1628.
1629.
172 Das siebenzehnte Jahrhundert.
des Königs wollte sich nicht unter den Geist der Zeit beugen, der für den
gebildeten Mittelstand Theilnahme am Staatsleben ansprach. Karls frei-
gebige Natur nahm Aergerniß an der Kargheit des Parlaments, das des
Königs Geldbedürfnisse zur Sicherstellung der Volksrechte benutzen wollte,
und darum nicht nur höchst sparsam in seinen Bewilligungen war, sondern
nicht einmal die Erhebung des Tonnen- und Pfundgeld für ein- und
ausgehende Waaren auf die ganze Regierungszeit zugestand, wie bisher
üblich gewesen.
Karl nahm diese Beschränkung um so ungnädiger auf, als ihm ein unglücklicher
Krieg wider S p a n i e n und die Unterstützung der Heerführer in Deutschland große
Ausgaben verursachte. Er erhob daher das Tonnen-und Pfundgeld ohne ständische
Bewilligung, erzwang Gaben und Anlehen von den Unterthanen und verkaufte
Domänen und Monopolien ; und statt nach einer Beseitigung des spanischen Kriegs
zu trachten, ließ er sich durch den leichtfertigen Buckingham zu einem neuen
Krieg widerfrankreich bereden, angeblich zur Unterstützung derhuguenotten (§.609.),
eigentlich aber, weil der eitle Günstling an dem französischen Hofe Rache nehmen
wollte wegen einer von Richelieu ihm zugefügten Kränkung.
Als auch der Krieg gegen Frankreich einen unglücklichen Ausgang nahm
und englisches Blut und englische Ehre schmachvoll geopfert wurden, da
entstand in dem dritten Parlament ein so heftiger Sturm gegen Bucking-
ham, daß der König die von beiden Häusern ihm vorgelegte Bitte um
Recht (Petition ok right) als rechtsgültig anerkannte, um seinen Günstling
vor der gedrohten Anklage zu retten. — In dieser Bitte waren die alten Rechte
über persönliche Sicherheit und Unverletzbarkeit des Eigenthums so klar dar-
gethan, daß jede willkürliche Verhaftung von Parlamentsräthen, wie sie von
Jakob und Karl verhängt worden, und jede eigenmächtige Besteuerung künftig
als Eingriff in die Verfassung und Gesetze erscheinen mußte. Doch wurde das
Parlament nicht geschmeidig. Buckingham galt für die Ursache aller Leiden
des Volkes, seine Ermordung durch Felton konnte daher nicht blos als das
Werk der Privatrache, sondern auch als Wirkung der allgemeinen Aufregung
angesehen werden. Es war ein neuer Geist über das Volk gekommen; auch
das dritte Parlament wurde aufgelöst, nachdem es in einer stürmischen Sitzung
jede Erhebung eines Zolles für ungesetzmäßig und jeden, der ihn bezahle,
für einen Verräther erklärt. Neun Mitglieder, darunter Hollis, wurden
verhaftet.
h. 593. Strafford und Laud. Zu diesem Gewaltschritt war der
König vonthomas Went worth beredet worden, „den der Ehrgeiz ver-
lockt hatte, von scharfer Opposition im Unterhause in den königlichen Rath
überzutreten, und der nun raschen Schritts zum Statthalter von Irland und
zum Grafen Strafford stieg. Er war ein harter, aber kraftvoller Mann,
jetzt über alles beflissen, die Macht der Krone zu verstärken. Er wollte Un-
umschränktheit, aber zum Besten des Volks gebraucht." Darum rieth er dem
König den Versuch zu machen, ohne Parlament zu regieren und ging mit
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl Karl Richelieu Jakob Karl Karl Hollis
Extrahierte Ortsnamen: Karls Deutschland Frankreich Irland
Die englische Thronumwälzung. 177
mentshaus zurückgeführt. Dieß hielt Karl nicht aus. Er begab sich nach
Pork und beschloß Krieg.
tz. 596. Bürgerkrieg (1642— 1646). — Qatti der König früher
durch Verletzung der Volksrechte gegründeten Anlaß zu Klagen gegeben, so
machte sich jetzt das Parlament einer gleichen Verletzung der Königsrechte
schuldig. Nicht zufrieden, die königliche Macht in die gesetzlichen Schranken
gewiesen zu haben, legte es sich die gesetzgebende Gewalt in Staat
und Kirche allein bei, und riß die ganze Regierungsgemalt an
sich, indem es die Ernennung und Absetzung der höhern Staatsbeamten und
Heerführer ansprach, die Einrichtungen der Land- und Seemacht seiner Zu-
stimmung unterwerfen und sogar die Erziehung und Vermählung der könig-
lichen Kinder von seiner Einwilligung abhängig machen wollte. Diese For-
derungen konnte der König nicht bewilligen. Er sammelte in Pork die ihm
ergebenen Mitglieder des Ober- und Unterhauses und die bewaffnete Kriegs-
macht um sich, indeß die Königin sich nach Holland flüchtete, um fremde
Hülfe anzusprechen. Da aber die ganze Streitmacht des Festlandes in dem
30jährigen Krieg verwendet war, so konnte keine Unterstützung erlangt wer-
den; und wo hätte dieselbe auch landen sollen, da alle Hafenstädte und die
ganze Seemacht sich in den Händen des Parlaments befanden? So begann
der Krieg mit sehr ungleichen Streitkräften. Denn während der König ohne
Geld war und sein Heer an Allem Mangel litt, besaß das Parlament nicht
nur alle öffentlichen Einnahmen, sondern ward auch durch Privat-Beiträge
reichlich unterstützt. Bei der ersten Aufforderung brachten die Familien ihr
Silbergeräth, die Weiber ihren Schmuck; und alle Steuern und Abgaben,
die man dem König hartnäckig bestritten, wurden dem Parlamente willig dar-
gereicht. Dennoch war Karls kleines, aus geübten Truppen bestehendes Heer
anfangs im Vortheil gegen die frischen Schaaren des Parlaments, mit denen
Graf Essex ins Feld zog. In zwei Treffen behielt die von Karls stürmi-
schem Neffen Ruprecht von der Pfalz geführte königliche Reiterei die Ober-
hand. Auch das zweite Jahr begann für das Parlament mit Verlusten, un-
ter denen der Fall des redlichen und tapfern John Hamden, in einem
Gefechte unweit Oxford, der empfindlichste war. Als aber Oliver Crom-
well, der puritanische Religionseiferer, aus seinen gottseligen Freunden
eine entschlossene Reiterschaar bildete, die ohne Rücksicht auf Menschen und
ohne Scheu vor den Mühseligkeiten und Gefahren des Kriegslebens für
Gottes Sache blind in die Schlacht gingen und das Parlament mit den
Schotten einen Bund schloß, in Folge dessen ihre fanatischen Truppen aber-
mals über die Grenze rückten, nahmen die Dinge eine andere Wendung.
In der Schlacht von Marftenmoor verlor Pfalzgraf Ruprecht durch
seinen kriegerischen Ungestüm ohne Voraussicht den Sieg an Cromwells fin-
ster blickende Schwadronen. 10,000 Royalisten deckten die Wahlstatt. Die
treue Stadt Pork siel in die Hände der Puritaner. Seitdem stand Cromwells
Weber, Geschichte. Ii. ö.aufl. 12
3. Juli
1644.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karls Karls John_Hamden Oliver_Crom- Cromwells
Weber
Extrahierte Ortsnamen: Holland Karls Graf_Essex Karls Gottes Cromwells
270
Karl
Albert v.
Bayern.
August
Iii. von
Sachsen.
Ludwig
Xv.
v. Frank-
reich.
Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.
landen nicht zurückfordern und den Spaniern freie Hand in Italien lassen
wolle. Friedrich Ii. von Preußen aber wollte die günstige Gelegenheit nicht
Vorbeigehen lassen, die Erbansprüche seines Hauses auf die von Oestreich
wahrend und nach dem 30jahrigen Kriege in Besitz genommenen schlesischen
Fürstenthümer Jagerndorf, Liegnitz, Brieg und Wohlau geltend
zu machen und begünstigte daher sowohl den bayerischen Kurfürsten bei seinen
Ansprüchen auf Oestreich, Ungarn und Böhmen und bei seiner Bewerbung
um die Kaiserkrone, als den Polenkönig August Iii. von Sachsen, der als
Sohn der ältesten Tochter Kaiser Josephs I. bei der Beute nicht leer aus-
gehen wollte, in der Bewerbung um Mahren. Rußland, in einen von Frank-
reich angeregten Krieg mit Schweden verwickelt, blieb theilnahmlos.
Weder Karl Alberts geistige Fähigkeiten noch die Kraft seines Landes waren der
Art, daß er seine Ansprüche gegen die durch Klugheit und Herrschergaben wie durch Schön-
heit, Tugend und bürgerliche Leutseligkeit und Sitte ausgezeichnete Maria Theresia
mit Erfolg geltend machen konnte. Während die Völker hoffende Blicke auf die verständige
und aufgeklärte Maria Theresia richteten und von ihrer Einsicht Abstellung verjährter
Mißbräuche erwarteten, gab der von Jesuiten und Geistlichen geleitete Karl Albert durch
seinen Aberglauben, seine Geistesbeschränktheit und seine Liebe für leeren Prunk und Schim-
mer seinen Mangel an Charakterstärke kund. Sein Land war durch den Aufwand, den
seine Vorgänger mit Pferden, Jagdhunden, Hof- und Kirchensesten trieben, schwer ver-
schuldet, Heer und Staatskasse im erbärmlichsten Zustande, er selbst, wie einst Max Ema-
nuel, an Frankreich verkauft und dem Pariser Hofe (der ihm das Geld zur Befriedigung
seiner Prachtliebe und die Heere zur Erwerbung von Kronen nur in der Absicht gab, um
dadurch den Kaiser und den deutschen Reichskörper ganz von sich abhängig zu machen,)
blind ergeben. Was aber Ferdinands I. Testament betrifft, aus das Karl Albert seine An-
sprüche gründete, so bewies der Wiener Hof durch Vorzeigung des ächten Testaments, daß
darin den Nachkommen seiner nach Bayern verheiratheten Tochter nur im Falle eines Aus-
sterbens des ehelichen (nicht des männlichen) Stammes der östreichischen Habsbur-
ger die Erbfolge zugesichert sei.
Noch trauriger war der Zustand in dem durch eine Reihe verschwenderischer und prunk-
süchtiger Fürsten schwer heimgesuchten Sachsen, wo der stumpfsinnige, arbeitscheue Au-
gust Iii., der nur am Tabakrauchen, Jagen und dem Salongerede der Gräfin von Brühl
Gefallen fand, die Regierung und Einkünfte gänzlich der Leitung des Grafen von
Brühl überließ, welcher seinen Bedienten und Creaturcn Titel und Stellen zutheilte, mit
Kirchen- und Staatsämtern den schmählichsten Handel trieb, das Land mit Schulden und
drückendem Steuerwesen belastete und das sächsische Volk wie Leibeigene behandelte. Wäh-
rend die Unterthanen darbten, Land und Städte verarmten und das Militärwesen in Ver-
fall gerieth, schwelgte Brühl in Luxus und Pracht, ließ Modewaaren und Leckerbissen aus
Paris kommen und opferte die Ehre und Wohlfahrt der Nation seinem Eigennutz und sei-
ner Selbstsucht auf.
In Frankreich, wo noch der friedliebende Fleury an der Spitze des Ministeriums
stand, trug die Regierung lange Bedenken, sich des Kurfürsten von Bayernanzunehmen
und das erschöpfte Reich mit einer neuen Schuldenlast zu beladen; aber um diese Zeit sin-
gen genußsüchtige und sittenlose Edelleute, wie Belleisle, Soubise, der Herzog von
Richelieu und andere an, den König von seiner Gemahlin zu entfernen und seine sinn-
liche, für das Edle unempfängliche Natur durch den Reiz der Ueppigkeit und Wollust voll-
ends zu verderben. Ausschweifende Günstlinge und sittenlose Buhlerinnen be-
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Extrahierte Personennamen: Karl
Albert Karl August Ludwig
Xv. Friedrich_Ii Friedrich Oestreich August Karl_Alberts Karl Maria_Theresia Maria Theresia Maria_Theresia Maria Theresia Karl_Albert Karl Max_Ema- Max Ferdinands_I. Karl_Albert Karl Richelieu
Extrahierte Ortsnamen: Bayern Sachsen Italien Liegnitz Brieg Ungarn Sachsen Frank- Frankreich Wiener_Hof Sachsen Paris Frankreich
238
Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.
der Malaria), „Schmerz brachte die unglückliche Mutter zu Grabe; der Groß-
herzog ließ auch seine älteste Tochter wegen unanständiger Liebschaft vergiften."
Gebeugt von den vielen häuslichen Leiden übertrug Cosmo noch vor seinem Ende die
is7s"sü° Regierung seinem Sohne Francesco, einem Fürsten, „der mit den sinnlichen
'Richtungen eines Spaniers die geistigen Liebhabereien eines Florentiners am grie-
chischen Alterthum und an den schönen Künsten verband." Wie sein Vater be-
günstigte auch Francesco Handel und Fabriken, wobei er sich selbst betheiligte und
hohen Gewinn nahm; aber sein Liebesverhaltniß zu der schönen Venenanerin
Bianca Capello, die mit ihrem Geliebten Bonavcnturi entflohen und in
Florenz Schutz gesucht hatte gegen die Verfolgungen ihrer Familie, verursachte
ihm viel häusliches Leid. Nach der Ermordung Bonaventuri's. und nach dem
Tode der Großherzogin gelang es der rankevollen Bianca, Francesco's rechtmäßige
Gemahlin zu werben. Ihr gleichzeitiger Tod wurde einer vergifteten Speise zu-
nand \. geschrieben, welche Bianca für ihren Schwager, den Cardinal Ferdinand be-
1 fßoö hatte, die aber durch sonderbare Fügung ihr und ihrem Gemahl verderb-
lich wurde. Ferdinand I. besaß den Herrschersinn und die Klugheit wie die Kunst-
liebe und Sinnlichkeit der frühem Mediceer. Seine großartigen und ausgedehnten
Handelsunternehmungen erwarben ihm unermeßliche Schatze und setzten ihn in
den Stand, manche nützliche Einrichtung zu treffen. Livorno blühte auf. Mit
großer Klugheit wußte er sich zwischen den Spaniern und Franzosen, die ihn wech-
selsweise bedrohten und anlockten, durchzuwinden, so daß er das Großherzogthum
1609^21 ""abhängig und vergrößert seinem Nachfolger übergeben konnte. Unter Cosmo Ii.
~ ' behauptete Toskana noch seinen Reichthum und seine Blüthe, wenn schon der
ausgedehnte Handel nach Osten und Westen sich zu mindern begann. In Kün-
sten und Wissenschaften nahm Florenz, eine der schönsten und reichsten Städte
des Erdbodens, immer noch einen hohen Rang ein; aber sinnliche Genüffe
'1621 -28. hatten die Kraft der Bürgerschaft gebrochen und allen Freiheitssinn erstickt.
nandu. Die nachfolgende vormundschaftliche Regierung und dann die lange Herr-
1628-70.^^ Ferdinands Ii. war ein Wendepunkt zum Schlimmen in der Flo-
rentinischen Geschichte. Der gesammelte Schatz ging größtentheils verloren, als
sich der Großherzog ganz an Habsburg anschloß und die leeren Hände der Spa-
nier und Oestreicher mit den ersparten und erworbenen Summen seiner Vor-
gänger füllte. Die Geistlichkeit gelangte zu großer Macht und zu politischem
Einfluß; und die verkehrten Maßregeln der Regierung verbunden mit Pest und
Mißwachs schlugen dem Lande tiefe Wunden, die selbst der äußere Glanz nicht
zu verhüllen vermochte. Toskana ging von der Zeit an demselben Verfall ent-
Cosmo gegen, in den schon die meisten übrigen Staaten des reizenden Italiens gerathen
n;7o'_ waren. Banditenschaaren trieben überall ungestört ihr Raubwesen und spot-
1723. teten aller Gesetze und Obrigkeit. — Cosmo Iii., von Mönchen und Geist-
lichen erzogen, hielt die Verherrlichung der Kirche, die Bekehrung der Ketzer
und die Bereicherung des Klerus für seine erste und höchste Regentenpflicht.
Seine lange Regierung wurde das Grab des Florentinischen Wohlstandes.
„Man erhub das Geld, das auf unnütze Pracht und Stiftung neuer Klöster
und Pensionirung von Proselyten verwandt wurde, durch unerträgliche Ab-
gaben von den Unterthanen, und je weniger bei der abnehmenden Wohlhaben-
heit des Landes die alten Steuern abwarsen, desto härter trieb man ihre letzten
Reste ein und desto gieriger erfand man neue. Der Staat seufzte unter einer
drückenden Last von Schulden und aller Wohlstand war vertrocknet." Noch kläg-
licher sah es in der Herrscherfamilie selbst aus. Die Großherzogin ließ sich nach
einer 13jährigen Ehe scheiden und führte in Paris ein Leben in niedrigster Sin-
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Extrahierte Personennamen: Francesco Bianca_Capello Ferdinand Ferdinand Ferdinand_I. Ferdinands
Extrahierte Ortsnamen: Florenz Bonaventuri's Livorno Florenz Ferdinands Italiens Paris
294
Das Revolutions-Zeitalter.
1760.
1767.
daher bald nach dem Kriege mehrere Handels-Artikel mit Eingangszöllen
und erschwerte den Schleichhandel mit dem spanischen West-Indien. Aber das
Selbstgefühl der Colonien war durch den Krieg gewachsen. Die Amerikaner hat-
ten einsehen gelernt, daß es hauptsächlich ihre Kraft und Anstrengung gewesen,
die England aus dem Kampfe siegreich hervorgehen ließ, und als daher durch die
2'i?ô.7.rî‘ Einführung der Stempeltaxe der Unmuth, der sich schon laut gegen die
Z ö l l e ausgesprochen , noch erhöht wurde, entstand bald eine bedenkliche Aufre-
gung. Die Amerikaner machten geltend, daß ein Parlament, bei dem sie nicht
vertreten wären, sie nicht besteuern könnte; daß ihre eignen Abgaben bei ihrer
Armuth schon groß genug seien, daß das durch das Parlament repräsentirte eng-
lische Volk kein Recht hätte, sie (die Amerikaner) wie rechtlose Unlerthanen zu be-
handeln und mit willkürlichen Steuern zu belasten. Ihre Beschwerden fanden
Anklang bei einem großen Theile der englischen Nation und eine starke Opposi-
tion, den großen Redner und Staatsmann Will. Pitt (Lord Ehatham) an
der Spitze, bekämpfte im Ober- und Unterhaufe die Maßregeln der Regierung
gegen die Colonien. Theils diese Angriffe, mehr aber noch die gleichzeitigen ener-
gischen Schritte der Amerikaner, die sich der Stempeltape nicht unterwarfen,
die Einführung zollpflichtiger Fabrikate untersagten und in einer musterhaften
Adresse an König und Parlament die Rechte der Colonien aufs klarstedar-
legten, führte einen Ministerwechsel und die Zurücknahme der Stempeltape herbei.
Da man aber durch eine Ergänzungs-Bill dem Parlamente das Besteuerungs-
recht der Colonien ausdrücklich wahrte und im nächsten Jahr auf Thee, Glas,
Papier und Malerfarben eine geringe, zur Besoldung der amerikanischen Beam-
ten bestimmte Abgabe legte, so blieb der Geist des Widerspruchs, und die De-
monstrationen gegen jede Art von Besteuerung mehrten sich. Die Kausleute von
Boston beschloffen, keinen der zollpflichtigen Artikel einzulaffen und ihr Beispiel
wurde bald von den übrigen Provinzen nachgeahmt, was dem englischen Handel
so empfindlich schadete, daß die öffentliche Stimme in England auch die Zurück-
nahme dieser Besteuerungsbill durchsetzte, nachdem bereits der offene Widerstand
gegen die Zollbeamten in Boston die Regierung genöthigt hatte, Truppen in diese
Stadt zu legen. Der von Puritanern gegründete Staat Maffachusets schien den
hartnäckigen Sinn seiner Vorfahren am treusten bewahrt zu haben. Die engli-
sche Regierung beharrte indeffen auf dem Besteuerungsrechte, suchte aber
dasselbe den Amerikanern so leicht als möglich zu machen. Allein so sehr war be-
reits die Erbitterung gegen das Abgabensystem gestiegen, daß in Boston einige
1 i'773.ec' als Wilde verkleidete junge Leute drei Schiffsladungen Thee ins Meer warfen.
Síes führte mehrere Parlamentsakten herbei, wodurch die Aufregung bald zur
offenen Widersetzlichkeit gesteigert ward. Durch die eine wurde der Hafen von
Boston gesperrt, durch die zweite die freie Verfassung von M a ss ach li-
se t s bedeutend beschränkt, und durch eine dritte die G r e n z e v o n Canada
nach den Vereinsstaaten zu erweitert und somit die dort herrschende absolute
Verfassung auch über den dazu gezogenen Theil der letztern ausgedehnt.— Wäh-
rend dieser Vorgänge wurde das englische Volk durch Zeitschriften, Reden und
Parlamentsdebatten in nicht geringerer Aufregung gehalten als das amerikanische,
und da die öffentliche Meinung über die Maßregeln der Regierung und die Ge-
rechtigkeit des Streits getheilt war, so entstand eine so heftige Parteiung, daß
diese Jahre ganz den Charakter einer leidenschaftlich bewegten Revolutionszeit
tragen. Zur Steigerung dieser Aufregung trugen vor Allem die berühmten Ju-
ri iu^sb riefe (1769—1772) bei, eine durch die Kraft der Sprache, durch die
Schönheit des Styls und der Darstellung und durch die Macht der Polemik aus-
1770.
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Extrahierte Ortsnamen: England Boston England Boston Boston Boston
Das republikanische Frankreich.
361
reiche Land mit seinen Schätzen, Schiffen, Seehäfen und Colonien näher
an das republikanische Frankreich zu knüpfen. Freiheitsbäume wurden errich-
tet, die Menschenrechte verkündigt, republikanische Gesellschaften gegründet
und die Regierung der französischen Partei übergeben. Aber nur zu bald
empfanden die Holländer die Nachtheile dieses Löwenbundes. Die aus-
gehungerten und zerlumpten Truppen mußten genährt, gekleidet und besol-
det werden; ein den 16. Mai mit Frankreich abgeschlossener Vertrag 17t>5-
sicherte diesem Staate nicht nur freie Schifffahrt auf den Gewässern und
Benutzung der Seehäfen, sondern erwarb ihm auch 100 Millionen als
Entschädigung der Kriegskosten, das holländische Flandern mit Mastricht
und das Besatzungsrecht der wichtigsten Festungen, und während unter dem
neuen republikanischen Regiment und seinen französischen, vom Mark des
Landes zehrenden Beschützern die Staatskasse erschöpft ward und die Finanz-
verwaltung in Verwirrung kam, bemächtigten sich die Engländer nicht nur
der Handelsschiffe der Holländer und beschränkten oder vernichteten ihre
Fischereien, sondern sie brachten auch die meisten Ansiedelungen derselben in
der Ferne an sich.
Von 1795—1797 gingen die holländischen Besitzungen in Hindostán und auf dem
Cap an die Britten verloren; ferner Malacca, Ceylon, Amboina, Ternate und andere
Inseln; von den westlichen Niederlassungen erlangten die Engländer Demerary und Esse-
quibo; im Jan. 1799 Surinam; 1800 Curayao und 1801 St. Eustach nebst Saba. —
Die batavische Republik theilte alle Schicksale der Franzosen ; bis 1798 stand ein de-
mokratischer Convent an der Spitze; dann wurde die Souveränetät der einzelnen Pro-
vinzen ausgehoben, das Land in acht ncubenannte Departemente getheilt und die eine und
untheilbare B atavische Republik mit einem Staats-Bewind (Directorium) von fünf
Personen als ausübender, und zwei Kammern als gesetzgebender Macht errichtet. Napo- 180j>
leon stellte die alte Provinzialeinlheilung wieder her und änderte die Negierung und die ge-
setzgebende Macht, aber ein neuer Vertrag, wornach ein sranzösisches Besatzungsheer von
18,000 Franzosen auf Kosten des Landes unterhalten, ein eigenes Heer von 10,000 Mann
aufgestellt und fünf Linienschiffe und fünf Fregatten ausgerüstet werden mußten, drückte
hart aus das Land. Der Handel nahm ab, die Colonicn gingen verloren, das Land wurde
verschuldet. Im Januar 1805 wurde Schimmelpennink als Raths-Pensionair an die
Spitze der ausübenden Macht gestellt und eine Landcsrepräsentation mit der gesetzgebenden
Gewalt bekleidet. Aber schon im nächsten Jahr wurde Napoleons Bruder Ludwig Bo- 1806.
ñaparte zum König von Holland ernannt und die Repräsentanten auf 38 vermehrt.
Vließingen und andere Orte kamen an Frankreich, dagegen wurde Ostsricsland nebst der 1807.
Herrschaft Jever mit Holland verbunden. Nach einigen Jahren entzweite sich Ludwig
mit seinem Bruder und entsagte dem Thron, worauf die V er e r n i g u n g Hollands mit 1810.
Frankreich erfolgte. Ein neues Gesetzbuch, die allgemeine Conscriptionspflichtigkeit,
eine geheime Polizei und die Herabsetzung des Zinses der Staatsschuld auf
ein Drittel waren die Geschenke des neuen Machthabers Napoleon.
§. 728. Ebenso erfolgreich waren die französischen Waffen am Rhein. ,Die
Im Oktober zogen sich die ostrelchischen und preußischen Truppen über dengc-,án.
deutschen Strom zurück und überließen das jenseitige Gebiet den Feinden. ‘
Bald darauf knüpfte die preußische Regierung, mit den Vorgängen in Polen
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Ludwig_Bo- Ludwig Ludwig Ludwig Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Hindostán Ceylon Amboina Surinam Holland Frankreich Holland Hollands Frankreich Rhein
3 72
Die französische Revolution.
20. Sept.
1797.
19. Mai
1798.
12. Juni
Crob.
Alexan-
drias
1. Juli.
Wendigkeit einer Aenderung überzeugte Republikaner Carnot) zur Deportation
nach dem feuchten Guyana (Cayenne) in Südamerika verdammt wurden.
Durch ein von dem neuen Direktor Merlin entworfenes Dekret wurden alsdann die
royalistischen Wahlen cassirt, die zurückgekehrten Emigranten und einige noch anwesende
Verwandte des Königshauses in die Fremde getrieben, eine Reihe von Zeitschriften zu Gun-
sten des Königthums unterdrückt und deren Eigcnthümcr, Redactoren und Mitarbeiter
zur Deportation verurtheilt. Ein neuer Eid der Treue für die bestehende Verfassung und
den religiösen Cultus sollte das neue Jakobinerregiment gegen ähnliche Angriffe sicher
stellen. Von dem an wurde das Schicksal der Regierungen durch Bayonette entschieden.
Moreau, als Mitwisser von Pichegrü's Plänen angesehen, wurde trotz eines ehrlosen
Briefs, worin er die ganze Schuld seines Freundes aufdeckte, vom Dienste entfernt. Hoche
begab sich zur Rheinarmee, wo er bald nachher ein frühes ruhmvolles Grab fand. Car-
not entging der ihm zugedachten Deportation durch die Flucht nach Deutschland, und
kehrte nach dem 18. Brümaire nach Frankreich zurück.
So stark fühlte sich das Directorium durch Bonaparte's Schutz, daß es
einige Zeit nachher eine Anzahl royalistischer, oder, wie man sich ausdrückte,
anarchistischer Wahlen eigenmächtig cassirte, durch Militärgerichte die Roya-
listen und deren Freunde blutig verfolgte und durch harte Gesetze die heimgekehr-
ten Adeligen und Emigranten zu schrecken suchte. Zugleich wurden aber auch
gegen die Jacobiner, die ihr Haupt kühner erhoben, Gewaltmaßregeln verhängt.
Und dennoch fehlte der Directorialregierung Kraft und Ansehen nach Außen und
Achtung und Zutrauen nach Innen. Handel, Gewerbfleiß und Ackerbau stockten,
schwere Abgaben drückten das Volk, und die gänzliche Entwerthung der Assig-
naten, wovon eine unglaubliche Masse angesertigt worden, brachte die größte
Zerrüttung sowohl in die Staatskasse als in den Vermögensstand der Privaten.
Vergebens schuf man durch Anweisung auf die Emigranten- und Nationalgüter
eine neue Art Papiergeld, die Mandate, mit denen man einen Theil der
Assignaten einzulösen gedachte, um dann die übrigen für ungültigzu erklären; die
neuen Anweisungen waren bald so werthlos wie die frühern: vergebens suchte
man die Staatsglaubiger durch die sogenannten Jnscriptionen zu befriedigen
und zu neuen Anlehen zu bewegen — der offenkundige Staatsbankerott raubte
der Regierung alles Vertrauen; die Verluste der Kapitalisten waren unermeßlich;
das Vermögen war von den Reichen und Bevorzugten zu den untern Standen
gewandert. Zur Bestreitung der Kriegskosten und anderer Ausgaben errichtete
die Directorialregierung in den eroberten Landern ein wahres Raubsystem. Die
Niederlande, die Schweiz und vor allem die Fürsten und Städte Italiens wur-
den von den Direktoren und ihren Diplomaten, Heerführern und Commissaren
aufs gewissenloseste ausgeplündert. Gewalt, List und Drohungen kamen in An-
wendung; die ganze Welt sehnte sich nach Befreiung von dieser drückenden und
charakterlosen Regierung; aber der eine Mann, von dem man Rettung erwarten
konnte, war nach der Beendigung seines italienischen Feldzugs ausgezogen, um
ein fernes Wunderland aufzusuchen und sein Haupt mit neuen Lorbeeren zu um-
flechten. Statt nämlich eine Landung in England zu unternehmen, wie Jeder-
mann aus den Kriegsanstalten in den Seehäfen geschlossen hatte, schiffte Napo-
leon Bonaparte mit einem Theil seines italienischen Heers, mit den ausgezeich-
netsten Feldherren und mit den berühmtesten Künstlern, Gelehrten, Mathemati-
kern (Monge), Naturkundigen (Bertholet, Comte), Astronomen, Aerztcn u. dergl.
über Malta, das durch Verrath dem Iohanniterorden entrissen ward, nach
Aegypten. Große Pläne leiteten ihn bei diesem abenteuerlichen und gefahr-
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Extrahierte Personennamen: Moreau Monge
Extrahierte Ortsnamen: Guyana Südamerika Rheinarmee Deutschland Frankreich Italiens England Malta
404 Napoleon Bonaparte's Machtherrschaft.
Rathgeber verleitet, eine Versöhnung mit Napoleon zu wünschen schien, da
verlor der König alles Vertrauen auf einen glücklichen Ausgang. Man
hatte sich noch so wenig mit dem Gedanken eines Volkskriegs vertraut ge-
macht, daß die preußischen Beamten die den Franzosen Verderben drohen-
den Bewegungen der schlesischen Bürger und Bauern unterdrückten. Als
nun nach Wiedereröffnung des Kriegs die Franzosen am Jahrestag von Ma-
14. Juni.rengo über die Russen in der Schlacht von Friedland einen glanzenden
Sieg erfochten, Königsberg besetzten und die russische Grenze bedrohten, da
hielten es die verbündeten Monarchen für rathsam, nach einer persönlichen
7-9 J»li Zusammenkunft mit Napoleon auf dem Nie men (Memel) in den Frieden
von Tilsit zu willigen, so drückend auch die Bedingungen waren. Durch
diesen Frieden, bei dessen Abschluß der preußische Geschäftsführer Kalk-
reuth „mit beispiellosem Leichtsinn und Gedankenlosigkeit" zu Werke ging,
verlor Friedrich Wilhelm die größte Halste seiner Staaten; er mußte in die
Abtretung aller Lander zwischen Rhein und Elbe, in die Gründung eines
Herzogthums Warschau unter der Oberhoheit des Königs von Sachsen
und in die Erhebung Danzigs zu einem Freistaate willigen und die un-
erhörte Summe von 150 Millionen als Kriegsentschädigung genehmigen.
Die von Preußen abgetretenen Gebiete nebst Kurhessen, Braunschweig und
Süd-Hannover vereinigte Napoleon zu einem neuen Königreich Westfalen
mit der Hauptstadt Kassel und setzte daselbst seinen jüngsten Bruder Hie-
ronymus (Jerome) als König ein mit der Verpflichtung, in Magdeburg
eine Besatzung von 12,000 Mann zu unterhalten, dem Kaiser die Halste des
Ertrags der Kammergüter abzugeben und als Genosse des Rheinbundes sein
Truppencontingent zu den ferneren Kriegen zu stellen.
Schwer drückte die fremde Herrschaft auf die treuen Deutschen; aber durch
sie wurde eine neue Zeit vorbereitet, ein neuer Geist geweckt. Die Vortheile, die
den Franzosen aus ihrer blutigen Umwälzung geblieben, kamen auch den West-
falen zu gute, Gleichheit der Besteuerung, Abschaffung persönlicher Privilegien,
landstandische Verfassung, Gewerbsfreiheit und Rechtsgleichheit aller Staatsbür-
ger. Sie weckten das Selbstgefühl des Bürgerstandes und brachten ihm
seine Bestimmung, Lenker der Geschicke der neuen Zeit zu sein, zum Bewußtsein.
Auch auf die Völker des Rheinbundes (dem unterdessen noch der Kurfürst von
Würz bürg, die Fürsten von Sch w a r z b u rg , Anhalt, Waldeck und die
Herzöge von Mecklenburg und Oldenburg beigetreten) ging der neue Geist
über; die deutschen Krieger, die in fernen Landen des Kaisers siegreiche Schlach-
ten fochten, erlangten wieder den alten Kriegsmuth und Vertrauen auf eigne
Kraft. — Ebenso wurde auch für Preußen die Fremdherrschaft die Mutter
mancher heilsamen Einrichtung, wie hart auch die Geißel war, welche der er-
grimmte Sieger über das Land schwang. Bis zur gänzlichen Abtragung der
Kriegsentschädigungssumme, der Contributionen und der vielfachen andern Auf-
lagen, die zusammen die Summe von 500 Millionen Fr. überstiegen und von
dem unmenschlichen Oberintendanten D aru eingetrieben wurden, verblieben
französische von dem Lande zu unterhaltende Besatzungen in preußischen Festungen ;
selbst das im Tilsiter Frieden dem König gelassene Gebiet wurde durch Kriegs-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon
462
Die Zeit des heiligen Bundes,
Verar-
smurig.
1819.
Irland.
Vortheilhafte Handelsverträge mit den meisten Staaten Europa's und Amerikas
gewährten der britischen Industrie, die unter dem Schutze eines freien Staatslc-
bens einen nie gesehenen Aufschwung nahm, einen großen Markt. Durch seine
festbegründete Verfassung mit Druck- und Redefreiheit und genauer Be-
grenzung der Volks- und Königsrechte und durch die lebendige Achtung vor dem
anerkannten Gesetz erregte England den Neid der andern Nationen. Aber bei die-
ser hohen Macht und Blüthe nach Außen litt der Staat an unheilbaren Wunden:
1. Wahrend ein kleiner Theil des Volks unermeßliche
Reich thümer aufhaufte, sank die große Masse zur drückendsten
Armuth herab. Die kostspieligen Land- und Seekriege und die unermeßlichen
Hülfsgelder, die den Regierungen des Festlandes gewahrt wurden, steigerten die
Nationalschuld aus beinahe 900 Millionen Pfd. St., so daß die Jahreszinsen
gegen 34 Mill. Pfd. betrugen. Diese enorme Schuldenlast, verbunden mit einer
verschwenderischen Hofhaltung, trieb die Staatsausgaben zu solcher Höhe, daß
nur durch eine stets zunehmende Besteuerung der Handelsartikel, Lebensmittel,
Einkünfte (Einkommensteuer), Hauser und Grundbesitzungen die nöthigen Sum-
men aufgebracht werden konnten. Dies hatte die Verarmung des kleinen Land-
eigenthümers und der Gewerbsleute von geringem Capital zur Folge; der Grund-
besitz kam in die Hände begüterter Edclleute, die durch gesteigerten Pachtzins und
durch Erwirkung von Korn gesehen gegen jede Einfuhr fremden Getreides ihre
Einkünfte zu mehren wußten; die Industrie siel den reichen Fabrikherren anheim,
die durch Ausdehnung des Geschäfts die weniger Bemittelten überflügelten; so
verschwand allmählich der H an d we rk er st an d; der bürgerliche Mittelstand,
der Kern jeder Nation, nahm ab, wahrend die Zahl der Fabrikarbeiter, die von
der Hand zum Mund leben, auf bedenkliche Weise sich mehrte. Schwere den Ge-
meinden auferlegte Armen steuern und zeitweise Zuschüsse der Regierung ver-
mochten dem Elende nicht zu wehren; zumal da das Festland, das wahrend der
Eontinentalsperre seine eigenen Kräfte gebrauchen gelernt, sich eine eigene Industrie
schuf und den englischen Waaren einen weniger günstigen Markt bot als sonst.
Von Noth und Mangel getrieben versuchten die Proletarier wiederholt durch
Aufstande sich eine bessere Lage zu erkämpfen, aber ihr ungesetzliches Beginnen
schlug jedesmal zu ihrem Schaden aus. Leicht wurde der wehrlose Haufen von
der Militärmacht zu Paaren getrieben; allein die blutige Züchtigung der
Insurgenten in Manchester hat der Regierung harten Tadel zugezogen.
Die Suspensi on d e r H a b ea s - C o rpusakte (§. 622.), ein Mittel, zu
dem schon Pitt wiederholt schreiten mußte, wurde mehrmals zur Dampfung dro-
hender Aufregung angewendet. .
2. Jrlan d ist bis auf den heutigen Tag der wunde Fleck im englischen
Staatskörper. Die Mißhandlungen früherer Geschlechter haben zwischen England
und Irland eine Kluft erzeugt, welche die Vereinigung der beiden durch Natur,
Religion und Einrichtung verschiedenen Völker nie vollkommen werden ließ. Die
durch geheime Einverständnisse mit Frankreich genährte Unzufriedenheit der Ir-
länder drohte wiederholt in Empörung überzugehen, was die Engländer nöthigte,
auf ihrer Hut zu sein, und da sie die Forderungen der Nachbarn nicht gewähren
wollten und ihre Zugeständnisse jene nicht zufrieden stellten, so blieb ihnen nichts
übrig, als den gährenden Geist durch Strenge niederzuhalten. Zwei Dinge, durch
ein altes Unrecht erzeugt, erregten besonders den Haß des irischen Volks, die harte
Behandlung des armen Landvolks durch ihre Grundherren, die einst aus Eng-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Hauser Jrlan
Extrahierte Ortsnamen: Irland Amerikas England England Irland Frankreich
Großbritannien.
465
1795 vor dem britischen Oberhaus zu bestehen hatte, in dem er zwar von den Klagepunkten
freigesprochen, aber zu den hohen Prozeßkosten verurtheilt wurde) hatte dieser Krieg nicht
nur den Gewinn der Gesellschaft verschlungen, sondern dieselbe in solche Schulden gestürzt,
daß sie ihren Verpflichtungen gegen die Regierung nicht mehr Nachkommen konnte und in
ein Abhängigkeitsvcrhältniß von derselben treten mußte. Durch Pitts Ostindischebill
wurde die Direction der Gesellschaft in Beziehung auf die ganze Territorial-Verwaltung
in allen politischen, militärischen und Finanz-Sachen einer Regierungscommission
untergeordnet, bei Besetzung der höchsten Verwaltungsstellen der Regierung das Ernen-
nungsrecht eingeräumt und das Land in drei gleichorganisirte Präsidentschaften, Cal-
cutta, Madras und Bombay, eingetheilt und dem Generalgouverneur unter-
geordnet; der Handel dagegen verblieb allein der Compagnie. — Im Jahre 1790 brach
abermals zwischen Tippo-Sahib und den Engländern ein Krieg aus, der durch die Ge-
schicklichkeit und Tapferkeit Corn wallis'und Ab er cr om b ie's dergestalt zum Vor-
theil Englands geführt ward, daß jener in die Abtretung der Hälfte seines
Reichs und in die Entrichtung einer hohen Entschädigungssumme willigen mußte. Die
Uebermacht der Franzosen während der Revolutionszeit erfüllte den indischen Sultan mit
der Hoffnung, mit Frankreichs Hülfe das verlorne Gebiet wieder zu erlangen. Er trat mit
Persien in Verbindung und ergriff das Schwert in demselben Augenblick als Bonaparte in
Aegypten landete. Nie schwebte die britische Herrschaft in größerer Gefahr. Aber die
Energie und Raschheit der Engländer verwandelte die Gefahr in einen Triumph. Der un-
glückliche Lippo-Sahib verlor in dem blutigen Kriege Thron und Leben. Mit der Er-
oberung seiner Hauptstadt S ering ap a tam, unter deren Trümmern er sich begrub,
sielen ungeheure Reichthümer in die Hände der Engländer, die nun den größten Theil des
eroberten Reichs ihrem Gebiete beifügten und über den Rest einen zinspflichtigen Rajah
einsetzten. — Während des Krieges mit Napoleon vergrößerten die Briten ihr indisches
Reich durch Eroberung der französischen und holländischen Besitzungen und durch gänz-
liche Unterwerfung der bisher als Bundesgenossen betrachteten und geschonten Nabobs, so
daß endlich die Mahrattenfürsten die einzigen mächtigen Gegner der Engländer
waren. Mit diesen, die noch den letzten Rest des von ihnen einst gestürzten Mogulreichs
besaßen, wurden seit 1803 blutige Kriege geführt, wodurch allmählich ein Staat um den
andern den Engländern als Beute anheim siel. Delhi kam in ihre Gewalt und der Groß-
mogul gerieth in gänzliche Abhängigkeit von ihnen. Ein beabsichtigter Bund aller Mah-
rattenstaaten zum Sturz des übermächtigen Britenreichs wurde durch die Raschheit der
Engländer vereitelt und führte die gänzliche Unterwerfung der Mahratten
herbei, so daß sich nunmehr die britische Macht in Ostindien vom Himalaya bis nach Cey-
lon und vom Indus bis zum Jrawaddy erstreckt und ein Territorium von 110,000 Q..-
Mcilen mit mehr als >20 Millionen steuerbarer und 50 Millionen tributpflichtiger Ein-
wohner umfaßt. Bei ihren weitern Eroberungen fanden die Engländer streitbare Gegner
in dem freiheitsliebenden Bergvolke der Siks (Sikh), die sie erst nach langen Kämpfen
zur Anerkennung ihrer Herrschaft bringen konnten (§. 832). Der indisch - europäische
Handel wurde seitdem durch die Regierung allen Engländern erschlossen, aber der chine-
sische Handel blieb ein Monopol der ostindischen Gesellschaft. — In Verwaltung, Rechts-
pflege und Steuererhebung traten zeitgemäße Reformen und ein milderes System ein. Die
Staatsregierung ernennt den General-Gouverneur und den obersten Kriegsbefehlshaber.
Die übrigen Verwaltungsbeamten werden von den 12 Directoren der ostindischen Com-
pagnie ernannt und von dem General-Gouverneur bestätigt. Die Compagnie besitzt das
Recht eigener Verwaltung unter der Controle königlicher Commissarien in wichtigen An-
gelegenheiten. Durch Einführung des Christcnthums vermittelst Mission are n sucht
man das Volk der europäischen Cultur zu nähern und mit dem alten Cultus die geistige
Knechtschaft und die unmenschlichen und unsittlichen Gebräuche zu verbannen.
Weber, Geschichte. Ii. b.aufl. 30
1784.
1792.
1799.
1817.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Madras Bombay Englands Frankreichs Ostindien