, und fanden vor dem Thore den Reisewagen, den
Fersen selbst hinausgesahren hatte. Ein zweiter, mit den Kammerfrauen,
folgte nach. Ludwig hielt sich für so sicher, daß er recht heiter war, öfters
unterwegs aus dem Wagen stieg, und sich mit diesem und jenem unterhielt.
Indessen war das schon ein übler Umstand, daß eine am zweiten Wagen
nöthige Ausbesserung sie am ersten Tage um zwei Stunden aufhielt; denn da-
durch wurden die ausgestellten Truppen, deren Erscheinung schon unter dem
Volke Verdacht erregt hatte, irre, und entfernten sich zum Theil wieder von
ihren Posten. Am Abend des 22. kam der König nach St. Menehould
(spr. St. Menu). Hier war das Volk mißtrauisch geworden durch die Er-
scheinung der Soldaten, und als die Wagen wieder abfahren wollten, wider-
setzte es sich dem Abmarsche der die Wagen begleitenden Dragoner. Ludwig
legte sich aus dem Wagen heraus, um den Streit zu beschwichtigen, und wurde
dabei von dem Postmeister Drouet, einem wilden Republikaner, nack> der
Aehnlichkeit mit seinem Brustbilde auf den Assignaten erkannt. Zwar fuhren
die Wagen endlich ab, aber schnell warf sich Drouet aus ein Pferd, und jagte
der königlichen Familie vor bis nach der nächsten Station, Varennes.
Hier machte er Lärm, rief die Nationalgarde in die Waffen, und stürzte einen
Wagen auf der Brücke um, damit die Abfahrt des Königs aufgehalten würde.
Die Gardes du Corps stiegen ab, um das Hinderniß auf die Seite zu schaf-
fen; da trat Drouet an den Wagen, verlangte, daß die Abfahrt aufgeschoben
würde, und als jene Gewalt gebrauchen wollten, verbot der gute, aber
schwache Ludwig jede Gegenwehr. Der Lärm und der Zusammenlauf wurde
immer größer. Drouet drang darauf, daß die Reisenden ausstiegen, damit
man die Pässe genauer untersuchte. Er führte sie in das Haus des Licht-
ziehers Sauste, des Gemeindevorstehers. Ludwig leugnete anfangs, daß er
der König sei. Da man aber darauf bestand, rief er endlich aus: „Ja, es
ist in der That euer König und Vater, der in seinen Provinzen einen Zu-
siuchtsort suchen muß. Die Beleidigungen, die ich und meine Familie in
Paris erduldet haben, und die Unmöglichkeit, in welche man mich versetzt hat,
meinem Volke Gutes zu thun, haben mich gezwungen, Paris zu verlassen.
Sie wünschen meine Befehle zu vernehmen? So eilen Sie, meine Herren,
daß man meine Wagen anspanne, damit ich meine Reise nach Montmedy fort-
setzen kann." Sauste wurde durch die Worte des Königs gerührt und die
Königin ließ sich herab, die Frau desselben flehentlich zu bitten, Alles bei
ihrem Manne anzuwenden, daß ihnen die Abreise gestattet würde. Schon
wollte auch Sauste darein willigen; aber Drouet hatte indessen das Volk auf-
gewiegelt, und dies widersetzte sich entschieden der Abfahrt. Zwar stellte sich
die zur Begleitung bestimmte Reiterschaar vor dem Hause auf, und der Ofsi-
zier wollte den König mit Gewalt befreien; aber die Reiter selbst gehorchten
ihm nicht, und als die Nachricht kam, daß Bouillä selbst mit einem treuen
Regimente heranrückte, befahl der König, damit ja kein Bürgerblut vergossen
würde, ausdrücklich, daß er sich sogleich zurückziehen solle. So viele Ehre
auch diese Gesinnung dem Herzen des Königs macht, so ist gerade dadurch,
daß er zu ängstlich sich scheute, seine ihm rechtmäßig verliehene Gewalt gegen
die Widerspenstigen zu gebrauchen, späterhin eine Zeit herbeigesührt worden,
wo das Bürgerblut in Strömen vergossen wurde. Nachdem man sich einige
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig