I. Erzählungen
14
Sagt, ob die Leute Unrecht hatten, und ob thr dem
Manne wohl hattet können gut seyn. — Sprüchw. i5,
itz. i Tim. 6, 9. io.
14. Warum war Christian so beliebt?
„ Sag mir nur, Christian, wie kommt es doch, daß
dich die Leut? alle so gern haben'/ Es ist kein Kindtau,
fen und keine Hochzeit und kein Schmaus im Dorfe, wo
du nicht dabei wärst? " So fragte der Landmann Töf-
fel seinen Nachbar. —
Weiß es selbst nicht, Gevatter, antwortete Ehrk-
stian; — ich freue mich, wenns den Leuten wohl geht,
und bin so vergnügt darüber, als wenns n ir selbst wider-
fahren wäre.
„ Aber mich bittet doch niemand," fuhr Töffel fort. —
Wenn du nicht willst böse werden, erwiederte ihm
Christian, so will ich dir wohl sagen, woher das kommt.
Du kannst es immer nicht wohl leiden, wenns Andern
wohl geht, und wenn ihnen etwas Gutes widerfahrt:
man sieht es dir schon an den Augen an, daß du es ih-
nen nicht gönnst. Siehst du, da verdirbst du Andern die
Freude, so ant a!S dir selbst, und da mögen dich denn die
Leute nicht gern haben.
Menschen, die sich mit uns freuen, und an unserm
Glücke aufrichtigen Ancheil nehmen, haben wir immer
gern um uns. Wer mag ein Gesicht gern neben sich se-
hen, das uns immer mit Mißgunst betrachtet? —
Römer 12, 15.
15. Unterschied zwischen Sparsamkeit und Geih.
Zn einxr kleinen Stadt wurden von der Obrigkeit
einige gutdenkende Bürger von Haus zu Haus umherge-
schickt, um eme Beisteuer für die verarmten Einwohner
der Stadt einzusammeln. Sie kamen unter andern früh
morgens auf den Hof eines wohlhabenden Bauers. Sie
fanden ihn vor dem Stalle, und hörten, als sie sich ihm
nähertest, wie er es dem Knechte hart verwies, daß er
die Stricke, woran die Pferde gespannt gewesen waren,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Christian Christian Christian
für Verstand und Herz. 17
uen Hund hinaus." Der Herr und sein Kutscher waren
beide in großer Verlegenheit. Was sollten sie nun ma,
chen? — Die Wege waren nicht mehr zu seden, und
ohnedtts ihnen in dieser (Regend unbekannt. — Wie
wollen noch eine Probe machen, sanken sie, und pochten
an einem ziemlich verfallenen Hause an — „ Wer ist
da?" fraare eine Stimme, die viel sanfter und freund-
licher war, als sie von den übrigen Bauern gehört hat-
ten. Die Stimme kam von einem Dauer der so eben
zur Thür heraustrat. — Sie eröffneten dem Fragenden
ihr Anliegen. — „ Ja, sagte der Mann. ich wollte Sie
gern bei mir behalten, aber bei mir würde es Ihnen wohl
nicht gefallen. Ich könnte nichts als trockenes Brot
vorsetzen, denn ich bin arm — und wo sollte ich Ihre
Pferde hinthun? — Aber warten Sie doch — es
wohnt ein Pächter, ein sehr guter Mann, nicht weit
vom Dorfe, der wird Sie gewiß aufnehmen. Kommen
Sie!" Der freundliche Mann brachte die Reisenden zu
dem Pachter hin, und sie wurden gern von demselben
aufgenommen. *— Wie dankte der Herr von Holdriktek
dem Manne, der ihm aus einer so großen Verlegenheit ge-
holfen hatte. Er drückte ihm bei seinem Abschiede einiges
Geld in die Hand, welches er anzunehmen sich anfangs
sehr weigerte. „Nein, sagte der brave Bauer, ich bin
wohl arm, aber ich will mir doch so eine Kleinigkeit nicht
bezahlen lassen. Man muß ja einauder immer dienen,
ohne sich erst bezahlen zu lassen; wie wollte man denn
sonst durchkommen? Endlich nahm er das Geld — wie
erstaunte er abermals er zu Hause fand, daß es vier schö-
ne blanke Goldstücke waren, die ihm der fremde Herr
gegeben hatte.
Manche Menschen sind bloß darum undienstfertig,
weil sie zu bequem und gemächlich sind. Sie möchten
andern wohl dienen, aber die Mühe scheint ihnen zu
groß. — Matth.5, 4t. 42. r Petrich, io. Luc.6, 38.
r8. Der undankbare Schüler.
Amon wurde von seinen Eltern zwar in die Schule
gebracht; aber nicht dazu angehalten, die Schule ordent-
lich zu besuchen. Daher kam er oft zu spät, und man»
2
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für Verstand und Herz.
21
sollte er schon um Geld spielen. Er hielt es für schimpf-
lich , dies; auszuschlagen; und siehe da, er hatte das
Glück, zu gewinnen. Wir wollen hören, ob das so ein
großes Glück war. Stephan bekam nun sehr viele Lust
zum Spielen, aber er war nicht immer so glücklich wie
im Anfange; oft verlor er die Paar Groschen, welche er
sehr nöthig gebrauchte, um sich Frühstück und Abendbrot
zu kaufen, und dann mußte er hungern. Das gefiel ihm
freilich nicht, aber dennoch konnte er von dem Spielen
nicht loskommen; denn wenn er auch manchmal sich vor-
nahm : heute will ich gewiß nicht wieder ins Wirthshaus
gehen und spielen? so ließ er sich doch immer wieder ver-
führen , wenn einer seiner Kameraden kam, und ihm zu-
redete. Die Hoffnung, das Verlorne wieder zu gewin-
nen, trieb ihn immer wieder in das Wirthshaus und an
den Spieltisch; aber wie traurig schlich er dann des
Abends nach Hause, wenn er nun abermals verldren,
oder doch nichts gewonnen hatte! Einst war er dadurch
in so große Geldnorh gerathen, daß er sich gar nicht mehr
zu helfen wußte, und da kam er auf den schrecklichen Ge-
danken, in einem Hause, wo er arbeitete^ zu stehlen.
Er nahm einen Rock und einen silbernen Löstet weg, nicht
ohne große Angst und Beklemmung. O, hätte er doch
Ueber gehungert, oder andere um eine Gabe angespro,
chen! Als er den Löffel verkaufen wollte, wurde er als ver-
dächtig angehalten, sein Diebstahl kam heraus, under
mußte lange im Gefängnisse sitzen. Dadurch kam er vol-
lends herunter, und von dieser Zeit an wurde er nie wie-
der recht fröhlich, und gelangte auch niemals zu einigem
Wohlstände. Wie traurig sind die Folgen der Spieisucht!
— Sprüchw. i, io Sprüchw. G, 20. Weish.4, 12.
3 Aoh. rr, Matth. 18, 17, 2 Thim. 2, 22.
20. Zu große Sorge für die Gesundheit.
Christian, ein Tagelöhner, war immer sehr für sei-
ne Gesundheit besorgt, und wenn es draußen ein wenig
stürmte, und kalte rauhe Luft war, so wollte er nicht
hinaus, und wollte nicht arbeiten, wenn auch schon seir
ne Frau und seine Kinder nichts zu essen hakten.
x,Dn hist ein schlechter Mensch, sagte ihm sein
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Stephan Matth Christian
24
I. Erzählungen
22. Unreinlichkeit und Reinlichkeit, oder: die. ver-
schiedenen Gaftwirche.
Frau Leonhard machte mit ihren Kindern eine Reife
zu ihrem Bruder, der sechs Meilen von ihr wohnte. Da
sie einige Stunden gefahren waren, so stiegen sie in einem
Wirthshause auf ein halb Stündchen aus, um ein wenig zu
frühstücken. Schon der Eintritt in dieses Haus war ihnen
widrig, so säuisch und unreinlich war es; und als sie in die
Stube traten, da verging allen die Lust zu frühstücken.
Ee war ein Geruch in der Stube, so dumpfig und
widrig, wie bei einer Pfütze, in welcher das Wasser faul
geworden ist; die Fenster so voll Oeldampf, daß man
nicht im Stande war, durch d«e Glasscheiben zu sehen;
die Wände schwarz und rauchig. An keinen Tisch und
Stuhl konnte man greifen, ohne sich zu beschmieren,
und an den Messern und Gabeln, die auf dem Trsche
lagen, konnte man noch das Brot und die Butter von
gestern sehen. Die Gläser, welche daneben standen. hat-
ten alle Spuren an sich, daß sie seit drei Tagen nicht
waren ausgespäht worden, und wie die Sachen in der
Stube aussahen, so sahen der Wirth und seine Kinder
auch aus. Zeder hatte eine schmierige Pudelmütze auf
dem Kopfe; an ihren Kleidern mochten sie seit langer
Zeit die fettigen Finger abgewischt haben: so glänzten sie,
und ihre Hemden und ihr Gesicht und Hände — man
konnte sie nicht ansehen ohne Ekel.
Mutter, wir haben keine Lust zu essen, sagten die
Kinder der Frau Leonhard erlaube uns wieder vor die
Thür zu gehen. Die Mutter erlaubte es ihnen, und ging
selbst mit. „ Da ist ja nicht drinnen auszuhalten, sagte
sie, alle mein Appetit ist weg/' — und die Kinder ver-
sicherten, daß es ihnen eben so gehe. Sie warteten drau-
ßen, bis der Kutscher der nur ein Glas Branntwein
trank, wieder kam, welches auch nicht lange dauerte. —
Nun, sagte der Kutscher, das Glas Schnaps hätte ich
mit Mühe und Noth hinuntergebracht! Es ist doch un,
ausstehlich, was das für eine Unreinlichkeit ist; aber der
Wirth hier wird auch alle Tage ärmer, denn kern Mensch
tritt mehr bei ihm einkehrem
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für Verstand und Herz.
2.7
25. Das Vogelnest.
Karl nahm alle Vogelnester um das ganze Dorf her
ans, fing die Alten bei den Nestern, und. quälte dann
die Vögel, bis sie todt waren. Dadurch gewöhnten sich
alle Vögel von dieser Gegend weg; und im Frühjahre,
da sonst durch den Gesang der Vögel alles erfreuet wird,
war es bei diesem Dorfe «raurig und still. Es gab dage-
gen so viele Raupen und Gewürm daselbst, daß die Leu-
te kein grünes Blatt behielten, und also von ihren Bäu-
men kein nützliches Obst bekamen. Alles ist von Gott
zum Nutzen mit großer Weisheit eingerichtet. Die klei-
nen Vögel singen schön, und tödten für sich und ihre
Jungen sehr viele Raupen und Würmer, welche dm
Daum - und Garkenfrüchten schädlich sind.
Der Mensch hat nach Gottes Erlaubniß die Herr-
schaft über die Thiere, daß er sie zu seinem Nutzen töd-
len kann; aber quälen darf er siè nie, auch nicht aus
Muthwillen tödten. — 5 Mos. 22, 6. Sprüchw. 12, i&,
26. Betrug macht oft eher arm als reich.
Der Kaufmann Merz in dem kleinen Städtchen
Hallberg glaubte durch Betrug am schnellsten wohlhabend
und reich zu werden. Wenn man eine Elle Zeug von ihm
kaufte, so fehlte meist ein Paar Zoll breit daran; nahm
man Kaffee und Zucker und andere Waaren, so war es
niemals richtig gewogen. Ueberdies ließ er sich seine
Waaren fast immer etwas theurer bezahlen als andere,
oder er gab schlechtere und verfälschte Waare.
Nicht lange dauerte es, so war dieser Mann überall
als à betrügerischer Kaufmann bekannt, und jeden, dev
etwas kaufen wollte, warnte man, daß er ja nicht zu
Merzen gehen möchte. Sein Laden war immer ledig.
Er sahe nun wohl ein, daß ec durch Betrug nicht reich
werden könnte. Jetzt wollte er ehrlich seyn; er kaufte die
besten Waaren ein, er wollte richtiges Maaß und Ge-
wicht halten und niemand übertheuern, aber er hatte das
Zutrauen aller Leute yerloren.
Er beredete einigemal einige Nachbarn, ihm wie-
der abzukaufen, und diese sagten es andern, wie znsà
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Ï, Erzählungen
3-s
wöhnischrn Menschen, und war also sehr geneigt, den
Leonhard so lange für einen guten Knaben zu hatten, bis
er Gründe halte, das Gegentheil zu glauben. (Welches
ist das Gegentheil?) Er hielt die Beschuldigungen der
atten Haushälterin daher für falsch, beobachtete ab-r
aus Vorsicht Leonharden desto sorgfältiger, und setzte sei,
ne Ehrlichkeit zuweilen auf eine schwere Probe. Da er
ihn aber nie auf einer Lüge berras, so krauete er ihm auch
keine Betrügerei zu. Oft schickte er ihn aus, um etwas
einzukaufen, und gab ihm dann mehr Geld mit, als er
brauchte, aber immer brachte Leonhard das Uebrige treu,
lich wieder, und nicht selten häkle er wohlfeiler eingekauft,
als Herr Schulz geglaubt halte. — Einst ließ dieser
mit Vorsatz ein Goldstück in einer leeren Geldtute, um
zu sehen, ob Leonhard wohl ehrlich genug seyn würde, es
nicht zu behalten. -Leonhard fand das Goldstück, als ge-
rade ein Diener des Herrn Schulz gegenwärtig war.
Das ist ein gucer Fund, rief dieser freudig aus, dafür
wollen wir uns einen guten Tag machen, lieber Leonhard;
denn so einfältig wirst du doch wohl nicht seyn, das
Goldstück dem Herrn wiederzugeben? Allerdings werde
ich es unserm Herrn wiederbringen, antwortete Leon-
hard; denn ihm gehört es. und nicht uns. Mit gurem
Gewissen können wir es nicht behalten, und ich mag mein
gutes Gewissen nicht verlieren. Er lieferte es auf der
Stelle seinem Herrn ab, und dieser war darüber so er-
freut, daß er es «hm zum Geschenk machte. Seit dieser
Zerr verlor er niemals das Zutrauen seines Wohlthäters;
und da dieser keine Kinder hatte, so setzte er den ehrlichen
und treuen Leonhard zum Erben seines ganzen Vermö-
gens ein. — Sprüchw. io, 2. Luc. 16, io,
29. Auch was dir schwer wird, greife
frisch an, und arbeite es zuerst.
„Ach das ist ein schweres Exempel!» rief der träge
Martin, und rieb sich dazu den Kopf. Er stand erst ein
Weilchen vor dem Tische, er sah das Exempel wohl zehn,
mal an, aber immer blieb das Exempel so schwer, als es
gewesen war.
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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33
für Verstand und Herz.
Vater, der Kaufmann, mußte oft in Geschäften große
Reisen zu Pferde machen, und pflegte alsdann zu seiner
Sicherheit ein Paar geladene Pistolen mit sich zu füh-
ren. Wenn er zurückkam, schoß er dieselben gemeiniglich
los, oder zog die Ladung zu Hause heraus, damit nie,
mand sich ooer Anderen Schaden damit thun möchte. Des,
sen ungeachtet hatte er seinen Söhnen ein-- für allemal
verboten, sowohl diese Pistolen, als auch irgend ein an-
deres Schießgewehr in die Hand zu nehmen, weil Kin,
der damit noch nicht umzugehen wissen, und sich oder An-
dere leicht verletzen können. Ueberhaupt gab er ihnen
die Regel, auch wenn sie erwachsen seyn würden, mit der-
gleichen Gewehren niemals zu spaßen, weil daraus schon
oft großes Unglück entstanden wäre.
Vor einiger Zeit kam dieser Kaufmann von einer
Reift zurück; aber weil er im Kurzen wieder aufs neue
abzureisen gedachte, so hatte et diesmal die Pistolen
nicht abgeschossen. Er legre sie in seine Kammer. Daß
seine Söhne sie da anrühren würden, besorgte er nicht;
denn er harre es ihnen ja ein - für allemal verboten. Aber
was geschah? Am folgenden Morgen, da der Vater aus-
gegangen war, spielten Wilhelm und Christian (so hie-
ßen die beiden Knaben) in eben dieser Kammer^ Die Pi-
stolen lagen auf dem Tische. Laß uns einmal Soldaten
spielen, sagte Wilhelm zu feinem jüngern Bruder, indem
er erne der Pistolen in die Hand nahm, und ihm die an,
dere reichte.
Du! antwortete Christian, weißt du nicht, daß es
uns verboten ist, die Pistolen anzurühren?
Wohl wahr, sagte Wilhelm; aber wir wissen ja,
daß sie nicht geladen sind, denn der Vater sagte ja neu-
lich, daß er sie immer erst abschieße, ehe er zu Hause kom-
me. Und verderben werben wir ja auch nichts daran!
Sieh nur, ich weiß schon recht gut, wie man den Hahn
aufziehen muß, — und so zog er den Hahn an beiden
Pistolen auf. — Vater wird wohl nur gemeint haben,
daß wir keine geladene Pistolen anfassen sollen. — Nun '
stelle dich dahin, und gieb Acht wie ich kommandire;
wenn ich Feuer! rufe, so mußt du abdrücken.
Sy standen Beide gegen einander über, und Wil-
3 '
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Christian Wilhelm Wilhelm Christian Wilhelm Wilhelm
für Verstand und Herz. Z7
gutes Kind müsse Alles thun, was ihm von seinen Eltern
befohlen würde, und Alles unterlassen, was sie ihm unter-
sagten, wenn es auch gleich nicht wisse warum; denn die
Eltern wüßten, was den Kindern gut wäre, und hätten sie
viel zu lieb, als daß sie ihnen etwas Böses rathen sollten.
Damit mußte sich nun Franz beruhigen, und eini-
ge Wochen Ferdinands Umgang vermeiden. Einmal gin-
gen aber seine Eltern aus, um einen Freund zu besuchen:
da wachte bei Franzen auf einmal die Luft auf, zu Fer-
dinand zu gehen. Ferdinand ist ja ein guter und lustiger
Junge. Deine Eltern können dir ja nicht alle Freude
verbieten. Wenn sie es freilich erführen, daß du unge,
horsam gewesen wärest — da wärest du wohl vor Strafe
nicht sicher. Aber wie wollen sie es denn erfahren? sie
find ja abwesend. Ferdinand wird mich gewiß nicht ver-
rathen, und ich — ja ich will gewiß nichts sagen.
Und so ging denn das ungehorsame Kind zu Ferdi-
nand, ob es gleich wußte, daß es ihm seine lieben Elter«
untersagt hatten. Dieser hatte eine große Freude, da
Franz wieder zu ihm kam, den er schon lange nicht« bei
sich gesehen hatte. Er rief geschwind noch einige Kinder
zusammen, und fing sogleich ein Spiel an, das mit
Springen und Toben verknüpft war. Da das Haus
hierzu zu klein war, so liefen sie in den Garten des Nach,
bars, der eben offen stand. Da ging Alles bunt über.
Verschiedene Beere, die mit allerlei Gewächsen besäet wa-
ren, wurden zerrreten; die Aurikeln, Hyacinthe):, Spröß-
linge vom Spargel, Alles wurde zerknickt; einige Nelken-
köpfe wurden umgestoßen und zerbrochen. In der Gesell-
schaft dieser wilden Knaben war Franz auf einmal so wild
geworden, daß er sich ganz und gar vergaß, gar nicht
mehr sah, wohin er lies und trat, und sich gar nicht ein,
fallen ließ, daß ihm dieß unanständige Betragen Ver-
druß zuziehen könnte.
Da die Gesellschaft eben qm wildesten war, kam der
Herr des Gartens, und sahe alle den Unfug, den diese
wilden Knaben angerichtet, und den Schaden, den sie
ihm zugefügt hatten. Da er ein sehr hitziger Mann war,
so wurde er dadurch so aufgebracht, daß er nach einem
Glocke griff, ryn die unbesonnenen Knabe«: zu bestrafen.
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Ferdinands Ferdinand Ferdinand Franz Franz Franz Franz
I. Erzahlmigcn
4
Wilhelm merkte immer genau darauf, welche Feh-
ler jemand an sich hatte, und spottete darüber. Bald
machte er dem kleinen Karl sein Stammeln nach, bald
sprach er wie Friedrich durch dienase, bald hinkte er wie
Goulieb, bald hielt er sich darüber auf, wenn jemand ein
Versehen in seinen Arbeiten gemacht hatte, und erwähn-
le cs viele Tage lang. O, wie vielen Verdruß machte
Wilhelm seinen Mitschülern! Oft trieb er es so arg, daß
sie darüber weinen mußten.
Sein Lehrer bar ihn liebreich, er möchte sich doch
Mühe geben, diesen häßlichen Fehler abzulegen, und da
das nicht bei ihm fruchtete, so wurde Wilhelm einigemal
derb gezüchtigt. Aber auch das half nicht. Wilhelm
wurde nun zwar etwas behutsamer, und nahm sich in
Acht, daß sein Lehrer nichts erfuhr, aber im Grunde
war er um nichts besser geworden. Wilhelm hatte mit
seinen Mitschülern beständigen Zwist, und alle waren ihm
gram; ja einigemal war es bis dahin gekommen, daß sie
ihn derb ausgeprügelt hatten. Das alles machte den thö-
richten Knaben nicht klüger.
Eines Tages verspottete er einen größern und stär-
keren Knaben, den seine Mutter über einer Näscherei
beim Honiglopf ertappt, und mit einigen Ohrfeigen be-
straft hatte. „Du,-* sagte er, „schmeckten dir die Ohr-
feigen gestern auch so gut, als der Honig? " — Der
beleidigte Knabe wurde aufgebracht, und wollte Wilhel-
men schlagen. Dieser suchte sich durch Laufen zu retten,
und da er eben an einer steinernen Treppe war, so hätte
ihn jener fast eingeholt. Schnell wollte Wilhelm die
Stufen hinunter — er versah es, fiel die Treppe in der
Eil herab, und brach das Dein.
Der unglückliche Knabe mußte nach Hause getragen
werden. Hier mußte er vier lange schmerzhafte Wochen
aushalten^ ehe er nur den Fuß ein wenig bewegen durfte,
und ehe er wieder ausgehen konnte, dauerte es wohl noch
dreimal so lange. „Sieh, wie viel Noth du dir durch
deinen Fehler machst, und wie viel Sorge und Kummer
und Geldausgaben wir davon haben, sagten die Ettern.
Wenn du nun nicht einsehen lernst, was das für ein elen-
des Vergnügen ist, Anderer Fehler und Gebrechen zu
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: I._Erzahlmigcn Wilhelm Karl Karl Friedrich Friedrich Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm
€
I. Erzählungen
mtn Manschen etwas von diesem Handel sagen. Wollt
ihrdas?^ „Herzlich gern," anrworleie der Tagelöh-
ner. Nun holre der Sbittb dreißig Thaler und zählte sie
auf. Der Tagelöhner dankte, nahm sie. und ging veri
gnügt nach Hause. Nach vielen Jabren, als oer Wirth,
der indessen lüderlich und arm geworden, sie, den wllre,
da dekaniue er mit großer Angst auf dem Todbette, wie
er den atmen Tage öhner betrogen habe. In dem Brie-
fe, sagte er, hätte gesianden, wer dielen Brief in
Amsterdam bei einem gewissen Mann. vorzeigen würde,
dem sollten zweitausend Thaler (und aliv sehr vielmal
mehr, als der Wirth dem Tagelöhner gegeben) ausge-
zahlt werden, welche er denn auch erhalten, und lüderlich
durchgebrachk härte.
Unschätzbar ist der Werth der Schulen! Lesen, schrei,
den und rechnen lernen, ist einhül-emittel. zu aller wah,
ren Weisheit zu gelangen, und viel Gutes zu können,
-r sileish. io, 8. Sprüchw. 10, 2. Jef.sir. 20, 9.
z. Nächstenliebe.
Ein armer Reisender konnte im tiefen Schnee die
Stadt nicht erreichen, sondern fand sich, als er vor Mü-
digkeit und Kälte am Wege sttzend eingeschlafen war, in
großer Gefahr zu ersrie-en. Zwei Bauern fuhren aus
der Stadt nach Hause. Hans, der den ersten Wagen
fuhr, sah- den Schlatendcn liegen. Da liegt ein Mensch,
rief er, der ist entweder todt, oder betrunken. " Chri,
stian, der den zweiten Wagen fuhr, hielt gleich still,
stieg ab, und versuchte lange, ob er ihn aufwecken könn-
te, fand aber keine Bewegung an ihm. „Komm, rief
Hans, laß ihn liegen; was gehl er uns an? wir müssen
nach Hause “ .. Nein, antwortete Christian, ich habe
in der Swule gehört, daß wenn ein Mensch auch schon
erfroren ist, ein verständiger Arzt ihn dennoch retten kön-
ne. Hilf mir ihn auf meinen Wagen laden, ich will zurück
nach der Stadt fahren und ihn zum Arzi bringen. “ —
„Das wäre mir eben recht, antwortete Hans, ich fitze
hier einmal warm, und sollte mir die Füße wieder kalt
machen!" Und damit fuhr er fort. Christian hob ihn
alfo allem auf seinen Wagen, fuhr nach der Stadt zu-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Wirth Jef.sir Hans Hans Christian Hans Christian