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eifrig und ungestört nach der wahren Religion zu forschen. Meh-
rere Jahre vergingen in solcher Weise; da kehrte Muhammed eines
Tages wieder und erklärte, daß er von dem Engel Gabriel die
Offenbarung erhalten habe, er solle den alten Glauben des Erz-
vaters Abraham wiederherstellen. Er predigte: „Es ist nur
ein Gott, Allah, und Muhammed ist sein größter Prophet; Moses
und Christus sind auch Propheten gewesen, aber kleiner, als ich;
denn ich bin der Tröster, den Christus verheißen hat." So stellte sich
der verblendete Mensch über den eingebornen Sohn Gottes. Von einer
Taube ließ er sich Erbsen aus seinem Ohr fressen und sagte, sie
bringe ihm Botschaft vom Himmel. Auch behauptete er, über
Nacht reite er öfter aus einem weißen Rosse in den Himmel, um
mit Gott zu reden. Wenn er Anfälle von der Fallsucht bekam,
an der.er litt, so gab er vor, Gott rufe seine Seele in den Him-
mel, um ihm etwas Neues zu offenbaren.
Anfangs fand er wenig Glauben; denn außer seinen Haus-
genossen wollte ihn fast niemand sür einen Propheten gelten lassen.
Und als endlich die Zahl seiner Anhänger sich mehrte, erhoben sich
seine eigenen Stammesgenossen gegen ihn und nöthigten ihn, aus
Mekka zu fliehen, im Juli 622. Von dem Tage dieser Flucht
(Hedschra) zählen die Muhammedaner ihre Jahre. Sie war auch
der Ansang seines Sieges; denn nun mehrten sich seine Anhänger
reißend schnell. Nach wenigen Jahren war Muhammed so stark,
daß er zurückkehren und Mekka wieder erobern konnte. Von da
an war er das anerkannte weltliche und geistliche Oberhaupt seiner
Gemeinde. Abermals vergingen wenige Jahre, da war Muham-
med Herr über ganz Arabien geworden.
Was ihm so großen Zulaus verschaffte, war theils seine Lehre
selbst, theils die Weise, wie er sie ausbreitete. Seine Lehre war
ganz so, daß sie dem natürlichen Menschen Wohlgefallen konnte.
Sie deckte das sündliche Verderben im Innern des Herzens nicht
aus, sondern suchte nur durch eine schöne äußerliche Zucht das Le-
den von offenbaren groben Sünden rein zu halten und behauptete,
der Mensch müßte sich durch seine Tugenden die Seligkeit verdienen.
Täglich sollte der Gläubige oder Moslem fünfmal beten, das Ge-
sicht nach Mekka gekehrt. Schweinefleisch sollte er nicht essen.
Wein nicht trinken; dagegen könne er mehrere Frauen nehmen,
wie Muhammed selbst deren 22 gehabt hat. Wenigstens einmal
in seinem Leben sollte jeder eine Wallfahrt nach der heiligen
Stadt Mekka machen. Beten führte ans halbem Wege zu Gott,
Fasten brächte an den Eingang des Himmels, Almosen eröffneten
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Extrahierte Personennamen: Muhammed Engel_Gabriel Abraham Muhammed Christus Muhammed Muhammed Muhammed
17. Wie unsere lutherische Kirche geworden ist.
Luthers Jugend.
In dem Dorfe Möra in Thüringen lebte ein armer Bergmann,
Hans Luther genannt, mit seiner christlichen Ehefrau Marga-
retha ; die war eine geborne Lindemann. Beide waren ehrlich,
fromm und rechtschaffen vor Gott und Menschen. Wie nun Hans
Luther, seiner Nahrung nachzugehen, nach Eisleben gezogen war,
geschah es, daß ihm am 10. November 1483 ein Söhnlein gebo-
ren wurde, welches am folgenden Tage die heilige Taufe und in
derselben, weil eben Martinstag war, den Nanren Martin erhielt.
Von Eisleben ist Hans Luther nach Mansfeld gezogen, um in
den dortigen berühmten Bergwerken feinen Unterhalt zu suchen.
Weil er nun gottesfürchtig und rechtschaffen lebte und dabei fleißig
in die eigenen Hände schaute, in die Gott allerlei Kunst und Kraft
gelegt hat, so war er geachtet von jedermann und erwarb sich großes
Vertrauen, so daß er auch in den Rathsstuhl gezogen und mit städti-
schen Ämtern bekleidet ward. Seine Frau war im ganzen Orte
wegen ihrer Zucht und Ehrbarkeit und ihres fleißigen Gebetes be-
rühmt. Beide Eltern gedachten an Sirachs Wort: „Wer sein Kind
lieb hat, hält es unter der Ruthe." Weil sie nun ihren Martin
recht lieb hatten, zogen sie ihn nicht in weichlichen £äubeteieu auf,
wodurch die Kinder die Ehrfurcht gegen die Eltern verlieren und
widerspenstig werden, sondern hielten ihn iu Gottesfurcht mit groß-
ßem Ernst zu Gehorsam, Arbeit und Zufriedenheit an. Dem kleinen
Martin wollte die strenge Zucht oft gar nicht gefallen; später aber
hat er es erkannt, daß die Ruthe der Zucht die Thorheit aus dem
Herzen des Knaben treibt.
Als Martin vierzehn Jahre alt war, wurde er auf die große
Schule nach Eisenach gebracht. Weil er von Haufe wenig Unter-
stützung haben konnte, mußte er mit anderen armen Knaben vor die
Thüren der Häuser gehen und mit Singen sein Brot um Gottes willen
suchen. Es war aber eine fromme Frau daselbst, Meister Konrad
Cottas, des Bäckers, Eheweib; die hatte bemerkt, wie gar andäch-
tig der Martin sang, und wie tief zu Herzen dringend der Klang
seiner Stimme war. Sie gewann den Knaben herzlich lieb wegen
seiner Frömmigkeit. Nachdem sie weitere Erkundigungen über ihn
eingezogen hatte, nahm sie ihn in ihr Hans und gab ihm alles,
was er bedurfte. Der Martin aber war dankbar in seiner Seele
und lernte so fleißig, daß er schon nach drei Jahren auf die Hoch-
schule gen Erfurt ab gehen konnte.
Nach dem Wunsche des Vaters sollte der Sohn ein Nechtsge-
lehrter werden. Gehorsam iu allen Dingen, gab er nach, so we-
nig Lust er auch zu diesem Beruf in sich spürte. Er studirte mit
unermüdetem Fleiße, so daß er schon nach zwei Jahren Magister
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Extrahierte Personennamen: Bergmann Hans_Luther Hans
Luther Martin Hans_Luther Martin Ernst Martin Martin Konrad
Cottas Konrad Martin Hans Martin
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wurde und andere wieder unterrichten konnte. Jedesmal aber,
wenn er anfing zu ftubireu, rief er zuvor den Herrn im Gebet
um seine Hülfe an; „denn," sprach er, „tüchtig gebetet ist halb
studirt."
Wie die Zucht, so die Frucht.
Luther im Kloster.
Mitten in seinem Arbeiten ward Luther von der gewaltigen
Hand Gottes ergriffen und andere Wege geführt. Einer seiner
Freunde wurde in der Nacht ermordet und des Morgens todt
im Zimmer gefunden. Auf die Nachricht davon eilt Luther in
die Wohnung des Freundes und findet das schreckliche Gerücht be-
stätigt. Entsetzt verläßt er den grausigen Ort und geht, um ruhig
zu werden, weit ins Feld hinein. Da führt ein Blitz vom Him-
mel hernieder und schlügt unmittelbar an seiner Seite in die Erde.
Bei dem zwiefachen erschütternden Ereigniß erfaßte ihn die Furcht
des Todes und des Gerichts. Von diesen Gedanken gequält,
that er nach der Weise der Zeit das Gelübde, der Welt zu entsa-
gen und ein Mönch zu werden, und führte seinen Entschluß schnell
aus. Am 17. Juli 1505 trat er in das Augustiner-Kloster zu Er-
furt und machte seinen Eltern schriftliche Anzeige davon. Sein
Vater wurde darüber so verdrießlich, daß er seinen Sohn nicht
mehr „Ihr", sondern „Du" nanute. Später hat er seine Zustim-
mung gegeben und den Segen Gottes für seinen Martin erbeten.
Im Kloster hat Luther anfangs eine recht schwere Zeit gehabt;
denn er mußte die niedrigsten Dienste verrichten, das Haus fegen,
die Ställe ausdüngen und mit dem Bettelsack durch die Stadt
gehen. Das mochte ihn, der schon Magister an der Hochschule
gewesen war und Studenten unterrichtet hatte, sauer genug an-
kommen; aber um des Gewissens willen zu Gott, wie er damals
meinte, hat er auch das Schwerste getreulich ausgerichtet. Dane-
den hat er fleißig das Studiren fortgesetzt. In der Büchersamm-
lung des Klosters fand er eine lateinische Bibel und fing an
darin zu lesen. Je weiter er las, desto größer wurde sein Eifer;
denn er lernte hier Dinge, von denen er bisher nichts gehört
hatte. Er erkannte den Willen des heiligen Gottes, daß wir hei-
lig sein sollen, wie er es ist, und die majestätische Gerechtigkeit
des Richters der Welt, der einem jeden vergelten wird nach sei-
nen Werken, lind als er in diesem klaren Spiegel sein eigenes
Herz betrachtete, da sah er ein, wie viel ihm fehlte, um als ein
treuer Knecht Gottes erfunden zu werden.
Je emsiger jer forschte, desto klarer erkannte er die Sünde sei-
nes Herzens. Nun überfiel ihn die Angst vor dein Richter der Welt.
Die Gerechtigkeit Gottes wurde ihm unerträglich; er brach zusam-
men und klagte mit Jesaias: „Wehe mir, ich vergehe! Denn ich
jit
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97
bin sündiger Lippen." Der verzehrenden Gerechtigkeit Gottes zu
entfliehen, das war von nun an sein unablässiges Ringen. Nach
dem damaligen Stande seiner Erkenntniß suchte er die Rettung darin,
daß er die mönchischen Werke noch steigerte und sich weit größere
Pein und Entsagung auferlegte, als selbst die Gesetze seines Ordens
vorschrieben. Durch das fortgesetzte Kasteien und Selbstpeinigen
kam er so herunter, daß er in eine schwere Krankheit siel. Aber
Frieden der Seele fand er nicht. Darob kam eine so tiefe Schwer-
muth über ihn, daß seine Vorgesetzten Schlimmes für ihn fürchteten.
In einem Anfall von Schwermut!) hatte er sich einst eingeschlossen
und anderthalb Tage lang nicht Speise oder Trank zu sich genom-
men. Als man endlich mit Gewalt die Thür erbrach, fand man
ihn wie einen Todten aus dem Bette liegen. Da trat ein alter
Klosterbruder zu ihm hinan und betete ihm ans dem dritten Artikel
die Worte vor: „Ich glaube eine Vergebung der Sünden." Dies
war der erste Lichtstrahl, der in seine Seele siel. Von der Zeit
an forschte er eifrigst nach den Tröstungen des göttlichen Wortes und
kam immer mehr zu der Überzeugung, daß Gott Sünden vergebe,
nicht um selbstgemachter Pein, sondern nach seinem Erbarmen um
Christi willen. Aller zu unumstößlicher Gewißheit ist er damals
noch nicht gekommen. Als er von der Krankheit wiederhergestellt
war, wurde er zum Priester geweiht, wobei ihm der Bischof den
Kelch in die Hand gab und sprach: „Nimm hin die Macht, zu
opfern für Lebendige und Todte!" „Es war Gottes Geduld,"
sagte später Luther davon, „daß uns beide in dem Augenblick nicht
die Erde verschlungen hat."
Probiren gehl über Studiren.
Luther in Wittenberg und in Rom.
Um diese Zeit geschah es, das; der Kurfürst Friedrich der Weise von
Sachsen eine Hochschule in Wittenberg errichtete und Martin Luther als
Professor dorthin berief. Hier fing er an, gewaltig zu lehren, so daß viele
Studenten kamen, ihn zu hören. Zum Predigen konnte er sich lange nicht
entschließen; „denn," sprach er, „ich tauge nicht zu predigen." Als er sich
endlich einmal dazu bewegen ließ, wählte die Gemeinde ihn sogleich zu ihrem
Prediger. Es war aber die Kraft seiner Lehre so groß, daß die Kirche bald
die Hörer nicht mehr fassen konnte. Er hat Tausende aus dem Schlaf der
Sünde geweckt, Tausende mit Licht und Trost und Zuversicht erfüllt; denn
er predigte das reine Wort Gottes, wie es in den Schriften der Propheten
und Apostel gelehrt wird. Also ist Luther aus einem armen Mönche ein
großer Professor und Prediger geworden. Aber dabei hat er nicht hoch von
sich selbst gehalten, sondern ist sein demüthig geblieben und hat dem die
Ehre gegeben, der ihn berufen hatte von der Finsterniß zu seinem wunder-
baren Licht.
Fm Fahre 1510 wurde Luther nach Rom gesandt, um bei dem Papste
etwas für das Kloster zu Wittenberg auszuwirken. Mit Freuden trat er die
7
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Martin_Luther Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Christi Gottes Wittenberg Rom Sachsen Wittenberg Gottes Rom Wittenberg
98
Reise an; denn er hoffte, daß er nun den letzten Rest von Zweifel überwin-
den und vollen, gewissen Grund des Glaubens finden werde. Aber wie bit-
ter wurde er enttäuscht! Je näher er Rom kam, desto leichtfertiger waren
die Priester, desto versunkener die Gemeinden. Zn Rom selbst ging es am
ärgsten her. Die Priester verrichteten hier die kirchlichen Geschäfte mit einer
unwürdigen Hast und Eile, gleich als ob sie in Tagelohn beteten. Und als
Luther selbst einmal Messe las, andächtig und feierlich, wie sichs gebührte,
verspotteten sie ihn und riefen ihm unter rohen Späßen zu, er solle doch ei-
ten, daß er zu Ende komme. Kurz vor seiner Abreise kroch er nach dem da-
maligen Brauch die Stufen der Pilatustreppe auf den Knieen hinauf, um
den Ablaß des Papstes zu empfangen. Da wars ihm, als ob jemand mit
Macht in sein Ohr rufe: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben." Dies
Wort wurde ihm von nun an zur unumstößlichen Gewißheit. Somit ist
seine Hoffnung erfüllt worden, daß er in Rom festen Grund seines Glaubens
finden werde, wenn auch in anderer Weise, als er selbst gehofft hatte.
Nach seiner Rückkehr wurde er zum Doktor der Theologie erhoben und
erhielt den Auftrag, die Klöster des Landes zu visitiren. O, was für Jam-
mer mußte er da sehen! Von Christi Verdienst war in Kirchen und Schulen
keine Rede, aber desto mehr von dem Verdienst der Heiligen: die zehn Ge-
bote wurden geringe geachtet, dagegen die selbsterwählte Geistlichkeit hoch
gepriesen; die Vergebung der Sünden um Christi willen war eine unbekannte
Sache, aber der Ablaßhandel war wohlbekannt in Stadt und Dorf. Wie
tammerte ihn des armen Volkes, das verschmachten mußte und hatte nichts
zu essen!
Wer ein Meister werden will, muss früh anfangen, treu an-
hangen, immer vorwärts langen.
Anfang der Reformation.
Papst Leo schrieb 1517 einen großen Ablaß aus, der allen
denjenigen zu Theil werden sollte, welche zum Bau der Peters-
kirche in Nom Geld beitragen würden. Die Größe des Erlasses
richtete sich nach der Größe der Summe, die einer bezahlte. Für
ganz Deutschland erhielt der Erzbischof von Mainz den Auftrag,
Ablaß zu ertheilen. Um größern Absatz zu finden, hielt er sich
eine Menge Kleinhändler, die umherzogen und ihre Ware feil
boten. Da konnte man den Erlaß für Lüge und Betrug, Erlaß
für Raub und Brand, Erlaß für alle möglichen Sünden, Erlaß
selbst für Verstorbene von den Qualen des Fegefeuers erhalten.
Am schamlosesten trieb es ein Mönch Tetzel, der geradezu er-
klärte, es bedürfe der Buße nicht; wenn Ulan nur einen Ablaß-
zettel kaufe, sei im Himmel alles in Richtigkeit! So frech hatte
noch niemand gesprochen. Als Luther von dem Unwesen hörte,
predigte er dagegen und belehrte das Volk gründlich über die
Vergebung der Sünden aus Gottes Wort. Man hörte nicht auf
ihn. Tetzel kam in die Nähe von Wittenberg und hatte die
Freude zu sehen, daß die Leute in hellen Haufen zu ihm liefen.
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Extrahierte Personennamen: Christi Leo Leo
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Christi Peters- Deutschland Mainz Gottes Wittenberg
*B
99
Ablaß zu kaufen. Nun wandte sich Luther an verschiedene Bischöfe
und bat, daß sie dem Tetzel das ungeschickte Ding wehrten. Als
auch dies nichts fruchtete, vielmehr das Treiben von Tag zu
Tag ärger ward, schrieb Luther 95 Sätze wider den Ablaß auf,
schlug sie am Abend Allerheiligen , den 31. Oktbr. 1517 , an die
Schloßkirche zu Wittenberg und erbot sich, dieselben gegen jeder-
mann zu vertheidigen, so jemand etwas dawider einzuwenden Lust
hätte. Dies war der Anfang der Reformation.
Luther in seiner Demuth hat im entferntesten nicht daran ge-
dacht , die ganze Kirche reformiren zu wollen. Er wollte nur ei-
nige große Mißbräuche abgestellt wissen. Hätte er geahnt, was
für ein Werk er anfing, er würde auf seine Kraft gesehen haben, wie
sie so schwach war, und würde zurückgebebt sein vor dem sauren
Berufe. Aber das sind eben die rechten Leute vor Gott, die ihre
Niedrigkeit erkennen; denn Gottes Kraft ist in den Schwachen
mächtig.
Ds scheint ein Mann oft sehr gering,
Durch den Gott doch schafft grosse Ding.
liuüier sich ywiis ä*a|»ade io*.
Luthers Stimme erklang wie die Stimme des Wächters ans der
Zinne von Jerusalem, ln vierzehn Tagen liefen die 95 Salze durch
ganz Deutschland. Da ward ein grosses Gerede in allen Landen,
und der Handel gefiel jedermann. Nur die Bischöfe und Mönche
eiferten dawider mit aller Macht. Als der Rumor endlich auch bis
nach Rom kam , erhob sich der Papst im Zorne und gab Befehl,
dass Luther slracks nach Augsburg gehen und sich dort vor einem
päpstlichen Abgesandten verantworten solle. Luther leistete dem
Befehl Folge und stellte sich in Augsburg , in der Hoffnung , dass
ihm Gelegenheit werde gegeben werden, sich mit dem Worte Gottes
zu vertheidigen. Aber er irrte sich. Der Abgesandte des Papstes
wollte sich auf nichts einlassen , sondern verlangte nur, Luther
solle widerrufen. Da letzterer dies nicht konnte, gingen beide un-
verrichteter Sache wieder auseinander. Luther aber wurde, damit
er nicht heimlich von den Römischen .ergriffen würde, Morgens ganz
früh durch eine Pforte in der Stadtmauer entlassen und bestieg
ein bereit gehaltenes Pferd, auf welchem er eilig davon ritt. Als
er am Abend desselbigen Tages in Nürnberg ankam, war er so müde,
dass er auf das Stroh im Stalle hinfiel und einschlief. Nach gut
acht Tagen war er wohlbehalten wieder in Wittenberg.
Der erste Versuch, Luther zur Umkehr zu bewegen, war miss-
lungen. Der Papst gedachte, dass sein Kardinal zu grob zugefah-
ren sei , und dass er mehr erreicht haben würde, wenn er etwas
säuberlicher verfahren wäre. Er schickte deshalb einen neuen Ab-
gesandten; der war ein feiner , artiger Herr und redete Luther so
7*
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Extrahierte Personennamen: Demuth Luthers
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Jerusalem Deutschland Rom Augsburg Augsburg Nürnberg Wittenberg
freundlich zu, dass dieser versprach , er wolle nicht ferner öffent-
lich streiten , wenn auch seine Gegner stille sein und ihn in Ruhe
lassen würden. Das thaten diese aber nicht, und so ging die
Sache ihren Gang weiter fort.
Abermals schickte der Papst einen Unterhändler, den Dr. Eck;
der war ein listiger und verschlagener Mensch und suchte Luther
in seiner Rede zu fangen, konnte aber mit aller Schlauheit nichts
ausrichten; denn Luther stand fest auf Gottes Wort. - Nachdem
alles vergeblich versucht war, that der Papst Luther in den Bann
und sandte den Dr. Eck , die Bannbulle in Deutschland bekannt zu
machen. Triurnphirend rückte Eck ein ; denn er gedachte , dass
ganz Deutschland in Bestürzung gerathen und eilen würde, den
Ketzer von sich zu stossen. Aber er hatte sich gewaltig verrech-
net! Nur an wenigen Orten konnte er es durchsetzen, dass die
Bulle bekannt gemacht wurde : an den meisten Orten wurde ihm
dies entschieden gewehrt. Luther selbst ging am 10. December
vor das Thor der Stadt mit den Studenten der Universität. Daselbst
liess er einen Scheiterhaufen ausrichten und anzünden. Nachdem
dies geschehen war , warf er die päpstliche Bannbulle in das Feuer
und sagte sich damit öffentlich von dem Papst und seiner Irrlehre
los. Nun war die Brücke hinter ihm abgebrochen und der Rückweg
unmöglich.
Melanchthon.
Um diese Zeit gewann Luther einen treuen Freund; der hieß
P h i l i p p Dt elan ch t h o u und stammte aus dem Städtchen Breiten
in Baden, wo sein Vater ein weitberühmter Waffenschmied war.
Dieser Mann hatte von Gott ganz außergewöhnliche Gaben erhalten:
dreizehn Jahre alt, hatte er die Universität bezogen und, sechszehn
Jahre alt, eine lateinische Grammatik geschrieben. Im ein und zwan-
zigsten Jahre wurde er Professor in Wittenberg und bald Luthers
treuster Freund. Bei seiner großen Gelehrsamkeit war er nur Be-
scheidenheit, Liebe und Güte. Mit einfältigem, kindlichem Sinn nahm
er die evangelische Wahrheit ans; aber ein Glaubens Held, wie Lu-
ther, war er nicht. Beide Männer schienen recht eigentlich für ein-
ander bestimmt 31t sein: Luther dankte Gott für die Hülfe, die er
ihm in Meister Philipp gegeben, tmd Melanchthon beugte sich de-
müthig unter den gewaltigen Geist, der in dem glaubensstarken
Freunde lebte.
Freund in der Noth, Freund im Tod, Freund hinterm
Flicken, das sind drei starke Fracken.
Luther steht vor Kaiser und Reich.
Im Jahre 1521 wurde in Worms ein großer Reichstag ge-
halten, zu welchem der Kaiser selbst nebst vielen Fürsten und Herrn
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Extrahierte Personennamen: Luther Luther Melanchthon Philipp Philipp Melanchthon
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Deutschland Deutschland Rückweg Baden Wittenberg Luthers Worms
172
spiel, Wettrennen u. s. w. nicht fehlen dürfen, versteht sich von
selbst. Betäubt und ermüdet geht endlich alles in die stille Fasten-
zeit hinein.
Tt Lissabon.
Wenn man aus dem grossen atlantischen Ocean in die breite Mün-
dung des Tajo einfährt, so erblickt man links die alte, berühmte Stadt
Lissabon, die sich zwei Stunden lang vom Ufer des Flusses an die
Berge hinanzieht und mit ihrem Gewirr von Häusern, Palästen, Kirchen
und Ruinen einen gar prächtigen Anblick gewährt. Über die Stadt blicken
die zackigen Höhen des Cintra - Gebirges weg. Das gegenüberliegende
Uier ist mit Landhäusern und Gärten, mit Orangen- und Olivenhainen
besetzt. Die Lage der Stadt an den Bergen macht es, dass viele Häuser
nach der Flussseite hin ein oder zwei Stockwerke mehr haben, als nach
der entgegengesetzten Seite. Es kommt vor, dass man zur ebenen Erde
in ein Haus tritt und auf der andern Seite erst zwei Treppen hinabstei-
gen muss, um die Ausgangsthür zu finden. Manche Strassen sind gar nicht
gepflastert; in den meisten sieht es wenigstens nicht residenzmässig aus.
Denn Reste von Speisen, Kehricht, Unrath — alles wird auf die Strasse
geworfen und muss dort liegen, bis die Sonne es verzehrt oder ein tüch-
tiger Regen es wegspült. Dazu wimmelt es von Bettlern und herren-
losen Hunden, die beide gleich unverschämt sind, sich ihren Unterhalt
zu verschaffen. Ob es der Schmutz der Strassen oder die Menge des um-
herstreifenden zwei- und vierbeinigen Gesindels macht, genug, wer es
irgend ermöglichen kann, geht nicht zu Fuss, sondern reitet oder fährt,
wenn er auch nur einen kurzen Besuch bei einem benachbarten Freunde
macht. Kann eres nicht bis zu einem Pferde oder Maulthier bringen, so
spannt er Ziegen und selbst Hammel vor den Wagen und fährt wohlge-
muth seines Weges dahin.
Lissabon ist mehrere Male von Erdbeben stark heimgesucht worden,
zuletzt am Feste Allerheiligen, den 1. November 1755. Es war Morgens
kurz vor zehn Uhr, während die Kirchen gedrängt voll waren, als ein
heftiger Erdstoss gespürt wurde, von dem Kirchen und Schlösser und
Häuser zusammenstürzten. Bald folgten noch mehrere Stösse. Zwei
Stunden darauf brach eine Feuersbrunst aus, die sich bei dem heftigen
Sturm rasend schnell verbreitete und Tage lang wüthete, bevor ihr ein
Ziel gesetzt ward. Die Menschen waren in das Freie hinaus geflohen
und schauten mit Entsetzen die brennende Stadt an, während ringsumher
die Erde sich bewegte, wie Wellen im Meere, oder hie und da sich auf-
that und Schwefel und Feuer aus ihrem Munde warf. Plötzlich, als wollten
sich alle Elemente zum Untergange der Stadt vereinigen, stieg der Tajo
vierzig Fuss über seine gewöhnliche Höhe, warf grosse Schifte über
Mauern und Häuser weg und brachte vielen Menschen, die am Ufer Schutz
gesucht hatten, den Tod. An 30,000 Menschen sind bei jenem Erdbeben
umgekommen. Dasselbe ist im ganzen westlichen Europa und dem nörd-
lichen Amerika gespürt worden. Auch bei Waren und Malchow will man
es beobachtet haben.
23. Die Stiergcfecbte in Spanien.
Die großartigsten Volksbelustigungen in Spanien sind die Stiergefechte,
die auf der ganzen Halbinsel vorkommen, am glänzendsten aber in Madrid
gegeben werden. Die Stiere werden in den Gebirgen eingefangen. Der Ort
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Extrahierte Personennamen: Malchow
Extrahierte Ortsnamen: Lissabon Lissabon Europa Amerika Spanien Spanien Madrid
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gen oder ein anderes Glied des Leibes verletzt wird. Der Kampf
hört nicht auf, bevor nicht der eine sich für besiegt erklärt hat. Die
Polizei paßt den Boxern eifrig auf, hat aber die alte Sitte noch
nicht ausrotten können. Es geschieht auch wohl, daß auf der
Straße zwei Menschen sich begegnen und einig werden, in aller
Geschwindigkeit einen Gang im Boxen zu machen. Bald sammelt
sich eine Menge Menschen um sie. Aber die Polizei kommt. Im
Nu stiebt alles aus einander, um — — einige Straßen weiter das
Spiel ruhig fortzusetzen.
Ein anderes Vergnügen, das auch bei uns Eingang gesunden
hat, ist das Pferderennen. England hat eine Art Pferde, die
von arabischen Hengsten und englischen Stuten abstammen und un-
ter dem Namen „Vollblutpferde" sehr geschätzt sind. Die Thiere
sind zierlich gebaut und schnell, wie der Wind, aber zu schwerer
Arbeit nicht zu gebrauchen. Aus diesen zieht man sich die zu den
Wettrennen zu verwendenden Pferde. Sie werden mit der größ-
ten Sorgfalt gepflegt, bei rauher Luft in wollene Decken gehüllt,
erhalten ihr Futter zugewogeu und wohnen in Ställen, die so
sauber und prächtig sind, daß man schwerlich Wohnungen für'das
unvernünftige Vieh in ihnen vermuthen würde. Sie müssen jeden
Tag ihre vorgeschriebene Bewegung haben. Durch die sorgfältige
Behandlung und tägliche Übung erlangen sie eine Schnelligkeit,
die unbeschreiblich ist: wenn sie vorüberstürmen, sollte man glauben,
sie flögen durch die Luft, ohne auch nur den Erdboden zu berühren.
Bei dem Nennen kommt es nicht blos auf die Pferde, sondern
auch auf die Reiter an. Letztere, Jockeys genannt, werden eben-
falls höchst sorgfältig gehalten und müssen sich oftmals durch ver-
zweifelte Kuren auf die Rennen vorbereiten. Es ist bestimmt, daß
die Pferde von gleichem Alter auch gleiches Gewicht tragen sollen.
Ist ein Jockey — was selten der Fall ist — zu leicht, so steckt
man ihm Blei in Taschen oder Gurt; ist er zu schwer, so muß er
Wochen lang hungern und dursten und schwitzen, bis er hinlänglich
von seinem Gewicht verloren hat. Ein Jockey und ein Boxer —-
welche Verschiedenheit!
Die Jockeys haben eine eigene Weise zu reiten. Mit dünnen
Taffetjacken, leichten Hosen und kurzen Stiefeln bekleidet, sitzen sie
nicht auf dem Sattel, sondern stehen vorübergeneigt in den Steig-
bügeln und halten sich mit den Knieen fest. Wenn Roß und
Reiter dahinfliegen, das Thier mit Kopf und Bauch fast den Erd-
boden berührend, während der Reiter zusammengekauert darauf
hockt, so mag man die Schnelligkeit des einen und die Behendig-
keit des andern mit Recht bewundern; im übrigen aber hat man
nicht einen schönen, sondern einen recht häßlichen Anblick vor Augen.
Kurz vor dem Beginn des Rennens stehen die Pferde in einer
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des Reichs erschienen war. Luther wurde vargefordert, nur sich vor
Kaiser und Reich wegen seiner Lehre zu verantworten, und erhielt dazu
einen sichern Geleitsbrief ans den Weg. Seine Freunde baten flehent-
lich, er möge von der Reise abstehen; denn sie gedachten an Huß, bcu
der kaiserliche Geleitsbrief auch nicht gerettet hatte. Gr aber sprach
mit Zuversicht: „Wenn sie gleich ein Feuer machten zwischen Wit-
tenberg und Worms bis an den Himmel hinan, so wollte ich doch
im Namen des Herrn erscheinen, Christum bekennen und- denselbigen
walten lassen. Und wenn so viel Teufel iit Worms wären, als Zie-
gel auf den Dächern, so werde ich dennoch gehen!" Am 4. April
trat er die Reise an, uiib am Ig. fuhr er in Worms ein. Cs'ine große
Menge von Menschen begleitete ihn in fein Quartier: ein Theil be-
wnnderte den mnthigen Zeugen, der andere Theil gaffte neugierig
den seltsamen Fremden an. Die Nacht brachte er in: brünstigen Ge-
bet zu. Als er am folgenden Tage nach dem Rath Hause abgeholt
wurde, war das Gedränge auf beit Straßen so groß, daß man ihn
ans Nebenwegen durch eine kleine Pforte in den Saal führen mußte,
^ln der Saalthür stand der kaiserliche Feldhanptmann von Frnnds-
b erg. Der klopfte Luther auf die Schulter und sprach: „Mönchlein,
Mönchlein, du gehst einen Gang, desgleichen ich in der heißesten
Schlacht nicht gethan habe. Bist du aber auf rechter Meinung, so
sei getrost; Gott wird dich nicht verlassen." Dann wurde die Thur
geöffnet, und der Geladene trat ein:
L u t h e r stand vor Kaiser und Reich!
Da saßen in großer Pracht und Majestät Kaiser Karl V und
alle die Kurfürsten, Herzoge, Fürsten, Bischöfe, Grafen und Herrn
und schauten den geringen Mönch an, der es wagte, den Kampf wi-
der die gewaltige Macht des Papstes zu unternehmen. Nach wenigen
Vorfragen erhielt Luther das Wort. In Demuth und höchster Ghr-
erbietung, aber mit Kraft und Freudigkeit hielt er seine Rede an
Kaiserliche Majestät und vertheidigte sich so wacker gegen die vor-
gebrachten Beschuldigungen, daß mehrere der Anwesenden an diesem
Tage für das Evangelium gewonnen wurden und Friedrich von Sach-
sen hoch erfreut ausrief: „Pater Martin hat wohl geredet!" Als
aber der Erzbischof von Trier ausrief, man wolle nicht mit thm dis-
putiren, sondern eine runde Antwort haben, ob er widerrufen wolle
oder nicht, erklärte Luther mit männlicher Festigkeit, er werde nicht
widerrufen, es sei denn, daß er durch die Schrift überwunden sei,
und schloß mit den Worten:' „Hier stehe ich, ich kann nicht anders;
Gott helfe mir! Amen." Darauf wurde Luther entlassen Die Pa-
piften wollten ivoht den Kaiser bereden, daß er dem Ketzer das sichere
Geleit nicht zu halten brauche; allein Karl erklärte: wenn in der
ganzen Welt kein Treu und Glaube mehr gefunden werde, so müsse
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Extrahierte Personennamen: Karl_V Karl Demuth Friedrich_von_Sach- Friedrich Martin Karl Karl