Key er.
i
1. Gründung und Wuppen der Stadt Geyer.
Zweifellos ist die alte Bergstadt Geyer nach den Geiern benannt worden,
jenen Raubvögeln, die früher in dem waldreichen Erzgebirge häufig nisteten. Die
Sage schreibt ihnen die Veranlassung zur Gründling der Stadt zu. Sie berichtet:
„Einst hatten Geier dem Hühnerhofe des Rittergutes Tannenberg
argen Schaden zugefügt. Da bestieg der geschädigte Edelmann sein Jagd-
roß, um den Raubvögeln nachzuspüren. Das Gestrüpp der bewaldeten
Höhe hinderte ihn am weiteren Vordringen; er band daher sein Pferd
an einen Baum, schritt zu Fuß iveiter lind fand den Horst der Geier
ans, zerstörte-das Nest uild erlegte auch die alten Vögel. Als er zll
seinem Rosse zurückkam, hatte es mit seinen Hilfen Zinnstein entblößt.
Der Edellnailn steckte einige Erzstücke zu sich, zeigte sie Kundigen, imb
ans deren Anraten schllig man an dieser Fundstelle ein. So wurde der
Geyersberg fündig. Es geschah dies zu Ansang des 14. Jahrhunderts."
So entstaub das Bergwerk im Geyersberge, desseil Größe wir lloch erfennen
und bewundern, wenn wir am Rande der gewaltigen Biilge stehen, welche dlirch
den Einsturz dieses Bergiverkes entstauben ist.
Die Bergleute siedelten sich im Thale des Geyerbaches a>n Fliße des Berges
all, und immer mehr zogeil herzll. Es bildete sich ilach und nach eine Stadt.
Diese wurde Geyer genannt, weil Geier die Eiltdeckuilg des Erzes und somit die
Gründung der Stadt veranlaßt hatten.
Eine andere Überliefeniilg sagt, im Neste der Geier seien Ziililgrallpeil ge-
wesen, das habe die ^Bergleute angeregt, in der Nähe zll schürfen, und so seien
die Erzschätze entdeckt worden.
So verdankt die Stadt Geyer der Sage nach Grüilduilg lind Nmnen den
Geiern. Der Name der Stadt ließe sich jedoch auch erklären, wenn jene Gründungs-
sagen nicht auf Wahrheit beruhten. Manche Stadt ist nach einem nahen Berge
benanllt worden, man denke cm Schcibenberg oder Schneeberg. Geyer liegt an
einem Berge, der früher mit undurchdringlichem Waldgestrüpp imb Felsblöcken
bedeckt war, sodaß er einen Zufliichtsort für die Geier bot und daruin wohl scholl
in ältester Zeit „der Geyersberg" genannt wurde. Geyer kann dernnach den
Namen auch von dem natjen Geyersberge erhalten haben.
Da nun die Stadt Geyer ihren Namen, wenn nicht sogar ihre Entstehung,
den Geiern verdankt, führt sie diese Vögel auch in ihrem Wappen. Drei Geier-
köpfe sind darauf zll sehell. Leider wissen wir ilicht genmi, wie das Stadtwappcil
von Geyer ursprünglich aussah. In der Haildschrift voll Tschran (1775 be-
endet) heißt es:
„Was das Wappell der Stadt anlanget, so ist darüber kein Docu-
mcnt ausfindig zll machen. Am Rathallse befindet sich das Stadtivappen,
nach alter Bildhauer- und Wappenart in Stein gehauen, welches 3
Geyersköpfe in einem besoilderen Schilde hat, darüber ein offener Helm
mit 3 Spriegeln, und barauf ein Geyer befindlich, unter demselben aber
die Jahreszahl 1496 in Mönchsschrift stehet."
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
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2
Geyer.
Das hier geschilderte Wappen ist noch erhalten, freilich arg beschädigt. Der
Verfasser dieses Abschnittes giebt auf der Bildertafel die Zeichnung davon. Er hat
darauf die fehlenden Teile ergänzt, soweit sich ihre einstige Gestalt ans den Resten er-
kennen ließ. Es fehlten das oberste Stück des Wappens nüt dem Kopfe des Geiers
aus dem Helme, sowie fast alle Verzierungen um Helm und Schild. Gut er-
halten ist der Stein mit der Jahreszahl: Armo dm (= domini) Mccccxcvt.
Im Jahre 1496, zur Zeit der Gründung Annabergs, hat demnach Geyer
schoil ein großes Rathaus besessen. Dasselbe ist aber 1844 durch ein neues er-
setzt worden, wobei das Wappen entfernt wurde. Es steht zu erwarten, daß
dieses nächstens wieder vervollständigt und an einen ihm gebührenden Platz ge-
bracht wird. Roch ist zu erkennen, daß das Wappen vergoldet war und blauen
Grund hatte.
Tsch ran berichtet weiter, daß in der Hauptkirche über dem Ratschore ein
hölzernes Wappen in verändertem Aussehen angebracht gewesen sei. Leider sonnten
wir dieses nicht ausfindig machen. Es wird folgendermaßen beschrieben:
„Im Schilde siehet man einen viereckigten Thurm in: blauen Felde,
mit offnem Thore, daran ein Schild mit 3 Geyersköpfen häilgt. Der
Helm dariiber ist offen, mit einer goldnen Crone, und oben darmlf ein
Rittelgeyer befindlich."
Auch das größere und kleinere Stadtsiegel, soivie das Bergamtsiegel werdeil
geschildert. Aus ersterem hat sich fast ohne Veränderung das heutige Stadt-
wappen entwickelt. (Siehe die Bildertafel!) Die Farben sind folgenderinaßen an-
gegeben: Der Tlirm im blauen Felde ist rötlich. Auf jeder Seite stehen sieben
goldene Sterne. Das Dach ist schieferfarben und trägt zwei goldene Knöpfe mit
Fähnlein. Der Schild ist silbern und zeigt drei Geierköpfe in ihrer natür-
lichen Farbe.
Das Wappen von Geyer ist außerdem noch auf dem sogenannten Dreilagen-
steine zu finden. Dieser ist ein uralter Grenzstein. Aus ihm sieht man das
Wappen von Geyer, das des Abtes von Grünhain und dasjenige der Herren
von Schönburg. Das Wappen von Geyer besteht darauf nur aus drei Geier-
kopsen. Albert Major.
2. Die große Glocke in Geyer.
Schon in früher Morgenstunde nach der Nacht, in welcher Kunz von Kaufungen
die Prinzen geraubt hatte, begann die allgemeine Verfolgung der Räuber. Da
erklang auch von: Turm der Niklaskirche zu Geyer die große Glocke, laut das
geschehene Unheil kündend. Die Glocke zersprang. Urban, der Neffe von Georg
Schmidt, welcher gn dieser Zeit in Geyer anwesend war, teilte bei seiner Rück-
kehr seinem Oheim das Ereignis mit.
„Im Walde dort wert Cunz ertapt,
Da wollt he Beeren naschen"
berichtet der uralte Berg-Reihen weiter. Der Kurfürst aber ließ später aus Dank-
barkeit gegen Gott für die glückliche Errettung seiner Söhne auf seine Kosten die
große Glocke in Geyer umgießen. Ungefähr in dieser Weise wird in der land-
läufigen Art bei der Erzählung des Prinzenraubes der Geyerschen Glocke gedacht.
Zunächst milß festgestellt werden, daß weder die Nikolaikirche, noch die bald
nach dem Prinzenraub umgegoffene Glocke zur Zeit noch vorhanden sind. Die
große Nikolaikirche, welche östlich von der Stadt, links von der Ehrenfrieders-
dorserstraße — die Pflugschar durchschneidet jetzt das Land — stand, wird be-
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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Geyer.
3
reits 1491 urkundlich als nicht mehr vorhanden bezeichnet, wahrscheinlich war sie
durch Brand zerstört worden. Bezüglich des Glockengusses fehlen allerdings gleich-
zeitige Nachrichten; auch ist in dem bekannten Manifest, welches der Kurfürst am
Jakobitagc (26. Juli) 1455 erließ, vorn Glockenläuten nicht die Rede. Peter
Albinus ist der älteste bekannte Chronist, der den Prinzenraub ausführlich erzählt,
und er sagt in seiner Neuen Meißnischen Chronik (1580): „Es haben sich die
Hofleute nicht gesäumet, sondern von Stund an in alle Gegenden geschickt und
sind zum Teil selbst ausgeritten, den Sturmschlag in allen Städten und Dörfern
angehen lassen, daß also das ganze Land rege wurde." Albinus, als geborner
Schneeberger, kannte die Gebrauche des Erzgebirges; er wird wohl nicht ohne
Grund voin Sturmläuten berichtet haben.
Das wichtigste Zeugnis giebt uns der um die Geschichtsforschung in Geyer
so hochverdiente Pastor Blüher, der der Prinzenglocke eine besondere Aufmerksam-
keit gewidmet hat und der den Umguß der Glocke auf Kosten des Kurfürsten für
wahr hält. Nach demselben waren auf der einen Seite der Glocke die Bildnisse
der beiden jungen Fürsten angebracht, auf der andern Seite sah man Kunz auf
der Erde liegend und das Pferd am Zügel haltend, daneben den Fürsten Albrecht
und den Köhler. Oben um die Glocke stand der Vers:
Filiólos Curt abripiebat Saxonis: Ergo
Redditionem hoc aes Christiparae memorat.
und unten:
Aufugiente Ducum plagiario rupta, sed Alrai
Ensiferi sumtu sinn reparata Patris.
A. Mcccclyi.
Blüher hat beide Distichen in folgender Übersetzung wiedergegeben:
Kurt entführte die fürstlichen Prinzen, die himmlische Jungfrau —
Diese Glocke bezeugt's — gab sie uns gnädig zurück.
Ob des fliehenden Räubers der Prinzen laut stürmend zersprang ich.
Doch aus fürstlichem Schatz ward ich wieder verjüngt.
Im Jahre 1580 besichtigte Herzog Albrecht die Prinzenglocke. Sie wurde
nach der Zerstörung der St. Niklaskirche im Turme der Lorenzkirche aufgehängt.
Die Freude über die schöne Glocke ist nicht von langer Dauer gewesen, schon
1535 ist sie abermals zersprungen. Der Umguß der neuen großen Glocke hat
im Jahre 1539 stattgefunden, ob mit Beisteuer Heinrichs des Frommen, wie
vermutet wird, ist nicht erwiesen, er geschah jedoch unzweifelhaft in der berühmten
Hilligerschen Gießhütte in Freiberg. Die große Glocke ist 1,60 m ijod), ihr
Durchmesser beträgt 1,80 m, ihr Ton gilt allgemein als ausgezeichnet. In dem
breiten Laubwerkfries, das sie umgicbt, sind kleine Medaillons angebracht, die
Karl V., Ferdinand I. nebst Gemahlinnen re. darstellen. Vorzüglich gelungen ist das
Rundbildnis Heinrichs des Frommen, wovon wir auf der Bildertnfel eine Abbildung
bringen. Außerdem ist noch der Bibelspruch Johannes 3: Also hat Gott die
Welt re. und die Jahreszahl 1539 auf der Glocke angebracht. Die Angaben
über die Schwere der Glocke sind schwankend, ein Glockengießer versicherte mir,
daß sie über 100 Zentner wiegen müsse. Sei dem, wie ihm wolle, die Geyersche
Gemeinde hängt mit großer Liebe an ihrer Glocke. Dies zeigte sich besonders
im Jahre 1839, als die dreihundertjährige Geburtstagsfeier derselben feierlich
begangen wurde. Und noch heute ruft der eherne Mund der großen Prinzenglocke
die Gemeinde zum Gotteshause und begleitet mit ihrem Schwünge des Lebens
wechselvolle Stunden! Hermann Lungwitz.
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Extrahierte Personennamen: Geyer Peter
Albinus Albinus Schneeberger Albrecht Curt Alrai
Ensiferi A._Mcccclyi Albrecht Albrecht Heinrichs Heinrichs Karl_V. Karl_V. Ferdinand_I. Heinrichs Heinrichs Hermann_Lungwitz
6
Gehe r.
forderungen, Brandschatzungen und Plünderungen aus. Die Orte, welche das
geforderte Geld nicht brachten oder aus Armut nicht bringen konnten, ließ
er pfänden, Vieh und Menschen wegführen, jenes wurde wieder verhandelt oder
nach Böhmen getrieben, die gefangenen Personen aber bis zur Erlangung eines
stattlichen Lösegeldes behalten. So verfuhr man zu Hermaunsdorf, Thum, Ehren-
friedersdorf u. s. w., so auch zu Geyer. Hier fielen die Kroaten am 23. August
1033 ein, brandschatzten und plünderten noch überdies, wobei sie große Grausam-
keiten verübten. Ein zweiundachtzigjähriger Greis, der Zehntner Elias Hammann,
mußte viel Schläge und Martern erdulden; der Viertelsmeister Puzscher ward
vor seiner Hausthüre erschossen. Ein gleicher Überfall erfolgte am 25. November.
Bereits war die Stadt bei bcn Durchmärschen total ausgeplündert und die Be-
wohner zu entfliehen genötigt worden, sodaß Geyer fast wüste stand und nichts
liefern konnte. Doch hatte Hauptmann Ullersdorf durch seinen Schreiber Samuel
Metzler ausgekundschaftet, wenn die Entflohenen in ihre Wohnungen zurück-
kehrten. So ließ er am 25. November früh 7 Uhr eine Abteilung Kroaten
in Geyer einfallen und 3 Personen gefänglich wegführen, den Stadtrichter Georg
Klanß, den Pfarrer Johann Andrä (einen Flüchtling aus Kaden) und einen
schottischen Bergherrn Paul Northosen, ließ sie nach Schwarzenberg bringen, um
für erstere beide 1000 Thaler Lösegeld zu erpressen, letzteren aber, weil er ans
einen über Kroaten gesetzten Leutnant geschossen haben sollte, mit einem schmäh-
lichen Tod bedrohen. Der Pfarrer löste sich mit Geld und Geschmeide von
400 Thaler an Wert, die beiden anderen wurden gerettet durch sächsische Truppen,
die unter Oberst von Taube über Chemnitz anrückten, in Verbindung mit dem in
Zwickau liegenden Bosenschen Regimente das Schwarzenberger Schloß eroberten
und die Besatzung nebst ihrem Kommandanten Ullersdorf gefangen nahmen. Dies
geschah a>n 4. Dezember 1633.
Die Taubeschen und Bosenschen Regimenter besetzten nun auch die hiesige
Umgegend, in Annaberg blieben bis August 1634 4 Kompanien Reiter unter
Oberst Bodenhausen. Doch dauerten die feindlichen Streifzüge von Böhmen aus
fort, und endlich, nach dem Sieg bei Nördlingen über die Schweden, erhielten
die Kaiserlichen völlig die Oberhand in unserm Gebirge, während die sächsischen
Truppen sich auf Zschopau zurückziehen mußten. Namentlich wiederholte der
kaiserliche Oberstleutnant Schütz von Schützky seinen schon im Mai versuchten
Einfall am 28. September, nwbei er Annaberg und Umgebung mit unbarm-
herzigen Brandschatzungen und Plünderungen heimsuchte, bis er, den Hauptmann
Kurt Reinicke von Kallenberg mit 30 Reitern zurücklassend, den 14. Oktober nach
Zwickau abzog. Dieser Hauptmann ließ Geyer von der angedrohten Plünderung
mit 230 Thaler loskaufen und nachher dennoch plündern. Am 27. Oktober
erfolgte der Durchmarsch des kaiserlichen Obersten Schönickel, der, mit 5000 Mann
auf seinem Rückzüge von Zwickau über Annaberg nach Böhmen begriffen, in
Geyer den Stadtrichter wegführen ließ und erst freigab, als die Stadt ihn mit
37 Thaler eingelöst hatte. Diese letztere Nachricht fand sich in einer hiesigen
Gemeinderechnung; wie viel Not und Jammer aber dabei verbreitet worden, läßt
sich vermuten, wenn man weiß, daß Schönickel, obwohl Chemnitzer von Geburt,
doch fern von aller Schonung gegen sein Vaterland war und durch Viehraub,
Plünderung, Sengen und Brennen (namentlich bei Zwickau, wo man eines Tages
15 Schadenfeuer zugleich sah) Furcht und Schrecken verbreitete.
Die heißersehnte Ruhe von solchem Ungemach trat für unser Gebirge und
das ganze Land erst ein, als der Kurfürst am 24. Juni 1635 Friede mit dem
Kaiser schloß und sich soinit von den Schweden trennte.
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TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung]]
Extrahierte Personennamen: Geyer August Zehntner_Elias_Hammann Geyer Samuel Geyer Georg
Klanß Johann_Andrä Johann Schwarzenberger_Schloß August Bodenhausen Schütz_von_Schützky Kurt_Reinicke Geyer Geyer
8
Geyer.
weißer und roter Wein herab. Aus einem größeren Löwenrachen waren dreißig
Jahre lang im gangen deutschen Reich Blut und Thränen geflossen!
Hermann Lungwltz.
5. Salzburger Emigranten ziehen durch Geyer.
Als im Jahre 1732 der Erzbischof von Salzburg, Leopold Anton, Graf
von Firmian, die religiöse Unduldsamkeit bis auf das Äußerste trieb, wanderten
30 000 friedfertige, arbeitsame Protestanten aus und fanden in dem Laude des
Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen gastliche Aufnahme. Auf verschiedenen
Wegen zogen die Emigranten ihrer neuen Heimat zu, und so geschah es auch,
daß ein Trupp Emigranten seinen Weg durch Geyer nahm. Anfangs wollte der
Kommissar Balzig die Vertriebenen nicht durch unsere Stadt führen, da dieselbe
sich zu dieser Zeit infolge des Niederganges des Bergbaues in mißlichen Verhält-
nissen befand. Doch, berichtet eine im Besitz des königlich sächsischen Altertums-
vereins befindliche Handschrift, gab sich der damalige Geyersche Stadtrichter Neubert
selbst die Mühe, am 5. August 1732 nach Zwönitz zu schicken, wo die Ver-
triebenen ihr Nachtlager hätten und sich den Durchzug von ihnen auszubitten.
Als die Bürger Geyers dieses hörten, wurden sie ungemein erfreut, daß sie das
Glück genießen sollten, den Salzburgern Gutes zu erweisen. Sie machten sich
daraufhin für den kommenden Tag bereit, dieselben mit möglicher Liebe aufzu-
nehmen. Die Schule, der Prediger, der ganze Rat und die Bürgerschaft gingen
ihnen entgegen und empfingen sie mit einer Rede. Sie führten die Vertriebenen
bei vollem Geläute in die Stadt, wobei dieselben bewegliche Lieder sangen und auf
dem Markte Betstunde hielten; verlesen wurde Jerem. Kap. 51, welches vou Babels
Zerstörung handelt. Nach der Beendigung des Gottesdienstes verschwanden gleich-
sam die Emigranten, denn die Einwohner nahmen sie in der größten Geschwindig-
keit mit sich, daß man auch für Geld keinen mehr bekommen konnte. Der Priester
der Stadt war ein wenig abgetreten, um einen kranken Salzburger mit Trost
aufzurichten. Er hätte gewiß leer ausgehen müssen, wenn sich nicht der Kom-
missar über ihn erbarmet und ihm zu zwei Personen geholfen hätte. Nach ein-
genommenem Mittagsmahle fing man wieder an, mit der großen und weitberühmten
Glocke zu läuten. Darauf versammelten sich unsere Emigranten und man führte
sie ebenso aus der Stadt, wie man sie eingeholet hatte. Die Abschiedsrede
gründete sich auf Offenbarung St. Johannis 2, 10. Dies alles schrieb man
in die Kirchenmatricul, damit es zum ewigen Andenken beibehalten würde. Sonn-
tags darauf sammelte man auch hier die Kollekte, welche man in Sachsen für
die Salzburger zusammengelegt hatte, sie betrug 19 Thaler 7 Groschen; vorher
war keine Kollekte so reichlich, so lange Geyer gestanden hat. Die Emigranten
zogen von hier aus nach Wolkenstein weiter. Hermann Lungwiv.
6. Evan Evans, der erste Daumwvllspinner Sachsens.
Unter den Prunkgeräten aus den früheren herzoglichen Schlössern, welche im
Museum zu Braun schweig aufbewahrt werden, findet sich auch ein schmuckloses
Spinnrad, das vou Georg Jürgens, einem Braunschweiger, gefertigt sein soll, der
zur Zeit Luthers das Spinnrad erfand und damit die seit Jahrtausenden zum
Spinnen dienende Spindel außer Gebrauch setzte. Geyer hätte ebenfalls Ursache,
eine Maschinenspindel im Rathaus aufzuhängen, denn Evan Evans, ein Geyerscher
Bürger, war es, der das Spinnrad durch das Einführen des Maschinenspinnens
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Geyer Hermann_Lungwltz Geyer Leopold_Anton Leopold Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I. Geyer Neubert August Johannis Geyer Hermann_Lungwiv Evan_Evans Georg_Jürgens Geyer Evan_Evans
Geyer.
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in Sachsen verdrängte. Die Maschinenspinnerei ist eine englische Erfindung.
Man schreibt sie gewöhnlich Richard Arkwright zu; doch haben spätere Nach-
forschungen ergeben, daß er wohl ein großer Verbesserer, aber nicht der Urerfinder
des Maschinenspinnens gewesen ist. In Sachsen waren in den 80er und 9oer
Jahren des vorigen Jahrhunderts kleine Handmaschinen von 10 bis 20 Spulen
zum Spinnen der Baumwolle in Gebrauch. Gegen Ende desselben führte Karl
Friedrich Bernhard das englische Spinnereisystem in Sachsen ein. Seine
Maschinen waren Mulemaschinen; sie wurden in einem dazu errichteten Gebäude
in Harthau bei Chemnitz durch einen Engländer, Namens Watson, aufgestellt.
Da er aber als bloßer Maschinenbauer die Maschinen nicht in Gang zu bringen
wußte, namentlich, wird erzählt, die Trommelschnur nicht aufzuziehen verstand, so
wurde ein englischer Spinner, Evan Evans, aus England herübergerufen, der
auch alsbald auf den Maschinen Garn spann. Der Vater des sächsischen Maschinen-
spinnens, besonders der Baumwollspinnerei, ist Evan Evans. Er ist 1765 in
New-Wales in England geboren und kam im März 1802 auf erhaltene Ver-
anlassung aus Manchester nach Sachsen. Nachdem er sich in Harthau als Spinn-
meister bewährt hatte, ging er nach Dittersdorf, um sich mit Maschinenbaue,: zu
beschäftigen. Mit dem Jahre 1809 siedelte er nach Geyer über und legte drei
Jahre später den Grund zu seiner eigenen großen Fabrik im benachbarten Sieben-
höfen. Evans zeichnete sich als Erfinder auf dem Gebiete des Maschinenspinnens
aus und wurde auch als solcher wiederholt von der sächsischen Negierung aus-
gezeichnet. Er fertigte die Maschinen für eine Menge neu entstehender Fabriken
in Erfenschlag, Wolkenburg, Wegefahrt, Mühlau, Lugau, Plaue, Schlettau re.,
auch für viele kleinere Werkstätten im Erzgebirge und im Vogtland, sowie in und
um Chemnitz. Evan Evans ist am 9. Dezember 1844 in einem Alter von
79 Jahren gestorben und liegt auf dem Friedhofe bei der Hauptkirche in Geyer
begraben. Die Saat aber, die der von groß und klein hochgeachtete Bürger
von Geyer gesät hat, grünt und blüht heute noch fort, denn am Geyersbach, der-
der Zschopau zufließt, hat er seine erste Spinnerei gegründet und längs des
Zschopauflusses haben sich die größten Spinnereien des Sachsenlandes angesiedelt.
Hermann Lungwitz.
7. Die Dinge auf dem Geyersberge bei Geyer.
Einst hätten, so erzählt die Sage, Geier dem Hühnerhof des Rittergutes
Tannenberg argen Schaden zugefügt. Da bestieg der geschädigte Edelmann sein
Jagdroß, um den Raubvögeln nachzuspüren. Das Gestrüpp auf der bewaldeten
Höhe hinderte ihn am weiteren Vordringen, er band daher sein Pferd an einen
Baum, schritt zu Fuß weiter und fand den Horst der Nittelgeier auf, er zerstörte
denselben, ebenso gelang es ihm, die alten Vögel zu erlegen. Als er zu seinem
Roß zurückkam, hatte es mit seinen Hufen Zwitter und Zinngraupen entblößt.
Der Edelmann steckte das Erz zu sich, zeigte es Kundigen und auf deren Anraten
schlug man auf derselben Stelle ein. So wurde der Geyersberg fündig. Es
geschah dies nach Dschrans Vermutung zu Anfange des 14. Jahrhunderts. Die
Ansiedelung aber, welche sich wegen der schon früher aufgefundenen reichen Silber-
und Kupfererze in dem Thalc gebildet hatte, bekam nach den Raubvögeln den
Namen Geyer, und noch heute führt diese Stadt drei Geierköpfe im Wappen.
Die Ausbeute des Geyersberges scheint eine sehr reiche gewesen zu sein, sind
doch aus den Gruben nach einer vom Bergamt zu Freiberg gemachten Zusammen-
stellung von der Auffindung bis zum Jahre 1845 (die Ausbeute nach diesem
Jahre ist ohne Belang) im ganzen rund 72 600 Zentner Zinn gefördert worden,
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Geyer Richard_Arkwright Karl
Friedrich_Bernhard Karl Friedrich Namens_Watson Evan_Evans Evan_Evans Geyer Evans Plaue Evan_Evans Geyer Geyer Hermann_Lungwitz Geyer Horst_der_Nittelgeier Geyer
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Sachsen Chemnitz England New-Wales England Sachsen Erfenschlag Wolkenburg Wegefahrt Mühlau Lugau Schlettau Chemnitz Geyersbach Geyersberg
Geyer.
13
10. Kurzer stirisi der (f>csd)id)tc des Rittergutes Geyersberg.
Bereits mit dem Jahre 1510 erscheint tut Erbbuch der Stadt Geyer das
Besitztum Kaspar Thieles als ein ansehnliches Gut aufgeführt. Nachdem das
Gut im Jahre 1535 in den Besitz Christoph Schnees übergegangen war, ließ
es derselbe mit Genehmigung des Herzogs Heinrich zu einem Ritterlehen oder-
sogenannten Freihof erheben, um cs dadurch der Stadtobrigkeit zu entziehen. Über-
haupt scheint Schnee infolge seines hochfahrenden itnb willkürlichen Wesens zu
dem Stadtrat von Geyer in sehr gespanntem Verhältnis gestanden zu haben, was
aus den vielen Streitigkeiten hervorgeht. Nach dem im Jahre 1556 erfolgten
Tode Schnees gestalteten sich die Verhältnisse des Freihofs „aufm Geyer" insofern
ungünstig, als der nunmehrige Besitzer desselben, Heinrich von Etzdorf, als
Amtmann von Koburg genötigt war, einen Verwalter, Lorenz von Wolnitz, auf
dem Gute einzusetzen, der so wenig Aufsicht führte, daß der Rat in einem Schreiben
vom Jahre 1564 über die durch unvorsichtiges Gebaren der Gutsinsassen ver-
ursachte Feuersgefahr sich beschwerte und zugleich das Gemeindekapital von 247 fl.
kündigte. Daranf sahen sich Schnees Erben nach einem Käufer um, den sie im
Jahre 1565 in dem kurfürstlichen Landbaumeister Hieronymus Lotter fanden.
Unter Lotters Verwaltung erreichte nicht nur das Rittergut seine Blütezeit, sondern
es begann überhaupt in Geyer ein neues Leben, da Lotter den größten Teil des
Geyerschen Zinnbergbaues besaß, den er schwunghaft betrieb. Von ihm erhielt
das Out den Namen „Geyersbergscher Hof" oder „Rittergut Geyersberg", wie
er es auch durch kurfürstlichen Lehnbrief vom Jahre 1569 erlangte, daß dasselbe
auch auf die weibliche Linie forterben durfte. Doch trotz aller Erfolge sollte er
gegen Ende seines Lebens noch in eine recht traurige Lage geraten, da er bei
seinem Landesfürsten in Ungnade fiel und durch unglückliche Unternehmungen sein
ganzes Vermögen verlor. Nach vierjährigem Elende starb er 1580 und hinterließ
seinen 3 Söhnen ein zerrüttetes Erbe. Sie verkauften das Gut nach achtjährigem
Besitze an ihren Hauptgläubiger Philipp Bruck, und dieser überließ cs bereits
1590 für 1300 fl. au Paul Tanner und dessen Schwägerin Anna Büchner,
die bereits vorher den Zinnhandel und Bergbau um Geyer in ihre Hände gebracht
hatten. Da aber seit dem Jahre 1599, in welchem der letzte Sohn Lotters
gestorben war, die Enkel des alten Lotter wieder Erbansprüche auf das groß-
väterliche Gut erhoben, so knin es zu einem recht langwierigen Streit zwischen
ihnen tmb den Tannerschen und Buchnerschen Erben, woraus der häufige Wechsel
der Besitzer des Geyersberges erklärlich wird. Es folgten nämlich auf die Anna
Büchner im Jahre 1615 zunächst deren Erben bis 1617, dann Paul Tauner
auf Neuuhof, von welchem es im Jahre 1619 der Hauptmann und Bergrat
Samson von Hohenwald in Preßnitz kaufte. Letzterer suchte besonders durch
Bierbrauerei und Holzverkauf Nutzen aus dem Nittergute zu ziehen, obwohl er
die Kaufsumme für das Gut nie erlegte, sondern nur ein Angeld von 600 fl.
an Tanner entrichtet hatte. Inzwischen wußten die Enkel des alten Lotter durch
kurfürstlichen Bescheid den Kauf des genannten Hohenwald rückgängig zu machen
und verglichen sich bald darauf mit den Tannerschen und Buchnerschen Erben,
sodas; das Rittergut samt Zinnbergwerk im Jahre 1627 in den Besitz Ludwig
Lotters gegen Zahlung voi: 5000 fl. überging. Alle Bemühungen des neuen
Besitzers um Hebung des arg vernachlässigten Gutes waren erfolglos in der
Schreckenszeit des 30jährigen Krieges; denn ziveimal wurde der Geyersberg ge-
plündert, sodas; er 3 Jahre lang im wüsten Zustande blieb. Lotter selbst wurde
öfter von den Feinden mißhandelt und gepeinigt. Als er kurz nach dem Friedens-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Personennamen: Geyer Geyer Kaspar_Thieles Christoph_Schnees Heinrich Heinrich Geyer Heinrich_von_Etzdorf Heinrich Amtmann_von_Koburg Lorenz_von_Wolnitz Hieronymus_Lotter Geyer Lotter Philipp_Bruck Philipp Anna_Büchner Geyer Anna
Büchner Paul_Tauner Samson_von_Hohenwald Ludwig
Lotters Ludwig Lotter
Das Obererzgebirge.
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stellen — die Bergleute sich jenen Tag „erstritten", um frei von den Sorgen
ihres schweren Berufs einmal sich und ihren Familien ganz angehören zu können.
Damit soll nicht gesagt sein, daß an diesem Tage der Bergwerksbetrieb gänzlich
eingestellt sei, das ist eben nach unseren obigen Darlegungen undenkbar. Aber
die nur irgendwie abkömmlichen Mannschaften feiern an diesem Tage, und wer
sonst, um seinen Verdienst zu erhöhen, neben der Nacht- noch eine Tagschicht
verfuhr — jede annähernd 10 Stunden umfassend — der verzichtet heute gewiß
auf letztere und jede anderweite Nebenbeschäftigung (Holzschnitzerei, Musikmachen,
Garten- und Feldbau u. a.). Daß man aber den Tag als höchstes Fest begeht,
zeigt auch die Paradeuniform, die heute selbst den einfachsten Gaughäuer schmückt.
Die schönste Zierde des Festes aber, will uns bedünken, und zugleich ein rührendes
Ueberbleibsel aus der oft zu Unrecht verspotteten „guten, alten Zeit" bildet die
feierliche Kircheuparade der Belegschaft des Reviers mit nachfolgendem Fest-
gottesdienst in der Hauptkirche. Die Bergleute waren es bekanntlich, deren
unverfälschter frommer Sinn frühzeitig die Irrlehren der römischen Kirche
erkannte und sich dem evangelischen Glauben zuwandte. Noch heute erinnert
ein mit einem Bibelbuch und einem Kelche (aus Eisen) geschmückter gewaltiger
Granitwürfel inmitten des Schneeberger Grubeureviers auf dem „hohen Gebirge"
an die Knappschaftskapelle zu „St. Anna", in der schon im Jahre der Ueber-
gabe der Augsburger Konfession (1530) evangelisch gepredigt wurde.
Die Kirchenparade der Bergleute am 22. Juli gestaltet sich besonders in
der ehrwürdigen Bergstadt Schneeberg zu einem hervorragend merkwürdigen und
glänzenden Schauspiele. Nicht nur, daß sich die Bergleute in ihrer alter-
tümlichen Tracht hier auch in größerer Anzahl beteiligen — jetzt etwa 500
Mann, vor 20 Jahren mochten es über 800 gewesen sein —, sondern auch
des gewaltigen Gotteshauses wegen, wohin sich der Zug zur Festfeier bewegt.
Die Schueeberger Hauptkirche, auf dem höchsten Gipfel des Berges gelegen,
welcher der Stadt ihren Namen gab, ist, aus dem Ertrage der Gruben erbaut,
schon in ihrem gewaltigen Umfange ein Zeugnis frommen Bergmannssinnes
und dem Bergheiligen St. Wolfgang geweiht. Weit und licht, ohne beengende
Emporen, an bereu Stelle ein in drittel Höhe um das ganze Gotteshaus herum-
laufender Prozessionsgang tritt — der Bau wurde im Jahre 1516 katholisch
begonnen, im Jahre 1540 aber vollendet und die Kirche evangelisch eingeweiht —,
gehört das Gotteshaus, das entsprechend seiner spätgotischen Bauart vor nicht
zu langer Zeit innerlich prächtig erneuert ward, zu Sachsens größten Kirchen,
dem nicht einmal die St. Annakirche in Annaberg trotz ihrer gewaltigen Größe
gleichkommt. Die ehernen Zungen des harmonischen Geläutes (G-dur), darunter
Sachsens größte Glocke, die weit über 100 Zentner schwere „Dounerglocke",
begrüßen die in festlichem Zuge Nahenden. Eine besondere Gruppe, die wegen
ihrer kleidsamen und eigenartigen Tracht stets ungeteilteste Aufmerksamkeit
erregt, sind die Blaufarbcnarbeiter. Ihre blinkend weißen, faltigen Blusenhemden,
geschmückt mit den nötigen Rang- und Arbeitsabzeichen, stehen seltsam
mit den schwarzen, grün gesäumten Paradeuniformen der übrigen Bergleute,
deren Lederzeug (Berg- und Knieleder) heute blankgeputzt ist. Altertümlich
nimmt sich bei allen auch der federgeschmückte Tschacko aus, während die berg-
männischen Werkzeuge — Hammer. Schlägel, Fäustel, Spitzhacke rc. — dem
Ganzen ein etwas militärisches Gepräge verleihen. Weniger soldatisch mutet
uns die eigenartige Gangart der Bergleute an, die ihnen offenbar infolge ihrer
Berufsarbeit zur andern Natur geworden ist: wir meinen das Vorbeugen der
Knie bei jedem Schritt. Der Volkswitz nennt daher den uralten Marsch, nach
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Geyer.
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über; ebenso machte sich das neue Grundsteuersystem bei dem Geyerschen Ritter-
gute geltend. Schulz verkaufte das Gut 1859 an Karl Heinrich Zimmer-
mann für 6420 Thaler. Derselbe nahm nüt größter Energie die Verbesserung
des Gutes in Angriff, ließ die Gebäude neu herstellen und errichtete eine Brauerei.
Nachdem Herr Zimmermann das Gut eine lange Reihe von Jahren vorzüglieh
bewirtschaftet hatte, wurde es im Jahre 1891 an Herrn Hugo Diendorf zil einem
Preis von 77 0o0 Mark verkauft. Herr Zimmermann ist am 6. Dezember 1891
gestorben. Herr Diendorf veräußerte die Grundstücke, und die Gebäude gingen
am 8. September 1894 an Herrn Karl Wilhelm Moritz Schürer über. Der
genannte Herr verwendete die Nebengebäude zur Errichtung einer Holzwarenfabrik,
bekannt unter der Firma: Erste Sächsische Waschbretterfabrik C. M. Schürer.
Die Brauerei hatte bereits vorher Herr Franz Naumann erworben. Noch schaut
das im wesentlichen unverändert gebliebene Wohnhaus des Hieronymus Lotter
auf die alte Bergstadt Geyer herab.
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TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Extrahierte Personennamen: Geyer Schulz Karl_Heinrich Karl Heinrich Zimmermann Hugo_Diendorf Zimmermann Karl_Wilhelm_Moritz_Schürer Karl Wilhelm Franz_Naumann Franz Lotter Geyer
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Das Obererzgebirge.
3. Die Bedeutung des Erzgebirges für das Vaterland.
Das Erzgebirge ist seinem Hauptteile nach ein Kammgebirge. Untergegangen
sind die Erinnerungen an die Wenden, bis ans einige Ortsnamen in ihrer Sprache.
Auch sind im Aberglauben noch schwache Spuren des kleinen, schwarzhaarigen,
fremdsprechenden Volkes, das im verschwiegenen Waldthale dem wenig freigebigen
Boden mühsam Nahrung abrang, sich in selbstgewebte grobe Leinen kleidete und
vielleicht mit dem behaarten Fell des bekämpften und erlegten Waldtieres gegen
das rauhfeuchte Klima des Miriquidiwaldes schützte.
Germanen bewohnten das Gebirge erst vom 14. Jahrhundert an. Im
15. Jahrhundert werden Neustädtel, Schlema, Grünhain außer wendisch benannten
Orten schon erwähnt. Da nur wenige zum Kamme vordrangen, blieb das wilde
Waldgebirge eine Scheidewand zwischen den Wohnplätzen der Slaven in Böhmen
und derer in wachsen. Die Scheidewand erleichterte die Erhaltung und Ein-
führung des Deutschtums und damit einer höheren Entwicklungsstufe.
Diese schützende Rolle spielte das Gebirge auch im Hussitenkriege. Die
Gebirgsmauer hinderte die Unternehmungen der Hussiten sehr, indem sie von
einem eigentlichen Besitzergreifen des Landes abgehalten wurden.
Als im 30jährigen Kriege Sachsen Kriegsschauplatz wurde, da hinderte das
Gebirge den österreichischen Kaiser, das für ihn als Wiege der Reformation
wichtige Land zu behaupten und unmittelbar Einfluß zu gewinnen.
Wie in geschichtlicher, so ist auch in natürlicher Beziehung das Gebirge
wichtig für Sachsen. Noch heute finden wir stattliche Wälder. Der Wald aber
ist der Vermittler zwischen Luft und Erde. Den rasenden Lauf der Stürme
weiß der Wald zu besänftigen, die gefahrdrohende Gewitterelektrizität leitet er
ab, das Wasser lenkt er in die Tiefe, aus der es in dem Seitenthale als Quelle
hervorbricht, die Fluren des Landmanns tränkt er, dem Müller treibt er die Mühle
und günstige Gelegenheit zur Ansiedlung bietet er allen denen, die der Wasser-
kraft bedürfen. Solche Ansiedlungen bergen die Thäler der Mulde, der Zschopau,
der Sehma, der Chemnitz. Im Sommer dient das Gebirge als die Sparbüchse,
die bei Wassermangel noch die Not lindern kann. Außer dem Wasser spendet
das Gebirge auch dem Lande Holz, das als Brenn- und Bauholz verwertet
wird. Zn erwähnen sind besonders die ans den Holzreichtum sich stützenden
bodenständigen Gewerbe, so früher die Glasfabrikation, jetzt die Holzschleiferei
und Spielwarenfabrikation. Auch die Eisenindustrie, die früher im Gebirge
blühte, war ans den Holzreichtum zurückzuführen. Das Erlöschen derselben folgte
auf die Verteuerung des Holzes. Wichtig sind auch die Torflager.
Aber auch im Innern birgt das Erzgebirge Schütze fürs Land. Im
steinernen Gebirgskörper schlummerten Silberadern. Die Reichtümer verhalfen
den Landesfürsten zur Hebung der Macht und des Einflusses unseres Landes.
Es entstanden neue Bergorte, die vielfach für die Entwicklung des Landes auch
in geistiger Beziehung wichtig geworden sind: wie Freiberg, Annaberg und
andere Städte.
Mit dem Erzbergbau in Verbindung stehen die Blaufarbcnwerke, die von
bedeutendem Einfluß auf Handelsbeziehungen znm Auslande wurden. Ihren
eigentlichen Ursprung haben die großartigen chemischen Fabriken in den Glashütten
gehabt, die der Holzreichtum des Gebirges in Begleitung der Bergwerke entstehen
ließ. 1822 erfand in Schneeberg Dr. Geitner die Bereitung des wichtigen
Argentaos oder Neusilbers. Eine Grube bei Aue lieferte Böttcher den Stoff
zu seinen Versuchen, deren Ergebnis die Porzellanerzeugung in Sachsen wurde.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]