24
Geschichte des Mittelalters.
ordentlichen Richter gerichtet werde. Dies war für die Freien das
Gau- oder Centgericht, welches von dem Grafen oder dessen Stell-
vertreter (vicarius, missus) unter freiem Himmel, auf einem offenen
Platze (Mahal-, Mahlstätte, mallus publicus), der gewöhnlich mit
Linden besetzt war, abgehalten wurde. Das Gericht war entweder
ein ordentliches zu einer bestimmten Zeit abgehaltenes (achtes Ding,
pjaoilum legitimum), oder außerordentliches (gebotenes). Zum Gerichte
entbot im Namen des Königs der Graf (er hatte den Bann; später
bezeichnet dies Wort Gerichtsbezirk, Strafe, Acht); er führte den Vor-
sitz , fällte aber das Urtheil nicht selbst, sondern bei einigen Völkern
(Alemannen, Bayer) ein von dem Herzog mit Uebereinstimmung der
Freien bestellter Richter (judex), bei andern (Franken, Burgundern)
ein Ausschuß freier Männer (Rachinburgen, Deputati). Allgemeiner
Grundsatz war: wo kein Kläger, da ist auch kein Richter; weigerte sich
aber ein Beklagter trotz wiederholter, zuletzt königlicher Mahnung vor
Gericht zu erscheinen, so verfiel er der Acht, oder er wurde rechtlos,
wenn er nicht später Genugtuung leisten konnte. Den Beweis führte
man bei fast durchgängig mangelnden Urkunden durch Zeugen, Eid und
Eideshelfer (Männer, welche die Wahrhaftigkeit des Schwörenden be-
schworen). Ein besonderes Beweismittel waren die Ordalien oder die
sogenannten Gottesurtheile; diese bestanden z. B. in Eintauchen der Hand
in einen Kessel siedenden Wassers (Kesselfang), Durchschreiten zwischen
zwei brennenden Holzstößen (Feuerprobe), Hinweggehen über glühende
Pssugschaaren rc.; das gewöhnlichste Mittel war der Zweikampf, wenn
durch Zeugenaussage rc. kein Theil sein Recht zu beweisen vermochte.
§ 66. Die Blutrache war noch immer gesetzlich erlaubt, wenn
der Thäter die Verwandtschaft nicht durch das Wergeld (eomposilio)
versöhnte; überdies bezahlte er für den Bruch des gemeinen Friedens
eine Strafe an den König (fredum). Das Wergeld war nicht bei
allen Stämmen gleich; bei den Alemannen bestimmte es für das Leben
eines Edeln 240 Schillinge, eines Mittelfreien 200, eines gemeinen
Freien 160, eines Freigelassenen 80, eines Leibeigenen 15—50 Schil-
linge. Verletzungen wurden nach ihrer Bedeutung und dem Stande
des Beschädigten gebüßt mit 1—40 Schillingen. Entsprechende Geld-
bußen sind ausgesetzt für das Ausgraben von Leichen (zur Zauberei),
Menschenraub und Menschenverkauf, Entführung, Raub, Diebstahl, Be-
schädigung von Thieren, Brandstiftung rc. Zur richtigen Würdigung
dieser Strafen bemerken wir: Zur Zeit der Merowinger rechneten die
Alemannen nach Silberschillingcn — 12 Denaren oder Saigen (die
salischen Franken nach Goldschillingen — 40 Silberdenaren), 1 Denar
aber hatte ungefähr 7 Kreuzer rheinisch (2 Sgr. preuß. C.) inneren
Gehaltes. Ein Leithund kostete damals 12 Schillinge, ein Schafhund 3,
ein gewöhnliches Pferd 6, ein Ochse 3 und weniger Schillinge, ein
Schwein 4 Denare.
Die Todesstrafe (gewöhnlich durch Enthauptung) kommt bei
den meisten germanischen Völkern nur in wenigen Fällen vor, z. B.
Landesverrath, wiederholte Empörung, häufiger bei den romanisierten
Burgundern und Westgothen.
§ 67. Ueber die geschlossenen Herrschaftsgüter (des Königs, der
Adeligen, der Kirche) erstreckte sich die Gerichtsbarkeit des Grafen nicht.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Von der Zeit des Zwischenreiches bis auf Kaiser Friedrich Hl. 97
Das Gericht hatte auf glaubwürdige Anzeige hin der Thatsache
nachzuforschen, Anklage und Vertheidigung zu Horen und nach dem
aktenmäßigen Erfunde das Urtheil zu fällen.
Gilstes Kapitel.
Von der Zeit des Zwischenreiches bis auf Kaiser
Friedrich Iii.
Das Interregnum (1254—1273).
§ 288. Nach dem Tode Wilhelms von Holland wählte der eine
Theil der Kurfürsten (bei dieser Gelegenheit erscheint zum erstenmal
ein Kurkollegium: Mainz, Trier, Köln, Sachsen, Brandenburg,
Böhmen, Pfalz) 1257 den reichen englischen Prinzen Richard von Richard von
Kornwallis, der andere den König Alfons X. von Kastilien. Kornwallis,
Letzterer hatte sich diese Wahl viel Geld kosten laffen, betrat aber den 9et’i272. '
deutschen Boden niemals, Richard dagegen, der noch mehr bezahlt hatte,
stellte sich mehrmals ein, zog am Rheine umher und kehrte wieder
heim, wenn sein mitgebrachtes Silber aufgebraucht war. Königliche Die „kaiser-
Gewalt zu üben gestatteten ihm die Fürsten nur selten, Deutschland lose, schreck-
war daher ohne Oberhaupt und alle Ordnung hörte auf. Die Großen lld;e
bekriegten einander, die kleinern Herren befehdeten sich, ihre Knechte
aber schwärmten als Räuber und Mörder umher. Viele Burgen
wurden zu Raubnestern, neue an Straßen und schiffbaren Flüssen er-
baut, so daß die Kaufleute ihre Maaren nur mit bewaffnetem Geleite
versenden oder sicheres Geleite mit schwerem Gelde erkaufen mußten;
überdies legten die Herren willkürliche Weg- und Flußzölle an. Das
wehrlose Landvolk verzweifelte fast, die Städte dagegen schloßen große
Bündnisse, im deutschen Norden z. B. schon 1241 Lübeck und Ham- Stävtc-
burg, denen bald Braunschweig, Münster, Soest, Dort- buntf‘
mund u. a. beitraten; 1255 den rheinischen Bund, der sich von
Köln bis Basel erstreckte und zunächst gegen das Unwesen der neuen
Zölle und Räuberei gerichtet war. Diesem Bunde traten auch mehrere
Laudesherren bei, er war jedoch zu weit ausgedehnt und seine Städte
lagen zu sehr auseinander, als daß er zu Festigkeit und Dauer hätte
gelangen können.
Uudols von Habsdurg (1273—1291).
§ 289. Die Kurfürsten brauchten lange, bis sie sich zur Erwäh-
lung des Grafen Rudolf von Habsburg verständigt hatten; die
Besitzungen desselben, zerstreut in den heutigen Kantonen Aargau, Lu-
zern, Zürich, Thurgau, im Elsaß und in Schwaben herumliegeud, waren
ansehnlich, ohne ihm jedoch eine für die Großen furchtbare Hausmacht
zu gewähren; er schien daher stark genug die Ordnung im Reiche eini-
germaßen wieder herzustellen, ohne den Großen gebieten zu können.
Rudolf hatte sich aber durch Gottesfurcht, Gerechtigkeit und Leutselig-
Bumiillrr, Weltg. Ii. 7
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Hl Friedrich Gilstes Friedrich_Iii Friedrich Wilhelms_von_Holland Wilhelms Richard_von_Richard_von
Kornwallis Alfons_X Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf
2
Geschichte des Mittelalters.
Das Zehent
land.
Provinzen Germania I oder superior und Germania Ii oder inferior (erstes
22/® ^ °bet zweites oder unteres Germanien) bezeichnet. Das eigent-
°nien!^^ Germanien nannten die Römer G. magna oder barbara, nämlich
bag weite 4!and vom Rheine bis zur Weichsel (Vistula), von der Donau
bis zu den Inseln des nördlichen Occans (die skandinavischen Länder
wurden sämmtlich für Inseln gehalten). Seit den Feldzügen des Ti-
berius und Drusus behaupteten die Römer den linken Ufersaum des
Unter- und Mittelrheins, ferner das Gebiet der Mattiaken zwischen, dem
unteren Maine und der Lahn. Da gleichzeitig das Land zwischen den
Alpen und der Donau römisch wurde, so bildete das Gebiet an der
vbern Donau, am Oberrhein und Neckar einen vorspringenden Winkel;
deßhalb räumten es die Germanen als unhaltbar (Th. I. S. 179),
worauf Gallier dasselbe besetzten, denen die Römer folgten, welche es
ihrem Reiche einverleibten (Agri Decumates, wahrscheinlich weil die
Ansiedler den Zehnten entrichteten). Sie deckten dieses militärisch
wichtige Vorland durch eine Schanzenlinie, welche von der Donau
(6 Stunden oberhalb Regensburg) in nordwestlicher Richtung über
Iaxt, Kocher, Odenwald, Main, Taunus und Lahn bis an den Rhein
in der Gegend von Neuwied hinzog, und zuerst limes rhaeticus, so weit
sie das untere Nhätien deckte, dann limes transrbenanus hieß. Die be-
^Städte^" deutendsten römischen Plätze am Rheine waren: Castra vetera
(Xanten), Colonia Agrippinensis (Köln), Moguntiacum
(Mainz), Argentoratum (Straßburg), Augusta Rauracorum
(Augst, unweit Basel); zwischen dem Rhein und dem Iime8: Aquae
Mattiacae (Wiesbaden), Civitas Ulpia (Ladenburg), Aurelia
Aquensis (Baden-Baden), Samulocennae (bei Rottenburg am
Neckar). In den beiden Rhätien: Reginnm (Regensburg), Augu-
sta Vindelicorum (Augsburg), Cambodunum (Kempten), Bri-
gantium (Bregenz), Veldidena (Wilten bei Innsbruck), Guria
(Chur); in Noricum: Laureacum, wo die obere Donauflotte statio-
niert war (Lorch, am Einstuß der Enns in die Donau), Ovilabis
(Wels), luvavia (Salzburg), Virunurn (Völkermarkt), Noreja,
Poetavium (Pettau), Celeja (Cilli); Vindobona (Wien) gehörte
schon zu Pannonien.
§ 3. Das freie Germanien schildern die Römer als ein mit Ge-
birgen, Wäldern und Sümpfen bedecktes, kaltes Land, ohne Reben und
zahmes Obst, nicht fruchtbar an Getreide, jedoch reich an guten Weiden.
Gebirge. Den Gebirgszug von den Donauquellen bis zu den Karpathen nannten
sie den hercynischen Wald; später unterschieden sie: 8ilva Gabreta
(Böhmerwald), Sudeta (Thüringer- und Frankenwald), Asciburgi-
cus oder Vandalicus mons (Riesengebirge), silva Bacenis (an
der Fulda, später Buebonia), silva Teutoburgensis (zwischen Ems,
Lippe, Weser), Taunus (zwischen Main und Lahn), Abnoba mons
und silva Marciana (Schwarzwald), Alba (rauhe Alb).
Von den Flüssen nennen sie den Rhenus mit Nie er, Moenus,
Laugona, Liga, Rura, Luppia (Rhein mit Neckar, Main,
Lahn, Sieg, Ruhr, Lippe), Amisia (Ems), Yisurgis (Weser),
Albis mit Salas (Saale), Viadus (Oder), Vistula (Weich-
sel) , bett Danubius, im untern Laufe Ist er genannt, mit Oenus,
Nablis, Regan um, Marus (Donau mit Inn, Nab, Regen, March).
Flüsse.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Die Zeit der Karolinger.
43
Feldzuge entbot, als ihn die Reihenfolge getroffen hätte; denn es mußte
dem beeinträchtigten gemeinen Wehrmanne schwer und fast unmöglich
fallen, bei dem Kaiser, der ihm allein Helsen konnte, seine Klage anzu-
bringen.
In Gränzbezirken (Marken), welche dem Feinde abgcnommen waren,
setzte Karl Markgrafen (marchiones, auch duces limitis genannt,
weil ihr Gebiet oft mehrere Grafschaften umfaßte), welche mit den an-
gesiedelten Kolonisten Gränzwache hielten.
Rechtspflege.
§ 128. Den Schwachen gegen die Gewaltthätigkeit des Starken zu
schützen war in den alten kriegerischen Zeiten eine der Hauptaufgaben
für einen guten Regenten. Denn damals bestand der Reichthum nicht
in Geldkapitalien oder in dem Ertrage industrieller Unternehmungen, son-
dern in dem Grundbesitze: Aeckern, Wiesen, Weiden, Waldungen, sisch-
reichen Gewässern (Agrarstaat), und da die großen Grundbesitzer ohne
Ausnahme den vornehmen Geschlechtern angehörten, so lag diesen die
Versuchung sehr nahe, ihr Einkommen auf Kosten der gemeinen Freien
auszudehnen. Diese Klage zieht sich durch Jahrhunderte hindurch und
wie begründet sie war, können wir daraus schließen, daß auch die Klö-
ster, welche doch durch ihren religiösen Charakter geschützter dastanden,
oft genug gegen Eingriffe in ihr Eigenthum bei dem Kaiser oder König
Klage erhoben.
§ 129. Karl that das Mögliche zum Schutze des Rechtes durch
Verordnungen auf Reichstagen und durch seine Beamte. Die Pfalzgrafen
(Pfalzen, palatia, hießen die kaiserlichen Burgen in den verschiedenen
Gegenden des Reichs) verwalteten nicht bloß das kaiserliche Einkommen
aus den zu einer Pfalz gehörigen Bezirken, sondern sie vertraten auch
den Kaiser als obersten Richter, bildeten also eine Art höherer Instanz.
Karl schickte überdies Vertrauensmänner in die verschiedenen Gaue,
um die Gerichte zu beaufsichtigen (Sendgrafen, missi dominici).
Die Gerichte waren wie vordem öffentlich; Karl führte aber statt der
alten Urtheilsfinder Schöffen (scabini) ein, welche wie jene gewählt
wurden, aber lebenslänglich angestellt waren. Die Kapitularien
des Kaisers, nämlich die ans den Reichs- und Landtagen gefaßten
Beschlüsse, wurden den Gaugcmeinden zur Annahme vorgelegt, ehe sie
Gesetzeskraft erhielten.
Staatshaushalt.
§ 130. Das kaiserliche Einkommen bestand in der Grund- und
Personensteuer der Provincialen, in den Tributen unterworfener Völker,
in Strafgeldern, Konfiskationen, Zöllen, in Naturallieserungen, Geschen-
ken und wahrscheinlich auch in der Kronsteuer, namentlich aber in dem
Ertrage des Krongutes. Der Graf eines Gaues war auch Fiskal-
beamter und unter ihm stand der Centenarius; sie kontrolierte der
Pfalzgraf oder ein Sendbote (später Kammerbote, rnis8u8 camerae).
Die Grasen überwachten also nicht nur das Heer- und Gerichtswesen,
sondern auch die Verwaltung, Straßen und Brücken und die öffentliche
Sicherheit. Dafür erhielten sie von dem Kaiser Lehen aus dem Kron-
gute, in Amtsgeschäften von den Gauleuten Naturalabgaben, Vor-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Markgrafen Karl Karl Karl Karl Karl Karl
50
Geschichte des Mittelalters.
9.—11. August von den Ungarn vernichtet, die ihre Verwüstungen noch
weiter ausdehnten. Im Jahre darauf schlugen sie die Thüringer, dran-
gen in den zwei folgenden Jahren durch Bayern und Schwaben über
den Rhein nach Lothringen vor, erschlugen den Herzog Gebhard und
kehrten unangefochten wieder heim. Die deutschen Großen vereinigten
sich so wenig gegen die Ungarn, als die französischen gegen die Nor-
mannen, ihre Zwietracht stand in vollster Blüte, als Ludwig, der letzte
deutsche Karolinger, am 20. Juni 911 sein mattes Leben beschloß.
Siebentes Kapitel.
Die Normannen, Dänen, Nuffen, Ungarn und das
byzantinische Neich.
Die Normannen.
Wohnsitze § 155. North mannen, H eid enmannen hießen bei den Deut-
schen die Bewohner der skandinavischen Länder, und weil die Dänen als
die zahlreichsten erschienen, so werden manchmal alle aus dem Nor-
den kommenden Raubschaaren Dänen genannt. Ihre Geschichte
reicht nicht weiter zurück als bis zu der Zeit, in der sie mit den deut-
Ausskhen, scheu und romanischen Völkern Zusammenstößen. In ihrer Gestalt,
Elttkn, Bor- Lebensweise und Verfassung sind sie den Germanen des Tacitus ganz
" ""0' ähnlich: hohen, kräftigen Wuchses, gegen Kälte und Nässe fast un-
empfindlich, leben sie unter Königen und Edeln ohne denselben
anders als freiwillig zu dienen, haben keinen eigentlichen Priester-
stand, überlassen die Arbeiten den Leibeigenen und halten nur
Krieg, Jagd und Seefahrt des freien Mannes würdig. Der junge
Normanne lernte Bogen, Pfeile und Sehnen fertigen, schießen, fechten
mit Speer und Schwert, schwimmen, das 13 Ellen lange Ruder hand-
haben und ein Schiff steuern. Denn alle Normannen waren Küsten- oder
Schifffahrt. Inselbewohner, als solche Fischer und Schiffer, und an die nordischen Meere
gewöhnt, welche durch die Strömungen der gewaltigen Ebbe und Fluth,
durch Stürme, Klippen, Sandbänke u. s. w. viel gefährlicher sind als
das mittelländische Meer oder der offene weite Ocean. Daher bauten
die Normannen ihre größeren Schiffe („die Drachen"), die bis 120
Mann faßten, nicht breit und flachkielig wie die Griechen und Römer,
sondern lang, schmal, scharfkielig, mit scharfen Hinter- und Vorder-
steven, um Wellen und Strömungen leichter zu brechen. Im Kampfe
mit der wilden nordischen Natur, in den Fehden der Häuptlinge und in
Uebung der Blutrache, in Kriegen und Raubzügen gegen verwandte
und nichtverwandte (finnische Stämme) wurden diese Nordgermanen
furchtbare Krieger, welche den Tod in der Schlacht oder im Seesturme
für das glücklichste Lebensziel ansahen, weil der so Gestorbene sogleich
zu Odin nach Walhalla ging.
§ 156. Erst gegen das Ende des achten Jahrhunderts schwärmen
normannische Raubschiffe in allen Meeren; früher scheint sich die krie-
gerische Thätigkeit mehr gegen die finnischen Stämme gerichtet zu
haben und es ist sehr wahrscheinlich, daß das Beispiel der Friesen,
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: August Gebhard Ludwig Ludwig Fischer
Von der Zeit des Zwischenreiches bis auf Kaiser Friedrich Hl. 99
Idols von Nassau.
§ 293. Die Kurfürsten waren auf Rudolfs Wunsch, seinen Sohn
Aldrecht als Nachfolger zu wählen, nicht eingegangen, weil ihnen
das Haus Habsburg schon zu mächtig schien, sondern sie ernannten den
Grafen Adolf von Nassau zum Könige. Dieser wollte aber Rudolfs ^silis
Beispiel folgen und eine Hausmacht gründen, wozu ihm der thüringische
Erbfolgestreit Gelegenheit zu bieten schien. Mit Heinrich Raspe
war nämlich der Mannsstamm der thüringischen Landgrafen ausge-
storben ; ein Theil des Erbes, Hessen, fiel an Heinrich, den Schwester-
sohn Raspes, das eigentliche Thüringen an den Markgrafen Heinrich
von Meißen. Dessen Sohn, Albrecht der Entartete, verstieß
sein Weib Margaretha, eine Tochter Friedrichs Ii., und wollte seine
Söhne Friedrich und Diezmann enterben, daher er Thüringen an
Adolf um 12,000 Mark verkaufte. Allein Friedrich und Diezmann
setzten ihm einen Widerstand entgegen, den er nicht zu überwältigen
vermochte; überdies verfeindete er sich mit dem Erzbischof von Mainz
und anderen Fürsten, die Rudolfs Sohn Albrecht erwählten, gegen
welchen Adolf 1298 in der Schlacht am Hasenbühel bei Göllheim
am Donnersberge siel.
König Jlbrecht (1298-1308).
8 294. Nach seinem Siege ließ sich Albrecht noch einmal wählen
und als ihm einige Große wie seinem Vorgänger begegnen wollten,
zwang er sie mit Waffengewalt zur Ordnung. Er erwarb in Ober-
deutschland, besonders in der heutigen Schweiz, mehrere Herrschaften,
war aber entschieden unglücklich, als er bei dem Erlöschen des Manns-
stammeö in Thüringen, Böhmen und Holland die Reichslehen
zurücknehmen wollte. Er wurde am 1. Mai 1308 bei Windisch im
Aargau von seinem Neffen Johann und mehreren adeligen Ver-Johannes
schwörern ermordet. . Parncida.
Gründung der schweizerischen Eidgenossenschaft (1308).
8 295. Der ermordete König hatte besonders eifrig darnach ge-
trachtet, die Leute im schweizerischen Alpengebirge vollends unter die
Herrschaft seines Hauses zu bringen, denn er beherrschte einen großen
Theil der heutigen Schweiz, theils unmittelbar (die Stammgüter),
theils mittelbar als Graf des Aargaus und Thurgaus, als Vogt
der Stifte St. Gallen, Zürich, Säckingen, Einsiedeln rc.
Seiner Absicht widerstanden besonders die Städte Zürich und Bern,
die bei dem Untergange der Hohenstaufen, als das Herzogthum Schwa-
den wie die Reichsstatthalterschaft über Burgund aufhörte, für sich
selbst gesorgt und eines Oberherrn entbehren gelernt hatten.
8 296. Beide Städte setzten sich frühe mit den Bauern in Ver-
bindung, welche im benachbarten Gebirge die altgermanische Freiheit ge-
rettet hatten und auch jetzt keine Lust verspürten, aus reichsfreien Leuten
Unterthanen des Hauses Habsburg zu werden. Der Druck der Vögte, Habs-
burgischer Ministerialen, die Albrecht als König oder Graf über sie gesetzt
hatte, wurde den Bauern in den Waldstätten Uri,' Schwyz und Unter-
walden unerträglich. Sie griffen zu den Waffen, erschlugen oder ver-
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TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Hl Friedrich Rudolfs Adolf Rudolfs Heinrich_Raspe Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
von_Meißen Heinrich Albrecht Margaretha Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Adolf Friedrich Friedrich Rudolfs Albrecht Albrecht Adolf Albrecht Albrecht Windisch Johann Johann Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Nassau Rudolfs Haus_Habsburg Nassau Rudolfs Hessen Mainz Göllheim Donnersberge Ober-
deutschland Thüringen Holland Einsiedeln Bern Burgund Hauses_Habsburg Schwyz
106
Geschichte des Mittelalters.
Die norddeutsche Hansa.
8 317. Unter Karl Iv. erreichte dieser Städtebund seine höchste
Macht. Die Zahl der verbundenen Städte, welche von Antwerpen bis
Nowgorod zerstreut lagen, wechselte von 108 bis 64; sic waren in
vier Quartiere getheilt mit dem gemeinschaftlichen Vorort Lübeck,
das zugleich an der Spitze des wendischen Quartiers stand, wie Köln
des westfälisch-niederländischen, Braunschweig des sächsischen, Dan-
zig des preußischen. Die Bundesversammlung fand alle drei Jahre
statt, die Quartierstädte übten unterdessen ein schiedsrichterliches Amt,
während eigene Gerichte Fabrikation und Verkehr beaufsichtigten. Haupt-
faktoreien waren in Brügge, London, Bergen und Nowgorod;
England, Rußland und die skandinavischen Reiche standen ihrer Einfuhr
offen, sie unterhielten aber auch mit Spanien und Portugal einen leb-
haften Verkehr.
§ 318. In der Regel nahmen sich die Hanseaten keiner kriegfüh-
renden Partei an, wenn ihr Handel nicht Schaden litt, als aber Wal-
demar Iv. von Dänemark Wisby plünderte, bekriegten und vertrie-
1368. den sie ihn und erzwangen von Dänemark große Handelsvorrechte.
Damals beherrschten sie das baltische Meer, aber ihr Bund war zu
locker, daher schwand seine Macht in dem Maße, als sich England
und die nordischen Reiche hoben. Im Jahr 1630 wurde der letzte
Hansatag gehalten, und später blieben nur Lübeck, Hamburg und Bre-
men in Verbindung.
Der schwäbische Städtebuird.
8 319. Der rheinische Städtebund hatte nicht lange ge-
dauert, dagegen schloßen 17 schwäbische Reichsstädte im Jahr 1376
einen Bund, als Karl Iv. die kaiserliche Gerichtsbarkeit und Steuer in
drei Städten an den Grafen Eberhard von Württemberg ver-
pfändete. Daraus entstand ein verwüstender Krieg, der mit abwech-
selndem Glück geführt wurde, zuletzt jedoch zum Nachtheil der Städte
endigte (s. 8 324).
Der Landfrieden.
8 320. Die Machtlosigkeit des Kaisers, der seinem Ausspruche in
der Regel nur bei Schwachen Gehorsam verschaffen konnte, so wie das
unehrenhafte Walten Karls Iv. und seines Sohnes Wenzel veraulaßten
auch Bündnisse unter den Adeligen und manchmal gab die
grauenhafte Verwüstung des offenen Landes durch die fast immerwäh-
renden Kriege und Fehden sowie die allgemeine Unsicherheit als Folge
derselben Veranlassung zu einem sogenannten Landfrieden. So ver-
einigten sich z. B. Herren und Städte 1382 zu Ehingen zu einem
Landfrieden für die Lande zwischen den vier Wäldern: dem Böhmer-
wald, dem Walde auf der Scharnitz, dem Wasgauer- und Thü-
ringerwald. Man gelobte sich ein Jahr Friede zu halten, Angriffe
gemeinschaftlich abzuwehren, Streitigkeiten aber durch die zuständigen
Gerichte oder Schiedsgerichte ausgleichen zu lassen. In ähnlicher
Weise bildete sich im nördlichen Deutschland der große westfälische
1387. Landfriede.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl Dänemark_Wisby Karl_Iv Karl Eberhard_von_Württemberg Karls
Extrahierte Ortsnamen: Antwerpen London England Spanien England Hamburg Karls Ehingen Scharnitz Deutschland
74
Geschichte des Mittelalters.
Naturallieferungen, die Ernennung der Stadtobrigkeiten, die Belehnun-
gen, Münzen, Zoll, Weg- und Brückengelder, Fischenzen, Salinen und
Bergwerke.
Das war zu viel von den Städten verlangt, daher Mailand sich
schon im folgenden Jahre empörte und im Bunde mit anderen Städten
den hartnäckigsten Widerstand leistete. Deutsche und Italiener wüthe-
ten in diesem Kriege schonungslos gegen einander und als der Kaiser
Mailand abermals durch Hunger zur Uebergabe gezwungen hatte, ließ
Mailand zer- er die Stadt mit Ausnahme der Kirchen Niederreißen und die Einwoh-
siort 1162. ner in vier offene Orte ausiedeln.
Streit des Kaisers mit dem Pap st e. Neuer Lombarden krieg.
8 218. Schon mit Adrian Iv. gerieth der Kaiser in sehr gespannte
Verhältnisse, und als nach dessen Tod (1159) eine zwiespältige Papst-
wahl erfolgte, erklärte sich der Kaiser für Victor Iv. gegen Alexan-
der Iii. Dieser mußte zwar aus Italien entstiehen, allein das christ-
liche Europa, mit Ausnahme Deutschlands, anerkannte ihn als den
rechtmäßigen Papst, protestierte somit gegen die Obergewalt des
Synode zu Kasers über den päpstlichen Stuhl, und eine Synode zu Tours
»urs 63* tele^te den Kaiser, den Gegenpapst und seine Anhänger mit dem
Banne. Zugleich erhoben sich die Lombarden und die Römer;
Friedrich eroberte zwar An ko na, erstürmte einen Theil der Stadt
Rom und zwang den Papst abermals zur Flucht (1167); allein setzt
brach im deutschen Heere eine Krankheit aus, welche über 2000 Ritter
1168. hinwegraffte und den Kaiser zur Rückkehr nach Deutschland zwang.
§ 219. Er blieb ungebeugt; durch den Tod seines Neffen Friedrich
siel dessen Erbgut an das kaiserliche Haus, und da auch Welf Vil. vor
Rom ein Opfer der Seuche geworden war, benutzte der Kaiser die
Geldverlegenheit des alten Welf Vi. und brachte die welsifchen Besitzun-
gen in Italien (Spoleto, Tuscien re.) sowie die Anwartschaft auf die
welsifchen Stammgüter in Schwaben, Bayern und Tyrol au sich, er-
regte aber auch dadurch den Groll Heinrichs des Löwen.
8 220. Im Herbste 1174 zog Friedrich zum fünftenmale nach Ita-
lien, wo die Lombarden ihren Bund erneuert, Mailand wieder auf-
v^'messan. gebaut und dem Papste zu Ehren die neue Stadt Alessandria ge-
dria. gründet hatten. Der Kaiser griff sie vergeblich an, verwüstete seitdem
Schlacht bei das offene Land, erlitt aber am 29. Mai 1176 bei Legnano eine
Legnano. vollständige Niederlage; denn sein Heer war klein, da alle Norddeut-
schen mit Heinrich dem Löwen ausgeblieben waren. Er eilte sich mit
1177. dem Papste zu versöhnen, was zu Venedig geschah, schloß mit den
Lombarden einen Waffenstillstand auf sechs Jahre und 1183 den
Konstanzer Konstanzer Frieden. In demselben behauptete der Kaiser einige
Friede 1183 Regalien, das Recht von acht zu acht Jahren die Konsuln der Städte
zu ernennen, sowie Appellationen von den Stadtgerichten anzunehmen.
Sturz Heinrichs des Löwen (1181).
§ 221. Noch war der feste Friede mit den Lombarden nicht abge-
schloffen, als der Kaiser seinen Gegner Heinrich den Löwen angriff.
Dieser war schon als Herzog von Sachsen und Bayern der mächtigste
Fürst des Reiches, außerdem eroberte er im Kriege gegen die Slaven
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Extrahierte Personennamen: Adrian_Iv Victor_Iv Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Welf_Vil Heinrichs Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Mailand Mailand Mailand Italien Europa Deutschlands Rom Deutschland Italien Spoleto Schwaben Bayern Tyrol Ita- Mailand Alessandria Sachsen
128
Geschichte des Mittelalters.
langst nicht mehr der Kaiser über wichtige Reichsangelegenheiten, sondern
Reichstag, der Reichstag, und das Reichökammergericht entzog dem Kaiser
auch sein oberstes Richteramt. Max I. pflegte zu sagen: er sei der
König der Könige, dem nur gehorche, wer wolle; in der That kam alles
auf die deutschen Fürsten, die ihre größer« und kleinern Territorien
mit voller Landeshoheit regierten, und deren guten Willen an. Aus
dieser Ursache hatte auch Deutschland seine frühere
Machtstellung in Europa verloren; noch besaß es einen Ueber-
fluß an kriegsgeübter und kriegslustiger Mannschaft, aber es fehlte der
Mittelpunkt, der sie vereinigte und zu großen Zwecken benutzte, daher
beschäftigte sie sich mit einheimischen Kriegen oder diente im Ausland
für Sold und Beute. Den großen Einheitsstaaten: Frankreich, Spa-
nien und der Türkei gegenüber war demnach Deutschland in großem
Nachtheile und verlor seitdem schöne Gränzländer.
Ursalen der § 389. Um diese Zeit machte sich aber auch in den meisten deut-
der^Füchen-^bn Staaten eine Beschränkung der fürstlichen Gewalt gel-
gewalt. tend. Die Landesherren konnten nämlich nicht mehr in der alten Weise
regieren, denn der Staatshaushalt war kostspieliger geworden,
Das Kriegs-namentlich durch das neue Kriegswesen. Vor Zeiten bot der Fürst
^nerheere^ ^ine Vasallen und die Bürger seiner Städte auf, die ihm 40 Tage
in das Feld ziehen mußten; aber diese Frist reichte nicht mehr aus und
zudem eigneten sich Edelleute und Bürger bei der veränderten Bewaff-
nung und Taktik nicht mehr recht zum Kriege, daher mußte der Fürst
Soldaten werben und bezahlen. Dazu brauchte es mehr Geld
als das bisherige Einkommen abwarf. Anleihen ruinierten bei dem
hohen Zinsfüße in kurzer Zeit, neue Zölle auf Ein- und Ausfuhr
lähmten den Verkehr» Verschlechterung der Münze wirkte schnell
verderblich, eine außerordentliche willkürliche Besteurung ließen sich
aber weder der Adel, noch die Geistlichkeit, noch die Städte gefallen,
Detände-hghxx hatten die Fürsten keine andere Wahl als die Stände zu ver-
wt fn' sammeln, wenn sie eine außerordentliche Steuer erheben wollten. Die
Stände hüteten sich aber wohl eine Steuer anders als auf eine be-
stimmte Zeit zu bewilligen, daher wurde die Wiedereinberufung
der Stände nothwendig, weil die Forterhebung der Steuern nicht
aufgegeben werden konnte, und sie knüpften die Bewilligung an man-
cherlei Bedingungen, wodurch die ständischen Rechte erweitert wurden.
Äas Geschütz und die Soldheere.
§ 390. Der kriegerischen Bedeutung des Adels gab die Feuer-
waffe den Todesstoß, denn dem schweren Geschütze widerstanden die
Burgen nicht und der Handfeuerwaffe gegenüber verlor die schwere
Reiterei ihre Bedeutung als die entscheidende Waffengattung.
Das Schieß- Das Schießpulver war den Chinesen frühe bekannt und ging
Pulver, öon ihnen zu den Arabern über, die es schon im zwölften Jahrhundert
in Spanien zu Kriegszwecken verwandten; in Deutschland wurde es
zuerst zum Sprengen in Bergwerken angewandt, jedenfalls viel früher
als die Sage es durch den Franziskaner Berchtold Schwarz zu
Freiburg erfinden läßt (1330). Schon im Kriege der schwäbischen
Städte stellte Augsburg 30 Büchsenschützen und in der Schlacht bei
Krecy scheint ein grobes Geschütz (damals auch Büchsen genannt) von
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34
Geschichte der neueren Zeit.
hohen Gerichtsbarkeit haben für sich und ihre Unterthanen und wer sich
sonst einsindet, auf ihren Besitzungen freien Gottesdienst, Edelleute ge-
ringeren Ranges nur für ihre Familien und höchstens 30 Personen.
Die Hugenotten haben freie Religionsübung an allen Orten, wo sie
1596 und 1597 stattfand und das Friedensedikt von 1577 erlaubte.
Außerdem wird in jedem Gerichtöbezirk eine Vorstadt oder ein anderer
Ort bestimmt, wo die Hugenotten Gottesdienst halten dürfen; nicht
gestattet ist er in Paris und fünf Meilen im Umfange, ebenso wenig
am königlichen Hofe, in bischöflichen Städten und namentlich ausgenomme-
nen Orten. Nur an Orten, wo ihr Gottesdienst erlaubt ist, dürfen die
Hugenotten Kirchen bauen, Konsistorien, Kolloquien und Synoden abhalten,
doch nur mit königlicher Erlaubniß und unter Anwesenheit eines könig-
lichen Beamten ; nur an solchen Orten dürfen sie Bücher drucken und ver-
kaufen, Schulen errichten und Geldbeiträge einsammeln. Sie sind zu
allen Würden und Aemtern befähigt und zum Genüsse aller öffentlichen
Wohlthaten berechtigt, sollen aber den Zehnten entrichten, die katho-
lischen Festtage halten und die kirchlichen Ehehindernisse beachten. In
Prozessen letzter Instanz, bei welchen Hugenotten die Hauptpersonen
sind, wird im Pariser Parlament eine eigene Kammer des Edikts
errichtet, bestehend in einem Präsidenten und 16 Räthen, von denen sechs
Hugenotten sein müssen; ähnlich soll es bei den Provincialparlamenten
eingerichtet werden. Bei andern königlichen Gerichten können die Huge-
notten in Civilsachen zwei, in Kriminalsachen drei Richter zurückweisen.
Außerdem verfügte ein königlicher Gnadenbrief einen jährlichen Staats-
beitrag von 200,000 Livres für die Besoldung hugenottischer Prediger.
Heinrichs Iv. Entwürfe und Tod (14. Mai 1610).
§ 87. Heinrich Iv. herrschte seitdem mit Kraft und Klugheit und
wurde durch seine persönliche Tapferkeit, seinen Witz und frivolen Leicht-
sinn der Lieblingskönig der Franzosen. Sein Rathgeber und Finanz-
minister Sully, ein Hugenotte, ordnete den Staatshaushalt vortreff-
lich, so daß der König nach wenigen Friedensjahren über einen beträcht-
lichen Sckatz und darum auch über furchtbare Streitkräfte verfügen
konnte. Die Niederländer unterstützte er insgeheim gegen Spa-
nien mit Hilssgeldern, verbündete sich mit Savoyen, Dänemark
und England, 1610 mit der protestantischen Union in Deutsch-
land zum Sturze des habsburgischen Hauses in Oesterreich und Spanien.
8 88. Nach Heinrichs Iv. Entwürfen wäre das europäische
Staatensystem gänzlich umgestaltet worden: dem Herzog von Sa-
voyen war die Lombardei als Königreich bestimmt; Böhmen
sollte mit Schlesien, Mähren und der Lausitz ein Wahlkönigreich
werden; der österreichische Kreis sollte theils Ungarn, theils Ita-
lien, Tyrol der Schweiz zufallen; die geistlichen Fürstenthümer
in Deutschland hatten ihre Kandidaten in protestantischen Fürsten,
die mit Heinrich verbündet waren; sich oder Frankreich behielt Heinrich
die spanischen Niederlande, Lothringen, Savoyen, Genua,
Neapel und Sicilien vor. Er wollte dies alles thun, wie er viel-
fach erklärte, zum Wohle Europas, zur Gründung eines allgemeinen
Friedens, und besonders zur Herstellung der deutschen Freiheit. Zu-
letzt hätte er sich zum Kaiser wählen lassen und somit die Plane
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Heinrichs Heinrich_Iv Heinrich Sully Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
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