Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
17
8. Der Hamster. Der
Hamster hat einen plumpen
Körper, der mit einem bunt-
scheckigen Pelze bedeckt ist. Ge-
schickt biegt er mit seinen Vor-
derpfoten die reifen Ähren nieder
und beißt sie mit den großen
Nagezähnen ab. Die Körner
steckt er in die Backentaschen
und trägt sie in seine Höhle.
Diese hat mehrere Gänge und
Kammern. Jeder Hamster sam-
melt sich nicht selten über 20 kg
Getreide als Wintervorrat. Er
richtet also großen Schaden
an. Deshalb wird er eifrig
verfolgt und gefangen. Kommt
man diesem Körnerdieb zu nahe,
so springt er beißend nach Gesicht und Händen. Hat er sich festgebissen, so
läßt er nicht leicht los.
9. Der Igel. Anfangs April erwacht der Igel ans seinem Winter-
schlaf und
hält sich dann
in Hecken, an
Waldrän-
dern, in Gär-
ten und auf
Feldern ans.
Am Tage
schläft er,
aber des
Nachts geht
er aus, um
Nahrung zu
suchen. Diese
besteht aus
Mäusen,
Würmern,
Schnecken u.
Käfern. Er
verzehrt auch
Kreuzottern
und ist also
sehr nützlich.
Der Kopf des Igels ist rüsselförmig zugespitzt. In ihm sitzen 2 kleine,
schwarze Augen. Ohren und Beine sind kurz. Sein Rücken ist mit steifen
Stacheln bedeckt. Bauch und Kopf sind behaart.
Naturgeschichte.
2
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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27
Brot, den Speck und den Schinken, die Wurst, den Käse, die Kartoffeln und
vieles andre. Deshalb wird sie in Fallen weggefangen. Der Körper der
der Hausmaus ist mit weichen, kurzen, grauschwarzen Haaren bedeckt. An
der spitzen Schnauze trägt sie lange Schnurrhaare. Die breiten Ohren sind
nackt, ebenfalls der lange Schwanz.
Die Hausmaus vermehrt sich außerordentlich stark. Das Weibchen
bekommt 4—8 Junge und zwar jährlich 3—5 mal. Diese liegen in einem Neste
und sind anfangs nackt und blind. Weil die Vermehrung so groß ist, kann man
die Mäuse trotz der Katzen, der Fallen und des Mäusegifts nicht ganz ausrotten.
Die Feldmaus richtet unter den Feldfrüchten großen Schaden an.
13. Die Ratte. Das widerwärtigste Nagetier des Hauses ist die Ratte.
Sie sieht bräunlichgrau aus und hat einen langen Schwanz. Sie haust in
Ställen, Kellern, Scheunen, Gerbereien, Schlachtereien, in unterirdischen
Wasser- und Schmutzleitungen, Aborten usw. Das sehr gefräßige Tier
verzehrt alles, was es an Vorräten im Hanse sindet. Selbst junge Enten,
Hühner und Tauben sind vor ihm nicht sicher. Katzen und Hunde (Ratten-
beißer) sind Feinde der Ratten. Der Mensch sucht sie durch Fallen oder
Rattengift zu vertilgen.
Ein Verwandter der Ratte ist der Hamster.
14. Die Küchenschabe. Die Küchenschabe oder der Kakerlak ist ein
schwarzbraunes Insekt. Der flache Körper hat 2 lange Fühler und ein
großes Schild, das den Kopf fast ganz bedeckt. Das Männchen hat 4 braune,
geaderte Flügel; das Weibchen dagegen ist flügellos. Der Hinterleib endigt
in 2 Borsten.
Die Kakerlaken sind lichtscheu und lieben die Wärme. Am Tage ver-
stecken sie sich deshalb gern an dunklen Orten, z. B. zwischen den Steinen des
Küchenherdes und in den Winkeln der Backöfen. Des Abends kommen die
Schaben aus ihren Verstecken heraus, um sich Nahrung zu suchen. Weil
sie sehr gefräßig sind, benagen sie Brot, Butter, Käse, Kuchen, wollenes
Zeug, Bücher, Leder und andres mehr. Auch lecken sie sehr gerne Bier.
Man fängt die unangenehmen Gäste in Schüsseln mit etwas Bier oder in
Töpfen mit Eßwaren.
15. Der Kanarienvogel. Obgleich der Kanarienvogel bei uns sein
ganzes Leben lang als Gefangener im Käsig bleiben muß, hüpft er doch
darin munter auf deu Stangeu hin und her und singt sein fröhliches Liedchen.
Der Kanarienvogel hat ein goldgelbes Gefieder. Mit seinen klugen Äuglein
blickt er seine Stnbengenosfen freundlich und zutraulich an. Deshalb und
wegen seines Gesangs wird er geliebt und gepflegt. Täglich muß er frisches
Wasser und Futter haben.
Soll der Kanarienvogel gesund bleiben, so muß mau ihu vor Zugluft
und heißen Sonnenstrahlen schützen. Sehr häufig ist der Käfig zu reinigen
und sein Boden mit feinem, trocknem Sande zu bestreuen.
16. Der Goldfisch. Der Goldfisch ist ein Verwandter des Karpfens.
Er hat eine goldglänzende Farbe und wird wegen seiner Schönheit im Glas-
hafen gehalten. Der Körper des Goldfisches ist seitlich zusammengedrückt.
Mit dem Schwänze bewegt er sich vorwärts, mit den Flossen steuert er.
Sobald er Wasser geschluckt hat, öffnen sich die Kiemen, und durch diese
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
9
2. Als die Deutschen noch nicht in Städten beisummen wohnten, bebaute
jeder Hausvater sein eignes Feld und verfertigte auch mit Hilfe seiner Dienst-
boten Zalles das, was er für sich und bei seiner Arbeit gebrauchte. Auf dem
Felde wurden Hanf und Flachs gebaut, und die Mägde mußten spinnen,
weben und nähen. Die Knechte aber waren im Anfertigen von Gerätschaften
geübt. Handwerker und Bauern unterschied man damals noch nicht. Dies
wurde jedoch anders, als die Städte entstanden. Für die Städter waren die
Felder oft so weit entfernt, daß sie sie nur mit großem Zeitverlust bestellen
konnten. Deshalb überließen sie ihre Felder meist den Landbewohnern und
gaben sich ihren andern Beschäftigungen hin. Dabei stellte sich gar bald
heraus, daß der eine besonders geschickt war im Verfertigen von Schuhen,
der andre jedoch konnte besser Kleider nähen. Deshalb kamen sie überein,
daß der eine nur Schuhe und der andre nur Kleider anfertigen sollte; der
eine wurde also Schuster und der andre Kleidermacher oder Schneider. So
ging es auch mit dem Weber, dem Tischler, dem Schmied u. a. Auf solche
Weise entstanden die Handwerker. Die Landbewohner erkannten bald, daß
die von den Handwerkern verfertigten Sachen viel besser waren als die, die
sie selbst machten. Darum holten sie sich nun Kleider und Schuhe, Möbel
und sonstige Geräte aus der Stadt und beschäftigten sich ausschließlich mit
Ackerbau. Von da an nannte man die Landbewohner Bauern.
3. Da die Städter sich meistens mit einem Handwerk beschäftigten,
waren sie gezwungen, Eier und Butter, Gemüse lind Korn von den Bauern
zu kaufen. Diese kamen deshalb zur Stadt und verkauften hier auf einem
freien Platze ihre Erzeugnisse. So entstanden die Märkte, die in der
Regel in der Woche einmal stattfanden. Später brachten auch die Hand-
werker ihre Waren nach den Marktplätzen und stellten sie in Buden zum
Verkauf aus. Da dies im Jahre aber nur einmal geschah, hieß man diese
Märkte Jahrmärkte, während mau die andern Wochen Märkte nannte.
Auf den Wochen- und Jahrmärkten wurde viel gekauft und verkauft; es
entwickelte sich daselbst lebhafter Handel.
4. Anfangs hatte mau kein Geld; mau handelte darum auf andre
Weise als jetzt. Wollte der Schuster einen Anzug und der Schneider Schuhe
haben, so tauschten sie ihre Waren gegenseitig aus. Ebenso machten es die
andern Handwerker. Der Bauer aber, der von den Handwerkern Waren
haben wollte, gab diesen dafür etwas von seinem Korn. Dieses Korn brachten
die Leute zum Müller, der Mehl daraus machte; aus letzterem backte der
Bäcker dann Brot für sie. Für die Arbeit aber durfte der Müller etwas
Mehl und der Bäcker etwas Brot zurückbehalten. So wurde in alter Zeit
gehandelt, und diesen Handel nannte man Tauschhandel. Derselbe war recht
beschwerlich. Bisweilen kam es aber auch vor, daß jemand, der z. B. Kleider
haben wollte, nur einen solchen Gegenstand zum Tausche anbieten konnte, den
der Schneider gerade nicht gebrauchte; daun war ein Tauschhandel gar nicht
möglich. Diesem Übelstand wurde jedoch bald abgeholfen.
5. An den Grenzen, wo unsre Vorfahren mit den Römern zusammen-
trafen, lernten sie das Geld kennen. Dieses gefiel ihnen so sehr, daß sie es
sich erwarben, und nun wurde aus dem Tauschhandel nach und nach ein
Handel mit Geld. Bald lernten die Deutschen das Geld auch selbst prägen.
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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13
4. Als Barbarossa schon ein siebzigjähriger Greis war, erscholl plötzlich
der Ruf: „Die Türken haben Jerusalem wieder erobert!" Hierüber war
große Trauer in der ganzen Christenheit. Da erklärte Kaiser Friedrich, er
habe noch Kraft genug, einen Krenzzng zu unternehmen. Er stellte sich
alsbald an die Spitze eines Heeres und ließ sich bei Konstantinopel über-
setzen. (Bild!) Leider kam er nur bis nach Kleinasien. Hier mußte der
Fluß Saleph überschritten werden. Weil die Brücke, die darüber führte,
schmal war, ging der Zng nur langsam vorwärts. Der Kaiser, der sich
bei dem Hinteren Teile der Kreuzfahrer befand, wollte aber nicht solange
warten. Er bestieg deshalb sein Pferd und sprengte furchtlos mit ihm
Barbarossas Kreuzzug.
in den Fluß, wurde jedoch von den Wellen fortgerissen. Ein Reiter eilte
ihm nach; als er aber den Kaiser ans Land brachte, war dieser bereits
verschieden. Unbeschreiblich groß war der Jammer unter den Kreuzfahrern;
jeder meinte, nun könne der Kreuzzeug nicht mehr glücklich zu Ende geführt
werden, da der Kaiser, ihr Vater, verloren sei. Die Krieger zogen des-
halb nicht weiter, sondern kehrten in ihre Heimat zurück. — Das deutsche
Volk wollte an Barbarossas Tod lange Zeit nicht glauben. Die Sage
berichtet, er sei nicht gestorben, sondern sitze verzaubert im Kpffhäuser in
Thüringen an einem marmornen Tische. Sein weiß gewordener Bart sei
durch den Tisch gewachsen und um den Berg herum flögen Raben. Wenn
diese einst weggeflogen seien, dann werde Barbarossa wiederkommen und
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Extrahierte Personennamen: Barbarossa Barbarossa Friedrich Friedrich Barbarossas Barbarossas Barbarossas Barbarossas Barbarossa Barbarossa
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
15
miteinander hängen. Rudolf von Habsburg war nicht nur ein strenger und
gerechter, sondern auch ein frommer und leutseliger Fürst.
2. Als Rudolf noch Graf war, ritt er einmal auf die Jagd und kam
dabei au einen Bach, dessen Brücklein von den Wellen weggerissen worden
war. Da bemerkte er einen Priester, der seine Schuhe auszog und den Bach
durchwaten wollte. Der Graf fragte den Diener Gottes, warum er dies
tue. Dieser erwiderte, er wolle einem Sterbenden das heilige Abendmahl
reichen. Als Rudolf dies hörte, sprang er schnell vom Pferde und überließ
Rudolf von Habsburg bestraft die Raubritter.
es dem Priester. Letzterer ritt darauf eiligst zu dem Kranken. Am andern
Morgen wollte der Priester das Roß dankend zurückgeben; Rudolf aber
sagte: „Ich besteige dieses Roß nie wieder zu Jagd und Streit, da es
meinen Schöpfer getragen hat. Behaltet es und gebrauchet es auch künftig
im Dienste des Herrn!"
3. Einst spazierte Kaiser Rudolf iu ganz einfachen Kleidern durch Maiuz.
Es war ein kalter Morgen, und ihm froren die Hände. Um sich zu er-
wärmen, trat er in das Haus eines Bäckers und stellte sich an den Ofen.
Die Bäckersfrau, die ihn für einen gewöhnlichen Kriegsknecht hielt, schimpfte
auf ihn und auf den Kaiser und sagte: „Troll dich fort, du schäbiger Hund,
zu deinem Bettelkaiser, der mit seinen Pferden und Knechten das ganze Land
aufzehrt." Als Rudolf hierüber lachte, wurde die Frau so zornig, daß sie
einen Eimer voll eiskalten Wassers ergriff und es ihm über den Kopf goß.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 3
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19
beschwerlich. Deshalb suchte man einen Seeweg nach Ostindien, den man
auch bald fand: Man fuhr um Afrika herum. Christoph Kolumbus, ein
kühner Seefahrer aus Genua, aber sagte: „Da die Erde eine Kugel ist, muß
man auch nach Ostindien kommen, wenn man immer nach Westen fährt."
Er wollte einen neuen Seeweg nach Ostindien suchen und bat deshalb den
König von Spanien um Schiffe. Da sagten Gelehrte: „Du Tor, segelst du
nach Westen, so
gehts ja immer
bergunter; wie
willst du denn
denwasserberg
wieder herauf-
kommen?"
Erst acht Jahre
später erhielt
Kolumbus von
der Königin
von Spanien
drei schlecht ge-
baute Schiffe.
2. Am 3.
August 1492
fuhr Kolum-
bus voll küh-
nen Mutes mit
90 Mann von
Spanien ab,
hinaus in das
wilde, unbe-
kannte Meer.
Derwind blies
günstig, und
pfeilschnell
fuhren die
Schiffe dahin.
Alles ging
anfangs gut.
Aber wo war das gesuchte Land? Schon 60 Tage lang hatte die Fahrt
gedauert, und noch immer sah man nichts als Wasser und Himmel. Da
wurden auch die Mutigsten ängstlich; zitternd sagten sie: „Was soll aus
uns werden? Wir alle müssen ertrinken!" Nur einer verlor den Mut
keinen Augenblick; das war Kolumbus. Er rief den Verzagten zu: „Seid
getrost, bald ist das Ziel erreicht!" Uuermüdet stand er Tag und Nacht
auf dem Verdeck, schaute nach Westen und leitete das Schiff. Doch endlich
waren die Matrosen der Verzweiflung nahe; in wilder Wut stürzten sie auf
Kolumbus los und drohten, ihn über Bord zu werfen, wenn er nicht sogleich
umkehre. Ruhig erwiderte der unerschrockene Manu: „Nur noch drei Tage
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Extrahierte Personennamen: Christoph_Kolumbus Kolumbus August Kolumbus Kolumbus
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Afrika Genua Ostindien Ostindien Spanien Spanien Spanien
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
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37
völkerung zog der von ganz Europa bewunderte Held wieder in Berlin ein.
Als wenige Tage danach beim Dankgottesdienst das Lied „Herr Gott, dich
loben wir!" angestimnit wurde, senkte Friedrich demütig das Haupt und
brach in Tränen aus.
4. Schlesien hatte durch den langen Krieg sehr gelitten. Viele Dörfer
waren niedergebrannt, die Fluren verwüstet, die schlesischen Bauern verarmt.
Nach Beendigung des Krieges ließ Friedrich der Große etwa 300 Dörfer
neu aufbauen. Zur Bestellung der Äcker bekamen die Bauern Saatkorn,
Vieh und Pferde. Außerdem ließ der König noch 9 Millionen Mark unter
sie verteilen. — Friedrich der Große sorgte jedoch als rechter Landes-
vater nicht nur für das Wohl der Schlesier, sondern auch für das aller
seiner Untertanen. Er ließ sumpfiges Land trocken legen und Straßen und
Kanäle erbauen. Für die Jugend sorgte er, indem er Schnlhänser bauen
ließ und tüchtige Lehrer anstellte. Von den Richtern verlangte der gerechte
König, daß sie ohne Ansehen der Person urteilten.
5. Bei Potsdam besaß Friedrich der Große das Schloß Sanssouci
lspr. sangsnsi), neben dem eine Windmühle stand. Da ihr Geklapper den
König störte, wollte er sie kaufen und niederreißen lassen. Er bot dem
Eigentümer der Mühle dreimal soviel, als sie wert war. Dem Müller war
sie jedoch um keinen Preis feil, weil er sie von seinem Vater geerbt hatte.
Da sagte Friedrich der Große: „Wisset ihr auch, daß ich gar nicht nötig
habe, viele Worte zu machen? Ich lasse eure Mühle taxieren, euch bezahlen
und dann sie abbrechen." Als der unerschrockene Müller das hörte, lächelte
er und erwiderte: „Gut gesagt,
allergnädigster Herr, wenn nur
das Kammergericht in Berlin
nicht wäre!" Diese freimütige
Rede gefiel dem König; er-
dachte von nun an nicht mehr
an den Abbruch der Mühle.
6. Friedrich der Große
teilte seine Zeit genau
ein; jeden Augenblick benutzte
er gewissenhaft. Schon morgens
3 Uhr stand er auf und widmete
sich mit größtem Fleiße den
Regiernngsgeschäften. Vormit-
tags und nachmittags arbeitete
er entweder allein oder mit
seinen Ministern; er las Be-
richte, schrieb Briefe, hörte Bitt-
steller an oder begab sich zur
Parade. Vor Tisch ritt er
fast immer aus. Dabei trug er stets einen Krückstock, und seine drei oder
vier Windspiele folgten ihm. Punkt 12 Uhr wurde zu Mittag gespeist;
hierbei unterhielt er sich lebhaft mit seinen Güsten. Abends fand im Schlosse
ein Konzert statt, bei dem Friedrich oft die Flöte blies. Erst gegen Mitter-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_demütig Friedrich Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Berlin Potsdam Berlin
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34
30. Friedrich Wilhelm 1. <1713—1740)
1. Friedrich Wilhelm I. war ein sehr sparsamer Fürst. Stets trug er
den einfachen Soldatenroch und seine Töchter mußten ihre Kleider meistens
selbst verfertigen. Er aß gewöhnliche Hausmannskost und saß aus hölzernem
Schemel. Von den 100 Hofbeamten seines Vaters behielt er nur 12; die
übrigen entließ er. Auch verkaufte er die prächtigen Wagen und Pferde,
die goldenen und silbernen Geschirre seines Vaters, um die Schulden zu
bezahlen. Jeden Sonntag ging die königliche Familie zur Kirche. An den
Werktagen arbeitete der pflichttreue König von früh bis spät. Er verlangte
aber auch, daß seine Beamten ihre Pflicht taten. Wehe dem, der sich etwas
zu schulden kommen ließ! Einmal erfuhr der König, daß der Torschreiber
in Potsdam morgens lange schlief. Die Bauern, die in die Stadt zu Markte
wollten, mußten oft lange warten, bis das Tor geöffnet wurde. Da ging
Friedrich Wilhem 1. selbst hin und prügelte den Langschläfer mit den Worten:
„Guten Morgen, Herr Torschreiber!" aus dem Bette heraus.
2. Da viele Kinder damals noch unwissend blieben, gründete Friedrich
Wilhelm I. etwa 1800 Schulen. Auf seinen Befehl mußten die Schüler
im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet werden. Einst
besuchte der König eine Dorfschule. Als er hierbei bemerkte, daß ein kleiner
Knabe flott rechnen konnte, schenkte er ihm zwei Gulden und schickte ihn ans
eine gute Stadtschule.
3. Eine große Vorliebe hatte Friedrich Wilhelm I. für die Soldaten,
die er seine „lieben blauen Kinder" nannte. Er vergrößerte sein Heer be-
deutend, und ließ die Soldaten tüchtig exerzieren. Es herrschte strenge Zucht;
fast für jedes Vergehen gab es Stockprügel. In Potsdam bestand ein
Regiment aus 2400 Riesen. Von diesen war der Flügelmann 2,57 m groß.
Diese „langen Kerle" hatte der König besonders gern.
4. Es machte dem König viel Vergnügen, jeden Abend eine Anzahl'
von Generälen und Ministern um sich zu versammeln. Diese Gesellschaft
nannte man das Tabakskolleginm. Da wurde nämlich eine Pfeife Tabak
geraucht, Bier getrunken, Butterbrot gegessen, und man erzählte allerlei Ge-
schichten und Späße.
5. Im Jahre 1740 starb Friedrich Wilhelm I. Er hinterließ seinem
Nachfolger ein gut geübtes Heer und einen reichen Staatsschatz.
31. Friedrich Ii., der Große. (1740—1786)
1. Friedrich der Große wurde im Jahre 1712 zu Berlin geboren und
streng erzogen. Sein Vater wünschte, daß er ein tüchtiger Soldat werde.
Deshalb waren seine ersten Spielsachen Flinte, Säbel und Trommel. In
seinem achten Jahre exerzierte der Kronprinz häufig mit einem kleinen Gewehr.
Als er zehn Jahre alt war, mußte er trotz Wind und Wetter als gemeiner
Soldat vor dem Schlosse Schildwache stehen. Der Kronprinz hatte aber
keine Lusl zum Exerzieren. Am liebsten las er französische Bücher oder blies
die Flöte. Hierüber wurde der Vater sehr böse; denn er fürchtete, sein Sohn
werde niemals ein rechter Soldat werden. Er schalt ihn deshalb und sagte:
„Fritz ist ein Qnerpfeifer und Federfuchser; er macht sich nichts aus den
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Wilhem_1. Friedrich Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Potsdam Christentum Potsdam Berlin
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15
miteinander hangen. Rudolf von Habsbnrg war nicht nur ein strenger und
gerechter, sondern auch ein frommer und leutseliger Fürst.
2. Als Rudolf noch Graf war, ritt er einmal auf die Jagd und kam
dabei an einen Bach, dessen Brücklein von den Wellen weggerissen worden
war. Daselbst bemerkte er einen Priester, der seine Schuhe auszog und den
Bach durchwaten wollte. Der Graf fragte den Diener Gottes, warum er dies
thue. Dieser erwiderte, er wolle einend Sterbenden das heilige Abendmahl
reichen. Als Rudolf dies hörte, sprang er schnell voin Pferde und überließ
Rudolf von Habsburg bestraft die Raubritter.
dieses dem Priester. Letzterer ritt darauf eiligst zu dem Kranken. Am anderen
Morgen wollte der Priester das Roß dankend zurückgeben; Rudolf aber
sagte: „Ich besteige dieses Roß nie wieder zu Jagd und Streit, da es
meinen Schöpfer getragen hat. Behaltet es und gebrauchet es auch künftig
im Dienste des Herrn!"
3. Einst spazierte Kaiser Rudolf in ganz einfachen Kleidern durch Mainz.
Es war ein kalter Morgen, und ihm froren die Hände. Um sich zu er-
wärmen, trat ec in das Haus eines Bäckers und stellte sich an den Ofen.
Die Bäckersfrau, die ihn für einen gewöhnlichen Kriegsknecht hielt, schimpfte
auf ihn und ans den Kaiser und sagte: „Troll dich fort, du schäbiger Hund,
zu deinem Bettelkaiser, der mit seinen Pferden und Knechten das ganze Land
aufzehrt." Als Rudolf hierüber lachte, wurde die Frau so zornig, daß sie
einen Eimer voll eiskalten Wassers ergriff und ihm dieses über den Kopf goß.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben]]
Extrahierte Personennamen: Rudolf_von_Habsbnrg Rudolf Rudolf_noch_Graf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf
Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Taubstummenschule
Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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2. Als die Deutschen noch nicht in Städten beisammen wohnten, bebaute
jeder Hansvater sein eigenes Feld und verfertigte auch mit Hülfe seiner Dienst-
boten Zalles das, was er für sich und bei seiner Arbeit gebrauchte. Auf dem
Felde wurden Hanf und Flachs gebaut, und die Mägde mußten spinnen,
weben und nähen. Die Knechte aber waren im Anfertigen von Gerätschaften
geübt. Handwerker und Bauern unterschied man damals noch nicht. Dies
wurde jedoch anders, als die Städte entstanden. Für die Städter waren die
Felder oft so weit entfernt, daß sie sie nur mit großem Zeitverlust bestellen
konnten. Deshalb überließen sie ihre Felder meist den Landbewohnern und
gaben sich ihren anderen Beschäftigungen hin. Dabei stellte sich gar bald
heraus, daß der eine besonders geschickt war im Berfertigen von Schuhen,
der andere jedoch konnte besser Kleider nähen. Deshalb kamen sie überein,
daß der eine nur Schuhe und der andere nur Kleider anfertigen sollte: der
eine wurde also Schuster und der andere Kleidermacher oder Schneider. So
ging es auch mit dem Weber, dem Tischler, dem Schmied n. a. Ans solche
Weise entstanden die Handwerker. Die Landbewohner erkannten bald, daß
die von den Handwerkern verfertigten Sachen viel besser waren als die, welche
sie selbst machten. Darum holten sie sich nun Kleider und Schuhe, Möbel
und sonstige Geräte aus der Stadt und beschäftigten sich ausschließlich mit
Ackerbau. Von da an nannte man die Landbewohner Bauern.
3. Da die Städter sich meistens mit einem Handwerke beschäftigten,
waren sie gezwungen, Eier und Butter, Gemüse und Korn von den Bauern
zu kaufen. Diese kamen deshalb zur Stadt und verkauften hier ans einem
freien Platze ihre Erzeugnisse. So entstanden die Märkte, welche in der
Regel in der Woche einmal stattfanden. Später brachten auch die Hand-
werker ihre Waren nach den Marktplätzen und stellten sie in Buden zum
Verkaufe ans. Da dies im Jahre aber nur einmal geschah, hieß man diese
Märkte Jahrmärkte, während man die anderen Wochenmärkte nannte.
Ans den Wochen- und Jahrmärkten wurde viel gekauft und verkauft; es
entwickelte sich daselbst lebhafter Handel.
4. Anfangs hatte man kein Geld; man handelte darum ans andere
Weise als jetzt. Wollte der Schuster einen Anzug und der Schneider Schuhe
haben, so tauschten sie ihre Waren gegenseitig aus. Ebenso machten es die
anderen Handwerker. Der Bauer aber, der von den Handwerkern Waren
haben wollte, gab diesen dafür etwas von seinem Korne. Dieses Korn brachten
die Leute zum Müller, welcher Mehl daraus machte; aus letzterem backte der
Bäcker dann Brot für sie. Für die Arbeit aber durfte der Müller etwas
Mehl und der Bäcker etwas Brot zurückbehalten. So wurde in alter Zeit
gehandelt, und diesen Handel nannte man Tauschhandel. Derselbe war recht
beschwerlich. Bisweilen kam es aber auch vor, daß jemand, der z. B. Kleider
haben wollte, nur einen solchen Gegenstand zum Tausche anbieten konnte, den
der Schneider gerade nicht gebrauchte; dann war ein Tauschhandel gar nicht
möglich. Diesem Ubelstande wurde jedoch bald abgeholfen.
5. An den Grenzen, wo unsere Vorfahren mit den Römern zusammen-
trafen, lernten sie das Geld kennen. Dieses gesiel ihnen so sehr, daß sie es
sich erwarben, und nun wurde ans dem Tauschhandel nach und nach ein
Handel mit Geld. Bald lernten die Deutschen das Geld auch selbst prägen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]