Maren ging in dieser Rinne weiter; die plötzliche Kühle um sich her,
das hohe dunkle Gewölbe der Wipfel über sich; es schien ihr säst, als
gehe sie durch eine Kirche. Plötzlich aber wurden ihre Augen von
einem blendenden Lichte getroffen; die Bäume hörten auf, und vor ihr
erhob sich ein graues Gestein, auf das die grellste Sonne niederbrannte.
Maren selbst stand in einem leeren sandigen Becken, in welches
sonst ein Wasserfall über die Felsen hinabgestürzt sein mochte, der dann
unterhalb durch die Rinne seinen Abfluß in den jetzt verdunsteten See
gehabt hatte. Sie suchte mit den Augen, wo wohl der Weg zwischen
den Klippen hinaufführe. Plötzlich aber schrak sie zusammen; denn das
dort auf der halben Höhe des Absturzes konnte nicht zum Gestein
gehören; wenn es auch ebenso grau war und starr wie dieses in der
regungslosen Luft lag, so erkannte sie doch bald, daß es ein Gewand
sei, welches in Falten eine ruhende Gestalt bedeckte. — Mit verhaltenem
Atem stieg sie naher. Da sah sie es deutlich; es war eine schöne,
mächtige Frauengestalt. Der Kops lag tief aufs Gestein zurückgesunken;
die blonden Haare, die bis zur Hüfte hinabflössen, waren voll Staub
und dürren Laubes. Maren betrachtete sie aufmerksam. „Sie muß
sehr schön gewesen sein," dachte sie, „ehe diese Wangen so schlaff und
diese Augen so eingesunken waren. Ach, und wie bleich ihre Lippen
sind! Ob es denn wohl die Regentrude sein mag? — Aber die da
schläft nicht; das ist eine Tote! Oh, es ist entsetzlich einsam hier!"
Das kräftige Mädchen hatte sich indessen bald gefaßt. Sie trat
ganz dicht herzu, und niederknieend und zu ihr hingebeugt, legte sie
ihre frischen Lippen an das marmorblasse Ohr der Ruhenden. Dann
all ihren Mut zusammennehmend, sprach sie laut und deutlich:
„Dunst ist die Welle,
Staub ist die Quelle;
Stumm sind die Wälder,
Feuermann tanzet über die Felder!"
Da rang sich ein tiefer, klagender Laut aus dem bleichen Munde hervor;
doch das Mädchen sprach immer stärker und eindringlicher:
„Nimm dich in acht!
Eh' du erwacht,
holt dich die Mutter
heim in die Nacht!"
Da rauschte es sanft durch die Wipfel der Bäume, und in der Ferne
donnerte es leise wie von einem Gewitter. Zugleich aber, und, wie es
schien, von jenseits des Gesteins kommend, durchschnitt ein greller Ton
die Luft, wie der Wutschrei eines bösen Tieres. Als Maren emporsah,
stand die Gestalt der Trude hoch ausgerichtet vor ihr. „Was willst du?"
fragte sie. „Ach, Frau Trude," antwortete das Mädchen noch immer
Porger-Wolff, Lesebuch für Knaben-Mittelschulen. Iv. 10
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366
den Hörnern stoßen, in einiger Entfernung allein weidet, jeden
Augenblick sich umsieht und witternd die Nase in die Luft streckt.
Ahnt sie Gefahr, so pfeift sie wie die Murmeltiere hell auf, und die
übrigen fliehen ihr nach. Nie verstellt sich eine Gemse, d. h. bleibt
unbehilflich und rettungslos auf fast unzugänglichem Felsvorsprunge
stehen, wie oft die Ziegen, die dann meckernd abwarten, bis der Hirt
mit eigener Lebensgefahr sie abholt. Die Gemse wird sich eher zu Tode
springen.
Es ist schwer, etwas Genaues und Zuverlässiges über die wunder-
bare Sprungkrast dieser herrlichen Tiere zu sagen. Doch ist es sicher,
daß sie über 4h/2 bis 5 Meter breite Klüfte ohne Anstand setzen und
Sprünge in eine Tiefe von 7 Meter und darüber wagen. Auf weichem
Schnee, wo sie tief einfallen, oder auf klaren Gletschern gehen sie lang-
samer und vorsichtiger, sind daher auch hier am besten zu jagen. Selbst
beim Ruhen strecken sie sich nur selten ganz platt auf dem Boden aus;
ihre gewöhnliche Haltung ist zu augenblicklicher Flucht bereit. Sie liegen
auch gern in lichtem Gebüsch, um sich sicherer zu verbergen; doch am
liebsten an einer Terrasse, wo der Rücken gedeckt ist, die Seiten frei
sind und vorwärts sich ein freier Überblick über das Gelände bietet.
Sehr selten sieht man einen alten Bock bei einer Herde. Diese
leben ganz einsiedlerisch und erreichen oft ein Alter von dreißig Jahren,
wo sie dann fast völlig grau werden.
Außer den Menschen verfolgen die großen Raubtiere gern die
Gemsen. Im Engadin geschah es, daß ein Bär einer Gemse bis ins
Dorf nachlief, wo sie sich in einen Holzschuppen rettete. Im Winter,
wo sie sich in die einsameren Wälder zurückziehen, lauert ihnen der Fuchs
eifrig auf; im Sommer ist ihnen der Lämmergeier und auch der Stein-
adler gefährlich. Jener hebt die Jungen leicht in die Lüfte und sucht
die Alten, die am Rand der Abgründe weiden, mit den Flügeln hin-
unterzustoßen, um sie in der Tiefe zu verzehren. Auch geschieht es nicht
selten, daß eine Lawine eine ganze Herde überrascht und verschüttet,
oder lose Steine, die während des Frühlings und Sommers überall von
den Höhen stürzen, einzelne erschlagen.
In allen Teilen der Alpen sind die Gemsen noch viel häufiger,
als man gemeinhin glaubt, da man bei Alpenreisen im Sommer ihrer
nur wenige gewahr wird. Die oft ausgesprochene Befürchtung, es
möchten die Gemsen in einigen Jahrzehnten wie die Steinböcke aus-
gerottet sein, ist durchaus unbegründet. Solange die Alpen stehen,
werden sie auch Gemsen beherbergen. Abgesehen von der Schwierigkeit
der Jagd und von der sich entschieden immer mehr verringernden An-
zahl eigentlicher Gemsenjäger, schützt schon die Beschaffenheit ihres
Wohngebietes die Tiere vor völliger Ausrottung ganz sicher. Dazu
kommt der verhältnismäßige Schutz durch Jagdgesetze, die immer größere
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406
Zu Füßen der Bildsäule auf den Zinnen des Unterbaues bietet
eine Galerie die erhabenste Rundschau über das weite Berg- und
Hügelland, wo ehedem die römischen Legionen hin- und herzogen, um
ihre Herrschaft zu befestigen, bis die Cherusker und Brukterer sie mit
kräftiger Faust über den Rhein wiesen. Hier schaut man von den
südlichen Höhen des Osning bis zur Porta Westfalica und dem Wiehen-
gebirge, von hier überblickt man die von Hügelketten durchsetzte, reiche
Ebene mit den lieblichen Städten Detmold, Lage, Lemgo, Herford,
Bielefeld und die großen Heerstraßen, welche nach Westen an Bielefeld
vorbei und durch die Dörenschlucht in die weite Senne und ins Münster-
land hineinführen.
Der ganze Unterbau mit Sockel und Erzbild hat eine Höhe von
über 60 Meter.
242. Hünengräber und Hünenbetten in Norddeutsch-
land. Von Johannes Trojan.
Die Landjugend. Herausg. von Heinr. Sohnrey. 8. Jahrg. Berlin 1904. S. 136.
er cten Teil der Mark Brandenburg durchwandert,
der die Altmark genannt wird, stößt hie und da,
manchmal in unmittelbarer Nähe einer Ortschaft,
manchmal in einsamer Heide oder im Kiefern-
walde, auf einen Haufen mächtiger, grauer Fels-
stücke, deren Anordnung bezeugt, daß sie von
Menschenhand zusammengestellt sind. Einzelne
Blöcke von Granit findet man überall im ganzen norddeutschen
Flachlande, und in großer Zahl ragen sie am Strande der Ostsee
aus dem flachen Wasser hervor, bei Seegang den Wellen sich
entgegenstellend, die sich hochaufspritzend an ihnen brechen.
Es sind die erratischen oder Findlingsblöcke, die in Urzeiten, so
nimmt man an, als die Erde noch ein ganz anderes Gesicht
zeigte als heute, mit Gletschern von den skandinavischen Gebirgen
in unsere Ebenen heruntergekommen sind. Aus solchen Blöcken
zusammengefügt sind die eben erwähnten Steinsetzungen, die in
der Altmark und anderwärts gefunden werden.
• Es ist noch nicht lange her, seit die Gelehrten angefangen
haben, sich mit diesen kunstlosen Steinbauten zu beschäftigen.
Man hat gefunden, daß es alte Grabstätten sind. Solcher Grab-
stätten aus zusammengestellten Steinen gibt es mehrere Arten. Bei
der einen Art sind die großen Steine, die das eigentliche Grab
bilden, von einem Erdhügel bedeckt; diese Art nennt man Hünen-
gräber. Bei den andern stehen die Steine frei da, gewöhnlich auf
einer künstlich geschaffenen geringen Erhöhung des Bodens. Diese
Art nennt man Hünenbetten.
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Beide Arten von Gräbern kommen in ganz Norddeutschland,
von Ostpreußen bis Holland, und auf den Ostseeinseln oft genug
vor. Sie erscheinen in ähnlichen Formen und unter verschiedenen
Namen auch in andern Ländern, in Dänemark, auf den britischen
Inseln, in Frankreich und Spanien und an der Nordküste von
Afrika. Das Wort Hüne bedeutet so viel wie „Riese“, und noch
heute sagen wir von einem Menschen, der ungewöhnlich groß und
stark ist, er sei ein wahrer Hüne, und reden von einer Hünen-
gestalt. Im Glauben des Volkes galten diese auffallenden Hügel
und Steinbauten vorzeiten schon für Grabstätten, und zwar für
solche der alten Riesen, die ehemals auf der Erde gelebt und
gehaust haben, nun aber lange schon ausgestorben sind. Noch
heute findet man den Glauben im Volk, daß ein Riese unter den
großen Felsblöcken liege, oder daß diese Blöcke selbst der ver-
steinerte Riese seien. In der Nähe der Hünengräber pflegt es, wie
der Aberglaube des Volkes meint, nicht ganz geheuer zu sein, „es
geht dort des Nachts um“. Reiche Schätze sollen dort vergraben
sein; aber nur ein Sonntagskind kann sie heben.
Wie sieht nun solch eine Grabstätte eigentlich aus?
Das Ganze ist von rechteckiger oder eirunder Form, die durch
eine Einfassung von großen, aufrechtstehenden Steinen gebildet
wird, innerhalb dieser Einfassung liegt die Grabkammer. Sie
besteht aus einer größeren oder geringeren Anzahl im Rechteck
zusammengestellter großer Steine, die auf der inneren Seite roh
behauen und geglättet sind. Sie heißen Tragsteine oder Träger.
Auf ihnen liegt der Deckstein, der gleichfalls auf der unteren Seite
behauen ist, um das Abrutschen zu verhindern. Die Tragsteine
stehen in der Erde, aus der sie etwa ein Meter emporragen. Der
Deckstein ist manchmal von großem Umfang und bedeutendem
Gewicht. In der Lüneburger Heide, in der Gegend von Falling-
bostel, ist ein Hünenbett mit einem Deckstein, dessen Gewicht auf
360 Zentner geschätzt wird.
Jedenfalls sind die Zwischenräume zwischen den großen Stein-
blöcken früher mit Erde und kleinen Steinen ausgefüllt gewesen.
Das Ganze erscheint dann als eine geschlossene Kammer, in der
der Tote bestattet wurde. So lag er zwar über der Erde, aber
doch verborgen. Davon sagt ein Forscher und Kenner unseres
deutschen Altertums, Weinhold: „Die Sonne scheint auf die Decke
des Totenbettes, Wind und Regen schlagen noch an die Wände,
der Abgeschiedene wohnt noch unter dem Himmelszelt und ist ein
Nachbar der Lebenden.“
ln diesen Steingräbern sind Totenreste aufgefunden worden,
verbrannte und unverbrannte, erstere waren in Urnen aus Ton bei-
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Weinhold
Extrahierte Ortsnamen: Norddeutschland Holland Dänemark Frankreich Spanien Afrika Lüneburger_Heide
und bald bescheint die Sonne wieder den einsamen Strand, auf dem nur
das aus Stein gebaute Regierungsgebände und die aus demselben Material
hergestellten Kasernen der Truppen davon zeugen, daß hier Menschen
geweilt haben, daß noch vor kurzem die wilde Jagd nach Glück und den
sogenannten Glücksgütern eine große Menge gewinnsüchtiger Menschen an
diesen öden Ort zusammengeführt und ihm auf kurze Zeit buntes, beweg-
liches Leben verliehen hat.
9. Vom fernstem. Von K, Diedericbs.
Kosmos. Stuttgart 1908. Band V. Heft 5. 8. 142.
3in Laufe der Jahrmillionen war Mutter Erde allmählich aus ihrem
schaurigen Urzustände heraus zum herrlichen Paradies geworden. Um
ihr Haupt hatte sie einen lieblichen Kranz wundervoller Pflanzen gewunden:
sie erstrahlte im Morgenrot der Tertiärzeit, in deren märchenhaftem
Pflanzenparadies der Mensch, das Jubelgeschenk der Schöpfung, zuerst
erschien. Ganz Europa, damals noch ein Erdteil für sich, war ein
herrlicher Tropenwald voll majestätischer Palmen, schöner Kampfer- und
Zimtbäume. Neben Magnolien und Drachenbüumen wuchsen unsere
bekanntesten Waldbänme, überall grünten Eichen und Buchen, Birken und
Weiden. Nadelhölzer der mannigfachsten Art, Sumpfzypressen und
Riesentannen reckten ihre dunklen Kronen in den Himmel. Und zwischen
allen diesen durcheinander gewürfelten Kindern des Waldes ragte die
Bernsteinkiefer. Vieltausendartiges Getier belebte den Bernsteinwald,
seine Stämme beständig Zerhackend, anbohrend, zernagend. Aus den
Wunden des Bernsteinstammes aber floß als goldenes Lebensblut ein
Harz, das verhärtend zu Bernstein wurde. Massenhaft überkleisterten die
erstarrenden goldenen Tränen Insekten und Pflanzenteile. Dadurch
verrät uns der Bernstein heute nach so vielen Millionen Jahren seine
wahre Herkunft als Kind des Waldes. Das Tertiärparadies verschwand,
als Braunkohle wurde seine wundervolle Flora eingesargt. Und vom
Norden her rückte unerbittlich die schauerliche Eiszeit, alles unter ihrem
kristallenen Panzer begrabend. Tagelang hatte die sturmgepeitschte Woge
Rügens lieblichen Kreidefelsen umtobt. Jetzt ruhte das Meer, in unendlichem
Frieden lag es weit und blau im Sonnenschein. Die brausende Woge
aber hatte Strandgut angeschwemmt, im Sande eingewühlt zwischen Tang
und zerbrochenen Muscheln, goldgelbe Körnchen; —- eben jenes verhärtete
Bernsteinharz des Tropenwaldes längst entschwundener Urtage, das durch
die reißenden Ströme der Eiszeit hinabgespült wurde zum Meere. An
die Entdeckung und das Wesen des Bernsteins, der an der Schwelle
mittelländischer Kultur bereits als beliebter Schmuckgegenstand galt und
von den Alten dem Golde gleich geschätzt wurde, knüpfen sich die
interessantesten geographischen und weltgeschichtlichen Probleme. Auf der
L>uche nach diesem Schatz entdeckte der Grieche Pytheas aus Massilia um
Porger-Wolsf, Lesebuch für Knaben-Mittelschulen. V. Hessen-Nassau. 26
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Stuttgart Europa Bernsteinwald Bernsteins Massilia Hessen-Nassau
kleinerer, aber reiner Brillant erzielt werden kann, muß dem Reiben und
Schleifen noch eine besondere Behandlung vorausgehen, nämlich ein Teilen
des Steins oder ein Entfernen störender Ecken usw. Das geschieht ent-
weder durch Spalten oder durch Sägen, je nachdem ob in der Richtung
der Wuchsfläche oder gegen sie. Zum Spalten wird der Diamant ein-
gekittet und mit der scharfen Kante eines andern eingekerbt in der er-
forderlichen Richtung; auf die Kerbe wird die Schneide eines stumpfen
Messers aufgesetzt, und diese sprengt mittels kurzen leichten Schlags den
Stein genau in gewünschter Weise. Das Sägen hingegen geschieht maschinell:
von einer Hebevorrichtung, deren Druck an einem verstellbaren Gewicht
nach Bedarf reguliert werden kann, wird der eingekittete Diamant gegen
eine mit 1800 bis 2000 Umdrehungen rotierende dünne Bronzescheibe ge-
halten, welche an ihrer Schürfe durch aufgetragenen Diamantstaub zum
Schneiden der Diamanten befähigt wird; dieses Schneiden dauert meist
1—2 Tage, so daß ein Arbeiter eine ganze Reihe von Sägen beauf-
sichtigen kann.
Bei der Verarbeitung der Diamanten ergibt sich durchschnittlich ein
Verlust von 55 bis 65 Proz. vom Gewicht des rohen Steins. Die ab-
gespaltenen Teile lassen sich event, noch zu kleinen Brillanten, sog. Kappen,
schleifen, und der abgeriebene Staub wird als Schleifmittel benutzt; dagegen
geht das, was beim eigentlichen Schleifen dem Stein genommen wird, völlig
verloren. Im Rohdiamantenhandel wird dieser Arbeitsverlust im Preise
nicht berücksichtigt, sondern die Ware nach ihrem ursprünglichen Gewicht
gekauft; ein weiterer Anlaß dazu, jeden Stein beim Schleifen möglichst
vorteilhaft auszunutzen.
Bei weitem die meisten oder sogar fast alle Diamanten werden in
der Schmuckwaren-Jndnstrie benutzt, im Auslande selbst noch solche von
recht geringer (dunkler) Farbe. Industriellen Zwecken (Bohrer, Glaser-
diamanten, Zieheisen usw.) dienen eigentlich nur die schwarzen Diamanten
(sog. Carhon) und der ganz harte Boort.
Die in Dentsch-Südwestafrika gefundenen Steine lassen sich gut
verarbeiten; sie sind teilweise zwar etwas härter als die ans den süd-
afrikanischen Minen, aber doch angenehm zu schleifen und zeichnen sich
durch ein hervorragendes Feuer aus. Bekanntlich nimmt man als sicher
an, daß ihr Mutterboden Allnvialgebiet ist, von welchem nach dem Aus-
trocknen eines ehemaligen Stromlauses die Wüstenwinde im Laufe der
Zeit die oberen spezifisch leichteren Sandschichten entfernt haben, wobei
die Diamanten auf der Oberfläche bzw. geringer Tiefe liegen blieben.
Ihr Vertrieb erfolgt heute in großen Zügen dargestellt so: Die
einzelnen Schürfer (Diamautengesellschasten) müssen ihre Funde sämtlich
an das Zollamt in Lüderitzbucht abliefern, in versiegelten Päckchen mit
Namen, Gewicht usw. Diese gehen an die unter Aufsicht des Reichskolonial-
amts stehende Deutsche Diamanten-Regie in Berlin, wo sie geöffnet, sortiert
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TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Ortsnamen: Dentsch-Südwestafrika Berlin
396
wie es dem Gesagten gemäß der Fall sein muß, öfter in verschiedenen,
durch Torf voneinander getrennten Schichten. Zu unterst liegen diejenigen,
die zuerst versanken, dann folgt eine Schicht von Torf, der über ihren
Leichen gewachsen ist, dann wieder eine Schicht Bäume, dann wieder
Torf usw. Man kennt Moore, in denen sechs und mehr derartige Rest-
schichten übereinander liegen, Eichen, Tannen, Birken, Weiden, Erlen,
Eschen, Wacholder, Lärchen und Haselnußstämmchen. Sie alle sind deutlich
zu unterscheiden, denn der Gerbsäuregehalt des Torfs schützt sie vor
Verwesung.
Selbstverständlich sind die Bäume zur Entstehung eines Torfmoors
nicht erforderlich; siedelt sich das Moos in einem nassen Grunde an und
wird sein Wachstum nicht durch gelegentliche Zeiten der Trockenheit gestört,
so wächst es für sich; die untersten, seit vielen Jahrhunderten abgestorbenen
Schichten desselben werden schwarz und bilden toten Torf, während die
oberen weiterwachsen. Oder das Moospolster stirbt ab und bleibt trocken;
dann verwandelt es sich ganz und gar in schwarzen Torf. So kann man
zwei Arten von Mooren unterscheiden, tote und lebende; die einen sind
in früherer Zeit gebildet, enthalten nur schwarzen Torf und wachsen nicht
wieder an, wenn man sie ausbeutet; die andern sind bloß im unteren
Teile schwarz, darüber liegt eine meist von Eisenteilen rot gefärbte
Schicht erst kürzlich abgestorbener Pflanzen und darüber die noch lebende
Gewüchsmasse, die oben fortwuchert, während man unten die Erzeugnisse
herauszieht.
Die Torfmoore gehören zu den Gegenständen, an denen man so recht
sehen kann, wie mächtig die Kleinen in der Natur durch ihre große Zahl
werden können. Der Raum, den sie auf der Erde einnehmen, ist von
ungeheurer Größe. Bekannt ist die gewaltige Ausdehnung der Moore
von Westhannover und Friesland; Ansammlungen von ähnlicher Stärke
finden sich an vielen anderen Stellen der Erde.
Das Paradies der Torfmoore in der Gegenwart ist in Irland und
Schottland zu suchen, deren feuchtes Klima ihr Wachstum ungemein befördert.
Die lebenden Moore bilden dort hügelige Polster, welche kirchturmhoch
über das Land emporragen. Viele sind gar nicht betretbar, der Unkundige,
der sich auf sie wagt, versinkt darin; andere haben trockene Stellen, die
beschritten werden können. Hier und da kann die Schwammigkeit des
Materials zu sonderbaren Unglücksfüllen führen. Vor einigen Jahren
platzte in Norddeutschland ein mächtiges, lebendes Torfmoor unter der
Wucht des von ihm eingesogenen Wassers. Und aus dem Innern des
geborstenen Hügels ergoß sich, wie Lava aus einem Vulkan, ein fürchter-
licher Strom von zähem Torfschlamm, floß meterhoch in die Straßen eines
benachbarten Dorfes, drückte einige Häuser um, quoll drei Nächte und zwei
Tage unaufhörlich weiter und versetzte die Anwohner in Zustände, wie sie
sonst eben nur durch Schlammvulkane zuwege gebracht werden.
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406
und tioritiufig bewertet werden. Die Regie zahlt den Schürfern sogleich
einen durchschnittlichen Abschlagspreis (abzüglich Ausfuhrzolls und anderer
Abgaben); sie übernimmt den Weiterverkauf in rohem Zustande und zahlt
einen dem endgültigen Erlös entsprechenden Restpreis nachträglich an die
Schürfer ans.
11* '(ttlfc $teine reden* Von Julius Stinde.
Daheim. 37. Jahrgang 1901. 36. Heft. 8. 13.
ff
Überall in der Ackererde sind Steine. Woher kommen sie? Von den
großen erratischen Blöcken erzählt das Volk, der Teufel oder, im
milderen Falle, ein ungeheurer Riese hätte sie ins Land geschleudert.
In Gebirgsgegenden braucht man meist nicht weit nach ihrem Ursprung
zu suchen; dort liegt die Frage näher: Wie kommt die fruchtbare Acker-
erde auf Hochflächen? Fragt man den Stein, so antwortet er: Der Staub,
den der Mensch beackert, war einst Fels, ebenso wie ich. Wir sind zer-
trümmerte Felsen. Wer uns ablöste, uns zerteilte und zerstörte, das ist das
Wasser. Und wer uns verschleppte weithin, das ist abermals das Wasser.
Es verfahrt ganz heimlich und im kleinen. In eine winzige Spalte
dringt ein wenig Wasser. Gefriert es, so dehnt es sich ans und sprengt
so viel ab, als in seiner Macht steht. Ganz allmählich vergrößert es die
Spalte, und im Verein mit dem Frost, im Wechsel der Wärme und
Kälte trennt es Felsen. Es löst Bestandteile auf und bildet Rinnen;
was es nicht löst, führt es als Sand mit sich. Der Sand schleift und
höhlt. Wo ein kleines Rinnsal war, bildet sich ein größeres, das wieder
kleinere Zuführungen aufnimmt. Die Kraft wächst mit den: Zusammen-
flüsse. Das Wasser ist nicht mehr bescheiden, es nagt nicht mehr, es
bricht und zertrümmert. So hart auch der Felsen ist, das Wasser ist
unermüdlich und hat Zeit. Es kommt ihm auf Jahrhunderte nicht an,
nicht auf Jahrtausende. Und mit ihm wirken nicht nur Wärme und
Kälte, sondern auch Bazillen helfen. Vor etlichen Jahren entdeckte
A. Müntz in der Ackererde ein Salpeter erzeugendes Kleinwesen, das er
Nitromonas nannte; später aber fand er dieselbe Art nicht nur in ver-
witterten Gesteinen, sondern selbst ziemlich tief in Felsen, in deren feinste
Haarspalten sie eindringt. Im Winter ruht die Salpetermonade; mit
steigender Temperatur aber erwacht sie und beginnt ihre felsverzehrende
Tätigkeit. Müntz berichtete über seine Funde an die Pariser Akademie und
teilte ihr mit, daß der berühmte 2620 m hohe Gipfel des Faulhorns, von
dem man eine herrliche Aussicht auf die Spitzen des Berner Oberlandes
genießt, nicht, wie man bisher annahm, durch den Einfluß der Atmosphäre ver-
wittert, sondern durch die Lebenstütigkeit der Nitromonaden langsam zerfällt.
So arbeiten kleinste Lebewesen, unsichtbare Zwerge, an der Zer-
störung der Riesen, der Berge, und das Wasser zerbricht, was sie unter-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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408
Steine und ihre Mitzengen, daß einst ganz Nordeuropa vom Polarkreise
an bis an den Harz, das Riesengebirge, den Ural vergletschert war, daß
große Steine von Schweden bis nach Schlesien wanderten, und zwar in
dem Eise, das das ganze Land bedeckte und allmählich abschmolz. Die Sonne
zerteilte das Eis, die Steine blieben liegen und reden von ihrer Fahrt.
Wie es kam, daß die Sonne die Erde so weit einfrieren ließ, darüber
sind die Forscher sich noch nicht einig; daß sie jedoch schuld an der Ver-
eisung war, dürfte kaum einem Zweifel unterliegen. Die Gletscherent-
faltung ist immer der Ausdruck eines strengen Klimas; das ersieht man
an dem Vorrücken der Alpengletscher in den Jahren sinkender Temperatur.
In Zeiten strengen Klimas aber übt der Frost eine außerordentlich starke
zerstörende Wirkung auf die Oberfläche des Landes aus; er lockert das
Gefüge der Felsen und schüttet Trümmer in den Lauf der Gewässer.
Nach der Eiszeit, als die Sonne wieder Wärme spendete, hatte das Antlitz
der Erde ein anderes Aussehen, ein zerrisseneres und verwüsteteres als
vor dem Einfrieren, dessen Spuren nicht nur in Europa, sondern auch in
Nordamerika zweifellos nachgewiesen worden sind, und zwar durch die
steinernen Zeugnisse eines dreimaligen Bereisens. Die letzte Eiszeit schloß
in Europa bereits Menschen in ihre kalten Arme.
Nach dem Abtauen, das immerhin etliche Jahrhunderte in Anspruch
genommen haben mag, lächelte die Sonne wieder milderen Zeiten. Die
Berge bewaldeten sich, die Ebenen grünten, der Mensch siedelte sich an,
wo es ihm gut schien, Hütten zu bauen, und als dem Pfahlbauern die
Familie über den Kops wuchs, ließ er seine Söhne und Enkel ziehen, den
Kampf mit den Büren aufzunehmen und dem Acker Brot abzugewinnen.
Da entstanden allmählich Kulturmenschen, zu denen Wissen und Weisheit
von fernen Gegenden kam, und es wurde viel Volks, und jeder strebte
für sein Bestes, wie ihn gut dünkte.
Bäume waren die Hülle und die Fülle gewachsen; sie abzuholzen
schien denen, die Holz gebrauchten, eine rechtliche Sache. Es ist aber
keine gute Sache, das Abholzen ohne Bedacht. Im Waldgebiet bildet der
Regen keine Rinnsale und Wasserläufe; wo aber der Pflanzenwuchs sinn-
los zerstört wird, da spült der Regen die Krume hinweg, bis er den Felsen
bloßgelegt hat, und bildet Schluchten und Täler, in denen das Wasser zu
geeigneten Zeiten als Wildbach tobt. Das Wasser stürzt hinweg; der Boden
dorrt aus in der warmen Zeit, und das lebendige Grün verschwindet.
Es bleiben noch die Salpetermonaden, die den Felsen heimlich zernagen,
den das Wasser als Sand und Kies zu Tal befördert.
Ein einzelner Bauin mag gefällt werden, man vermißt ihn nicht und
darf ihn auch nicht verantwortlich machen; aber die Massenabholzungen,
die bringen Schaden. Innerhalb von zehn Jahren hat das einzige Depar-
tement Basses Alpes 25000 ha Kulturland verloren, und im Departement
Ardeche sind gleichfalls infolge sinnloser Banmfällung 28000 ha guten
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Extrahierte Ortsnamen: Nordeuropa Schweden Europa Nordamerika Europa
458 (3434 3434 3434 34343434343434
nun erst südlich nach Gersfeld zu plätschern, dann aber westlich und
endlich nördlich auf Fulda als ein forellenreiches Bergwasser zu eilen.
8. Hessen uncí sein Volk. Von ñtfrecl Mrckkott.
Das deutsche Volkstum. Herausg. von H. Meyer. Leipzig 1903.
Íoí3 gegen die Eisenacher Gegend hin ist das Werraland und außer-
dem das ganze Gebiet der von der Rhön quellenden Fulda von
Nachkommen der alten Chatten bewohnt und führt danach den Namen
Hessisches Gebirgsland. Sein vorwiegender Bnntsandsteinboden röt-
licher Färbung ist von breiten Lavaergüssen basaltischen Gesteines strecken-
weise übergössen, und weil der grauschwarze Basalt der den Boden
allerwärts annagenden, also erniedrigenden Verwitterung weit besser
Widerstand leistet als der Buntsandstein oder der diesen überlagernde
Muschelkalk, hat Hessen in seinen ansehnlichen basaltischen Höhen manch
herrliche Aussichtsstätte erhalten, so den Habichtswald mit der Wilhelms-
höhe bei Kassel, den Hohen Meißner, die Rhön und ihren Westnachbar,
den kreisrunden Flachkegel des Vogelsberges, die umfangreichste Basalt-
masse ganz Mitteleuropas. Diese Südgebirge Hessens tragen noch den
herrlichen Buchenwaldschmnck, der im Mittelalter der ganzen Gegend
gleich der Bukowina den Namen stiftete, man nannte sie Buchonia und
sprach von „Fulda in der Buchin". Außer dort, wo auf der Höhe der
plattigen Ostrhön große Moore sich dehnen, haben die südhessischen Basalt-
zinnen mit ihren kühnen Formen, ihrem Prachtkleide des Waldes, den
wasserdurchranschten Tälern und grünen Matten, wo des Sommers braune
Rinder und fette Rhönhammel weiden, wohl ihre Reize. Unsere Maler-
pilgern neuerdings gern nach Kleinsassen am Fuße der Milseburg in der
westlichen oder Kuppenrhön, wo ihnen schöne Typen deutscher Mittel-
gebirgslandschaften winken. Das gastfreundliche Kloster auf dem Kreuz-
berge der Rhön, ebenso die vielbesuchte Wallfahrtskapelle auf der steil
anfragenden Kuppe der Milseburg, der auf Bonifatius' Wirken zurück-
weisende Taufstein auf dem Gipfel des Vogelsberges beweisen, wie eng
auch hier in frühchristlicher und wohl bereits in heidnischer Zeit das
Versenken des Blickes in die Schönheit des Landschaftsbildes mit andachts-
voller Stimmung in der Brust des Deutschen verschmolz. Hart und
schneereich aber ist der Winter; die Höhenlage des Bodens und die mehr
sür Holzwuchs als Getreidebau fördersame Natur des Bnntsandsteins
bringt es mit sich, daß Hessen von jeher ein Bauernland von mäßigem
Erträgnis gewesen ist. Bis 1239 hatte es keine einzige Stadt; damals
empfing Kassel Stadtrecht, jedoch bis zur Stunde hat auch nur Kassel
in der fruchtbaren, tiefgelegeuen Ausweitung des Fulda-Tales, wo sich
die wichtigsten das Land durchmessenden Straßen treffen, einigermaßen
großstädtische Entfaltung erzielt. Fulda mit seinem Dom, der das Grab
des Apostels der Deutschen birgt, ist eine stille Stadt der Kirchen, voller
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