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Die Leidenszeit Deutschlands nach zeitgenssischen Berichten.
Unter den Gefangenen befinden sich auch einige Bauern mit ihren Knechten. Diese lassen sich unter die Ruber aufnehmen und peinigen nun, um vor ihren Spiegesellen gleich eine Probe ihrer Unmenschlichkeit abzulegen, ihre bisherigen Herren aufs entsetz-lichste. Dann fhrt Philander weiter:
Dieses geschhe, so viel ich mich au der Sonnenschein verstehen funte, bi gegen drey Vhren, da rnffte die eine Schildwacht, er sehe von fernen einen Mann kommen, so sonder zweiffel gute Post bringen wrde.
Es war aber ein Schnaltzer^) von dieser Gesellschafft, ein Alchbruder, ein Storger, ein Schurck (aber der Teuffel sags ihm), ein Kundschaffter, der im Land daheimen vnnd in Bawrs Kleidern von vnnd zu gienge vnnd alles au-forschen kndte, wo irgend Beuten zu machen waren.
So bald solcher herbei) kme vnnd erkandt wurde, zog er ein kleines Briefflein, als ein Kglein zusammen gerollet, au dem einen Ohr. Ich ward beyseyts genommen vnnd muste es lesen, das lautete von Worten also:
Zur Nachricht: Es sind vor zwo Schwrtzen drey vornehmbde bekante Kmmerer hie durch auff Schnen Klebs naher M. kafalt. Die werden der drey Schwrtzen wider zuruck schwntzen vnnd etliche Gleicher mit vielen bahren Messen mitbringen. Sie haben bestellt, da man ihnen Lehen keri, gesrtekelten Joham, Bohardt vnnd ein Strohbohrer zu R. soll brissen. Dann sie wollen daselbst schchern. Der Schcherfetzer wird dapffer Brissen vnnd sie so lang mit Meckelen auffhalten, bi ihr sie im Schocherbeth oder doch im Gsar auff dem Mackum habt. Alcht vnnd Bot Euch. Gute Schwrtze^).
Ich lse es, aber die Wort oder Sprach verstnde ich nicht; es waren mir eitel Bmische Drffer.
So bald ward den Pferden ein Ftter geben, vnnd in einer Stunde sa man auff. Wir ritten fort bey sechs Stunden bi gegen die Nacht, ehe wir einkehrten; das war in einem alten verbrandten Schlo, welches auff einer Hhe lag. Wir ffen vnnd trancken bey einem kleinen Fewerlein; gegen tag sa man auff vnnd wir zogen durchs Gewlde, so lang, bi es wider nacht worden. Einer, da wir noch irgend einen Bchsen-Schu zu reiten hatten, stieg von seinem Pferd, zog die Spohren ab, vnnd ging zu Fue von uns, kam
*) Diese Ausdrcke sind dem sog. Rotwelsch, der Gauner- oder Feldsprache" ent-nommen. Der weiter unten mitgeteilte Brief ist zum groen Teil in jener merk-wrdigen Sprache verabfat. Schnaltzer = Betrger, Alchbruder Landstreicher, Storger Vagabund.
2) Ins Deutsche bertragen: Es sind vor zwei Nchten drei vornehme bekannte Kaufleute hier durch auf schnen Pferden nach M. geritten. Die werden nach drei Nchten wieder zurckkehren und einige Genossen mit viel Bargeld mitbringen. . Sie haben bestellt,' da man ihnen Brot und Wein, Branntwein, Fleisch und eine Gans in R. auftragen soll. Denn sie wollen daselbst schmausen. Der Wirt wird alles getreulich zutragen und sie solange durch langsame Bedienung aufhalten, bis ihr sie im Wirts-Haus oder doch im Dorf zur Stelle habt. Geht und schweigt. Gute Nacht.
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286 Die Leidenszeit Deutschlands nach zeitgenssischen Berichten.
Eh wir vor den Wald kamen, sahen wir ungefhr einen Bauren oder zehn, deren ein Theil mit Feuerrohren bewehrt, die brigen aber geschfftig waren' etwas einzugraben. Die Muquetierer giengen auff sie lo und schrien: Halt, halt!" jene aber antworteten mit Rohren. Und wie sie sahen, da sie von den Soldaten bermannet waren, lieff einer da, der ander dort hinaus, also, da die mden Muquetier feinen von ihnen ereilen fnten. Derowegen wollen sie wieder heraus graben, was die Bauren eingescharret. Das schickte sich um so viel desto besser, weil sie die Hauen und Schauffeln, so sie gebraucht, ligen Hessen. Sie hatten aber wenig Streiche gethan, da hreten sie eine Stimme von unten herauff, die sagte: 0 ihr leichtfertige Schelmen! O ihr Ertz-B-wichter, vermeynet ihr wol, da der Himmel euere un-Christliche Grausamkeit und Bubenstcke ungestrafft hingehen lassen werde?"
Hierber sahen die Soldaten einander an. weil sie nicht wsten, was sie thun sollen. Etliche verneinten, sie hrten ein Gespenst, ich aber gedachte, es trume mir. Ihr Officier hie sie dapffer zu graben. Sie kamen gleich auff ein Fa, schlugens auf, und fanden einen Kerl darinn, der weder Nasen noch Ohren mehr hatte und gleichwol noch lebte. So bald sich derselbe ein wenig ermunterte und vom Haussen etliche kante, erzehlete er, was massen die Bauren den vorigen Tag, als einzige seines Regiments auff Ftterung gewesen, ihrer 6. gefangen bekommen, davon sie allererst vor einer Stund snffe, so hinter-einander stehen mssen, tob geschossen; und weil die Kugel ihn, weil er der fediite und letzte gewesen, nicht erlanget, indem sie schon zuvor durch fnft Erper gedrungen, htten sie ihm Nasen und Ohren abgeschnitten. Als er sich nun von den Ehr- und Gottesvergessenen Schelmen so gar geschmhet gesehen, htte et ihnen, wiewol sie ihn mit dem Leben davon lassen wolten, die aller-unntzesten Worte gegeben, die er erdencken mgen, der Hoffnung, es wrde ihm etwan einer aus Ungebult eine Kugel schencken, aber vergebens; sondern, nach dem er sie verbittert gemacht, htien sie ihn in gegenwrtig Fa gesteckt und also lebendig begraben, sprechend, weil er des Todes so eysrig begehre, wollen sie ihm zum Possen hierinn nicht willfahren.
In dem dieser seinen berstandenen Jammer also klagte, kam eine andere Parthey Soldaten zu Fu berzwerchs den Wald herauff, die hatten obgedachte Bauren angetroffen, fnff davon gefangen und die brigen tob geschossen. Unter den Gefangenen waren vier, denen der bel-zugerichte Reuter turtz zuvor so schndlich zu Willen seyn mssen. Als nun beybe Partheyen aus dem An-schreyen einander erkannten, einerley Volck zu seyn, traten sie zusammen und vernamen wiederum vom Reuter selbst, was sich mit ihm und seinen Cammeraden zugetragen. Da folte man seinen blauen Wunder gesehen haben, wie die Bauren getrillt und geschurigelt wurden. Etliche wolten sie gleich in der ersten Fmi tob schiessen, anbere aber sagten: Nein, man mu die leichtfertigen Bget
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Das rmische Forum.
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qesunder, bequemer und behaglicher Aufenthalt gewesen sein. Sie standen dicht aneinander, nur durch enge, winkelige und dstere Gassen geschieden. Bei weitem die meisten Huser im kaiserlichen Rom waren solche msulae; ihre Gesamtzahl wird auf 46602 angegeben gegenber 1790 domus, b. h. Herrschaftshusern. Jene Miethuser waren meist sehr hoch, weil eben der Platz, auf welchem sie standen, mglichst gut rentieren mute. Zu den zahlreichen Stockwerken mute man auf steilen Treppen hinanklettern und der Eingang mar mitunter so niedrig, da man nicht ohne sich zu bcken hineingehen konnte. Das schlimmste aber war die beraus leichte, ja leichtsinnige Bauart. Wird etwas schadhaft, so flickt man es in der Eile oberflchlich oder man berstreicht geschwind den Schaden. Die Bewohner namentlich der oberen Stockwerke sind in bestndiger Lebensgefahr, die Wnde sind zerfressen und uneben, voll von Rissen und Spalten. Wenn es irgenbwo ein wenig kracht, so flieht man in
Todesangst zum Haus hinaus."
Fr die rmeren war auch die Unsicherheit der Straen bei Nacht em empfindliches bel. Der Reiche ging nicht aus ohne sich von einem Tro von Sklaven oder Klienten begleiten zu lassen; an ihn wagte sich nicht leicht jemand; der Arme aber war allen Belstigungen und Mihandlungen wehrlos preis-gegeben. Die Rmer hatten zwar schon in frherer Zeit Beamte, welche fr die ffentliche Sicherheit sorgen sollten, nmlich die dilen; aber es scheint, da die Sicherheitspolizei immer mangelhaft besorgt wurde. Da von einer Straen-beleuchtung nicht die Rede war und die winkelige Stadt eine Menge von Ver-stecken und zum Auflauern gnstigen rtlichkeiten gewhrte, so fehlte es zur Nachtzeit nicht an Wegelagerern, die bisweilen auch mit dem Schwerte angriffen. Kam es doch vor, da Personen bei Nacht gepret" und in die Sklavenzwinger
der Plantagenbesitzer verkauft wurden!
So hatte das Leben in Rom neben seinen vielen Vorzgen auch Nachteile so schlimmer Art, da gar manchem dadurch der Aufenthalt in der Stadt ent-leidet werden mochte.
60. Das rmische Forum.
Schulze, Das rmische Forum als Mittelpunkt des ffentlichen Lebens.
In der Gymnasialbibliothek" von Pohlmey und Hoffmann.
(Gtersloh, C. Bertelsmann.)
Schon frhzeitig erhielt das Forum ein festes Steinpflaster, während fast alle Straen Roms bis zum Jahre 174 v. Chr. dieser Unterlage entbehrten. An Stelle der einzelnen Steine traten spter grere Platten. Schon in der Knigszeit waren einige Tempel am Forum errichtet worden; sie Hatten Holz-wnbe und waren mit Schilf bedeckt. Bald traten Steinbauten an ihre Stelle;
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba]]
TM Hauptwörter (200): [T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
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Die Via Appia als Grberstrae des alten Rom.
90. Die Via flppia als 6rberlfraf$e des alten Rom.
Bohnsack, Die Via Appia von Rom bis Albano.
(Wolfenbttel, I. Zwiler.)
Die unmittelbare Veranlassung zu der Erbauung der Strae waren die Samnitenkriege. Um die unruhige, zu Aufruhr geneigte Bevlkerung im Sden Roms im Zaum zu halten und eine neue Verbindung mit dem wichtigen Kam-panien zu gewinnen^), lie der Censor Appius Claudius Ccus im Jahre 312 v. Chr. die Via Appia" von Rom bis Capua bauen.
Die technische Herstellung der Via Appia war vorzglich; sie war gerade-zu bahnbrechend fr alle spteren derartigen Bauten.
Alle Rmerstraen haben das Gemeinsame, da sie nicht als ein sorgfltig aufgeschtteter Erddamm erscheinen, sondern als ein vom gewachsenen Boden schichtweise aufgefhrtes Bauwerk. Steinlager, abwechselnd in Gerllen und in flachen Schichten bereinander gepackt, meist mit einem sehr dauerhaften Zement-gu verbunden, bilden den festen Untergrund, der nicht auf dem vorhandenen
Die Via Appia bei Aricia. Pflaster der Via Appia.
Boden ansetzt, sondern sein natrliches Fundament auf dem blogelegten trag-fhigen Untergrund findet. Stets aber erhob sich die flachgewlbte Krone auch in ganz ebenen Gegenden um ein Gewisses der den Erdboden; nur unmittel-bar hinter den Stdten wich man von dieser Maregel allenfalls ab.
Nach solchen Grundstzen ist die Via Appia erbaut. Ihre kostbare, aus behauenen Basaltlava-Polygonen bestehende Decke erhielt sie allerdings erst spter. Wie unverwstlich dieses Material war, bezeugt Prokopius^), der im 6. Jahrhunderts nach Christus voller Bewunderung schrieb, sie sei so vorzg-lich erhalten, da die Quadern, obgleich ohne metallene Klammern oder andere Verbindungsmittel hingesetzt, doch so zusammenhingen, da sie ausshen wie zusammengewachsen. Und obgleich dieses Pflaster nun schon jahrhundertelang von Lastwagen und Zugvieh abgerieben und betreten worden, sei es doch weder
*) Ein lterer Straenzug, die via latina, fhrte schon am Nordosthange der Volsker Berge nach Capua.
2) Prokopius aus Csarea in Palstina war ein griechischer Geschichtschreiber, der im 6. Jahrhundert n. Chr. lebte. Eine Probe aus seinen Werken wird im Ii. Bande dieses Buches mitgeteilt werden.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T149: [Stadt Rom Meer Tiber Italien Land Ort Arno Fluß See], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]