Die astatische Türkei.
87
Vorstadt dieser Riesenstadt betrachtet wird. Voll der unvergleich-
lich herrlichen Lage von Skutari haben wir schon oben bei Conr
stantinopel gesprochen, und verweisen daher auf das dort Gesagte.
Gerade südlich kommen wir nach
Brussa oder Bursa, einer der größten Städte des türkischen
Reichs. Freilich müssen wir sie uns nicht wie unsere Städte den-
ken, sondern — was auch von allen folgenden Städten wohl zu
merken ist — wie eine morgenländische Stadt. Diese Städte har
den alle das Eigenthümliche, daß die Straßen sehr eng, meist auch
ungepflastert sind; die Häuser haben platte Dächer, und nach der
Straße zu keine Fenster, sondern glatte Mauern, damit Keiner von
außen wisse, ob ein Haus schon oder schlecht sei; sind ja Fenster
angebracht, so sind sie mit Jalousien versehen. Auch die Mina-
rets auf den Dschamls und Moskeen, statt unsrer Thürme, die
vielen öffentlichen Bäder, die Springbrunnen, die großen Karavanr
serasts geben einer morgenländischen Stadt ein ganz eigenthümli-
ches Ansehen. Daß Brussa eine sehr ansehnliche Stadt sein müsse,
geht schon aus der Menge ihrer Moskeen hervor, die der Zahl der
Jahrestage gleich kommt. Die sehr engen Straßen erhalten durch
die vielen Springbrunnen ein frisches Ansehen, und die Umgebnnr
gen der Stadt zeichnen sich durch die vielen schonen und großen
Gräber und die zahllosen Gärten und Kwske (Gartenhäuser) aus.
In der Stadt selbst finden wir viele öffentliche Bäder, mehrere
große Bazars und Karavanserai's. Die Letzten werden nie leer;
denn Brussa treibt einen großen Handel. Hier treffen nämlich die
großen Karavanen zusammen, die aus allen Gegenden Asiens komr
.men, und für Constantinopel und das dahinter liegende Europa die
morgenländischen Waaren herbeiführen. Außerdem hat die Stadt
ansehnliche Fabriken, mehr wie alle andere Städte Klein-Asiens,
überhaupt werden die Einwohner für die thätigsten unter allen
Türken gehalten. Gold- und Silberstosse, schwere seidene Zeucht,
herrliche Teppiche, sammtne Kissen, köstliche Saffiane und viele an-
dere Sachen werden hier gemacht. Auch findet man in der Nähe
den besten Meerschaum. Südwestlich von Brussa ist
Smyrna, ungefähr in der Mitte der Westküste Klein-Asiens,
an einem Meerbusen des Archipels, noch größer wie Brussa und
die ansehnlichste Handelsstadt der ganzen Türkei. Hier stößt gewisser-
maßen das Morgenland mit dem Abendlande zusammen; hier wer-
den die Waaren beider Erdtheile gegen einander ausgetauscht. Die
Stadt ist wie ein Amphitheater an dem Abhänge eines Berges ge-
baut, auf dem eine Festung liegt. Die Straßen sind auf gut mor-
genländisch eng, elend und schmutzig, aber welches Leben in ihnen
und in dem schiffreichen Hafen! Täglich kommen Karavanen aus
dem Osten an, und führen in die großen Speicher und reichen Ba-
zars die Erzeugnisse Asiens, während unzählige Schiffe in den
Hafen laufen, diese Waaren abzuholen, und dafür die Products
Europa's und Amerika's zu bringen. In den Straßen drängen
sich bepackte Kameele und Maulesel mit ihren schreienden Führern,
und im Hafen ertönt unaufhörlich das Rufen der Matrosen und
der Ein r und Auslader. Die Türken nehmen an diesem großen
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Brussa
Extrahierte Ortsnamen: Bursa Asiens Constantinopel Europa Smyrna Westküste_Klein-Asiens Asiens
Die freie Tatarei.
129
ten. Der Bukhare ist von mittler Statur, schlank und wohl-
gebildet. Die Haut ist etwas bräunlich, die Augen sind groß,
schwarz und lebendig, das Gesicht frisch, die Nase gekrümmt,
das Haar schwarz und sehr fein. Ihre Haltung zeigt Gewandt-
heit und hat etwas sehr Edles. Besonders hübsch sind die
Frauen. Die Bukharen sind offen, freundlich, theilnehmend,
friedlich und gastfrei; aber hinter dieser freundlichen Außenseite
soll eine große Verdorbenheit verborgen sein. Für edle, uneigen-
nützige Handlungen sind sie unfähig. Sie tragen ein Hemde
und Beinkleider von leichtem, baumwollenem Zeuche, darüber
einen seidenen Kaftan. Auf dem Kopfe haben sie eine Mütze
mit Pelzwerk oder einen Turban, und um den Leib eine vier-
fache Binde von Seide. Wenn sie ausgehen, so werfen sie wohl
noch einen langen Tuchrock mit Pclzwerk über. Die Weiber
haben weite Kaftans von Baumwolle oder Seide; der Kopf ist
mit einer kleinen stachen, bunten Mütze bedeckt, unter welcher
das Haar den Rücken herab in Flechten hängt, vielfach mit Per-
len und Edelsteinen geschmückt.
Zwei wichtige Städte liegen in diesem Lande: Samarkand
und Bukhara.
Samarkand liegt in der Mitte eines reizenden Thales, ist wie
alle Städte dieses Landes, mit einem Erdwalle und Graben umge-
den, und hat ungepflasterte Straßen und unbedeutende Hauser. Im *
Mittelalter war sie so groß und prächtig, daß die Morgenlander sie
als eine Wunderstadt betrachten; jetzt ist davon kaum noch eine
Spur zu sehen. Hier liegt das Schloß, in welchem der Kroßrkhan
den Winter über wohnt.
Bukhara ist die größte und wichtigste Stadt in der freien
Tatarei, westlich von Samarkand. Die Bauart ist wie die von
Samarkand, aber im Allgemeinen ist Bukhara schöner und groß-
artiger. Die Hauser sind nur aus ungebrannten Backsteinen oder
Lehm, die Straßen schmal und ungepflastert, und so trocken, daß
im Sommer eine beständige Staubwolke über der Stadt ruhen soll.
Sie ist der Mittelpunkt des Handels, und hat daher große Bazars
und viele Karavanserais. Von außen sieht diese große Stadt
sehr schön aus; denn sie hat viele Moscheen und Minarets. Auch
ist die ganze Gegend sehr gut bewässert und daher überaus lachend,
ein beständiger Garten. Die Dörfer umher stehen in wahren Wäl-
dern von Fruchtbäumen. Doch ist das nur in der nächsten Um-
gegend; weiterhin wird es desto wüster; denn Bukhara liegt auf
einer Oase der bukharischen Wüste.
2. Turkiftan ist der nördliche Theil der freien Tatarei,
zwilchen dem Aralsee und der chinesischen Mongolei. Die Ein-
wohner sind folgende Völkerschaften:
die Turkmannen sind Verwandte der Türken, und ihnen
in der äußeren Bildung wie im Charakter sehr ähnlich. Sie
sind Nomaden und wohnen unter Filzjurten. Sie tragen ein
Nösselt's Geographie- 2te Aufl. Hi. 9
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Labulistan.
m
liegt daher sehr hoch, und darum ist die Hitze hier nicht sogroß,
als sie nach seiner südlichen Lage sein müßte. Regen ist hier
sehr selten; fast immer ist der Himmel herrlich blau, und nur
die kurze Regenzeit unterbricht den ewigen Sommer. Aber die
Nachte sind kalt. Natürlich ist^die Luft in den Gebirgen und
an deren Fuß rauher als nach Süden zu. Der Hauptfluß ist
der Indus oder Sind, der vom Hindukusch herabkommr.
Unter den Erzeugnissen zeichnen sich folgende aus: Tiger, Leo-
parden, Baren, Wölfe, die haufenweise umherlaufen und selbst
auf Menschen Jagd machen, Hyänen; wilde und zahme Esel,
Kameele, langhaarige Katzen und Ziegen, deren Haare zu den
feinsten Shawls genommen werden. Nirgends werden so viele
und schöne Shawls gemacht; Kabulistan kann als das Vaters
land der Shawls betrachtet werden. Der Boden ist meist
mit einem reichen Blumenflor bedeckt, und an edeln Früchten
ist hier kein Mangel. Die meisten Einwohner sind Afghanen.
Der Afghane ist von starkem Knochenbau, aber mager, hat eure
hohe, oft gebogene Nase, und ein langes Gesicht; Bart und
Haare sind hart und schwarz; die Haare werden oben wegge-
schoren, und bleiben nur an den Seiten stehen. Die östlichen
Afghanen haben eine dunkelbraune, die westlichen eine olivengrüne
Gesichtsfarbe. Sie sind weit roher als die Perser, aber ehrlicher;
oft grob und heftig, aber klug und verständig; sehr habsüchtig
und freiheitsliebend. Gastfreiheit ist ihre Haupttugend; selbst
ihren bittersten Feind schützen sie, so lange er rmter ihrem Dache
sich befindet. Sie wohnen zum Theil in Städten und Dörfern,
meist aber ziehen sie unter Zelten als Nomaden umher. Sind
sie zusammen, so sitzen sie mit untergeschlagenen Beinen auf der
Erde, und ein Kalliou geht von Mund zu Mund. Ihr Lieb-
lingsvergnügen ist die Jagd, oder Geschichten, Sagen und Mähr-
eben erzählen zu hören. Gewöhnlich trägt der Afghane weite
Beinkleider, ein großes Hemde, wie einen Fuhrmannsrock, mit
sehr weiten Aermeln darüber, das bis an die Knie reicht, eine
Uhlanenmütze von Goldbrokat oder anderem bunten Zeuche, un-
ten mit Seide besetzt, und braune Halbstiefeln. Hierüber wird
ein Mantel von Schaffell, mit der Wolle inwendig, oder von
grauem Filz geworfen. Die Frauen gehen fast eben so, pflegen
aber um den Kopf eine Kette von Silbermünzen zu tragen.
Auf dem Scheitel sitzt ein ganz kleines Mützchen von bunter
Seide mit Gold gestickt, und darum werfen sie ein Tuch, das
sie, sobald sich ein Fremder naht, über das Gesicht ziehen. Die
Weiber der Vornehmen leben, wie überall im Morgen lande, ein-
gesperrt; die der niedern Stände haben dagegen mehr Freiheit.
Unwissend sind sie sehr; ja es wird für eine Schande gehalten,
wenn ein Frauenzimmer schreiben kann. Im östlichen Them
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere]]
144
Asien.
auch kehrte seine Heiterkeit ziemlich wieder zurück. Er nahm
eine Bibel zum Geschenk, und sagte ihnen recht freundlich lebe-
wohl. Was aus ihm geworden ist, haben die Reisenden, die
bald weiter segelten, nie erfahren. Korea wird unter diesen
Umständen wohl noch lange ein ziemlich unbekanntes Land bleiben.
China.
Wir verstehen darunter nicht das ganze chinesische Reich, zu
dem auch Korea, Tungusi'en, die Mongolei und Turfan gehören,
sondern nur das eigentliche China. Nördlich ist dies große Land
von der Mongolei durch die große chinesische Mauer ge-
trennt, ein wunderbares Werk. Etwas ähnliches ist der Pikts-
Wau in England; aber dieser ist nur 16 Meilen lang, und läuft
in der Ebene fort, während die chinesische Mauer 700 Meilen
lang ist, und stolz über fast unersteigliche Berge zackig hinläuft. Sie
ist 200 Jahre vor Christus von den Chinesen erbaut, um die
Einfalle der Mongolen abzuhalten. Obgleich so alt, ist sie noch
sehr fest. Sie besteht aus zwei dünnern Mauern, deren Zwi-
schenraum mit Erde und Schutt ausgefüllt ist, und die oben
breite Auszackungen haben. Der Grund besteht aus großen
Granitquadern, und der obere Theil aus großen gebrannten Zie-
geln. Oben ist sie so dick, daß mehrere Wagen neben einander
fahren könnten. Alle hundert Schritte steht ein Thurm. Ein-
zelne Theile sind eingestürzt, und werden nicht mehr ausgebessert.
So steht sie als ein merkwürdiger Ueberrest der Baukunst einer
unbekannten Vorwelt da. Ein Engländer hat berechnet, daß
diese wunderbare Mauer so viel Erde und Steine enthalte, daß
man damit eine Mauer zweimal um den ganzen Erdball ziehen
könnte. China ist beinahe so groß als halb Europa, und dabei
ein sehr bevölkertes Land, so daß die Obrigkeit es nicht bestraft,
wenn Eltern ihre neugeborenen Kinder ertränken oder sonst ums
Leben bringen.
Auch dies Land ist sehr wenig bekannt, weil die Chinesen so
mißtrauisch sind, daß sie keinem Europäer erlauben, darin um-
herzureisen, und erlauben sie ja einmal einer fremden Gesandt-
schaft den Eintritt, so wird sie sorgfältig bewacht, und darf sich
nicht umsehen. Von der Beschaffenheit des Bodens wissen nur
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt]]
Extrahierte Personennamen: Christus
Extrahierte Ortsnamen: Asien Korea China Korea Mongolei China Mongolei England China Europa
146
Asien.
haben daher die eigenthümlichen Züge, die wir schon oben be-
merkt haben. ^ Ihre Größe ist mittelmäßig, ihre Hände und
Füße sind verhältnißmäßig sehr klein, und namentlich gehört es
bei den Weibern unerläßlich zur Schönheit, ganz kleine Füßchen
zu haben; daher werden ihnen von Kindheit an die Füße in
eiserne Schuhe eingepfercht. Die Hautfarbe ist braungelb, die
Augen sind klein, schmal und schiefliegend, und geben ihnen da-
her tili blinzelndes Ansehen; das Gesicht ist breit mit vorstehen-
den Backenknochen, die Nase geplätscht und mit weit aufgesperr-
ten Nasenlöchern, die Ohren breit, die Haare'schwarz und schlicht,
der Bart unbedeutend. Sehr schön sind daher die Chinesen
nicht. Etwas besser sehen die Frauen aus, und trotz ihrem
Blinzeln sollen manche recht hübsch sein; nur möchten sie das
Schminken unterlassen, das sie schon mit dem siebenten Jahre
anfangen. Sie haben die Gewohnheit, immer zu lächeln, und das
soll ihnen nicht übe! lassen. Die Chinesen halten unveränderlich
an ihren alten Gewohnheiten, und daher sind ihre Kleidungen
wie ihre Sitten so, wie sie schon vor Jahrtausenden waren.
Moden giebt es in China nicht. Ist das zu loben oder zu ta-
deln ? — Die Kopfhaare sind geschoren bis auf einen Büschel,
der auf dem Scheitel stehen bleibt, und in einer Flechte herab-
hängt. Sie tragen mehrere weite Kleider mit weiten Aermeln
und Westen über einander; das Unterkleid ist mit einem Gürtel
befestigt, an welchem Scheiden hangen für das Messer und die
Eßstäbchen, deren sie sich statt der Gabeln bedienen, zu-
weilen auch eine Uhr oder ein Schnupftabacksbeutel. Die
Beine sind bekleidet mit leinenen, und darüber mit weißseidenen
Weinkleidern; im Winter tragen sie atlassene, mit Pelz gefüt-
terte Pantalons. Ihr Hemde ist zwar auch von Seide; aber
sie wechseln es selten, und tragen es gewöhnlich, bis es in Stücke
zerfällt. Auf dem Kopfe haben sie einen trichterförmigen Hut,
auf dessen Spitze die Beamten ein Kügelchen von Achat oder
andern Steinen tragen; die Farbe dieses Kügelchens bezeichnet
den Rang des Beamten. Die Strümpfe sind von Seide oder
Nanking, und darüber haben sie Stiefeln von Atlas oder ge-
blümtem Kattun mit Sohlen von Pappe oder Leder; auf Reisen
sind auch die Stiefeln von Leder, und vorn sind sie aufwärts
gekrümmt. Jeder Chinese hat einen Fächer. Gemeine und
arme Leute haben natürlich Kleider von schlechteren Stoffen.
Schnupftücher haben die Chinesen nicht, sondern reinigen che
Nasen mit Papier. Von Reinlichkeit haben sie andere Begriffe
wie wir; Ungeziefer zu haben, wird z. B. für keine Schande
gehalten, und ist etwas gewöhnliches. Die Frauen haben eine
fast eben solche Kleidung wie die Männer; nur unterscheiden sie
sich durch den Kopfputz^ Junge Mädchen haben lange, fliegende
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
China.
149
ftonarien, die aus den Jesuiten waren, zu viel herausgenommen
haben mögen.
Unter den Beschäftigungen steht in China der Feldbau oben
an. Um ihn in hohen Ehren zu erhalten, wird jährlich ein
Fest gefeiert, bei welchem der Kaiser mit hocheigenen Handen
ein Stück Feld umpflügt; dasselbe thun dann auch die Prinzen
und höchsten Beamten. Wirklich wird der Ackerbau hier mit
großem Fleiße getrieben, und jedes Stückchen Land sorgfältig
angebaut. Ebenso fleißig sind die Chinesen als Gärtner. Sie
bauen nicht nur unsere und andere Küchengewächse an, sondern
ihre Gärten sind auch mit den prachtvollsten Blumen und Stau-
den angefüllt (namentlich stammt der Aster aus China her).
Da die Chinesen sehr betriebsame Leute sind, so haben sie
von je her auch gute Fabriken gehabt, und sie übertreffen da-
rin alle andere Asiaten. Es ist ja bekannt, daß China das Va-
terland des Nanking, des Porzellans und der Tusche ist.
Auch machten sie schon lange vor uns Papier; doch wird
es bei ihnen nicht aus Leinewand, sondern aus Baumwolle
oder aus den Fasern des Bambusrohrs gemacht. Das Schieß-
pulver haben sie schon lange vor Berthold Schwarz *) gekannt.
Nur fehlt es den Chinesen an gutem Geschmack. Sie treiben
nicht nur im Innern ihres Landes auf Flüssen und Kanälen
einen lebhaften Verkehr, sondern fahren auch mit ihren Schiffen
(Funken) auf dem chinesischen und Sundameere herum. Aber
weiter kommen sie nicht; denn von der Schifffahrt verstehen sie
nicht viel; ihre Junten sind schwerfällig und haben Segel von
Bambusmatten, die sie fächerartig zusammenlegen. Desto mehr
verkaufen sie an die nach China kommenden Europäer, meist Englän-
der. Aber nur ein einziger Hafen, der von Kanton, ist den
Europäern zu besucben erlaubt, und hier müssen sich diese den
größten Plackereien unterwerfen; denn die Chinesen meinen, daß
sie uns eine große Gnade erweisen, wenn sie uns ihre Waaren
ablassen; sie könnten wohl ohne uns, wir aber ohne sie nicht
lebend Auch die Nordamerikanec treiben starken Handel mit
China. Daß zwischen Rußland und C'hina ein starker Karava-
nenhandel durch die Mongolei getrieben werde, haben wir schon
oben gesagt, und manches Schock Leinewand, manches Stück
Tuch, das in Schlesien gewebt wird, geht auf diesem Wege zu
den Chinesen. Große wissenschaftliche Bildung haben sie nicht;
denn sie halten sich für viel zu klug, um von uns etwas lernen
zu wollen, und bleiben fest auf der Stufe stehen, auf der sie
schon vor tausend und mehr Jahren standen. Ihre Baumeister
*’ mein Lehrbuch der Weltgeschichte für Töchterschulen, 4te Ausg.,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Berthold_Schwarz
Extrahierte Ortsnamen: China China China China Nanking China China C'hina Mongolei
J 50
Asien.
bauen beut« noch gerade so, wie vor 2009 Jahren und so ist
es in allen Stücken.
- Der Kaiser von China hat den Titel Chuandi. Er hat
vollkommnes Recht, mit seinen Unterthanen zu machen was er
will. Er lebt immer in seinem Pallast, und kommt nur bei
feierlichen Gelegenheiten ins Publicum. Geschieht dies, so wird
er von vielen Hofbeamten und Soldaten begleitet, und es darf
niemand die Straßen betreten, durch die er kommt, damit ihn
ja nicht etwa jemand sehe. Thüren und Fenster müssen zuge-
macht und verhängt werden; die Seitengassen selbst sind zuge-
hängt, und vor jeder Hausthüre steht eine Schildwache. Meist
regiert der Kaiser gerecht, und es finden selten solche Eigen-
mächtigkeiten statt, wie in den meisten asiatischen Reichen. Im
Gegentheil werden alle Verbrecher streng bestraft. Dennoch ist
Bestecherei und Betrügerei unter allen Beamten verbreitet.
Städte: Peking ist die Hauptstadt des ganzen Reichs und
die Residenz des Chuandi. Sie liegt im nördlichsten Theile des
Landes in einer völligen Ebene. Sie besteht aus zwei Städten,
die durch eine hohe Mauer von einander getrennt sind. Die nördr
liche ist ein vollkommnes Quadrat, die südliche ein qnerliegendes,
längliches Viereck. Jene heißt die Thrvnstadt, weil in ihrer
Mitte der kaiserliche Pallast und alle dazu gehörigen Gebäude lie-
gen. Sie machen einen besondern, aus vielen Höfen bestehenden
mit Mauern und Thoren umschlossenen Stadttheil aus. Große
Thore mit Thürmen von 0 Stockwerken führen in die Stadt. Die
Straßen derselben sind sehr lang und breit und schnurgerade, zwar
ungepflastert, aber der Boden fest, und der Staub wird durch das
häufige Sprengen mit Wasser gemäßigt. Die meisten Häuser bä-
hen nur 2 Stockwerk, und sind aus Backsteinen gebaut. Sie ha-
den ein einförmiges Ansehen. Ihre Dächer sind geschweift, und
bestehen zum Theil aus rothen, blauen oder grünen glasurten Zie-
geln mit mancherlei Verzierungen. Sehr hübsch nehmen sich die
Kaufmannsladen aus; denn sie sind sehr nett ausgeputzt, und eine
große Mannigfaltigkeit von Waaren ist darin den Augen der Vor-
übergehenden dargelegt. Die Thronstadt ist sehr lebhaft und stark
bevölkert, weniger die äußere «südliche) Stadt, die^ viele Gärten
und leere Gegenden hat. Peking gehört zu den größten Städten
der Erde. Die Zahl ihrer Einwohner ist vo«t Reisenden auf 3
Millionen geschätzt worden, und sollte dies auch zu viel sein, so
kann man doch wenigstens I Million annehmen. Die Straßen
sind so gedrängt von Menschen, daß vornehme Personen^ wenn sie
ausfahren wollen, Leute zu Pferde voran schicken, um den Vzeg
frei zu machen. Frauenspersonen sieht man wenig, mehr in Sanf-
ten als zu Fuß. Hier strömt ein Haufen Menschen, um dem Han-
del oder anderen Geschäften nachzugehen, dort versammelt sich eine
Schaar, um Marktschreiern zuzuhören, die ihre Arzneien ausschreien,
oder Gauklern zuzusehen. Immerwährend gehen Polizessoldaten
mit einer Peitsche umher, und sehen auf Ordnung. Sobald des
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
158
A sien.
Nöthige unentgeldlich, auch alles, was sie zur Ausbesserung des
Schiffes gebrauchten; ja man brachte ihnen selbst Proben von
Holz, Blech, Nägeln u. s. w., um das Brauchbarste auszuwäh-
len. Darüber wunderten sich die Japaner sehr, daß der russische
Kaiser unter den Brief an ihren Kaiser seinen Namen selbst ge-
schrieben habe; denn der ihrige thue das nie. Auch werde der
Name ihres Kaisers, so lange er lebe, als ein Staatsgeheimniß
betrachtet, und erst nach seinem Tode erführe man denselben.
Eine unbeschreibliche Menge von Spatzierfahrzeugen und kleinen
Booten, meist mit Frauen von Stande angefüllt, kamen täglich
bei schönem Wetter, um das russische Schiff anzugaffen. Manche
hatten Fernröhre, durch welche sie der Reihe nach sahen. Deut-
lich unterschied man die verheirathcten Frauen an ihren schwar-
zen Zähnen; denn bei der Hochzeit muß jede die Zähne schwarz
färben, was sich nie wieder verliert. Als der russische Gesandte
unpäßlich war, ließ der japanische Gouverneur wiederholt sein
großes Bedauern bezeugen, und sogar den Beistand der japani-
schen Aerzte anbieten. Bei ihren Besuchen auf dem Schiffe
forschten die Japaner genau nach allem Wiffenswürdigen, be-
trachteten den Globus mit Aufmerksamkeit, und ließen sich gern
belehren. Als der Gesandte sich eine Tabackspfeife kaufen wollte,
verweigerte es der Gouverneur: er müsse erst deshalb bei Hofe
anfragen. Der Gesandte verlangte wegen seiner Unpäßlichkeit
eine Wohnung auf dem festen Lande. Anfänglich wollte der
Gouverneur davon nichts wissen, und meinte, das wäre nach
ihren Gesetzen nicht erlaubt, und er müsse erst bei Hofe anfra-
gen. Endlich willigte er ein, weil die Sache dringend sei und
richtete eine Wohnung für ihn und einen Theil seiner Begleiter
ein. Aber der dazu bestimmte Platz wurde vorher mit einer
doppelten Umzäumung umgeben, damit die Russen weder hin-
ausgehen, noch sich umsehen könnten, und eine doppelte Wache
stand vor den Thorwegen. Uebrigens hatten die freundlichen
Japaner die Wohnung aufs Beste eingerichtet. Alle Zimmer
waren mit neuen Strohmatten belegt; statt der Oefen waren
große Kohlenbecken von gelbem Kupfer da; die Fenster hatten
statt der Glasscheiben ein zierlich gearbeitetes Gitterwerk, wel-
ches mit dünnem Papier überzogen war. Die Küche war bei
Ankunft der Russen auf's Beste bestellt; das Feuer brannte,
das Wasser kochte, und Rindfleisch, Hühner, Enten und Reiß
standen in Bereitschaft. Sobald aber die Russen eingezogen
waren, wurden sogleich die Thore fest verschlossen und verriegelt.
In ihren Arbeiten zeigen sie viele Kunstkenntniß und Fer-
tigkeit. Ihre Gondeln sind nicht allein nett, sondern die der
Vornehmen selbst prächtig verziert. Nur sind ihnen freilich viele
europäische Erfindungen fremd, weil alles, was aus der Fremde
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Vorder-Jndien.
187
sehen lässt, und sein Volk als um seinetwillen geschaffen betrachtet.
Das Bambusrohr ist das Universalmittel gegen alle vermeintliche
und wirkliche Vergehungen. Die Residenz des Kaisers ist
Hue, dessen Lage die Reisenden als sehr reizend schildern. Ner
den ihr fließt ein breit;»- Strom hin; auf den Seiten des Thals
sind hohe und steile Bergreihen, Kokospalmen, Bananen, Zuckerrohr-
pflanzungen und Hecken von Bambus, deren prächtige Wipfel in
die Lüfte wehen. Rings umher liegen viele und hübsche Dörfer, der
ren Nettigkeit, verbunden mit der lebhaften, zufriedenen Natur der
Einwohner, dem Ganzen ein Ansehn von Heiterkeit giebt. Die
Stadt selbst besteht aus einem großen Viereck, das über eine Meile
im Umfange hat, und mit hohen und starken Festungswerken umge-
den ist. Inwendig sind die Straßen breit und regelmäßig, aber ver-
gebens sucht man ordentliche Häuser. Der größte Theil des Bo-
dens besteht aus Gärten, vor denen elende Hütten stehen, so daß
die Nähe des Hofes die Einwohner eben nicht zu beglücken und zu
bereichern scheint. Der Pallast des Kaisers kann vor den Baracken,
die ihn überall umgeben, kaum gesehen werden. Sonderbar neh-
men sich hier die Soldaten aus, die, statt daß unsre Soldaten bunte
Aufschläge tragen, an ihren Kleidern verschiedenfarbige Aermel ha-
den, z. B. blaue Kleider mit rothen Aermeln. Den Kaiser selbst
zu sehen, gelang den Reisenden nicht, weil sein Stolz nur solche
Europäer anzunehmen erlaubt, die ein andrer König ihm zuschickt.
2. Das Reich Siam.
Das Land ist wenig bekannt, weil die mißtrauische Regie-
rung den Europäern das freie Reisen im Lande nicht erlaubt.
Kein Mensch würde hier glauben, daß man aus Wißbegier eine
Reise unternähme, und jeder Reisende würde daher für einen
Kundschafter gehalten werden. Der Menam bewässert das Land
und überschwemmt die benachbarte Gegend, was für den Anbau
des Reißes sehr nützlich ist. Die Einwohner haben im Ganzen
mit den Einwohnern von Anam viel Ähnlichkeit. Sie find
mehr klein als groß, sehr untersetzt, und haben eine sonderbare
Form des Gesichts mit mongolischen Zügen. Ihr Gesicht ist
sehr groß, ganz rund, und die Haare wachsen weit ins Gesicht
hinein bis fast an die Augen. Dabei haben sie einen ganz dün-
nen Bart, eine kleine Nase, und schiefliegende Augen. Die Ba-
ckenknochen stehen weit vor. So wie wir die Zahne weiß zu
erhalten suchen, so gehören schwarze Zähne zur Schönheit eines
siamischen Mundes. Sie färben sie sorgfältig, und geben ihren
Lippen durch das beständige Kauen einer aus Betelblättern und
Arekanüffen bestehenden Masse eine hochrothe Farbe, was bei dem
großen Munde und den breiten Lippen ein widerliches Ansehen
giebt. Im Allgemeinen gehen die Siamesen mit nacktem Ober-
leibe. Da ihre Farbe gelb ist, so suchen sie dieselbe durch Ein-
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom]]
164
Asien.
der§; sonst ist der Pflanzenwuchs ziemlich ärmlich. Desto reicher
ist es an wilden und zahmen Thieren. Das Rindvieh ist der
Hauptnahrungszweig der Einwohner; denn alle nähren sich be-
sonders von Butter und Milch, und auf den Alpenweiden finden
diese Thiere herrliche Nahrung. Sehr häufig kommt hier der
Büffel mit dem Pferdeschweife vor. Dies Thier weidet eigent-
lich in der Wildniß, wird aber auch in großer Menge gezähmt;
aus seinen Haaren macht man Stricke und Zelttücher, aus der
Haut Mützen und Kleider, und die langen Schwänze gebraucht
man in Asien als Fliegenwedel. Sonderbar ist, daß man hier
die Butter in Blusin und ledernen Beuteln aufbewahrt. Die
Schafe, die hier in ungeheurer Menge gehalten werben, haben
Fettschwänze und sehr feine Wolle, aus der man feine Tücher
webt; die tibetanische Wolle ist ja auch bei uns bekannt. Auch
die Ziegen haben überaus feine Haare, aus denen man die schö-
nen Kaschemir-Shawls macht. Von wilden Thieren zeichnen
sich aus: das Moschusthier, das dem Rehe ähnlich sieht, aber
zwei große, vorragende Eckzähne hat; die meisten Pelzthiere, die
wir in Sibirien gefunden haben; auch will ein neuer Reisender
hier das Einhorn, an dessen Existenz man bisher gezweifelt hatte,
entdeckt haben.
Die Tibetaner sind Mongolen. Daher haben sie auch ganz
die Mongolischen Gesichtszüge: schiefliegende, blinzelnde Augen,
breites Gesicht, flach und nach dem Kinne spitzig zulaufend, fast
gar keine Augenbrauen, bräunliche Gesichtsfarbe, schwarze, schlichte
Haare, einen gut gebauten Körper von mittler Größe. Es sind
gutmüthige, höfliche, sanfte Menschen. Die gemeinen Leute im
Gebirge leben sehr ärmlich und einfach in ihren schmutzigen Hüt-
ten; die Vornehmen dagegen zeigen viel gesellige Bildung, doch
auch ihre Lebensart ist sehr einfach. Fleisch wird fast gar nicht,
dagegen fast nichts als Milch, Butter, Käse, Fische und Ge-
müse gegessen. Thee ist das gewöhnliche Getränk. Die Gemei-
nen tragen im Sommer Tuch, im Winter Schaf- und Fuchspelze;
die Reichen aber seidene Kleider im Sommer und feine Pelze im
Winter; auf dem Kopfe entweder eine Pelzmütze oder einen ke-
gelförmigen Hut. Der Schnitt ähnelt dem chinesischen sehr. Da
sie sehr abergläubisch sind, so haben sie um den Hals viele Kap-
seln mit Bildnissen ihrer Götzen. Die Häuser der Vornehmen
sind von Stein, haben mehrere Stockwerke und flache Dächer.
Statt der Glasscheiben hat man Vorhänge, und man steigt auf
Leitern von einem Stockwerk ins andere. Der Hausrath ist hier
asiatisch-prächtig. Die Wände sind mit Tapeten ausgeschlagen
und mit Gemälden behängt, die Pfeiler und Erker vergoldet, an
den Wänden Polster zum Sitzen u. s. w. Desto elender sind
die Hütten der Armen. Sie haben weder Fenster noch Schornsteine,
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (200): [T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Ortsnamen: Asien Wildniß Asien Blusin Sibirien