Bilder aus der Sahara.
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Grenzen mehr, unaufhörlicher, immer gellender werdender Auschrei
lohst die convulsivischeu Zuckungen der verzückten Brüder; die Er-
matteten treten zurück, von anderen wird die Lücke ausgefüllt, und
der tolle Tanz geht weiter bis der Meister winkt. Nach einem
letzten Zigarit verlassen die Damen rafch den Zuschauerraum, die
Brüder wischen sich die perlenden Schweißtropfen vom verklärten
Angesichte, kühlen sich an der Cisterne und verlassen dann insgesamt
ihr Haus, um dem Rufe des Muezzin zu folgen; genügend vor-
bereitet betreten sie nun die Moschee, in der sie Gesang und Gebet
wieder aufnehmen.
Wer aus der Snljnnx.
I. Der Wüstenaraber und die Karawane. — Am Brunnen. — Ii. Eine arabische
Erzählung. — Sprichwörter. *)
I
Will man das Wefen der „Freiheit" so recht in Fleisch und
Bein erkennen und zu der Überzeugung gelangen, daß die abend-
ländischen Deklamationen und Revolutionen, welche die Bestrebungen
zur Realisierung dieses Begriffes veranlaßt haben, so lange, d. h.
immer sich um leere Abstraktionen drehen werden, als man nicht auf
ein civilisiertes, sozial geordnetes Leben verzichten will, so mache
man sich auf einige Monate zum Araber und unternehme, mit ge-
kreuzten Beinen aus schwankendem Kamele sitzend, die Reise vom
Mittelländischen Meere quer durch die Sahara nach dem Sudan.
Wie sieht es in dem Kopfe eines Karawanen-Arabers aus?
Der Mann hat weder Haus noch Feld, er kennt keine Stadt, keine
Behörde, keine Dienstpflicht, keine Steuer, weiß nichts von Rente,
Börse, Eisenbahnen, Presse, Polizei, Konstitutionen, Nationalitäten-
kämpf. Alle Jdeenkreife dieser Dinge fehlen in feinem Kopfe. Ist
dieser darum leer oder unklar?
Der Araber der Sahara schreitet immer gerade aus durch das
Flugsandmeer, die Augen auf dasselbe Gestirn geheftet. Sein Leit-
stern wechselt nicht wie die sogenannten Prinzipien, nach denen die
hochcivilisierten Nationen sich vorwärts arbeiten.
*) Aus meinem Buche: Außereuropäische Völker. Kassel, 1885.
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Die Uilwl Uiam und Msnbuttu.*)
Nachdem Dr. Schweinfurth im Februar 1870 das Bongoland
(südwestlich von Gondokoro am Nil, Bahr el Djebel 4° fiibl. Br.)
durchzogen hatte, stieß er mit seiner über 1000 Köpfe starken Reise-
gesellschast jenseits des Tondjflußes auf die ersten Spuren der
Niam-Niam.
Wer sich zum ersten Mal von Niam-Niam umgeben sieht, erzählt
er, wird erkennen, daß er es hier mit einem ganz besondern Stamm
zu thun hat, es ist in jeder Beziehung ein Volk mit unendlich scharf
ausgeprägten Eigentümlichkeiten. An ihrem Äußern ist das Merk-
würdigste die lange Haarflechte, die Offenheit ihrer schwefelgelben
Augen, die, von dicken Brauen umgeben, weit von einander abstehen,
dann die ungewöhnliche Schädelbreite. Die breite Nase ist bei den
meisten wie nach einem Modell geformt, der kleine Mund ist von
außerordentlich breiten Lippen berandet; die Körpergröße ist eine
mittlere, höchstens 5 Fuß 10 Zoll engl. Der kleine Oberkörper hin-
dert sie nicht, bei ihren Waffentänzen die größte Gewandtheit zu
entwickeln. Die Schneidezähne werden, um wirksam in Einzelkämpfen
eingreifen m können, stets spitz gemacht. Die gewöhnliche Kleidung
besteht in Fellen, malerisch um die Hüften drapiert, der Mehrzahl
nach von Pavianen, deren lange Schwänze dann an der entsprechen-
den Körperstelle herabhängen. Daher die früheren Sagen von „ge-
schwänzten Menschen" in der Mitte Afrikas. Häuptlinge oder Fürsten
haben das Recht, solche Felle von Luchsen oder großen gefleckten
Katzen zu tragen. Aus den Haarputz verwenden die Niam-Niam
*) Nach Dr. Georg Schweinfurth. Vortrag in der Geogr. Ges. zu
München. A. A. Z. 1872. 211.
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Das Reich Schoa und dessen Bewohner. 125
bloß — 500 Frauen! Doch seine Priester lobten ihn, obwohl er
jede schöne Frau im Lande als sein Eigentum betrachtete. Der
Aberglauben hat auch seine ergötzlichen Seiten. Der heilige Aragawi
wurde am Schwanz einer Schlange auf den Felsen Damo in Tigre
hinaufgezogen. Der heilige Samuel ritt nur auf Löwen; ein an-
derer wunderlicher Reisender schwamm auf einer Haut über das
Rote Meer. Wenn es beim Sonnenschein regnet, dann wird ein
Tiger oder eine Hyäne geboren; ein bunter Leopard entsteht, wenn
die Wolken buntfarbig aussehen. Eine das Haus umflatternde
Nachteule deutet an, daß eine Frau bald gebären werde; die Weder-
maus erzeugt Kopfschmerzen. Das Küssen der Kirche, das Tragen
einer blauseidenen Schnur am Halse, Fasten und Almosengeben sind
Hauptsachen des abessinischen Christentums.
Karl Andree.
Die Expeditionen Burtons und Spekes. Ii. B.
Der abesfinische Kadeort Uaoge.
Unser Weg führte über Wansage, einem der bedeutendsten Bade-
orte Abessiniens am Gumara-Fluß gelegen.
Die heiße Quelle entspringt auf dem linken Ufer des genannten
Flusses in einer Höhe von 2—3 m aus der Erde, und füllt ein
vom Negus Theodor errichtetes Baffin mit seinem -I- 37° C. warmen
Wasser. Über dem Bassin ist eine Hütte errichtet, und die hier ihre
„Kur" abmachenden Abessinier tummeln sich den ganzen Tag lang
im Wasser herum. Ost kommt es zwischen den Kurgästen zu Streitig-
keiten, zumal wenn einer länger, als ihm erlaubt ist, Bäder ge-
nommen haben soll. So hört man von früh bis spät die brüllenden
Töne der Streitenden und die Klagelieder der Weiber und Kinder,
die häufig bei dieser Gelegenheit Prügel bekommen.
Es gehen nach Wansage Kranke aller Art, und da es wenige
Abessinier giebt, die nicht an einer gewissen galanten Krankheit litten,
so sieht man meistens nur Patienten, die gegen diese und ihre Folgen
hier Heilung zu finden glauben. Gewöhnlich bleiben die Kranken
sieben Stunden lang im Wasser. Die Kurgäste wohnen in kleinen,
konischen Hütten, welche, aus Stroh erbaut, sehr an Fischreusen
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Extrahierte Personennamen: Samuel Karl_Andree Karl Theodor
130 Massua.
Namen Samhar bekannt ist, hat auch Erzeugnisse (Gummi, Sema,
Butter, Schmalz und Häute), die für den Zwischenhandel des Roten
Meeres nicht ohne Wichtigkeit sind. Endlich besteht eine sichere und
angenehme Karawanenstraße vom Sennaar und Takka nach Massua,
so daß es im stände ist, einen großen Teil der Produkte jener Länder,
das Elsenbein, die Hippopotamuszähue, die Tamarinde zu em-
psangen.
Die Waren, die von den Abessiniern nach Massua gebracht wer-
den, sind meistens Produkte der Gallaländer, so der gute Kaffee, das
Gold, das weiße Wachs zc. Die Gallas bringen ihre Waren ge-
wöhnlich nur bis ins Gotscham, wo der große Stapelplatz, besonders
für den Kaffee, ist.
Jeder abessinische Kaufmann (Neggade) hat in Massua seinen
Kommissionär (Nesil), der sein Sicherheitsbürge ist (da Abessinien
mit der Türkei keinen offiziellen Verkehr unterhält), ihm ein Haus,
Feuer und Wasser liefert und alle seine Geschäfte während seines
Ausenthalts besorgt. Dafür nimmt der Nesil von allen Käufen und
Verkäufen eine mehr oder minder bedeutende Kommissionsgebühr.
Dieser Tribut, der zwischen 5 und 10 Prozent beträgt, ist so fest in
den Landesgebräuchen gewurzelt, daß es eine Thorheit wäre, ihn
umgehen zu wollen, umsomehr, da es die Nesile sind, welche jedes
Geschäft in Händen haben und es, nach ihrer Laune, zu Gunsten
ihrer Freunde abmachen.
Geschäfte mit den Abessiniern sind einfach und schnell abgethan.
Die ersten Tage nach ihrer Ankunft zögern sie sehr mit dem Verkauf
der mitgebrachten Waren, keiner will der erste sein, aus Furcht, den
Markt zu verderben. Doch sobald ein großer Kaufmann das Bei-
spiel gegeben und den ersten Verkauf gemacht hat, wird der ganze
Vorrat von gleichen Waren in einem Augenblick ohne weiteres
Markten losgeschlagen. Tauschhandel ist nicht beliebt. Man muß
mit guten Maria-Theresia-Thalern (Edri) versehen sein, um vorteil-
Haft kaufen zu können; erst später erhält man bei dem Verkauf der
eigenen Waren einen Teil seines Geldes wieder zurück, aber die
Abessinier nehmen doch nur ein Drittel oder Viertel des realisierten
Geldes in Waren zurück. Der Import ist dem Export bei weitem
nicht gleich. Bringen die Abessinier z. B. für 200 000 Thaler
Waren nach Massua, so nehmen sie dafür wohl eine Summe von
130 000 Thaler in barem Gelde zurück, und von den 70 000 Tha-
lern, die sie für ihre Einkäufe zahlen, fallen wohl 60 000 auf die
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TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]