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kleinen und kleinsten Beträgen erhoben, ohne daß man die Belastung spürte. Auch bewirkte sie mittelbar eine größere Erhöhung der Arbeitslöhne und hatte noch das Gute, daß sie nicht bloß dem Staat (und den Städten) wachsende Einnahmen verschaffte, sondern auch in etwa eine Bürgschaft für die Güte der eingeführten, also auch überwachten Waren bot.
Eine allgemeine, unmittelbare Steuer für das ganze Land war die Klassen Steuer, die aber in den oben berührten größeren Städten als Gegenleistung für die Einnahmen aus der Schlacht- und Mahlsteuer ausfiel. Da jedoch auch bei dieser Steuer die Wohlhabenden und Reichen zu günstig gestellt wurden, mußte sie wiederholt umgestaltet werden. Anfangs hatte die Klassensteuer fünf Klassen, die erste für die Wohlhabenden und Reichen, die zweite und dritte für die noch Wohlhabenden, die vierte für die geringeren Bürger und die fünfte für die Tagelöhner und das Gesinde. Die Steuer schwankte in diesen fünf Klassen zwischen 144 Talern und Va Taler. Schon 1821 machte man nach oben hin, um die Reicheren mehr zu treffen, neue Klassen, und bald wurden es sogar zwölf. Da hierbei aber immer noch die Besitzenden zu vorteilhaft gestellt schienen, wurden 1830 achtzehn Klassen gebildet. So wurde der Staat immer mehr zu einer Einkommensteuer gedrängt, die den wirklichen Einnahmen entspricht. Den Uebergang machte am 1. Mai 1850 die klassifizierte Einkommensteuer, die von den durch Schätzung gefundenen Einkommen über 1000 Talern eine Steuer von 3 % erhob.
Demnach gewann der Staat mittelbar und unmittelbar seine Einnahmen aus immer ändern Quellen; die Lasten waren wohl fühlbar, aber doch erträglich, weil sie sich auf die verschiedensten Gebiete verteilten und wenn möglich in kleinsten Summen erhoben wurden. Für den Staat hatten die Steuern die weitere Annehmlichkeit, daß allseitig der Ertrag, ohne daß neue Forderungen zu stellen waren, von selber wuchs.
Immerhin waren die Steuernforderer wenig beliebt und über Herrn v. Klewitz machte selbst der Kronprinz witzige Rätsel, die damals dem Steuernerfinder gern gegönnt und darum fleißig weitererzählt wurden. Es bewährte sich wieder der englische Satz: Steuern fordern und beliebt sein ist ebenso unvereinbar, wie verliebt sein und vernünftig handeln.
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trat und damit am 14. Februar 1828 die Stiftung des preußischhessischen Zollvereins ermöglichte, war Hessen-Darmstadt. Maßgebend für diesen Beitritt war selbstverständlich nur das geldliche Interesse dieses Mittelstaates.
Um den preußischen Bestrebungen entgegenzuarbeiten, hatte Bayern einen Süddeutschen Zollverein gestiftet. König Ludwig dachte nicht gering von den Handelsaufgaben Bayerns. Er hatte, was Karl der Große nicht zu Ende bringen konnte, seinerseits vollendet. Er hatte die Wasserstraßen vom Rhein und von der Donau, oder, wie man es lieber ausdrückte, die Nordsee und das Schwarze Meer durch den Ludwigskanal verbunden. Allerdings konnte der Kanal nur ganz kleine Schilfe von 125 t tragen und die Durchfahrt war mit 100 Schleusen belastet, aber er verriet doch immerhin große Handelsziele. Auch hatte König Ludwig zeitig den kommenden Dampfwagen seine Aufmerksamkeit zugewendet und probeweise schon Modelle in dem Nymphenburger Park fahren lassen. Später entstand dann auch in Bayern die erste deutsche Eisenbahn mit Dampfbetrieb. (Fürth - Nürnberg 1835) Jetzt wollte der hochgesinnte König auch die Führung der Zollverbände in dem „dritten, eigentlichen Deutschland“ unternehmen. Die Verständigung mit Württemberg war nicht schwierig, da dessen betriebsame Einwohner jedenfalls einen viel größeren Markt erhielten. Aber auch andere Länder mußten gewonnen werden, wenn möglich auch die Schweiz. Zunächst aber strebte man nach Hessen-Darmstadt, denn nur durch Hessen erreichte man die Verbindung mit der Bayrischen Pfalz. Hatte man Hessen-Darmstadt angeschlossen, so mußte die Beteiligung Badens folgen, eines Landes, das wenigstens in seinen nördlichen Teilen nach Wittelsbacher Auffassung zu Bayern gehören sollte. Wenn nun Hessen - Darmstadt trotz aller Bemühungen sich doch für Preußen entschied, so hatte es dafür recht triftige Gründe. Hessen-Darmstadt konnte für sich allein bleiben; es konnte mit dem Süddeutschen Zollverein gehen oder auch mit Preußen. Die Zolleinnahmen in Hessen-Darmstadt allein betrugen 21/2 Sgr., in Württemberg-Bayern, das ein größeres Handelsgebiet umfaßte, anderseits aber auch wenig Kolonialwaren verbrauchte, 972 Sgr., in Preußen dagegen 24 Sgr. Konnte der sehr geldbedürftige Darmstädter Staat da noch lange schwanken? Und das um so weniger, als die neugewonnenen
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Eger—prag aufzusuchen. Auch nicht unwichtig war der Weg über den Rennsteig bei Oberhof, der, ebenfalls von Nürnberg kommend, nordwärts Erfurt und Magdeburg (oder Braunschweig) zum Ziele hatte. Daß viele dieser nord-südlichen Wege es auf die Erreichung Hamburgs abgesehen hatten, ist selbstverständlich, denn dieser so vorzügliche Hafenplatz hat auch im Mittelalter schon große Anziehungskraft gehabt. — Die Deutschland in seiner ganzen Ausdehnung durchziehenden Handelsstraßen gewannen natürlich, da sie die Richtlinien für neue und für Nebenwege wurden, eine immer wachsende Bedeutung. Von den deutschen Königen beschützt und benutzt, galten sie schlechtweg als die Straßen des Königs, die Königsstraßen; auch wohl, da alle den Anspruch auf ihre Benutzung hatten, als die öffentlichen. Soweit sie wirkliche Straßen (via strata) waren, nannte man sie auch Steinwege oder nach den Heeren, für die sie berechnet waren, Heerstraßen, auch Heer- und Hellwege/) Daneben aber heißen sie auch schlechtweg die Hohen Straßen; die geringeren ihnen gegenüber heißen dann die Niedern Straßen.
Die Erhaltung der Straßen war natürlich mit vielen Lasten verbunden. Es entstand daher der sehr naheliegende Anspruch auf die Erhebung von Wegegeldern. Der Landesherr, der sie als regale begehrte, erweiterte diese Regalien oft zu Zöllen, deren Berechtigung der Kaiser, dem allgemeinen Interesse entgegen, um sich die kleineren Landesherren willig zu machen, nur zu oft bestätigte. Natürlich waren die Zölle viel höher, als der Ersatz der Herstellungskosten es rechtfertigte. Und da die Zahl der Landesherren in demselben Maße wuchs, wie das große Reich zerbröckelte und sich in kleinere Gebiete auflöste, so wurden auch in der gleichen Weise die Zölle zahlreicher und lästiger. Um dann die Erhebung doch zu rechtfertigen, wurde von den Landesfürsten als Gegenleistung auch noch der Wegeschutz, auch wohl das Wegegeleit geltend gemacht. Eine andere Gegenleistung war im 14. und 15. Jahrhundert die Verbesserung der Wege, wozu der wachsende bürgerliche Wohlstand die Mittel verschaffte. Mit der Pflasterung in den westlichen Städten machte Köln 1250 den Anfang, Wesel folgte 1324, Aachen 1334, Soest 1377, Düsseldorf 1395 usw. Aber auch die verbindenden Straßen
*) Grimm deutet dies Wort als Totenweg.
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jetzt augenscheinlich kräftiger: „Erst klang es wie Chamade, jetzt wie Fanfare.“ Frankreich stand vor der Entscheidung, ob es die Abweisung auf sich nehmen wolle. Der Kaiser, zu kämpfen unlustig, war beinahe bereit. Da kam Gramont mit einer Münchener Depesche, Bismarck habe die Abfertigung allen Höfen mitteilen lassen. Das wurde als „Ohrfeige“ für Frankreich gedeutet. Eine solche hinnehmen dürfe man nicht. Um Mitternacht vom 14. zum 15. Juli entschloß man sich demgemäß, die Armee zu mobilisieren und in diesem Sinne am 15. im Gesetzgebenden Körper die Forderungen zu stellen.
Als an diesem Tage noch einige Besonnene (Thiers) die Vorlage der Depeschen verlangten, außerdem aber auch die Beruhigung über die Gewißheit des Sieges, erklärte der Kriegsminister, welcher Leboeuf hieß, die Armee sei bereit, sei so erzbereit (archiprete), daß wenn sie drei Jahre kämpfe, sie noch nicht einen Gamaschenknopf neu zu kaufen brauche. Auf diese überzeugende Erklärung hin bewilligte man das Geld für den Krieg und stimmte nun allgemein in den Taumel der Straße ein: „Auf, nach Berlin!“
Wenn sonst ein Krieg in Aussicht steht, dann pflegt man nach langen Vorverhandlungen mit dem „Ultimatum“ zu drohen; dann erfolgt dies wirklich. Dann kommt das Ultimatissimum und dann kommt gewöhnlich der Krieg immer noch nicht, weil die Vermittler dann eingreifen. Diesmal wurden gar keine Schriftstücke gewechselt, die Franzosen schickten, als wenn sie lürchteten, die günstige Gelegenheit zum Kriege wieder zu verlieren, sofort am 19. Juli die Kriegserklärung.
Auch das deutsche Volk war nach solchen Herausforderungen von einer patriotischen Erregung erfaßt, großartiger und umfassender, wie sie je gewesen. Unter den Klängen der Wacht am Rhein zogen die Krieger zu ihren Truppenteilen und in wunderbarer Ordnung gelangten die Scharen, Zug auf Zug, auf den zehn Schienenwegen, die nach Frankreich führten, nach der Grenze. Heer und Volk waren in gleicher Weise ergriffen. Auch die Widerstrebenden in Bayern und Württemberg unterdrückten ihren Widerspruch, zumal als König Ludwig von Bayern erklärte, daß der Fall für die Bündnisse jetzt gekommen sei! Die Süddeutschen hätten sich nunmehr unter den Oberbefehl des Königs von Preußen zu stellen. Auch ohne diese
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war ein rascher Siegeszug nach der feindlichen Hauptstadt; geplant auf dem Papier war auch der rasche Ersatz der Verluste; wenn alle diese vernünftigen Absichten aber nicht ausgeführt werden konnten, so kam es daher, weil die Vorarbeit eines Roon fehlte. Soviel von ihm, der „das Schwert geschliffen“. Bekannter und gefeierter sind die beiden anderen, die das Schwert geführt und den Erfolg gesichert.
Von Moltke, der die Bewegungen der Heere leitete, und von Bismarck, der als Staatsmann auch im Felde den König stets begleitete, wird noch im folgenden ausreichend die Rede sein. Hier sei nur noch erwähnt, daß Wilhelm I. diese seine drei Freunde in ihrer Arbeit auch furchtlos und ohne Schwanken unterstützte; das galt auch namentlich dem eigenen Volke gegenüber. Und erst, als man, die Heeresreform auf das lebhafteste bekämpfend, des Königs Sache von der seiner Berater zu trennen suchte, erklärte er die Umgestaltung als sein eigenstes Werk. So wenig er von dieser ließ, so wenig trennte er sich von seinen Beratern; beide, die Reorganisation und seine Freunde, deckte er jetzt mit seiner Person.
Die Gedanken der Heeresreform waren ihm nicht plötzlich gekommen. In den trüben fünfziger Jahren, als Preußen so manche Demütigung hatte hinnehmen müssen, hatte er Berlin verlassen und sich nach Koblenz als Generalgouverneur von Rheinland-Westfalen zurückgezogen. Hier arbeitete er die Militärreorganisation aus. Sie wurde ausgeführt im Anschluß an den französisch-österreichischen Krieg und war zunächst eine verlängerte Kriegsbereitschaft, also eine vorübergehende Anordnung. Dann aber wurde sie um ein Jahr verlängert. Sie bestand aber trotz des Namens „Provisorium“, und zwar im Einverständnis mit dem Landtag, aus Einrichtungen, die ihrer Natur nach von Dauer sein mußten.
Betrachten wir sie heute, so begreift man eigentlich nicht, wie man sich ihrer dauernden Zweckmäßigkeit je verschließen konnte.
Billiger war allerdings die ältere Einrichtung. Sie hatte ja den Vorzug, daß in Friedenszeiten die halbe Armee nur auf dem Papiere stand. Das war aber auch der Grund, weshalb man so oft, nur um dem Krieg aus dem Wege zu gehen, sich Demütigungen hatte gefallen lassen müssen. Und dieses zum
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Als man mit der Ausführung schwieriger wurde, drohte Bismarck mit Selbsthilfe, und da die Pariser Kommune die französische Regierung zur Nachgiebigkeit stimmte, verständigte man sich bald auch in dieser Frage. Deutschland aber gewährte allerdings noch für die Elsässer Eisenbahnen einen Abzug von 325 Millionen Frs. von der Kriegsentschädigung.
Das erfreulichste Ergebnis des Krieges aber war die endliche Einigung aller Deutschen zu Einem deutschen Reiche. An der Spitze konnte nur ein Kaiser stehen. Schon länger plante der Norddeutsche Reichstag die Uebertragung der Kaiserkrone an den König Wilhelm. Aber lieber empfing dieser sie aus den Händen der Fürsten, die ihre Macht ja abzutreten hatten. Länger sträubte sich Bayern. Als aber König Johann von Sachsen sich bereit erklärte, sie im Namen der Fürsten und Freien Städte dem Könige Wilhelm anzubieten, verstand sich auch König Ludwig von Bayern endlich zu diesem Schritte, und so konnte König Wilhelm am 18. Januar 1871 im Spiegelsaale des Versailler Schlosses sich mit der Kaiserkrone schmücken. Er faßte sie aber nicht als einen bloßen Schmuck auf, sondern als eine neue Verpflichtung zu den ernstesten Aufgaben.
In diesem Sinne schloß sein Aufruf an das deutsche Volk mit den herrlichen Worten:
„Uns aber und unsern Nachfolgern wolle Gott verleihen, allzeit Mehrer des deutschen Volkes zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung.“
Nr. 23. Deutsche Geschichte nach 1871.
Es war eine wtertvolle Mitgift, mit der das Deutsche Reich seine Tätigkeit aufnahm: 5 Milliarden Frs. Man erschöpfte sich anfangs in Versuchen, sich von dieser ungeheueren Summe eine Vorstellung zu machen. Ueberraschend schnell aber fand sich eine Verwendung, trotz ihrer Größe. Preußen war dabei so entgegenkommend, die Verteilung nicht nach der'zahl der gestellten Krieger, sondern nach der der Bevölkerung bemessen
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führung verschwanden alle damaligen, so unendlich verschiedenen Münzen. An die Stelle der verwickelten Berechnung ihrer Werte kam mit dem Gesetz der Zehnteilung der einfache Pfennig wieder zu seinem Recht und alle seine Abarten, wie der große Pfennig (Groschen), der silberne Joachimstaler-Pfennig (Taler), dergüldenepfennig (Gulden) verloren ihre Gültigkeit. 100 Pfennige wurden eine Mark. Die eigentliche Einheitsmünze aber wurden 1000 Pfennige oder eine Krone. Sie wurde in Gold geprägt und Goldwährung die zu Recht bestehende. Silbermünzen und Nickelmünzen behielten selbstverständlich ihren im Gepräge angegebenen Wert, sind aber Scheidemünzen und brauchen nicht in größeren Beträgen angenommen zu werden. Den einzelnen Staaten wurde das Zugeständnis gemacht, auf Münzen, die den Wert einer Mark übersteigen, das Bild des jeweiligen Herrschers anzubringen. Es war eine Bestimmung, die nach der Ansicht Treitschkes so recht den wirklichen Verhältnissen entspräche. Auf der einen Seite der Reichsadler und auf der ändern der Bundesfürst, ein Ausdruck der nationalen Einheit auf der Grundlage des Bundesstaates.
Auch auf ändern wirtschaftlichen Gebieten ist der Segen der fortschreitenden Einigung unverkennbar; so auf dem des Post- und Telegraphenwesens. Nur Bayern und Württemberg behielten hier ihre „Reservatrechte“, folgten aber im wesentlichen doch den großen Fortschritten, die der preußischen Verwaltung und besonders der Tätigkeit des Generalpostmeisters v. Stephan zu danken sind. Seit 1871 haben wir eine Kaiserlich deutsche Reichspost, welche die Briefe durch das ganze Reich und auch durch Oesterreich für 10 Pfennig befördert; ebenso besorgt sie auch seit 1873 Pakete von 5 kg für 50 Pfennig. Schon 1870 führte v. Stephan die 5 Pfennig-Postkarte ein. Seine größte Ruhmestat aber ist die 1878 erfolgte Stiftung des Weltpostvereins, der Briefe durch die ganze Welt für den einheitlichen Satz von 20 Pfennig verschickt. Sonst gab es dafür 65 verschiedene Portosätze.
Auf die Verbindung der Post mit der Telegraphenver-waltung, auf die Ausdehnung ihrer Tätigkeit über das flache Land, auf die Uebernahme unendlich vieler verwandter Arbeiten im Dienste der Sozialreform u. a. sei hier nur andeutungsweise hingewiesen. Zweifellos ist, daß die Post nicht bloß den Finanzen
Rothert, Vaterländische Geschichte. 17
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zunächst durch die Linien der Garde hindurch zu marschieren hatten, und da ferner ihre umfassende Bewegung links sehr weit ausholen mußte, um die Franzosen von der Seite fassen zu können, so hatte das 9. Korps, in einer Ausdehnung von etwa 5 km, eine unendlich schwere Aufgabe. Vielen Batterien wurden alle Pierde getötet und zwei Geschütze wurden sogar von den Franzosen erobert. Noch viel schwerer aber wurde die Aufgabe der Garde, die nach der mit den Sachsen gemeinsam vollzogenen Einnahme von St. Marie aux Chenes zwischen 4 und 5 Uhr St. Privat zu stürmen hatte. In dem hochgelegenen St. Privat waren alle Häuser festungsartig besetzt. Aus allen Fenstern wie aus zahlreichen Schützengräben, die am Abhang bis Aman-villers eingerichtet waren, richteten die Franzosen mit ihren weittragenden Chassepots auf die ungedeckt vorwärts eilenden Gardetruppen ein entsetzlich verheerendes Feuer. Und dieses Tal war 2000 Schritte breit! Nur die, welche näher an den Feind gekommen, konnten mit dem Zündnadelgewehr antworten. Den Hauptkampf mußte deshalb die weiter zurückstehende, vortreffliche deutsche Artillerie bestehen. Die wenigen Gardisten, welche die untersten Schützengräben erreicht und erstürmt hatten, fanden hier etwas mehr Deckung, mußten aber in ihnen eine qualvolle, lange Stunde warten, bis endlich sich von Norden her das Eingreifen der Sachsen geltend machte. Das war zwischen G1^ und 7 Uhr.
Diese hatten nach der Einnahme von St. Marie aux Chenes sich unweit Auboue gesammelt und Roncourt nach kurzer Beschießung genommen. Von da wendeten sie sich südwärts gegen St. Privat, das Canrobert auf das hartnäckigste zu verteidigen bemüht war. Um 7 Uhr aber gelang der gemeinsame Angriff von den Sachsen, die von der Seite kamen, und der nun wieder vorgehenden Garde, der sich auch Abteilungen des 10. Korps angeschlossen hatten. An 2000 unverwundete Franzosen wurden hier umstellt und zur Ergebung genötigt. Dann richtete sich der Kampf weiter südwärts gegen Amanvillers, das in Brand geschossen und spät in der Nacht von den Franzosen auch geräumt wurde.
Glücklicher waren die Franzosen im Süden des Schlachtfeldes. Hier tobte der Kampf um die Gehöfte Moscou und St. Hubert, ferner um Point du Jour, um Vaux und um Jussy.
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wo in neuer Gruppierung die Arbeit dringend notwendig geworden, um so fruchtbringender tätig sein zu können.
Die Finanz- und Zollreform.
Man hätte denken sollen, daß das Hineinfluten von 5 Milliarden Francs den allgemeinen Wohlstand mindestens erheblich gefördert hätte. Die nächste Wirkung war auch eine Verschiebung aller Werte nach oben und eine Anregung der Unternehmungslust, die in einer Menge von „Gründungen“ sich äußerte. Wie man dabei das Vorgehen der Engländer nachahmte, so auch in der Anwendung ihrer Grundsätze. Sie, die man im erblichen Besitze aller praktischen Weisheit wußte, sollten auch vor allem die Lehrer in Handel und Industrie sein und so schwärmte auch jeder „Einsichtige“ und „Gebildete“ für die Grundsätze des Freihandels, der sich in England so bewährt hätte. Man hielt zur „Manchestertheorie“ welche die Erwerbstätigkeit dem einzelnen Individuum (Individualismus) ganz frei geben und jede Einwirkung der staatlichen Gesetzgebung fern halten möchte. Die Nachteile regelten sich ja aus sich selber; nur durch die Selbsthülfe, sei es die des Individuums, sei es die der Genossenschaft, komme die Kraft der Persönlichkeit zur rechten Entfaltung.
Bismarck, von jeher gewohnt, selbst zu denken und nüchtern zu urteilen, beobachtete bald, daß sich das deutsche Volk an diesem Freihandel „verblute“. Weder die Industrie noch die Landwirtschaft konnten seine Grundsätze vertragen. Das Eindringen des billigeren englischen Eisens brachte es mit sich, daß die Hochöfen, einer nach dem ändern, ausgeblasen und Tausende von Arbeitern entlassen werden mußten. Und ebenso schlecht ging es der Landwirtschaft. Ausländische Fleischwaren, ausländischer Weizen und ausländisches Nutzholz waren viel wohlfeiler zu liefern, wie die Erzeugnisse der Heimat, weil draußen die Erwerbskosten unendlich viel geringer waren. Eine erschreckend große und stets wachsende Zahl von Gütern kam zur Zahlungseinstellung, weil die Ausgaben immer mehr die Einnahmen überstiegen.
Diese Erscheinungen veranlaßten Bismarck 1880 das Handelsministerium zu übernehmen. Hier konnte er zum Segen der deutschen Arbeit für einen, schon 1879 vorgeschlagenen, mäßigen Schutzzoll eintreten. Ein Kilogramm Weizen sollte mit
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Die Beiträge sind zu 2/3 vom Versicherten, zu vom Unternehmer zu leisten.
2. 6. Juli 1884. Die Unfallversicherung. Berufsgenossenschaften der Unternehmer versorgen den Geschädigten zunächst 13 Wochen aus der Krankenkasse. Darnach werden die ärztliche Verpflegung und 2js des Lohnes weiter gewährt. Gegebenenfalls trägt der Unternehmer die Kosten der Beerdigung. Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit erhält der Beschädigte 2/3 des Lohnes; die Witwe 60°/0 dieses Betrages.
1. Januar 1901. Alters- und Invalidenversorgung. Alle Lohnarbeiter, die nicht über 2000 Mark Einkommen haben, erhalten je nach der Lohnklasse, deren 4 da sein sollen, Invalidenrenten von 114 bis 415 Mark. Die Altersrenten sollen vom 70. Jahre ab zwischen 106 und 191 Mark betragen.
Vielleicht erscheinen manchem die Beträge unzureichend, und gewiß mit Recht, denn auf den einzelnen kommt ja nicht viel. Aber es ist doch immerhin ein Anfang zur Hilfe. Und um wie ungeheure Summen es sich jetzt schon handelt, mag die Tatsache ergeben, daß bis Ende 1907 gezahlt sind:
Aus der Krankenversicherung . . . .2997 Millionen Mark,
„ „ Unfallversicherung................I486
„ „ Invaliden- u. Altersversicherung 1501 „ „
5984 Millionen Mark.
Im ganzen also sind es fast 6 Milliarden Mark, um deren Betrag die Lage der Kranken, Geschädigten und Gebrechlichen besser geworden ist, als sie es ohne diese Gesetze wäre.
Ein vierter Zweig der Arbeiterversicherung ist die Witwen-und Waisen Versicherung. Sie ist erst für einzelne Kreise fertig. (Bergbau, Seemannsberuf.) Zu den Vorarbeiten gehört auch die Berufszählung vom Jahre 1907. Gelingt die Einrichtung, so wird auch dadurch vieler und großer Not abgeholfen.
Eine sehr schwierige Aufgabe ist die Bekämpfung der zeitweiligen Arbeitslosigkeit. Auch gegen sie wird eine Versicherung angestrebt; das Ziel ist aber noch nicht erreicht. Einstweilen erscheint ein Reichsarbeitsblatt, das ständig über die Lage des Arbeitsmarktes berichtet. Gleichzeitig sind Einrichtungen für Arbeitsvermittlung und Arbeitsnachweis getroffen;
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