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artige, klare Masse wird geringer und zertheilt sich. Der
junge Frosch schlüpft aus. Welche wunderliche Gestalt
zeigt er! Ein rundes, schwarzes Körperchen und daran
ein langer, breiter Schwanz, das ist das ganze Thier.
5. Am Körperchen ist noch kein Unterschied von Kopf, Hals,
Rumpf und Bauch zu merken; nur die Augen und den
Mund sehen wir daran und an den Seiten ragen zwei
zartgefaserte Häutchen in das Wasser. Dies sind Kie-
men, durch die das Thierchen Athem holt. Sie sind ge-
10. eignet, die Luft aufzunehmen, die in dem Wasser ist.
Lustig ist es anzusehen, wie das junge Fröschchen sich
bewegt. Es besitzen zwar viele Thiere einen Schwanz:
das Pferd wedelt mit dem seinen sich die Fliegen ab, der
Hund gibt durch Wedeln mit demselben seine Freude zu
15. erkennen, einige Thiere, z. B. manche Affen klettern auch
damit, aber alle diese Thiere haben außer ihm noch andre
Werkzeuge der Bewegung, der Schwanz scheint mehr so
nebenbei da zu sein, so daß man manchen Hunden und
Pferden ihn abhaut, ohne daß cs ihnen weiter etwas
20. schadet und sie etwa in ihrer Schnelligkeit irgend hin-
derte, beim jungen Frosch hingegen ist der Schwanz sein
Ein und Alles, Hand und Fuß und Flosse. Nur mit
ihm kann sich das kleine glatte Thierchen fortbewegen
und es sieht sich niedlich zu, wie der junge Frosch, den
25. man in diesem Zustande wohl Kuhlquappe nennt, so schnell
und munter links und rechts im Hellen Wasser schwimmt,
nach der Oberfläche steigt oder nach dem Grunde taucht.
Jetzt rudert er mitten hinein in einen dichten Schwarm
von Würmchen und frißt sich satt, jetzt fährt er an ei«
30. ner Wasserschnecke schnell vorbei und besieht sich ihr ge-
wundenes Gehäuse, dann flieht er wieder vor einem Fisch
in einen dichten Busch von Wasserstern, der in dem Teiche
wächst. Nachdem das Fröschchen sich eine geraume Zeit
mit seinem Schwänzchen hat forthelfen müssen, fangen
35. die beiden Hinterfüße an zu wachsen. Zuerst nur wie
zwei Häckchen erscheinend, werden sie allmählich immer
größer, bis sie endlich mit Schenkeln, mit Zehen und mit
Schwimmhäuten versehen, vollständig fertig sind. Wenn
vorher von der Schaar von Fröschlein, die nur den Schwanz
40. zum Schwimmen besaßen, sehr viele von räuberischen
Fischen verzehrt wurden, so wird es diesen mordbegieri-
gen Feinden schon viel schwieriger, eins habhaft zu wer-
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49
lein aus 19 Und feget mit den Händen, was sich da
Alleö regt, 20 3u Haufen in das Tüchlein, das sie zu-
sammenschlägt;
21 Und eilt mit freud'gen Sprüngen (man weiß,
wie Kinder sind) 22 Zur Burg hinan und suchet den 5.
Vater auf geschwind: 23 „Ei Vater, lieber Vater, ein
Spielding wunderschön! 24 So Allerliebstes sah ich noch
nie auf unsern Höh'n."
25 Der Alte saß am Tische und trank den kühlen
Wein, 20 Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töch- 10.
terlein: 21 „Was Zappeliches bringst du in deinem Tuch
herbei? 23 Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was
es fei."
20 Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behut-
sam an, "Den Bauer aufzustellen, den Pflug und das 15.
Gespann. 31 Wie Alles auf dem Tische sic zierlich auf-
gebaut, 32 Da klatscht sie in die Hände und springt
und jubelt laut.
33 Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt
und spricht: 34 „Was hast du angerichtet? Das ist 20.
kein Spielzeug nicht; 33 Wo du es hergenommen, da
trag' es wieder hin: 39 Der Bauer ist kein Spielzeug,
was kommt dir in den Sinn!
37 Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein
Gebot: 3.3 Denn wäre nicht der Bauer, so hättest du 25.
kein Brod; 39 Es sproßt der Stamm der Niesen aus
Bauermark hervor; 49 Der Bauer ist kein Spielzeug,
da sei uns Gott davor!"
47 Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl be-
kannt: 42 Die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Nie- 30.
sen stand. 43 Sie selbst ist nun zerfallen, die Stätte
wüst und leer; 44 Und fragst du nach den Riesen, du
findest sie nicht mehr. Chamisso.
83, Sonnenkäfer.
Man nennt diesen niedlichen Käser, insbesondere den bekanntesten
unter ihnen, den Siebenpunkt, auch Marienkäfer, Muhknhchen, Herr- 35.
gottskälbchen u. s. w. Sie thun nirgends Schaden, stiften dagegen
viel Nutzen, indem ihre sehr beweglichen Larven auf allen Pflanzen
herumklettern und einzig von Blattläusen leben. Die Käfer nähren
sich von derselben Speise, nehmen aber weit weniger zu sich. Man
sieht sie fast allenthalben herumkriechen, zuweilen auch fliegen, und 40,
findet sie selbst mitten im Winter in Häusern, wo sie entweder in der
warmen Stube herumlaufen, oder bei milden Tagen und Sonnen-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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68
' 1 „Grosse Städte, reiche Klöster,“ 2lud\vig, Herr von Baiern
sprach, 3„Schaffen, dass mein Land den euern 4 Wohl nicht steht
an Schätzen nach.“
4eberhard, der mit dem Barte, 2würtembergs geliebter Herr,
5. 3sprach: „Mein Land hat kleine Städte, 4trägt nicht Berge sil-
berschwer ;
4hoch ein Kleinod hält’s verborgen: 2dass in Wäldern noch
so gross 3ich mein Haupt kann kühn lieh legen 4 Jedem Unterthan
in Schoss.“
10. 4und es rief der Herr von Sachsen, 2 Der von Baiern, der vom
Rhein: 3„Graf im Bart, Ihr seid der Reichste: 3euer Land trägt
Edelstein!“ J. Kerner.
109. Sprüchwörter.
1. Eine Liebe ist der andern werth. 2. Ein Mensch ist des an-
dern Engel. 3. Eintracht gibt große Macht. 4. Einigkeit ein festes
15. Bayd, das hält zusammen Leut' und Land. 5. Was du nicht willst,
das dir geschicht, das thu' auch einem Andern nicht! 6. Wie man in
den Wald hinein schreit, so schallt es wieder heraus.
110. Das Raupennest.
Henriette machte eines Abends mit ihrer Mutter
einen Spaziergang über's Feld. Sie war von ihrer
20. Mutter dazu gewöhnt, Alles mit Aufmerksamkeit zu be-
trachten, was um sie her war. Dies that sie auch jetzt.
Auf einmal blieb sie stehen und rief: „Mutter! Mut-
ter! komm geschwind her und sieh, was da ist!" Die
Mutter kam, und siehe! da war ein Nesselbusch, der
25. ganz mit Raupen bedeckt war; lauter häßliche, schwarze
Thiere mit stachlichten Rücken und grünen Streifen
zwischen den Stacheln. „Soll ich die Raupen todt tre-
ten?" fragte Henriette. — „Nein," sagte die Mutter;
„denn wie du siehst, so nähren sie sich von Nesseln und
30. sind also nicht schädlich. Wenn sie aber an einem Kirsch-
baume oder auf einer andern nützlichen Pflanze säßen,
dann dürftest du sie, als schädliche Thiere, todt treten. -
Höre, wie du dir mit diesen Thierchen eine recht große
Freude machen kannst. Nimm sie mit nach Hause und
35. füttre sie."
„Ach ja, das will ich thun", sagte Henriette und
griff hastig zu, zog aber sogleich schreiend die Hand zu-
rück, denn sie hatte nicht bedacht, daß die Nesseln brennen.
„Kannst du denn die Nesseln nicht abreißen, ohne
40. daß sie dich brennen?" fragte die Mutter. Jetzt besann
. sich Henriette, zog das Schnupftuch aus der Tasche,
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71
111. Der Kohlweißling und die Schlupfwespe.
Der Kohlweißling ist ein weißer Schmetterling,
dessen Raupe auf dem Kohl lebt, und zwar oft in so
großer Menge, daß sie alle Kohlblätter abfressen. Man
erkennt sie leicht an ihrer blüulichgrünen Farbe und an
dem gelben Längsstreifen an jeder Seite. Um ihre zu 5.
große Vermehrung zu verhüten, hat der Schöpfer eine
ganz merkwürdige Vorrichtung getroffen. Während näm-
lich die Raupe ganz ruhig auf dem Kohlblatte sitzt und
sich's gut schmecken läßt, kommt eine Schlupfwespe, kaum
so groß, wie die kleinen gelben Ameisen, herangeflogen, 10.
bohrt schnell ein feines Loch mit ihrem am Hinterleibc
befindlichen Legestachel in den Körper der Raupe und
legt ein Ei in dasselbe. Das wiederholt sie oft 20 bis
3ömal, ohne daß die wehrlose Raupe es auch nur im
mindesten hindern kann. Nach wenigen Tagen entstehen 15.
aus diesen Eiern kleine fußlose Maden, welche sich von
dem Feltkörper der Raupe nähren, die ediern Theile,
von denen das Leben des Thieres abhängt, aber unbe-
rührt lassen. Haben diese bösen Gäste nach einigen
Wochen ihre vollkommene Ausbildung erlangt, so durch- 20.
bohren sie die Haut der Raupe, begeben sich auf einen
Haufen, spinnen sich gelbliche, zu einem Ganzen verbun-
dene Hülsen, verpuppen sich darin und gehen nach einer
Ruhe von einigen Wochen als Schlupfwespen daraus
hervor. Die Kohlraupe stirbt bald darauf, ohne sich zu 25.
verpuppen und als Schmetterling für Nachkommenschaft
sorgen zu können. Unter 20 erwachsenen Kohlraupen
findet man sicher einige, in denen Schlupfwespen ihre
Eier abgelegt haben. A. Lüben.
112. Herr von Münchhausen erzählt.
Ich ritt weiter, bis Nacht und Dunkelheit mich über- 30.
fielen. Nirgends war ein Dorf zu hören noch zu sehen.
Das ganze Land lag unter Schnee, und ich wußte we-
der Weg noch Steg.
Des Reitens müde, stieg ich endlich ab, und band
mein Pferd an eine Art von spitzem Baumstaken, der 35.
über dem Schnee hervorragte. Zur Sicherheit nahm ich
meine Pistolen unter den Arm, legte mich nicht weit da-
von in den Schnee nieder, und that ein so gesundes
141
werden, so muß ein zweites Körnchen herbei, das ist fast
noch kleiner, als das erste. Der liebe Gott sorgt schon
dafür, daß es an den Zweig des Baumes gelangt. Es
ist dies winzige Körnchen, das kaum so groß ist, als der
Knopf einer Stecknadel, — ein Ei. Außen hat es eine 5.
harte Schale und innen ist es weich. Die Sonne ist
die Mutter, sie brütet das Ei am Zweig des Baumes
aus. Wenig Tage währt es, nachdem sie es durchwärmt
mit ihrem Strahl, — so hat sich die Masse in dem Ei,
an der man anfangs keine Form erkannte, in ein klei- 10.
nes Räupchen umgewandelt, das zusammengekrümmt darin
liegt. So klein ist dies, daß es im winzigen Ei genug
Platz hat. Jetzt aber wird ihm die Zeit zu lang, der
Hunger plagt es, der Aufenthalt im engen Kämmerlein
gefällt ihm nicht mehr, wie ein Gefangener sehnt es sich 15.
hinaus! Doch wie kommt es aus der harten Schale sei-
nes Kerkers? Es sind der kleinen Raupe zwei tüchtige
Freßzangen verliehen, mit denen beginnt sie die Schale
zu zernagen. Jetzt hat sie ein Loch gebissen und sieht
zum ersten Male das Licht des Tages, emsig beißt sie 20.
weiter und in einem halben Tage ist das Loch so groß,
daß das ganze schwarze Räupchen heraus kriechen kann.
Nun streckt sich's und freut sich über den warmen Son-
nenschein, die angenehme Luft und über's grüne Maul-
beerblatt. Doch nach der schweren Arbeit fühlt es groß- 25.
ßen Hunger. Zwei Augen sind am Kopfe, die zeigen
ihm seine Nahrung, 16 Füße besitzt es, 6 vorn, 10 hin-
ten, mit denen kriecht es zum jungen, zarten Blatt, das
eben erst der Knospe entsprossen ist, — das ist sein Früh-
stück. Nun macht es Tag und Nacht nichts anders, als 30.
daß es frißt. Doch so viel es immer auch verzehrt, so
fleißig es auch Blatt für Blatt hinwegspeist, so ist
der Maulbeerbaum doch noch viel fleißiger und treibt an
allen Zweigen immer neue Blätter, so daß es unserm
Räupchen nie an Futter fehlt. Vom vielen.fressen „wird 35.
ihm der kleine Bauch so schwer, daß fast ein Reif drum
nöthig wär." Ja, die Haut reicht wirklich nicht mehr
zu. Da sitzt es denn still und wird ganz blaß, sieht aus,
als sei es krank und wolle sterben. Jetzt bewegt es son-
derbar den Kopf, und sieh, die Haut ist ihm zersprungen. 40.
Die Raupe windet sich heraus, sie streift ihr altes Kleid
jetzt ab, es ist zu eng geworden. Ist sie nun nackt? Be-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
145
ter die Cocons von lyren Bäumen sammeln und Seide
daraus machen. Diese verkauften sie denn außerordent-
lich theuer und damit kein andres Volk es ihnen nach-
thun sollte und ihnen die reiche Einnahme schmälern, gab
der Fürst des Landes den Befehl, man solle Jeden, der 5.
aus dem Lande reisen würde, genau durchsuchen, ob er
Seidenschmetterlinge, Puppen, Raupen oder Eier bei sich
führe und wenn man mit dergleichen fände, der sei des
Todes schuldig. Lange war es Keinem geglückt, die Sei-
denraupe aus China zu entführen. Endlich wagten es 10.
zwei Geistliche, die dorthin gezogen waren, um zu pre-
digen. Bei ihren Reisen hin und her im Lande, achte-
ten sie genau daraus, wie man verfahren müßte, um die
Raupen groß zu ziehen und die Seide zu gewinnen, fer-
tigten sich dann Reisestöcke an, die innen ausgeholt waren 15.
und füllten diese Höhlung mit Eiern des Seidenschmetter-
lings an. Bei ihrer Abreise wurden alle ihre Reisegeräthe
zwar genau durchsucht, nur an die Reisestöcke dachte Kei-
ner, da man von Außen nichts Auffallendes an ihnen
bemerkte. So kamen sie zu und und wurden nun viel- 20.
fach gezogen und Seide in unserm Vaterlande genug be-
reitet.^ Dadurch ward diese so wohlfeil, daß wohl selten
jetzt ein Kind ist, welches nicht wenigstens ein seidnes
Bändchen besäße, um sich oder seine Puppe damit zu
putzen. Viele haben auch wohl ein Tüchlein von dem 25.
wunderzarten Stoff, auch wohl ein Kleid und haben da-
durch Gelegenheit mit eignen Augen zu sehen, welche Schön-
heit Gott darstellen kann aus Wasser, Luft und Erve,
diesen unscheinbaren Dingen.
Wagner.
176. Die Spinnen.
i.
Die Spinne ist ein verachtetes Thier; viele Menschen fürchten 30.
sich sogar vor ihr, und doch ist sie auch ein merkwürdiges Ge-
schöpf und hat in der Welt ihren Nutzen. Zum Beispiel die Spinne
hat nicht zwei Augen, sondern acht. Mancher wird dabei denken,
da sei es keine Kunst, dass sie die Fliegen und Mücken, die an
ihren Fäden hangen bleiben, so geschwind erblickt und zu erha- 35.
sehen weiss. Allein das macht’s nicht aus; denn eine Fliege hat
nach den Untersuchungen der Naturkundigen viele hundert Augen
und nimmt doch das Netz nicht in Acht und ihre Feindin, die gross
genug darin sitzt. Was folgt daraus? Es gehören nicht nur Au-
gen, sondern auch Verstand und Geschick dazu, wenn man glück- 40»
10
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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103
zember um die Hudsonsbai, wo sie aus dem Schnee
die Wachholderknospen fressen'; auch erscheinen sie
in gewissen Gegenden mehrere Jahre gar nicht, und
ein andermal in einer Unzahl.
In Pennsylvanien, Tennessee und Virginien setzen 5.
diese Züge in Erstaunen, und dennoch sind das nur
'Streifzüge gegen die Millionen, welche man in den
westlichen Wäldern am Ohio, Kentuky und Indiana
antrifft, wo sie ihr Lieblingsfutter, die Buchnüsse, in
Masse finden. Haben sie dieselben in einem grossen 10.
Waldstrich aufgezehrt, so fliegen sie alle Morgen 60
— 80 englische Meilen weiter zu einem andern und
kehren des Abends wieder zum Schlafen zurück.
Solche Plätze sehen fürchterlich aus. Der Boden ist
weit und breit mit ihrem Mist einige Zoll bedeckt, 15.
alles Gras und Unterholz vertilgt, die Oberfläche mit
grossen Aesten bestreut, die durch das Gewicht7 der
auf einander sitzenden Vogelklumpen abgebrochen
sind; die Bäume selbst dürr, als wären sie von der
Axt umgehauen, auf 1000 Morgen weit. In vielen Jah- 20.
ren wächst nichts mehr auf solchen Stellen der Ver-
wüstung.
Entdeckt man solche Ruheplätze, so kommen
die Bewohner von grosser Ferne des Nachts mit
Flinten, Stangen, und in wenig Stunden haben sie 25.
ihre Säcke gefüllt und auf die Pferde geladen. Für
die Indianer ist solch ein Schlaf- oder Brutplatz eine
wichtige Quelle des Nationalreichthums. Die Brut-
plätze haben übrigens eine grössere Ausdehnung, ge-
wöhnlich in Buchenwäldern. In Kentuky erstrecken 30.
sich dergleichen von Süden nach Norden über 40
Meilen und sind einige breit. Fast jeder Baum hat
Nester. Sie kommen am 10. April und gehen schon
mit ihren Jungen Ende Mai. Sobald die Jungen fast
flügge sind, ziehen die Bewohner dahin mit Wägen, 35,
Küchengeschirr, Zelten und Aexten, und schlagen ein
ordentliches Lager auf. Der Lärm ist so gross, dass
Keiner des Andern Wort versteht und die Pferde
scheu werden. Der Boden liegt voll Aeste, Eier und
Junge, womit sich ganze Heerden Schweine mästen; 40
Habichte, Bus-Aare und Adler fliegen in Menge her-
um und holen die nackten Jungen nach Beheben;
Ho
Sie legt es an, des Herren Wort
Am Sonntag früh sich einzuprägen:
Dann legt sie's wohlgefällig fort,
Bis sie darin zur Ruh' sich legen.
5. Und ich an meinem Abend wollte,
Ich hätte diesem Weibe gleich
Erfüllt, was ich erfüllen sollte
In meinen Gränzen und Bereich;
' Ich wollt', ich hätte so gewußt,
10. Am Kelch des Lebens mich zu laben.
Und könnt' am Ende gleiche Lust
An meinem Sterbehemde haben.
Chamisso.
146. Sprichwörter.
1. Bete, als hülfe kein Arbeiten; arbeite, als hülfe kein Beten.
2. Fleiß bricht Eis. 3. Gott ist der Armen Vormund. 4. Deine
15. eig'ne Hand dich nähren soll, so lebst du recht und es geht dir Wohl.
5. Lust und Liebe zum Ding — macht Mühe und Arbeit gering.
6. Wer seine Kinder lehrt, mit Wenigem auskommen, der hinterläßt
ihnen mehr denn Reichthum. 7. Arbeit verkürzt die Stunden und
verlängert das Leben. 8. Wer Muth zur Arbeit hegt, und rasch
20. den Arm bewegt, sich immer durch die Welt noch schlägt. 9. Was
man gerne thut, wird einem leicht.
147. Die Riesenschlange.
Die große Riesenschlange oder Boa Constrictor, wie
sie genannt wird, ist ein wunderschönes, aber auch schreck-
liches Thier, und so gutmüthig und faul es auch gleich
25. in der Gefangenschaft, oft frei auf Tischen und wolle-
nen Decken ausgebreitet erscheint, so entsetzlich ist es in
der Wildniß, wenn es sich, von Hunger angetrieben,
jedem lebenden Wesen entgegenwirft.
In der Gefangenschaft nimmt die Boa nur in
30. langen Zwischenräumen Nahrung zu sich, dann verschlingt
sie aber auch ein Kaninchen und Geflügel, was man
ihr bietet oder in den Käfig thut. Ich selbst sah einst,
wie diesem fürchterlichen Thiere ein armes, kleines Ka-
ninchen gegeben wurde, was es, da es gerade nicht
35. hungrig war, unberührt ließ, so daß das kleine Geschöpf
nach einigen Tagen anfing, zu seinem großen Gesell-
schafter Vertrauen zu fassen und munter neben und auf
ihm herumsprang. Die Freundschaft war aber nicht
von langer Dauer, denn am dritten Tage hob sich die
40. Schlange auf einmal empor und öffnete den gewalti-
gen Rachen. Jetzt mochte auch wohl das Kaninchen
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112
Rücken seines Thieres, das in Todesfurcht vorwärts sprang
und den Feind eine Strecke mir fortschleppte; aber bald
erlangte er seine ganze Geistesgegenwart wieder, riß,
als durch das Bäumen des Pferdes die Schlange ihren
5. Griff ein wenig nachlassen mußte, das breite, schwere
Messer aus der Scheide und hieb mit demselben die
Schlange fast mitten entzwei. Natürlich verlor diese hier-
durch alle Gewalt, wand sich im ersten Schmerz zuckend
auf der Erde, und der Portugiese, froh der Umarmung
10. entgangen zu sein, sprengte in wilder Eile davon.
Am nächsten Morgen fanden die Eingebornen das
gewaltige Thier todt. Vieth.
148. Die Klapperschlange.
Die Klapperschlange wird etwa fünf Fuß lang und
in der Mitte so dick, wie ein Arm. Was die Klapper-
15. schlänge schon in ihrer äußern Gestalt vor allen übrigen
Thieren ihrer Gattung auszeichnet, ist die Schwanzklap-
per. Diese ist bräunlich, besteht aus mehreren hornarti-
gen Gliedern, welche beweglich eins über dem andern lie-
gen, und wenn die Schlange sich bewegt, ein Geklapper
20. verursacht, daher sie eben ihren Namen erhalten hat. Aus
der Anzahl der Glieder dieser Klapper kann man wie
aus den Jahrringen eines durchgesägten Baumstammes,
auf das Alter des Thieres schließen, indem sich alle Jahre
ein neues bildet. Man findet oft welche mit 30 Rin-
25. gen, woraus man also sieht, daß sie ein ziemlich hohes
Alter erreichen.
Der Biß der Klapperschlange ist äußerst tödtlich we-
gen des starken Giftes, welches beim Bisse in die Wunde
fließt. Djeses schreckliche Gift ist unter den beiden obern
30. Eckzäbnen, die deshalb Giftzähne genannt werden, in ei-
nem kleinen Bläschen enthalten, und sammelt sich vor-
nehmlich darin, wenn das Thier gereizt wird. Die Zähne
sind hohl und haben eine kleine Oeffnung, durch welche
das Gift in die Wunde kommt. Der Biß tobtet die
35. größten Thiere, wie Pferde und Ochsen, beinahe auf der
Stelle. Einem Menschen, der das Unglück hat, von die-
ser Schlange gebissen zu werden, ist kaum anders zu
helfen, als die Wunde so schnell, als möglich mit einem
glühenden Eisen auszubrennen, ehe das Gift in daö Blut
40, übergeht, wozu es aber nicht langer Zeit bedarf. Dieses
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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113
Mittels bedienen sich auch die Neger. Man sieht äußer-
lich an der gebissnen Stelle nichts, als ein Paar kleine
Löcher, wo die Zähne eingebohrt haben, nur wie Floh-
stiche. Bald aber zeigt sich eine Geschwulst an dieser
Stelle, welche sich immer weiter verbreitet, so daß bald 5.
datz ganze Glied und endlich der ganze Leib aufgeschwol-
len ist; die Zunge wird so dick, daß sie den Hals ver-
stopft. Der Mensch fühlt gleich nach dem Bisse eine Un-
ruhe, die immer größer wird, und zuletzt eine schreckliche
Herzensangst, verbunden mit einem brennenden Durste, 10.
und stirbt eines schrecklichen Todes, wenn nicht zeitig genug
Ausbrennen der Wunde, oder andere Mittel angewendet
werden.
Das Gift der Schlange steckt aber auch bloß in die-
sen beiden Giftzähnen. Ihr übriger Körper ist gar nicht 15.
giftig. Das Fleisch ist eßbar und schmackhaft, es wird
von den Indianern ohne Schaden genossen. Um sie zu
fangen, nähern sic sich ihr von hinten und schlagen
sie todt. -
Die Klapperschlange ist besonders auch durch die Art 20.
berühmt geworden, wie sie ihre Beute in ihre Gewalt
bekommt. Man hat davon viel Unrichtiges verbreitet
und der Schlange eine Art von Zauberkraft beigelegt;
und in der That ist das Benehmen der Thiere, die ihr
zur Beute werden, so, daß sie bezaubert zu sein scheinen. 25.
Die Nahrung dieser Schlange besteht in Thieren aller
Art, Vögeln, Mäusen, Ratten, Eichhörnchen, Hasen, Frö-
schen, allerlei Insekten und Wasserthieren, welche letzteren
sie, da sie gut schwimmt, auch jagen kann.
Wenn Thiere und Menschen das Klappern, wodurch 30.
sich die Schlange verräth, in der Ferne hören, so setzen
sie sich durch die Flucht in Sicherheit. Kommt aber ein
Thier ihr zu nahe, so starrt die Schlange es mit unver-
wandten Augen an; das Thier bleibt wie angezaubert
stehen, oder kommt, anstatt zu fliehen, wohl gar näher, 35.
geberdet sich ängstlich und wird leicht von seinem Feinde
ergriffen. Einige Thiere, z. B. Eichhörnchen, sollen sich
auch durch das Geräusch, welches die Schlange macht,
anlocken lassen.
So wie die Ausdünstungen der Schlange Vögel, 40.
Eichhörnchen u. s. w. betäuben, so wird sie selbst wieder
von dem Geruch eines gewissen Thieres wie ohnmächtig,
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TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]