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Mittlere Geschichte.
3 Frankreich.
§ 57. Im Westen von Deutschland war es Frankreich, das sich aus sehr kleinen Anfängen zu einer höchst bedeutenden Macht aufschwang. Hugo Cap et, der 987 auf den Thron kam, besaß nur rin geiinges Ansehen, da die erblich gewordenen Herzoge und Graseu fast unumschränkte Gewalt hatten. Um so mehr Geeiferten sich die Capetinger, deren 14 bis 1828 regierten, die königliche Macht wieder herzustellen, indem sie die Lehen wieder an sich zogen. Unter ihnen waren manche kräftige und entschlossene Männer; aber der Grundzug ihres Charakters war meist List, Verschlagenheit und Grausamkeit. Wir kennen Philipp Iv. ans der Geschichte der Tempelherren. Eine rühmliche Ausnahme machte Ludwig Ix. oder der Heilige (1226 — 70), der durch eine seltene Frömmigkeit sich auszeichnete, freilich nach Art seiner Zeit. Er genoß z. B. nur einmal des Jahres Obst, trug auch bisweilen ein härenes Kleid auf blosem Leibe. Wöchentlich ließ er sich vou einem Geistlichen mit Kettchen den Rücken blutig geißeln; und da ihn einer derselben besonders hart zu schlagen pflegte, äußerte er doch erst nach dessen Tod, wie Übel er es unter ihm gehabt habe. Täglich besuchte er die Kirche und Messen; täglich las er in der Bibel und in den Kirchenvätern; nie duldete er müßige Gespräche. Er verschaffte sich für schweres Geld ein vermeintliches Stück des heit. Kreuzes, des Schwammes und der Dornenkrone Christi, und wallsahrtete nun jeden Donnerstag barfuß zu diesen Reliquien, bewegte sich aus den Knieen zu ihnen hin und küßte das Kreuz, wobei er sich selbst aus den Boden in Gestalt eines Kreuzes hinstreckte. Arme und Kranke lud er zu Tische, wartete ihnen auf, wusch ihre Füße und küßte sie. Bei all dem war er ein kräftiger Regent, der mit Einsicht alle Staatsangelegenheiten leitete, als entschlossener Krieger namentlich in seinen Kreuzzügen sich hervorthat und die königliche Macht glücklich erweiterte. Nur Schade, daß seine Frömmig-
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86 Mittlere Geschichte.
zur Donau unter römische Herrschaft. Aber 9 n. Chr. verlockten die Deutschen unter dem tapferen Armin die Römer in die unwegsamen Gegenden des Teutoburger Waldes, cm den Dueueu der Ems und Lippe, und drei römische Legionen giengen zu Grunde. Seitdem begnügte sich Rom, zu bloßer Abwehr zahlreiche Truppen an den Grenzen zu unterhalten; und au den Ufern von Rhein und Donau entstanden viele römische Städte. Später (167 li. 168) fielen sogenannte Marko m anne n zweimal in Italien ein und nur mit Mühe konnten sie zurückgewiesen werden. Das Gefürchtete war nicht mehr aufzuhalten. Die Germanen zogen sich in immer größeren Haufen zusammen; und ihre Einfälle an allen Grenzen des Reichs wurden immer häufiger und drohender, obwohl zunächst nur plündernd. Endlich gab das ferne Volk der Hunnen den Völkermassen einen Stoß, in Folge dessen sie wie in Wolkenbrüchen über die Saatfelder der römischen Welt hereinflnteten.
2 Die Hunnen und Westgothen.
§ 36. Die Hunnen, ein asiatisches Nomadenvolk, von schwarzgelber Farbe, klein von Statur, mit tiefliegenden Augen, zu allen Strapazen abgehärtet, erschienen Plötzlich 375 von den Grenzen China's her mit furchtbarem Andrang an den Ufern der Wolga. Zuerst schlugen sie die Alanen, die sich nun mit ihnen vereinigten. Dann zersprengten sie die Dstgotheu; und als sie sofort beim Mondschein Über den Dniester setzten, flohen die Westgothen, welche die wilden Ankömmlinge als böse Geister der Wüste ansahen, unaufhaltsam zur Donau, und baten flehentlich den Kaiser Valeus, übersetzen und im römischen Gebiet sich niederlassen zu dürfen, wogegen sie Ruhe, Gehorsam und Kriegsdienst versprachen. Valens freute sich der tapferen Leute; rasch wurden sie auf Schiffen, Flößen und Baumstämmen übergesetzt, wohl eine Million an der Zahl. Sie nahmen das Christenthum an, in welchem sie schon vorher der Bischof Wnlsila un-
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Iv. Einzelne Staaten Europa's. 151
Habseligkeiten, auch sein Pferd mußte er zurücklassen. Ein alter Bekannter, der ihn freundlich aufnahm, wollte ihn verrathen; indessen half ihm dessen Gattin heimlich fort. Er diente als Drescher, sein seines Hemd verrieth ihn, und er mußte weiter. Eiu Pfarrer verbarg ihn acht Tage lang in seiner Kirche, und übergab ihn dann einem treuen Bauern, Nilson, der ihn als Knecht anstellte. Eben saß er am Osen sich zu warnen, als dänische Soldaten eintraten. Die besonnene Frau kam nach, schlug ihn mit dem Spaten, seine Faulheit scheltend und wies ihn zur Stube hinaus. Da wollte Nilson ihn fortführen und legte ihn auf einen Wagen mtb Stroh darauf. Dänische Reiter hielten ihn an, durchstachen das Stroh und verwundeten Gnstav's Bein, daß Blut floß. Nilson aber ritzte schnell sein Pferd mit dem Messer, und den Soldaten wurden so die Blutspureu im Schnee erklärlich. Gustav hoffte in der Provinz Deilar tt a mit feiner Beredsamkeit durchdringen zu können. Im Flecken Mora schilderte er mit lebhaften Farben die geschehenen Greuel. Schon jagten die Leute muthig die herbeikommenden dänischen Soldaten fort; und da auch andere schwedische Offiziere kamen und dasselbe erzählten, hatte Gustav gewonnen. Schaarenweise sammelten sich die Seilte um ihn. Er organisirte das kleine Heer, rückte vor, siegte und gewann immer zahlreicheren Anhang. So wurden die Dänen vertrieben, und die dankbaren Schweden erhoben Gustav zuerst zum Reichsvorsteher, daun zum Könige (1523). Die calmarische Union wurde aufgehoben und Schweden ein Wahlreich. Christian Ii. zog sich auch den Haß der Däueu zu; diese setzten ihn (1523) ab und wählten seinen Oheim Friedrich I., Herzog von Schleswig-Holstein an seine Stelle. In der Folge gerieth er in die Gefangenschaft Friedrichs, und blieb 20 Jahre lang in Haft. Nachdem lebte er noch nenn Jahre, verständiger als vorher, und starb bedeutungslos im 78. Jahre seines Alters.
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164 Mittlere Geschichte.
lich hiebei man mit ihnen verfuhr, könnet ihr in der Kirchengeschichte nachlesen. Durch fortgesetzte Verfolgungen wurden sie auseinandergesprengt; und das hatte die gute Folge, daß ihre Lehren sich weiter ausbreiteten.
Ein anderer Reformator rechter Art war der gelehrte Dr. Joh. Wicliff, 1320 in England geboren. Dieser griff zuerst den Tribut au, deu damals der Papst noch von England ansprach. Er forschte aber weiter, und die heil. Schrift führte ihn auf das nämliche, was die Waldenser lehrten. Seine zahlreichen Schriften fanden großen Beifall; er übersetzte die Bibel ins Englische und verbreitete sie iu Abschriften; trotz aller Verfolgungen starb er doch zuletzt im Frieden (1384). Nach seinem Tode wurden seine Anhänger heftig verfolgt; und die b. Väter zu Coustauz verdammten ihn (1415) noch im Grabe als einen Erzkezer. Seine Gebeine wurden 1428 ansgegraben und verbrannt; aber seine Lehren erhielten sich in seinen Schriften, deren viele nach Böhmen kamen, wo sie große Bewegungen veranlaßten.
Hier wurde Joh. Hus, geb. 1369, und s. 1402 Prediger in Prag, einer neuen Universitätsstadt, nebst seinem Freunde Hieronymus durch die h. Schrift zur rechten Erkenntniß gebracht. Er konnte nicht schweigen, sondern erhob sich in kräftigen und einfachen Predigten unter dem Volke wider die großen Irrthümer der Kirche. Der Eingang, den er fand, war außerordentlich; aber auch an Feinden fehlte es nicht, die ihn verklagten, so daß der Papst ihm das Predigen verbot. Unter dem Schutze vieler Großen jedoch, namentlich des Königs Wenzel, predigte er fort; und reichen Stoff gab ihm die Krenzbulle des Papstes Johann Xxiii. (1412), in welcher Jedem vollkommener Ablaß versprochen wurde, der den Papst in seinem Kriege mit Neapel unterstützen würde. Endlich wurde Hus mit dem Bann belegt und die Stadt Prag mit dem Juterbict, wenn sie länger den Erzkezer beherbergen würde. Er verließ die Stadt, predigte aber ans dem Lande bald hier, bald da, auf Feldern,
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Mittlerere schichte.
Kaiser Friedrich I.
mit allen Städtezertrümmerungen kam er kein Haar breit weiter in der Anerkennung seiner Macht. Nicht minder kräftig stand er wider den Papst auf. Nach Hadrians Iv. Tod, der ihn gekrönt hatte, wurde Alexander Iii. gewählt, dem jedoch Friedrich einen andern Papst entgegensetzte. Aber Alexander flüchtete sich nach Frankreich, that ihn in den Bann und hieng sich unerschütterlich an seine
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184 Neue Geschichte
König selbst hielt es für verdienstlich, mit feinem ganzen Hofe dein Schauspiele beizuwohnen und den Qualen von Hunderten zuzusehen. Auch politisch Freisinnige wurden diesem Gericht Übergeben. — Den maurischen Ueberbleib-seht ferner verbot der König bei Todesstrafe ihre eigenthümliche Religion, Kleidung, Sitte und Sprache; und in einem Aufstaude kamen ihrer 100,000 uni's Leben. Auch die äußere Thätigkeit des Volks wurde durch übertriebene Zölle und Handelsbeschränkungen gelähmt; und da alles nach den Kolonien auszuwandern strebte, wurde Spanien immer menschenleerer. Mit derselben Despotie wollte Philipp auch die Niederlande unterjochen. Da aber entspann sich ein merkwürdiger Freiheitskampf, dessen Ende der König nicht mehr erlebte (s. § 74). Noch vieles abscheuliche ließe sich von ihm anführen, namentlich wie er Meuchelmörder zu dingen und Gift zu mischen verstand. Auch fein Sohn Don Karlos starb im Gefängniß. Kein Wunder, daß einem so herzlosen Könige von allen Seiten Fluch und Abscheu iu's Grab folgte. Seiu Sohnphilippiii. (1598—1621) machte es noch ärger; unter ihm wurde die Staatshaushaltung so niederträchtig geführt, daß man selbst feines Vaters Regierung zurückwünschte! Er jagte vollends 1609 die Mauren, wohl eine halbe Million der fleißigsten Pächter und Fabrikanten, aus dem Laude. Später erklärte der hohe Rath mit Wehmuth: „So sei Spanien nie entvölkert gewesen, wie jetzt (statt 20 Millionen zählte man nur noch 9); wertn Gott nicht helfe, fei das Reich verloren. Ueberall sehe matt Ruinen von Häusern, und Niemand baue sie. Städte und Dörfer lägen verödet, und der Ackerbau und alle Gewerbe seien im tiefsten Verfall." So schnell war Spaniens Glanzzeit dahin!
3. Die Niederlande.
§ 74. Die 17 Provinzen an der Nordsee standen früher unter einzelnen Herren, welche Vasallen des deutschen Reiches waren, bis sie an Burgund kamen, sodann
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122 Mittlere Geschichte.
(Untersagung alles Gottesdienstes), dann verschenkte er es kurze Zeit an Frankreich. So gewaltthätig konnten die Päpste jetzt handeln. Gregor Ix. führte die Jnqni-sitionsgerichte ein; und endlich lehrte gar einer, daß alle Christen bei Verlust der Seligkeit zu glauben verbunden seien, der Papst habe über alle Menschen zu gebieten.
Mit Friedrich Ii. indessen saß ein weltlicher Monarch auf dem Thron, den alle Bannflüche des Papstes nicht unterdrücken konnten. Mit der Thatkraft seines Großvaters verband er eine vielseitige Bildung, welche zur Wohlfahrt seiner Völker Großes hätte unternehmen können, wenn nicht eben der Kampf mit dem Papste alle seine Kräfte in Anspruch genommen hätte. Den mächtigen Kaiser so ganz an ihrer Seite in Neapel zu haben, war den Päpsten besonders lästig. Darum hatte schon Innocenz lll. ihm die Krone Deutschlands nur unter der Bedingung zugesagt, daß er sich dort niederließe und seinen Sohn mit Neapel belehnte, und daß er einen Kreuzzug unternehmen sollte. Allein dem Kaiser sagte es besser in Italien zu; und den Kreuzzug verschob er von Jahr zu Jahr. Wegen dieses Verzugs that ihn endlich Gregor Ix. in den Bann (1227); und wie er sodann als Verbannter sich auf den Weg machte, tobte der Papst noch heftiger wider ihn und ließ seine Truppen in seine Länder einrücken. Friedrich gewann Jerusalem, kehrte schnell zurück und zwang den Papst zum Frieden. Wahrend seines späteren Kampfes mit den Lombarden kam er abermals in den Bann (1239); aber er wußte die Prälaten, die zu seinem Untergang sich in Nizza versammeln wollten, gefangen zu nehmen, wodurch der greise Gregor so erschüttert wurde, daß er vor Grimm den Geist aufgab (1241). Inno* cenz Iv., des Kaisers Nähe fürchtend, flüchtete sich nach Lyon, um desto freier wider ihn handeln und fluchen zu können. Hier schlenderte er (1245) den furchtbarsten Bannfluch über den Kaiser ans, mit den Worten: „Wir erklären ihn als von Gott verstoßen und verworfen, und jeder Ehre und Würde verlustig. Alle, die durch den Eid
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Iii Papstthum und Kaiserthum.
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eutften Bitte um Hilfe wider die Ungläubigen. Er erhielt die Erlaubniß, umherzuziehen; mit barfuß auf einem Esel reitend, tas härene Pilgerkleid mit einem Strick umgürtet, tas Crnzifix in ter Hand, durchzog er Stätte und Länder, und schilderte auf Gassen und Märkten und in Kirchen mit glühenden Farben und unter heißen Thräneuströnieu die Bedrängnisse des heil. Landes. Bald glühte nur Ein Feuer der Begeisterung durch die Christenheit; und endlich (1095) beschloß Urban auf zwei großen Kircheuversammliingen den Eroberungszug nach Kanaan. Hohe und Niedere drängten sich herzu, das rothe Kreuz von Tuch oder Seide aus den Häuten ter Geistlichen zu empfangen, tas sie zum Zeichen, taß sie als Kreuzfahrer zum Kreuzzuge sich anschicken wollten, an tie rechte Schulter hefteten. Große Verheißungen wurden an die Theilnahme geknüpft, namentlich vollständige Vergebung
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128 Mittlere Geschichte.
Palästina angetreten haben. Die meisten kamen unterwegs um. Am glücklichsten war Friedrich Ii., der (S. 122) als Verbannter auszog. Der Papst verfolgte ihn zwar mit dem Bannstrahl über das Meer hinüber: er verbot ihm, das heilige Land zu betreten, verwehrte den Kreuzfahrern, zu ihm überzuschisfeu, und gebot dem Patriarchen von Jerusalem, mit ihm keine Gemeinschaft zu machen. Allein Friebrichs Geist brang durch. Fast ohne Schwertstreich schloß er mit dem ägyptischen Sultan einen zehnjährigen Wasfeustillstanb, der ihm Jerusalem nebst andern Orten abtrat. Er zog triumphireud in der Stadt ein, wallte zum heiligen Grabe, und weil ihm, dem Verbannten, fein Prälat zu Diensten sein wollte, setzte er sich mit eigenen Hauben die Königskrone auf (1229).
Die Freude der Christenheit währte kurze Zeit. Eben damals gieiigen von der Mitte Asiens gewaltige, den halben Erdkreis erschütternde Bewegungen hervor, indem die Mongolen von einem unwiderstehlichen Eroberungsgeiste beseelt wurden. Ihr Oberhaupt Dschingischan eroberte Mittelasien, durchstürmte China bis zur Halbinsel Korea, brach dann mit 700,000 Manu gegen Westen vor, und unterwarf sich die Bulgaren, Kaünüken, Perser bis an den Euphrat. Er starb 1227. Seine Nachfolger kamen selbst bis nach Polen und Schlesien, wo sie manche Städte zerstörten, und nach der blutigen Schlacht bei Liegnitz (1241) 9 Säcke mit den rechten Ohren der Erschlagenen füllten. Vor diesen Mongolen fliehend, stürmten andere wilde Völker gegen Syrien her; und die Chowaresmier nahmen mit schrecklicher Wildheit Jerusalem ein, schlugen die Christen bei Gaza völlig auf's Haupt und ließen diesen nur wenige Plätze (1241).
Was sollte das Abendland machen? Der Eifer für die Kreuzzüge war am Erlöschen; und Gregor Ix. mußte seinen Kreuzpredigern dadurch Bahn machen, daß er Jedermann bei Strafe des Bannes ihre Vorträge anzuhören befahl. Endlich ließ sich noch der fromme französische König Ludwig Ix. bethören. Er wollte zuerst Aegypten
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Mittlere Geschichte.
beförderte Biederkeit und andere bürgerliche Tugenden. Auch weckte es Lust zur Poesie, und damit die ersten Keime der Volksbildung in der Nacht der Barbarei. Allmählich aber nahmen Prunksucht, Völlerei und Gewaltthätigkeit unter den Rittern überhand; und von ihren Burgen herab wurden viele privilegirte Aiänber. Später, da das Staatsleben geregelter wurde, waren sie entbehrlich. Doch verloren sie sich erst im Laufe des 16. Jahrhunderts, wozn die Erfindung des Schießpnlvers und die Ausstellung stehender Heere am meisten beitrug.
9. Die Habsburger.
§ 53. Der Verwirrung in Deutschland zu steuern, trachteten die Stände darnach, einen tüchtigen Mann znm Throne zu erhebeu. Sie vereinigten sich für Rudolph, Graf von Habsbnrg (in der Schweiz). Er war klug und wohlwollend, entschlossen und thätig, dabei einfach und leutselig. Noch als Gras begegnete er einst einem Priester, der einem Kranken das heil. Abendmahl reichen sollte. Der Weg war vom Regen verdorben, daher stieg Rudolph von seinem Pferde und bot dieses dem Priester an mit den Worten: „Es würde mir übel anstehen, zu reiten, indeß der, welcher den Leib des Herrn trägt, zu Fuß geht." Als ihm nachher der Priester das Pferd zurückgeben wollte, weigerte er sich, es anzunehmen, nachdem es einen Herrgott getragen. Solcher Sinn zeichnete seine ganze Regierung aus, dem Papst aber schwur er gar einen Unterthaneneid! Er belagerte eben Basel, als ihm (1273) seine Erhebung gemeldet wurde. Basel öffnete ihm sogleich die Thore und leistete ihm den Eid der Treue. Zu Aachen wurde er gekrönt. Manche Fürsten wollten ihm nicht huldigen, weil das Reichsscepter fehle, auf welches gewöhnlich die Huldigung geleistet wurde. Da ergriff er rasch eilt Krucifix, hob es in die Höhe und sprach: „Dieses Sinnbild der Erlösung sei mir ein Scepter gegen Alle, die mir und dem Reiche treulos sind." Er bot es den Fürsten hin, sie küßten es und huldigten ihm. Ohne
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